News - KJH

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Mandanten Info
Liebe Leserinnen,
liebe Leser unserer Mandanteninfo!
Die Deutschen Rentner können sich ab diesem Monat über eine ordentliche Rentenanpassung
freuen. Die Länder haben in ihrer Plenarsitzung am 12. Juni 2015 der Rentenwertbestimmungsverordnung zugestimmt – weitere Neuigkeiten hierzu unter „Aktuelles“.
Der halbjährlich neu von der EZB festgesetzte Basiszins ist unverändert auf -0,83 % geblieben –
der seit 2011 andauernden Sinkflug scheint hiermit erst einmal beendet zu sein, mit Blick auf die
USA werden die Hoffnungen auf die Zinswende zusehends größer. Es bleibt also Spannend,
insbesondere auch mit Blick auf die weitere Entwicklung in Griechenland.
Zudem haben wir für Sie die folgenden Beiträge zusammengestellt - sicherlich interessiert oder
betrifft Sie das ein oder andere hiervon.
An dieser Stelle einen schönen und hoffentlich sommerlich warmen Juli - wir wünschen viel
Spaß bei der Lektüre!
Inhalt dieser Ausgabe (A-Z):
Auf einen Blick
Seite
Aktueller Basiszins und historische Entwicklung
3
Diese Unterlagen dürfen vernichtet werden
3
Wichtige Steuertermine Juni / Juli / August
4
Aktuelles
Seite
Renten steigen ab dem 1. Juli
6
Kleinanlegerschutzgesetz: Bundesrat billigt verbesserten Anlegerschutz
6
Ab 2016 neue AU-Bescheinigung
7
Arbeitsrecht
Seite
Minijobs: Wie flexibel darf die Arbeitszeit sein?
7
Leistungsbonus zählt zum Mindestlohn
9
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Seite 2
Miet- und Immobilienrecht
Seite
Ein bisschen Beleidigung rechtfertigt nicht immer eine mietrechtliche Kündigung
10
Schwere Beleidigung rechtfertigt mietrechtliche Kündigung
11
Steuerrecht
Seite
Schornsteinfegergebühren wieder vollständig geltend machen
12
Einnahmen aus der Aufnahme von Pflegekindern im Haushalt sind steuerfrei
13
Kinderbetreuungskosten bei Beschäftigung eines Minijobbers
14
Anerkanntes Arbeitszimmer für Arbeitnehmer im Ruhestand
15
Uneingeschränkter Betriebsausgabenabzug bei ständig wechselnden Betriebsstätten
16
Weiterhin keine Pauschalbesteuerung für Streuwerbeartikel
17
Verkehrsrecht / Rund um´s Kfz
Seite
Schmerzensgeld wegen Miterleben des Unfalltodes der Ehefrau
18
"Jamming" ist kein Fall für die Hausratversicherung
20
Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht
Seite
Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH
20
Bindung des Gesellschafters an die Feststellungen des steuerlichen Einlagekontos
22
Sonstiges
Seite
Gericht erlaubt Widerspruch gegen Versicherungsvertrag noch nach zehn Jahren
24
Alles nur kein Recht
Seite
Entspannt dienstlich unterwegs
25
Beratung: Von der Glücksforschung profitieren
26
Hartnäckige Rechtsirrtümer u.a.
Seite
Hätten Sie es gewusst?
27
Sonstiges: Disclaimer / Impressum
27
Selbstverständlich liegt die Broschüre auch in der Kanzlei bereit. Bei Rückfragen zu den Inhalten
der Mandanteninformationen oder weiteren Detailfragen beraten wir Sie gerne.
Wenn Sie die Broschüre in Zukunft nicht mehr erhalten wollen, bitten wir um kurze Nachricht,
am einfachsten über die Reply-Funktion Ihres E-Mail - Programms.
Mit besten Grüßen
RA Klaus J. Heinrich
- Kanzlei KJH
P.S: Besuchen Sie uns bei Facebook – wir freuen uns auf Ihr Feedback!
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Aktueller Zinssatz: Basiszins gemäß § 247 BGB
Aktueller Stand:
gültig seit:
-0,83 %
01.01.2015 (keine Veränderung zum 01.07.2015)
Entwicklung des Basis-Zinssatzes:
01.07.2009 -> 31.12.2009 0,12 %
01.01.2010 -> 31.12.2010 0,12 %
01.01.2011 -> 30.06.2011 0,12 %
01.07.2011 -> 31.12.2011 0,37 %
01.01.2012 -> 31.12.2012 0,12 %
01.01.2013 -> 30.06.2013 -0,13 %
01.07.2013 -> 31.12.2013 -0,38 %
01.01.2014 -> 30.06.2014 -0,63 %
01.07.2014 -> 31.12.2014 -0,73 %
01.01.2015 -> 31.12.2015 -0,83 %
Die Höhe des Basiszinssatzes findet seine
Regelung in BGB § 247 und ist wichtig z.B.
für die gesetzlichen Verzugszinsen (§ 288
BGB):
Der gesetzliche Verzugszins beträgt 5 %
über dem jeweiligen Basiszinssatz, bei
Rechtsgeschäften, an denen Verbraucher
nicht beteiligt sind sogar 8 % über Basiszins
(§ 288 Abs. 2).
Der Basiszinssatz wird von der EZB zum
01.01.und 01.07. eines jeden Jahres an die
aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten
angepasst.
Diese Unterlagen dürfen vernichtet werden
Seit dem 01.01.2015 dürfen folgende Unterlagen vernichtet werden:
AufbewahArt
rungsfrist
Bücher, Aufzeichnungen, Inventare, Jahres10 Jahre
abschlüsse, Lageberichte, Eröffnungsbilanz,
die zu Ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstige Organisationsunterlagen
Buchungsbelege (z. B. Rechnungen, Eigen10 Jahre
belege)
Empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe
6 Jahre
Kopien der abgesandten Handels- oder Ge6 Jahre
schäftsbriefe
Sonstige Unterlagen, soweit sie für die Be6 Jahre
steuerung von Bedeutung sind
Lohnunterlagen
6 Jahre
Was kann vernichtet werden?
Aus dem Jahr 2004 und älter*
Aus dem Jahr 2004 und älter*
Aus dem Jahr 2008 und älter*
Aus dem Jahr 2008 und älter*
Aus dem Jahr 2008 und älter*
Aus dem Jahr 2008 und älter*
*Die Frist beginnt stets mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Eintragungen, Änderungen oder Handlungen in den jeweiligen Unterlagen vorgenommen wurden bzw. Handelsbriefe empfangen oder abgesandt worden sind.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich die Aufbewahrungsfrist auch verlängern. Dies ist der Fall, wenn das
Schriftgut für Steuern von Bedeutung ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, der Ablauf der
Festsetzungsfrist kann durch eine Reihe von Ereignissen gehemmt werden, wie z.B. einem Einspruch, eine Betriebsprüfung oder eine spätere Abgabe der Steuererklärung. Nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen sind Unterlagen auch
dann noch länger aufzubewahren, wenn und soweit sie für eine Außenprüfung, Festsetzung nach § 165 AO, anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen oder zur Begründung von Anträgen etc. von Bedeutung sind.
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Wichtige Steuertermine Juli / August / September
Die jährlichen steuerlichen Abgabe-, Anmelde- und Zahlungstermine ergeben sich jedes Jahr aus den gültigen Vorschriften. Die folgende Übersicht liefert Ihnen einen schnellen Überblick über die wichtigsten
Termine der nächsten Monate. Für verspätete Steuerzahlung wird im Regelfall ein Säumniszuschlag von
1% für jeden Monat vom Fälligkeitsdatum ab berechnet.
Einkommen- und Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag
Getränkesteuer
3
10.7.
13.7.
Gewerbesteuer
10.8.
13.8.
17.8.2
20.8.
17.8.2
20.8.
Ende der
Schonfrist1
13.7.
September
Fälligkeitstag
10.7.
Fälligkeitstag
Ende der
Schonfrist1
Aufsichtsrat- und Abzugsteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen
August
Fälligkeitstag
Juli
Ende der
Schonfrist1
Steuerart
10.9.
14.9.2
10.9.
14.9.2
10.9.
14.9.2
10.9.
14.9.2
Grundsteuer:

vierteljährliche Fälligkeit

jährliche Fälligkeit
1.7.
6.7.2
Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag
Lohn- und Kirchenlohnsteuer,
Solidaritätszuschlag
10.7.
13.7.
Minijob-Verhältnisse im Privathaushalt4
15.7.
-
mini one stop shop
(MOSS/M1SS)
vierteljährliche Erklärung
Spar- und Wohnungsbauprämien 2013:
letzter Antragstermin5
20.7.
10.8.
13.8.
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Steuerart
Fälligkeitstag
Ende der
1
Schonfrist
Fälligkeitstag
Ende der
1
Schonfrist
September
Ende der
1
Schonfrist
August
Fälligkeitstag
Juli
15.7.
-
17.8.2
-
15.9.
-
27.7.2
30.7.
25.8.
28.8.
25.9.
28.9.
10.7.
13.7.
10.8.
13.8.
10.9.
14.9.2
27.7.2
-
25.8.
-
25.9.
-
10.7.
13.7.
10.8.
13.8.
10.9.
14.9.2
30.9.
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Steuererklärungen 2014:
Ende der allgemeinen Fristverlängerung
Stromsteuer

Wahlrecht

monatliche Anmeldung

monatliche Fälligkeit
Umsatzsteuer
6

Vorauszahlung

Zusammenfassende
Meldung (ZM)
Vergnügungssteuer
VorsteuerVergütungsverfahren
Antrag für 2014
1.
Ein Säumniszuschlag, der wegen Nichtzahlung bei Fälligkeit entstanden ist, wird bei Verspätungen bis zu 3 Tagen
(Schonfrist) nicht erhoben. Die Schonfrist gilt nicht für Bar- und Scheckzahlungen. Bei Zahlungen per Scheck ist zu beachten, dass diese erst 3 Tage nach Eingang des Schecks als geleistet gelten. Ist eine Steuer z.B. am 10.1. fällig, muss der
Scheck spätestens am 7.1. beim Finanzamt eingehen.
2.
Verschiebung des Termins auf diesen Tag nach § 108 Abs. 3 AO.
3.
In einigen Gemeinden abweichende Termine.
4.
Einzug der Beiträge für die Monate Januar bis Juni 2015 beim Haushaltsscheckverfahren.
5.
Diese Frist ist eine Ausschlussfrist, sie kann nicht verlängert werden.
6.
Antrag auf Dauerfristverlängerung: Danach kann die Anmeldefrist jeweils um einen Monat verlängert werden, sofern bis
zum ursprünglichen Termin eine Abschlagszahlung von 1/11 der Summe der Vorauszahlungen für das vorangegangene
Kalenderjahr angemeldet und geleistet wird. Keine Dauerfristverlängerung bei der Zusammenfassenden Meldung.
Die Veröffentlichung dieser Termine erfolgt nach sorgfältiger Prüfung, aber ohne Gewähr. Eine Haftung kann nicht übernommen
werden.
Bitte beachten Sie: Unabhängig von den Euro-Grenzen ist bei Unternehmen, die ihre berufliche oder gewerbliche
Tätigkeit aufnehmen (Existenzgründer), im Jahr der Tätigkeitsaufnahme und in dem Folgejahr der Voranmeldungszeitraum der Kalendermonat.
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Aktuelles
Renten steigen ab dem 1. Juli
um 2,1 Prozent. Der Beschluss des Bundesrates wird nun der Bundesregierung zugestellt, damit diese die Verordnung in Kraft
setzt.
Länder für baldige Umsetzung einheitlicher Rentenwerte
(Bild: MEV-Verlag, Germany)
Der Bundesrat hat die Rentenerhöhung für
das Jahr 2015 beschlossen. Rentner können sich ab 1. Juli über eine ordentliche
Rentenanpassung freuen.
Die Länder haben in ihrer Plenarsitzung am
12. Juni 2015 der Rentenwertbestimmungsverordnung zugestimmt. Damit erhöhen sich
zum 1. Juli des Jahres die Altersbezüge der
Rentnerinnen und Rentner in den neuen
Ländern um 2,5 und in den alten Ländern
In einer begleitenden Entschließung machte
der Bundesrat zudem seine Auffassung
deutlich, dass mit den Vorbereitungen zu
abschließend einheitlichen Rentenwerten in
alten und neuen Ländern nicht erst 2016,
sondern umgehend zu beginnen ist. Er forderte die Bundesregierung daher auf, zeitnah eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzusetzen, die entsprechende Lösungsvorschläge erarbeiten soll.
Kleinanlegerschutzgesetz: Bundesrat billigt verbesserten Anlegerschutz
Im Rahmen seiner Sitzung vom 12.06.2015
hat der Bundesrat das vieldiskutierte Kleinanlegerschutzgesetz gebilligt, welches den
Anlegerschutz in Deutschland verbessern
und die Transparenz von Vermögensanlagen erhöhen soll. Das Gesetz ist dem Bundespräsidenten zugeleitet worden und soll
überwiegend am Tag nach der Verkündung
in Kraft treten.
Das im Zuge der Prokon-Pleite entstandene
und bereits im April vom Bundestag verabschiedete Kleinanlegerschutzgesetz soll
schärfere Regeln, mehr Transparenz und
dadurch bessere Informationen sowie die
Offenlegung möglicher Interessenkonflikte
bieten. Wie es in der entsprechenden Mitteilung des Bundesrates heißt, soll mit dem
neuen Gesetz der Schutz von Anlegern weiter verbessert und damit das Risiko von
Vermögenseinbußen gemindert werden.
Hierzu sind u.a. Änderungen im Vermögensanlage- und Wertpapierhandelsgesetz
sowie im Handelsgesetzbuch erforderlich.
Mit Inkrafttreten des Gesetzes sind Anbieter
von Vermögensanlagen künftig dazu verpflichtet, ihren Kunden jederzeit einen Prospekt zu ihren Produkten zur Verfügung zu
stellen. Diese Prospekte müssen jährlich aktualisiert werden. Darauf wirft dann die
BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) ein Auge, die die Befugnis
erhält, die Vermarktung oder den Vertrieb
von bestimmten - insbesondere besonders
komplexen - Produkten einschränken oder
verbieten zu können. Hierdurch sollen Anleger/Sparer vor aggressiver Werbung und
schwer kontrollierbaren Produkten geschützt
werden. Entsprechend wurde im Gesetz der
kollektive Verbraucherschutz als Aufsichtsziel der BaFin verankert.
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Ab 2016 neue AU-Bescheinigung
(Quelle: Adobe Digital Index EMEA Best Of The Best Benchmark)
wenn für einen Arbeitnehmer die Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber endete.
In diesem Fall wurde die AU-Bescheinigung
nicht mehr verwendet. Die Krankenkassen
sandten ihren Versicherten Auszahlungsscheine zu, welche vom Arzt ausgefüllt werden mussten. Dabei kam es oft zu Verzögerungen.
Neue AU-Bescheinigung
Vordruck
(Bild: Michael Bamberger)
Zum 1.1.2016 wird das Formular zum
Nachweis einer Krankheit angepasst. Die
neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUBescheinigung) weist optisch wenige Veränderungen auf. Doch die Wirkung der
"kleinen" Anpassungen ist groß.
Kaum ein Berufstätiger kennt sie nicht, die
gelbe AU-Bescheinigung. Schwierigkeiten
gab es mit dem Formular jedoch oft dann,
als
Kombi-
Die neue AU-Bescheinigung dient nun zur
Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit, als
auch als Auszahlungsschein. Davon werden
alle Beteiligten profitieren:
Der Arzt arbeitet mit einem einheitlichen
Formular und kann den Auszahlungsschein
einfacher ausfüllen, der Krankenkasse liegen die Angaben des Arztes schneller vor
und der Versicherte gelangt ohne unnötige
Verzögerungen zur Krankengeldzahlung.
Arbeitsrecht
Minijobs: Wie flexibel darf die Arbeitszeit sein?
Thema. Sie ermöglichen dem Arbeitgeber,
auf Auftragsspitzen flexibel zu reagieren.
Minijobber erhalten ihr vertraglich vereinbartes monatliches Arbeitsentgelt und können
je nach Bedarf in einem Monat mehr und im
anderen Monat weniger beschäftigt werden.
Es findet somit ein ständiger Ausgleich im
Arbeitszeitkonto statt. Allerdings sind in der
Sozialversicherung und auch nach dem
Mindestlohngesetz gewisse Spielregeln zu
beachten.
(Bild: MEV-Verlag, Germany)
Arbeitszeitkonten sind längst auch bei geringfügig entlohnten Beschäftigungen ein
Die Sozialversicherung spricht im Zusammenhang mit dem Führen von Arbeitszeitkonten (Gleitzeit- oder Jahreszeitkonten)
von „sonstigen flexiblen Arbeitsregelungen“.
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Diese können auch für geringfügig entlohnte
Beschäftigungen geführt werden, um flexibel
auf Produktionsspitzen, Nachfrageschwankungen oder Personalengpässe reagieren
zu können. Voraussetzung ist hier, dass der
Arbeitnehmer ein vertraglich vereinbartes
monatlich gleichbleibendes Arbeitsentgelt
erhält. Diesem Arbeitsentgelt liegt abhängig
vom Stundenlohn (Mindestlohn beachten)
eine bestimmte Sollstundenzahl zugrunde.
Grundvoraussetzung ist ein Arbeitsentgelt
von regelmäßig nicht mehr als 450 Euro im
Monat, was auf Jahressicht (12 Monate) einem Wert von maximal 5.400 Euro entspricht. Diese Prüfung ist jeweils zu Beginn
der Beschäftigung (bzw. bei jeder Änderung
in den Verhältnissen) für einen Prognosezeitraum von 12 Monaten vom Arbeitgeber
anzustellen. Bei sonstigen flexiblen Arbeitszeitregelungen ist der Anspruch auf das laufende Arbeitsentgelt aus der zu erwartenden
Gesamtarbeitszeit innerhalb des Prognosezeitraumes abzuleiten. Somit sind auch die
zum Ende dieses Prognosezeitraumes zu
erwartenden Guthabenstunden im Arbeitszeitkonto zu berücksichtigen. Einmalzahlungen (z. B. Urlaubs- oder Weihnachtsgeld)
sind zusätzlich zu beachten.
liegt selbst dann vor, wenn zum Ende des
Prognosezeitraums (31.12.2015) 30 Guthabenstunden im Arbeitszeitkonto sind, was
einer Gesamtarbeitszeit von 450 Stunden
entsprechen würde (450 Stunden x 12 Euro
Stundenlohn = 5.400 Euro).
Freistellung bis zu 3 Monaten
Im Rahmen der sonstigen flexiblen Arbeitszeitregelung ist eine Freistellung von der
Arbeitsleistung zwecks Abbaus der im Arbeitszeitkonto vorhandenen Guthabenstunden bis zu 3 Monaten möglich. Das monatlich vereinbarte Arbeitsentgelt wird weiter
gezahlt und die sv-rechtliche Beschäftigung
bleibt durchgehend bestehen.
Monatsentgelt unabhängig von Arbeitszeit beitragspflichtig
Bei Anwendung der sonstigen flexiblen Arbeitszeitregelung gilt in der Sozialversicherung ausnahmsweise das Zuflussprinzip
(Grundsatz: Entstehungsprinzip). D. h., die
Beiträge sind unabhängig von der geleisteten Arbeitszeit immer auf das vereinbarte
monatlich gleichbleibende Arbeitsentgelt zu
zahlen (bezogen auf den Beispielsfall von
420 Euro).
Beispiel
Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren
ab 1.1.2015 die Zahlung eines monatlichen
Arbeitsentgelts von 420 Euro bei einer SollArbeitszeit von 35 Stunden (Stundenlohn 12
EUR). Der Arbeitseinsatz im laufenden Kalenderjahr soll flexibel erfolgen, so dass
Überstunden über das Arbeitszeitkonto regelmäßig auf- und abgebaut werden.
Die zu erwartende Gesamtarbeitszeit beträgt 420 Stunden (35 Monatsstunden x 12).
Eine geringfügig entlohnte Beschäftigung
MiLoG begrenzt
beitszeitkonto
Arbeitsstunden im Ar-
Nach den Mindestlohnbestimmungen dürfen
die in das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden monatlich nicht mehr als 50 %
der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit
übersteigen (bezogen auf den Beispielfall
also 17,5 Stunden). Verdient der Arbeitnehmer mehr als 8,50 Euro, dürfen auch
mehr Guthabenstunden aufgebaut werden.
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Leistungsbonus zählt zum Mindestlohn
(AG-Düsseldorf, Urteil vom 20.04.2015, Az. 5 Ca 1675/15)
(Bild: M. Schuppich - Fotolia)
Bonuszahlungen, die Unternehmen als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung
mit Entgeltcharakter vergüten, können auf
den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet
werden. Das entschied nun das Arbeitsgericht Düsseldorf in einem weiteren Urteil
zum Mindestlohngesetz.
Hintergrund
Seit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes
(MiLoG) stellt sich für Unternehmen wie Mitarbeiter die Frage, welche Lohnbestandteile
auf den gesetzlichen Mindestlohn anzurechnen sind und welche nicht.
Ein Leistungsbonus, entschied nun das Arbeitsgericht Düsseldorf, habe einen unmittelbaren Bezug zur Arbeitsleistung und sei
ein "Lohn im eigentlichen Sinn". Er sei daher
– anders als beispielsweise vermögenswirksame Leistungen – in die Berechnung des
Mindestlohns einzubeziehen.
In dem konkreten Fall hatte eine Mitarbeiterin geklagt, die eine Grundvergütung von
8,10 Euro pro Stunde erhielt. Daneben zahlte die Arbeitgeberin einen "freiwilligen Brutto/Leistungsbonus von maximal einem Euro,
der sich nach der jeweilig gültigen Bonusregelung" richtete. Anlässlich der Einführung
des MiLoG behielt der Arbeitgeber zwar die
Grundvergütung unverändert bei. Allerdings
fügte er konstant pro Stunde 40 Cent des
Bonus hinzu, sodass die Mitarbeiter mindestens 8,50 Euro, höchstens jedoch 9,10 Euro
ausbezahlt bekamen.
Dagegen ging eine Arbeitnehmerin vor. Sie
argumentierte, der Leistungsbonus dürfe in
die Berechnung des Mindestlohns nicht einfließen. Vielmehr sei er zusätzlich zu einer
Grundvergütung von 8,50 Euro pro Stunde
zu zahlen.
Entscheidung
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat nun die
Klage abgewiesen. Es komme – unabhängig von der Bezeichnung einzelner Leistungen – allein auf das Verhältnis zwischen
dem tatsächlich an den Arbeitnehmer gezahlten Lohn und dessen geleisteter Arbeitszeit an. Daher seien alle Zahlungen, die
als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung mit Entgeltcharakter vergütet würden, bei der Berechnung des Mindestlohns
einzubeziehen. Denn Zweck des MiLoG sei
es, argumentierten die Richter, dem oder
der Vollzeitbeschäftigten durch eigenes Einkommen die Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts zu ermöglichen.
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Miet- / Immobilienrecht
Ein bisschen Beleidigung rechtfertigt nicht immer eine mietrechtliche Kündigung
(AG Charlottenburg, Urteil vom 30.01.2015, 216 C 461/14)
Entscheidung
Das AG Charlottenburg gibt den Mietern
Recht. Die Äußerungen rechtfertigen weder
eine fristlose noch eine ordentliche Kündigung.
(Bild: Michael Bamberger)
Beleidigt ein Mieter den Vermieter, rechtfertigt dies zwar grundsätzlich eine Kündigung.
Bei „leichteren“ Beleidigungen kann aber –
je nach Einzelfall – vor einer Kündigung zunächst eine Abmahnung angezeigt sein.
Hintergrund
Die Vermieterin einer Wohnung verlangt von
den Mietern Räumung, nachdem sie das
Mietverhältnis wegen beleidigender Äußerungen der Mieter gekündigt hatte. Die Vermieterin unterhält eine Facebookseite, auf
der ihre Mieter Bewertungen abgeben können. Dort sind zahlreiche, teilweise heftige
Beschwerden von Mietern zu lesen.
Die Mieter hatten gegenüber der Vermieterin Lärmbelästigungen aus der Gartenanlage beanstandet. Nach einem hierzu geführten Telefonat bezeichneten die Mieter ihre
Gesprächspartnerin bei der Vermieterin auf
deren Facebookseite als „talentfreie Abrissbirne“. Zudem bezeichneten die Mieter den
für die Wohnanlage zuständigen Objektbetreuer in einem Telefax an die Vermieterin
als „faul“, weil sich dieser aus ihrer Sicht
nicht darum gekümmert hat, die Lärmbelästigungen abzustellen.
Wegen dieser Äußerungen kündigte die
Vermieterin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich, und erhob schließlich
Räumungsklage.
Grundsätzlich kann eine Beleidigung des
Vermieters eine Kündigung rechtfertigen.
Eine Beleidigung ist der Angriff auf die Ehre
eines anderen durch Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung, wobei eine bloße Unhöflichkeit nicht genügt.
Doch selbst wenn man die Äußerungen der
Mieter als Beleidigung einordnet, so wären
diese im Spektrum der denkbaren Beleidigungen als weniger schwerwiegend einzuschätzen. Bei einmaligen Beleidigungen, die
für sich betrachtet kein besonderes Gewicht
haben und deren Unzumutbarkeit sich erst
aus der Wiederholung ergibt, ist eine sofortige Kündigung nicht gerechtfertigt. Erst
wenn der Mieter trotz Abmahnung ähnliche
Äußerungen wiederholt, ist dem Vermieter
die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar.
Hier handelt es sich zwar um zwei einzelne
Äußerungen über verschiedene Personen
gegenüber verschiedenen Adressaten. Beide Äußerungen stehen aber in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang und gehen
auf denselben Sachverhalt, nämlich die von
den Mietern beanstandeten Lärmbelästigungen zurück. Die Bezeichnung des Objektbetreuers als „faul“ hat aus Sicht der
Mieter einen Tatsachenkern. Auch die Äußerung „talentfreie Abrissbirne“ steht in einem Zusammenhang mit einem tatsächlichen Vorgang, nämlich dem Telefonat mit
der Mitarbeiterin der Vermieterin und zielt
nicht hauptsächlich darauf ab, die Mitarbeiterin herabzuwürdigen.
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Die entsprechenden Äußerungen können
zwar grundsätzlich durchaus eine fristlose
Kündigung rechtfertigen. Im vorliegenden
Fall wäre eine Fortführung des Mietverhältnisses aber erst bei einer Wiederholung
ähnlicher Äußerungen nach einer vorherigen Abmahnung unzumutbar.
Auch die ordentliche Kündigung ist unwirksam. Bei den Äußerungen handelt es sich
nicht um „nicht unerhebliche“ Pflichtverlet-
zungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass
den Äußerungen die Lärmbelästigungen vorausgingen, die die Mieter als sehr störend
empfunden haben. Außerdem durften die
Mieter wegen der zahlreichen, teils in heftigem Ton geführten Beschwerden auf der
Facebook Seite der Vermieterin davon ausgehen, dass die Vermieterin ihre Äußerungen nicht als kündigungsrelevant ansehen
werde.
Schwere Beleidigung rechtfertigt mietrechtliche Kündigung
(AG München, Urteil vom 14.11.2014, 452 C 16687/14)
„massive Sterbehilfe“ und „versuchter
Mord“. Die Hitze in der Wohnung sei so unerträglich, dass sie die hierdurch verursachten Schmerzen nicht mehr ertragen könne.
Ihre Situation erinnere sie an die Judenverfolgung, „als die Deutschen die Juden in die
Öfen geschoben haben und die übrige Bevölkerung jubelte wie die Weltmeister“.
(Bild: MEV Verlag GmbH, Germany)
Interessant daher diese Entscheidung: Bezichtigt der Mieter den Vermieter bei einer
Auseinandersetzung über die Wohnbedingungen der brutalen Sterbehilfe und vergleicht dessen Verhalten mit der Judenverfolgung, ist dies eine so schwerwiegende
Beleidigung, dass eine fristlose Kündigung
gerechtfertigt ist.
Hintergrund
Die Vermieterin einer Wohnung verlangt von
der über 70-jährigen Mieterin nach einer
fristlosen Kündigung die Räumung. Das
Mietverhältnis über die Zwei-ZimmerWohnung besteht seit 1983.
Die Parteien stritten in einem Verfahren vor
dem AG München über eine Mieterhöhung.
Im Rahmen dieses Verfahrens führte die
Mieterin in einem Schriftsatz aus, alles was
die Vermieterin bisher geleistet habe, sei
Hintergrund des Streits ist, dass die Mieterin
behauptet, ihre Wohnung sei durch die darunter liegende Heizanlage überwärmt, so
dass Temperaturen bis zu 38 Grad herrschten. Einem Sachverständigen zufolge trifft
diese Behauptung nicht zu.
Nachdem die Mieterin die Vermieterin in einem weiteren Schriftsatz der „brutalen Sterbehilfe“ bezichtigt hatte, kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos.
Die Mieterin weigert sich, die Wohnung zu
räumen. Es tue ihr leid, die Vermieterin beleidigt zu haben. Bei ihren Äußerungen habe sich um einen Hilferuf gehandelt.
Entscheidung
Die Räumungsklage hat Erfolg: Die Äußerungen der Mieterin sind massive Beleidigungen. Die Mieterin ist zuvor nicht provoziert worden und die Äußerungen sind nicht
ansatzweise nachvollziehbar. Insbesondere
ist es in keiner Weise erforderlich oder
nachvollziehbar, für einen Hilferuf seinen
Vermieter des versuchten Mordes oder der
Sterbehilfe zu bezichtigen bzw. sein Vorge-
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Seite 12
hen mit der Vernichtung der Juden im Dritten Reich zu vergleichen.
durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden.
Eine Abmahnung vor der Kündigung war
entbehrlich. Schwerwiegende Beleidigungen
zerstören das Vertrauensverhältnis zwischen Vermieter und Mieter. Dieses kann
Das Gericht gewährte der betagten Mieterin
eine sechsmonatige Räumungsfrist, um ihr
die Suche nach einer Ersatzwohnung zu
ermöglichen.
Steuerrecht
Schornsteinfegergebühren wieder vollständig geltend machen
(BFH, Urteil vom 06.11.2014, VI R 1/13)
(Bild: MEV Verlag GmbH, Germany)
Bei Schornsteinfegergebühren muss seit VZ
2014 aufgeteilt werden, nur noch ein Teil ist
als Handwerkerleistung nach § 35a EStG
begünstigt. Ein Urteil des BFH macht jedoch
Hoffnung, dass es dabei nicht bleibt.
Ab 2014 berücksichtigt die Finanzverwaltung nur noch die in Rechnung gestellten
Kehrarbeiten sowie Reparatur- und Wartungsarbeiten des Schornsteinfegers als
Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3
EStG, weil der Schornsteinfeger für die
Mess- und Überprüfungsarbeiten und die
Feuerstättenschau auch gutachterlich tätig
würde (BMF, Schreiben vom 10.01.2014,
BStBl 2014 I S. 75). Durch eine neue Entscheidung des BFH ist diese Auffassung
wohl nicht mehr haltbar.
Nach Auffassung des BFH (Urteil vom
06.11.2014, VI R 1/13) sind auch vorbeugende Erhaltungsmaßnahmen als Hand-
werkerleistungen begünstigt. Die Erhebung
des unter Umständen noch mangelfreien
Istzustandes durch einen Handwerker sei
ebenso wie die Beseitigung eines bereits
eingetretenen Schadens oder eine Maßnahme zur vorbeugenden Schadensabwehr
eine Handwerkerleistung. Denn die regelmäßige Überprüfung von Geräten und Anlagen auf deren Funktionsfähigkeit erhöhe deren Lebensdauer, sichere deren nachhaltige
Nutzbarkeit, diene überdies der vorbeugenden Schadensabwehr und zähle damit zum
Wesen der Instandhaltung. So hat der BFH
z. B. eine Dichtheitsprüfung der Abwasserleitung als begünstige Handwerkerleistung
beurteilt.
Praxis-Tipp
Da somit auch Leistungen, die lediglich dazu dienen, den aktuellen Zustand eines Objektes festzustellen (z. B. Gutachten) als
Handwerkerleistung begünstigt sind, kann
nichts anderes für die Mess- und Überprüfungsarbeiten und die Feuerstättenschau
eines Schornsteinfegers gelten. Denn (z. B.)
die Feuerstättenschau dient auch der Überprüfung der Funktionsfähigkeit einer Hausanlage und ist damit aus den gleichen
Gründen als vorbeugende Erhaltungsmaßnahme zu beurteilen. Unerheblich ist dabei,
ob die Leistung vom Schornsteinfeger, einem Kleinunternehmer oder der öffentlichen
Hand erbracht wird. Daher sollten die
Schornsteinfegergebühren mit Hinweis auf
die Entscheidung des BFH wieder vollständig geltend gemacht werden.
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Einnahmen aus der Aufnahme von Pflegekindern in den eigenen Haushalt sind
steuerfrei
(BFH, Urteil vom 05.11.2014, VIII R 29/11, veröffentlicht am 27.05.2015)
Entscheidung
Der BFH vertritt eine großzügigere Auffassung. Er bejaht - entgegen der Auffassung
des FA und des FG - die Steuerfreiheit.
(Bild: Haufe Online Redaktion)
Leistungen der Jugendhilfe für die Aufnahme von Pflegekindern in den eigenen Haushalt sind auch dann eine steuerfreie Erziehungsbeihilfe, wenn die Betreuung über eine privatrechtliche Institution abgewickelt
wird.
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob die Entgelte für die
Vollzeitbetreuung eines fremden Kindes im
eigenen Haushalt steuerpflichtig sind.
Die Erzieherin E schloss mit der Firma H einen Vertrag zur Betreuung von bis zu drei
Kindern in ihrem Haushalt. E erhielt von H je
Kind ein Tageshonorar von 83,82 EUR zuzüglich Sachkostenpauschalen von 27,06
EUR (ohne Supervision) bzw. 32,09 EUR
(mit Supervision). H war ihrerseits im Auftrag des zuständigen Jugendamts tätig und
erhielt von diesem Gelder für Erziehungsleistungen. H hatte eine entsprechende Betriebserlaubnis.
Das FA setzte für die Streitjahre 2009 und
2010 die von H bezogenen Entgelte abzüglich der Aufwendungen für Nahrung und
Kleidung der Kinder usw. als steuerpflichtige
Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit an. A
wandte dagegen ein, es handele sich um
nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfreie Erziehungsbeihilfen. Das FG folgte dem nicht und
wies die Klage ab.
Nach § 3 Nr. 11 EStG sind (u.a.) Bezüge
aus öffentlichen Mitteln steuerfrei, die als
Beihilfe zu dem Zweck bewilligt werden, die
Erziehung unmittelbar zu fördern. Der Annahme "öffentlicher Mittel" in diesem Sinne
steht nicht entgegen, dass die Zahlungen an
A über den zwischengeschalteten Träger H
aufgrund eines Vertragsverhältnisses zwischen A und H geleistet wurden. Die mittelbare Zahlung über Dritte ist unerheblich, sofern die Ausgaben auf der Grundlage der
durch den Haushaltsplan bereitgestellten
Haushaltsmittel bewilligt werden und der
gesetzlich geregelten Rechnungskontrolle
unterliegen.
Die Zahlungen dienten auch unmittelbar der
Förderung der Erziehung. Das ist bei der
Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII), d.h. bei der
regelmäßig in Familienhaushalten der Pflegeperson über Tag und Nacht vorgenommenen Betreuung von Kindern und Jugendlichen grundsätzlich der Fall. Es handelt sich
um Beihilfen i.S. von § 3 Nr. 11 EStG. Denn
mit den bewilligten Pflegegeldern ist kein
vollständiger Ersatz des sachlichen und zeitlichen Aufwands beabsichtigt. Die Zahlungen sind mit Zahlungen vergleichbar, die
leibliche Eltern für die Erziehung ihrer Kinder ebenfalls steuerfrei erhalten.
Das FA hatte das Vorlegen einer Vollzeitpflege mit der Begründung verneint, E sei
als "Erziehungsstelle" tätig geworden, die
Erziehungsleistung sei damit nicht in Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII), sondern in einer
"sonstigen betreuten Wohnform" (§ 34 SGB
VIII) erbracht worden, für die die Steuerfreiheit nicht gilt. Dem widerspricht der BFH.
Denn eine sonstige betreute Wohnform liegt
nur bei einer auf Dauer angelegten Verbindung sächlicher und persönlicher Mittel zu
einem bestimmten Zweck unter der Verant-
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wortung eines Trägers vor. Die bloße Überlassung von Wohnraum wie ein Zimmer im
Haushalt der betreuenden Person genügt
dafür nicht.
Hinweis
Der BFH hebt hervor, dass sich die Frage,
ob es sich um eine Betreuung in einer Vollzeitpflegestelle (§ 33 SGB VIII) oder in einem Heim oder in einer anderen Einrichtung
betreuten Wohnens (§ 34 SGB VIII) handelt,
alleinnach den tatsächlichen Verhältnissen
der konkreten Unterbringung entscheidet.
Anders ist es bei den Voraussetzungen für
den Kindergeldanspruch für Pflegekinder
nach §§ 32,63 EStG. Hier hat die sozialrechtliche Einordnung als sonstige betreute
Wohnform steuerrechtliche Tatbestandswir-
kung. Der BFH konnte daher offen lassen,
ob Zahlungen für die Betreuung in Einrichtungen nach § 34 SGB VIII (Heime, sonstige
Wohnformen) mangels ausdrücklicher Ausrichtung auf die Erziehung - stets aus dem
Anwendungsbereich des § 3 Nr. 11 EStG
ausscheiden oder bei bestimmten Mischformen einbezogen werden könnten.
Ergänzend weist der BFH darauf hin, dass
eine "unmittelbare" Förderung der Erziehung nicht vorliegt, wenn die Aufnahme des
Kindes als Erwerbstätigkeit anzusehen ist
(sog. Kostkinder). Bei einer dauerhaften
Vollzeitpflege kann bis zur Betreuung von
sechs Kindern unterstellt werden, dass die
Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird.
Kinderbetreuungskosten bei Beschäftigung eines Minijobbers
(BFH, Urteil vom 18.12.2014, III R 63/13, veröffentlicht am 03.06.2015)
Kinderbetreuungskosten sind auch bei Beschäftigung eines Minijobbers nur bei Ausstellung einer Rechnung und unbarer Zahlung abziehbar.
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob der Abzug von Kinderbetreuungskosten auch bei einer nur geringfügig beschäftigten Betreuungsperson
(Minijobber) die Zahlung auf ein Empfängerkonto voraussetzt. Das Urteil ist zu der bis
2011 geltenden Vorschrift ergangen (§ 9
Abs. 3 EStG a.F.). Sie gilt ebenso für die
Neuregelung in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG ab
2012. Auch nach der Neuregelung setzt der
Abzug von Kinderbetreuungskosten (2/3 der
Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro je
Kind) voraus, dass eine Rechnung erstellt
und die Zahlung auf ein Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.
Bahn-See an und zahlten im März 2011 die
sich daraus ergebenden Abgaben in Höhe
von 1.027,44 Euro nach.
Für 2009/2010 beantragten die Eltern den
Abzug der Kinderbetreuungskosten in Höhe
von 2.400 Euro (2/3 von 3.600 Euro). Das
FA lehnte den Abzug unter Hinweis auf die
gesetzliche Regelung ab, da die Zahlung
nicht auf das Konto des Empfängers, sondern in bar geleistet wurde (§ 9c Abs. 3 Satz
3 EStG a.F.). Das FG vertrat demgegenüber
eine großzügigere Auffassung und ab der
Klage statt. Es meinte, das gesetzliche Erfordernis der Überweisung auf das Empfängerkonto könne nur für Dienstleistungen gelten, für die Rechnungen erstellt werden,
nicht hingegen für Arbeitsverhältnisse und
somit auch nicht für geringfügige Beschäftigungen (Minijobs).
Entscheidung
Die Eltern beschäftigten in 2009/2010 für
monatlich 300 Euro eine Teilzeitkraft zur Betreuung ihres dreijährigen Sohnes. Das Gehalt wurde jeweils bar gezahlt. Im Februar
2011 meldeten die Eltern die Beschäftigung
(rückwirkend) im Haushaltsscheckverfahren
bei der Minijobzentrale der Knappschaft
Ebenso wie das FA vertritt auch der BFH einen engen Standpunkt. Er widerspricht dem
FG und wies die Klage ab.
Wortlaut, Entstehungsgeschichte sowie Sinn
und Zweck der Regelung sprechen dafür,
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dass auch bei einer im Rahmen eines geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisses
angestellten Betreuungskraft der Abzug der
Betreuungskosten davon abhängig ist, dass
die Zahlung nicht in bar, sondern über das
Konto der Betreuungsperson abgewickelt
wird. Die Vorschrift enthält keine Beschränkung der Nachweiserfordernisse auf bestimmte Arten von Dienstleistungen, sondern macht den Abzug sämtlicher erfasster
Aufwendungen von der Erfüllung der Nachweisvoraussetzungen abhängig.
Der BFH hebt deutlich hervor, dass sich
zum einen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich die Vorschrift auf von Unternehmen erbrachte Dienstleistungen beschränken soll und dass zum anderen die
Lohnzahlung auch bei nur geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern über ein Konto
ohne weiteres möglich und üblich ist. Gegenteiliges lässt sich auch aus der Entstehungsgeschichte nicht ableiten. Mit dem bereist in 2006 eingeführten formalisierten
Nachweis (Rechnung und unbare Zahlung;
§ 4f EStG a.F.) sollten Anreize gegeben
werden, legale Beschäftigungsverhältnisse
in Privathaushalten zu schaffen. Das spricht
dafür, dass die unbare Zahlung für alle Arten von Dienstleistungen gelten sollte.
Hinweis
Bei der Steuerermäßigung für haushaltsnahen
Beschäftigungsverhältnissen
und
Dienstleistungen nach § 35a EStG wird für
den Nachweis differenziert zwischen einerseits Arbeitsverhältnissen und andererseits
Dienstleistungen und Handwerkerleistungen. Die erhöhten Nachweiserfordernisse
(Rechnung und unbare Zahlung) gelten hier
nur für haushaltsnahe Dienstleistungen und
Handwerkerleistungen, nicht auch für Arbeitsverhältnisse (einschließlich Minijobs)
nicht (§ 35a Abs. 5 Satz 3 EStG). Wegen
der Manipulationsgefahren (nachträgliche
Behauptung oder rückwirkende Legalisierung von Beschäftigungsverhältnissen) sieht
der BFH jedoch in der Kinderbetreuung für
Minijobs eine Ausnahme von den Nachweispflichten nicht als gerechtfertigt an.
Es ist Sache der Eltern, dafür zu sorgen,
dass sie die dem formalisierten Nachweis
genügende Belege erhalten. Diese brauchen allerdings seit 2008 nicht mehr unaufgefordert vorgelegt zu werden. Es genügt,
dass sie vorhanden sind.
Gleichwohl wird in der Praxis häufig auf entsprechende Unterlagen verzichtet mit der
Folge, dass der Steuerabzug verloren geht.
Denn die Scheu vor Schriftverkehr ist weit
verbreitet und das Bestehen der Eltern auf
entsprechenden Nachweisen würde den
Abschluss eines Betreuungsverhältnisses
verhindern. Die Finanzverwaltung sieht jedenfalls von der Ausstellung einer Rechnung ab, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag abgeschlossen wird.
Anerkanntes Arbeitszimmer für Arbeitnehmer im Ruhestand
Während ein Arbeitnehmer im aktiven Berufsleben die Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer nur bis zu 1.250 Euro
geltend machen kann, steigen nach Auffassung des Bundesfinanzhofs die Chancen
nach einer Verrentung auf einen unbeschränkten Abzug.
Im Urteilsfall arbeitete ein pensionierter Mitarbeiter freiberuflich weiter und nutzte hierfür sein häusliches Arbeitszimmer. Das Finanzamt hatte nur den Höchstbetrag für Arbeitnehmer von 1.250 Euro anerkannt. Der
Bundesfinanzhof jedoch betrachtet das Ar-
beitszimmer als Mittelpunkt der gesamten
beruflichen Tätigkeit des Pensionärs (BFH
vom 13.11.2014 III R 36/13). Der Grund:
Der BFH sieht Renteneinkünfte oder Pensionsbezüge - anders als eine aktive Tätigkeit
- als unmaßgeblich für die Beurteilung des
Tätigkeitsmittelpunktes an. Bei einem entsprechenden Kostennachweis können daher
auch mehr als 1.250 Euro berücksichtigt
werden.
Der BFH hat ferner klargestellt, wie die anteiligen Kosten für ein Arbeitszimmer zu berechnen sind, denn im Urteilsfall war das als
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Wohnraum ausgestatte Arbeitszimmer im
Keller gelegen. Folge: Die Fläche des Kellerarbeitszimmers ist mit der Wohnfläche
der Wohnung zusammenzurechnen, danach
ist die Fläche des Arbeitszimmers zur Gesamtfläche ins Verhältnis zu setzen. Im vor-
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-Iliegenden Fall betrug die Wohnungsgröße
100 qm, die Größe des Kellerarbeitszimmers 20 qm. Danach sind 20/120 als Kostenanteil für die anfallenden Kosten (wie
Miete und Nebenkosten) anzusetzen. Die
übrigen Kellerräume bleiben außen vor.
Uneingeschränkter Betriebsausgabenabzug bei ständig wechselnden Betriebsstätten zulässig
Das dachte sich auch eine freiberufliche
Musiklehrerin. Sie unterrichtete an mehreren
Kindergärten und Schulen im Auftrag einer
Musikschule. Einmal pro Woche fuhr sie mit
ihrem privaten Fahrzeug zu jeder Einrichtung, zusätzlich außerdem zur Musikschule
selbst und einige Male zu anderen Zielen.
Den Unterricht bereitete die Lehrerin in ihrem häuslichen Arbeitszimmer vor, wo sie
auch die Instrumente lagerte.
(Bild: PhotoDisc Inc)
Wenn es um Fahrtkosten geht, trifft die Finanzverwaltung eine kleine, aber sehr feine
Unterscheidung zwischen erster Tätigkeitsstätte und anderen beruflich relevanten Einsatzstellen. Ob lediglich die Entfernungspauschale zum Tragen kommt oder die
vollständigen Fahrtkosten geltend gemacht
werden können, macht steuerlich einiges
aus. Der Bundesfinanzhof hat für Selbstständige mit ständig wechselnden Betriebsstätten nun positive Klarheit geschaffen.
Steuerlich und damit finanziell macht es einen Unterschied, ob Selbstständige von ihrer Wohnung zur ersten Betriebsstätte fahren oder ob sie bei verschiedenen Kunden
unterwegs sind. Ebenso wie Arbeitnehmer
können sie Fahrtkosten zur ersten Betriebsbzw. Tätigkeitsstätte nur mit der Entfernungspauschale geltend machen – und damit jeweils lediglich die einfache Entfernung
pauschal mit 0,30 Euro pro Kilometer. Bei
Geschäftsreisen oder auch ständig wechselnden Einsatzorten können dagegen
grundsätzlich alle Fahrtkilometer – entweder
pauschal mit 0,30 Euro oder mit den anteilig
ermittelten tatsächlichen Kfz-Kosten – angesetzt werden.
Ihre Fahrtkosten machte sie im betroffenen
Jahr 2008 pauschal mit 0,30 Euro je gefahrenen Kilometer geltend. Insgesamt belief
sich der Betrag auf 1.137 Euro. Das Finanzamt jedoch erkannte die Kosten nur zur
Hälfte an mit der Begründung, es handele
sich um Fahrten zwischen Wohnung und
verschiedenen Betriebsstätten. Die Konsequenz: Die Musiklehrerin dürfe nur die Entfernungspauschale für die einfache Entfernung ansetzen.
Das Finanzgericht befand diese Auslegung
für zu eng – ebenso wie der Bundesfinanzhof, der den Fall nun zu entscheiden hatte
(Az. III R 19/13). Genau wie ein Arbeitnehmer nicht mehrere regelmäßige Arbeitsstätten haben könne, müssten im Sinne der
Gleichbehandlung auch Selbstständige diese Regelung in Anspruch nehmen können.
Der Bundesfinanzhof stellte zwar heraus,
dass der Begriff einer Betriebsstätte weiter
zu fassen sei; so schließe beispielsweise
auch ein häufiger Wechsel der Einsatzstelle
nicht aus, dass der jeweilige Beschäftigungsort eine Betriebsstätte sein könne.
Folge man dieser Auslegung, stellten etwa
Unterrichtsräume, in denen ein selbstständig Tätiger seine Leistungen gegenüber
Kunden erbringe, durchaus Betriebsstätten
dar.
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Der Bundesfinanzhof ließ dieser grundsätzlichen Ausführung jedoch ein großes „Aber“
folgen. Denn Fahrtkosten zwischen Wohnung und Betriebsstätte bei Selbstständigen
sollten genauso behandelt werden wie Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung
und Arbeitsstätte bei Arbeitnehmern. Der
Gesetzgeber beabsichtige hier ganz klar eine Gleichbehandlung – und dies sei zu berücksichtigen. Die Folge: Für Selbstständige
müssten die gleichen Ausnahmen gelten
wie für Arbeitnehmer. Und da Arbeitnehmer
bei ständig wechselnden auswärtigen Tätigkeitsstätten grundsätzlich ihre tatsächlichen
Aufwendungen geltend machen dürften, sei
die Regelung auf Selbstständige zu übertragen.
Ist also keine der verschiedenen Betriebsstätten im Vergleich mit den anderen zentral, seien die Kosten für die beruflichen
Fahrten komplett abzugsfähig. Denn die
Musiklehrerin sei mit einem Arbeitnehmer
vergleichbar, der sich zu ständig wechselnden Tätigkeitsstätten begeben müsse.
Praxistipp
Das Urteil des Bundesfinanzhofs bezieht
sich zwar noch auf die Vorschriften vor der
Reisekostenreform. Aber auch nach dem
seit 2014 geltenden neuen Reisekostenrecht sind Aufwendungen für Fahrten zu
ständig wechselnden Tätigkeitsstätten unbeschränkt als Betriebsausgaben abziehbar
– entweder mit der Pauschale für Dienstreisen oder mit den anteiligen tatsächlichen Kilometerkosten. Die Entfernungspauschale
greift nur dann, wenn es eine erste Betriebsstätte gibt, an der Selbstständige täglich oder an zwei vollen Wochentagen arbeiten.
Weiterhin keine Pauschalbesteuerung für Streuwerbeartikel
Streuwerbeartikel werden regelmäßig nicht
mit der Pauschalsteuer nach § 37b EStG
belegt. Dies gilt trotz gegenteiliger Auffassung des Bundesfinanzhofs. Es gibt allerdings eine Wahlmöglichkeit.
Streuwerbeartikel sind Sachzuwendungen,
zum Beispiel Kugelschreiber, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten 10 Euro nicht übersteigen. Solche Sachzuwendungen fallen grundsätzlich nicht in den
Anwendungsbereich der Pauschalbesteuerung nach § 37b EStG. Das gilt auch für
Streuwerbeartikel, die eigenen Arbeitnehmern zugewendet werden. Bei der Prüfung
der 10-Euro-Grenze ist auf den Wert des
einzelnen Artikels abzustellen, auch wenn
der Zuwendungsempfänger mehrere Artikel
erhält.
Trotzdem noch Wahl möglich: Allerdings
versteht die Finanzverwaltung das neuerdings wohl als Wahlrecht: Streuwerbeartikel
"brauchen ... nicht in den Anwendungsbereich ... einbezogen zu werden", ist dem
entsprechenden Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu entnehmen.
Hintergrund sind wohl mögliche Wechselwirkungen mit der 44-Euro-Sachbezugsfreigrenze: Bei der Prüfung der Freigrenze
bleiben die nach § 37b EStG pauschal versteuerten Vorteile nämlich außer Ansatz.
Andererseits gibt es aber bei der Sachbezugsfreigrenze keine Streuwerbeartikel, sodass auch Zuwendungen unter zehn Euro
mitzählen. Bei Überschreiten der Grenze
durch Gewährung mehrerer Streuwerbeartikel (zum Beispiel sechs Flaschen Wein zu je
8 Euro = 48 Euro gesamt) oder eines
Streuwerbeartikels zusätzlich zu anderen
Sachbezügen (zum Beispiel Tankgutschein
zu 44 Euro und eine Flasche Wein) wäre eine Pauschalierung der Streuwerbeartikel
nach § 37b EStG günstiger und nach dem
neuen Erlass auch zulässig.
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Verkehrsrecht / Rund um´s Kfz
Schmerzensgeld wegen Miterleben des Unfalltodes der Ehefrau
(BGH, Urteil vom 27.01.2015, VI ZR 548/12)
Das vom Ehemann geführte Motorrad verfehlte der aus der Spur geratene PKW nur
knapp, er erfasste aber das von der Ehefrau
gelenkte Motorrad, die hierdurch zu Tode
kam.
Dies konnte der Kläger, der das Geschehen
kommen sah, durch den Rückspiegel seines
Motorrades beobachten. Der visuelle und
akustische Horror des Geschehens prägte
sich tief in seinem Bewusstsein ein.
Entscheidung
(Bild: MEV Verlag GmbH, Germany)
Die normale Trauer über den Tod eines nahen Angehörigen löst keine Ansprüche auf
Zahlung von Schmerzensgeld aus. Dies
kann anders sein, wenn z. B. der Ehemann
den Tod seiner Ehefrau optisch und akustisch mit erleben musste und hierdurch psychisch übermäßig belastet wird (Schockschaden).
Hintergrund
Über einen Anspruch auf Schmerzensgeld
als Schockschadensersatz hat der BGH in
einer Grundsatzentscheidung geurteilt. Der
Entscheidung zu Grunde lag ein Straßenverkehrsunfall.
Der Beklagte führte im April 2007 ein Kfz im
öffentlichen Straßenverkehr, obwohl er in
erheblichem Maße alkoholisiert war und die
zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70
km/h überschritt (um mindestens 58 km/h).
Nach einer lang gezogenen Linkskurve kam
er mit seinem Fahrzeug von der Fahrbahn
ab und geriet in den Gegenverkehr.
Auf der Gegenfahrbahn kamen ihm der Kläger und dessen Ehefrau auf zwei einzelnen
Motorrädern mit einer Geschwindigkeit von
ca. 50 km/h entgegen.
Nach dem Unfallereignis diagnostizierte der
Hausarzt beim Kläger eine akute Belastungsreaktion.
•
Der Kläger litt unter panischen
Angstzuständen und Zitteranfällen.
•
Seinen Beruf als LKW-Fahrer musste er aufgeben.
•
Auf Anraten seines Arztes zog er ein
knappes Jahr später aus der vormaligen, mit
seiner Ehefrau gemeinsam bewohnten Eigentumswohnung aus, um so die Erinnerungen an seine Frau besser verarbeiten zu
können.
Die Versicherung des Unfallgegners zahlte
ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000
Euro. Dies reichte nach Auffassung des
Klägers nicht aus. Er forderte die Zahlung
von weiteren 8.000 Euro und machte diesen
Anspruch gerichtlich geltend. Vor dem LG
und dem OLG hatte er hiermit zunächst keinen Erfolg. Das OLG vertrat die Auffassung,
die vom Kläger geschilderte psychische Belastung stelle keine Gesundheitsverletzung
im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB dar.
Der mit der Sache befasste BGH stellte zunächst klar, dass eine traumatisch bedingte
psychische Störung nach ständiger Recht-
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sprechung eine Gesundheitsverletzung im
Sinne von § 823 Abs. 1 BGB darstellen
kann (BGH, Urteil v. 20.5.2007, VI ZR
17/06). Dieser Grundsatz erfahre allerdings
eine Einschränkung bei Schockschäden:
•
Seelische
Erschütterungen
wie
Trauer und seelischer Schmerz, dem Hinterbliebene beim Unfalltod eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt seien,
stellten nicht per se eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar.
•
Dies gelte selbst dann, wenn eine
tiefe Trauer von Störungen der physiologischen Abläufe begleitet werde, die für die
körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant sind.
Klar umrissene Deliktshaftung
Der Gesetzgeber habe bei Formulierung der
Vorschriften der §§ 823 ff BGB die Absicht
gehabt, die Deliktshaftung auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken. Beeinträchtigungen, die auf die Rechtsgutverletzung eines Dritten zurückzuführen seien,
sollten nach der Intention des Gesetzgebers
mit Ausnahme der §§ 844, 845 BGB ersatzlos bleiben (BGH, Urteil v. 31.1.1984, VI ZR
56/82).
Nur pathologisch fassbarer seelischer
Schmerz löst Ansprüche aus
Hiernach können nach Auffassung des Senats psychische Beeinträchtigungen infolge
des Todes naher Angehöriger nur dann als
Gesundheitsverletzung angesehen werden,
wenn sie pathologisch fassbar sind und über
psychische Beeinträchtigungen hinausgehen, die bei der Nachricht des Todes von
Angehörigen üblich sind (BGH, Urteil vom
20.03.2012, VI ZR 114/11).
OLG hat die Anforderungen überspannt
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze
kam der BGH zu dem Ergebnis, dass das
OLG die Anforderungen an die Annahme
einer Gesundheitsverletzung im konkreten
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-IFall überspannt hat. Insbesondere habe das
OLG nicht berücksichtigt, dass der Kläger
•
den Unfalltod seiner Ehefrau unmittelbar optisch und akustisch miterlebt habe
und
•
zuvor durch das grob pflichtwidrige
Verhalten des Unfallgegners selbst in Lebensgefahr geraten war.
•
Darüber hinaus habe das Berufungsgericht die beim Kläger vom Hausarzt
festgestellte Belastungsreaktion nicht angemessen gewürdigt.
Einschränkung der sozialen Funktionen
Die laut Attest festgestellte Belastungsreaktion nach ICD F43.9 G (International Statistical Classification of Diseases and Related
Health Problems) umfasste eine „neurotische Belastung mit somatoformen Störungen“, die beim Kläger zu schweren Anpassungsstörungen geführt hätten.
•
Die hierdurch bedingte Einschränkung der sozialen Funktionsfähigkeit hätten
den Kläger sogar zur Aufgabe seiner bisherigen Berufstätigkeit als LKW-Fahrer und zur
Aufgabe seiner Eigentumswohnung gezwungen
•
und habe damit eine schwere psychische Schädigung deutlich sichtbar nach
außen hin manifestiert.
•
Diese erheblichen psychischen Folgen haben nach Auffassung des Senats
eindeutig die Qualität einer Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB.
Der Schmerzensgeldanspruch sei hiernach
grundsätzlich begründet. Hinsichtlich der
Höhe seien die Feststellungen der Vorinstanz allerdings noch unzureichend, so
dass insoweit eine weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich sei. Der Senat wies daher den Rechtsstreit zur weiteren Entscheidung an das OLG zurück.
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Kfz-"Jamming" ist kein Fall für die Hausratversicherung
(LG Berlin, Beschluss vom 17.09.2014 - 23 S 32/14)
Gelangt ein unbefugter Dritter durch eine
unverschlossene Autotür in das Fahrzeug,
liegt kein Einbrechen im Sinne der Allgemeinen Bedingungen für die Erweiterte
Hausratversicherung vor. Ein Einbrechen im
Sinne der Versicherungsbedingungen ist
laut Beschluss des Landgerichts Berlin auch
dann nicht zu bejahen, wenn ein Dritter
durch einen Störsender ("Jamming") den
Verschluss der Fahrzeugtüren verhindert,
ohne dass der Versicherungsnehmer dies
bemerkt.
Hintergrund
Der Kläger hatte eine erweiterte Hausratversicherung abgeschlossen. Er begehrte
Leistungen vom Versicherer wegen eines
Schadens, der offensichtlich dadurch passiert war, dass ein Unbefugter mittels eines
Störsenders das Verschließen seines Autos
verhindert hatte. Dabei waren in der Hausratversicherung eingeschlossene Sachen
entwendet worden.
Entscheidung
Das Landgericht verneinte einen Versicherungsfall durch Einbruchdiebstahl. Mit Einbrechen ist das gewaltsame Eindringen in
einen Raum gemeint, bei dem nicht uner-
hebliche körperliche Gewalt aufgewendet
wird, um ein Zugangshindernis zu beseitigen. Das einfache Aufdrücken einer nur unzureichend verschlossenen Tür reicht nicht
aus.
Es ist nicht entscheidend, weshalb die Autotüren nicht verschlossen waren. Vor allem
ist es irrelevant, ob der Versicherungsnehmer das Verschließen der Tür vergessen
hat oder ob das Verschließen infolge Fehlfunktion des Funksenders oder Manipulation
an diesem oder infolge einer versehentlichen oder gezielten Störung der Funkübertragung durch "Jamming" gescheitert ist.
Auch letzteren Falls liegt jedenfalls kein
Einbrechen vor.
Anmerkung
Beim "Jamming" (auf Deutsch "stören") unterdrücken Kriminelle mit einem Störsender
das Schließsignal, das der Autobesitzer mit
dem Schlüssel an die Fernverriegelung
sendet. Das Auto bleibt dann offen. "Jamming" passiert häufiger auch auf Supermarktparkplätzen - nicht selten beim erstmaligen Großeinkauf am Urlaubsort.
Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht
Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH
(BFH, Urteil vom 16.04.2015, IV R 1/12, veröffentlicht am 17.06.2015)
Die Beteiligung des Kommanditisten an der
geschäftsführungsbefugten KomplementärGmbH von weniger als 10 % ist nicht dem
Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen
(Präzisierung der Rechtsprechung).
(Bild: MEV Verlag GmbH, Germany)
Seite 21
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Hintergrund
Streitig war, ob die Veräußerung des Geschäftsanteils an der Komplementär-GmbH
als Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen an der KG zu erfassen ist.
K erwarb 1996 Kommanditanteile in Höhe
von 5 % an der R-GmbH u. Co.KG und 5 %
der Anteile an deren Komplementärin (HGmbH). Die Tätigkeit der nicht am Vermögen beteiligten GmbH beschränkt sich auf
die Geschäftsführung der R-KG. Einen eigenen Geschäftsbetrieb unterhält sie nicht.
Am Gewinn der KG sind die GmbH mit 99 %
und die beiden Kommanditisten (K und die
mit 95 % beteiligte X-KG) insgesamt mit 1 %
entsprechend dem Verhältnis der Kommanditanteile beteiligt.
In 2001 veräußerte K seinen Geschäftsanteil an der GmbH und auch seinen Kommanditanteil an der R-KG. Die Verkaufserlöse betrugen rund 4 Mio. DM für den GmbHAnteil und 35.000 DM für den Kommanditanteil.
Den Gewinn aus der Veräußerung des
GmbH-Anteils erfasste die R-KG in der
Feststellungserklärung für 2002 nicht, da
dieser im Privatvermögen des K angefallen
sei. Demgegenüber ging das FA davon aus,
der GmbH-Anteil sei dem Sonderbetriebsvermögen II des K bei der R-KG zuzuordnen
und stellte für K einen Veräußerungsgewinn
von 1.922.015 Euro fest, von dem 1.904.909
Euro auf den GmbH-Anteil und 17.106 Euro
auf den Kommanditanteil entfielen.
Das FG wies die Klage ab, die Beteiligung
des K an der GmbH sei notwendiges Betriebsvermögen II bei der R-KG, da sie auch
ohne beherrschenden Einfluss seine Beteiligung an der R-KG stärke.
Entscheidung
Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer
gehören und ausschließlich der Begründung
oder Stärkung der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft dienen, sind nach gefestigter Rechtsprechung
dem Betriebsvermögen der Gesellschaft als
sog. Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen.
Unter dem Gesichtspunkt der Stärkung der
Mitunternehmerstellung wurde bisher das
Vorliegen von Sonderbetriebsvermögen II
insbesondere für den Fall bejaht, wenn sich
der Kommanditist an der KomplementärGmbH beteiligt, es sei denn, dass die GmbH
außer ihre Geschäftsführertätigkeit für die
KG noch einen eigenen Geschäftsbetrieb
von nicht ganz untergeordneter Bedeutung
unterhält. Denn durch die Wahrnehmung
seiner Rechte aus der Beteiligung an der
GmbH erweitert der Kommanditist seine
Einflussnahme auf die KG. Das kann aber so die jetzt vom BFH vorgenommene Klarstellung - nicht gelten, wenn der Kommanditist auf Grund der geringen Höhe seiner Beteiligung nicht in der Lage ist, über diese Beteiligung Einfluss auf die Geschäftsführung
der KG zu nehmen. Der BFH präzisiert in
dem aktuellen Fall die bisherige Rechtsprechung dahingehend, dass eine solche Einflussnahme grundsätzlich ausgeschlossen
ist, wenn der Geschäftsanteil an der GmbH
unter 10 % liegt. Denn - ausgehend von
dem Regelfall, dass die Abstimmung in der
GmbH nach der Stimmenmehrheit erfolgt ist es dem Gesellschafter bei einer unter 10
% liegenden Beteiligung unter keinem
denkbaren Gesichtspunkt möglich, auf die
Geschäftsführung der GmbH und damit mittelbar auf deren Geschäftsführungstätigkeit
in der KG Einfluss zu nehmen. Unerheblich
ist, ob die GmbH am Gewinn der KG beteiligt ist. Denn wenn die Beteiligung an der
GmbH keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der KG hat, kann allein der Umstand,
dass der Kommanditist mittelbar über die
GmbH am Gewinn der KG beteiligt ist, seine
Mitunternehmerstellung nicht stärken.
Andererseits ist eine Minderheitsbeteiligung
stets dem Sonderbetriebsvermögen II zuzurechnen, wenn eine Beschlussfassung nur
unter Mitwirkung des Minderheitsgesellschafters möglich ist. Dazu kommt es, wenn
der Gesellschaftsvertrag - abweichend vom
Grundsatz der einfachen Mehrheit - eine
Mehrheit von Stimmen verlangt, die nur unter Einschluss der Stimmen des Minderheitsgesellschafters erreicht werden kann,
oder wenn sogar Einstimmigkeit vorgesehen
ist. In diesem Fall vermittelt die Minderheitsbeteiligung an der GmbH einen erheblichen
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Einfluss auf die Geschäftsführung der
GmbH und damit mittelbar auf die Geschäftsführung der KG.
Bei der Beteiligung des K von nur 5 %
kommt daher eine Zuordnung der GmbHAnteile zum Sonderbetriebsvermögen II nur
dann in Betracht, wenn in der Satzung der
GmbH die Mehrheitserfordernisse soweit
gesteigert sind, dass eine Beschlussfassung
ohne die Stimmen des K nicht möglich wäre.
Da das FG dazu keine Feststellungen getroffen hatte, verwies der BFH die Sache an
das FG zurück.
Hinweis
Der BFH präzisiert seine Rechtsprechung
zur Annahme von Sonderbetriebsvermögen
II dahin, dass jedenfalls bei einer Minderheitsbeteiligung an der KomplementärGmbH von weniger als 10 % die Vorausset-
zungen grundsätzlich nicht gegeben sind.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn nach
der Satzung ohne die Stimmen des Minderheitsgesellschafters keine Beschlüsse gefasst werden können. Der BFH hebt hervor,
dass rein wirtschaftliche Überlegungen nicht
zu einer anderen Beurteilung führen können, da sie die Abschirmwirkung der GmbH
als selbständiges Steuersubjekt außer Betracht lassen würden.
Ausdrücklich offen lässt der BFH, ob eine
Zuordnung zum Sonderbetriebsvermögen II
stets geboten ist, wenn die Beteiligung 10 25 % beträgt und dem Gesellschafter damit
gewisse Minderheitsrechte zustehen, oder
ob von einer Einflussnahme erst bei einer
Beteiligung von mehr als 25 %, d.h. bei einer Sperrminorität, auszugehen ist. Insoweit
bleibt die weitere Entwicklung für entsprechende Fälle abzuwarten.
Bindung des Gesellschafters an die Feststellungen des steuerlichen Einlagekontos
(BFH, Urteil vom 28.01.2015, I R 70/13, veröffentlicht am 03.06.2015)
Hintergrund
Streitig war die Rechtmäßigkeit des gegenüber der GmbH ergangenen Nachforderungsbescheids über KapESt sowie den darauf entfallenden SolZ.
(Bild: Haufe Online Redaktion)
Die Regelung, nach der Bezüge aus Anteilen an einer Körperschaft nicht zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören, soweit für diese das steuerliche Einlagekonto
als verwendet gilt, knüpft tatbestandlich an
die ausgewiesenen Bestände des steuerlichen Einlagekontos an.
Die Gesellschafter der GmbH hatten in 2006
die Teilauszahlung der Kapitalrücklage beschlossen und deren Ausweis in der Handelsbilanz entsprechend gemindert. Gleichwohl erklärte die GmbH zum 31.12.2006 ein
gegenüber der Feststellung zum Jahresende 2005 unverändertes steuerliches Einlagekonto. Das FA entsprach der Erklärung
mit Feststellungsbescheid (März 2008). Im
November 2006 wurde das Einlagekonto - in
Anpassung an die geänderte Feststellung
des Vorjahrs - zum 31.12.2006 in gleicher
Höhe festgestellt. Der Feststellungsbescheid wurde von der GmbH nicht angefochten und wurde materiell bestandskräftig.
Das FA war der Ansicht, die GmbH habe an
ihre Gesellschafter zwar Leistungen aus ih-
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rer Kapitalrücklage erbracht. Da sie ihren
Anteilseignern jedoch keine entsprechende
Bescheinigung erteilt habe, gelte der Betrag
der Einlagenrückgewähr als mit Null bescheinigt. Mangels Bescheinigung trete eine
Verringerung des Einlagekontos nicht ein.
Das FA machte dementsprechend mit Nachforderungsbescheid (August 2009) gegenüber der GmbH als Entrichtungsschuldnerin
für 2006 die nicht einbehaltene KapESt (zuzüglich den darauf entfallenden SolZ) geltend.
Das FG wies die Klage ab. Da der Bestand
des
steuerlichen
Einlagekontos
zum
31.12.2006 dem zum 31.12.2005 festgestellten Bestand entspreche, sei keine Verwendung des steuerlichen Einlagekontos
festgestellt worden, sodass die Bezüge zu
den kapitalertragsteuerpflichtigen Einnahmen gehörten.
Entscheidung
Die Ausschüttungen der GmbH gehören zu
den Gewinnanteilen und unterliegen dem
Abzug der KapESt. Der BFH wies daher die
Revision der GmbH zurück.
Die GmbH ist der Meinung, sie habe keine
Gewinne ausgeschüttet, sondern ihren Gesellschaftern die von diesen erbrachten Kapitalrücklagen erstattet. Die Ausschüttungen
gehörten deshalb nicht zu den kapitalertragsteuerpflichtigen Erträgen der Gesellschafter (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Diesen
Einwand weist der BFH bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zurück. Das steuerliche Einlagekonto wurde zum Jahresende
2006 ebenso wie für 2005 auf den gleichen
Betrag festgestellt. Diese nach § 27 Abs. 2
Satz 1 KStG getroffenen Feststellungen entfalten, obwohl sie an die Kapitalgesellschaft
gerichtet sind, auch für die Anteilseigner eine materiell-rechtliche Bindung. Demgemäß
ist nicht nur die mit den Feststellungen des
steuerlichen Einlagekontos für die Leistungen der Körperschaft verbundene Verwendungsfiktion (d.h. dass die Beträge aus dem
steuerlichen Einlagekonto als verwendet
gelten) auch auf der Ebene der Gesellschafter zu beachten. Vielmehr bedeutet die materiell-rechtliche Bindung des Gesellschafters auch, dass er sich nicht darauf berufen
kann, das steuerliche Einlagekonto sei im
Bescheid über die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos unzutreffend ausgewiesen. Aufgrund der Bestandskraft ist den
Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit
des Feststellungsbescheids nicht nachzugehen.
Hinweis
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG gehören Bezüge nicht zu den Einnahmen aus
Kapitalvermögen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die
Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto
i.S.v. § 27 KStG als verwendet gelten (Verwendungsfiktion). Nach § 27 Abs. 2 Satz 1
KStG wird der Bestand des steuerlichen
Einlagekontos unter Berücksichtigung der
Zu- und Abgänge gesondert festgestellt.
Diese Feststellung ist auch für die Besteuerung der Anteilseigner materiell-rechtlich
bindend. Diese Bindung bewirkt im Streitfall,
dass keine Ausschüttungen vorliegen, für
die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto gemäß der Verwendungsfiktion als
verwendet gelten.
Die GmbH hatte noch hilfsweise vor dem
FG beantragt, die Nachforderung aus Billigkeitsgründen zu erlassen. Hier weist der
BFH zutreffend darauf hin, dass Billigkeitsmaßnahmen nicht dazu bestimmt sind, die
Rechtmäßigkeitsprüfung von Steuerbescheiden im Rahmen der dafür vorgesehenen Verfahren (Änderungsantrag, Einspruch, Rechtsmittel) zu unterlaufen.
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Sonstiges
Gericht erlaubt Widerspruch gegen Versicherungsvertrag noch nach zehn Jahren
(OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.05.2015, 12 U 122/12)
Nötige Schriftform kommt nicht klar zum
Ausdruck
Die Formulierung „Absendung“ im Versicherungsschein mache nicht hinreichend deutlich, dass der Widerspruch schriftlich erfolgen müsse.
•
Zwar sei klar, dass mündliche Erklärungen nicht abgesendet werden könnten.
(Bild: Haufe Online Redaktion)
Kommt durch das Wort „Absendung“ in einem Versicherungsschein klar zum Ausdruck, dass hier im Falle eines Widerspruchs etwas Schriftliches verlangt wird?
Dem OLG Karlsruhe reichte das nicht für eine Widerspruchsbelehrung und es erlaubte
dem Versicherungsnehmer die Rückabwicklung des Vertrags nach über 10 Jahren.
„Dem Abschluss dieses Vertrages können
Sie innerhalb von 14 Tagen ab Zugang dieser Unterlagen widersprechen. Zur Wahrung
der Frist genügt die rechtzeitige Absendung
des Widerspruchs.“ So lautete die Widerrufsbelehrung im Versicherungsschein zu
einer fondsgebundenen Rentenversicherung
mit Todesfall-Risikoversicherung.
Formulierung im
nicht eindeutig
Versicherungsschein
Der Kläger, der die Versicherung zum
01.07.2001 abgeschlossen und bis August
2007 Beiträge gezahlt hatte, bevor er die
Versicherung beitragsfrei stellte, widerrief
diese am 20.09.2011, also gut zehn Jahre
nach Abschluss. Er begründete die Zulässigkeit dieses späten Widerrufs damit, dass
er über das Widerspruchsrecht (§ 5a Abs. 2
S. 1 VVG a.F.) nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei.
•
Aber auch zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im Jahr 2001 seien EMails und Telefaxe gängig gewesen, die
aber der gesetzlichen Erfordernis der
Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB a.F.
nicht genügen.
Rückabwicklungsforderungen nicht verjährt
Das OLG Karlsruhe schloss sich der Argumentation des Klägers an. Das Fehlen einer
ordnungsgemäßen Widerspruchsbelehrung
hat zur Folge, dass der Kläger auch im Jahr
2011 noch ein Widerspruchsrecht hatte.
Damit sind die Forderungen des Klägers
auch nicht verjährt.
•
Der verlangte von der Versicherung
nämlich eine Rückerstattung der gezahlten
Versicherungsprämien.
•
Allerdings muss er sich Abzüge für
den Risikoschutz gefallen lassen, der mit
dem Vertrag verbunden war.
Vorherige Kündigung ändert nichts am Widerspruchsrecht: Dass der Kläger vor dem
Widerspruch die Versicherung gekündigt
hatte (zum 1.5.2011) ändert nichts an seinem Widerspruchsrecht. Denn da er über
das Widerspruchsrecht nicht ausreichend
belehrt worden war, konnte er sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch
nicht sachgerecht ausüben.
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Alles nur kein Recht
Entspannt dienstlich unterwegs
(OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.05.2015, 12 U 122/12)
ringe Motivation, Frustration oder gar Ärger
verstärken eine Stresssituation zusätzlich.
Hinzu kommt, dass Pendler oder DauerGeschäftsreisende weniger zuverlässig ihre
privaten Kontakte pflegen können. Mal
kommt ein Stau dazwischen, mal ein Streik,
mal eine technische Panne. Beruf und Familie lassen sich bei Pendlern oder Wochenendheimfahrern oft noch weniger vereinen,
als dies für viele Beschäftigte so schon der
Fall ist.
(Bild: Haufe Online Redaktion)
Mehr als 20 % der Beschäftigten arbeiten
mehr als 20 Kilometer von ihrem Wohnort
entfernt. Das bedeutet viel Zeit im Auto oder
in der Bahn – täglich oder als Wochenendpendler zu Zeiten mit hohem Verkehrsaufkommen. Und auch bei Geschäftsreisen
kommen viele Stunden und Kilometer zusammen. Das kann ganz schön stressen.
Der TÜV Rheinland gibt Tipps, wie man entspannt dienstlich unterwegs sein kann.
Berufliche Mobilität bedeutet für die betroffenen Beschäftigten auch immer Einschränkungen. So ist man nicht nur während der Arbeitszeit weg von zu Hause,
sondern auch noch z. T. viele Stunden während der An- und Abfahrt. In Ballungsgebieten kostet der Fahrweg oft viel Zeit und mindestens so viele Nerven, wenn sich die Autoschlangen nur langsam fortbewegen.
Doch auch die Bahnfahrer mussten vor allem in den letzten Monaten durch die Streiks
der Lokführer viel Geduld haben.
Hoher Zeitaufwand und wenig Freizeit
belasten
Der hohe Zeitaufwand beim Pendeln oder
bei Geschäftsreisen belastet vor allem,
wenn die Arbeitszufriedenheit gering ist. Ge-
Arbeitgeber können ihre Mitarbeiter entlasten
Mobilität hat ihre Grenzen, vor allem weil sie
auch immer von äußeren Umständen abhängt. Arbeitgeber sollten deshalb darauf
achten, dass ihre Mitarbeiter, die dienstlich
unterwegs sind,
•
technisch optimal mit Smartphone,
Tablet oder Notebook ausgestattet sind, so
dass sie problemlos auch von unterwegs auf
Daten und Informationen zurückgreifen können.
•
eventuell die Möglichkeit haben, von
zu Hause arbeiten zu können.
•
ihre Arbeitszeit möglichst flexibel gestalten können.
•
alle notwendige Unterstützung wie
etwa eine betriebliche Kinderbetreuung bekommen.
Pendler können viel für ihre Gesundheit
tun
Der TÜV Rheinland rät den Pendlern neben
einem konsequenten Zeitmanagement vor
allem auf ihre Gesundheit zu achten. Dazu
können folgende Schritte beitragen:
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• gemeinsame Aktivitäten mit der Familie
und mit Freunden,
• ausgiebige Spaziergänge nach langen
Fahrten,
• eine aktive Pausen- und Freizeitgestaltung,
• ein optimal eingestellter Fahrersitz im Auto,
• tägliche Gymnastikübungen auch im Hotelzimmer,
• gesunde Ernährung sowie
• Entspannungsübungen.
Beruflicher Erfolg - Von der Glücksforschung profitieren
Nur ein echtes Lächeln mit echten "Krähenfüßen" in den Augenwinkeln erzeugt Vertrauen und macht aus Kunden glückliche
Kunden, weiß die Glücksforschung. Aufgesetzte Freundlichkeit hingegen strengt den
Lächler an und ermüdet ihn, was auch Kunden merken.
wer über mehr verfügt als seine Altersgenossen und Kollegen. Ansonsten muss man
sich bei einem ausreichenden finanziellen
Polster mit "zufrieden" begnügen.
So etwa lässt sich eine der neuesten Erkenntnisse der Glücksforschung (Happiness
Research) umschreiben. Diese befasst sich
mit Glück im Sinn von Lebenszufriedenheit
(happy), nicht mit dem kurzfristigen Glücksgefühl, etwa bei einem Lottogewinn (lucky).
"Ziel der Glücksforschung ist es herauszufinden, was Glück fördert oder hemmt", beschreibt es Prof. Dr. Karlheinz Ruckriegel
von der TH Nürnberg, "um daraus Handlungsempfehlungen für die Wirtschaftspolitik
(z.B. Vorschläge für eine "aktivierende Arbeitsmarktpolitik"), für Unternehmen (z.B.
Schaffung von Rahmenbedingungen, die die
Zufriedenheit der Mitarbeiter am Arbeitsplatz
erhöhen) sowie für den Einzelnen (z.B. die
Erkenntnis, dass in den westlichen Industrieländern weniger ein "Mehr" an materiellen
Gütern, sondern vielmehr ein "Mehr" an sozialen Kontakten und Mitmenschlichkeit das
Glück und die Lebenszufriedenheit erhöht)
abzuleiten."
Was hat das nun mit dem Berufleben zu
tun? Laut Vertriebsprofi und Trainerin
Sandra Schubert sehr viel. In ihrem Buch
"Happy Sales" plädiert sie dafür als glücklicher Verkäufer seine Kunden ebenfalls
glücklich zu machen. Sie schreibt: "Ein guter
Verkäufer liebt das, was er tut. Er ist "der
Guide" im Angebotsdschungel für jeden
Kunden. Das eigene Glück im Kopf zu haben und gleichzeitig für das Glück des anderen zu sorgen, führt zu positiven und lang
anhaltenden Geschäftsbeziehungen."
Macht Geld doch glücklich?
Neben der Arbeit als wesentlichem Glücksfaktor stuft die Forschung auch Geld als solchen ein. Das Sprichwort "Geld macht nicht
glücklich" stimmt insofern also nicht mehr.
Allerdings macht es laut der USamerikanischen Studie "Relative Income
and Happiness" nur den wirklich glücklich,
Glückliche
glücklich
Berater
machen
Kunden
Die kleinen Schritte genießen
In der Praxis werde häufig vergessen, sich
auch über Schritte hin zu einer stabilen
Kundenbeziehung zu freuen und gerade die
kleinen Erfolgserlebnisse zu erkennen und
darüber glücklich zu sein. Drei große
Glücksfelder hätten Verkäufer, so Schubert
weiter: Erfolg und Anerkennung, Abwechslung und Entwicklung sowie Sinn und Erfüllung. Sie empfiehlt, mit einem Erfolgstagebuch täglich Glücksmomente zu sammeln
und festzuhalten, was im Verkauf an diesem
Tag besonders gut geglückt ist. Dieser "Positivcheck" verdeutliche die kleinen Schritte
auf dem Weg zum Erklimmen der Erfolgspyramide.
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Hartnäckige Rechtsirrtümer
An dieser Stelle werden jeweils zwei weit verbreitete Rechtsirrtümer ausgemerzt. Hätten Sie es
gewusst?
"Entgelt" schreibt man hinten mit "d".
Antwort:
Man schreibt es mit "t" Das kommt nämlich von "entgelten", und da
von "gelten", so wie "abgelten" - diese Wörter würde niemand mit d
schreiben.
Wenn man den „GEZ-Kontrolleur“ (Beitragsservice) nicht hereinlässt, kommt er mit einem Hausdurchsuchungsbeschluss wieder.
Antwort:
Das ist de jure zwar möglich, de facto praktisch ausgeschlossen. Es
wird sich kaum ein Richter finden lassen, der den Durchsuchungsbeschluss erlassen wird. Der Aufwand und die Kosten hierfür wären
viel zu hoch.
Hinweis:
Sollten Sie diese Mandanteninfo nicht mehr wünschen, teilen Sie uns dies bitte – am Einfachsten durch Ihre RE-Funktion Ihres E-Mail-Programms – mit.
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und die Staaten des Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, der Versicherungsschutz besteht über die
gesetzlichen Anforderungen nach § 51 BRAO hinaus je Versicherungsfall mit 1 Mio Euro. Gem § 51 (4) BRAO ist der
Ersatz eines fahrlässig verursachten Schadens auf 1 Mio Euro begrenzt (Beachten Sie auch die Links zur Berufsordnung auf der Startseite, zudem im Internet abrufbar unter www.brak.de). Bilder © red2000 - Fotolia.com
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