LESERFORUM Freie Presse Mittwoch, 8. April 2015 LESEROBMANN Vom Eise befreit … REINHARD OLDEWEME TELEFON: 0371 656-65666 (10-12 Uhr) TELEFAX: 0371 656-17041 E-MAIL: [email protected] R edaktionsschluss für das Leserforum ist Dienstag um 13 Uhr. Bis 9,15 Uhr war gestern an dieser Stelle eine Kolumne zu lesen, in der es um Reaktionen zum Artikel „Sachsen verdienen drei Prozent mehr“ ging. Dann bekam ich einen Anruf und hatte Stress, weil ich unbedingt aktuell von diesem Gespräch erzählen wollte. Wenn Sie, liebe Leser, diese Zeilen lesen, habe ich es geschafft; der Chef hat auch genickt. Heute keine Erklärung, keine Konfrontationen, keine Dispute, nur ein Anruf: Die Leserin meinte, dass sie seit einer Stunde auf ihrem Balkon sitze und seit etwa fünf Minuten eine Schwalbe bei ihren Flugkünsten beobachte. Nach dieser Information machte sie eine kurze Pause -– deutlich hörbar nahm sie während dieser Sekunden einen Schluck zu sich – und fügte dann hinzu: „Das ist doch mal eine gute Nachricht.“ Weil bei mir sämtliche Alarmsysteme aktiviert wurden, auf der Hut zu sein, um nicht aufs Glatteis geführt zu werden, entschloss ich mich zum Gegenangriff, also fragte ich: „Tee oder Kaffee?“ Die Antwort hat mich überrascht: „Sekt, mein Lieber, in meinem Alter darf man sich morgens ein Gläschen gönnen, Sie wissen schon, wegen des Kreislaufs.“ Mir drängte sich stark der Verdacht auf, dass sie diesem Satz ein kaum zu vernehmendes Kichern hinterherschickte, weshalb ich mich traute zu fragen: „Das erste?“ Eine Antwort bekam ich nicht, allerdings war das Lachen diesmal deutlich zu hören, bevor sie sagte: „Das geht Sie jetzt gerade gar nichts an, was ist denn nun mit der Schwalbe?“ Um ganz sicher zu gehen, entschied ich mich, meinen Gesprächston etwas formeller klingen zu lassen: „Sie sprechen mit dem Leserobmann, was kann ich in dieser Sache für Sie tun?“ Vermutlich klang das strenger, als es meine Absicht war, denn die Frau sagte: „Hoppla, verstehen Sie keinen Spaß?“ Das ging noch ein paar Sätze lang so hin und her, bis ich ihr klarmachen konnte, dass sie mir nun bitte sagen soll, warum sie mich wegen der Schwalbe angerufen hat. Das war der Grund: „Wenn die Schwalben wieder da sind, wird es bald Sommer“, sagte sie und meinte weiter: „Und weil sonst immer überwiegend schlechte Nachrichten in der Zeitung stehen, könnten Sie doch jetzt darüber berichten, dass ein Vogel zurück aus seinem Winterquartier ist, dass der Frühling endgültig Einzug halten kann und dass wir uns keine Gedanken machen müssen, ob Väterchen Frost noch mal zuschlägt.“ Nun hatte ich ihr Anliegen verstanden, wollte ihr aber keine großen Hoffnungen machen, die Nachricht in der Zeitung platzieren zu können, zumal ich keinen Fotografen bitten konnte, sich auf die Lauer zu legen, um die Schwalbe abzulichten. Nun war mir an einem versöhnlichen Ende des Gesprächs gelegen: „Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, sind Sie ganz sicher, dass es eine ist ?“ Ich hörte, wie die Frau tief Luft holte und sagte: „Wie schon gesagt: Ein Glas Sekt, und da dreht sich noch nichts in meinem Kopf, ich kann also noch gut sehen: Das ist eine Schwalbe.“ HINWEIS Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe sinnwahrend zu bearbeiten. Leserbriefe geben stets die Meinung ihres Verfassers und nicht die der Redaktion wieder. E-Mails müssen die vollständige Adresse enthalten. Anonyme Zuschriften werden grundsätzlich nicht veröffentlicht. Briefkasten Freie Presse, Ressort Chef vom Dienst Postfach 261 09002 Chemnitz. Fax: 0371/656-17041 E-Mail: [email protected] Seite B1 Fahrt geht in falsche Richtung Im Artikel „Nach Leipzig künftig im modernisierten Reichsbahnwagen“ wurde darüber berichtet, dass die Mitteldeutsche Regiobahn die Strecke ab Mitte Dezember dieses Jahres übernehmen wird. Nur Nachteile für Fahrgäste Nun ist es amtlich, der Verkehrsverbund Mittelsachsen (VMS) hat den Rückwärtsgang eingelegt, auch wenn VMS-Chef Harald Neuhaus von mehr Qualität spricht. Es ist bezeichnend, dass 26 Jahre nach der Wende den VMS-Kunden Fahrzeuge angeboten werden, die im Westen offenbar niemand mehr will. Es gibt auch Wagen mit Klimaanlage, man muss nur rechtzeitig ausschreiben, was wohl versäumt wurde. Über die sinnlose Steuerverschwendung für die nun nutzlose Neigetechnik-Streckenausrüstung äußert sich niemand. Und ob mit den langsameren Fahrzeugen ohne Neigetechnik auf der weitgehend eingleisigen Strecke der angestrebte Fahrplan überhaupt stabil gefahren werden kann, muss sich erst noch erweisen, von wahrscheinlicher Aufgabe von Anschlüssen ganz zu schweigen. Ich zweifle nicht daran, dass der neue Betreiber entsprechend der Ausschreibung gute Qualität abliefern wird, aber für die Fahrgäste überwiegen die Nachteile. Man hat sich beim VMS wohl bei einigen Projekten sehr verhoben, dass man jetzt zu solch drastischen Maßnahmen greift. Es bleibt abzuwarten, welche Strecken die nächsten Opfer sein werden. Holger Dittrich, Mulda Fahren Kritiker eigentlich Bahn? Es hat ein gutes Ende genommen. Wir dürfen in den bequemen Reichsbahnzügen nach Leipzig fahren. Was wurde gewettert, dass die „modernen klimatisierten“ Züge der Bahn bei der Neuausschreibung der Strecke keine Chance hätten. Die Anforderungen wurden gesenkt, damit auch andere Anbieter zum Zuge kommen. Aber ist das so schlecht? Sind die Kritiker überhaupt schon einmal mit der Bahn nach Leipzig gefahren? Das ist wahrlich kein Vergnügen: Die Motoren sind direkt un- Zum Artikel „Sachsens Windkraft-Wirrwarr“ hat uns diese Leserzuschrift erreicht: Die Deutsche Bahn verabschiedet sich von der Strecke Chemnitz-Leipzig zum Jahresende. ter die Sitze geschraubt. Das führt zu ohrenbetäubendem Lärm selbst im Stand auf dem Bahnhof. Eine Fahrt nach Leipzig kann man niemandem empfehlen, man kommt völlig gerädert an. Es ist auch nicht so, dass man durch den Zug laufen kann, weil er aus einzeln angekoppelten Teilen besteht. Das erinnert an historische Bimmelbahnen, aber nicht an einen modernen Zug. Auf die Klimaanlage verzichte ich gern, weil sie nur wenige Tage im Jahr wirklich gebraucht wird. Es wäre schön, wenn die Leute, die über Anschaffung und Betrieb dieser millionenteueren Geräte entscheiden, sich auch einmal hineinsetzen würden, dann bliebe den Reisenden manche Tortur erspart. Olaf Jenkner, Chemnitz Steuergelder in den Sand gesetzt Dass wir in Chemnitz vom nationalen ICE-Netz abgekoppelt wurden und mit der Kompromisslösung „NeiTech“ leben mussten, um zu- mindest mit maximal 160 km/h nach Leipzig zu kommen, war sicher keine gute Lösung, aber brachte den Stundentakt und klimatisierte Triebwagen. Hauptsächlich aus Steuergeldern wurde die Gleisinfrastruktur und Sicherungstechnik mit Millioneninvestition hochgerüstet, damit Neigetechnikzüge fahren können. Mit der Entscheidung, die Mitteldeutsche Regiobahn mit dem künftigen Betrieb der Strecke zu beauftragen, ist diese Investition komplett entbehrlich, oder anders gesagt, wurden von den Zweckverbänden Steuergelder in den Sand gesetzt; ein Fall für den Bundesrechnungshof. Planmäßig alte reparierte Reichsbahnwagen unklimatisiert zum Einsatz zu bringen, nachdem erst in vergangenen Jahren Reisende bei Hitzekollaps nach Klimaausfall im ICE gerettet werden mussten, ist grobfahrlässig. Die Altersangabe der alten Reichsbahnwagen liegt meines Wissens übrigens zwischen 30 und 40 Jahren, denn die Städtever- FOTO: WOLFGANG SCHMIDT bindungen wurden in der DDR 1976 aktiviert. Die Zweckverbände, als Aufgabenträger des Freistaates Sachsen, deren Aufgabe es ist, ein attraktives und zuverlässiges Angebot an Regionalverbindungen bereitzustellen, werden dieser Aufgabe keinesfalls gerecht. Dagmar Beckert, Chemnitz Nun ein technisches Denkmal Ich kann mir nicht vorstellen, dass mit einer Diesellok der Baureihe 218 gezogene Silberlinge - eine aus mehr als 40 Jahre altem Eisenbahnmaterial zusammengestellte Zugkomposition, am Ende wirtschaftlicher als moderne Dieseltriebzüge wie die Baureihe 612 sein sollen. Der VMS könnte so die Verbindung Chemnitz-Leipzig einschließlich des rollenden Materials zum technischen Denkmal erklären und damit auf zusätzliche Mittel aus dem Denkmalschutz zur Aufrechterhaltung dieser Eisenbahnverbindung hoffen. Ulrich Neef, Plauen Kinder und Familien haben keine Lobby Das Land war nie ehrlich Zu einem Bericht über die Erhöhung des Kindergeldes meinte dieser Leser: Zu Berichten über die Finanzkrise in Griechenland sowie über die Bemühungen der EU, eine Lösung für das Problem zu finden, haben uns Leser ihre Meinung mitgeteilt. Zum ersten mal seit 2010 wird das Kindergeld um sage und schreibe sechs Euro angehoben. Wer aber gedacht hat, diese Summe fließt auf einmal, sieht sich getäuscht. Zuerst werden vier Euro mehr gezahlt und ein Jahr später noch einmal zwei. Das hat den Vorteil, dass die Konten der Familien nicht überlaufen, die Freude verdoppelt wird und den Angestellten in den Kindergeldkassen ihre Arbeit erhalten bleibt. Gleichzeitig hatten die Gewerkschaften im Öffentlichen Dienst gleich mal fünf Prozent mehr Lohn verlangt. Da kann man sehen, wie es sich auszahlt, wenn Lobbyarbeit gut organisiert ist. Kinder haben leider keine Gewerkschaft, Familien kein Lobby. Deshalb steigen in unserem Land auch die Gehälter, die Renten und die Diäten, aber die Familien werden mit sechs Euro in fünf Jahren abgespeist. Für die Zukunft unserer Gesellschaft müssen wir ja nichts investieren. Welchen Stellenwert Kinder in unserer Gesellschaft haben, hat uns diese Bundesregierung hier wieder einmal in aller Deutlichkeit gezeigt. Thomas Dietz, Lugau Die eine Energiepolitik gibt es nicht Klarer Verstoß gegen Regeln Man kann seinem Volk nicht ständig Sparen und Gürtelengerschnallen verordnen, während man selbst das Geld mit vollen Händen ausgibt und in ein Fass ohne Boden wirft, wie es unsere Regierenden tun. Mit dem Fass ist symbolisch Griechenland gemeint. Man liest schon wieder, dass ein weiteres Geldpaket für Griechenland geschnürt werden soll. Einem Land, das sich mittels frisierter Bilanzen seinen Platz in der Europäischen Union erschwindelt hat, das sich selbst durch laxe Steuerpolitik in den finanziellen Ruin geritten hat und das jetzt sogar Deutschland erpresst, bzw. die Forderung von Reparationen androht, sollte kein weiteres Geld erhalten. In einer Gemeinschaft sollten die Mitglieder ehrlich und fair miteinander umgehen. Griechenland hat dies nie Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras und Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Pressekonferenz. FOTO: STEPHANIE PILICK/DPA getan. Für mich hat das Land seine Mitgliedschaft in der EU längst verspielt. Es steht auf keinem Blatt, dass die EU einem finanziell in Not geratenem Mitglied aus der Patsche helfen muss. Dies war von Anfang an ausgeschlossen. Und dennoch wird es praktiziert. Das ist für mich ein schwerer Verstoß gegen Regeln und Vereinbarungen. Rosmarie Rasch, Aue Hick-Hack wird Jahre andauern Jeder verfolgt die Griechenlanddebatte mit dem allergrößten Interesse, und trotzdem hängt einem das Ganze zum Halse heraus. Jetzt geht es wieder mal um Reparationsleistungen. Es gibt doch Verträge, und in der Schule haben wir gelernt, dass Verträge beidseitige Willensbekundungen sind und strikt einzuhalten sind. Warum wird dann immer wieder nachgegeben, nachgebessert und neu verhandelt? Da sitzen doch keine Idioten am Tisch, denke ich mal. Mein Gefühl sagt mir, dieses Hick-Hack mit Griechenland geht noch Jahre so weiter, und wenn Zugeständnisse gemacht werden, dann nur kleine, oberflächliche, ansonsten wird die Sache ausgesessen, kann man den sonnenverwöhnten Griechen auch nicht verdenken. Oder gibt vielleicht einer der gut bezahlten Regierungsbeamten oder Gutbetuchten des Öffentlichen Dienstes freiwillig von seinem Gehalt ab oder spart sogar seine Stelle ein? Im Gegenteil, neue Posten und Prüfungskommissionen werden geschaffen, um noch mehr Luft zu verwalten und leere Ordner von links nach rechts über Flure zu tragen. Und die armen Millionäre, wo bunkern die ihr Geld? Ich komme schon wieder auf absurde Gedanken. Hilfe für ein funktionierendes Steuersystem wird auch ausgeschlagen, warum wohl? Ilona Scheibner, Oelsnitz/E. Den Artikel fand ich aufschlussreich und aussagekräftig für viele Probleme in unserem „einheitlichen Deutschland“. Da ist also wirklich nichts geregelt zur Umsetzung der Energiewende, nicht einmal innerhalb des Landes Sachsen; die unterschiedlichen Mindestabstände der Planungsverbände belegen das eindeutig. Und nicht einmal innerhalb Sachsens soll es eine einheitliche Regelung geben – wofür brauchen wir dann so viele Abgeordnete? Die Aussage, die Gerichte könnten entscheiden, was sie wollen, ist letztens ein Ausdruck der Konzeptionslosigkeit der „Energiepolitik in Deutschland“. Die gibt es wahrscheinlich gar nicht, denn es ist ja offensichtlich Ländersache, wo der erforderliche Strom herkommt. Aber die Politiker in Sachsen, besonders auch die Windkraftfetischisten, werden auch nicht sagen können, woher der Strom in einer windstillen Nacht kommt. Mit Solartechnik und Windkraft alleine kann der Strom nicht ausreichend und zuverlässig zur Verfügung gestellt werden. Die Bundeskanzlerin hat Japan vor den Gefahren der Wiederinbetriebnahme von AKW gewarnt; wie ist das dann mit den AKW in den Nachbarländern? Viele zentral erforderlichen Regelungen werden den Ländern übertragen, und so trifft jedes Land seine eigenen Gesetze und Regelungen auf allen Gebieten, aber stets im Rahmen seiner Möglichkeiten, und nicht immer im Rahmen der Erfordernisse. Die Unzufriedenheit darüber kann man an der wachsenden Anzahl an Bürgerinitiativen erkennen. Die Unzufriedenheit wegen der „Verspargelung der Landschaft“ nimmt zu. Diese sind nicht grundsätzlich gegen die Windkraftenergie, sondern sie fordern ein umweltverträgliches Maß bei der Planung und Errichtung von Anlagen in Übereinstimmung mit den Erfordernissen. Eine Errichtung solcher Anlagen nur dafür, dass es Profit bringt und der Strombezieher höhere Strompreise bezahlen muss, ist gesetzlich zu verhindern. Das sollte die Landesregierung im Interesse aller Sachsen umgehend beschließen. Wolfgang Stich, Theuma KURZ UND KNAPP Zu Leserbriefen über die geplante Erhöhung der Bezüge der sächsischen Landtagsabgeordneten: Den meisten Meckernden muss man mangelhafte Kenntnisse über die Aufgaben und Anforderungen an einen Mandatsträger unterstellen. Ein angemessener Respekt gegenüber Abgeordneten muss eingefordert werden. Abschließend sei darauf verwiesen, dass jeder Bürger dieser Gesellschaft die Möglichkeit hat, sich aktiv einzubringen und (mit viel Zeitaufwand und bei persönlicher Eignung) auch ein politisches „Amt“ anzustreben bzw. ein politisches Mandat zu übernehmen. Frank Rösch, Chemnitz Zum Bericht über die Entscheidung, dass Hamburg sich um Olympia 2024 bewerben soll: Es wäre eine wirklich große Sache für Deutschland und Hamburg, die Spiele im Jahr 2024 austragen zu dürfen. Nur wenn ich an Großbaustellen in Deutschland denke, wird mir schwarz vor den Augen. Aus der Erfahrung mit solchen wie Großflughafen BER, Elbphilharmonie Hamburg, Citytunnel Leipzig und auch Stuttgart 21 sollte der DOSB beim IOC besser gleich eine Verschiebung von 2024 auf 2030, besser noch auf 2034 beantragen. Auch wäre er gut beraten, die geplanten Kosten von Anfang an zu verdreifachen. Frank Rausendorf, Beutha
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