Präsentation - bei der IG VPE Swiss

Faserverbundbauteile für die Luftfahrt
ANNULUS FILLER FÜR ROLLS-ROYCE
STRAHLTRIEBWERKE
vom Konzept zum «flying testbench»
Dr. Gion A. Barandun
Fachbereich Faserverbund / Leichtbau
VPE Symposium, 22. April 2015
Inhalt und Kontext
 Entwicklungen der letzten Jahre im Flugzeugbereich
 Zusammenspiel von Kosten – Effizienz – Sicherheit
 Neue Materialien und Bauweisen:
 Kosteneffizienter Leichtbau steigert den Nutzen
 Betriebssicherheit erhalten oder erhöhen
 Projektbeispiel: Entwicklung eines «Annulus Fillers» für künftige
Triebwerksgenerationen von Rolls-Royce
 Anforderungen
 Entwicklung
 Test
Treibende Faktoren bei der Entwicklung von Flugzeugen
 Kosten (Anschaffung, Betrieb)
 Preiskampf unter den Airlines
 Entwicklung der letzten 30 Jahre: «Billigflieger»
 Effizienz (Treibstoff, Nutzlast)
«Effizientere
Flugzeuge sind
günstiger»
 Direkte Auswirkung auf Kosten!
 Ressourcen- und CO2-Problematik
 Leichtbau  mehr Sitze oder weniger Verbrauch
 Sicherheit (Täglicher Betrieb über ~25 Jahre)
 «Safety first» - Design, Materialien, Inspektion, Wartung
 Extrem konservative Ansätze bei der Auslegung
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«Neue Materialien
eröffnen neue
Möglichkeiten»
Entwicklung der Flugbewegungen
 2011: 84’000 Flüge pro Tag
 2030: 170’000 Flüge pro Tag
Quellen: ZHAW & A. Offringa, Fokker
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Effizienz: Verkehrsaufkommen und Treibstoffkonsum
RPK: Revenue Passenger Kilometers
(Passagierkilometer)
ASK: Available Seat Kilometers
(Sitzplatzkilometer)
 Starke Zunahme des Luftverkehrs, trotzdem rel. geringer Anstieg des Treibstoffbedarfs
 Grund: hocheffiziente Triebwerke
Quellen: IHS CERA, ICAO, OAG, Airbus
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Effiziente Triebwerke
 Stärkere & effizientere Triebwerke
 Höheres Triebwerksgewicht
 Verstärkte, schwerere Flügelstruktur
 Weniger Kapazität für Treibstoff
 Kürzere Reichweite
Boeing 737 und 777 (Quelle: airliners.net)
Leichtbau-Lösungen zur Kompensation notwendig!
Rolls-Royce CTi Fan Blade
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Kontext: Trend zu Composite-Materialien im Flugzeugbau
Gewichtanteil
787
777
Composites
50%
12%
Aluminium
20%
50%
Quelle: Boeing
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Kontext: Faserverbundwerkstoffe («Composites»)
 Faserverbundwerkstoffe bestehen i.a. aus einer
bettenden Matrix (Epoxid, Polyester) und den
verstärkenden Fasern (Carbon, Glas, Aramid)
 Der Werkstoff entsteht während des
Verarbeitungsprozesses aus Faser & Matrix
 Faserverbundwerkstoffe haben bei niedrigem
Gewicht extrem hohe Steifigkeiten und
Festigkeiten (Leichtbau!)
 Aufgrund der Faserarchitektur sind die
Eigenschaften stark richtungsabhängig
Beispiel: Zugstäbe für Krane
- Nur ¼ des Gewichts von Stahl
- Höhere Steifigkeit/Festigkeit
- Höhere Nutzlast
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Fasern
Lagen
Matrix
Quelle: DLR Stuttgart
Quellen: Carbo-Link/vertikal.net
Projektübersicht: Annulus Filler für Rolls-Royce Triebwerke
 Einführung / Zielsetzung
 Leichtbauanforderungen
Turbine
Verdichter
 Bestehende Lösung
 Faserverbund Lösung
 Serienproduktion
Luftleitblech
(Annulus Filler)
Brennkammer
Fan
Fan bringt den Schub für den Antrieb
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Einleitung: Luftleitblech
 Das Luftleitblech füllt den Abstand
zwischen zwei Turbinenschaufeln
(«Blades») eines Strahltriebwerks
aus.
 Es stellt die optimale Aerodynamik
sicher und dichtet zwischen den
Schaufeln ab.
 Material: meist Aluminium (heute: aus
dem Block gefräst)
 Pro Triebwerk 18 – 20 Stück (Bauteile
identisch)
Zielsetzung des Projektes:
 Gewichtsreduktion durch Metallersatz
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Typischer
Aluminium filler
Heutige Langstreckenflugzeuge
Trend im Flugzeugbau (Langstrecke):
 Aus Effizienzgründen: Nur zwei, dafür
grosse Triebwerke (big is beautiful)
 Transatlantikflug: Ausfallsicherheit?
McDonnell Douglas MD-11
Anforderungen an das Luftleitblech:
 Sehr hohe zentrifugale Kräfte infolge
der Rotation der Welle des
Triebwerks
 Schlagbeanspruchung («Impact,
hail/bird/tool strike»)
Boeing 787
 Minimale Beschädigung der
restlichen Struktur beim Versagen
(«filler-off»)
 Möglichst niedriges Gewicht
 Einfach und zuverlässig zu montieren
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Video: Triebwerkstest (Hail Strike/Bird Strike)
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Leichtbaupotential durch Faserverbundbauweise
Filler
Casing
heute
Fan blades
wikipedia
Quelle: Rolls-Royce
Titanium Blades
Aluminium Filler
Metallic Casing
morgen
Quelle: GKN
Quelle: GKN
Composite Blades
Composite Filler
Composite Casing
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Vorteile:
• Weniger Gewicht
• Weniger Treibstoff
• Weniger CO2
• Erhöhte Sicherheit
• Kosteneffizienz
Leichtbaupotential durch Faserverbundbauweise
Heute: Blades aus Titan, Filler aus Aluminium
•
Massive Hülle aus Composite und Aluminium
notwendig, um bei Versagen der Komponenten
(«blade-off», «filler-off») ein Durchschlagen des
Flügels oder der Kabine zu verhindern
•
Die Blades und Filler sind duktil und beschädigen
im Versagensfall das Triebwerk (u.a. Blades).
Bruch der Turbinenscheibe
«uncontained engine failure»
Neu: Blades aus Composite, Filler aus Composite
•
Filler oder Blade werden bei einem Versagen dank
ihres spröden Verhaltens zertrümmert. Das casing
kann dadurch leichter gebaut werden (nur
Composite, bis zu 250kg leichter pro Triebwerk;
Trent 1000: 5.7t)
•
Filler wird durch die Turbine nach hinten
ausgeschieden – geringeres Schadensausmass
•
Generell: Reduktion der rotierenden Masse
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Schadensfall Quantas Airbus A380 nach
Bruch der Turbinenscheibe (Titan) der
Mitteldruckturbine. Das Durchschlagen der
Tragfläche muss durch das casing verhindert
werden.
Video: Fan Blade-Off (FBO)
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Aluminium Filler ersetzen durch Composite Filler
 Der bestehende Aluminium Filler ist mit Haken direkt auf der rotierenden Welle («Fan
Disc») befestigt
 Er wird nach der Montage der Blades radial von oben zwischen den Blades eingefädelt
und nach hinten gedrückt – dabei rasten die Haken ein
 Von vorne wird der Filler mit einem Ring und dem Nasenkonus («Nose Cone») fixiert
PU-Coating
Dichtung
gegen Blade
Fixierung vorne
Haken zur Filler Montage
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Haken Fan Disc
Aufgaben der Projektpartner
Rolls-Royce:
 Kunde. Hat den «Call» innerhalb EU FP7 ausgeschrieben
 Fachliche Begleitung und Qualitätssicherung
Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung IWK, HSR:
 Konzeptvorschläge und Konzeptbewertung
 Mechanische Auslegung mit Finite Element Methoden
 Mechanische Prüfung von Sub-Komponenten
 Konstruktion des Bauteils inkl. Fertigungszeichnungen
 Prozessauslegung mittels Simulation
 Konstruktion des Fertigungswerkzeuges
FACC:
 Werkzeugbeschaffung
 Inbetriebnahme des Prozesses, Fertigung der Bauteile
 Qualitätssicherung
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Produktentwicklung
 Konzepte
 Down-selection
 Material
 Auslegung
 Prozess
 Kosten
 CAD  NX8
Starke Abhängigkeit
bei Composites!
 Konstruktion
 Materialdatenbanken  RR/FACC
 FE  ANSYS ACP
 RTM-Simulation  myRTM
 Kostensimulation  FACC
 (Recycling)
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Auslegung: Struktursimulation
 Berechnung der Deformation
der Oberfläche, um ein
optimales aerodynamisches
Profil bei Reisegeschwindigkeit
zu erhalten.
 Berechnung der “unrun shape”
basierend auf der Deformation
– später für die Herstellung und
Prozesssimulation verwendet
 Analyse der Spannungen im
Bauteil unter “hot/wet”Bedingungen
Deformation der Oberfläche
(skaliert)
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Auslegung: Spezialitäten
Vereinfachter Querschnitt des Fillers
 Der Composite Filler wird mit den
Haken auf der Fan Disc fixiert
Zentrifugale Kräfte
 Die zentrifugalen Kräfte bewirken
eine Bewegung von «web» und
«lid» und somit Spannungen im TJoint und im U-channel
lid
web
 Je nach Bewegung (nach innen
oder aussen) von lid und web ist
mit interlaminaren Spannungen
(ILS, Interlaminar Shear Stresses)
oder Spannungen in
Dickenrichtung (TTT, Through
Thickness Tensile Stresses) zu
rechnen
Mögliche
Bewegungsmuster
T-Joint
Fixierung
 Die Grössenordnung dieser
Spannungen muss ermittelt
werden, sie stellen ein wichtiges
Design-Kriterium dar
U-channel
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Rotation
Auslegung: Analyse U-channel
Filler web Bewegung
Biegung in Richtung des Radius (nicht entgegen des
Radius)  Through Thickness Compression, nicht Through
Thickness Tensile Stesses!
Versagen nicht aufgrund von interlaminaren Effekten
sondern aufgrund von Faserbruch.
Versuch: Faserbruch
Voraussage FE: Faserbruch (keine Delamination!)
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Auslegung: T-section
FE-simulation
Experiment
TTT
ILS
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Auslegung Herstellungsprozess: Resin Transfer Moulding RTM
 Harzinjektionsverfahren
 Trockene Faserhalbzeuge
werden mit flüssigem
Harzsystem imprägniert (unter
Druck)
 Chemische Reaktion,
Aushärtung in der Form
 Entformung dank Verwendung
unterschiedlicher
Formmaterialien
(Wärmeausdehnung) möglich
 Mechanische Nachbearbeitung
für Endkontur notwendig
Upper die (Invar)
Aluminium
core
Preform
Lower die (Invar)
Werkzeug mit Halbzeug (Schnittdarstellung)
Füllsimulation (myRTM, IWK)
Vorteile:
 Effiziente Produktion
 Hohe Qualität
 Geeignet für hohe Stückzahlen
Entformtes Bauteil
(moulded shape), vor
mechanischer Bearbeitung
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Fertigungswerkzeug bei FACC
Unterwerkzeug
Kern mit Preform
Oberwerkzeug
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Resultat aus dem Forschungsprojekt: Composite Filler
Die Resultate innerhalb des
Forschungsprozess sind sehr
vielversprechend:
 Robuster Herstellungsprozess,
gut funktionierendes
Werkzeugkonzept
 Sehr gute Bauteilqualität
(<<1% Porengehalt)
 Ca. 30% Gewichtsersparnis
gegenüber der metallischen
Variante
 Festigkeits- und
Steifigkeitsanforderungen erfüllt
Composite-Lösung auch als RetrofitLösung für existierende Triebwerke
anwendbar.
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Weg zum Serienprozess
Die Entwicklungen werden voraussichtlich in
den nächsten 4-6 Jahren in einen
Serienprozess zur Herstellung von Fillern für
die kommende Triebwerksgeneration
umgesetzt.
Dazu notwendig:
 Tests in einem rotierenden Prüfstand
sowie in einem Triebwerk («flying test
bench», Boeing 747-200 von Rolls Royce)
 Aufbau einer kompletten Fertigungslinie:
Zuschnitt – Preforming – Injektion –
Nachbearbeitung – zerstörungsfreie
Prüfung – Anbauteile
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Quelle: Rolls-Royce
ALPS Triebwerk: flying test bench
 Advanced Low Pressure System
 Prototyp der nächsten Generation Triebwerke von Rolls-Royce
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ALPS Triebwerk: flying test bench, Erstflug am 14.10.2014
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Danksagung
Herzlichen Dank an die Partner FACC und Rolls-Royce plc. für die
hervorragende Zusammenarbeit.
Das Projekt wurde im Rahmen des europäischen Forschungsprogramms FP7
vom Konsortium Cleansky gefördert.
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Faserverbundbauteile für die Luftfahrt
ANNULUS FILLER FÜR ROLLS-ROYCE
STRAHLTRIEBWERKE
vom Konzept zum «flying testbench»
Dr. Gion A. Barandun, [email protected]
Fachbereich Faserverbund / Leichtbau
VPE Symposium, 22. April 2015