DFS 70 - Autoantikörper - Autoantibodies

Autoantikörper - Autoantibodies - Autoanticorpi
Prof. Dr. med. Hans-Peter Seelig - Dr. rer. nat. Claudia A. Seelig
Karlsruhe - Merano
DFS70 / LEDGF-Autoantikörper
Akronym
 DFS70: dense fine speckles, LEDGF: lens epithelium derived growth factor, p75: transcriptional coactivator p75.
Synonyma
 PC4-[positive cofactor 4] and SFRS1- [serine/arginine-rich splicing factor 1] interacting
protein (Empfohlener Proteinname)
Genname
PSIP1
Indikationen
 Differenzialdiagnostik bei positivem IIFT-ANA und systemischen autoimmunen rheumatischen Erkrankungen (SARD)
Siehe auch
 Laborinformation: Autoantikörper gegen DFS70 / LEDGF
Autoantikörper gegen DFS70 (Accession No: O75475) wurden erstmals 1994 von Ochs und
Mitarbeitern (63) bei Patienten mit interstitieller Zystitis beschrieben. Im indirekten Immunfluoreszenztest (IIFT) zeigten sie ein charakteristisches Bild mit dichten, fein granulären, im Nukleoplasma der Interphasekerne gelegenen Sprenkeln (dense fine speckles, DFS) und einer
auffallenden Färbung der kondensierten Chromosomen in Mitose-Zellen (Abbildung 2). Im
Western Blot (WB) reagierten sie mit einem aus MOLT-4-Zellen extrahierbaren Protein mit einer
elektrophoretischen Mobilität von 70 kDa. Nachfolgende Untersuchungen ergaben, dass
DFS70, dessen DNA-Sequenz 1997 zu 74 % bekannt war (64), sowie der “transcription coactivator p75“, p75 (29, 30) und der “lens epithelium derived growth factor“, LEDGF (74) ein identisches, von dem PSIP1-Gen codiertes Protein darstellen (57, 65), was sich auch in der ebenfalls gebräuchlichen Bezeichnung “DFS70/LEDGF/p75“ widerspiegelt. Bei einem mit „Sa“ bezeichneten nukleären Autoantigen (36) handelt es sich ebenfalls um DFS70/LEDGF (39).
Die mit dem „dense fine speckles“- (DFS-) Muster einhergehenden antinukleären Antikörper
(DFS-ANA) und sensu stricto die Antikörper gegen DFS70 (anti-DFS70) erwiesen sich als wenig krankheitsspezifisch. Außer bei allergischen, entzündlichen und Tumor-Erkrankungen (Tabelle 1) waren sie häufig auch bei gesunden Personen anzutreffen. Auffallend selten fanden sie
sich dagegen bei ANA-assoziierten systemischen autoimmunen rheumatischen Erkrankungen
(SARD; systemic autoimmune rheumatic diseases) wie systemischem Lupus erythematodes
(SLE), systemischer Sklerose (SSc), Mischkollagenose (MCTD), Sjögren-Syndrom (SS) und
Dermatomyositis/Polymyositis (DM/PM), weshalb ihnen zunehmend die Rolle eines Exklusionsmarkers für diese Erkrankungen zugeschrieben wurde (50, 53, 59, 94). Angesichts der
eingeschränkten Krankheitsspezifität des bei Verdacht auf SARD weltweit durchgeführten ANAIIFT wäre ein solcher Exklusionsmarker für die präzisere Einschätzung der pathologischen Wertigkeit serologischer Befunde sowie für die gezielte Auswahl effektiver Folgeuntersuchungen in
der Tat diagnostisch sehr hilfreich.
Antigen
Das von dem PSIP1-Gen codierte, ubiquitär exprimierte, 530 Aminosäuren (aa) umfassende
DFS70/LEDGF/p75 (Abbildung 1) aus der Familie der HDGF (hepatoma derived growth factor)
ist ein konstitutionelles intranukleäres Protein, dessen N-terminales Segment (aa 1 - 325) eine
hohe Affinität für Chromatin besitzt, mit dem es in allen Phasen des Zellzyklus assoziiert bleibt
(45, 62, 65, 82, 90), bei der Differenzierung von Hautepithelien aber auch in den zytoplasmatischen Keratohyalingranula der Granulosazellschichten gefunden wird (81). Eine kürzere, mit
LEDGFp52 bezeichnete, Spleißvariante unterscheidet sich am C-Terminus von der kanonischen Sequenz durch eine Trunkierung der Aminosäuren 334 - 530 und einen Austausch der
Aminosäuren 326 - 333 durch die Sequenz HQTTCNLQ.
Das modular aufgebaute DFS70/LEDGF/p75 fungiert als molekulares Bindeglied, dessen Nterminale Domänen mit den Nukleosomen interagieren, während eine im C-terminalen Segment gelegene Integrase-Bindungsdomäne, IBD (aa 347 - 429) zelleigene Proteine wie z. B.
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Koaktivatoren für Transkriptionsprozesse binden und an transkriptionell aktive Chromatinbezirke andocken kann. Zu den N-terminalen chromatinbindenden Modulen, gehören die PWWPDomäne (aa 1 - 93), zwei in Tandemformation angeordnete AT-Hook (aa 178 - 197), drei geladene Sequenzregionen (charged regions) CR1-3 (92), eine nicht spezifische DNAErkennungsdomäne, NRD (aa 137 - 206) und ein Erkennungsmotiv (aa 200 -336) für supercoiled DNA, SRD (89). Das für die Kernlokalisierung verantwortliche Motiv NLS (aa 148 - 156)
dient ausschließlich dem nukleären Import (45). die PWWP-Domäne (aa 1 - 93), zwei in Tandemformation angeordnete AT-Hook (aa 178 - 197), drei geladene Sequenzregionen (charged
regions) CR1-3 (92), eine nicht spezifische DNA-Erkennungsdomäne, NRD (aa 137 - 206) und
ein Erkennungsmotiv (aa 200 -336) für supercoiled DNA, SRD (89). Das für die Kernlokalisierung verantwortliche Motiv NLS (aa 148 - 156) dient ausschließlich dem nukleären Import (45).
Abbildung 1 Molekularer Aufbau von DFS70/LEDGF/p75 und LEDGFp52.
Essenziell für die Interaktionen mit Chromatin ist die nach ihrem konservierten ProlinTryptophan-Tryptophan-Prolin- (PWWP-) -Motiv benannte PWWP-Domäne, ein aus fünf antiparallelen -Strängen aufgebautes -Fass (-barrel, aa 1-63) mit angrenzenden -Helices (aa 64
- 93). Sie bindet spezifisch an trimethyliertes Lysin in Histon H3 (H3K36me3), das bevorzugt in
aktiv transkribiertem Chromatin vorkommt (69, 91). Defektmutanten der PWWP-Domäne (aa 1 63, bzw. aa 1 - 93) werden zwar noch in den Zellkern transportiert, interagieren aber nicht mehr
mit dem Chromatin in Mitose-Zellen (45). Die PWWP-Domäne kann auch direkt DNA binden
(40, 46, 54) und eine synergistische Interaktion mit methylierten Histonen und DNA steigert wesentlich ihre Bindungsaffinität (88, 93). Die anderen oben erwähnten Motive, insbesondere die
beiden AT-Hook-Motive, welche die Bindung an AT-reiche DNA-Sequenzen vermitteln, sind in
unterschiedlichem Ausmaße an der Interaktion von DFS70/LEDGF mit Chromatin beteiligt. Sie
wirken auxiliär bzw. affinitätssteigernd (45, 88).
Die Integrase-Bindungsdomäne (aa 347 - 429), in der auch die immunreaktiven Epitope für die
Bindung der Autoantikörper liegen, interagiert mit verschiedenen endogenen Proteinen wie
PC4 (29), Cdc7-ASK (35), JPO2 (4, 48), PogZ (5) und dem Menin/MLL- (mixed lineage leukemia-) Histonmethyltransferase-Komplex (35, 100). Am besten charakterisiert ist ihre Interaktion mit lentiviralen Integrasen, wie z. B. der Integrase des humanen Immundefizienz-Virus
(HIV), welche die Integration der HIV-cDNA in transkriptionell aktive und daher akzessible Bereiche des Wirtsgenoms ermöglicht (14, 15, 25, 31, 45, 47, 90).
Seine Rolle als Koaktivator von Transkriptionsfaktoren (29, 30) verdankt DFS70/LEDGF seiner
Fähigkeit zu komplexen Interaktionen mit Chromosomen und zellulären Proteinen. Es bindet an
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Tabelle 1 Prävalenzen von DFS-ANA bzw. anti-DFS70 bei Erkrankungen der non-SARD Gruppe.
Krankheitsbilder
N
Alopezia areata
anti-DFS70 [%]
Methode
Autor
111
19,8
IIF, ELISA,WB
67
Asthma bronchiale
50
25
16,0
4,0
IIF, WB
CIA
64
51
Atopische Dermatitis
- mit Katarakt
64
21
29
16
29
8
29,6 *1
71,4
10,3
14,1 *2
0,0
100,0
IIF, WB
ELISA
ELISA, WB
ELISA
CIA
ELISA
65
3
39
51
95
3
Autoimmunthyreoiditis
67
6,0
CIA
51
Darmerkrankungen (CED)
34
0,0
CIA
51
60
226
3,3
40,0
IIF, WB
ELISA, WB
65
39
IIF, ELISA
24
CIA
51
ELISA
99
Ermüdungssyndrome,
chronische
Glomerulonephritis, akute
Kasuistik
Morbus Basedow
60
1,7
Morbus Behçet
32
34,4
Multiple Sklerose
10
0,0
CIA
51
Kawasaki-Krankheit
40
0,0
ELISA, WB
39
Psoriasis
22
4,5
IIF, WB
65
WB
16
Retinadegeneration, atypische
Kasuistiken
Sarkoidose
Sympathische Ophthalmie
Vogt-Koyanagi-Harada-Syndrom
Zystitis, interstitielle
Tumoren
Prostata
Lunge
Colon
Mamma
Leukämien
Lymphome
16
25,0
ELISA
99
7
71,4
ELISA
99
36
66,7
ELISA
99
96
103
40
25,0
8,7
5,0
IIF, WB
IIF, WB
CIA
63
65
51
206
48
174
31
39
20
20
20
11
18,4
2,1
17,2
3,2
2,6
0,0
0,0
10,0
9,0
ELISA
IIF
ELISA, WB
IIF
IIF
CIA
CIA
IIF
IIF
20
7
19
7
7
51
51
7
7
*1 auch IgE, *2 auch IgE und IgG4
transkriptionsaktive Regionen des Chromatins und interagiert dort mit Transkriptionskomplexen
der RNA-Polymerase II. Aktiviert, in Situationen oxidativen Stresses (UV- oder radioaktive Strahlung, Serumentzug, zytotoxische Zellschädigung), kann es durch die Induktion der Transkrip-
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tion stressprotektiver, antioxidativer oder inflammatorischer Gene die Zellprotektion und Zellresistenz fördern und dadurch entscheidend das Zellverhalten in Extremsituationen mitbestimmen (72, 76, 77, Übersicht 42). Es ist weiterhin in die Differenzierung neuroepithelialer Stammzellen und in die Neurogenese (17) involviert und beteiligt sich an der Reparatur von DNADoppelstrangbrüchen (21, 70). Es fördert die Integration der HIV-DNA in das Wirtsgenom (siehe oben) und beteiligt sich an der Leukämogenese indem es den trimeren Komplex aus Menin
und MLL- (mixed-lineage leukemia) Histonmethyltransferase an karzinomassoziierte Ziel-Gene
bindet (79, 100). Es bindet das Myc-interacting protein JPO2 an Chromatin (48) was die Onkogenität von c-Myc in Myeloblastomzellen steigern könnte (34). DFS70/LEDGF wird in zahlreichen malignen humanen Tumoren, wie z. B. in Prostata-, Schilddrüsen-, Colon- oder Mammakarzinomen überexprimiert und bei einigen der dahin gehend untersuchten Patienten mit Prostatakarzinom ließen sich auch Antikörper gegen DFS70/LEDGF nachweisen (Tabelle 1). Es
wurde auch vermutet, dass eine Überexpression von DFS70/LEDGF, infolge der, in der Mikroumgebung von Tumorzellen ablaufenden inflammatorischen Prozesse und oxidativen Stresses,
deren Resistenz und Proliferationsvermögen fördere (41).
Die dem DFS70/LEDGF unter physiologischen Bedingungen zukommenden Funktionen sind
weitgehend unbekannt. Nach der Depletion von DFS70/LEDGF in Kulturzellen durch RNAInterferenz ließen sich keine charakteristischen Veränderungen des Phänotyps beobachten (18,
23, 44). DFS70/LEDGF-defekte Mäuse entwickeln schwerwiegende craniofaziale- und SkelettMissbildungen. Sie sterben in der frühen Postnatalperiode an Stilldefekten. Überlebende Tiere
manifestieren Augenlidentzündungen und motorische Defekte (83).
Autoantikörper
Anti-DFS70 lassen sich immunfluoreszenzmikroskopisch durch ihr charakteristisches Erscheinungsbild (DFS-ANA) von antinukleären Antikörpern anderer Antigenspezifitäten abgrenzen
(63). Auf HEp-2-Zellen manifestiert sich ihr als dense fine speckles (DFS) definiertes Fluoreszenzmuster in Interphasenkernen als ziemlich gleichförmige granuläre Fluoreszenz des Nukleoplasma mit Aussparung der Nucleoli. In mitotischen Zellen ist eine deutliche Färbung der in
den Metaphaseplatten kondensierten Chromosomen zu beobachten (Abbildung 2). Sie ist ein
wichtiges Kriterium zur Abgrenzung der DFS-ANA von ANA mit fein gesprenkeltem (fine speckled) Fluoreszenzmuster, bei denen die kondensierten Chromosomen ungefärbt bleiben (z. B.
anti-SS-A/Ro, anti-SS-B/La). Das DFS-Muster zählt zusammen mit dem fine speckled-Muster
zu den häufigsten (> 80 %) der bei ANA-Routineuntersuchungen anzutreffenden Fluoreszenzmustern (22, 53).
DFS-ANA sind in der Regel vom Isotyp IgG (vorwiegend IgG 1, selten IgG2, IgG3 oder IgG4). Der
Isotyp IgM ist selten (4,9 %) und vereinzelt auch solitär vertreten (22). Antikörper vom Isotyp
IgA wurden bisher nicht gefunden (22, 65, 67, 94). Bei Patienten mit atopischer Dermatitis wurden auch Antikörper vom Isotyp IgE nachgewiesen (Tabelle 1).
Anti-DFS70 erkennen ein im C-Terminus des Moleküls gelegenes relativ großes, im Bereich der
Integrase-Bindungsdomäne gelegenes Epitop (aa 349 - 435, Abbildung 1), bei dem es sich
möglicherweise um ein Konformationsepitop handelt (65, 66). Die Reaktion der Antikörper mit
dieser hoch konservierten Region bestätigt die Beobachtungen, dass es sich bei immunreaktiven ANA-Epitopen oft um konservierte und konformationsabhängige Molekülstrukturen handelt. Die Antikörper reagierten nur vereinzelt mit linearen überlappenden synthetischen Epitopen und in einigen Fällen auch nur mit in vitro transkribierten und translatierten Antigenen, die
Konformationsepitope und posttranslationale Modifikationen besser exprimieren als in E. coli
synthetisierte Proteine (66). Bezüglich der Epitoperkennung und des Reaktionsverhaltens bestanden keine Unterschiede zwischen den bei gesunden Personen oder Patienten vorkommenden Antikörpern (66).
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Abbildung 2 Immunfluoreszenzmikroskopischer Nachweis von DFS-ANA. Charakteristisch ist die dichte fein gesprenkelte Fluoreszenz des Nucleoplasma und eine Färbung der kondensierten Chromosomen in den Metaphaseplatten von Mitose-Zellen (a - e), teilweise mit Pfeilen gekennzeichnet. Für die Untersuchungen wurden kommerzielle
HEp-2-Zellpräparate (a, b NOVA Lite® HEp-2 ANA [Inova Diagnostics]) sowie in house HEp-2-Zellpräparate (c - f)
verwendet. Das 1: 320 verdünnte Serum stammte von einem Patient mit Antikörpern gegen DFS70, deren Anwesenheit auch mit antigenspezifischen Verfahren bestätigt wurde (Patient P4, Abbildung 5).
Immunfluoreszenzmikroskopischer Nachweis g: von Antikörpern gegen SS-B/La mit fein gesprenkeltem Muster ohne
Färbung der Chromosomen in Mitose-Zellen, h: von anti-U1nRNP mit grob gesprenkeltem Muster ohne Färbung der
Chromosomen in Mitose-Zellen, i: von Antikörpern gegen Nucleosomen mit “quasi“ homogenem Muster und Färbung
der Chromosomen, k: von anti-dsDNA mit wachsartig homogenem Muster und Darstellung der Chromosomen, l: von
anti-Zentromeren und m: von anti-Topoisomerase beide jeweils mit Darstellung der Chromosomen in Mitose-Zellen.
Gebundene Antikörper wurden mit FITC-markiertem anti-human-IgG (Fc-spezifisch, Verdünnung 1: 250, Dako)
nachgewiesen. b. Gegenfärbung mit DAPI.
Objektivvergrößerungen: a - c: 10-fach; d: 20-fach; e: 40-fach; f: 100-fach g - h: Objektivvergrößerungen 40-fach.
Mit anti-DFS70 assoziierte HLA-Allele wurden in einer japanischen Studie (N=24) untersucht
(58). Es fanden sich im Vergleich zu Kontrollen bei anti-DFS70 positiven Personen mit diversen
Erkrankungen (2 Fälle von SS) erhöhte Frequenzen von HLA-DRB1*0410, -DQB1*0402 und DPB1*0301 und eine Verminderung von HLA-DQB1*0302, d. h. der immungenetische Hintergrund der anti-DFS70 positiven Personen unterschied sich von dem bei SARD-Patienten.
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Tabelle 2 Prävalenzen von Antikörpern gegen DFS70 (DFS-ANA und/oder anti-DFS70) in
Seren gesunder Personen und Seren aus nicht selektionierten ANA-Routineunter-suchungen
sowie bei ANA-positiven Seren. Die Prävalenzen von anti-DFS70 bei den im Rahmen dieser
Studien entsprechenden SARD-Patienen sind in der rot unterlegten Spalte angegeben.
ANA
[%]
DFS70
[%]
Methode *1
Anzahl
Gesunde Personen, Kontrollen
DFS70
[%]
Autor
SARD
19,9
11,6 *2
597 Personal
15,2
7,6
105 Kontrollen
12,9
4,3
918 Gesunde
IIFT 1:80 (WB)
--
8,1
124 Kontrollen
IIFT 1:80 (CIA)
51
--
13,7
597 Personal
ELISA
94
--
21,6
ELISA
99
--
5,4
650 Blutspende
ELISA
3
--
0,8
124 KontrollenFS
ELISA
39
--
3,4
89 Kontrollen
ELISA (WB)
19
--
8,9
124 Kontrollen
--
0,0
IIFT 1:40 (ELISA, WB)
AP
37 KontrollenKS
AD
TAA
39 Kontrollen Z, AD
1,5
IIFT 1:40
CIA (ELISA, WB)
WB
94
67
0,0
2,5
53
51
65
Nicht selektionierte ANA-Routineuntersuchungen
28,0
8,4
7.733
--
0,8
21.512
--
1,6
3.263
IIFT 1:80 (ELISA, CIA)
51
27,4
1,0
2788
IIFT 1:40
68
27,8
1,8
684
IIFT 1:80 (LB)
71
IIFT 1:80 (WB)
IIFT 1:40
22
7
ANA-IIFT positive Patienten
15,1
225
CIA
51
6,3
190
LB
71
*1 Bei IIFT Angabe des Ausgangstiters und der antigenspezifischen Bestätigungsteste.
*2 9,5 % übereinstimmend positiv in IIFT, ELISA und WB.
 Studien, die nicht im Kontext mit SARD erfolgten. AD: atopische Dermatitis; AP: Alopezie; FS:
chronisches Ermüdungssyndrom KS: Vogt-Harada-Konayagi-Syndrom; Z: Zystitis.
AntikörperPrävalenzen
Bei etwa acht bis 10 % der gesunden Personen ist mit der Anwesenheit von Antikörpern gegen
DFS70 zu rechnen (Tabelle 2). Die Prävalenzen der immunfluoreszenzmikroskopisch nachgewiesenen DFS-ANA lagen zwischen 4,3 und 11,6 % (7,9 ± 2,99 %), die der mittels ELISA bestimmten anti-DFS70 zeigten eine größere Streuung mit Werten zwischen 0,8 und 21,6 % (8,9
± 8,6 %). Identische Frequenzen von je 8,9 % fanden sich in einer Studie bei Untersuchungen
mittels ELISA und CIA (chemiluminescence immunoassay), Frequenzen, die sehr gut mit den
auch immunfluoreszenzmikroskopisch bestimmten DFS-ANA (8,0 %) übereinstimmten (51). Im
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Mittel ergibt sich aus diesen Untersuchungen (IIFT, ELISA, CIA) für Gesunde eine AntikörperPrävalenz von 8,17 ± 5,81 % bzw. von 9,58 ± 5,11 % sofern zwei Studien mit extrem niedrigen
Werten (39, 65) unberücksichtigt bleiben.
Die bei ANA-Routineuntersuchungen gefundenen Prävalenzen für DFS-ANA (Tabelle 2) lagen
zwischen 0,8 und 8,5 %. In vier der fünf Studien fanden sich relativ gut übereinstimmende Antikörperfrequenzen von 1,3 ± 0,48 %, von denen die in der fünften Studie (22) berichteten 8,4 %
deutlich abweichen. Die Identität der DFS-ANA mit anti-DFS70 wurde in zwei Studien mittels
ELISA und CIA (51) bzw. mittels Lineblot (71) bestätigt. In der Studie von Dellavance und Mitarbeitern (22) wurden die mittels IIFT gewonnenen Daten an einer Stichprobe von 81 Seren zu
99 % mit Western Blot bestätigt. Gründe für die, im letzteren Falle hohe Antikörperprävalenz
sind nicht offensichtlich. Möglicherweise wurden viele „quasi gesunde“ Personen, dem ANARoutinescreening unterzogen, zumal da sich bei 94 % der Untersuchten keine für SARD charakteristischen Marker-Antikörper fanden und nur in 5 Fällen (6 %) die Diagnose SARD gestellt
wurde.
Neben dem zu erwartenden höheren Vorkommen bei Frauen (65, 3, 94) zeichnen sich Antikörper gegen DFS70 durch eine Reihe besonderer Merkmale aus:
 Im Gegensatz zu dem üblichen Verhalten der ANA nimmt die Prävalenz von anti-DFS70 mit
steigendem Lebensalter ab (53, 59, 94). Da DFS70/LEDGF mRNA im Thymus mehr als in
anderen Geweben exprimiert wird (29), könnte man Zusammenhänge mit der altersbedingten Involution des Thymus vermuten.
 Die verbreitete Ansicht, ANA seien bei gesunden Personen vorwiegend in Bereichen niederer Titer gelegen, trifft für DFS-ANA nicht zu. DFS-ANA-Titer von 1: ≥ 5.120 sind nicht selten
und über 50 % der Antikörpertiter lagen bei Gesunden in Größenbereichen von 1: ≥ 640 (8,
22, 53, 94).
 Anti-DFS70 treten bei gesunden Personen und non-SARD-Patienten meist solitär auf (> 80
%). Assoziationen mit den für SARD charakteristischen Marker-Antikörpern, wie Antikörper
gegen dsDNA, Nucleosomen, SSA-/Ro, SS-B/La, Scl-70, wurden nur vereinzelt gefunden
(26, 53, 94).
 Anti-DFS70-positive Personen entwickelten innerhalb eines Beobachtungszeitraums von 4
bis 5 Jahren kein SARD, die Antikörpertiter fluktuierten langfristig nur minimal (8, 22, 53).
SARD - anit-DFS70
Mehrere Studien bestätigen die Rolle von anti-DFS70 als Exklusionsmarker von SARD (Tabelle
2, farbig hinterlegte Spalte SARD; Tabelle 3). Die mittleren Prävalenzen von anti-DFS70 liegen
bei SARD-Patienten mit 1,33 ± 1,26 % deutlich unter den bei gesunden Personen gefundenen
8,27 ± 3,69 % (52, 53, 94). Auch die in einer Studie mit 500 SARD-Patienten ermittelte Antikörperprävalenz von 4,4 % (59) lag unter den von derselben Arbeitsgruppe zu einem früheren
Zeitpunkt publizierten Referenzwerten für gesunde Personen (11,6 %; Tabelle 2, 94), Referenzwerte, die allerdings insofern nach unten zu korrigieren wären als von den 597 untersuchten
Seren nur 57 (9,5 %) in IIFT, WB und ELISA übereinstimmend positiv waren. Auch ROCAnalysen ergaben, dass die mit antigenspezifischen Methoden (CIA) bestimmten Antikörper
gegen DFS70 eine Unterscheidung von SARD-Patienten und nicht-SARD-Patienten ermöglichen (AUC = 0,73). Bei niedrigen Antikörperkonzentrationen mit allerdings mäßiger Sensitivität
(60,8 %) und Spezifität (78,6 %) und einer niedrigen Likelihood-Ratio (LR+) von 2,84, die sich
bei höheren Antikörpertitern, bei sinkender Sensitivität und steigender Spezifität, auf 6,79 verbesserte. Die beste Diskriminierung wurde mit einem aus anti-DFS70 (CIA/ELISA) und anti-ANA
(ELISA) errechneten DFS70/ANA-Quotienten (LR+/LR- 22,3/0,5) erhalten (56).
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Autoantikörper - Autoantibodies - Autoanticorpi
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Tabelle 3 Prävalenzen von Antikörpern gegen DFS70 bei Patienten mit systemischen autoimmunen rheumatischen Erkrankungen (SARD) und sonstigen rheumatischen Erkrankungen.
Krankheitsbilder
N
anti-DFS70 [%]
Autoren
Systemische Autoimmune rheumatische Erkrankungen (SARD)
Systemischer Lupus
erythematodes
36
55
124
251
87
51
0,0
1,8
6,0
2,8
0,0
2,0
Ochs et al. 2000 (65)
Watanabe et al. 2004 (94)
Muro et al. 2008 (59)
Mahler et al. 2012 (51)
Mariz et al. 2011 (53)
Dai et al. 2014 (19)
13
0,0
Muro et al. 2008 (59)
40
50
164
45
29
94
2,5
0,0
0,6
0,0
0,0
2,1
Ochs et al. 2000 (65)
Watanabe et al. 2004 (94)
Muro et al. 2008 (59)
Mariz et al. 2011 (53)
Mahler et al. 2012 (51)
Dai et al. 2014 (19)
15
7,0
Muro et al. 2008 (59)
8
0,0
Muro et al. 2008 (59)
Dermatomyositis
25
80
10
116
0,0
5,0
0,0
6,4
Watanabe et al. 2004 (94)
Muro et al. 2008 (59)
Mariz et al. 2011 (53)
Muro et al. 2013 (60)
Sjögren-Syndrom
29
30
71
14
11
7
6,9
6,6
11,0
28,6
0,0
0,0
Ochs et al. 2000 (65)
Watanabe et al. 2004 (94)
Muro et al. 2008 (59)
Kuwabara et al. 2009 (39)
Mariz et al. 2011 (53)
Mahler et al. 2012 (51)
Discoider Lupus erythematodes
Systemische Sklerose
Morphea
Mischkollagenose (MCTD)
Sonstige rheumatische Erkrankungen
UCTD *
12
8,0
Muro et al. 2008 (59)
Rheumatoide Arthritis
30
40
13
39
0,0
0,0
0,0
2,6
Ochs et al. 2000 (65)
Watanabe et al. 2004 (94)
Muro et al. 2008 (59)
Mahler et al. 2012 (51)
Fibromyalgie
Osteoarthritis
Polymyalgia rheumatica
Psoriasis-Arthritis
Raynaud-Syndrom
Kasuistische Mitteilungen
Bizzaro et al. 2011 (8)
Fitsch-Rogalsky et al. 2014 (26)
* UCTD: undifferentiated connective tissue disease (nicht differenzierte Kollagenosen)
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Autoantikörper - Autoantibodies - Autoanticorpi
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DFS70 / LEDGF-Autoantikörper
Die prognostische Bedeutung von anti-DFS70 für die Entwicklung von SARD exemplifiziert sich
an Untersuchungen von Bizzaro und Mitarbeitern (8). Von 94 DFS-ANA-positiven Patienten
entwickelten 31 im Verlauf von 5 Jahren eine autoimmune rheumatische Erkrankung (ARD). Bei
einer späteren Nachuntersuchung der Seren mit einem spezifischen anti-DFS70-ELISA (MBL
International Corporation) zeigte sich aber, dass nur bei 14 % (13 der 94 Patienten) Antikörper
gegen DFS70 vorhanden waren, dass aber keiner dieser 13 Patienten ein SARD entwickelte,
während die 31 SARD-Patienten keine DFS70-Antikkörper besaßen.
Bei über 85 % der Patienten, die trotz der Anwesenheit von anti-DFS70 ein SARD manifestierten, fanden sich auch SARD-spezifische Marker-Antikörper („doppelt-positive Patienten“) wie
Antikörper gegen dsDNA, Nucleosomen, Sm, SS-A/Ro, SS-B/La, U1nRNP, Scl-70, Zentromeren, tRNA-Synthetasen, Cardiolipin, MDA5, NXP2, TIF-1 (51, 59, 60). Bei anti- DFS70 positiven Persohen, die kein SARD entwickeln, wird eine solche Assoziation mit krankheitsspezifischen Antikörpern in der Regel nicht beobachtet. Die positive Likelihood-Ratio (LR+) für die
Abwesenheit einer systemischen autoimmunen rheumatischen Erkrankung bei den „doppeltpositiven“ Patienten lag bei 5,4, stieg aber auf signifikante 10,9 bei solchen Patienten, die ausschließlich Antikörper gegen DFS70 besaßen (26).
Tabelle 4 Metaanalyse der Prävalenzen von anti-DFS70 bei 1243 SARD-Patienten (51, 53, 59,
60, 94) mit und ohne krankheitsspezifischen Marker-Antikörpern.
anti-DFS70 positive Patienten [%]
Krankheitsbild
Patienten
gesamt
mit Marker-Ak
ohne Marker-Ak
SLE
533
2,7
2,5
0,2
SSc
328
2,0
2,0
0,0
SS
148
8,1
7,4
0,7
DM/PM
214
5,1
3,2
1,9
Gesamt
1243
3,2
2,7
0,5
SLE: Systemischer Lupus erythematodes; SSc: Systemische Sklerose; SS: Sjögren Syndrom; DM/PM: Dermatomyositis/Polymyositis.
Auch die Metaanalyse von fünf Studien (51, 53, 59, 60, 94) mit 1243 SARD-Patienten (Tabelle
4) zeigt, dass sich die Prävalenzen von anti-DFS70 mit 2,0 - 5,1 % (ausgenommen SS) bei
SLE, SSc, und DM/PM deutlich unter denen gesunder Personen (9,2 %) bewegen und dass
solitäre anti-DFS70 bei SARD-Patienten nur sehr selten (0 - 1,9 %) angetroffen werden. Die im
Vergleich zu anderen Erkrankungen (SLE, SSc und SS) relativ hohe Prävalenz von anti-DFS70
bei Dermatomyositis-Patienten ohne zusätzliche Markerantikörper sind auch darauf zurückzuführen, dass zum Teil ein nur eingeschränktes Spektrum von Markerantikörpern untersucht
wurde (59).
Man kann davon ausgehen, dass solitäre anti-DFS70, selbst bei hohen Antikörpertitern, bezüglich der Diagnostik von SARD von untergeordneter Bedeutung sind, insbesondere dann, wenn
von klinischer Seite keine wesentlichen Verdachtsmomente bestehen (vgl. Abbildung 3) und
dass Antikörper gegen DFS70 bei SARD-Patienten in der Regel auch mit SARD-spezifischen
Marker-Antikörpern assoziiert sind. Anti-DFS70 gehören nicht in die Kategorie jener Autoantikörper (2, 61), die bei gesunden Personen bereits Jahre im Voraus die Entwicklung der Kollagenose ankündigen. Die korrekte Diagnose dieser nicht mit SARD assoziierten anti-DFS70 ist
insofern wichtig, als sie bei Patienten aufkommende Ängste bezüglich einer künftigen Kollage-
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DFS70 / LEDGF-Autoantikörper
nose beschwichtigen und gegebenenfalls falsche therapeutische Maßnahmen verhindern könAbbildung 3 Schematische Darstellung
nen. Allerdings sollte man sich stets bewusst sein, dass bei
gelegentlich
auch
derSARD-Patienten
Beziehungen zwischen
den Prävalenzen
solitäre anti-DFS70 vorkommen können (26, 51, 59, 60). der Antikörper gegen DFS70 und SARDspezifischen Markern und der Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von SARD bzw. der
Wahrscheinlichkeit, dass es sich um nonSARD Patienten oder gesunde Personen
handelt.
Immunpathologie
Die Ursachen der Entstehung von Antikörpern gegen DFS70 sind bisher ebenso wenig geklärt
wie die Ursachen ihrer verminderten Prävalenz bei SARD-Patienten bzw. ihres gehäuften Auftretens bei Gesunden. Ebenfalls unbekannt ist ihre immunpathologische Rolle bei den assoziierten Krankheiten. Anti-DFS70 fanden sich bei Patienten mit allergischen und entzündlichen
Erkrankungen, bei chronischem Ermüdungssyndrom und bei Tumorpatienten (Tabelle 1). Hohe Prävalenzen wurden bei ophthalmologischen Erkrankungen beschrieben und experimentelle Studien hatten mögliche Zusammenhänge von anti-DFS70 und Schädigungen des Linsenepithels zum Thema. Komplementunabhängige zytotoxische Effekte von anti-DFS70 auf Linsenepithelien wurden beschrieben (3). Signifikante klinische und laborchemische Unterschiede
zwischen anti-DFS70 positiven und negativen SARD-Patienten fanden sich nicht (51, 60).
Aufgrund der hohen Prävalenz von anti-DFS70 bei Gesunden wurde vermutet (51, 56, 60),
dass es sich um natürliche, protektive Antikörper (78) handeln könnte. Bemerkenswert ist in
diesem Kontext die Beobachtung (60), dass bei Patienten mit Dermatomyositis und interstitieller Lungenfibrose in der Remissionsphase die Titer der krankheitsspezifischen Markerantikörper gegen MDA5 abfielen, die Titer der nicht krankheitsspezifischen Antikörper gegen DFS70
aber deutlich anstiegen. Möglicherweise beteiligen sind die Antikörper an der Clearance apoptotischer und proinflammatorischer Residuen. Stress- und proinflammatorische Prozesse können die Transkription von DFS70/LEDGF verstärken und dadurch apoptotische Prozesse auslösen (28), in deren Gefolge DFS70 durch die Effektor-Caspasen-3 und -7 an den N- und Cterminalen Erkennungssequenzen (DEVPD30G; DAQD486G; WEID85N) in 65 und 58 kDa
Fragmente gespalten und inaktiviert wird (98). Die Caspase-induzierte Spaltung von
DFS70/LEDGF an der in der Nähe der Antikörperbindungsregion (aa 349 - 435) gelegenen Erkennungssequenz DAQD486G, könnte kryptische Epitope in DFS70/LEDGF freilegen, die
dann aufgrund ihrer funktionellen Eigenschaften als Bestandteil dieser multireaktiven IntegraseDomäne mit exogenen und endogenen Proteinen reagieren und immunogene ChromatinProtein-DFS70-Komplexe generieren, die, von dendritischen Zellen verarbeitet, bei genetisch
empfänglichen Individuen autoreaktive Lymphozyten zur Antikörperbildung anregen.
Die Autoantikörper könnten mit autokrinem oder mittels exosomalem Transport extrazellulär
freigesetztem DFS70/LEDGF (28, 39, 42, 75) reagieren und gewebeschädigende immunpathologische Reaktionen auslösen. Eine Amplifikation des Entzündungsprozesses könnte auch von
dem durch Caspasen inaktivierten DFS70/LEDGF ausgehen, das über seine Tat-Transporterlike Domäne in noch gesunde Zellen eingeschleust an Stress assoziierte Elemente bindet und
die Funktion des zelleigenen Wildtyps kompetitiv hemmt, mit der Folge sekundärer Nekrosen,
Apoptosen und Ausweitung des Entzündungsprozesses. Aufgrund der Assoziation von antiDFS70 mit Tumoren wurde auch vermutet (28), dass eine ektope Expression im Tumorgewebe
die Entstehung von Autoantikörpern begünstigen könnte, was allerdings als sehr unwahrscheinlich angesehen wurde (7).
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DFS70 / LEDGF-Autoantikörper
Diagnostische
Algorithmen
Die Untersuchung auf ANA ist ein „Muss“ in der serologischen Differenzialdiagnostik systemischer autoimmuner rheumatischer Erkrankungen und der Nachweis von ANA ist Bestandteil
der ACR-Kriterien für SLE, SS, MCTD (1, 9, 10, 11, 27, 73, 86, 87, 97). Der indirekte Immunfluoreszenztest (ANA-IIFT) stellt derzeit noch die weltweit häufigste und als Goldstandard angesehene (55) Screening-Methode bei diesen Erkrankungen dar. Seine diagnostische Spezifität
wird allerdings, abgesehen von methodischen, personellen und indikativen Problemen, dadurch eingeschränkt, dass bei etwa 20 % der gesunden Personen alters- und geschlechtsabhängig ANA auftreten. Da ANA verschiedenster Antigenspezifitäten, insbesondere auch die
sich mit einem fein gesprenkelten Fluoreszenzmuster manifestierenden anti-SS-A/Ro und antiSS-B/La schon Jahre vor der Manifestation klinischer Symptome auftreten können (2), hat der
Nachweis der „nicht krankheitsspezifischen“ Antikörper gegen DFS70 eine erhebliche klinische
Bedeutung. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass nicht alle „falsch positiven“ ANA durch
Antikörper gegen DFS70 verursacht werden. Der Nachweis von solitären anti-DFS70 sollte
nicht dahin gehend interpretiert werden, dass die Entwicklung von SARD kategorisch ausgeschlossen ist. Anti-DFS70 sind mit zahlreichen anderen Krankheiten assoziiert (Tabelle 1) und
ihre Anwesenheit bedeutet nicht Abwesenheit von Krankheit. Wichtig ist die Beurteilung des
klinischen Bildes des Patienten.
Abbildung 4 Algorithmus weiterführender Untersuchungen bei Verdacht auf DFS-ANA und deren Interpretation.
Solitäre Antikörper gegen DFS70 können in seltenen Fällen auch bei SARD-Patienten auftreten, haben jedoch nur
hinweisenden Charakter.
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Diagnostisches
Prozedere
Die Bestimmung von ANA mittels IIFT sollte nur im Kontext eines klinisch sorgfältig analysierten
Umfeldes erfolgen. Die Ausweitung des Indikationsspektrums auf nahezu jede Form einer
vermuteten immunologisch bedingten Störung hat die Posttestwahrscheinlichkeit für systemische autoimmune rheumatische Erkrankung erheblich verschlechtert.
Findet sich ein auf DFS-ANA verdächtiges Fluoreszenzmuster sollte sorgfältig abgewogen
werden, ob sich daraus der Verdacht auf die Anwesenheit von anti-DFS70 ableiten lässt. Die in
der Literatur angegebenen Konkordanzen von IIFT und antigenspezifischen Assays (ELISA,
CIA, WB) liegen meist zwischen 85 und > 95 % (22, 51, 53, 56). Die von Bizzaro und Mitarbeitern gefundenen 14 % (8, Bizzaro-Metodi.pdf) sollten jedoch dazu veranlassen, eine kritische
Überprüfung der Konkordanzrate bei eigenen Untersuchungen vorzunehmen. Eine zu hohe
Verdachtsrate auf DFS-ANA kann einerseits bei unzureichenden Kontrollen mit antigenspezifischen Assays eine Unterbewertung pathologischer Befunde zur Folge haben. Man sollte sich
nicht von unbewiesenen Argumenten verleiten lassen, dass die beim Menschen vorkommenden Autoantikörper heterogene Populationen bezüglich ihrer Epitop-Spezifität darstellen, die
vollumfänglich nur mit nativen HEp-2-Zellen aber nicht mit in ihrer Epitopexpression eingeschränkten rekombinanten Antigene reagieren. Auf der anderen Seite kann eine zu hohe Verdachtsrate eine unangemessene Ausweitung kostenspieliger Kontrolluntersuchungen nach
sich ziehen.
Um eine notwendige diagnostische Sicherheit zu gewähren, müssen DFS-ANA mit antigenspezifischen Methoden bestätigt werden, sofern nicht schon zuvor SARD-spezifische Markerantikörper nachgewiesen werden konnten (Abbildung 4).
Anti-DFS70 positive Patienten scheinen auch bei Anwesenheit von SARD-spezifischen Antikörpern nach den bisher vorliegenden statistischen Berechnungen (26, 56) weniger häufig ein
SARD zu entwickeln, als anti-DFS70 negative. Diese Ergebnisse sind jedoch in umfangreicheren Studien zu überprüfen, d. h., es kann derzeit noch nicht schlüssig beantwortet werden, ob
eine routinemäßige Untersuchung auf anti-DFS70 zusammen mit anderen SARD-spezifischen
Markerantikörpern sinnvoll ist.
Nachweismethoden
Indirekter Immunfluoreszenztest (IIFT): Antikörper gegen DFS70 (DFS-ANA) werden bei
immunfluoreszenzmikroskopischen Routineuntersuchungen auf ANA entdeckt. Ein relativ robustes Erkennungsmerkmal ist ihre Reaktion mit den kondensierten Chromosomen in MitoseZellen (Abbildung 2).Die hierfür verwendeten HEp-2-Zellen verschiedener Provenienz unterscheiden sich aber in ihren intrinsischen (Genexpression, Mitoseraten) und extrinsischen (Kultivierung, Fixierung) Eigenschaften und damit auch in ihrer Eignung für den Nachweis von DFSANA (8, 51). In diesen Fällen lassen sich trotz negativem IIFT anti-DFS70 mit antigenspezifischen Methoden nachweisen (51, 59). Ein weiterer Nachteile des IIFT ist die Subjektivität des
Untersuchers bei der Beurteilung des Fluoreszenzmusters. Die Abgrenzung der DFS-ANA von
einem z. B. durch anti-SS-A/Ro hervorgerufenen fein gesprenkelten (fine speckled) Muster mit
ungefärbten kondensierten Metaphase-Chromosomen oder von einem z. B. durch Antikörper
gegen Nucleosomen ausgelösten „quasi-homogenen“ Muster (22, 53) mit gefärbten Metaphase-Chromosomen kann selbst dem Geübten Schwierigkeiten bereiten (8), insbesondere dann,
wenn sich in den Präparaten nur wenige Mitosen finden (Qualitätsmängel, in houseHerstellung). Problematisch ist die Beurteilung bei einer Interferenz von Antikörpern mit verschiedenen Fluoreszenzmustern, ein Phänomen, das gelegentlich bei gesunden und nonSARD-Personen auftreten kann. So fanden sich z. B. in 88% der Seren mit Antikörpern gegen
Coilin auch DFS-ANA (32). Sehr häufig findet sich das Phänomen aber bei SARD-Patienten
(51). Wie die Resultate mit antigenspezifischen Bestätigungstesten vermuten lassen, wird die
Prävalenz der mittels IIFT nachgewiesenen DFS-ANA nicht selten falsch eingeschätzt (8, 22,
51, 67). Gerade im Routinelabor sollte die Auswertung und die Interpretation des ANA-IIFT
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durch eine Standardisierung der Nomenklatur der Fluoreszenzmuster (96), was kontrollierte
Antigenpräparate voraussetzt, und die Integration automatischer Bildauswertungsgeräte vereinheitlicht werden (33).
Ein zur Überprüfung der Spezifität des Fluoreszenzmusters vorgeschlagenes Verfahren besteht
in der Absorption der im Patientenserum (1:40) vorhandenen Antikörper durch Zugabe (0,6
mg/mL) von trunkiertem (aa 349 - 435), rekombinantem DFS70-Protein (49, 50).
Abbildung 5 Semiquantitativer Lineblot zum Nachweis von anti-DFS70. Auf der Ordinate sind die AntigenKonzentrationen (pmol DFS70) pro Reaktionsfeld angegeben.
BL: blank (Probenverdünnungspuffer); HC: Seren gesunder Kontrollpersonen; P1 - P7: anti-DFS70 positive Patienten
(positive DFS-ANA-Titer bis zu 1 : 10.240 (P4), P1: grenzwertig positiver Patient) P4 bzw. P5 Titer: geometrische
Verdünnungen der Seren von Patient P4 und P5. Die Antikörperkonzentration lässt sich anhand der Reaktivität mit den
verschiedenen Antigenkonzentrationen abschätzen und durch geometrische Serumverdünnungen präzisieren.
Antigenspezifische Teste: Der spezifische Nachweis von anti-DFS70 kann mittels ELISA
unter Verwendung rekombinanter Volllängen- oder trunkierter Proteine (aa 338 - 530), CIA mit
rekombinanten Volllängen-Proteinen (52), Western Blot mit Zellextrakten oder rekombinanten
Proteinen (94), Immunoblot mit rekombinanten Proteinen (Lineblot; Abbildung 5) oder mit Immunpräzipitations-Assays (Radioimmunopräzipitation, RIP; 67) erfolgen. Einige dieser Teste
stehen auch kommerziell zur Verfügung. Bei einer vergleichenden Untersuchung mit ELISA und
CIA wurde eine ausgezeichnete Übereinstimmung der beiden Methoden gefunden (51).
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