Perspektiven der BayernLB

Perspektiven vom August 2015
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August 2015
Perspektiven
Grexit in die Transferunion
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
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Impressum
Perspektiven
abgeschlossen am: 29. Juli 2015
BayernLB Research
Bayerische Landesbank
80277 München (Briefadresse)
E-Mail: [email protected]
Leitung:
Dr. Jürgen Michels, Telefon 089 2171-21750
Redaktion:
Hubert Siply, Telefon 089 2171-21307
Layout&Grafik:
Ingo Bothner, Telefon 089 2171-21787
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
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Editorial
Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,
Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt und
Leiter BayernLB Research
der Frühsommer an den Märkten wurde durch einige (Finanzmarkt-)Gewitter, die ihren
Ursprung in Griechenland und China hatten, gestört. Auch wenn wir derzeit ein Zwischenhoch in Griechenland erleben, dürfte dies nur von kurzer Dauer sein und im Herbst eine
neue Sturmfront heranziehen. Wir gehen davon aus, dass die im Sommer in letzter Minute
angebrachten Sicherungs- und Hilfsmaßnahmen dem erneuten Sturm nicht standhalten
können und schließlich Griechenland aus der Währungsunion herausgespült wird. Dank
umfangreicher wirtschaftspolitischer Unterstützung wird der Grexit aber sowohl an der Konjunktur des Euro-Raums als auch an den Märkten keine gravierenden Schäden hinterlassen. Auch in China sind die stürmischen Zeiten an den Aktienmärkten noch nicht vorüber.
Doch auch hier gehen wir davon aus, dass die geld- und fiskalpolitischen Gegenmaßnahmen ein Abdriften der seit geraumer Zeit fragileren Konjunktur verhindern.
Doch genug fabuliert. Fakt ist, dass die Umsetzungsrisiken des neuen Hilfsprogramms für
Griechenland enorm sind. Auf griechischer Seite fehlt sowohl bei der Regierung als auch
bei der Bevölkerung der Wille, die schmerzhaften Programmauflagen zu erfüllen. Gleichzeitig ist die Bereitschaft auf Seiten der Geldgeber sehr gering, einem signifikanten Schuldenschnitt zuzustimmen oder ein erneutes Nichterfüllen der Auflagen zu akzeptieren. In
der Konsequenz wird es daher wohl zum Grexit kommen. Auch wenn das Timing sehr
schwierig vorherzusagen ist, und es aller Voraussicht nach eher ein schleichender Spaltungsprozess sein wird, unterstellen wir in unserem Basisszenario ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro-Raum, jedoch ein Verbleib in der EU, im kommenden Winterhalbjahr. Auslöser könnte die wohl schon im Herbst anstehende erste Beurteilung der
Reformfortschritte durch die Institutionen sein. Insbesondere nach Freigabe der vorgesehenen 25 Mrd. Euro zur Bankenrekapitalisierung rechnen wir mit einem stark nachlassenden Reformeifer. Um die Effekte an den Märkten zu limitieren, wird die EZB ihre Politik
noch expansiver ausrichten und zusammen mit einer gelockerten Fiskalpolitik die negativen Effekte zu kompensieren versuchen. Wir gehen davon aus, dass dies zu großen Teilen
gelingen wird. Dennoch revidieren wir unsere Wachstumsprognose für den Euro-Raum
(ohne Griechenland) für 2016 leicht um 0,3 Prozentpunkte auf 1,2% nach unten.
Unserer Meinung nach wird der Grexit mittelfristig die Struktur der Währungsunion verändern. Entgegen der teilweise geäußerten Hoffnung, dass sich als Konsequenz aus dem
„harten Durchgreifen“ in Griechenland nun alle an die Regeln halten, gehen wir davon aus,
dass in Folge der Stabilisierungsmaßnahmen nach dem Grexit der Weg zu einer Transferunion geebnet wird. In unseren halbjährlich erscheinenden 5-Jahres-Prognosen unterstellen wir daher im Vergleich zur letzten Ausgabe in den kommenden Jahren eine lockerere Fiskalpolitik, die zwar die Konjunktur etwas stärker belebt, dies jedoch auf Kosten
höherer Defizit- und Schuldenquoten. Trotz der anhaltenden Nullzinspolitik der EZB (wir
erwarten die erste Zinsanhebung 2019) wird aufgrund der strukturellen Probleme (die nur
mäßig durch Reformen reduziert werden dürften) das jährliche Wirtschaftswachstum bis
2020 nicht stärker als 1,3% ausfallen. Damit hinkt der Euro-Raum weiterhin deutlich der
Konjunktur in den USA hinterher, wo die Zentralbank wohl im Dezember 2015 beginnen
wird, die Zinsen langsam anzuheben. In der Konsequenz erwarten wir zunächst eine Ausweitung der Zinsdifferenz zwischen den USA und dem Euro-Raum, die sich erst ab 2017,
wenn wir den Dollar gegenüber dem Euro im Jahresdurchschnitt bei 0,95 erwarten, langsam einengen sollte. Im Umfeld moderaten Wachstums und für lange Zeit sehr lockerer
Geldpolitik erwarten wir in der Tendenz weiter steigende Aktienkurse (z.B. Dax-Ziel 2020
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bei 14.500 Punkten) und Immobilienpreise. Wir rechnen aber durchaus immer wieder mit
Rücksetzern in den verschiedenen Asset-Klassen.
In den kommenden Monaten werden die Märkte weiterhin von der Entwicklung in Griechenland geprägt sein. Doch zunächst wird das Augenmerk verstärkt auf China gerichtet
sein. Sollte es verstärkt Hinweise auf ein Hard-Landing in China mit BIP-Wachstumsraten
unter 5% geben, hätte dies stärkere negative Effekte auf die Weltwirtschaft und würde sowohl für Rohstoffe als auch bei anderen Assets zu weiteren deutlichen Kursverlusten führen. Da wir jedoch davon ausgehen, dass China mit geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen ein solches Hard-Landing verhindern wird, sollten die Rückschläge an den Märkten
nur vorrübergehend sein. In diesem Zusammenhang wird von besonderem Interesse sein,
wie China diese Maßnahmen finanzieren wird. Wir gehen davon aus, dass diese in erster
Linie inländisch finanziert werden und es zwar zu einem geringeren Aufbau von ausländischen Kapitalpositionen kommt, jedoch kein Ausverkauf der Auslandspositionen (z.B. USTreasuries) stattfinden wird.
Zusätzlich dürfte ein eher „normales“ Thema, nämlich das Timing der ersten Zinserhöhung
der Fed, das Marktgeschehen bestimmen und zu erhöhter Volatilität führen. Da die EZB
aber an ihrer ultralockeren Geldpolitik festhalten wird und ihr QE-Programm über September 2016 hinaus fortsetzen dürfte, sollten die europäischen Rentenmärkte weiterhin von
der expansiven Geldpolitik geprägt bleiben. Daher erwarten wir zunächst einen weiteren
Rückgang der Renditen im Staatsanleihesegment und gehen davon aus, dass abgesehen
von Grexit-bedingten Verwerfungen die Spreads sowohl für Covered als auch für Corporate Bonds historisch niedrig bleiben werden.
Auch wenn wir mittel- und langfristig für die meisten Märkte positiv gestimmt bleiben, wird
die Entwicklung sehr volatil bleiben. Wir empfehlen Ihnen daher, auch über den Sommer
unseren Rat aus dem Jahresausblick 2015 zu beherzigen und „angeschnallt zu bleiben“.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer!
Mit besten Grüßen
Dr. Jürgen Michels
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Inhalt
Impressum ............................................................................................................................. 1
Editorial .................................................................................................................................. 2
Inhalt ...................................................................................................................................... 4
Das Wichtigste im Überblick .................................................................................................. 5
Prognosen Gesamtwirtschaft ................................................................................................ 8
Prognosen Zins- und Rentenmärkte ................................................................................... 9
Prognosen Aktien-, Devisen- und Rohstoffe..................................................................... 10
Fernglas: Unruhige Zeiten in Sicht ...................................................................................... 11
5-Jahres Prognosen Gesamtwirtschaft ............................................................................. 16
Rohstoffe: Preisrutsch wegen China-Sorgen ...................................................................... 17
USA: Das zweite Halbjahr wird spannend! .......................................................................... 18
Euro-Raum: Grexit nur verschoben ..................................................................................... 22
Deutschland: Allenfalls leichte Konjunkturdelle ................................................................... 26
Weitere Industrieländer ....................................................................................................... 30
Japan: Gemäßigtes Wachstum und negative Inflation bringen BoJ unter Druck
UK: Keine Zinsanhebung der BoE vor dem EU-Referendum
Weitere Schwellenländer ..................................................................................................... 31
China: Volatiler Aktienmarkt hat kaum Einfluss auf Realwirtschaft
Türkei: Politische Unwägbarkeiten hemmen das Wachstum
Devisen: Die Fed wagt einen Schritt – und stärkt den Dollar .............................................. 32
Rentenmärkte: Politische Risiken im Fokus ........................................................................ 36
Staatsanleihen: Bunds gefangen zwischen Liquiditätsaspekten, Fed und Politik
Covered Bonds: Ausblick auf das zweite Halbjahr 2015
Unternehmensanleihen: Duration dürfte der Performance-Treiber Nr.1 bleiben
Aktienmärkte: Volatile Entwicklung hält an .......................................................................... 39
Das Research-Team der BayernLB .................................................................................... 43
Disclaimer: ........................................................................................................................... 44
Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................ 44
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Das Wichtigste im Überblick
Globales Umfeld: Zwischen Grexit- und China Sorgen
 Globale BIP- und
Inflationsprognosen
unverändert
 Nach zähen Verhandlungen zwischen Griechenland und den europäischen Partnern
wurde der Grexit zunächst abgewendet. Wir gehen aber davon aus, dass das noch im
Detail auszuhandelnde Hilfspaket an der mangelnden Umsetzung der Programmmaßnahmen scheitern wird und in der Folge Griechenland aus dem Euro ausscheidet. Dies
wird vor allem im Euro-Raum kurzfristig für Unsicherheit sorgen. Aufgrund einer expansiven Geld- und Fiskalpolitik dürften aber die negativen Folgen sowohl für die Märkte
als auch auf die Konjunktur begrenzt bleiben.
 Geld- und Fiskalpolitik in China dürften auch dort die negativen Folgen der teilweise
stark einbrechenden Aktienkurse limitieren und einen konjunkturellen Einbruch verhindern. Aus dem Nahen Osten kommen derweil gemischte Signale. In der Türkei führen
sowohl der wieder ausgebrochene Konflikt mit den Kurden als auch die militärische
Auseinandersetzung mit dem IS zu konjunkturellen Bremsspuren. Im Iran hingegen sollte das Atom-Abkommen zu einer Belebung der Konjunktur und einer steigenden Ölförderung führen. Ungeachtet dessen, schwelt die Ukraine-Russland Krise weiter und
könnte jederzeit wieder aufflammen.
Rohstoffmärkte: Preisrutsch wegen China-Sorgen
 Wir senken unsere
Preisprognosen für
Rohöl und Gold
 Wir interpretieren den Rückgang der Ölpreise infolge der Sorgen um die chinesische
Konjunktur und die Einigung im Atomstreit mit dem Iran zum Teil als nachhaltig und revidieren unseren Prognosepfad um 5 Dollar je Fass nach unten und unterstellen ein Niveau von etwa 60 Dollar je Fass bis Jahresende 2015. Im Zuge einer etwas höheren
globalen Konjunkturdynamik im kommenden Jahr sollten die Rohölpreise dann wieder
leicht steigen und Ende 2016 bei rund 68 Dollar je Fass liegen.
 Der Goldpreis durchbrach in den letzten Wochen mehrere charttechnische Unterstützungslinien und notiert gegenwärtig unterhalb der Marke von 1100 Dollar je Feinunze
bei weiterhin schwacher Tendenz. Der Goldpreis erreichte ein Fünfjahres-Tief und dürfte sich kurzfristig nicht erholen. Gründe hierfür sind die Einigung mit Griechenland, das
Atomabkommen mit dem Iran und nicht zuletzt Markterwartungen auf eine baldige
Zinswende in den USA. Wir setzen unsere Prognosen für die nächsten drei Monate von
1250 Dollar auf 1000 Dollar, für die nächsten sechs Monate von 1250 auf 1100 Dollar
und für die nächsten zwölf Monate von 1200 auf 1150 Dollar herab.
USA: Das zweite Halbjahr wird spannend!
 Wir revidieren unsere Prognosen
zum Haushaltssaldo 2015 und 2016
aufwärts
 Nach der nur gemäßigten Konjunkturdynamik im ersten Halbjahr 2015 erwarten wir eine
deutlichere wirtschaftliche Belebung im zweiten Halbjahr. Impulse sollten dabei von einer wiederbelebten Industrieproduktion kommen sowie von Seiten des privaten Häuserbaus, der in einigen Bereichen Vorkrisenniveaus erreicht hat, ohne jedoch dabei eine Verschuldungsblase zu generieren. Die weitere Erholung des Arbeitsmarktes sollte
sich über anziehende Löhne auch in höhere Konsumausgaben übersetzen und die Konjunkturdynamik zusätzlich stärken.
 Von Seiten der Geldpolitik erwarten wir die erste Zinsanhebung im Dezember 2015.
Zwar dürfte die CPI-Kerninflationsrate im August 2% erreichen, andere Inflationsmaße
sind davon jedoch noch weit entfernt. Zudem stellen globale Unsicherheiten wie die
Möglichkeit eines Grexits und der Kursrutsch an den chinesischen Aktienmärkten Risi-
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ken für US-Finanzmärkte und –Konjunktur dar, weshalb die Fed auf ihrer SeptemberSitzung wohl noch mit dem ersten Zinsschritt zögern wird.
Euro-Raum: Grexit nur verschoben
 Wir erwarten den
Ausstieg Griechenlands aus dem Euro
und revidieren deshalb unsere Wachstumsprognose 2016
 Angesichts der enorm hohen Umsetzungsrisiken eines neuen Hilfsprogramms für Griechenland erwarten wir, dass sich der Grexit im Winterhalbjahr 2015/16 abzeichnen wird.
Die damit einhergehende Unsicherheit dürfte die Investitionszurückhaltung temporär
verschärfen.
 Die von uns unterstellten expansiven Gegenmaßnahmen der Geld- und Fiskalpolitik
werden den Effekt aber zum Großteil kompensieren. Wir revidieren unsere Wachstumsprognose 2016 deshalb nur um 0,3 Pp. auf 1,2% nach unten. In den Folgejahren
dürfte die Konjunkturdynamik dann wieder etwas höher ausfallen, auch weil sich die
Währungsunion zunehmend in Richtung stärkerer zwischenstaatlicher Transfers entwickeln wird.
Deutschland: Allenfalls leichte Konjunkturdelle
 Leichte Abwärtsrevision des BIP 2016
 Die deutsche Konjunktur bleibt mit einer starken Binnenwirtschaft weiter auf Kurs. Die
Griechenland-Turbulenzen haben sich im Gegensatz zum Jahr 2012 bislang kaum in
einer Stimmungseintrübung der Unternehmen niedergeschlagen. Dennoch erwarten wir
im von uns prognostizierten Grexit-Fall im Winterhalbjahr eine kurzfristige Investitionszurückhaltung, was die Konjunktur 2016 leicht dämpfen dürfte. Die wirtschaftlichen Effekte bleiben aber, auch aufgrund geldpolitischer und fiskalischer Maßnahmen, überschaubar.
 Der Arbeitsmarkt entwickelt sich weiterhin gut. Es gibt erste Anzeichen (offene Stellen
im Verhältnis zur Arbeitslosenzahl) für eine zunehmende Knappheit von geeigneten Arbeitskräften. Dies sorgt für anhaltend hohe Lohnsteigerungen, die sich tendenziell auch
in einer höheren Verbraucherpreisinflation niederschlagen. Aufgrund weiterhin sehr
günstiger Importe bleibt der Preisdruck aber insgesamt moderat.
Devisenmärkte: Die Fed wagt einen Schritt – und stärkt den Dollar
 Etwas schwächere
Euro-Prognose
 Weil wir ein Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion im Laufe des Winterhalbjahres annehmen, ändern wir unsere Euro-Dollar-Prognosen zugunsten des Dollars. Wir erwarten nach wie vor, dass der Dollar auf Sicht von 6 Monaten deutlich zulegt, bedingt – neben dem Grexit – vor allem durch die erste Fed-Zinsanhebung im
Dezember. Auf Sicht von 6-12 Monaten sollte der Dollar nur geringfügig weiter aufwerten, insbesondere da die Fed die Markterwartungen vierteljährlicher Zinserhöhungen
enttäuschen dürfte.
 Die letzten BoE-Minutes lassen bald mehr Stimmen für eine erste Zinsanhebung in
Großbritannnien erwarten. Wir heben daher unsere kurzfristige Pfund-Prognose an. Auf
Jahressicht rechnen wir aber weiter mit einem schwächeren Pfund.
 Nachdem die tschechische Krone zuletzt mit dem Mindestkurs der tschechischen Nationalbank (CNB) von 27 Kronen flirtete und die CNB intervenierte, kam es zu Spekulationen auf ein vorzeitiges Ende des Mindestkurses. Auch da der Umfang der jüngsten Interventionen bislang noch sehr gering gewesen sein dürfte und die Devisenreserven der
CNB auf einem noch recht moderaten Niveau liegen, erwarten wir im Einklang mit der
Forward Guidance der CNB eine Beibehaltung des Mindestkurses bis Juni 2016.
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Rentenmärkte: Ausblick auf das zweite Halbjahr
 Griechenland bleibt
ein wichtiger Treiber für die Rentenmärkte
 Schwankungen des Nettoangebots von Staatsanleihen sowie die politischen Risiken
durch die Parlamentswahlen in Portugal und Spanien, vor allem aber die ungewissen
Reformumsetzungen in Griechenland werden den Handel volatil halten. Durch die Entwicklung des Euroraums hin zu einer Transferunion hat sich das Chancenpotenzial für
Bunds in Risk off-Phasen aber verringert.
 Während sich im zweiten Halbjahr am Covered Bond-Primärmarkt das für Investoren zu
geringe Angebot fortsetzen dürfte, wird Griechenland am Sekundärmarkt weiter für
Volatilität sorgen. Letztendlich bleibt aber die beispiellose Geldflut der bestimmende
Faktor an den Märkten – wir denken, sogar über Herbst 2016 hinaus. Unsere Empfehlung bleibt eine Übergewichtung der renditestärkeren EU-Peripherie-Segmente.
 Kurzfristig sind die Vorrausetzungen für eine weitere Erholung an den Credit-Märkten
zwar gegeben, jedoch sind diese verstärkt auf technische Faktoren zurückzuführen. Mittelfristig sehen wir das Chance/Risiko-Profil bei IG-Anleihen zunehmend kritischer, da
die Carry bei stärkeren Schwankungen der Bund-Renditen nicht ausreicht, um signifikant positive Erträge zu erzielen. Dagegen dürften High-Yield-Anleihen (BB- und Single
Bs) in diesem volatilen Niedrigzinsumfeld gefragt bleiben.
Aktienmärkte: Volatiles Fahrwasser dürfte noch anhalten
 Prognosen teilweise leicht gesenkt,
Grundszenario aber
unverändert
 Durch die erneute Eskalation in Griechenland, die in ein Ausscheiden aus dem EuroRaum münden dürfte, rechnen wir zwar mit erneuten Volatilitätsanstiegen in den kommenden Monaten. Trendbestimmend wird dies an den Aktienmärkten aber nicht werden. Entscheidend im Grexit-Fall sind aus Aktienmarktsicht neben möglichen Negativeffekten auf die Konjunktur die potenziellen Ansteckungseffekte auf die übrige EuroPeripherie. Beides halten wir auch aufgrund der erwarteten EZB-Eingriffe für begrenzt.
 Daher halten wir nachhaltige, kräftige Kursverluste an den Aktienmärkten auch im
Grexit-Fall für unwahrscheinlich. Zeichnet sich ab, dass das Ausscheiden Griechenlands ohne größere Blessuren im Euro-Raum vonstattengeht, werden sich wieder die
entscheidenden marktrelevanten Faktoren als trendbestimmend durchsetzen – insbesondere die Geldpolitik, die Konjunktur und die Unternehmensgewinne. Per saldo sollten diese Faktoren auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten positiv wirken.
 Der Kursverfall in China wäre nur dann nachhaltig belastend für die europäischen Aktienmärkte, wenn er mit spürbaren negativen Effekten auf die chinesische Wirtschaft
und damit die Weltwirtschaft einherginge. Bleibt der strukturell bedingte Rückgang der
dortigen Konjunkturdynamik im Rahmen der Annahmen und die Weltkonjunktur auf ihrem erwarteten Wachstumspfad, sollten sich die europäischen Aktienmärkte auch gegenüber einer fortgesetzten Börsenkorrektur in China mittelfristig widerstandsfähig zeigen. Kurzfristig dürfte die Nervosität aber hoch bleiben.
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Prognosen Gesamtwirtschaft
In Prozent
Welt-BIP
Anteil
2014
BIP-Wachstum
Inflation
Öffentl. Haushaltssaldo
Öffentl. Schuldenstand
zum Vorjahr
zum Vorjahr
gemessen am BIP
gemessen am BIP
2015
23,6
17,8
5,1
3,8
2,9
1,9
1,1
0,7
0,6
0,3
0,4
0,3
0,3
6,9
3,6
0,9
2,4
0,8
1,6
0,2
-0,4
1,4
0,9
1,1
0,3
0,8
-0,1
0,9
4,8
-0,1
3,0
2,0
Fortgeschrittene Länder 1)
59,6
1,7
1,8
2,0 (2,1)
1,3
China
Asien (o. Japan/China)
Indien
Indonesien
Lateinamerika
Brasilien
Mexiko
Russland
Mittel- und Osteuropa
Türkei
Naher u. Mittlerer Osten
Südafrika
Schw ellenländer 1)
Welt
12,5
8,8
2,5
1,2
7,4
3,1
1,9
3,0
3,7
1,2
3,7
0,5
40,4
100
7,4
4,9
7,4
5,0
0,9
0,0
2,1
0,6
2,1
2,9
2,5
1,5
4,2
2,7
7,0
5,1
7,8
5,5
0,3
-1,5
2,5
-4,3
2,0
3,0
3,1
2,0
3,7
2,6
6,8
5,5
8,0
5,8
1,8
1,0
3,5
-1,5
3,1
3,5
3,6 (3,3)
2,1
4,3
3,0
2,0
4,2
6,5
6,4
11,4
6,3
4,0
7,7
3,6
8,9
6,5
6,1
5,1
2,9
(5,2)
(-5,0)
(2,1)
(3,5)
1) Enthält auch weitere Länder
2,7
1,2
1,7
1,0
0,8
1,9
1,2
1,2
1,4
-5,0
1,0
1,6
2,4
1,5
1,8
1,0
2014
USA
Euro-Raum
Deutschland
Frankreich
Italien
Spanien
Niederlande
Belgien
Österreich
Griechenland
Finnland
Portugal
Irland
Japan
Großbritannien
Schw eiz
Quellen: Eurostat, IWF, BayernLB
2,3
1,2
2,0
1,0
0,5
2,6
1,7
1,1
0,8
-3,0 (-0,5)
0,2
1,5
2,7
0,9 (1,2)
2,6 (2,4)
0,5
2016
(1,5)
(1,9)
(2,0)
(1,4)
(1,4)
(1,6)
(2,1)
(1,2)
(1,8)
(2,6)
(1,7)
1,6
0,4
0,9
0,5
0,2
-0,1
0,9
0,3
1,6
-1,2
1,0
-0,3
0,2
2,7
1,5
0,0
"-" nicht verfügbar
2015
0,4
0,2
0,8
0,2
-0,2
0,2
0,4
0,2
0,7
1,5 (-1,5)
0,2
0,2
0,3
1,0
0,3 (0,6)
-1,0
0,4
1,5
3,0
5,5
6,0
13,3
7,8
3,2
12,5 (11,9)
3,4
7,0 (6,0)
6,2
4,5
5,4
2,5
2016
2014
2015
2016
gemessen am BIP
2014
2015
2016
2014
2015
2016
104,3
92,0
74,9
95,6
132,1
97,7
67,9
106,6
84,6
177,1
59,3
130,2
109,7
226,0
89,3
46,0
105,3
93,5
72,6
97,2
132,9
98,7
69,5
106,8
87,0
180,0
61,5
128,0
109,0
229,2
89,8
45,9
104,9
94,0
70,2
100,9
134,0
101,1
70,5
107,4
86,0
220,0
63,2
126,0
106,0
231,7
90,5
44,7
-2,4
3,0
7,6
-1,7
2,0
0,6
9,9
0,4
2,3
-2,0
-1,8
0,5
6,2
0,5
-5,5
10,0
-2,4
3,3
7,8
-1,1
2,2
1,2
9,0
2,1
2,3
2,0
-0,7
1,2
5,7
0,5
-5,0
6,0
-2,2
3,3
7,7
-1,4
2,2
1,0
9,4
2,2
2,3
4,0
-0,4
1,4
5,3
0,5
-4,5
9,0
2,1
1,1
1,9
0,6
0,5
1,0
1,1
1,2
1,4
5,0 (0,6)
1,0
1,0
1,2
0,8
1,7
0,0
-5,0
-2,4
0,7
-4,0
-3,0
-5,8
-2,3
-3,2
-2,4
-3,5
-3,2
-4,5
-4,1
-7,7
-5,7
0,2
-4,2 (-4,4)
-2,3
0,5 (0,4)
-4,0
-3,0
-5,0
-2,6
-3,0
-2,0
-3,5 (-2,5)
-2,8
-3,0
-2,9
-6,8 (-7,3)
-4,3
-0,4
-4,1
-3,0
-0,3
-4,9
-3,8
-4,8
-3,0
-3,7
-2,3
-3,0
-3,6
-3,0
-3,0
-5,8
-2,8
-0,2
1,5
-4,4
-3,8 (-4,0)
-3,8
114,0
115,4
115,7
-0,2
-0,1
0,1
2,0
3,6
6,0
5,5
10,5
5,9
3,0
6,3
3,9
6,5
6,4
5,6
4,8
2,9
-1,4
-7,0
-2,3
-6,3
-4,6
-0,7
-1,5
-4,1
-2,5
-
-1,8
-7,0
-2,2
-5,3
-4,1
-1,3
-1,5
-4,2
-3,7
-
-2,0
-7,0
-2,0
-4,7
-3,5
-2,0
-1,5
-3,4
-3,3
-
41,0
65,0
25,0
65,2
50,1
15,2
33,5
45,9
41,2
-
44,0
64,0
26,0
66,2
51,4
15,9
33,3
47,5
43,5
-
46,0
63,0
26,0
66,2
51,7
17,3
33,0
48,2
44,3
-
2,0
-1,4
-3,0
-3,9
-1,9
2,7
-5,9
-5,4
0,7
-
3,0
-1,5
-3,0
-3,6
-2,0
2,2
-5,5
-4,6
0,1
-
3,0
-1,5
-2,8
-3,4
-2,3
2,6
-5,5
-5,7
0,4
-
alte Prognosen in Klammern
(-4,3)
(-2,2)
(0,2)
(-4,0)
(-3,0)
(-4,0)
(-2,4)
(-3,0)
(-1,5)
(0,5)
(-2,8)
(-2,8)
Leistungsbilanzsaldo
(-7,0)
Euro-Raum ab 2016 ohne Griechenland
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
9
Prognosen Zins- und Rentenmärkte
Zinsen und Renditen in %, Spreads in Basispunkten 1)
Stand am
28.07.2015
in 3M
Okt 2015
in 6M
Jan 2016
in 12M
Jul 2016
0,05
0,50
-0,75
1,50
0,05
0,0 - 0,25
0,0 - 0,1
0,05
0,50
-1,25
1,50
0,05
0,0 - 0,25
0,0 - 0,1
0,05
0,50
-1,25
1,50
0,05
0,25 - 0,50
0,0 - 0,1
0,05
0,50
-1,25
1,50
0,05
0,25 - 0,50
0,0 - 0,1
0,29
0,67
1,59
2,25
2,97
-0,02
-0,23
0,07
0,69
1,38
0,30
0,70
1,80
2,30
3,10
-0,04
-0,25
0,00
0,40
1,10
0,60
0,90
2,00
2,50
3,40
-0,05
-0,20
0,05
0,50
1,20
0,55
1,20
2,20
2,60
3,50
-0,07
-0,20
0,15
0,80
1,50
92
158
90
156
65
160
95
190
70
160
110
200
100
140
140
180
0,58
1,94
-0,74
-0,03
1,62
2,88
0,30
0,97
0,17
0,41
0,55
2,10
-1,35
-0,09
1,60
2,80
0,30
0,70
0,10
0,42
0,55
2,30
-1,35
-0,06
1,60
3,10
0,30
0,80
0,10
0,48
0,55
2,40
-1,35
0,03
1,60
3,30
0,30
1,00
0,10
0,51
Spread 10 Jahre
Ø 5,4 Jahre
Ø 4,5 Jahre
34
90
77
40
80
70
43
85
80
37
80
75
Ø 4,7 Jahre
10
4
4
2
Leitzinsen
Euro-Raum
Großbritannien
2)
Schweiz
Polen
Tschechien
USA
Japan
USA/Euro-Raum
USA
3M USD-Libor
2 Jahre
5 Jahre
10 Jahre
30 Jahre
3M Euribor
2 Jahre
5 Jahre
10 Jahre
30 Jahre
Euro-Raum
Rendite Spreads
Bunds
US Treasuries
Treasuries. vs. Bunds
Steilheit 2-10
Steilheit 2-10
Spread 2 Jahre
Spread 10 Jahre
Ausgewählte Staatsanleihemärkte
Großbritannien
3 Monate
10 Jahre
Schweiz
3 Monate
10 Jahre
Polen
3 Monate
10 Jahre
Tschechien
3 Monate
10 Jahre
Japan
3M Tibor
10 Jahre
Corporate Bonds
Swap vs. Bund
iBoxx € Non-Financials
iBoxx € Financials (Senior)
Covered Bonds
iBoxx € Covered
Quelle: BayernLB
1) Monatsendstände
2) Einlagesatz
USA: Treasuries; Euro-Raum: Bundesanleihen
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
10
Prognosen Aktien-, Devisen- und Rohstoffe
Stand am
28.07.2015
Aktienindices1)
DAX
EURO STOXX 50
S&P 500
Nikkei 225
Devisen
Dollar
Japanischer Yen
Britisches Pfund
Schweizer Franken
Schwedische Krone
Norwegische Krone
Kanadischer Dollar
Australischer Dollar
Chinesischer Renminbi
Polnischer Zloty
Tschechische Krone
Südafrikanischer Rand
USD pro EUR
JPY pro EUR
JPY pro USD
GBP pro EUR
USD pro GBP
CHF pro EUR
CHF pro USD
SEK pro EUR
SEK pro USD
NOK pro EUR
NOK pro USD
CAD pro EUR
CAD pro USD
AUD pro EUR
AUD pro USD
CNY pro EUR
CNY pro USD
PLN pro EUR
PLN pro USD
CZK pro EUR
CZK pro USD
ZAR pro EUR
ZAR pro USD
Rohstoffe
Rohöl-Brent (Dollar je Fass)
Gold (Dollar je Feinunze)
Quelle: BayernLB
in 3M
Okt 2015
in 6M
Jan 2016
in 12M
Jul 2016
11.174
3.554
2.068
20.329
11.700
3.640
2.130
20.800
12.200
3.760
2.180
22.000
12.800
3.880
2.220
22.700
1,11
137
124
0,71
1,56
1,06
0,96
9,48
8,57
9,02
8,16
1,43
1,29
1,51
0,73
6,87
6,21
4,12
3,72
27,0
24,4
13,9
12,6
1,09
133
122
0,69
1,58
1,09
1,00
9,30
8,53
8,85
8,12
1,42
1,30
1,48
0,74
6,76
6,20
4,15
3,81
27,1
24,9
14,0
12,8
1,04
130
125
0,71
1,46
1,08
1,04
9,20
8,85
8,85
8,51
1,41
1,36
1,51
0,69
6,45
6,20
4,10
3,94
27,1
26,1
13,6
13,1
1,02
132
129
0,80
1,28
1,07
1,05
9,05
8,87
8,70
8,53
1,36
1,33
1,46
0,70
6,32
6,20
4,05
3,97
25,5
25,0
13,5
13,2
53
1.095
60
1.000
60
1.100
64
1.150
1) Monatsendstände
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
11
Fernglas: Unruhige Zeiten in Sicht
 Erstmals Projektionen für 2020
 Politische Entscheidungen haben
großen Einfluss
In halbjährlichem Rhythmus aktualisieren wir unsere Mittelfristprognosen mit einem Horizont von fünf Jahren und stellen nun erstmals Zahlen für 2020 vor. In diesen Projektionen
decken wir wichtige makroökonomische Aggregate und Marktindikatoren (BIP, Inflation,
Zinsen, Wechselkurse) für den Euro-Raum, die wichtigsten Euro-Länder und die USA ab.
Angesichts des langen Zeithorizonts und der damit verbundenen Prognoseunsicherheit
sind diese Projektionen als Tendenzaussagen für die grundlegende Entwicklung zu werten.
Insbesondere im Euro-Raum werden in den kommenden fünf Jahren politische Entscheidungen großen Einfluss sowohl auf makroökonomische als auch Marktentwicklungen haben. In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass Griechenland aus dem Euro
ausscheiden wird – wahrscheinlich auf Sicht von einem Jahr. Die Integration der verbleibenden Staaten in der Währungsunion wird verstärkt und weitere fiskalische Transfermechanismen werden sukzessive installiert. Dieser Prozess wird von schwierigen politischen
Verhandlungen begleitet sein und nicht gradlinig verlaufen. Über den Prognosehorizont
besteht dabei durchaus die Gefahr von „politischen Unfällen“, die die Währungsunion insgesamt gefährden könnten.
Globales Umfeld: Weniger Rückenwind von den Schwellenländern
 Transformation der
chinesischen Wirtschaft limitiert
Wachstum in den
Schwellenländern
 Aufholprozess der
Schwellenländer
noch nicht abgeschlossen
Im Vergleich zum Jahresende 2014 haben wir unsere Prognose für das globale Wirtschaftswachstum für 2015 und 2016 aufgrund einer weniger dynamischen Entwicklung in
den Schwellenländern auf 2,6% bzw. 3,0% nach unten revidiert. Obwohl wir unsere Prognosen für China weitgehend unverändert gelassen haben, deuten die Daten darauf hin,
dass die (erwartete) Abkühlung eine größere als zunächst unterstellte Rolle auf das Expansionstempo in anderen Schwellenländern hat. Insbesondere Länder (auch fortgeschrittene), die in der Vergangenheit stark von der hohen Rohstoffnachfrage Chinas profitiert
haben, neigen zur Schwäche, da sie von der Transformation Chinas hin zu einem stärker
vom Konsum getriebenen und weniger ressourcenintensiven Wachstum betroffen sind. Auf
Sicht der kommenden fünf Jahre rechnen wir mit einer Fortsetzung dieser Transformation,
die das Wirtschaftswachstum in China auf Wachstumsraten zwischen 6% und 7% limitieren sollte. Trotz der jüngsten Einbrüche am chinesischen Aktienmarkt gehen wir aber weiter von einem „soft landing“ der chinesischen Wirtschaft aus. In vielen Schwellenländern
dürfte darüber hinaus eine nicht mehr ganz so lockere Gelpolitik in den Industrieländern die
stimulierende Wirkung der Kreditexpansion beeinträchtigen und für eine längere Phase
verhaltenen Wachstums sorgen.
Dennoch rechnen wir damit, dass die Wirtschaftsleistung in den Schwellenländern bis 2020
stärker als in den fortgeschrittenen Ländern zulegen wird, da der Aufholprozess noch lange
nicht abgeschlossen ist. Bei einer Fortführung der jüngst angestoßenen Reformen dürfte
Indien mit Wachstumsraten von 8% oder mehr dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Unsere Prognose für das globale BIP-Wachstum von etwa 3% pro Jahr ab 2016 behalten wir
daher bei. In diesem Umfeld gehen wir zunächst von seitwärts tendierenden Preisen für
Rohstoffe aus, denen ein moderater Anstieg über die kommenden Jahre folgen sollte. Am
Ende des Prognosehorizonts erwarten wir den Rohölpreis zwischen 80 und 100 Dollar pro
Fass. Wie für die Entwicklung der Weltwirtschaft insgesamt dürften geopolitische Ereignisse zumindest kurzfristig für erhöhte Volatilität bei den Rohstoffpreisen sorgen. Neben den
Entwicklungen im Nahen Osten (IS) richten wir unser Augenmerk besonders auf das Verhältnis des Westens mit Russland.
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
12
USA: Weiter auf Wachstumskurs
 Konjunktur-, Arbeitsmarkt- und Inflationsaussichten
bleiben positiv
Die USA dürften als relativ geschlossene Volkswirtschaft in den kommenden Jahren nicht
ganz so stark von globalen Risiken und Ereignissen betroffen sein wie andere Länder. Die
US-Wirtschaftspolitik wird sich daher verstärkt auf die heimische Entwicklung und anstehende Probleme konzentrieren. Das jährliche Wachstum dürfte in den nächsten fünf Jahren einigermaßen robust um 2,5% schwanken, wobei der Private Konsum weiterhin die
Hauptstütze der Wirtschaft sein dürfte. Stärkere Impulse von Seiten der gewerblichen Investitionen sind wohl erst wieder bei einem höheren Ölpreis und einer damit einhergehenden Erholung der Ölindustrie zu erwarten. Zwischenzeitlich dürfte der Außenhandel – getrieben durch die divergierende Geldpolitik der Fed und vieler anderer großer
Zentralbanken (z.B. EZB, BoJ) – über einen stärkeren Dollar-Außenwert das BIPWachstum bremsen. Dennoch dürfte das Wirtschaftswachstum ab 2016 oberhalb der Potenzialwachstumsrate von 2,2% liegen, weshalb die Produktionslücke ab 2017 in den positiven Bereich drehen dürfte (vgl. Abbildung auf S. 12). Daher sollte sich die Erholung des
Arbeitsmarktes fortsetzen und schon bald in eine stärkere Lohndynamik übersetzen, welche zu Inflationsraten von rund 2% führen sollte. Die soliden Wachstumszahlen und insbesondere die deutliche Erholung des Arbeitsmarktes haben bereits in den letzten Monaten
zu höheren Steuereinnahmen geführt. Zusätzlich wurde die Sequestration (automatische
Ausgabenkürzungen) wegen fehlender Mehrheiten in den Kongresskammern beibehalten.
Da diese Faktoren mittelfristig bestehen bleiben dürften, erwarten wir die staatlichen Haushaltsdefizite im Vergleich zur letzten Projektion etwas niedriger. Die Defizite sollten ab
2018 zulegen, da wegen der ungünstigeren demographischen Entwicklung die Kosten für
Sozialausgaben stärker steigen werden. Entsprechend sollte die gesamtstaatliche Verschuldung hoch bleiben. Mit Blick auf die gute Inflations- und Arbeitsmarktentwicklung dürfte die Fed den Leitzins zum ersten Mal Ende 2015 anheben. Danach sollte allerdings der
Zins zur Vermeidung erhöhter Finanzmarktvolatilität nur sehr langsam angehoben werden
und der Anhebungspfad im Jahr 2019 auf einem Niveau von 3,0% enden.
Euro-Raum holt konjunkturell etwas auf
Inflationsziel aber in weiter Ferne
Output Gap ( % des BIP), ab 2015 Prognose
Jährliche Inflationsrate in Prozent, ab 2015 Prognose
Quelle: Eurostat, BLS und BayernLB Research
Euro-Raum: Vom Grexit in Richtung Fiskalunion
 Moderates Wachstum und niedrige
Inflation
Im Euro-Raum haben sich die mittelfristigen Wachstumsaussichten im vergangenen halben Jahr wenig verändert. Trotz der zuletzt etwas höheren konjunkturellen Grunddynamik,
die sich vor allem auf eine sehr expansive Wirtschaftspolitik stützt, haben wir unsere
Wachstumsprognosen insgesamt nur leicht aufwärts revidiert. Bei in etwa konstantem Potenzialwachstum von rund 1% wird sich die Unterauslastung der Wirtschaft nur schrittweise
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
13
abbauen und die Produktionslücke erst 2020 schließen. Auch deshalb bleibt der Preisauftrieb über die kommenden Jahre unter der Zielmarke der EZB von „unter, aber nahe 2%“.
Limitierend für die wirtschaftliche Erholungsbewegung wirkt nach wie vor, dass der Politikmix nicht optimal auf Strukturreformen und damit eine Belebung der Wachstumskräfte
ausgerichtet ist, auch weil die zentrale Weichenstellung in der Fiskalpolitik – zurück zu „no
bailout“ oder stärkere Integration (mit stärkerer Haftung und Kontrolle) – noch nicht endgültig getroffen worden ist.
 Grexit dürfte Weg
in Richtung stärkerer Fiskaltransfers
ebnen
Der Fortgang der Krise um Griechenland dürfte dabei eine wichtige Rolle spielen. Auf den
ersten Blick könnte der von uns unterstellte Grexit als Signal in Richtung einer stärker stabilitätsorientierten Währungsunion interpretiert werden. Unter der Oberfläche dürften die
politischen Prozesse allerdings in die entgegengesetzte Richtung wirken. Denn im Fall des
Ausstiegs Griechenlands und damit eines Bruchs des Mantras der Unumkehrbarkeit der
Zugehörigkeit zum Euro-Club dürften zahlreiche Länder (v.a. Frankreich und Italien) weitere Schritte in Richtung einer stärkeren wirtschaftlichen Integration –inklusive einer Ausdehnung der gemeinschaftlichen Haftung und/oder einer weiteren Lockerung des Restriktionsgrads der nationalen Fiskalpolitik – fordern. In diesem Fall wäre der Weg zurück zu den
Maastricht-Prinzipien als alternative Option endgültig vom Tisch. Denn die GriechenlandKrise hat demonstriert, dass die Währungsunion im Notfall zwar den Ausstieg eines kleinen
Landes verkraften kann. Die Insolvenz oder das Ausscheiden eines großen Landes ist
aber – vor allem wegen der anhaltend hohen Verbindung zwischen Banksystemen und
Staaten – nach wie vor keine realistische Option, wodurch die Wirkung der Marktkräfte (vor
allem des Zinses) als regulierendes Stabilisierungselement nachhaltig beeinträchtigt bleibt.
Deshalb erwarten wir auf Sicht von fünf Jahren politische Entscheidungen, welche die
Struktur der Währungsunion nachhaltig in Richtung einer weiteren Integration mit stärkeren
fiskalischen Transfermechanismen verändern.
Konjunktur-Divergenz nimmt langsam ab
Budgetdefizite steigen 2016 wieder
Output Gap ( % des BIP), ab 2015 Prognose
Staatliches Budgetsaldo in % am BIP, ab 2015 Prognose
Quelle: Eurostat, BayernLB Research
 Tragfähigkeit der
Staatsverschuldung
in einigen Ländern
nur bei anhaltend
niedrigen Zinsen
gegeben
Nachdem die Unsicherheit im Umfeld des Grexit die Wirtschaft in den großen EuroLändern im Jahr 2016 belasten dürfte, wirken sich die oben beschriebenen Entscheidungen in Richtung einer expansiveren Wirtschaftspolitik in den Jahren ab 2017 positiv auf die
Wachstumsprojektionen für Frankreich, Italien und Spanien aus. Die Haushaltsentwicklung
dürfte vor allem 2016 zusätzlich von den Konsequenzen eines Forderungsausfalls infolge
des Grexit belastet werden (vgl. Abbildung auf S. 13). Dabei unterstellen wir eine Abschreibung auf die öffentlichen Hilfskredite in Höhe von 50%, was die Budgetsalden in den
Euro-Ländern gemessen am BIP um etwa 0,6 Prozentpunkte belasten würde. Maßgeblich
ist hier die Abschreibung auf die EFSF-Hilfskredite, welche im Gegensatz zu den bilateralen Hilfen dann unmittelbar defizitwirksam würden. Auch hierbei dürften die bestehenden
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
14
Fiskalregeln aber nicht in Richtung einer zusätzlichen Konsolidierung in den folgenden
Jahren eingesetzt werden. Vielmehr dürften die Haushaltsdefizite erst 2018 (Italien) bzw.
2020 (Frankreich) wieder die 3%-Zielmarke erreichen. Die Schuldenquoten bleiben in diesem Szenario sehr hoch. Die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung ist in Frankreich, Italien
und Spanien nur bei anhaltend sehr günstigen Finanzierungskonditionen gegeben. Dies
wiederum erhöht den Druck auf die EZB, ihren sehr expansiven Kurs nachhaltig fortzusetzen. Eine merkliche Anhebung der Leitzinsen ist damit auch auf Sicht von fünf Jahren nicht
zu erwarten.
Rentenmarkt: EZB-QE dämpft negative Marktimpulse expansiver Fiskalpolitik
 EZB-QE federt
bondnegative Effekte der expansiven Fiskalpolitik ab
 Aufkeimende Spekulationen auf EZBLeitzinswende
 Treasury-Verluste
wegen USLeitzinserhöhungen
und Abschmelzen
der Fed-Bilanz
Die bislang skizzierte moderate Anstiegstendenz der Bund- und US-Renditen über die
kommenden fünf Jahre erfährt durch unsere Annahme eines bevorstehenden Grexit keine
strukturelle Änderung. Die expansiven Maßnahmen der Fiskal- und Geldpolitik, die zur
Minimierung der den Grexit begleitenden Risiken zu erwarten sind, sprechen zwar über
tendenziell höhere Wachstums- und Inflationsraten in den kommenden Jahren für einen in
der Summe spürbaren Anstieg des fairen Werts der Bundrenditen. Die EZB wird jedoch mit
Hilfe ihres über den September 2016 hinaus fortgeführten Kaufprogramms eine möglicherweise stärkere Renditeanstiegsdynamik abbremsen. Selbst im Jahr 2017 sollte sich die
10-jährige Bundrendite daher noch nicht nennenswert von der 1%-Marke entfernt haben
und weiter deutlich unter dem fairen Wert notieren. Ein gegenüber den Vorjahren dennoch
leicht beschleunigtes Renditeanstiegstempo wird jedoch Ausdruck des Umstands sein,
dass die Märkte das Ende des EZB-Kaufprogramms 2018 schon antizipieren werden.
Vor dem Hintergrund eines wohl erfolgten Abschlusses der EZB-Käufe im Jahr 2018 bei
gleichzeitig normalisiertem Preisauftrieb werden marktseitig dann erste Spekulationen auf
den Zeitpunkt der EZB-Leitzinswende aufkommen. Zusammen mit den negativen USMarktvorgaben sollte dies die 10-jährige Bundrendite in den nachfolgenden Jahren bis auf
2,2% tragen. Bunds nähern sich damit ihrem fairen Wert an, ohne diesen jedoch zu erreichen.
Transatlantik-Spread steigt weiter an
Euro-Abwertung setzt sich fort
10J Renditen (%) und Spread (US-DE; BP); ab 2015 Prognose
USD je EUR, Zinsdifferenz EZB-Fed (Dez); ab 2015 Prognose
Quellen: Bloomberg, BayernLB Research
Quellen: Fed, EZB, Reuters Datastream, BayernLB Research
In den USA hingegen würden die Fundamentaldaten keinen weiteren Anstieg der Renditen
über 2017 hinaus rechtfertigen (Wachstum leicht rückläufig, Inflation konstant). Hier jedoch
bewirkt das Abschmelzen der Fed-Notenbankbilanz bei gleichzeitig fortgesetzten Leitzinsanhebungen einen weiteren Renditeanstieg, der 10-jährige Treasuries ab 2018 bei knapp
4% rentieren lassen wird. Im Transatlantik-Spread spiegeln sich die anfangs noch gegensätzliche Ausrichtung der Notenbankpolitik und der später einsetzende „Aufholprozess“ der
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
15
EZB. Der 10-jährige Spread dürfte seinen Hochpunkt bei etwa 200 Basispunkten nun
schon im Jahr 2016 erreichen. Aber selbst auf Sicht von fünf Jahren wird der Spread mit
160 Basispunkten immer noch marginal weiter sein als heute. Dann wird die Fed jedoch
den Hochpunkt ihrer Leitzinserhöhungen erreicht haben, während die EZB gerade erst aus
den Startlöchern kommt.
 TransatlantikSpread auf historisch hohem Niveau
Die skizzierten Trends für die Renditen und in der Folge für den Transatlantik-Spread mit
ihren im historischen Vergleich nur geringen Veränderungen dürften im Umfeld einer stark
verminderten Marktliquidität (QE beiderseits des Atlantiks und regulatorische Vorgaben)
von erheblicher Volatilität charakterisiert sein.
Devisenmarkt: Euro bleibt schwach
 Euro 2017 deutlich
unter der Parität
zum Dollar
In den kommenden beiden Jahren rechnen wir mit einer weiteren Abwertung des Euro
gegenüber dem Dollar. 2016 sollte die Fed zwar mit einem sehr langsamen Zinserhöhungstempo enttäuschen, das von uns angenommene Ausscheiden Griechenlands und
die im Zuge dessen umfangreicher als erwartet ausfallenden QE-Anleihekäufe der EZB
dürften den Euro aber weiter schwächen. Für 2017 gehen wir dann davon aus, dass der
Wechselkurs bei einem schnelleren Zinsanhebungsrhythmus der Fed auf Tiefstände deutlich unter der Parität fällt. Erst wenn die EZB – wohl 2018 – ihr QE-Programm ganz eingestellt hat (nach schrittweise verringerten Anleihekäufen 2017), erwarten wir eine Stabilisierung des Euro. Hierzu dürfte auch beitragen, dass die starke Euro-Unterbewertung zum
Dollar dem europäischen Außenhandel erheblichen Rückenwind verschafft und zu einem
weiteren Ansteigen der bereits beträchtlichen Leistungsbilanzüberschüsse des EuroRaums führen wird (im Gegensatz zu anhaltenden Defiziten der USA). Gegen Ende unseres Projektionszeitraums nehmen wir an, dass dies und erste Leitzinserhöhungen der EZB
für eine Euro-Erholung auf 1,10 Dollar je Euro im Jahr 2020 sorgen werden. Gemessen an
der Kaufkraftparität von dann wohl deutlich über 1,30 Dollar je Euro wäre die Gemeinschaftswährung dann immer noch erheblich unterbewertet. Wir erachten dies als angemessen, da wir damit rechnen, dass der Zusammenhalt der Währungsunion in den kommenden Jahren nicht in erster Linie durch Strukturreformen und Ausgabendisziplin,
sondern durch vermehrte fiskalische Transfers befördert wird. Daher erwarten wir längerfristig ein weiterhin nur niedriges Wachstum im Euro-Raum sowie eine anhaltend und problematisch hohe Schuldenlast. Dies dürfte einen stärkeren Zinsanstieg im Euro-Raum verhindern und aufgrund des auch 2020 noch hohen Zinsvorsprungs der USA mit einem
relativ schwachen Euro einhergehen.
Fazit: Ungelöste Makro-Probleme verstärken Marktvolatilität
 Fragiles makroökonomisches Umfeld
und anhaltende
Volatilität an den
Märkten
Das von uns für die nächsten fünf Jahre skizzierte Makroumfeld ist insbesondere in Europa
weiterhin von der Überwindung der Folgen der globalen Finanzkrise und der Schuldenkrise
geprägt. Während sich in den USA eine zunehmende Besserung einstellt und die Geldpolitik langsam ihre Unterstützungsmaßnahmen zurückfährt, sind wir im Euro-Raum noch weit
von einer solchen Normalisierung der Geldpolitik entfernt. Nach dem von uns erwarteten
Grexit gehen wir aufgrund einer ebenfalls gelockerten Fiskalpolitik davon aus, dass das
Wirtschaftswachstum etwas an Fahrt gewinnt. Da wir jedoch keine weitreichenden Strukturreformen erwarten, ist nicht mit einem spürbaren Anziehen der unterliegenden Wachstumsraten zu rechnen. In der Folge wird die globale Geldpolitik insgesamt locker bleiben
und die Preise für risikoreichere Assets beflügeln. Daher erwarten wir auf Sicht von fünf
Jahren auch in der Tendenz weiter steigende Aktienkurse (z.B. Dax-Ziel 2020 bei 14500)
und Immobilienpreise. Auch geprägt durch Währungsschwankungen erwarten wir durchaus immer wieder Rücksetzer in den verschiedenen Assetklassen.
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
16
Prognosen Gesamtwirtschaft
5-Jahreshorizont, in Prozent
Quellen: Eurostat, BEA, BLS, BayernLB
1) Jahresdurchschnitte
2) Jahresendstand
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
[email protected]
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Perspektiven vom August 2015
17
Rohstoffe: Preisrutsch wegen China-Sorgen
Rohöl: Sorgen um China und Spekulation auf Iran-Öl setzen Ölpreis unter Druck
 Wir revidieren unsere Ölpreisprognose auf rund 60
Dollar je Fass zum
Jahresende 2015
Die Rohölpreise sind im Juli erneut um etwa 10 Dollar auf zuletzt rund 53 Dollar je Fass
(Brent) gesunken. Auf der Angebotsseite wirkt die Einigung im Atomstreit mit dem Iran
preisdämpfend. Zum einen würde eine Normalisierung der iranischen Produktion und Ausfuhr das globale Ölangebot um etwa 1% steigern. Zum anderen wird auf einen raschen
Abbau umfangreicher Lagerbestände im Iran spekuliert. Auf der Nachfrageseite belasten
vor allem die infolge der Finanzmarktturbulenzen deutlich gestiegenen Sorgen um die chinesische Konjunktur die Preisentwicklung. Zudem dämpft der handelsgewichtet starke USDollar die Ölnachfrage außerhalb der USA. Wir halten die Spekulationen auf einen erheblichen Angebotsschub durch die iranische Produktion für übertrieben, was am Markt auch
kurzfristig für eine Korrektur der Ölpreisentwicklung sorgen kann. Zudem gehen wir davon
aus, dass die chinesische Regierung mit expansiven wirtschaftspolitischen Maßnahmen
einer merklichen Verlangsamung der chinesischen Rohstoffnachfrage entgegenwirken
wird.
Angesichts des niedrigeren Preisniveaus revidieren wir unseren Prognosepfad dennoch
um 5 Dollar je Fass nach unten und unterstellen ein Niveau von etwa 60 Dollar je Fass bis
Jahresende 2015. Im Zuge einer etwas höheren globalen Konjunkturdynamik 2016 sollten
die Rohölpreise dann wieder leicht steigen und Ende 2016 bei rund 68 Dollar je Fass liegen. Für einen graduellen Anstieg spricht auch, dass die seit Beginn des Ölpreisrückgangs
zur Jahresmitte 2014 deutlich reduzierten Ölbohraktivitäten in den USA die Erwartungen
für die künftige US-Produktion zunehmend belasten dürften.
[email protected]
Gold: Neue Tiefststände
 Wir senken unsere
Goldpreisprognose
auf Sicht von 3 Monaten auf 1000 Dollar je Feinunze
Gold geriet in den letzten Wochen unter massiven Verkaufsdruck. Dafür waren gleich mehrere Faktoren verantwortlich. Zunächst sorgte die Einigung mit Griechenland für eine Entspannung an den Kapitalmärkten. Das Abkommen mit dem Iran mit der Aussicht auf die
Beendigung der Wirtschaftssanktionen führten ebenfalls zu einer besseren Stimmung.
Schlussendlich drückten Markterwartungen einer baldigen Erhöhung der US-Zinsen auf
den Goldpreis.
Im Gefolge dieser Entwicklung reagierte der Goldpreis mit massiven Abschlägen und notiert gegenwärtig unter der Marke von 1.100 Dollar je Feinunze bei anhaltend schwacher
Tendenz. Der Goldpreis markiert damit ein Fünfjahres-Tief. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung sehen wir keine rasche Erholung des Goldpreises und senken unsere
Preisprognosen für die nächsten drei Monate von 1.250 Dollar auf 1.000 Dollar, für die
nächsten sechs Monate von 1.250 Dollar auf 1.100 Dollar und für die nächsten zwölf Monate von 1.200 Dollar auf 1.150 Dollar.
[email protected]
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
18
USA: Das zweite Halbjahr wird spannend!
 Enttäuschende
erste Jahreshälfte
2015
Die Hälfte des Jahres ist um und bisher konnte der Jahrgang 2015, zumindest konjunkturell, noch nicht überzeugen. Nach dem durch Sondereffekte bedingten schwachen Jahresstart war im zweiten Quartal eine uneinheitliche Entwicklung der „harten“ Konjunkturdaten
zu beobachten. So gehen wir für das Frühjahr von einem gemäßigten BIP-Wachstum von
annualisiert 2,5% zum Vorquartal aus. Die ersten Frühindikatoren für Juli deuten auch zu
Sommerbeginn ein gemischtes Konjunkturbild an. Trotz des bisher nur gemäßigten konjunkturellen Gesamtbildes geben Entwicklungen in einzelnen Bereichen durchaus Grund
zur Hoffnung für eine deutlichere wirtschaftliche Belebung im zweiten Halbjahr.
Industrie: Licht am Ende des Tunnels
 Rückläufige Ölbohrungen haben die
Industrie geschwächt
Enttäuschend entwickelte sich im ersten Halbjahr die Industrieproduktion, die ab November
2014 ihr im Jahresvergleich ordentliches Plus von 4,7% relativ schnell abgab und im Juni
nur noch ein Plus von 1,3% verbuchen konnte (siehe Abbildung). Hauptverantwortlich hierfür war die Schwäche der Ölindustrie. Bedingt durch einen Ölpreisrückgang (WTI) von fast
50% zwischen September 2014 und März 2015 und einer anschließend schwachen Entwicklung von unter 60 Dollar je Fass (WTI) ging die Anzahl der aktiven Ölbohrungen in den
USA von September 2014 bis Juni 2015 um 55% zurück. Dies hat auch die ZulieferIndustrien hart getroffen. Statt von sinkenden Inputkosten zu profitieren und die Produktion
auszubauen, spiegelte sich der Rückgang der Ölbohrungen in der gesamten Industrieproduktion negativ wider. Interessanterweise sind beide Komponenten normalerweise kaum
mit einander korreliert. Im aktuellen Zeitraum liegt dagegen ein erhöhter Zusammenhang
zwischen der Zahl der Ölbohrungen und der US-Industrieproduktion vor. Womöglich sind
die Zulieferer der Ölindustrie im letzten halben Jahr die Hauptwachstumstreiber der Industrieproduktion gewesen, während das übrige Verarbeitende Gewerbe sich eher seitwärts
bewegte. Im Juli hat nun, trotz des weiter gesunkenen Ölpreises, der Abwärtstrend der
Ölbohrungen gestoppt und die Bohrungen sind Ende Juli wieder angestiegen. Zukünftig
sollten die weiter sinkenden Bohrkosten nach Schätzung der US-EnergieInformationsbehörde (EIA) die Bohrungen in den traditionellen Ölförderregionen weiter
stützen wie auch zu einer Ausweitung der Bohrungen im Golf von Mexiko führen. Diese
Entwicklung dürfte auch die Zulieferindustrien wieder stärken, wodurch die Industrieproduktion wieder stärker zum BIP-Wachstum beitragen dürfte.
USA: Anziehende Ölbohrungen dürften Industrieproduktion wieder stärken
Industrieproduktion, Veränderung zum Vorjahr in Prozent, Anzahl der aktiven Ölbohrungen in den USA
Quelle: Baker Hughes Incorporeated, Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
19
US-Häusermarkt erreicht langsam Vorkrisenniveaus
 US-Wohnungsbau
erreicht Niveau von
Ende 2007
Etwas im Verborgenen hat sich auch der Häusermarkt gemausert und in einigen Bereichen
sogar Vorkrisenniveaus erreicht. Die privaten Wohnungsbaubeginne sind im Juni um 9,8%
zum Vormonat gestiegen. Mit einem Niveau von 1 174 000 Einheiten pro Monat im Juni
liegt der Wohnungsbau so hoch wie zuletzt im November 2007. Auch die Aussichten für
den Häuserbau in den kommenden Monaten stehen gut. So haben die Anträge auf Baugenehmigungen im Juni ebenfalls das Vorkrisenniveau überschritten. Sollten diese direkt
umgesetzt werden, würde dies zu einem neuen 7-Jahreshoch der Baubeginne führen (siehe Abbildung).
USA: Wohnungsbau erreicht Vorkrisenniveau
Anzahl der privaten Baubeginne und Bauerlaubnisse in Tausend, saisonbereinigte Monatswerte
Quelle: BayernLB Research
Sorgen um eine erneute Blasenbildung sind unbegründet
Sorgen um eine erneute Blasenbildung sind dabei derzeit noch unbegründet. Weder die
Baugenehmigungen noch die Baubeginne haben bisher das deutlich erhöhte Niveau von
2005/06 erreicht. Die Häuserpreise sind zwar in einigen Regionen wieder extrem gestiegen
(z.B. San Francisco oder New York City), dies ist aber auf regionale Besonderheiten wie
z.B. die starke Nachfrage in San Francisco durch Google-Mitarbeiter begründet. Auf Landessicht liegt der S&P/Case-Shiller-Häuserpreisindex mittlerweile zwar ebenfalls auf einem
erhöhten Niveau, dies ist aber dem steigenden verfügbaren Einkommen geschuldet. So
liegt der Quotient aus Hauspreisindex und verfügbaren Einkommen seit Mitte 2013 stabil
auf sehr niedrigem Niveau (aktuell 1,28; Tiefststand: 1,11; Höchststand: 1,86). Mit Blick auf
die weitere Erholung des Arbeitsmarktes und die Erwartung einer höheren Lohndynamik
leisten sich wohl auch in den kommenden Monaten wieder mehr Personen neue Häuser.
Dabei ist die Zahl der Hypothekenkredite bisher nur mäßig angestiegen, und die Hypothekenverschuldung hat im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen sogar weiter abgenommen. Insoweit dürfte der private Häuserbau ein Impulsgeber für die Konjunktur im zweiten
Halbjahr 2015 werden.
Inflation: 2%-Marke schon bald geknackt
 CPI-Kerninflation
wird ab August die
2%-Marke erreichen
Eine weitere Entwicklung des zweiten Halbjahres, die sich etwas hinter den Kulissen entwickelt hat, ist das Erreichen der Inflationszielmarke von 2%. Zugegeben, es handelt sich
dabei nicht um den Preisindex des Privaten Konsums (PCE-Deflator/Kernrate), das von
der Fed präferierte Inflationsmaß, und auch die CPI-Headline-Inflation wird wohl erst Anfang 2016 sprunghaft die 2%-Marke überspringen. Nimmt man jedoch die CPI-Kerninflation
als Maßeinheit für die Inflation, könnte schon im August ein 2%-Zuwachs der Teuerung
zum Vorjahr zu Buche stehen. Die Annahme, dass der niedrige Ölpreis über niedrige Pro-
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
20
duktionskosten in Zweitrundeneffekten die Kerninflation treffen könnte, hat sich bisher nicht
bestätigt. Auch die Befürchtung, dass die wegen der Dollar-Aufwertung sinkenden Importpreise die Kerninflation drücken würden, hat sich bisher (noch) nicht bewahrheitet. Zwischen Juli 2014 und März 2015 ist die Jahresrate der Güterimportpreise zwar von 1,2% auf
-10,9% gefallen und liegt aktuell weiter tief im negativen Bereich. Die Güterkerninflationsrate ist im Jahresvergleich jedoch nur bis Januar 2015 gefallen und stieg dann wieder an. Da
sie zudem einen deutlich geringeren Anteil am Gesamtwarenkorb hat und die Dienstleistungsinflation konstant über 2,4% liegt, müsste der US-Dollar noch deutlich stärker aufwerten, um sich in der Kerninflationsrate widerspiegeln zu können. Daher ist weiterhin mit einem höheren Preisdruck im zweiten Halbjahr zu rechnen.
Fed: Am Ende zögert Yellen doch
 Fed wird den Leitzins wohl erst im
Dezember 2015
anheben
Eine weitere wichtige Frage des zweiten Halbjahres ist die nach dem Zeitpunkt der ersten
Zinsanhebung. Als Termine stehen sowohl September als auch Dezember 2015 in der
Diskussion. Wir gehen davon aus, dass die Fed unter der Führung von Chair Yellen im
September zögern wird, den Zins anzuheben, und stattdessen bis zur Dezember-Sitzung
wartet. So erreicht zwar die CPI-Kernrate das Inflationsziel der Fed, aber nicht die von der
Fed bevorzugte PCE-Kernrate. Diese hat im Vergleich zur oben beschriebenen CPIKerninflation keine Belebung gezeigt und liegt mit aktuell 1,2% weit vom Inflationsziel von
2% entfernt. Beim Arbeitsmarkt hat sich bis Juli noch kein deutlicher Lohndruck eingestellt,
und die Arbeitslosenquote sank zuletzt nur aufgrund der gefallenen Partizipation der Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt. Die erneute Leitzinssenkung der Bank of Canada hat zudem
den handelsgewichteten US-Dollar noch einmal spürbar aufwerten lassen (Kanada ist einer der Haupthandelspartner der USA). Der starke US-Dollar bremst dabei den Außenhandel und damit auch die Konjunkturdynamik. Zudem wurden zwar Risiken für die USFinanzmärkte durch globale Unsicherheitsfaktoren wie die Verschärfung der Staatsschuldenkrise in Griechenland mit einem möglichen Grexit sowie der Einbruch der chinesischen
Aktienmärkte im Juni/Juli kurzfristig eingedämmt. Der erneute Kursrutsch an den chinesischen Börsen Ende Juli zeigt jedoch das anhaltende Risiko dieser Unsicherheitsfaktoren.
Vor diesem Hintergrund dürfte die Fed im September noch einmal vor der Leitzinsanhebung zögern und diese erst im Dezember beschließen.
[email protected]
Prognose USA
Preis- und saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Vp bzw. Vj in Prozent
Private Konsumausgaben
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
2013 2014 2015 2016
2014 2014 2014 2015 2015 2015 2015 2016
2,5
3,2
4,4
1,9
3,0
3,5
3,3
2,5 2,4 2,5 3,1 2,8
Ausrüstungsinvestitionen
11,2
11,0
0,6
0,1
2,0
4,5
5,0
4,0
4,6
6,4
4,0
4,1
Wohnungsbauinvestition
8,8
3,2
3,8
1,3
6,0
7,0
7,0
5,0 11,9
1,6
5,7
5,7
Staatskonsum und - investit.
1,7
4,4
-1,9
-0,8
0,0
0,5
0,5
-0,3
-2,0
-0,2
0,2
0,2
Inlandsnachfrage
4,8
4,1
3,2
1,5
2,6
3,0
3,1
2,4
1,9
2,5
2,9
2,6
Exporte
11,1
4,5
4,5
-6,0
2,5
4,0
4,0
3,7
3,0
3,2
1,7
3,7
Importe
11,3
-0,9
10,4
10,0
3,7
3,0
4,0
3,0
1,1
4,0
5,5
3,2
Außenbeitrag *
-0,3
0,8
-1,0
-1,9
-0,3
0,0
-0,1
0,0
0,2
-0,2
-0,7
0,0
4,6
5,0
2,2
-0,2
2,5
3,1
3,1
2,5
2,2
2,4
2,3
2,7
Arbeitsm arkt
Stellenaufbau (oh. Landw .) Vj. In '000
199
248
215
200
Arbeitslosenquote in %
7,4
6,2
5,3
5,0
Bruttoinlandsprodukt
Quelle: BayernLB Research, Prognosen in blau *) Wachstumsbeitrag in Prozent des BIP
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
21
USA: Ausgewählte Wirtschaftsindikatoren
 Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe hat einen
Boden gefunden
Stimmungsindikatoren
Wohnungsbau und Häuserpreise
Saisonbereinigte Monatswerte
Saisonbereinigte Monatswerte
Dienstleistungssektor (ISM) Salden
Verarbeitendes Gewerbe (ISM) Salden
60
180
Wohnungsbaubeginne in Tsd.
S&P/Case-Shiller Häuserpreisindex 20
1200
58
175
1100
56
170
54
1000
165
52
46
150
Jul
13
höhtem Niveau
Mrz
14
Jul
14
Nov
14
Mrz
15
Jul
15
700
Jul
13
Nov
13
Mrz
14
Jul
14
Nov
14
Mrz
15
Jul
15
Quelle: US Census, S&P, BayernLB Research
Konsumausgaben und Sparquote
Bruttoinlandsprodukt
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte
Preis- und saisonber. Quartalswerte,ggü. Vp in %, annualisiert
Konsumausgaben, real, Vp in %, annu. (lS)
Sparquote (%) des verfügb. Einkommens (rS)
10
4
8
3
6
2
4
1
2
0
0
Q2
12
auf die 2%-Marke
zu
Nov
13
Quelle: ISM, BayernLB Research
5
 Kerninflation geht
800
155
48
 Sparquote auf er-
900
160
50
Q4
12
Q2
13
Q4
13
Q2
14
Q4
14
6
5
4
3
2
1
0
-1
-2
-3
Q2
15
Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1
12 12 12 13 13 13 13 14 14 14 14 15
Quelle: BEA, BayernLB Research
Quelle: BEA, BayernLB Research
Beschäftigung und Arbeitslosenquote
Verbraucherpreise
Saisonbereinigte Monatswerte
Veränderung ggü. Vj. in Prozent
Beschäftigung außerh. LW, Vp in Tsd. (rS)
Arbeitslosenquote, in Prozent (lS)
8
Verbraucherpreise
Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel)
2,5
400
7,5
7
300
6,5
200
6
2,0
1,5
1,0
0,5
100
5,5
5
0
Jul
13
Nov
13
Mrz
14
Jul
14
Quelle: BLS, BayernLB Research
Nov
14
Mrz
15
Jul
15
0,0
-0,5
Jul
13
Nov
13
Mrz
14
Jul
14
Nov
14
Mrz
15
Jul
15
Quelle: BLS, BayernLB Research
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
22
Euro-Raum: Grexit nur verschoben
 Günstige monetäre
Rahmenbedingungen stützen Konjunkturerholung
Die Konjunkturdaten im Euro-Raum sind im Juli insgesamt erneut etwas enttäuschend
ausgefallen und stützen unsere These, dass die Konjunkturerholung nur moderat verläuft.
Zum einen haben die hohe Unsicherheit über die Zukunft Griechenlands sowie der Einbruch der Finanzmärkte in China die Stimmung von Unternehmen und Verbrauchern zuletzt belastet. Zum anderen zeigen die Daten zur Kreditentwicklung, dass die Hoffnungen
auf einen deutlich positiven realwirtschaftlichen Effekt der geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen überzogen waren. Ein vorzeitiges Ende der Erholung erwarten wir aber weiter
nicht, da die stimulierenden Effekte der verbesserten Finanzierungskonditionen sowie des
niedrigen Ölpreises und Euro-Außenwertes weiter intakt sind. Unser Basisszenario eines
sich im Winterhalbjahr 2015/16 abzeichnenden Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion legt aber nahe, dass die Konjunkturdynamik vor allem 2016 noch etwas verhaltener ausfällt als bislang unterstellt. Vor dem Hintergrund unseres nun etwas niedrigeren
Prognosepfads für die Rohölpreisentwicklung wird sich die Inflation – trotz der Stabilisierung der Inflationserwartungen – nur sehr langsam in Richtung des EZB-Ziels von „unter,
aber nahe 2%“ bewegen. Auch deshalb wird die EZB Erwartungen in Richtung eines Ausstiegs aus dem QE-Programm künftig weiter dämpfen und vielmehr die Käufe von Wertpapieren wohl auch über September 2016 hinaus fortsetzen. Im Fall eines deutlichen Anstiegs der Finanzmarktvolatilität und einer dadurch bedingten ungerechtfertigten Straffung
der Finanzierungskonditionen – messbar an einem spürbaren Anstieg der Realzinsen – ist
auch kurzfristig mit zusätzlichen expansiven Schritten der EZB zu rechnen.
Griechenland trotz Einigung auf dem Weg aus der Währungsunion
 „Rettung“ in letzter
Minute
Die grundsätzliche Einigung der Euro-Staats- und Regierungschefs mit der griechischen
Regierung auf ein weiteres Hilfs- und Reformprogramm im Volumen von etwa 86 Mrd. Euro in letzter Minute ist marktseitig wie von Seiten der Politik mit Erleichterung aufgenommen worden. Wir teilen diese positive Bewertung nicht und sehen darin vielmehr den Beginn des Abschieds Griechenlands aus der Währungsunion. Zunächst dürften aber die
Hoffnungen auf ein Gelingen des Prozesses dominieren. Neben der Sicherung der laufenden Staatsausgaben steht die Wiedereröffnung des Bankensystems ganz oben auf der
Prioritätenliste. Vor allem muss der Abfluss von Einlagen gestoppt werden, der nach wie
vor durch die ELA-Notfallfinanzierung kompensiert wird (siehe Abbildungen).
Starker Einlagenabzug im ersten Halbjahr
Banken am Tropf der EZB-Notfallfinanzierung
Private Einlagen im Niveau (lS) und Veränderung zum Vm.
(rS) in Mrd. Euro
Veränderung der Passive der griechischen Bankbilanzen von
Dezember 2014 bis Juni 2015 in Mrd. Euro
250
8
6
4
2
0
-2
-4
-6
-8
-10
-12
-14
200
150
100
50
0
2008
2010
2012
2014
Quelle: Bank of Greece, Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
100
Private Einlagen
Kapital
Notenbank
Verb. an Banken
Sonstiges
80
60
40
ELA
20
0
Zufluss
Abfluss
Quelle: Bank of Greece, Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
23
 ESMHilfsprogramm auf
dem Weg
Denn mit der Dauer der Kapitalverkehrskontrollen steigt die Belastung der griechischen Wirtschaft
und damit der künftige Finanzierungsbedarf der Regierung. Nachdem das griechische Parlament ein
Vorab-Maßnahmenpaket wichtiger Reformschritte (Prior Actions) verabschiedet hat, haben die EuroFinanzminister die Institutionen mit der Ausarbeitung eines neuen Hilfsprogramms inklusive eines
Reformabkommens (Memorandum of Understanding, MoU) beauftragt. Aus der „Troika“ der Gläubiger-Institutionen ist mit der Hinzunahme des ESM nun eine „Quadriga“ aus Vertretern von EU, EZB,
IWF und ESM geworden. Nach Presseberichten strebt die griechische Seite den Abschluss der Verhandlungen bis zum 12. August an. In diesem Fall könnten die notwendige Zustimmung der nationalen Parlamente in Griechenland und einigen Gläubigerländern und die Auszahlung der ersten Kredittranche noch vor dem 20. August erfolgen. An diesem Tag muss Griechenland fällige
Staatsanleihen im Portfolio der EZB und der nationalen Notenbanken des Eurosystems im Volumen
von 3,2 Mrd. Euro bedienen. Die noch zahlreichen ungeklärten Details lassen aber einen rechtzeitigen Abschluss fraglich erscheinen und machen eine erneute Brückenfinanzierung über den EFSM
der EU wahrscheinlich.
 Umsetzungsrisiken
machen Grexit aber
dennoch zu unserem Basisszenario
Wir erwarten zwar den Abschluss eines Reformvertrags in den kommenden Wochen. Allerdings ist
bereits während der Verhandlungen jederzeit mit negativen Signalen hinsichtlich eines Erfolgs zu
rechnen. Vor allem aber erscheinen uns die Umsetzungsrisiken eines wohl auf drei Jahre angelegten
Programms als zu groß. Problematisch ist vor allem, dass das Ergebnis des Referendums von Anfang Juli, bei dem 61% der Wähler das Gros der nun beschlossenen Maßnahmen explizit abgelehnt
haben, sowie die Verhandlungsposition und die Aussagen von Ministerpräsident Tsipras klar machen, dass weder die Bevölkerung noch die Regierung die Programmauflagen als zielführend ansehen und diese sogar im Grundsatz ablehnen. Eine wieder verstärkte Präsenz der Gläubigerinstitutionen im Land dürfte diese ablehnende Haltung weiter verstärken und die Unterstützung zum
eingeschlagenen wirtschaftspolitischen Kurs zusätzlich erodieren lassen. Zudem scheint der politische Spielraum für ein erneutes Entgegenkommen im Fall von Zielverfehlungen sowie für eine für
den Erfolg des Programms wohl unabdingbare deutliche Schuldenreduktion in den Gläubigerländern
und Institutionen sehr begrenzt. Deshalb sehen wir ein Scheitern des Programms und schließlich den
Beginn des Ausscheidens Griechenlands aus der Währungsunion als unser Basisszenario.
Zeitpunkt des Grexit unklar, wohl aber auf Sicht von 12 Monaten
 Ausstieg aus dem
Euro ein langwieriger Prozess
Wie wird dieser Ausstieg Griechenlands aussehen? Wir gehen davon aus, dass die Diagnose einer erneuten Zielverfehlung der Programmauflagen zunächst eine ähnliche Situation hervorrufen wird wie in den Wochen vor der jüngsten Einigung. Allerdings dürfte es
dann nicht mehr gelingen einen erneuten politischen Kompromiss zu finden. Die Liquiditätslage wird sich wieder zuspitzen. Die Nicht-Bedienung von Fälligkeiten und Zweifel an
der Solvenz der Banken werden schließlich einen Finanzierungsengpass der griechischen
Regierung und erneute Bankfeiertage bewirken. Auf diese Entwicklung werden Regierung
bzw. Notenbank schließlich mit der Ausgabe von Schuldtiteln (IOUs) bzw. der Emission
einer neuen Währung reagieren, um die Liquidität des Wirtschaftskreislaufs aufrecht zu
erhalten. Dies wäre der Beginn des Endes der Euro-Mitgliedschaft. Der Grexit ist dabei
wahrscheinlich nicht als Zeitpunkt zu definieren, sondern vielmehr als politischer und wirtschaftlicher Prozess über mehrere Monate. Der Euro wird als Zahlungsmittel noch eine
längere Zeit dominieren, auch da die Bereitschaft der Privaten zur Annahme des neuen
Zahlungsmittels begrenzt sein dürfte. Angesichts der ungeklärten Fragen im Eurosystem
(z.B. der Umgang mit den Target-Salden) oder beim Umgang mit den bereits erhaltenen
Hilfskrediten dürfte sich die Ausstiegsphase über einen längeren Zeitraum erstrecken und
von erheblicher Unsicherheit in Griechenland wie auch in der Währungsunion gekennzeichnet sein. Letztlich müsste Griechenland den vertraglich nicht vorgesehenen Austritt
aus der Währungsunion beantragen. Auch angesichts übergelagerter Politikthemen werden die europäischen Partner Griechenland wohl den weiteren Verbleib in der EU zusichern und den Zugang zu EU-Fördermitteln offen halten. Trotz dieser Unterstützung wird
sich Griechenland zunächst in einer dramatischen wirtschaftlichen und humanitären Notlage befinden. Der Zeitpunkt für den Beginn des erwarteten politischen Bruchs ist indes nicht
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
24
exakt zu terminieren. Ein Anstieg der Unsicherheit ist vor allem im Umfeld der geplanten
Überprüfungsmissionen der Institutionen zu erwarten. Bei einem Programmbeschluss noch
im August könnte der erste Termin hierfür bereits im Herbst 2015 stattfinden. Für eine erneute Zuspitzung spricht auch, dass die griechische Regierung bei anhaltender Ablehnung
wichtiger Reformmaßnahmen durch große Teile der Syriza-Fraktion Neuwahlen ansetzen
könnte. Ein anderer wichtiger Meilenstein könnte die geplante Rekapitalisierung der griechischen Banken sein. Hierfür dürften im Hilfsprogramm rund 25 Mrd. Euro über den ESM
zur Verfügung gestellt werden. Die rasche Bereitstellung dieser Mittel durch auf Euro lautende ESM-Papiere könnte die Kosten eines Ausstiegs für die griechische Regierung kurzfristig erheblich verringern. Die Gläubiger stehen in dieser Frage dagegen vor einem Dilemma: Ein weiteres Hinauszögern der Bankenrekapitalisierung resultiert in einer stärkeren
Konjunkturbelastung und einem Anstieg des Finanzierungsbedarfs (wenn Kapitalverkehrskontrollen aufrechterhalten werden) oder einem weiteren Anstieg der Verbindlichkeiten der
Banken gegenüber dem Eurosystem (wenn Kapitalverkehrskontrollen verringert werden).
Geringe Auswirkung auf die Konjunktur, große Auswirkungen auf die Euro-Struktur
 Wirtschaftspolitik
wird konjunkturelle
Folgen mindern
Konjunkturell dürfte ein Grexit geringe Folgen für die Währungsunion haben. Angesichts
einer durch die erhöhte Unsicherheit ausgelösten temporären Investitionszurückhaltung
wird die Konjunkturdynamik vor allem 2016 noch etwas verhaltener ausfallen als bislang
angenommen. Die von uns unterstellten expansiven Gegenmaßnahmen der Geld- und
Fiskalpolitik werden den Effekt aber zum Großteil kompensieren. Wir revidieren unsere
Wachstumsprognose 2016 deshalb nur um 0,3 Pp. auf 1,2%. In den Folgejahren dürfte die
Dynamik dann sogar etwas höher ausfallen. Unsere Abwärtsrevision der Haushaltssalden
für 2016 geht aber primär auf die unterstellte Abschreibung auf die EFSF-Hilfskredite zurück, welche den Saldo pro Land jeweils um etwa 0,6 Prozentpunkte belasten. Erhebliche
Auswirkungen wird der Grexit aber auf die weitere politische Entwicklung der Währungsunion haben (siehe unseren 5-Jahresausblick auf S. 16).
Prognose Euro-Raum
Preis- und saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Vp bzw. Vj in Prozent
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
2013 2014 2015 2016
2014 2014 2014 2015 2015 2015 2015 2016
Private Konsumausgaben
0,3
0,5
0,4
0,5
0,3
0,3
0,3
0,3
-0,6
1,0
1,5
1,1
Staatsverbrauch
0,2
0,2
0,2
0,6
0,0
0,0
0,1
0,3
0,2
0,6
0,8
0,8
Bruttoanlageinvestitionen -0,5
- Wohnungsbauinvestition -2,4
0,1
0,1
0,4
0,1
0,8
0,1
0,6
0,1
0,6
0,2
-0,5
0,2
-0,5
0,3
-2,3
-3,4
1,2
-0,6
1,6
-0,1
0,5
1,0
Inlandsnachfrage
0,0
0,3
0,4
0,6
0,3
0,3
0,1
0,1
-0,9
0,9
1,4
0,9
Exporte
1,3
1,4
0,8
0,6
1,1
1,1
1,1
1,1
2,1
3,7
3,9
4,6
Importe
1,3
1,7
0,8
1,2
1,0
1,1
1,1
1,0
1,3
4,0
4,7
4,2
Außenbeitrag *
0,1
-0,1
0,0
-0,2
0,1
0,0
0,0
0,1
0,4
0,0
-0,1
0,4
Bruttoinlandsprodukt
0,1
0,2
0,4
0,4
0,3
0,3
0,1
0,2
-0,4
0,8
1,2
1,2
12,2
11,6
11,2
11,0
Arbeitsm arkt
Arbeitslosenquote in %
Quelle: Eurostat, BayernLB Research; Prognosen in blau *) Wachstumsbeitrag in Prozent des BIP
[email protected]
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
25
Euro-Raum: Ausgewählte Wirtschaftsindikatoren
 Griechenland-Krise
und China-Sorgen
belasten Stimmung
 Kreditvergabe bleibt
ohne Schwung
 Inflationstal durchschritten, 2%-Ziel
aber in weiter Ferne
Industrie- und Verbrauchervertrauen
Auftragslage und Industrieproduktion
Salden, saisonbereinigte Monatswerte
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Salden/Vp in Prozent
Quelle: EU-Kommission, BayernLB Research
Quelle: Eurostat, EU-Kommission, BayernLB Research
Kreditentwicklung
Bruttoinlandsprodukt
Veränderung zum Vorjahr in Prozent
Preis- und saisonbereinigt, Vp in Prozent, annualisiert
Quelle: EZB, BayernLB Research
Quelle: Eurostat, BayernLB Research
Arbeitsmarkt
Verbraucherpreise
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte
Vj in Prozent
Quelle: Eurostat, BayernLB Research
Quelle: Eurostat, BayernLB Research
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
26
Deutschland: Allenfalls leichte Konjunkturdelle
 Griechenland gefährdet Aufschwung
nicht
Die hohe Verunsicherung über den Verbleib Griechenlands im Euro-Raum hat die Unternehmensstimmung in Deutschland im Sommer nur leicht belastet. Vor allem im Vergleich
zu 2012, als der Fortbestand der gesamten Währungsunion in Frage gestellt wurde, ist die
Stimmungseintrübung moderat ausgefallen (siehe Abbildung). Griechenland wird, sowohl
aufgrund seiner geringen wirtschaftlichen Bedeutung als auch aufgrund der speziellen politischen Situation, als Sonderfall wahrgenommen, der die Stabilität der Währungsunion als
Ganzes nicht in Frage stellt. Eine Eskalation in Griechenland gefährdet den Aufschwung in
Deutschland damit nicht unmittelbar. Zudem entwickelt sich die Konjunktur in vielen wichtigen Absatzregionen für die deutsche Wirtschaft derzeit positiv. In der Industrie steht dabei
zudem eine Verbesserung der Exportaussichten in den Iran nach der Einigung im AtomStreit einer diffusen Sorge um die chinesische Konjunktur nach den zuletzt turbulenten
Aktienmarktentwicklungen entgegen. Auch im Grexit-Fall, der von uns im Winterhalbjahr
erwartet wird, dürften die konjunkturellen Auswirkungen gering ausfallen, wenngleich zeitlich begrenzte Bremseffekte nicht vollständig zu vermeiden sein werden.
Stimmungsindikatoren: Griechenlandeffekt 2015 kaum spürbar
Markit PMI Industrie (lS) und ifo Geschäftsklima (rS), saisonbereinigte Monatswerte
PMI 2012
PMI 2015
ifo 2012
ifo 2015
54
110
52
108
50
106
48
104
46
102
44
42
100
Jan
Feb
Mrz
Apr
Mai
Jun
Jul
Aug
Sep
Okt
Nov
Dez
Quelle: ifo Institut, Markit Economics, Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
 Unternehmensinvestitionen werden
allerdings unter
dem Grexit leiden
Wir gehen davon aus, dass die Umsetzung der Reformen, die Bedingung für das neue
Hilfspaket für Griechenland sind, schließlich scheitert. Bei dem darauf folgenden Ausscheiden Griechenlands aus der Währungsunion (wahrscheinlich im Winterhalbjahr) dürfte dies
– trotz der geringen wirtschaftlichen Verflechtungen mit Griechenland – auch die Konjunktur in Deutschland nicht gänzlich kalt lassen. Während der stabile private Konsum dafür
sorgen dürfte, dass die Wachstumsraten in allen Quartalen im Prognosezeitraum positiv
bleiben und sich der Aufschwung fortsetzt, wird eine zeitlich begrenzte Investitionszurückhaltung der Unternehmen die Konjunktur etwas bremsen. In unserer Prognose unterstellen
wir zwei Quartale mit preis- und saisonbereinigt negativen Wachstumsraten der Ausrüstungsinvestitionen. Insgesamt belastet dies die BIP-Wachstumsrate 2016 mit etwa 0,3 Prozentpunkten. Als Reaktion auf die Unsicherheit im Grexit-Fall erwarten wir zusätzlich zu
einer geldpolitischen Reaktion der EZB von der Bundesregierung in Deutschland, wie auch
von anderen Euro-Raum-Ländern, zusätzliche fiskalpolitische Maßnahmen, um den Aufschwung im Euro-Raum nicht zu gefährden. Denkbar sind hier viele Varianten von einer
Abwrackprämie für langlebige Konsumgüter (z.B. nicht energieeffiziente Kühlschränke)
analog zur Abwrackprämie für Autos bis hin zu zusätzlichen, direkten staatlichen Investitionen in die Infrastruktur. Allerdings dürfte die zeitliche Verzögerung bis zur Umsetzung insbesondere bei Infrastrukturmaßnahmen dafür sorgen, dass der positive Konjunktureffekt
eher gegen Jahresende 2016 zu erwarten ist und im Jahresdurchschnitt mit etwa 0,1 Pro-
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
27
zentpunkten begrenzt bleibt. Insgesamt dürfte daher aufgrund des unterstellten Grexit im
Winterhalbjahr die durchschnittliche Jahreswachstumsrate 2016 mit 1,7% etwas unterhalb
der von uns bislang prognostizierten 1,9 % liegen.
 Schuldenbremse
kurzfristig in Gefahr
 Konjunktur bleibt
auf Kurs
Die Konsequenz aus den oben genannten Maßnahmen ist eine Verschlechterung des
Haushaltssaldos Deutschlands 2016/2017 durch zusätzliche Ausgaben in Höhe von kumuliert etwa 0,3% gemessen am BIP. Zusätzlich zu den konjunkturellen Maßnahmen wird das
Budget wie in allen anderen Euro-Raum Ländern auch durch Abschreibungen auf die
EFSF-Kredite im Grexit-Fall belastet. Wir unterstellen hierfür einen Haircut von 50%, womit
für Deutschland eine Summe von knapp 19 Mrd. Euro oder etwa 0,6% am BIP defizitwirksam würde. Insgesamt wird damit die Schuldenbremse in Deutschland 2016 voraussichtlich verletzt. Diese sieht vor, dass zu konjunkturell normalen Zeiten die Nettokreditaufnahme eine Höhe von 0,35% gemessen am BIP nicht übersteigt. Auch der zusätzliche
haushaltspolitische Spielraum von etwa einer Milliarde Euro jährlich, der sich durch das
negative Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Betreuungsgeld ergeben hat, reicht in
diesem Szenario nicht aus, um die Nettokreditaufnahme im erlaubten Rahmen zu halten.
Die Schuldenbremse sieht aber explizit Ausnahmen für Notsituationen vor. Ein Austritt eines Landes aus der Währungsunion und Sonderbelastungen hieraus dürften als solche
klassifiziert werden, womit eine Überschreitung der Nettokreditaufnahme im Bundestag mit
„Kanzlermehrheit“ beschlossen werden könnte.
Die Konjunktur in Deutschland ist aber, auch im Grexit-Fall, weiter auf Kurs. Zwar drohen
exportseitig Risiken, insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Aktienmarktkorrektur
in China. Eine ausgeprägte und länger anhaltende Wirtschaftsschwäche in der Volksrepublik hätte tiefgreifende Effekte auf die Euro-Raum-Konjunktur und insbesondere auf die
deutsche Exportwirtschaft, gehen doch 6,5% aller deutschen Exporte nach China. Der
spürbare Rückgang des chinesischen PMI für die Industrie im Juli ist daher als Warnsignal
für die exportorientierte Industrie im Euro-Raum zu sehen. Allerdings erwarten wir keinen
ausgeprägten Konjunktureinbruch in China, sondern gehen davon aus, dass der Konjunkturschwäche von staatlicher Seite mit expansiven geldpolitischen und fiskalischen Maßnahmen begegnet wird, was das Wachstumsziel von 7% in diesem Jahr sichert. Die deutsche Exportwirtschaft könnte von einem staatlichen Investitionsprogramm in China sogar in
besonderer Weise profitieren, da dieses die Nachfrage nach deutschen Maschinen erhöhen dürfte.
Neue Chancen für den deutschen Export ergeben sich auch durch die Einigung im AtomStreit mit dem Iran. Deutschland hatte bis zu den Sanktionen gute Handelsbeziehungen
zum Iran. In den 1990er Jahren fanden teils mehr als 1% aller deutschen Exporte dort Abnehmer (2014: 0,2%). Bei einem Wegfall der Handelsbeschränkungen (frühestens ab Mitte
2016) eröffnet insbesondere die Modernisierung der Ölindustrie im Iran dem deutschen
Maschinen- und Anlagebau große Marktchancen. Auch der Automobilsektor, die chemische Industrie und die Gesundheitswirtschaft könnten spürbar profitieren. Das Wirtschaftswachstum in Deutschland könnte somit etwa um 0,1 Prozentpunkte höher ausfallen.
Unter dem Strich dürfte damit für Deutschland ein BIP-Wachstum von 2,0% im Jahr 2015
und von 1,7% 2016 zu Buche stehen. Damit bleibt die deutsche Wirtschaft etwas oberhalb
ihres Potenzials von 1,0 bis 1,5%. Durch die zeitliche Wirkungsverzögerung der Konjunkturprogramme wird zudem die Wachstumsrate 2017 tendenziell höher ausfallen. Wir gehen
hier in etwa von 1,8% aus.
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
28
Löhne: Hohe Anzahl offener Stellen spricht für anhaltende Lohnsteigerungen
Tariflöhne, Veränd. ggü. Vorjahr in % (lS) und offene Stellen je Arbeitslosen (rS)
Tariflöhne
offene Stellen je Arbeitslosen
4
0,21
3,5
0,19
3
0,17
2,5
0,15
2
0,13
1,5
0,11
1
0,09
0,5
0,07
Q1 2007 Q1 2008 Q1 2009 Q1 2010 Q1 2011 Q1 2012 Q1 2013 Q1 2014 Q1 2015
Quelle: Bundesbank, Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
 Inflationsdruck von
günstigen Importen
begrenzt
Damit steigt auch der Preisdruck zunehmend an, da sich die Produktionslücke schließt und
die Wirtschaft ab 2016 in die Überauslastung kommt. Erste Anzeichen existieren bereits
auf dem Arbeitsmarkt, wo die steigende Anzahl offener Stellen in Verbindung mit der nur
noch langsam abnehmenden Arbeitslosenzahl für eine steigende Knappheit an geeigneten
Arbeitskräften spricht (siehe Abbildung). Die Qualifikationen der arbeitssuchenden Personen passen in einigen Regionen immer seltener zu den Anforderungsprofilen der freien
Stellen. Dies entfaltet preisseitig Wirkungen: Die Löhne steigen bereits seit 2012 mit Raten
oberhalb der Verbraucherpreisinflation. Dies führt zu realen Kaufkraftgewinnen und zu einem konsumgetriebenen Aufschwung. Dadurch entsteht zunehmend Aufwärtsdruck auf die
Verbraucherpreise, der wohl auch in den kommenden Quartalen anhalten wird. Einem höheren heimischen Preisauftrieb stehen aber günstige Importe entgegen. Zwar läuft der
Sondereffekt niedriger Energiepreise im Herbst aus, womit die Jahresrate der Verbraucherpreisinflation wieder über 1% klettern sollte. Aufgrund der weiterhin hohen Unterauslastung der anderen Volkswirtschaften im Euro-Raum dürfte das 2%-Ziel der EZB aber
selbst in Deutschland im Jahresdurchschnitt 2016 noch knapp verfehlt werden.
Prognose Deutschland
Preis- und saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Vp bzw. Vj in Prozent
Q2
Q3
Q4
Q1
Q2
Q3
Q4
Q1
2013 2014 2015 2016
2014 2014 2014 2015 2015 2015 2015 2016
Private Konsumausgaben
0,0
0,7
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,3
0,8
1,1
2,2
1,5
Staatsverbrauch
0,8
0,6
0,3
0,7
0,4
0,5
0,5
0,4
0,7
1,2
2,1
2,1
Ausrüstungsinvestitionen
0,6
-1,4
0,4
1,5
0,8
1,0
-1,0
-1,5
-2,4
4,3
2,9
0,5
Wohnungsbauinvestition
-3,7
-1,5
1,3
1,7
-0,1
0,6
0,6
0,5
-0,1
3,4
1,5
2,0
Inlandsnachfrage
-0,3
-0,3
1,1
0,5
0,4
0,4
0,3
0,2
0,7
1,2
1,8
1,5
Exporte
1,0
1,5
1,0
0,8
1,5
1,6
1,3
1,3
1,6
3,8
5,4
5,6
Importe
0,7
0,8
1,9
1,5
1,4
1,4
1,3
1,3
3,1
3,5
6,0
5,5
Außenbeitrag *
0,2
0,4
-0,3
-0,2
0,2
0,2
0,1
0,1
-0,5
0,3
0,1
0,4
Bruttoinlandsprodukt
-0,1
0,1
0,7
0,3
0,5
0,6
0,3
0,3
0,1
1,6
2,0
1,7
Arbeitsm arkt
Erw erbstätige in Millionen
42,2
42,6
42,8
42,9
Arbeitslose in Millionen
2,9
2,9
2,8
2,8
Arbeitslosenquote in %
6,9
6,7
6,4
6,4
Quelle: BayernLB Research; Prognosen in blau *) Wachstumsbeitrag in Prozent des BIP
[email protected]
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
29
Deutschland: Ausgewählte Wirtschaftsindikatoren
 Industrie im Aufwind
Ifo Geschäftsklima der gewerblichen Wirtschaft
Auftragseingang und Industrieproduktion
Saisonbereinigt, 2000=100
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte, Vp in Prozent
ifo Geschäftsklima
Geschäftslage
Geschäftserwartungen
120
3
115
2
110
1
105
0
100
-1
95
-2
90
Jul 13
 Binnenwirtschaft
bleibt Konjunkturtreiber
Industrieproduktion
Auftragseingang
-3
Jan 14
Jul 14
Jan 15
Jul 15
Q2 14
Q2 15
Quelle: destatis, Datastream, BayernLB Research
Exporte
Bruttoinlandsprodukt und Privater Verbrauch
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte
Preis- und saisonbereinigt, Vp in Prozent, annualisiert
Exporte, Vp. in Prozent (lS)
ifo Exporterwartungen, Saldo (rS)
Bruttoinlandsprodukt
Privater Verbrauch
16
14
1
12
10
0
8
-1
6
4
-2
2
-3
0
Q2 12
moderat
Q2 13
Quelle: ifo, Datastream, BayernLB Research
2
 Preisdruck bleibt
Q2 12
Q2 13
Q2 14
Q2 15
4,0
3,0
2,0
1,0
0,0
-1,0
-2,0
-3,0
-4,0
Q2 12
Q2 13
Q2 14
Quelle: ifo, destatis, Datastream, BayernLB Research
Quelle: destatis, Datastream, BayernLB Research
Arbeitsmarkt
Verbraucherpreise
Saisonbereinigte Vierteljahreswerte
Vj in Prozent
Verbraucherpreise
Kernrate (ohne Energie)
Erwerbstätige, Vp in Tsd. (lS)
Arbeitslosenquote, in Prozent (rS)
140
7,0
6,9
6,8
6,7
6,6
6,5
6,4
6,3
6,2
6,1
120
100
80
60
40
20
0
Q2 12
Q2 13
Q2 14
Q2 15
Quelle: Bundesag. f. Arbeit, Datastream, BayernLB Research
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
-0,5
Jul 13
Jan 14
Jul 14
Jan 15
Jul 15
Quelle: destatis, Datastream, BayernLB Research
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
30
Weitere Industrieländer
Japan: Gemäßigtes Wachstum und negative Inflation bringen BoJ unter Druck
 Schwache Industrieproduktion und
rückläufige Exporte
lassen die Konjunkturdynamik im zweiten Quartal stagnieren
Die japanische Konjunkturdynamik folgt aktuell einem Achterbahnkurs. Während im ersten
Quartal das BIP noch mit Hilfe der Ausrüstungsinvestitionen und des privaten Wohnbaus
um 1,0% zum Vorquartal zulegen konnte, stehen die Zeichen für das zweite Quartal auf
Stagnation. Verantwortlich hierfür ist nicht nur die rückläufige Industrieproduktion, sondern
auch der Bremseffekt der gesunkenen Exporte, die insbesondere von der schwachen Konjunkturdynamik in den USA betroffen waren. Insgesamt bleibt unser Konjunkturausblick vor
dem Hintergrund positiver Frühindikatoren (z.B. Tankan, LCI) und einer anziehenden
Dienstleistungsdynamik jedoch verhalten positiv mit Wachstumsraten von rund 0,4% zum
Vorquartal im zweiten Halbjahr. Unsere Prognose für das Jahreswachstum 2015 revidieren
wir aufgrund des schwachen zweiten Quartals auf 0,9% herunter, 2016 dürften nur noch
1,5% statt 1,7% zu Buche stehen. Problematischer sieht es allerdings bei der Inflation aus.
Das von der BoJ bevorzugte Inflationsmaß, die Kerninflationsrate ohne frische Nahrungsmittel, dürfte energiepreisbedingt ab Juni in den negativen Bereich rutschen und dort bis
einschließlich Oktober 2015 verharren. Mit einer Inflationsrate von -0,1% bis -0,2% erwarten wir jedoch keine neue Deflationsphase. Angesichts der japanischen Deflationsgeschichte könnte jedoch die negative Kerninflation trotz dauerhaft positiver HeadlineInflation zu fallenden Inflationserwartungen führen, welche BoJ mit ihrem QQE-Programm
aktiv zu bekämpfen versucht. Da in unserer Prognose bis zum Zeithorizont der BoJ (Herbst
2016) das Inflationsziel von 2% bei weitem nicht erreicht wird (BLB-Prognose Kerninflation
2016: 1,0%) erwarten wir im April 2016 eine Ausweitung der QQE-Ankäufe von 80 auf 90
Bio. Yen pro Jahr.
UK: Keine Zinsanhebung der BoE vor dem EU-Referendum
Lohnentwicklung in UK
Gesamtwirtschaft, ex. Bonus, Dreimonatsdurchschnitte, in % zum Vorjahr
Quelle: ONS, via DS Charting
Nachdem das Lohnwachstum in UK zuletzt an Fahrt aufgenommen hat (siehe Grafik), kam
es – trotz einer weiter geringen Teuerung (0% ggü. Vj. im Juni) – zu Spekulationen über
eine näher rückende Zinserhöhung. Angefacht wurden die Zinsfantasien zudem von der
jüngsten BoE-Kommunikation. So sagte Gouverneur Carney, dass die Zinsentscheidung
zum Jahreswechsel stärker in den Fokus rücke. Zudem zeigten die Minutes der JuliSitzung, dass nicht mehr nur wie bisher für zwei, sondern für eine „Zahl an Mitgliedern“ die
Entscheidung für eine Zinsanhebung knapper werde. Angesichts dessen könnten schon
bald bis zu drei der neun MPC-Mitglieder für eine Zinsanhebung stimmen. Wir rechnen
aber weiterhin damit, dass die BoE vor ihrem ersten Zinsschritt das Ergebnis des EUReferendums in UK abwarten wird, auch wegen der damit verbundenen Investitionszurückhaltung. Zudem sollte der von uns erwartete Grexit-(Prozess) einem baldigen Zinsschritt entgegenstehen. Wir halten September 2016 für den wahrscheinlichsten Termin für
das Referendum, vielleicht findet es sogar noch früher statt. Im Basisszenario gehen wir
von keinem Brexit aus, schließlich ist Premier Cameron selbst gegen einen Austritt (das
Referendum ist vor allem innerparteilichem Druck geschuldet). Neben der Formulierung
der Fragestellung pro Mitgliedschaft („Soll UK Mitglied in der Europäischen Union bleiben?“) spricht die Aussetzung der sogenannten „Purdah-Regel“ (dadurch darf sich die Regierung – anders als beim Schottland-Referendum – auch noch 6 Wochen vor dem Abstimmungstag für das „Ja“-Lager einsetzen) durch Cameron dafür, dass er – bei
Zugeständnissen seitens der EU – für einen Verbleib Großbritanniens in der EU werben
wird. Dass es zu Zugeständnissen an Großbritannien kommt, erscheint auch deshalb
wahrscheinlich, da sich Deutschland für die Reformwünsche Camerons offen gezeigt hat.
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Perspektiven vom August 2015
31
Weitere Schwellenländer
China: Volatiler Aktienmarkt hat kaum Einfluss auf Realwirtschaft
Die starken Kursverluste chinesischer Aktien von Ende Juni bis Mitte Juli und auch der
erneute Kurseinbruch Ende Juli werden die Realwirtschaft in China wohl kaum beeinflussen. Dafür ist die Korrelation zwischen Aktienkursentwicklung und privatem Konsum in
China zu gering. Allerdings stimmt der Umgang der Regierung mit dem Preisverfall am
Aktienmarkt (Interventionismus) nachdenklich mit Blick auf notwendige und schwerwiegende Liberalisierungsprozesse wie beispielsweise die Öffnung staatlich geschützter Wirtschaftssektoren oder die volle Konvertibilität der eigenen Währung. Wenn bereits die
Kurskorrektur (eines zuvor überhitzten Aktienmarktes) zu starkem Interventionismus der
chinesischen Behörden führt, dann ist man von der immer mal wieder angekündigten Liberalisierung des Wechselkurses noch sehr weit entfernt.
 Wachstum von 7%
nur mit Konjunkturpaketen realistisch
Immerhin verbreiten die vom chinesischen Statistikamt veröffentlichten Juni-Daten wieder
etwas mehr Zuversicht, was das Erreichen des Wachstumsziels von 7% betrifft: Die Einzelhandelsumsätze stiegen um 10,6%; die Industrieproduktion erhöhte sich um 7% verglichen mit dem Vorjahresmonat. Allerdings wird die Zentralregierung in der zweiten Jahreshälfte vermehrt auf wachstumsfördernde Maßnahmen zurückgreifen müssen, wenn sie ein
Wachstumsergebnis von 7% im laufenden Jahr ernsthaft erreichen will. Das im Juli verabschiedete Konjunkturprogramm in Form von 250 Milliarden Yuan (36 Mrd. Euro) für Infrastrukturprojekte wird da wohl nur der Anfang gewesen sein. Insgesamt sind jedoch auch
mittelfristig weiterhin leicht rückläufige Wachstumsraten wahrscheinlich.
Türkei: Politische Unwägbarkeiten hemmen das Wachstum
 Friedensprozess
mit der PKK steht
auf dem Spiel
Die außen- und innenpolitisch ohnehin angespannte Lage in der Türkei könnte sich in naher Zukunft weiter verschärfen. Innenpolitisch steht das Land nach den Parlamentswahlen
im Juni ohne Regierung und mit unklaren Machtverhältnissen da – Präsident Erdogans
AKP hat wegen des Einzugs der prokurdischen HDP die absolute Mehrheit verloren; eine
Regierungskoalition ist nicht in Sicht. Außenpolitisch ist der Syrienkonflikt auf türkisches
Territorium übergeschwappt: Nach mehreren Anschlägen geht die Türkei sowohl im eigenen Land als auch grenzüberschreitend gegen den IS (in Syrien) und die kurdische PKK
(im Irak) vor. Nachdem der IS zuvor in der Türkei zumindest geduldet wurde und dementsprechend Strukturen aufgebaut hat, sind von dieser Seite ebenso wie von der PKK Angriffe auf die innere Sicherheit der Türkei zu befürchten. Insbesondere die von Erdogan zuletzt
vorangetriebene Aufkündigung des Friedensprozesses mit der PKK gefährdet die Sicherheitslage nachhaltig. Eine Gesamtsituation aus geschürter Terrorgefahr, schwacher Sicherheitslage und der (Neu-) Inszenierung des Kampfes einer „patriotischen Türkei“ gegen
„kurdische Terroristen“ würde beim Wahlvolk wohl (wie nach den vom Kurdenkonflikt geprägten 1990er Jahren) den Wunsch nach einer starken Regierung bzw. einem starken
Anführer aufkommen lassen. Dies würde sowohl der AKP als auch Erdogan und seinem
Wunsch nach mehr Präsidialmacht bei Neuwahlen entgegenkommen. Deshalb ist nicht
auszuschließen, dass ein Ende des Friedensprozesses mit der PKK und ein Scheitern bei
den laufenden Koalitionsverhandlungen und Neuwahlen von der AKP und Erdogan zumindest in Kauf genommen werden. Der unsichere politische Ausblick führt zu einer Senkung
der Wachstumsprognose für 2015 von 3,5% auf 3%. Sollte der Vertrauensverlust bei Anlegern und Investoren (und somit der Abzug von Kapital und die Abwertung der Türkischen
Lira) weiter an Fahrt gewinnen, sind drastische Maßnahmen der Zentralbank zu erwarten –
in diesem Fall würde sich die Wachstumsprognose weiter eintrüben.
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Perspektiven vom August 2015
32
Devisen: Die Fed wagt einen Schritt – und
stärkt den Dollar
Dollar: Nach erster US-Zinserhöhung folgt nur langsame Dollar-Aufwertung
 Fed-Aussagen
ließen den Dollar im
Juli aufwerten
Der Euro legte im Juni zunächst bis auf 1,14 Dollar je Euro zu, da die Renditen länger laufender Bundesanleihen weiter anstiegen und es zu Eindeckungskäufen auf die Ende Mai
sehr hohen offenen Euro-Shortpositionen gegenüber. dem Dollar kam. Im Juli akzeptierte
das griechische Parlament zwar die umfangreichen Bedingungen für ein weiteres Rettungspaket – trotz deren Ablehnung im Referendum am 5. Juli – und verschaffte dem zuvor wieder schwächeren Euro etwas Unterstützung. Dies wurde jedoch überlagert von wiederholten Aussagen von Fed-Mitgliedern, u.a. der Vorsitzenden Yellen, die stark auf eine
erste Leitzinsanhebung im laufenden Jahr hindeuten, sodass der Dollar per saldo auf 1,10
Dollar je Euro Ende Juli zulegte.
 Erneut hohe GrexitWahrscheinlichkeit
und zurückfallende
Anleiherenditen
sollten Euro im
Herbst belasten
Auf Sicht von drei Monaten gehen wir davon aus, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit des
Ausscheidens Griechenlands aus dem Euro-Raum aufgrund von Umsetzungsschwierigkeiten bei den Reformen wieder stärker in den Fokus der Kapitalmärkte gerät und den Euro
belastet. Zudem nehmen wir an, dass die Bundesanleihe-Renditen wieder zurückfallen und
sich der US-Renditevorsprung gegenüber dem Euro-Raum bei länger laufenden Anleihen
ausweitet. Dennoch sollte der Dollar nur leicht auf 1,09 Dollar je Euro aufwerten, da wir mit
einer ersten Fed-Zinserhöhung nicht im September, sondern erst im Dezember rechnen,
und die Märkte dies zwischenzeitlich als Enttäuschung für den Dollar empfinden dürften.
 Erste Zinsanhebung
der Fed im Dezember dürfte den Dollar stärken,
Im Zuge der US-Zinsanhebung im Dezember erwarten wir dann eine deutliche DollarAufwertung auf 1,04 Dollar je Euro in sechs Monaten. Des Weiteren nehmen wir an, dass
Griechenland bei anhaltenden Reform- und Finanzschwierigkeiten im Winterhalbjahr nicht
mehr im Euro-Raum gehalten werden kann. Der eigentliche Grexit sollte den Euro nur
kurzzeitig schwächen, auch weil Ansteckungsgefahren für andere Euro-Länder durch zeitweise stärkere QE-Anleihekäufe der EZB eingedämmt werden dürften. Diese erhöhten
Anleihekäufe werden jedoch wohl länger – bis ausreichend Klarheit über die GrexitAuswirkungen besteht – auf dem Euro lasten. Dabei dürfte den Marktteilnehmern auch
zunehmend deutlich werden, dass ein plötzliches Ende des EZB-QEs im September 2016
unwahrscheinlich und vielmehr eine langsame Verringerung der monatlichen Anleihekäufe
2017 zu erwarten ist. Insgesamt rechnen wir allerdings auf Sicht von 6 bis 12 Monaten nur
mit einer leichten weiteren Euro-Abwertung auf 1,02 Dollar je Euro. Wir gehen davon aus,
dass die Fed 2016 die verbreiteten Erwartungen vierteljährlicher Zinserhöhungen enttäuschen und erst im September eine zweite Zinsanhebung vornehmen wird. Dies sollte eine
stärkere Dollar-Aufwertung gegenüber dem Euro verhindern. Einen Wechselkurs, der
nachhaltig unter der Parität liegt, erwarten wir erst gegen Ende 2016 (siehe hierzu unser
Sonderkapitel „5-Jahres-Ausblick“ auf den Seiten 11 – 16).
Pfund: Brexit-Risiko und zögernde BoE sollten für deutlichen Dämpfer sorgen
 Nur kurzfristig sehen wir im Prognosehorizont ein stärkeres Pfund
Das Pfund legte im Juli zeitweise auf unter 0,70 Pfund je Euro zu, vor allem getrieben von
Erwartungen auf eine früher als bislang angenommene Zinserhöhung in UK (für Details
siehe UK-Teil auf S. 30). Jedoch konnte das Pfund die Gewinne nicht halten und notiert
derzeit wieder bei 0,71 Pfund je Euro. Auf der Basis der letzten BoE-Minutes dürften bald
bis zu drei Ratsmitglieder für eine Zinserhöhung stimmen, was das Pfund kurzfristig – auch
angesichts des schwächeren Euro (siehe Dollar) – wieder unter der Marke von 0,70 GBP
notieren lassen dürfte. Auf Sicht von einem Jahr rechnen wir aber weiter mit einem deutlich
schwächeren Pfund. So dürfte die BoE für eine Enttäuschung am Markt sorgen, wenn sie
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
33
mit der ersten Zinserhöhung zögert und den Zinsschritt erst nach dem Ergebnis des wohl
im September 2016 stattfindenden EU-Referendums wagt. Zudem dürfte das Brexit-Risiko
in Verbindung mit dem sehr hohen britischen Leistungsbilanzdefizit das Pfund zunehmend
belasten. Den größten Abwärtsdruck auf das Pfund sehen wir dabei wenige Monate vor
dem Referendum. Sofern es, wie von uns unterstellt, dann zu keinem Brexit kommt, sollte
die BoE dann rasch den Zins anheben und das Pfund sollte – auch aufgrund der über September 2016 hinausgehenden EZB-QE-Käufe – seinen Aufwertungstrend fortsetzen.
Franken: Jüngste Abwärtsbewegung dürfte weitere SNB-Lockerung nicht verhindern
 Schwächerer Franken ohne Nachhelfen der SNB unwahrscheinlich
Der Franken bewegte sich in den letzten Wochen in einer engen Seitwärtsrange um 1,05
CHF. Zuletzt notierte er erstmals seit langem wieder merklich schwächer als 1,05 CHF.
Grund hierfür könnte entweder eine zunehmende Erleichterung mit Blick auf Griechenland
oder lediglich eine höhere Volatilität aufgrund geringerer Liquidität im Sommerhandel sein.
Sofern sich der Franken nicht noch weiter abschwächt, bleiben wir bei der Sicht, dass das
bisherige Franken-Niveau eine zu große Belastung für die Schweizer Wirtschaft darstellt
und die SNB deshalb den Franken durch eine weitere Einlagensatzsenkung in den nächsten Monaten schwächen wird. Begrenzt werden dürfte die Franken-Abwertung dabei aber
durch die Grexit-Phase und die EZB-Anleihekäufe (etwaiges Frontloading und Einpreisung
länger als bisher erwarteter Käufe). Ein Risiko für unseren SNB-Ausblick liegt in einer fehlenden Unterstützung durch die Politik: Möglicherweise senkt die SNB die Zinsen nur dann
weiter, wenn die Regierung zugleich die Bargeldhaltung besteuert (SNB kann dies nicht),
um die Wirkung der negativeren Zinsen sicherzustellen
SPEZIAL – Tschechische Krone: Wie lange hat der CNB-Mindestkurs Bestand?
 CNB folgte dem
SNB-Vorbild 2013
mit einem eigenen
Mindestkurs
Verlauf der Krone
Kronen je Euro
Quelle: Reuters, via DS Charting
Die tschechische Nationalbank (CNB) führte im November 2013 ein Wechselkursziel der
Krone zum Euro nahe 27 Kronen je Euro ein, was eine spürbare Abwertung der Krone zur
Folge hatte. Bis dato hatte diese bei etwa 25,7 Kronen je Euro notiert. Das WechselkursRegime der CNB entspricht im Grunde dem im Januar aufgehobenen Euro-FrankenMindestkurs der SNB von 1,20 Franken je Euro, wobei der Mindestkurs des Euro zur Krone bei 27 Kronen liegt. Hintergrund für diesen Schritt der CNB war eine zunehmende Deflationsgefahr in Tschechien, auch aufgrund einer niedrigen Inflation im Euro-Raum, dem
wichtigsten Handelspartner. Da die CNB an der Nullzinsgrenze angelangt war, musste sie
für eine weitere Lockerung der Geldpolitik in den Werkzeugkoffer unkonventioneller geldpolitischer Maßnahmen greifen. Angesichts des sehr hohen Offenheitsgrads der tschechischen Volkswirtschaft griff sie das Wechselkursziel als Mittel heraus. Die Idee: Über einen
schwächeren Wechselkurs sollten die Importpreise angetrieben und die Aktivität im Exportsektor erhöht werden. Im Laufe der Zeit stellte die CNB für ein Ende des Wechselkurszieles immer spätere Zeitpunkte in Aussicht. Zuletzt hatte sie sich – ganz im Sinne einer
„harten“ Form der Forward Guidance – darauf festgelegt, das Wechselkursziel nicht vor
dem zweiten Halbjahr 2016 aufzugeben. Zur Durchsetzung des Euro-KronenMindestkurses musste die CNB zwar bei der Einführung substantiell intervenieren (ca. 200
Mrd. CZK). Danach musste sie allerdings lange Zeit nicht mehr eingreifen. Der Kurs notierte weitgehend leicht über 27 Kronen (siehe Grafik). Auch im Zuge des QE der EZB und der
Aufhebung des Mindestkurses der SNB flirtete die Krone nicht mit dem Mindestkurs. Kurzfristig gab die Krone sogar auf über 28 Kronen nach, nachdem es Spekulationen auf eine
Anhebung des Mindestkurses aufgrund einer schwächelnden tschechischen Wirtschaft
gab. Im Zuge sich aufhellender Konjunkturaussichten und einer anziehenden Inflation legte
die Krone seit Mai dann kontinuierlich zu. Besonders das (obschon durch Sondereffekte
beeinflusste) starke BIP-Wachstum im 1. Quartal von +2,5% gegenüber dem Vorquartal
(nicht annualisiert) sorgte für Konjunkturoptimismus und für Markterwartungen auf ein vorzeitiges Ende des Mindestkurses. Im Zuge dessen näherte sich der Kurs immer näher der
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
34
Marke von 27 Kronen an und nach eigenen Angaben intervenierte die CNB am 17.7., wohl
um eine Aufwertung auf unter 27 Kronen zu verhindern. Zuletzt lag der Kurs weiter in unmittelbarer Nähe zum Mindestkurs, was für anhaltenden Druck auf die CNB spricht.
Angesichts dessen drängt sich die Frage auf, ob in diesem Jahr nach dem Mindestkurs der
SNB nun auch der Mindestkurs der CNB fallen könnte. Die CNB muss bei dieser Entscheidung folgendes abwägen: Einerseits die mit Interventionen verbundenen Kosten in Form
von Bilanzrisiken (wahrscheinliche Wertverluste auf die angehäuften Devisenreserven
nach Ende des Wechselkursziels) und eine ansteigende inländische Liquidität (die CNB
schafft zum Kauf von Devisen Kronen-Liquidität), welche längerfristig Inflationsrisiken mit
sich bringt. Andererseits riskiert sie mit einer Aufgabe des Mindestkurses ein Abwürgen der
Konjunktur und könnte erneut für Deflationsgefahr sorgen. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Krone ohne Mindestkurs zumindest wieder bei 25-26 Kronen je Euro notieren dürfte, was einer spürbaren Straffung der Finanzierungskonditionen entspricht. Zudem
würde die CNB damit auch ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen, da sie sich klar auf eine
Mindestdauer für ihr Wechselkursregime festgelegt hat. Bei einem vorzeitigen Ende wäre
der CNB eine die Erwartung beeinflussende Forward Guidance für lange Zeit verbaut. Zudem, und noch viel wichtiger, könnten generelle Zweifel an der Erfüllung des Inflationsziels
durch die CNB aufkommen – ein Worst Case-Szenario für jeden Zentralbanker.
Devisenreserven CNB vs. SNB
In % des BIP
Quelle: CNB, SNB, via DS Charting
In der kurzen Frist dürften unseres Erachtens die Kosten einer Mindestkurs-Aufgabe jene
einer Beibehaltung auch im Falle anhaltender Interventionen für die CNB überwiegen. Zumal die Devisenreserven der CNB im Vergleich zum nominalen BIP auf einem noch recht
moderaten Niveau (30%) liegen. Zum Vergleich: Als die SNB ihren Mindestkurs aufgab,
lagen die Devisenreserven bei Schwindel erregenden 80% (siehe Grafik). Sollte der Aufwärtsdruck auf die Krone allerdings hoch bleiben und die CNB immer wieder zu substantiellen Interventionen gezwungen werden, wäre die Entscheidung weniger eindeutig. Vor
allem könnte der von uns erwartete Grexit (-Prozess) und damit verbundene expansive
EZB-Maßnahmen das Interventionsvolumen erhöhen. Wenn die tschechische Wirtschaft
dann noch robust genug für eine stärkere Krone wäre, könnte die CNB – trotz des Reputationsverlustes – dann auch schon vor Mitte 2016 den Mindestkurs aufgeben. Ein über Mitte
2016 hinausgehender Mindestkurs hingegen erscheint derzeit nur für den wenig wahrscheinlichen Fall realistisch, dass die Inflation in Tschechien im Frühjahr 2016 weiter deutlich unter 2% liegt. Unter der Berücksichtigung der verfügbaren Information (insbesondere
der bisher nur moderaten Interventionen) erwarten wir eine Beibehaltung des Mindestkurses bis Juni 2016 – was im Einklang mit der Forward Guidance der CNB stünde. Unsere
Prognose für den Euro-Kronen-Kurs in einem Jahr unterstellt dementsprechend keinen
Mindestkurs der CNB mehr. Zwar erwarten wir dann eine spürbare Aufwertung der Krone
auf etwa 25,5 Kronen, einen Kursrutsch wie im Falle des Frankens im Januar erwarten wir
aber nicht. Schließlich wurde die Krone anders als der Franken nicht als Funding Currency
genutzt, weshalb nicht mit der Schließung umfangreicher Shortpositionen zu rechnen ist.
[email protected]
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Perspektiven vom August 2015
35
Ausgewählte Wechselkurse
 Starke Euro- Abwertung mit den
EZB-Anleihekäufen
seit Jahresanfang
Dollar je Euro und Euro-Außenwert
Pfund, Franken
Monatsdurchschnitte, Außenwert: real, 2010=100
Monatsdurchschnitte
Dollar je Euro (lS)
Euro-Außenwert (rS)
1,40
1,35
1,30
1,25
1,20
1,15
1,10
1,05
Pfund je Euro (lS)
Franken je Euro (rS)
0,90
105
100
1,20
0,85
95
1,15
0,80
90
85
1,10
1,05
0,75
80
75
1,00
0,70
Jul Jan Jul Jan Jul Jan Jul
12 13 13 14 14 15 15
 Der Dollar - und
auch das Pfund legten im Vergleich
mit den meisten
Währungen weltweit 2014/15 deutlich zu
1,25
0,95
Jul Jan Jul Jan Jul Jan Jul
12 13 13 14 14 15 15
Quelle: BayernLB Research
Quelle: BayernLB Research
Yen
Außenwert Dollar, Pfund, Yen
Monatsdurchschnitte
Monatsdurchschnitte, Außenwert: real, 2010=100
Dollar-Außenwert (lS)
Pfund-Außenwert (lS)
Yen-Außenwert (rS)
Yen je Dollar (lS)
Yen je Euro (rS)
130
120
110
100
90
80
70
150
140
130
120
110
100
90
Jul Jan Jul
12 13 13
Jan
14
Jul
14
120
105
115
95
110
85
105
75
100
95
Jan Jul
15 15
65
Jul Jan Jul
12 13 13
Quelle: BayernLB Research
Jan
14
Jul
14
Jan Jul
15 15
Quelle: BayernLB Research
Wechselkursprognosen *)
Dollar
Konsens-Prognose
Japanischer Yen
Konsens-Prognose
Britisches Pfund
Konsens-Prognose
Schw eizer Franken
Konsens-Prognose
USD pro EUR
Stand am
in 3 Monaten
in 6 Monaten
in 12 Monaten
28.07.2015
Aug 2015
Nov 2015
Mai 2016
1,10
1,09
1,04
1,02
1,07
1,05
1,06
122
125
129
124
125
127
0,69
0,71
0,80
0,70
0,69
0,69
1,09
1,08
1,07
1,05
1,05
1,07
USD pro EUR
JPY pro USD
124
JPY pro USD
GBP pro EUR
0,71
GBP pro EUR
CHF pro EUR
CHF pro EUR
1,04
Quelle: BayernLB Research, *) Monatsdurchschnitte
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Perspektiven vom August 2015
36
Rentenmärkte: Politische Risiken im Fokus
Staatsanleihen: Bunds gefangen zwischen Liquiditätsaspekten, Fed und Politik
 Emissionsbedingt
volatiler Bundhandel
 Politische Risiken
dämpfen negative
US-Vorgaben
 TransatlantikSpread zum Jahreswechsel: 190 Bp
 Keine Renditeaufwärtsdynamik
Die Staatsanleihemärkte dürften sich im zweiten Halbjahr volatil zeigen. Eurostaatsanleihen werden in diesen Wochen von Tilgungen und Kupon-Zahlungen in Höhe von rund 75
Mrd. Euro profitieren. Im August setzt die EZB ihre Käufe mit nur leicht reduzierter Dynamik fort, während das Nettoangebot bei mageren rund 20 Mrd. Euro liegen wird. Einen
temporären Rückgang der 10-jährigen Bundrendite in Richtung 0,3% halten wir nach wie
vor für möglich. Der niedrigere und unter Umständen temporär noch weiter sinkende Ölpreis stützt den erwarteten Renditerückgang mit negativen Inflationsüberraschungen ebenso wie die erwarteten harten Verhandlungen mit Griechenland.
Das ab September wieder auflebende Angebot führt nach dieser Mechanik ebenso zu wieder steigenden Renditen wie ab Herbst spürbare positive Basiseffekte beim Preisauftrieb
beiderseits des Atlantiks. Trotz negativer US-Vorgaben im vierten Quartal – die Fed dürfte
im Dezember ihre Leitzinswende einleiten – bleiben die Auswirkungen auf Bunds aber gering. Dämpfend auf den Renditeanstieg wirken zum einen die zunehmenden GrexitRisiken. Zum anderen schreitet gleichzeitig die Verknappung bei Bundesanleihen fort. Der
Markt hat dies als Thema im Frühjahr zwar fallengelassen. Die tatsächliche Verknappung
wird jedoch nicht ohne Spuren bleiben. Zum Jahresende rechnen wir weiterhin mit einer
10-jährigen Bundrendite von 0,5%. Die politischen Risiken, die wir für diesen Herbst –
Wahlen in Portugal und Spanien – und Winter – steigende Grexit-Wahrscheinlichkeit bis
hin zu beginnendem Exit – ausmachen, verlieren vor dem Hintergrund des wohl zunehmenden Transferunion-Charakters der EWU aber das Chancenpotenzial für Bunds, das sie
in der Vergangenheit noch hatten.
Die divergierenden Ereignisse beiderseits des Atlantiks werden den Transatlantik-Spread
daher zum Jahreswechsel auf seinen vorläufigen Hochstand bei etwa 190 Bp führen. Dem
Risiko eines an Kraft gewinnenden Aufwärtsmomentums bei den Treasury-Renditen würde
die Fed verbal energisch entgegentreten. Entsprechende Abwärtskorrekturen der Erwartungen an den US-Märkten machen sich unter anderem auf 12-Monatssicht in wieder geringfügig niedrigeren Geldmarktzinsen bemerkbar.
10J Treasury Rendite und Fed Leitzins
Mittelrückflüsse drücken Bundrenditen
In Prozent
rS: Rendite, in %; lS: Kernländer: Deutschland, Frankreich,
Finnland, Niederlande, Österreich, in Mrd. EUR
Rendite 10j Treasury (l.S.)
4,0
Fed Funds Target (r.S.)
1,00
3,0
0,75
2,0
0,50
1,0
0,25
0,0
Jan 14
0,00
Jul 14
Jan 15
Jul 15
Nettoangebot Kernländer ./. EZB Käufe (l.S.)
10J Bund Rendite (r.S.)
Jan 16
Quelle: BayernLB Research
Jul 16
50
1,0
25
0,8
0
0,6
-25
0,4
-50
0,2
-75
0,0
Jan 15 Mrz 15 Mai 15
Jul 15 Sep 15 Nov 15
Quelle: BayernLB Research
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Perspektiven vom August 2015
37
Covered Bonds: Ausblick auf das zweite Halbjahr 2015
 Covered Bonds
dürften sich im
Grexit-Fall stabiler
als andere Assetklassen präsentieren
Unseres Erachtens wird Griechenland die Auflagen des dritten Hilfspakets, wenn es zustande kommt, nicht erfüllen und somit einer der Haupttreiber für anhaltende Volatilität am
Covered Bond-Markt bleiben. Darüber hinaus dürften sich Covered Bonds im Grexit-Fall
deutlich besser als andere Assetklassen entwickeln. Hierfür sprechen die günstigen Rahmenbedingungen für das Segment (negatives Primärangebot, regulatorische Bevorzugung,
CBPP3 und nicht zuletzt die systemische Relevanz in vielen Ländern). Allerdings sollten
wir die engsten Spread-Niveaus bei Peripherie-Covered Bonds nun endgültig gesehen
haben. Letztendlich bleibt aber die beispiellose Geldflut der EZB der bestimmende Faktor
an den Märkten – wir denken sogar über Herbst 2016 hinaus. Unsere Empfehlung bleibt
eine Übergewichtung der renditestärkeren EU-Peripherie-Segmente.
 Das Covered BondKaufprogramm hat
leider auch negative Seiten
Die Entwicklung des Covered Bond-Kaufprogramms der EZB (CBPP3) wird auch in den
nächsten Monaten ein wichtiger Unterstützungsfaktor für Covered Bonds bleiben. Allerdings weist das Programm negative Begleiterscheinungen auf. Vor allem nimmt die EZB
leider eine weitere Zunahme der Illiquidität am Markt und eine sich ausweitende Verzerrung der Risikoaufschläge zwischen „guten“ und „schlechten“ Emittenten in Kauf.
 Europäische Ge-
Auf der regulatorischen Seite wird die Vereinheitlichung der – sage und schreibe – 28 verschiedenen Covered Bond-Gesetze in der EU für Investoren ein wichtiges Thema werden.
Die EU-Kommission will hierzu in den nächsten Wochen ein Konsultationspapier vorlegen.
Grundsätzlich halten wir eine Harmonisierung bei angemessenen Umsetzungsfristen für
sinnvoll. Investoren sollten das Thema aber im Auge behalten, weil eine Gesetzesvereinheitlichung potenziell auch eine Schwächung einzelner – gerade der für Covered BondInvestoren günstigen – Gesetze, wie die für Pfandbriefe, nach sich ziehen könnte.
setzesHarmonisierung
schreitet voran
 Primärangebot
bleibt zu niedrig –
Zeit für neue Wege
Am Primärmarkt wird sich das für Investoren zu geringe Neuangebot fortsetzen. Somit
bleibt das Hauptaugenmerk der Anleger die Suche nach Alternativen. Da die beispiellose
Geldflut noch länger der bestimmende Marktfaktor bleiben wird, würden wir Investoren
raten, auch über Alternativen nachzudenken, die bisher nicht zu ihrem Anlageuniversum
gehörten und die keineswegs immer mit deutlich erhöhten Risiken verbunden sein müssen.
Beispiele hierfür sind die etablierten außereuropäischen Segmente wie Australien, Kanada
oder Neuseeland bzw. Covered Bonds in USD oder GBP – insbesondere, wenn Währungsschwankungen gehedgt werden.
Sekundärmarkt: Kerneuropa-Segmente weiten
aufgrund Griechenland-Krise ca. 5 Bp aus –
außer Pfandbriefe
Sekundärmarkt: Peripherie-Covered Bonds von
Griechenland nur kurz belastet
ASW Spread in Bp (iBoxx Länder-Indizes)
ASW Spread in Bp (iBoxx Länder-Indizes)
Quelle: BayernLB Research
Quelle: BayernLB Research
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Perspektiven vom August 2015
38
Unternehmensanleihen: Duration dürfte der Performance-Treiber Nr.1 bleiben
 Grexit-Gefahr ist
nicht beseitigt, aber
Investoren sollten
sich nicht nur darauf fokussieren
 Voraussetzungen
für eine kurzfristige
Erholung sind gegeben
 IG-Anleihen mit
zunehmend ungünstigerem Chance-/Risiko-Profil
Auch wenn Griechenland das Bild am aktuellen Rand sehr stark bestimmt hat, und die
Grexit Debatte wieder aufflammen wird, sollten sich Investoren auf mittel- bis langfristige
Sicht nicht alleine darauf fokussieren. Insbesondere dürfte die EZB bei zunehmender Gefahr von Spillover-Effekten mit weiteren Liquiditätsmaßnahmen antworten, die sich auch in
das Credit-Universum erstrecken können. Die jüngste Erweiterung der sog. Agency-Liste,
auf der sich auch bekannte iBoxx-Emittenten (Enel, Snam und Terna) wiederfanden, ist ein
deutlicher Beleg dafür.
Kurzfristig sind die Vorrausetzungen für eine weitere Erholung an den Credit-Märkten zwar
gegeben, die jedoch verstärkt auf technische Faktoren zurückzuführen sind. Zum einen
halten Credit-Investoren derzeit relativ hohe Cash-Positionen, die es anzulegen gilt. Das
Neuemissionsangebot dürfte sich zwar tendenziell erholen, allerdings ist mit einer Rückkehr zu den hohen Volumina aus dem ersten Quartal (20 Mrd. Euro auf Wochenbasis) alleine schon aufgrund von saisonalen Effekten nicht so schnell zu rechnen. Die Ange-bots/Nachfragesituation im europäischen Staatsanleihen-Universum (signifikant negatives Netto-Emissionsangebot im Sommer) dürfte sich zum anderen ebenfalls stützend für die IGErträge in den kommenden Monaten auswirken.
Angesichts der anhaltend hohen Volatilität bei Staatsanleihen sehen wir das Chance/Risiko-Profil bei IG-Anleihen mittelfristig zunehmend kritischer. Die jüngsten Bewegungen verdeutlichten, dass die Carry bei stärkeren Schwankungen der Bund-Renditen nicht
ausreicht, um signifikant positive Erträge zu erzielen. Zugleich sehen wir das Einengungspotenzial der Risikoaufschläge in diesem Credit-Zyklus nahezu ausgeschöpft. Darüber
hinaus erwies sich der immer noch relativ hohe Bankenanteil im IG-Universum (41%) als
Belastung im Zuge der Grexit-Debatte. Da wir diese als noch nicht erledigt ansehen, dürften insbesondere Bank-Anleihen anfällig bleiben. Die Kreditinstitute haben sich zwar auf
fundamentaler Ebene (höhere Kapitalquoten, geringeres GIIPS-Exposure) seit dem Höhepunkt der Staatsschuldenkrise besser aufstellen können, allerdings wird dies durch strukturelle Anpassungen (Heranziehen von Senior-Anleihen im Falle eines Bail-In; wegfallender
Staats-Support) mehr als kompensiert. High Yield-Anleihen (BB- und Single Bs) dürften
weiterhin in diesem volatilen Niedrigzinsumfeld gefragt bleiben. Neben niedrigen Ausfallraten ist die geringe Zinssensitivität ein nicht zu vernachlässigender Faktor.
Nur HY-Anleihen mit positivem Ertrag
HY-Spreads halten sich auch weiterhin stabil
In Prozent, Stand: 24.07.2015
In Basispunkt
YTD
-3M
Spread High-Yield minus Investment-Grade
-1M
5
1400
4
1200
3
2,4
1000
2
1
800
0
-0,5
-1
-2
-0,5
-0,6
-0,6
-1,6
-1,9
-0,3
-1,4
-2,1
600
400
-2,5
-3
200
-4
-3,7
-3,7
-3,5
-4,4
-5
iBoxx Non-Fin
AA
A
Quelle: BayernLB Research, Datastream
BBB
High-Yield
0
Jul 08
Jul 09
Jul 10
Jul 11
Jul 12
Jul 13
Jul 14
Jul 15
Quelle: BayernLB Research, Bloomberg
[email protected]
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
39
Aktienmärkte: Volatile Entwicklung hält an
 Aktienmärkte stecken GriechenlandZuspitzung relativ
gut weg
An den Aktienmärkten hinterließ die Zuspitzung um Griechenland bei genauerer Betrachtung nur relativ begrenzte Spuren. Der DAX war bereits Mitte April in eine Korrektur eingetreten, für die zunächst jedoch vor allem die Erholung des Euro, schwächere Konjunkturindikatoren und die steigenden Kapitalmarktzinsen im Euro-Raum verantwortlich waren.
Griechenland spielte bei der Korrektur über weite Strecken eine eher untergeordnete Rolle.
Anfang Juli, als ein Scheitern der Verhandlungen mit Griechenland realistisch erschien,
kam der deutsche Leitindex dann zwar zusätzlich unter Druck, fiel mit einem Intraday-Tief
von 10.653 Punkten am 8. Juli aber nur moderat unter das bereits Mitte Juni erreichte Niveau von rund 11.000 Punkten. Die kräftige Erleichterungsrally nach der Einigung auf das
Reformprogramm hob den DAX dann innerhalb von rund einer Woche auf über 11.500
Punkte. Diese Erholung blieb aber nicht nachhaltig, vielmehr fiel der DAX innerhalb seiner
Handelsspanne der letzten Monate erneut zurück.
Euro-Peripherie: Ansteckungseffekte durch Griechenland-Zuspitzung eng begrenzt
EURO STOXX Banks und durchschnittlicher Risikoaufschlag 10jähriger Staatsanleihen Italiens und Spaniens gegenüber Bundesanleihen, Tageswerte
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
 Kräftige Kurskorrektur in China nach
steilem Anstieg
 Üblicherweise nur
geringe Korrelation
zwischen chinesischem und europäischem Aktienmarkt
Für erneut zunehmende Unsicherheit sorgte an den Aktienmärkten Ende Juli der kräftige
Aktienkursverfall in China, der mit der Sorge um eine stärkere konjunkturelle Abkühlung
einherging. Der Shanghai SE Composite-Index verlor von seinem Jahreshoch am 12. Juni
bis 8. Juli innerhalb von nur drei Wochen über 30% an Wert. Zuvor war er allerdings auch
– angetrieben von Privatanleger-Spekulationen – massiv gestiegen, von Jahresmitte 2014
bis zum Hoch im Juni 2015 um rund 150%. Nach einer temporären Erholung im Juli gingen
die Aktienkurse trotz Interventionen der chinesischen Regierung erneut kräftig auf Talfahrt.
Nicht zuletzt, da gleichzeitig schwache chinesische Konjunkturindikatoren veröffentlicht
wurden, schwappten die Turbulenzen auch auf die Aktienmärkte hierzulande über.
Nachhaltig belastend für die europäischen Aktienmärkte wäre der Kursverfall in China
dann, wenn er mit spürbaren negativen Effekten auf die chinesische Wirtschaft und damit
die Weltwirtschaft einherginge. Die unmittelbaren Einflüsse der dortigen Kursrückgänge auf
die europäischen Märkte sollten dagegen begrenzt bleiben. So weisen der chinesische und
der europäische Aktienmarkt üblicherweise nur eine geringe Korrelation auf. Auch zwischen der Konjunktur- und der Aktienmarktentwicklung in China bestand in den letzten
Jahren – anders als in Europa – kein enger Zusammenhang. Die Marktteilnehmer dürften
den Konjunkturdaten aus China in nächster Zeit jedoch besonders hohe Aufmerksamkeit
widmen. Bleibt der strukturell bedingte Rückgang der dortigen Konjunkturdynamik im
Rahmen der Annahmen und die Weltkonjunktur auf ihrem erwarteten Wachstumspfad,
sollten sich die europäischen Aktienmärkte auch gegenüber einer fortgesetzten Börsenkor-
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
40
rektur in China mittelfristig widerstandsfähig zeigen. Kurzfristig dürfte die Nervosität aber
hoch bleiben.
 Grexit dürfte zu
erhöhter Volatilität
führen, aber nicht
trendbestimmend
sein
 EZB wird Ansteckungseffekte und
damit negative
Auswirkungen auf
Aktienmarkt begrenzen
 Entscheidende
marktrelevante Faktoren per saldo positiv
Aktienmarkt China: Kräftige Korrektur nach steilem Anstieg
Aktienmarkt China: Üblicherweise geringe Korrelation mit Aktienmärkten in Europa und USA
Shanghai SE Composite Index, Tageswerte
Aktienindizes, 1.1.2010 = 100, Tageswerte
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Mit Verunsicherung und erneuten Volatilitätsanstiegen in den kommenden Monaten rechnen wir auch durch eine erneute Eskalation in Griechenland, die in einem Ausscheiden aus
dem Euro-Raum münden dürfte. Trendbestimmend wird dies an den Aktienmärkten jedoch
nicht werden. Entscheidend im Grexit-Fall sind aus Aktienmarktsicht neben möglichen negativen konjunkturellen Effekten – die wir für begrenzt halten – die potenziellen Ansteckungseffekte auf die übrige Euro-Peripherie, insbesondere Italien und Spanien. Griechenland selbst birgt angesichts des nur noch geringen Engagements privater Gläubiger
überschaubare Risiken.
Bereits während des drohenden Scheiterns der Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Gläubigern Anfang Juli zeigten sich nur sehr begrenzte Ansteckungseffekte, die sich in einem relativ moderaten Anstieg der Risiko-Spreads italienischer und spanischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen auf rund 165 Basispunkte (bei
zehnjährigen Laufzeiten) manifestierten, nachdem diese Mitte März noch Tiefstwerte von
rund 90 Basispunkten markiert hatten. Im Falle eines Grexit ist zwar ein erneuter temporärer Anstieg der Risikoaufschläge Italiens und Spaniens zu erwarten, was die Aktienmärkte,
insbesondere Bankaktien, nochmals belasten würde. Eine stärkere Eskalation mit einer
massiven Ausweitung der Risiko-Spreads – wie im Jahr 2012, als diese zeitweise über 500
Basispunkten lagen – wird die EZB mit ihren Anleihekaufprogrammen, die gegebenenfalls
angepasst bzw. erweitert werden könnten, aber verhindern. Daher halten wir kräftige
nachhaltige Kursverluste an den Aktienmärkten auch im Grexit-Fall für unwahrscheinlich.
Zeichnet sich ab, dass der Euro-Austritt Griechenlands ohne größere Blessuren auf den
Euro-Raum vonstattengeht, werden sich wieder die entscheidenden marktrelevanten Faktoren als trendbestimmend durchsetzen – insbesondere die Geldpolitik, die Konjunktur und
die Unternehmensgewinne.
Per saldo sollten diese Faktoren auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten positiv wirken. Die
voraussichtlich im Dezember anstehende Leitzinswende in den USA wird zwar für Unsicherheit und temporäre Turbulenzen an den Aktienmärkten sorgen. Entscheidend ist jedoch, dass der Zinspfad der Fed von sehr niedrigem Niveau aus nur sehr moderat und
langsam nach oben geht, womit die Geldpolitik noch expansiv bleibt. Die EZB und die
Bank of Japan setzen mit ihren QE-Programmen ihren ultralockeren Kurs ohnehin noch
längere Zeit fort. Die globale Geldpolitik bleibt damit unterstützend für die Aktienmärkte.
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Perspektiven vom August 2015
DAX: Verhaltene konjunkturelle Impulse
ifo-Geschäftserwartungs-Index und Risikoprämie DAX (Differenz von DAX-Gewinnrendite und der Rendite 10jähriger
Bundesanleihen), Monatswerte x
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
 Gewinnerwartungen für DAXKonzerne aufwärts
gerichtet
 Mittelfristiger Aufwärtstrend weiter
intakt
41
DAX: Positive Einflüsse von Unternehmensgewinnentwicklung
DAX und Konsens-Unternehmensgewinnerwartungen, Monatswerte
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Positive Einflüsse gehen insbesondere beim DAX von der Unternehmensgewinnentwicklung aus. So werden die Ergebnisse je Aktie der DAX-Konzerne im laufenden Jahr um
über 10% gegenüber dem Vorjahr steigen, wobei der Revisionstrend der KonsensErwartungen begünstigt von der Abwertung des Euro zuletzt nach oben gerichtet war. Die
Konsens-Prognose für das aggregierte Ergebnis je Aktie 2015 des DAX wurde innerhalb
des zweiten Quartals um 3,4% angehoben, spürbar stärker als beim EURO STOXX 50
(+1,4%) oder beim breiten STOXX Europe 600 (+0,1%), wo sich die im DAX nicht vorhandenen Ölwerte negativ bemerkbar machen. In den kommenden sechs bis zwölf Monaten
wird die erneute Euro-Abschwächung für zusätzlichen Rückenwind bei den Gewinnerwartungen europäischer Unternehmen sorgen.
Die globalen Konjunkturerwartungen entwickeln sich derzeit unter Schwankungen zwar nur
seitwärts, wovon keine zusätzlichen bewertungstreibenden Impulse ausgehen. Die positiven Effekte der Geldpolitik und der Unternehmensgewinnentwicklung werden von diesen
aber nicht konterkariert. Die Kursrückgänge an den europäischen Aktienmärkten in den
letzten Monaten interpretieren wir daher weiter als Korrektur im nach wie vor intakten mittelfristigen Aufwärtstrend.
Prognosen Aktienindices
1)
Stand am
DAX
EURO STOXX 50
S&P 500
Nikkei 225
in 3 Monaten
in 6 Monaten
in 12 Monaten
28.7.2015
Okt 15
Jan 16
Jul 16
11.174
11.700
12.200
12.800
3.554
3.640
3.760
3.880
2.068
2.130
2.180
2.220
20.329
20.800
22.000
22.700
1) Monatsendstände
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Perspektiven vom August 2015
42
Aktienmärkte im Überblick
 Aufwärtstrends an
DAX und EURO STOXX 50
globalen Aktienmärkten intakt
S&P 500 und Nikkei 225
DAX (lS)
EURO STOXX 50 (rS)
S&P 500 Composite (lS)
Nikkei 225 (rS)
12500
12000
11500
11000
10500
10000
9500
9000
8500
4000
3800
2400
nach GriechenlandEinigung von hohem Niveau deutlich gesunken
18500
3600
3400
3200
17500
2000
16500
15500
1800
3000
2800
14500
1600
13500
Jan Apr Jul
14 14 14
Okt Dez Mrz Jun
14 14 15 15
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Bewertung Europäischer Aktienmarkt
Implizite Volatilität DAX
Kurs-Buchwert-Verhältnis DS Total
Market Index Euro-Raum Non-Financials
VDAX-NEW
4,0
30
3,5
26
3,0
2,5
22
2,0
18
1,5
14
1,0
10
0,5
1985
 Positive Erwartun-
19500
2200
Jan Apr Jul Okt Dez Mrz Jun
14 14 14 14 14 15 15
 Implizite Volatilität
20500
1990
1995
2000
2005
2010
Jan
14
2015
Apr
14
Jul
14
Okt
14
Dez
14
Mrz
15
Jun
15
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
Unternehmensgewinne DAX
Konjunktur- und Aktienmarkt Deutschland
gen für Unternehmensgewinne
DAX, Vj in Prozent (lS)
DAX-Gewinne (synthetischer Wert)
ifo Geschäftsklima Deutschland (rS)
1000
900
800
700
600
500
400
300
200
100
0
60
120
115
40
110
20
105
0
100
95
-20
90
-40
2001
2004
2007
2010
2013 2016e
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
-60
2005
85
2007
2009
2011
2013
80
2015
Quelle: Thomson Reuters Datastream, BayernLB Research
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
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Das Research-Team der BayernLB
BayernLB Research
Dr. Jürgen Michels, Chefvolkswirt und Leiter Research (-21750)
Anna Maria Frank, -21751
Sekretariat
Ingo Bothner, -21787
Medienfachwirt
Volkswirtschaft
Dr. Johannes Mayr, Euro-Raum, EZB, -21859
Investment Research
Alexander Plenk, CFA, -27076
Manuel Andersch, -27448
Pfund/UK, Schweizer Franken/Schweiz
Staatsanleihen & Zinsstrategie
Christiane von Berg, -28745
USA/Fed, Japan/BoJ
Alexander Aldinger, -24877
Dr. Norbert Wuthe, -27209
Wolfgang Kiener, -27058
Dollar, Yen
Credits & Covereds
Dr. Stefan Kipar, -27346
Deutschland
Alfred Anner, CEFA, -27072
Covered Bonds
Amir Darabi, -25727
Telekoms
Länderrisiko- und Branchenanalyse
Hubert Siply, -21307
Länderrisikoanalyse
Dr. Alexander Kalb, -22858
Westeuropa, Südamerika
Manuel Schimm, - 26845
Asien, Nordamerika
Gebhard Stadler, -28891
Osteuropa/GUS, Mittelamerika
Verena Strobel, -21320
Naher und Mittlerer Osten, Afrika
Matthias Gmeinwieser, CIIA, -26323
Bau & Baustoffe, Konsumgüter
Dr. Ulrich Horstmann, CEFA, -21873
Industriegüter, Öl & Gas
Asja Hossain, CFA, -27065
Versorger
Miraji Othman, -25888
Strategie
Mara Schulz, -27070
Covered Bonds
Christian Strätz, CEFA, CIIA, -27068
Autos, Strategie
Stefan Voß, -21808
Chemie, Pharma
Branchenanalyse
Wolfgang Linder, -21321
Auto, Chemie, Pharma, Luftfahrt, Rohstoffe&Stahl,
Öl & Gas, Logistik
Thomas Peiß, -28487
Bau, Elektroindustrie, Maschinenbau, Versorger,
Handel, Telekom, Medien
E-mail: [email protected]
Telefon: 089 2171 + angegebene Durchwahl
Aktienmarkt/Strategie/Privatkunden
Manfred Bucher, CFA, -21713
Christoph Gmeinwieser, CIIA, -27053
Technische Analyse
Hans-Peter Reichhuber, -21780
Zinsen, Währungen, Aktien
Stand: Juli 2015
BayernLB
Perspektiven vom August 2015
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Disclaimer:
Diese Publikation ist lediglich eine unverbindliche Stellungnahme zu den Marktverhältnissen und den angesprochenen Anlageinstrumenten zum Zeitpunkt der Herausgabe der vorliegenden Information am
29.07.2015. Die vorliegende Publikation beruht unserer Auffassung nach auf als zuverlässig und genau
geltenden allgemein zugänglichen Quellen, ohne dass wir jedoch eine Gewähr für die Vollständigkeit und
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überprüft worden. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit können wir daher nicht übernehmen.
Die vorliegende Veröffentlichung dient ferner lediglich einer allgemeinen Information und ersetzt keinesfalls
die persönliche anleger- und objektgerechte Beratung. Für weitere zeitnähere Informationen stehen Ihnen
die jeweiligen Anlageberater zur Verfügung.
Abkürzungsverzeichnis
Häufig verwendete Abkürzungen in Schaubildern und Tabellen:
ab:
BIP:
gg:
lS:
Md:
Me:
rS:
sb:
Vj:
Vol:
Vp:
arbeitstäglich bereinigt
Bruttoinlandsprodukt
gegenüber
linke Skala
Monatsdurchschnitt
Monatsende
rechte Skala
saisonbereinigt
Veränderung gegenüber Vorjahr
Volumen
Veränderung gegenüber Vorperiode
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80277 München (=Briefadresse)
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Geschäftsgebäude:
Bayerische Landesbank
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