WIRTSCHAFTSAUSBLICK GEORGIEN Ausgabe 2 | Mai 2015 Bewertung der wirtschaftlichen Lage durch GET Georgien Überblick • Das Wirtschaftswachstum Georgiens wird 2015 voraussichtlich maximal 2% betragen • Exporte in die GUS-Staaten sind 2014 um 9,6% zurückgegangen • Auch die Auslandsrücküberweisungen sind im 1. Quartal 2015 um 22% rückläufig gewesen • Das Leistungsbilanzdefizit schwillt 2015 auf sehr hohe 11,5% des BIP an • FDI-Zuflüsse trotz der schwachen regionalen Situation 2014 stark bei 7,7% des BIP Themen • Auswirkungen des niedrigen Ölpreises: Einziger positiver Schock für die Wirtschaft in 2014 hat einen direkten Wachstumseffekt von ca. 1% • Agrarexporte: Trotz guter Bedingungen für die Landwirtschaft und hohen Anteils verarbeiteter Erzeugnisse an Exporten weiterhin Agrarhandelsdefizit • Spezialisierung der georgischen Wirtschaft: Potential in energieintensiver Industrie, Maschinenbau, Dienstleistungen und Nahrungsmittelsektor sollte ausgeschöpft werden © German Economic Team Georgien Basisindikatoren BIP (2014) Georgien Belarus Russland Ukraine 16,5 Mrd. USD 76,1 Mrd. USD 1.857,5 Mrd. USD 130,7 Mrd. USD 3.667 USD 8.010 USD 12.926 USD 3.055 USD 4,5 Mio. 9,5 Mio. 143,7 Mio. 42,8 Mio. BIP/Kopf (2014) Bevölkerung Haupthandelspartner 2014 (Waren) Export Import EU 21,7% | Aserbaidschan 19,0% | Armenien 10,1% | Russland 9,6% | Sonstige 39,6% EU 27,6% | Türkei 20,1% | Aserbaidschan 7,4% Russland 6,7% | Sonstige 38,3% Textilien 3% Waren pflanzlichen Ursprungs 9% Sonstige 10% Beförderungsmittel 21% Waren pflanzlichen Ursprungs 5% Lebensmittel 18% Chemische Erzeugnisse 10% Mineralische Stoffe 12% Sonstige 23% Maschinen 18% Lebensmittel 7% Metalle 7% Metalle 17% 2 Mineralische Stoffe 20% Chemische Erzeugnisse 9% Beförderungsmittel 11% © German Economic Team Georgien Wirtschaftswachstum % zum Vj. Reales BIP-Wachstum 8 7 6 5 4 3 2 1 0 2011 2012 2013 2014* 2015* 2016* Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose Beitrag zum BIP-Wachstum, Nachfrageseite 14 12 10 8 6 4 2 0 -2 -4 -6 %-Punkte 2011 Privater Konsum 2012 2013 Öffentlicher Konsum Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose 2014* 2015* Nettoexporte 2016* BIP • 2014 – Stabiles Wachstum getrieben von privatem Konsum – Rückgang der Nettoexporte • 2015 – Wachstumsprognosen wurden auf 2% von ehemals ca. 5% korrigiert – Negative Risiken überwiegen – Einbruch des privaten Konsums – Grund: Einkommensrückgang durch Exportreduktion und gesunkene Auslandsrücküberweisungen – Verbesserung der Nettoexporte aufgrund gesunkener Importe Fazit • Georgien kann sich negativem regionalen Trend nicht gänzlich entziehen • Gründe für Abschwächung des Wachstums sind exogen Investitionen 3 © German Economic Team Georgien Sektorale Perspektive Zusammensetzung des BIP 2014 Landwirtschaft 9% Sonstige 29% Industrie 17% Bau 7% Einzelhandel und Reparaturgewerbe 17% Transport, Lagerung u. IKT 11% Öffentlicher Dienst 10% Quelle: Geostat Sektorale Dynamik % zum Vj. 15 • Landwirtschaft mit 9% des BIP und ca. 50% der Beschäftigung wichtiger Sektor • Industrieanteil mit 17% des BIP recht gering • Wachstum der Sektoren 2014 stark durch Einbruch der Exporte in die Region definiert • Schwache Entwicklung Landwirtschaft aufgrund starken Exportanteils der GUS-Staaten (65%) • Umkehrung des starken Wachstums der Landwirtschaft in 2013 nach Aufhebung des russischen Handelsembargos • Entwicklung des Handels in 2014 stabil aufgrund solider Entwicklung der Binnennachfrage Fazit • Weitere Entwicklung der Sektoren hängt von regionaler Wirtschaftsentwicklung sowie Exportdestinationen der Sektoren ab 10 5 0 -5 2011 2012 2013 Landwirtschaft Produzierendes Gewerbe Groß- und Einzelhandel; Reparaturgewerbe 2014* Quelle: Geostat, *Schätzung 4 © German Economic Team Georgien Inflation und Löhne 10 Inflationsrate % zum Vj. 8 6 4 2 0 -2 2011 2012 2013 2014* 2015* 2016* Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose Bemerkung: Jahresdurchschnitt (Verbraucherpreise) Reallöhne 14 12 10 8 6 4 2 0 -2 -4 % zum Vj. 2011 2012 Quelle: Geostat, eigene Berechnungen 2013 2014 Inflation • Erwartete Inflation bleibt in 2014 (3,1%) und 2015 (3%) deutlich unterhalb des Inflationsziels von 5% • Spielraum der Nationalbank für lockerere Geldpolitik eingeschränkt – Schwacher Übertragungsmechanismus der Geldpolitik durch Finanzsystem – Risiko bei zukünftigen Inflationserwartungen aufgrund von Wechselkursentwicklungen • Abwertung gegenüber US-Dollar hat bislang keine starken Auswirkungen auf Inflation Reallöhne • Entwicklung der Reallöhne konstant stärker als BIP-Wachstum • Anteil an selbstständiger, oft gering bezahlter, Beschäftigung von rund 60% nicht in dieser Statistik enthalten • Bisher keine Anzeichen, dass starkes Lohnwachstum BIP-Wachstum hemmt oder stark Inflation treibt Fazit • Allgemeine Preisentwicklung unproblematisch 5 © German Economic Team Georgien Leistungsbilanz und Wechselkurs Leistungsbilanz • Anstieg des Leistungsbilanzdefizites auf kritische 11,5% des BIP in 2015 • Grund: Schwache Entwicklung der Exporte und Auslandsrücküberweisungen • Importe reagieren zeitverzögert und zu schwach Wechselkurs und Währungsreserven • Deutliche Abwertung gegenüber US-Dollar um 27% in den letzten 12 Monaten • Zentralbank hat Wechselkursanpassung zugelassen, nur minimal interveniert • Anpassung war notwendig, da Rubel und Hryvnia noch stärker gegenüber Dollar abgewertet haben • Währungsreserven bleiben konstant, Importdeckung für ca. 2 Monate Fazit • Leistungsbilanzdefizit bleibt größte makroökonomische Verwundbarkeit Leistungsbilanz % des BIP 0 -2 -4 -6 -8 -10 -12 -14 2011 2012 2013 2014* 2015* 2016* Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose Wechselkurs und Währungsreserven GEL/USD Mrd. USD 3,5 2,3 2,2 2,1 2,0 1,9 1,8 1,7 1,6 1,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 Wechselkurs (rechte Skala) Jan. 15 Okt. 14 Jul. 14 Apr. 14 Jan. 14 Okt. 13 Jul. 13 Apr. 13 Jan. 13 Okt. 12 Jul. 12 Apr. 12 Jan. 12 Okt. 11 Jul. 11 Apr. 11 Jan. 11 0,0 Reserven (linke Skala) Quelle: Nationalbank Georgien 6 © German Economic Team Georgien Außenhandel Außenhandel (Waren und Dienstleistungen) 40 35 30 25 20 15 10 5 0 -5 -10 % zum Vj. Export 2011 2012 2013 Import 2014* 2015* 2016* Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose Exportdestinationen 2014 (Waren) Sonstige 17% Aserbaidschan 19% USA 7% Armenien 10% Andere GUS 7% EU-28 22% Quelle: Geostat Russland 10% Türkei 8% Import • Import: 60% des BIP (2014) • Importwachstum in 2014 noch stark bei 7,9% • Importrückgang von 3,5% in 2015 erwartet aufgrund abschwächender Konjunktur und Abwertung gegenüber US-Dollar Export • Export: 43% des BIP (2014) • Rückgang der Exporte um 0,2% in 2014 und 2,7% in 2015 erwartet • Starker Einbruch der Exporte in GUS-Staaten (2014: -9,6%, März 2015/2014: 58%) • Bedeutung von Russland aufgrund früherer Handelssanktionen mit 10% begrenzt • Einst starke Re-exporte von Automobilen aufgrund neuer Regelungen in Aserbaidschan stark rückläufig Fazit • Wirtschaftliche Schwäche der GUS-Staaten ist Grund für schwache Exportentwicklung 7 © German Economic Team Georgien Öffentliche Finanzen und Staatsverschuldung % des BIP 0 Haushaltsdefizit -1 -2 -3 -4 2011 2012 2013 2014* 2015* 2016* Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose % des BIP 45 40 35 30 25 20 Staatsverschuldung 15 10 5 0 2011 2012 2013 Quelle: IWF, *Schätzung/Prognose 2014* 2015* 2016* • Reduziertes Wachstum führt zu Anstieg des Haushaltsdefizites auf 1,8% des BIP in 2014 und 3,1% in 2015 • Standby-Agreement mit IWF besteht • Notwendige Anpassung der Staatsfinanzen wird vor allem auf Ausgabenseite stattfinden, soll aber Investitionen des Staates nicht betreffen • Staatsschulden steigen leicht auf 42% des BIP, bleiben aber unkritisch • Starke Einschränkungen des politischen Spielraums durch „Economic Liberty Act“ (Verfassungsrang) • Begrenzt Haushaltsdefizit auf ca. 3% des BIP (Schuldenbremse) • Staatsausgaben dürfen 30% des BIP nicht überschreiten • Steuererhöhungen müssen durch Referenden bestätigt werden Fazit • Trotz Anstiegs des Defizits keine kritische Situation des Staatshaushaltes 8 © German Economic Team Georgien Handel mit Deutschland Tsd. Euro 500 Außenhandel mit Deutschland 400 300 200 100 0 -100 -200 2010 2011 Deutsche Exporte 2012 2013 Deutsche Importe 2014 Saldo Quelle: Statisches Bundesamt Außenhandel • Rückgang der Exporte nach Deutschland in 2014 um 13% • Deutschland ist Ziel von 2,4% der georgischen Exporte • 12. Platz in der Liste der wichtigsten Exportdestinationen Georgiens • Wachstum der georgischen Importe aus Deutschland in 2014 um 13% • 5,4% der georgischen Importe stammen aus Deutschland Deutsche Exporte nach Georgien 2014 Sonstige 25% KfZ und Teile 23% Elektrotechnik 4% Elektronik 4% Nahrungsmittel 9% Quelle: Statisches Bundesamt Maschinen 19% Fazit • Handel mit Deutschland im Zuge der Implementierung des Freihandelsabkommens noch ausbaufähig • Insbesondere noch starkes Potenzial bei Exporten nach Deutschland Chemische Erzeugnisse 16% 9 © German Economic Team Georgien Ausländische Direktinvestitionen (FDI) Zufluss von FDI (netto) 1,4 Mrd. USD 1,2 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 2011 2012 2013 2014* Quelle: Geostat FDI nach Sektoren 2014 Immobilien 7% Bergbau 4% Landwirtschaft 2% Energie 8% Finanzsektor 6% Sonstige 7% Bau 24% Industrie 14% Quelle: Geostat • FDI Zufluss erfreulich hoch: Anstieg der FDI 2014 auf 1,3 Mrd. US-Dollar (7,7% des BIP) • Konstant hohes FDI Niveau ist in der Region angesichts der gegenwärtigen Lage einzigartig • Zum Vergleich: Nettozufluss FDI 2014 Ukraine 0,2%, Moldau 2,6%, Armenien 4,8% des BIP • Grund für Anstieg unter anderem aufgeschobene Investitionen früherer Jahre (politische Unsicherheit während Regierungswechsel) • Auch bedingt durch bereits lange beschlossene Großinvestitionen anlässlich des Europäischen Olympischen Jugendfestivals • Börsengang der TBC Bank in London hatte zudem negative buchhalterische Auswirkung auf FDI, aber ohne reellen Mittelabzug aus Georgien Transport und IKT 28% Fazit • Konstant hoher Zufluss an FDI beweist Vertrauen der Investoren in politische Stabilität und wirtschaftliche Entwicklung Georgiens 10 © German Economic Team Georgien Auswirkungen des niedrigen Ölpreises Weltölpreis USD/barrel Prognose 120 100 80 60 40 20 0 Jan. 13 Jul. 13 Jan. 14 Jul. 14 Jan. 15 Jul. 15 Quelle: IMF % des BIP 18 Energieimporte 2013 16 14 12 10 8 6 • Rückgang des Ölpreises um ca. 40% in 2014/2015 • Ölimporte in Höhe von 6% des BIP Georgiens • Reduktion des Ölpreis ist ein positiver Handelsschock für Georgien • Direkte Auswirkung: Einsparung bei gleichem Importvolumen in Höhe von 2,3% des BIP • Teil der Einsparung wird für neue Importe ausgegeben, anderer Teil für heimische Produkte und Dienstleistungen • Positiver Effekt auf BIP in Höhe von 1,1% Fazit • Ölpreissenkung der derzeit einzige positive externe Schock für Georgien • Wird im Gesamteffekt allerdings durch reduzierte Nettoexporte und geringere Auslandsrücküberweisungen aufgewogen 4 2 0 Bulgarien Ukraine Moldau Öl Gas Georgien Deutschland Frankreich Sonstige Quelle: UN Comtrade, IWF 11 © German Economic Team Georgien Agrarexporte – Chancen und Risiken Agrarimporte und -exporte, Mio. USD 1,5 Mrd. USD 1,0 0,5 0,0 -0,5 -1,0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Importe Exporte Saldo Quelle: Finanzministerium Georgien Destinationen der Agrarexporte, 2009-2014 Frankreich 2% Andere Länder 22% Ukraine 22% Litauen 2% Italien 3% Belarus 4% Deutschland 6% Aserbaidschan 16% Armenien 7% Quelle: Finanzministerium Georgien Russland Kasachstan 8% 8% • Landwirtschaft bedeutsamer Sektor: 9,3% des BIP, über 50% der Beschäftigung (2013) • Anhaltendes Agrarhandelsdefizit trotz deutlichem komparativen Vorteil in Landwirtschaft • Erfreulich hoher Anteil an verarbeiteten Erzeugnissen in Exporten • Allerdings starke Konzentration auf wenige Produkte und Absatzmärkte • 50% aller Agrarexporte und 95% aller verarbeiteten Exporte 2009-2014 waren Spirituosen, Wein und Mineralwasser • 65% der Agrarexporte gehen in GUS Staaten Fazit • Portfolio an Exportprodukten und Zielländern sollte diversifiziert werden. Öffnung zur EU durch DCFTA birgt Chancen, aber auch Risiken • Modernisierung von Forschung und Ausbildung sowie Umsetzung von Standards ist von besonderer Bedeutung 12 © German Economic Team Georgien Spezialisierung der Wirtschaft Mio. USD 10 wichtigste Exportprodukte* 800 700 600 500 400 300 200 100 0 Quelle: UN Comtrade und Services Trade Datenbanken, eigene Berechnungen * Volumen (Durchschnitt 2009-2011) Wertschöpfungsintensität der Exporte* Wertfaktor, % 60 50 40 30 20 10 0 • Georgien derzeit spezialisiert in Transport, Tourismus und Agrar-/Nahrungsmittelsektor • Auch spezialisiert in einigen Metallprodukten (z.B. Eisenlegierungen, Gold) • Geringe Diversifizierung: 10 stärkste Exportgüter machen 66% der Gesamtexporte aus • Geringe Wertschöpfungsintensität der wichtigsten Exportgüter • Empirische Analyse zeigt Potential für weitere Spezialisierung auf: • Energieintensive Industrie • Teilbereiche des Maschinenbaus • Unternehmensnahe Dienstleistungen • Diversifizierung der Nahrungsmittelexporte Fazit • Diversifizierung der Exporte zu mehr Produkten und Mehrwertintensität wünschenswert • Regierung sollte auch Potential in Industrie aktiv kommunizieren Quelle: UN Comtrade und Services Trade Datenbanken, eigene Berechnungen * Nur 10 wichtigste Exporte, Durchschnitt 13 © German Economic Team Georgien German Economic Team Georgien Das German Economic Team Georgien (GET Georgien) unterstützt seit 2014 die georgische Regierung bei der Entwicklung und Gestaltung der notwendigen wirtschaftlichen Reformprozesse. Im kontinuierlichen Dialog mit den georgischen Regierungsinstitutionen identifizieren wir aktuelle wirtschaftspolitische Problemfelder und erarbeiten konkrete Handlungsempfehlungen. Dabei legen wir höchsten Wert auf eine objektive Analyse der Probleme und die unabhängige Beratung der Entscheidungsträger. GET Georgien wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie finanziert. Kontakt: German Economic Team Georgien c/o Berlin Economics Schillerstraße 59 10627 Berlin Tel: +49 30/ 20 61 34 64 0 [email protected] www.get-georgien.de Twitter: @BerlinEconomics 14 © German Economic Team Georgien
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