UNABHÄNGIGE ÜBERPARTEILICHE TAGESZEITUNG ... Augsburger Allgemeine Interview Was macht eigentlich Klaus Augenthaler? Bayern MONTAG, 20. APRIL 2015 AUSGABE AS | NR. 90 | 71./164. JAHRGANG Bundeswehr Wie ein untaugliches Gewehr die Ministerin in Erklärungsnot bringt Politik Heiter, 16 Grad Zahlreiche Sonnenstunden Wetter www.augsburger-allgemeine.de PREIS ¤ 1,60 Hallo, Herr Kaiser! Lammert will Verfassungsrichter einbremsen Blickpunkt Lokales Die Justiz reingelegt Schwarze Schafe der Schlüsseldienste nutzen die Notsituationen vieler Bürger aus. Strafverfahren laufen regelmäßig ins Leere – auch wegen zweifelhaften Gutachtern. Debatte Bundestagspräsident beklagt zu großen Einfluss. SPD hält das für „völlig unangemessen“ Kommentar VON MICHAEL STIFTER » [email protected] Berlin Führende Politiker von CDU und CSU haben das Bundesverfassungsgericht kritisiert. Bundestagspräsident Norbert Lammert sagte in einem Interview, er erkenne einen „deutlich erkennbaren Gestaltungsanspruch“ der Karlsruher Richter in „hochpolitischen Fragen“ wie der Ausgestaltung des Wahlrechts. Das halte er für problematisch. Der CDU-Politiker bezog sich vor allem auf die Entscheidung, die Fünfprozenthürde bei Kommunalwahlen aufzuheben. Das bedeute eine Zersplitterung der Stadt- oder Gemeinderäte. Das Urteil habe „ruinöse Folgen“ für die Entscheidungsfindung auf kommunaler Ebene, sagte Lammert der Welt am Sonntag. Der Bundestagspräsident plädiert sogar für eine Grundgesetzänderung, um den Einfluss einzudämmen. „Wir haben hier eine der wenigen wirklichen Lücken in der Verfassung“, sagte Lammert. Das Grundgesetz schweige „zu den Grundsätzen des Wahlsystems, zur Frage nach Mehrheits- oder Ver- „Karlsruhe ist nicht der bessere Gesetzgeber.“ CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hältniswahlrecht, nach Sperrklauseln oder dem Ausgleich von Überhangmandaten“. Diese Lücke verleite das Gericht, in den Spielraum des Gesetzgebers einzugreifen. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok, griff das Gericht wegen der Abschaffung der Dreiprozenthürde bei Europawahlen an. Einerseits klage das Verfassungsgericht über zu wenig Demokratie in der EU, andererseits hindere es das Parlament daran, „vernünftige demokratische Kontrolle auszuüben“. In dem Urteil komme „die Verachtung einiger Richter für Politik zum Ausdruck“, sagte der CDU-Mann. Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Tuchel bekommt den Job von Klopp Dortmund Thomas Tuchel tritt bei Borussia Dortmund das Erbe von Jürgen Klopp an. Nur vier Tage nach der Ankündigung des langjährigen Erfolgstrainers, seine Amtszeit beim BVB zum Saisonende vorzeitig zu beenden, teilte der Revierklub gestern die Entscheidung über den Nachfolger mit. Wie erwartet entschied sich die Vereinsführung für den in den Thomas Tuchel vergangenen Monaten von vielen Klubs umworbenen Tuchel. Der gebürtige Krumbacher und der im Mittelmaß versunkene Branchenriese aus Dortmund einigten sich auf einen Dreijahresvertrag. (dpa) »Sport Hasselfeldt, packte ihre Kritik in diplomatische Worte: „Das Bundesverfassungsgericht legt seinen Auftrag aus meiner Sicht in den letzten Jahren besonders weitreichend aus.“ Das Gericht versuche, „relativ stark“ in die politische Entscheidungsfreiheit einzugreifen. „Karlsruhe ist nicht der bessere Gesetzgeber“, betonte die CSU-Politikerin. Bundesjustizminister Heiko Maas wies die Vorwürfe zurück. „Das Gericht ist ein Garant für Demokratie, Rechtsstaat und Grundrechte“, sagte der SPD-Politiker. Die Kritik bezeichnete er als „völlig unangemessen“. Das Ansehen des Gerichts sei in der Bevölkerung „völlig zu Recht sehr hoch“. Zwar würden die Urteile aus Karlsruhe möglicherweise nicht immer jedem Politiker gefallen, fügte der Justizminister hinzu. „Das darf doch aber kein Grund sein, nun eine Verringerung seiner Kompetenzen zu fordern.“ Maas gab sich selbstkritisch: „Wenn viele grundsätzliche politische Fragen in Karlsruhe geklärt werden müssen, hat sich die Politik das am Ende auch selbst zuzuschreiben“, sagte der Minister. „Wer nicht den Mut hat, zu entscheiden, sollte sich nicht über Urteile anderer beschweren.“ (afp) »Kommentar Wer macht denn nun die Politik? D Welche Spuren Napoleon in der Region hinterlassen hat Da würden sie schauen, die Donauwörther, galoppierte heute ein Kaiser in ihre Stadt. Aber erstens ist diese Gattung rar geworden (Akihito, Beckenbauer, aber sonst?), zweitens käme so einer allenfalls per Hubschrauber, zur Jahresinspektion im dortigen Airbus-Werk oder so. Viel entspannter dürften sich die Donauwörther vor gut 200 Jahren auch nicht gefühlt haben, als Napoleon ein Auge auf ihre Stadt ge- worfen hat. Adolf Bayer, Lehrer am örtlichen Gymnasium, hat die Szene in den 1950er Jahren in dieser Skizze festgehalten. Was den französischen Kaiser mit Bayern verbindet, zeigt die Landesausstellung ab 30. April in Ingolstadt. Und welche Spuren er dabei in der Region hinterlassen hat, lesen Sie schon heute in der Geschichte von Josef Karg. Schauen Sie selbst – auf der Dritten Seite. Foto: Archiv Bundesverfassungsgericht ● Aufgabe Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes. Es kann zum Beispiel Gesetze für verfassungswidrig erklären. Seine Entscheidungen sind unanfechtbar. Als Verfassungsorgan steht es – anders als Fachgerichte – nicht unter der Dienstaufsicht eines Ministeriums. ● Richter Das besteht aus zwei Senaten, denen jeweils acht Richterinnen und Richter angehören. Diese werden durch wissenschaftliche Mitarbeiter unterstützt. Präsident ist Andreas Voßkuhle, der in Augsburg habilitiert hat. (AZ) Hunderte ertrinken im Mittelmeer Schiffsunglück Bislang schlimmstes Flüchtlingsdrama löst Entsetzen aus Rom Vor der libyschen Küste hat sich offenbar das bislang schlimmste Flüchtlingsdrama im Mittelmeer ereignet: Laut UN-Flüchtlingshilfswerk kenterte ein Schiff mit 700 Menschen an Bord. Es war in der Nacht – rund 110 Kilometer vor der Küste Libyens und etwa 200 Kilometer von der italienischen Insel Lampedusa entfernt – in Seenot geraten. Ein Handelsschiff reagierte auf den Notruf, konnte aber nur 28 Menschen retten. Die Suche nach weiteren Überlebenden blieb erfolglos. Die eigentliche Katastrophe ereignete sich wohl, als die Flüchtlinge beim Eintreffen des Frachters alle auf eine Seite ihres kenternden Schiffes eilten. Die EU-Kommission zeigte sich „zutiefst betroffen“ und kündigte eine Dringlichkeitssitzung der Innen- und Außenminister an. Dabei solle es vor allem darum gehen, die Flüchtlinge von den gefährlichen Überfahrten abzuhalten. Bundesau- Darf ich Ihnen den Koffer tragen? Umfrage Früher waren wir höflicher. Das sagen sogar junge Leute VON RUPERT HUBER Augsburg Wie erkennt man Höflichkeit? Eigentlich gar nicht. Wenn der Mensch dem Menschen ein guter Mensch ist, braucht es sie gar nicht erst, die Fragen nach dem Türaufhalten, dem Sitzplatzanbieten oder ob Ladys immer first sein wollen und sollen. Allerdings ist das reibungslose Miteinander offenbar nicht mehr selbstverständlich. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov waren die Menschen früher höflicher. Drei von vier Deutschen – auch junge Leute – sind demnach der Auffassung, dass die Kultur des guten Benehmens keinen Stellenwert mehr in unserer Gesellschaft hat. Genauso viele denken, dass junge Leute zu wenig Respekt vor Älteren haben. Aber interessant: Während in Fragen der Lust an Weiterbildung und der Hausaufgabendisziplin gerne die Schuld bei Lehrern gesucht wird, sieht eine Mehrheit die Verantwortung dafür, dass Kinder und Jugendliche Höflichkeit erlernen, allein bei den Eltern und nur ein Prozent bei der Schule. So gesehen hat die Umfrage etwas Kurioses, da die oft mit wehmütigem Seufzen vorgetragene Botschaft der Älteren („Früher war alles besser“) zumin- dest in puncto Höflichkeit bestätigt wird. Ist es nicht selbstverständlich, einer älteren Dame den Koffer zum Zug zu tragen? Auffallend: 94 Prozent aller unabhängig vom Alter Befragten wissen, dass Jüngere in der Straßenbahn Älteren und Schwangeren einen Sitzplatz anbieten sollten. Aber die Realität sieht mit hochgelegten Beinen oft anders aus. Und wahrscheinlich wissen die meisten auch, dass es schöner wäre, einem Menschen freundlich ins Gesicht zu schauen („Grüß Gott, Herr Kugler“), statt bloß „Hallo“ zu sagen. Schwer bepackt. Aber wer hilft ihr heute noch? Foto: imago ßenminister Frank-Walter Steinmeier bezeichnete die Situation als „unerträglich“. Bundespräsident Joachim Gauck fordert von der EU, etwas gegen solche Tragödien zu tun. Er begrüßt, dass die EU morgen über Konsequenzen beraten wolle. Papst Franziskus rief die internationale Gemeinschaft auf, „entschieden und schnell“ zu handeln. Amnesty International sprach von einer „von Menschen gemachten Tragödie“. (afp, epd) »Politik Senkt der Staat jetzt die Steuern? Augsburg Der Staat wird wohl auch im kommenden Jahr Milliardenüberschüsse erzielen. Die Prognosen sind jedenfalls hervorragend. Wirtschaftsexperten fordern deshalb seit Monaten spürbare Steuersenkungen. Vor allem Bürger mit kleineren und mittleren Einkommen sollen entlastet werden. Doch die Bundesregierung zeigt bislang wenig Bereitschaft, den Steuerzahlern entgegenzukommen. Im Leitartikel bezeichnet Walter Roller diese Politik als „Trauerspiel“ und erklärt, warum Deutschland damit seine wirtschaftliche Spitzenposition für die Zukunft riskiert. Und auf Geld & Leben lesen Sie, für wen die Steuererklärung Pflicht ist und warum sich viele Deutsche eine Menge Geld durch die Lappen gehen lassen. (msti) as Bundesverfassungsgericht ist die Reparaturwerkstatt der Politik. Zuletzt hatten die Mechaniker in den roten Roben eine Menge zu tun. Erbschaftsteuer, Fünf-Prozent-Hürde, Kopftuch-Verbot – überall drehten sie noch an kleineren und größeren Schräubchen. Nicht immer waren die Hersteller – also die Politiker – zufrieden mit den Reparaturarbeiten. Nach Meinung von Parlament und Regierung startet die Karlsruher Werkstatt zu viele Rückrufaktionen. So lautet die entscheidende Frage im aktuellen Streit: Sind die Gesetze und Regelungen, die im Bundestag beschlossen werden, tatsächlich so oft so schlampig oder mischen sich die Verfassungsrichter häufiger ein als nötig? Fakt ist: Wenn Politik nur noch unter Vorbehalt gemacht wird, weil man immer damit rechnen muss, dass später alles über den Haufen geworfen wird, ist das ein Armutszeugnis für die Demokratie. Selbstverständlich muss es der Anspruch des Gesetzgebers sein, Gesetze abzuliefern, die den Karlsruher Kontrolleuren gar keinen Grund zur Reklamation liefern. Gleichzeitig müssen die Verfassungsrichter aber auch der Versuchung widerstehen, in jede Lücke zu stoßen, die sich ihnen bietet. Heute in Ihrer Zeitung Lokführer streiken wieder Pendler, Urlauber und andere Reisende müssen sich diese Woche auf Zugausfälle und Verspätungen einstellen: Die Lokführergewerkschaft GDL hat bundesweite Streiks beschlossen. »Wirtschaft Auf einen Blick Augsburg 27–36 Bayern 9–10 Capito 13 Fernsehen aktuell am Montag 14 Feuilleton 11–12 Feuilleton regional 32 Gesundheit 15 Panorama Politik Rätsel/Sudoku Roman Sport Sport regional Wetter Wirtschaft 18 4–5 12 16 19–24 25–26 16 6–8 Kontakt Redaktion Tel. 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