Reservisten – Personalressource der Bundeswehr

B U N D E S W E H R & S T R E I T K R Ä F T E I N T E R N AT I O N A L Reservisten – Personalressource
der Bundeswehr
Dieter Stockfisch
Die Auftragserfüllung der Bundeswehr bedarf der Abstützung auf Reservisten. Zu den klassischen
Aufgaben wie Personalergänzung und –verstärkung sowie Aufwuchsfähigkeit in der Krise , steht künftig
vermehrt die Aufgabe des Vakanzenmanagements innerhalb der aktiven Strukturen im Fokus der Reservistenarbeit der Bundeswehr. Inzwischen wurden zahlreiche Maßnahmen eingeleitet, um Reservistendienstleistungen attraktiver zu gestalten und an diesem Ziel zu orientieren.
Bundesministerium der Verteidigung
GenInsp
StvGenInsp/
BResAngelBw
Planung
Führung
Streitkräfte
FüSK II 2
Strategie
& Einsatz
*
Personal
PI4
P II 1
KompZResAngelBw
BResAngel
Heer
BResAngel
Marine
BResAngel
BR
A l
Luftwaffe
BResAngel
BR
A l
SKB
BResAngel
ZSanDst
BResAngel
P
BResAngel
AIN
BResAngel
IUD
BAPersBw II
KC
BAPersBw VI
KC
*interne Zuständigkeiten: Pol II 2 (Veteranen), FüSK II 3 (Betreuung), P II 1 (PersFü), P I 4 (Wehrersatz/KC)
Zuständigkeiten für Reservisten
Planerischer Personalumfang
So fehlen z.B. der Deutschen Marine ca.
20 bis 25 Prozent Personal, in einzelnen
Verwendungsreihen bis zu 45 Prozent, vor
allem bei den Mannschaften und Unteroffizieren. Der Umfang dieser vakanten
Dienstposten kann sicherlich nicht allein
durch Reservisten ausgefüllt werden,
doch im Rahmen eines zeitgemäßen Vakanzenmanagements ist der Beitrag von
Reservisten zur Kompensation des Fehls
aktiver Soldaten unumgänglich. Jährlich
verlassen ca. 21.000 Soldaten auf Zeit
(SaZ) und Freiwillig Wehrdienstleistende
(FWDL) die Bundeswehr. Daher gilt es,
diese gut ausgebildeten Soldatinnen und
Soldaten als Reservistendienstleistende
(RDL) zu gewinnen.
Für die Reservistenarbeit werden zum
Personalumfang der Bundeswehr 2.500
Stellen für Reservisten als Ganzjahresäquivalente (zugleich also 912.500 Tage für Reservistendienstleistungen pro Jahr), die zur
Einplanung des personellen Ergänzungsumfangs eingesetzt werden, hinzugezählt.
Der Ergänzungsumfang umfasst die Personal- und Verstärkungsreserve und stellt mit
60.000 Beorderungsmöglichkeiten eine
Planungsgröße dar, die sich erst in Zukunft
manifestieren wird. Derzeit sind diese Stellen
mit 30.000 Reservisten und Reservistinnen
hinterlegt.
(Grafiken: Quelle BMVg)
D
as Aussetzen der verpflichtenden
Einberufung zum Grundwehrdienst
und der Rückzug der Truppe aus der
Fläche haben sich spürbar auf die gesellschaftliche und geografische Einbettung
der Streitkräfte ausgewirkt. Hinzu kommt
der demografische Wandel, der das Nachwuchsproblem der Bundeswehr zunehmend verschärft. Gegenwärtig sind ca.
33.000 Dienstposten in der Bundeswehr
unbesetzt. Dies ist u.a. auf Freistellungen
vom Dienst/Teilzeitarbeit, Auszeiten bis zu
zwei Jahren (Elternzeit/Babyjahr), Betreuungsurlaub, Berufsförderung während der
Dienstzeit (über 11.000 Dienstposten) oder
sonstige Dienstpostenäquivalente (7.000)
zurückzuführen.
Fachstrang Reserve
Für Reservistenangelegenheiten ist im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)
konkret das Referat FüSK II 2 zuständig,
das zudem auch für die Personalstrukturplanung und Personalbedarfsplanung aller
aktiven Uniformträger in allen Organisationsbereichen der Bundeswehr verantwortlich ist. Dadurch ist es möglich, für aktive Soldaten und Reservisten zum gegenseitigen
Nutzen ganzheitlich Strukturen und Bedarf
zu planen. An der Spitze des Reservistenwesens steht der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr als Beauftragter für die Reservistenangelegenheiten der
Bundeswehr. Sein Reservistenreferat FüSK
II 2 wird unmittelbar vom Kompetenzzentrum für Reservistenangelegenheiten der
Bundeswehr des Streitkräfteamtes in Bonn
unterstützt. In allen Organisationsbereichen der Bundeswehr gibt es Beauftragte
für Reservistenangelegenheiten. In den
militärischen Organisationsbereichen sind
dies die Stellvertreter der Inspekteure. In der
Abteilung VI des Bundesamtes für Personal-
April 2015 · Europäische Sicherheit & Technik
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Grundumfang
185.000 + 3.000 Leerstellen
170.000
BS/SaZ
Seiteneinsteiger
1,4%
2.500
12.500 6,8%
RDL
55.000
zivile
Angehörige
der Bw
FWDL
jährl. Erg.-Bedarf
mil 24.500/ziv 1.300
33.000 beorderte
Reservisten
jährl. Entlassungen:
21.000 SaZ + FWDL
nicht beorderte
Reservisten
abnehmende Jahrgangsstärke
Schulabgänger
(bis 2020 minus 16 %)
Verhältnis von Aktiven und Reservisten
management (BAPersBw) findet zentral die
Personalführung aller Reservisten statt. Für
das Wehrersatzwesen und die Nachwuchsgewinnung in den sechzehn Karrierecentern
(KC) der Bundeswehr (acht davon verfügen
über ein Assessmentcenter mit medizinischem Dienst) zeichnet das BAPersBw Abt.
II, für personelle Grundsatzangelegenheiten
das Referat P II 1 im BMVg verantwortlich.
Reservistendienst attraktiver
gestalten
Die Bundeswehr, die sich als Einsatzarmee
versteht, ist seit der Neuausrichtung mehr
denn je auf leistungswillige und qualifizierte Reservistinnen und Reservisten in allen
Bereichen und auf allen Ebenen angewiesen. Sie stehen im Einsatz (durchschnittlich
sieben Prozent der im Einsatz befindlichen
Soldatinnen und Soldaten sind Reservisten), bei Katastropheneinsätzen und im
Grundbetrieb Seite an Seite mit ihren aktiven Kameraden für unser Land ein und
leisten ihre Beiträge zur Einsatzfähigkeit
der Bundeswehr. Aller Erfahrung nach ist
nur hoch motiviertes Personal bereit, auch
künftig die Anforderungen zu erfüllen, die
mit der neuen strategischen Lage einhergehen. Daher gilt es, den Dienst in der Bundeswehr gerade auch für Reservistendienst
Leistende (RDL) attraktiver zu gestalten.
Entscheidende Schritte zur Steigerung der
Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr wurden bereits mit dem Attraktivitätsprogramm vollzogen, von dem auch
die Reservisten profitieren. Darüber hinaus
wurden im BMVg Maßnahmen entwickelt
und initiiert, die der neuen Rolle der Reserve entgegenkommen. Diese Maßnahmen
reichen z.B. von der Entbürokratisierung
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von Verfahrensabläufen über Möglichkeiten des Seiteneinstiegs für Ungediente, Einführung neuer IT-Verfahren für die militärische Personalführung von Reservisten bis
hin zur Flexibilisierung der Höchstdauer von
Reservistendienstleistungen und der Novellierung des Unterhaltssicherungsgesetzes
mit dem Ziel, die Leistungen für RDL so zu
verbessern, dass diese nicht schlechter gestellt sind als vergleichbare aktive Soldaten.
Für eine zeitgemäße Kommunikation mit
den Reservisten ist die Entwicklung einer
Reservisten-App vorgesehen.
Vor dem Hintergrund der gleichen Zielsetzung haben die Fraktionen der CDU/CSU
und SPD im Verteidigungsausschuss des
Deutschen Bundestages beantragt, „Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des
Reservistendienstes zu prüfen, zeitnah einzuleiten und mit den notwendigen Haushaltsmitteln in der mittelfristigen Finanzplanung zu unterlegen“.
Die überwiegende Zahl der Vorschläge
befindet sich bereits in der Realisierung im
BMVg, wird aber zum Teil noch eine gewisse Bearbeitungszeit in der Umsetzung
benötigen. Das BMVg sieht sich mit diesen
Vorschlägen in seiner Arbeit bestätigt und
erkennt darin auch ein deutliches Bekenntnis des Parlaments zu den Reservisten und
Reservistinnen und eine Wertschätzung
der Reserve und ihrer Funktion für die Bundeswehr.
Vorschläge der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zur
Attraktivitätssteigerung des Reservistendienstes
• Überarbeitung, Flexibilisierung und Vereinfachung des administrativen Verfahrens
bei Reservedienstleistungen mit dem Ziel der Straffung/Verbesserung des Zusammenspiels Reservist, Beorderungsdienststelle, BAPersBw und Karrierecenter sowie
ggf. Abschichtung der Einberufung an den Übungstruppenteil.
• Anpassen des IT-Prozesses in SAP für Übernahme/Austausch von Personaldaten.
• Erstellung eines verbindlichen, mittelfristigen Einsatzplanes mit den jeweiligen
Reservedienstleistenden, der deren persönlichen und beruflichen Verhältnisse und
Entwicklungswünsche berücksichtigt sowie den Bedarf der Truppe sicherstellt.
• Erarbeitung eines Personalentwicklungskonzepts, wobei die zivilberufliche Qualifikation konsequente Berücksichtigung findet.
• Errichtung einer bundesweiten Stellenbörse für RDL.
• Besoldung der Reservisten mindestens wie die aktiven Soldaten gemäß erdientem
Dienstgrad und ausgeübter Dienststellung während der Reservedienstleistung im
Rahmen der aktuellen Gesetzesnovelle zum Unterhaltsicherungsgesetz (Inkrafttreten bis spätestens 1. April 2015).
• Weitere Verbesserung bei der Anrechnung zivil anerkannter Zertifizierungen auf
die militärischen Ausbildungsgänge und Anpassung der ergänzenden militärfachlichen Ausbildung an den Bedarf der Truppe und die Interessen bzw. Möglichkeiten
von Reservisten.
• Aufbau einer sichtbaren, nachhaltigen Struktur der Reserve im BMVg und Aufwertung des Stellvertreters des Generalinspekteurs mit der zusätzlichen Funktion „Inspekteur der Reserve“ statt bisher „Beauftragter für Reservistenangelegenheiten“.
• Schaffung von Anreizsystemen (finanzielle oder andere Leistungen) für Wirtschaft/
Industrie, um eine Selbstverpflichtung zur Förderung des Reservedienstes zu erreichen, um die Freistellung von Reservisten für Reservedienstleistungen zu unterstützen.
• Durchführung einer Reservetagung analog der Großen Kommandeurtagung zur
einheitlichen Information durch die politische Leitung und militärische Führung
des BMVg.
• Enge Verzahnung der Zusammenarbeit mit den in der Reservistenarbeit tätigen
Verbänden/Organisationen.
Europäische Sicherheit & Technik · April 2015