Genetische Grundlagen und Methoden der Kreuzungszucht Roswitha Baumung Department für Nachhaltige Agrarsysteme Institut für Nutztierwissenschaften BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Was ist Kreuzungszucht? •Paarung von Individuen verschiedener Linien, Populationen oder Rassen – Gegenteil der Reinzucht •Paarung von Individuen die weniger eng miteinander verwandt sind als die Paarungspartner im Durchschnitt der Population – Gegenteil der Inzucht BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Warum Kreuzungszucht? Kreuzungstiere mit höherer Leistung, Fitness… Kombination von Merkmalen, die sich in einer Rasse schwer vereinen lassen -> Was steckt dahinter? BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen •Erbmaterial-DNS, liegt in Form von Cromosomen vor (Rind 30 Chromosomenpaare) •DNS-Sequenz, die für ein bestimmtes Protein, Enzym codiert, Funktion hat -> Gen •Position auf der DNS, wo sich Gen befindet ->Genort, Locus BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen •pro Locus 2 Gene (von Vater und Mutter): AA •Gene sind Auswahl aus meist mehreren Varianten in der Population -> Allele (A,a,B,b,C,D…) BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen •In Keimzelle (Spermium, Ei): halber Chromosomensatz, nur ein Allel pro Genort A • Reinerbig-Homozygot: AA A •Mischerbig-Heterozygot: Aa A a BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen •Allele sind an der Ausprägung aller Leistungen beteiligt: P=G+U •Zusammenwirkung der Alle unterschiedlich: •Additive Allelwirkung •Nicht-additive Allelwirkung (Dominanz, Überdominanz, Epistasie) BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: additive Allelwirkung •Allel A: 1,5kg Milch •Allel B: 2,5kg Milch •AA: 1,5kg +1,5kg = 3kg •BB: 2,5kg + 2,5kg = 5kg •AB: 1,5kg+2,5kg=4kg •AB genau in der Mitte zwischen AB BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: additive Allelwirkung 6 5 4 3 2 1 0 AA BOKU AB Institut für Nutztierwissenschaften BB R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Dominanz 6 5 4 3 2 1 0 AA BOKU AB Institut für Nutztierwissenschaften BB R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Überdominanz 6 5 4 3 2 1 0 AA BOKU AB Institut für Nutztierwissenschaften BB R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: •Nicht–additive Allelwirkung (Dominanz, Überdominanz) tritt an heterozygoten Genorten auf •Kreuzungszucht erhöht den Anteil heterozygoter Genorte – (Inzucht erhöht Anteil homozygoter Genorte!) •Kreuzungszucht nutzt additive und nicht-additive Allelwirkungen!!! BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: •Heterosis = durchschnittliche Leistung der Kreuzungsnachkommen weicht vom Mittel der Elternpopulationen ab: •(AA+BB)/2 = AB •Heterosis: Gegenteil der Inzuchtdepression BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Homo- und Heterozygotie auf Chromosomenebene homozygote Eltern heterozygote Nachkommen F1 BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Homo- und Heterozygotie auf Chromosomenebene homozygote Eltern heterozygote Nachkommen F1 BOKU Institut für Nutztierwissenschaften F1: 100% Nutzung der Heterosis R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Homo- und Heterozygotie auf Chromosomenebene homozygote Eltern heterozygoe Nachkommen F1 50% heterozygote und 50% homozygote in F2 BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Homo- und Heterozygotie auf Chromosomenebene homozygote Eltern heterozygoe Nachkommen F1 F2: 50% Nutzung der Heterosis 50% heterozygote und 50% homozygote in F2 BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Epistasie •Zusammenwirkung von Allelen verschiedener Genorte: im Laufe der Evolution, Selektion bauen sich positive Epistasieffekte auf (bestimmte günstige Allelkombinationen) A1 A2 A3 A4 BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Bildung der Keimzellen A1 A2 A3 A4 Eventuell günstige Allelkombinationen bleiben erhalten Halber Chromosomensatz in Keimzellen BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Crossing over A1 A2 A3 A4 Rekombination: Allelkombinationen werden aufgebrochen BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Genetische Grundlagen: Homo- und Heterozygotie auf Chromosomenebene homozygote Eltern heterozygote Nachkommen F1 Neukombination der Allele der Ausgangsrassen BOKU Institut für Nutztierwissenschaften Rekombinationsverlust möglich R.BAUMUNG 2005 Warum Kreuzungszucht: •Nutzung nicht-additiver Genwirkungen: Heterosis: vor allem bei Merkmalen mit geringer Heritabilität (Fruchtbarkeit, Krankheitsresistenz…) •Nutzung additiver Genwirkungen: Kombinations- oder Stellungseffekte: Wahl der Mutter- bzw. Vaterrasse wichtig (Bsp. Schwein) BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Methoden der Kreuzungszucht: •Kreuzung= Paarung von Individuen verschiedener Linien, Populationen oder Rassen •Linie, Rasse nicht eindeutig definiert •Einteilung der Zuchtmethoden in Reinzucht bzw. Kreuzung nicht immer eindeutig BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Methoden der Kreuzungszucht: •Prinzipiell Ausgangspopulationen stammen aus Reinzucht -> ohne Reinzucht keine Kreuzungszucht •Einteilung in diskontinuierliche und kontinuierliche Kreuzungszucht-Methoden BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Methoden der Kreuzungszucht: Diskontinuierlich •Einfach-Kreuzung •Mehrfach-Kreuzung •3-RassenKreuzung •Rückkreuzung •4-RassenKreuzung BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Methoden der Kreuzungszucht: Diskontinuierlich Kontinuierlich •Einfach-Kreuzung •Rotationskreuzung •Mehrfachkreuzung •Wechselkreuzung •3-Rassen-Rotation •3-RassenKreuzung •Rückkreuzung •4-RassenKreuzung BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Methoden der Kreuzungszucht: Diskontinuierlich Kontinuierlich •Einfach-Kreuzung •Rotationskreuzung •Wechselkreuzung •Mehrfachkreuzung •3-Rassen-Rotation •3-RassenKreuzung •Rückkreuzung •4-RassenKreuzung BOKU •Terminalrotation Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Diskontinuierliche Kreuzungszucht •„Endprodukt“ , reines Nutztier = Kreuzungstier mit klar definierten Genanteilen der Ausgangspopulationen (z.B.: 50%A + 50%B) •Methode = Gebrauchs- oder Terminalkreuzung BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Diskontinuierliche Kreuzungszucht A B AB Einfach-Kreuzung BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Diskontinuierliche Kreuzungszucht A B Stellungseffekt Individuelle Heterosis AB 50%A+50%B Einfach-Kreuzung BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Einfach-Kreuzung •Organisatorisch relativ einfach, Kreuzung zweier komplementärer Rassen, Linien •Kreuzungstiere gehen nicht in die Zucht – keine Rekombinationsverluste •Stellungseffekt + individuelle Heterosis •Bsp. Rinderzucht: „Beef from Dairy“ – Belegung von Milchkühen mit Fleischrassen BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Mehrfachkreuzung-Kreuzung •Drei-Rassen-Kreuzung •Vier-Rassen-Kreuzung •Rückkreuzung BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Diskontinuierliche Kreuzungszucht A C B D CD AB 4-Rassen-Kreuzung ABCD BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Diskontinuierliche Kreuzungszucht A C B CD AB BOKU Männliche Tiere ? Rekombinationsverluste ? Weibliche Tiere ? D ABCD 25%A+25%B+25%C+25%D Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Mehrfachkreuzung-Kreuzung •4-Rassenkreuzung: F1 Muttertiere und F1Vatertiere •4 Ausgangsrassen •Maternale und paternale Hetrosis (Fruchtbarkeit, Vitalität) •Stellungseffekt und individuelle Heterosis aber Rekombinationsverluste •Bsp: Geflügel, Schwein BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Diskontinuierliche Kreuzungszucht •Vorteile: •Vater- bzw. Mutterrasse klar definiert – Nutzung des Stellungseffektes •Gute Nutzung des Heterosiseffektes •Einheitliche „Endprodukte“ •Nachteile bei Mehrfach-Kreuzung: •Anfall von „Nebenprodukten“ •zuchtorganisatorischer Aufwand!!! BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht •Kontinuierliche Kreuzung – kein Endprodukt mit definiertem Genanteil •Weibliche Zuchttiere: Kreuzung •Männliche Zuchttiere: Reinzucht •„Endprodukt“: überzählige weibliche Tiere +männliche Kreuzungstiere BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht A B F1 BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht A B F1 50% A +50%B Zuchttier oder “Endprodukt” BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht A B B F1 F2 BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht A B B F1 F2 BOKU Institut für Nutztierwissenschaften 50% A +50%B 25%A+75%B R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht A B Wechselkreuzung B F2 A F3 BOKU F1 50% A+50%B 25% A+75%B 62,5% A+37,5%B Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht A B B F1 F2 C 3-Rassen-Rotation F3 BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht •Vorteile: •Remontierung am eigenen Betrieb •Zukauf Zuchtfortschritt über männliche Reinzuchttiere •Relativ kostengünstig – extensive Produktionssysteme •Keine „Nebenprodukte“ BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht •Nachteile: •Uneinheitliche Endprodukte •Populationen mit ähnlichem Phänotyp – geringer Heterosiseffekt und Stellungseffekt BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Kontinuierliche Kreuzungszucht •Beispiele in der Rinderzucht: Rotationskreuzung: •Holstein x Jersey in Neuseeland •Lebensleistungszucht BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Reinzucht •Veredelungszucht :Einkreuzungen zur Verbesserung einer Ausgangsrasse (RHF in FV,PI) •Verdrängungszucht: Verdrängung einer Rasse durch eine andere (HF in SB, BS in BV) •Kombinationszucht: Schaffung einer neuen Rasse (SB,J,HF->SMR, Deutsch Angus) BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Zusammenfassung: Kreuzungszucht allgemein •Kreuzungszucht nutzt Stellungseffekt und Heterosis •Heterosis am größten bei Fitnessmerkmale •bei Geflügel und Schwein etabliert, Spezialisierung (Zucht, Vermehrung, Produktion) BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Zusammenfassung Kreuzungszucht beim Rind •Eher einfache Kreuzungsmethoden beim Rind •Komplexere Methoden?? •Organisatorischer Aufwand •Spezialisierung von Betrieben •Vermarktung von „Nebenprodukten“ BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 Zusammenfassung Kreuzungszucht beim Rind •Nur einfache Methoden? •Veredelung -> Verdrängung •Einfach-Kreuzung: •Betriebsebene: wirtschaftlich interessant •Populationsebene: geringere Selektionsintensität?-> Auswirkung auf Reinzucht •Ohne Reinzucht keine Kreuzungszucht! BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005 DANKE BOKU Institut für Nutztierwissenschaften R.BAUMUNG 2005
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