Fall 4: Luftbuchungen - Examinatorium Zivilrecht

JURISTISCHE FAKULTÄT
EXAMINATORIUM ZIVILRECHT
Examinatorium Bereicherungsrecht
Wintersemester 2014/15
Fall 4:
Luftbuchungen
Prof. Dr. Hans Christoph Grigoleit
www.examinatorium.jura.lmu.de
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EXAMENSTRAINING
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EXAMENSTRAINING
Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Kaufvertrag
K
Überweisungsauftrag
(23.000/32.000)
Girovertrag
V
Kaufpreisforderung
(€ 46.000)
Abtretung
B
Doppelgutschrift
(2 x € 32.000)
Prof. Dr. Hans Christoph Grigoleit
L
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EXAMENSTRAINING
Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 1: Ansprüche der B-Bank gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB (Leistungskondiktion) auf
Wertersatz für die Überweisungen
1. Etwas erlangt
– Zwei Gutschriften i.H.v 32 000.- € gegen seine Bank
als Empfängerin der Überweisungen; d.h.
Forderungen aus §§ 667 i.V.m. 675c I bzw. § 780
BGB gegen seine Bank
2. Durch Leistung der B-Bank
– Bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden
Vermögens?
Dreipersonenverhältnis zwischen B-Bank, K
und L im bargeldlosen Zahlungsverkehr
– Bei Anweisungslagen Leistungsbeziehungen nur
zwischen Vertragspartnern
– B-Bank bezweckt mit der Überweisung nur, ihrer
Verpflichtung aus dem Zahlungsdienstevertrag
nachzukommen (§ 675f BGB)
– Nach h.L. im Verhältnis B-Bank – L nur Zuwendung
ohne Leistungszweck
à Leistungskondiktion
Verhältnis B-Bank – L (-)
Prof. Dr. Hans Christophim
Grigoleit
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EXAMENSTRAINING
Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB (Nichtleistungskondiktion)
1. Etwas erlangt
–
Zwei Gutschriften i.H.v 32.000,-- € (s.o.)
2. In sonstiger Weise auf Kosten der Bank
–
Nicht durch Leistung der B-Bank (+)
–
Auf Kosten der B-Bank (+)
à (+)
3. Ohne rechtlichen Grund
–
Kein Vertrag zwischen der B-Bank und L
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EXAMENSTRAINING
Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise auf
Kosten der B-Bank
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Subsidiaritätsgrundsatz
4. Ausschluss des Anspruchs nach dem
Subsidiaritätsgrundsatz?
a) Begriff, Wertungen
–
BGH und h.Lit.: Ausschluss der
Nichtleistungskondiktion in
Mehrpersonenverhältnissen bei Leistung durch einen
Dritten
–
Argumente:
• Konzentration der Einwendungen auf die
jeweiligen Leistungsverhältnisse
• gerechte Verteilung der Insolvenzrisiken
• Sachgerechte Verteilung der Prozessrollen
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EXAMENSTRAINING
Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise auf
Kosten der B-Bank
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Subsidiaritätsgrundsatz
a) Begriff, Wertungen
b) Direktdurchgriff?
b) Ausnahmsweiser Direktdurchgriff?
aa) Mängel der Kausalverhältnisse
– Abgetretener Anspruch aus KV unwirksam; Mangel des
Valutaverhältnisses
– Bereicherungsausgleich im Wege der
Leistungskondiktion bei Mängeln des Valuta- und/oder
Deckungsverhältnisses
à Direktdurchgriff (-)
bb) Mängel der Anweisung – zweite Überweisung
(1) Fehlen einer Anweisung – zweite Überweisung
– Str. bei irrtümlicher Doppelüberweisung
• Teile der Lit.: Direktdurchgriff (-)
à Arg.: Überweisung aus Sicht des
Empfängers (L) stets als Leistung des
Vertragspartners (K) zu verstehen
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise auf
Kosten der B-Bank
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Subsidiaritätsgrundsatz
a) Begriff, Wertungen
b) Direktdurchgriff?
aa) Mängel der
Kausalverhältnisse
bb) Mängel der
Anweisung
(1) Fehlen einer
Anweisung
(2) Stornierte
Anweisung
• H.M.:
Direktdurchgriffskondiktion der
Bank gegen Überweisungsemfänger (+)
à Arg.: Zweckbestimmung nicht wirksam,
wenn Anweisung fehlt; Zahlung kann
unabhängig von Gutgläubigkeit des
Empfängers dem scheinbar Anweisenden
nicht als seine Leistung zugerechnet werden
à H.M. (+)
(2) Stornierte Anweisung – erste Überweisung
(a) Widerruf (§ 675p BGB) oder Anfechtung (§ 119
BGB)?
– Widerruf ab Zugang des Zahlungsauftrags
grundsätzlich nicht mehr möglich (§ 675 p; Grund:
kurze Frist § 675s S. 1 für Zahlungsausführung;
Ermöglichung/Absicherung einer automatisierten
Ausführung des Auftrags)
– Aber hier: Anfechtung der Anweisung wegen
Erklärungsirrtums (§ 119 I BGB, Verschreiben);
Irrtumsanfechtung wird nicht durch § 675 p
verdrängt
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise auf
Kosten der B-Bank
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Subsidiaritätsgrundsatz
a) Begriff, Wertungen
b) Direktdurchgriff?
aa) Mängel der
Kausalverhältnisse
bb) Mängel der
Anweisung
(1) Fehlen einer
Anweisung
(2) Stornierte
Anweisung
(b) Wirkung der Anfechtung
• Teil der Lit.: Direktdurchgriff (+)
à Arg.: Auch hier fehlt Anweisung
à Arg.: § 675u S. 2 BGB: wenn Anweisender
einen Erstattungsanspruch gegen seine
Bank hat, muss dieser der Durchgriff gegen
den Zahlungsempfänger gestattet werden
• BGH bei Widerruf: Direktdurchgriff (-)
à Arg.: Widerrufene Anweisung ist dem K
zurechenbar und L ist mangels Kenntnis
des Widerrufs auch schutzwürdig
• Teil der Lit.: Ergebnis iW wie BGH, aber
Begründung analoge Anwendung der §§ 170 ff.
BGB, da Botenmacht wie Vollmacht zu
behandeln
à Durchgriffskondiktion i.d.R. (-), es sei denn,
§173 BGB analog oder Rechtsgedanke
gebieten etwas anderes
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise auf
Kosten der B-Bank
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Subsidiaritätsgrundsatz
a) Begriff, Wertungen
b) Direktdurchgriff?
aa) Mängel der
Kausalverhältnisse
bb) Mängel der
Anweisung
(1) Fehlen einer
Anweisung
(2) Stornierte
Anweisung
à Übertragung auf Anfechtung gem. § 119
BGB: zweifelhaft, weil Rechtsschein nach
hM nur hinsichtlich der Erteilung der VM,
nicht hinsichtlich etwaiger
Wirksamkeitshindernisse
(c) Kondiktionssperre gem. § 675u S. 1 BGB?
• Z.T.: Aus § 675u folgt notwendige Zulassung der Direktkondiktion bei Mängeln der Anweisung, weil im Verhältnis Bank/Kunde alle Ansprüche, einschl. BereicherungsA, ausgeschlossen sind (§ 675z BGB)
• Vorzugswürdig: keine Sperre des BereicherungsA, da die auf einer Richtlinie beruhende Vorschriften lediglich vertragliche Ansprüche aus § 670 BGB ausschließen soll; § 675u BGB regelt nur das Verhältnis zwischen Bank und Bankkunde; eine Interessenabwägung zwischen den Interessen des Zahlenden und dem Zahlungsempfängers wie nach bisher geltendem Recht wird dadurch nicht entbehrlich
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise auf
Kosten der B-Bank
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Subsidiaritätsgrundsatz
a) Begriff, Wertungen
b) Direktdurchgriff?
aa) Mängel der
Kausalverhältnisse
bb) Mängel der
Anweisung
cc) Zwischenergebnis
à umgesetzte Richtlinie (Zahlungsdiensterichtlinie
2007/64/EG) fordert aufgrund beschränkten
Anwendungsbereichs keine (zwingende) Änderung
der in Rechtsprechung und Literatur entwickelten
und bewährten bereicherungsrechtlichen
Grundsätze
Damit: Durchgriffskondiktion (-)
cc) Zwischenergebnis
– Direktkondiktion der B-Bank bei L nur bzgl. der zweiten
Überweisung i.H.v. 32.000,-- €
– Erste Überweisung ist „über‘s Eck“ abzuwickeln, d.h. K
kondiziert bei V bzw. bei L (dazu Frage 2) und B-Bank
kondiziert bei K
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Frage 1: B-Bank gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise auf
Kosten der B-Bank
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Subsidiaritätsgrundsatz
5. Rechtsfolge
5. Rechtsfolge
a) Anspruchsinhalt
• Herausgabe bzw. Abtretung der Forderung gegen
die Bank (§§ 812 I 1, 818 I BGB) nicht möglich nach
Einstellen in Kontokorrentsaldo des Girokontos des
L
à Wertersatz i.H.d. obj. Werts der Überweisung, d.h.
32.000,-- € (§ 818 II BGB)
b) Entreicherungseinwand, § 818 III BGB und
verschärfte Haftung, §§ 819 I, 818 IV BGB wegen
Reisekosten, Spielverlust und Gepäckverlust
• Ausschluss nach §§ 818 IV, 819 I BGB(+), L wusste
hinsichtlich der zweiten Überweisung, dass sie auf
einem Irrtum beruhte (doppelter Vermerk)
Ergebnis zu Frage 1
Anspruch der B-Bank gegen L auf Wertersatz i.H.v.
32.000,-- € für die zweite Überweisung (+)
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 2: Ansprüche des K
gegen V und gegen L
Frage 2: Ansprüche des K gegen V und gegen L
A. Ansprüche des K gegen V
I. Aus § 433 I 1 BGB auf Übereignung und Übergabe des
PKW Zug um Zug gegen Bezahlung (-)
II. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB (Leistungskondiktion) – erste
Überweisung
Anm: durch die zweite Überweisung hat V jedenfalls nichts erlangt, auch
keine Leistung K/V oder sonstiger BerA-auslösender Vorgang
1. Problem: Etwas erlangt
a) Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber
Zessionar L?
aa) Abtretung der KP-Forderung von V an L ist
erfüllungshalber erfolgt; Zahlungseingang bei L für
Erlöschen der abgetretenen Forderung maßgeblich
bb) Tilgungswirkung würde entfallen, soweit Schuldner
mittels Kondiktion den gezahlten Betrag wieder
herausverlangen kann
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 2: Ansprüche des K
gegen V und gegen L
A. Ansprüche des K gegen V
I. § 433 I 1 BGB (-)
II. § 812 I 1 Alt. 1 BGB – erste
Überweisung
1. Problem: Etwas erlangt
a) Befreiung von der
Verbindlichkeit
gegenüber L
b) Normative Als-obBetrachtung
à (P): Bestimmung des Erlangten wäre letztlich abhängig
von der Bestimmung der Kondiktionsparteien im Falle
des Bereicherungsausgleichs bei der Zession
b) Das vom Schuldner Geleistete (Normative Als-obBetrachtung)
• H.Lit.: V hat nicht nur die Befreiung von der
Verbindlichkeit gegenüber dem Zessionar erlangt,
sondern auch das vom Schuldner selbst Geleistete,
hier also die Überweisung durch K
à Arg.: Verwandtschaft der Zessionsfälle mit der
Anweisungslage; im Zessionsrecht zugunsten des
Schuldners geltendes Verschlechterungsverbot
à Erste Überweisung des K i.H.v. 32.000,-- € erlangt
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 2: Ansprüche des K
gegen V und gegen L
A. Ansprüche des K gegen V
I. § 433 I 1 BGB(-)
II. § 812 I 1 Alt. 1 BGB – erste
Überweisung
1. Problem: Etwas erlangt
2. Durch Leistung des K
2. Durch Leistung des K
(P): Bereicherungsanspruch des Schuldners gegen Zedenten
oder gegen Zessionar?
a) E.A.: Kondiktion stets gegen den Zessionar, arg.:
− (Vermeintliche) Verpflichtung des Schuldners nur
noch gegenüber dem Zessionar, nicht mehr
gegenüber dem Zedenten
− Leistungszweck/Tilgungsbestimmung nur gegenüber
Zessionar
− Keine Gleichbehandlung mit Anweisungsfällen, da nur
Zweipersonenverhältnis
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Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 2: Ansprüche des K
gegen V und gegen L
A. Ansprüche des K gegen V
I. § 433 I 1 BGB(-)
II. § 812 I 1 Alt. 1 BGB – erste
Überweisung
1. Problem: Etwas erlangt
2. Durch Leistung des K
a) Stets gegen Zessionar
b) Grds. gegen Zedenten
b) H.M.: Grds. Kondiktion gegenüber Zedenten, Arg.:
− Vergleichbarkeit mit Anweisungslagen
− Rechtsstellung des Zessionars soll durch Zession
gegenüber Anweisungslage eher noch verstärkt und
nicht durch Zulassung der Direktkondiktion wieder
entwertet werden
− Schuldner trägt nur so das Insolvenzrisiko des
Zedenten, d.h. seines Vertragspartners, den er selbst
ausgesucht hat
Im Einzelnen:
aa) Grds. Abwicklung „über‘s Eck“
bb) Ausnahmsweise Direktkondiktion gegen den
Zessionar, wenn Zahlung an den Zessionar dem
Zedenten nicht zurechenbar ist
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 2: Ansprüche des K gegen
V und gegen L
A. Ansprüche des K gegen V
I. § 433 I 1 BGB(-)
II. § 812 I 1 Alt. 1 BGB– erste
Überweisung
1. Problem: Etwas erlangt
2. Durch Leistung des K
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Rechtsfolge
c) Anwendung auf den vorliegenden Fall
aa) Mangel „Unwirksamkeit des KV“ liegt im Verhältnis
K/V (als Zedent), da K bereits im Verhältnis zu V
fälschlich vom Bestehen einer Schuld i.H.v. 23.000,-€ ausgegangen ist
à
I.H.v. 23.000,-- € Leistungskondiktion gegen V
bb) 9.000,-- €: Nur Mangel im Verhältnis zu L, da K sich
bei Überweisungsauftrag an L verschrieben hat;
aus diesem Grund auch kein Schutz des L nach RSGrundsätzen, jedenfalls auch das
Zuwendungsverhältnis K/L von Mangel betroffen
à
I.H.v. 9.000,-- € keine Leistungskondiktion
zwischen K und V, sondern Direktkondiktion
des K gegen L
3. Ohne Rechtsgrund (+)
4. Rechtsfolge
Wertersatz gem. § 818 II BGB i.H.v. 23.000,-- €, da
Überweisung nicht in natura (§§ 812, 818 I BGB) möglich
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 2: Ansprüche des K gegen
V und gegen L
A. Ansprüche des K gegen V
B. Ansprüche des K gegen L
Zwischenergebnis
Anspruch K à V aus §§ 812 I 1 1. Alt., 818 II BGB auf
Wertersatz i.H.v. 23.000,-- €
B. Ansprüche des K gegen L
I. Aus § 812 I 1 1. Alt. BGB (Leistungskondiktion – erste
Überweisung)
1. Etwas erlangt
• (+), Gutschrift durch erste Überweisung i.H.v.
32.000,-- € (s.o.)
2. Durch Leistung des K
• H.M.: (-), s.o., wie Anweisungslagen
à Leistungskondiktion richtet sich unter Modifikation des
Leistungsbegriffs grds. gegen Zedenten; nur
ausnahmsweise Direktkondiktion gegen Zessionar
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 2: Ansprüche des K gegen
V und gegen L
A. Ansprüche des K gegen V
B. Ansprüche des K gegen L
I. § 812 I 1 Alt. 1 BGB
II. § 812 I 1 Alt. 2 BGB
II. Aus § 812 I 1 2. Alt (Nichtleistungskondiktion)
1. Etwas erlangt
•
(+), Gutschrift durch erste Überweisung i.H.v.
32.000,-- € (s.o.)
2. In sonstiger Weise auf Kosten des K (+)
3. Ohne rechtlichen Grund
•
Nichtigkeit des KV
4. Ausschluss des Anspruchs nach dem
Subsidiaritätsgrundsatz
•
Bzgl. 23.000,-- € ist Leistungskondiktion zwischen K
und V bzw. zwischen V und L vorrangig (s.o.)
à nur bzgl. 9.000,-- € möglich; keine Schutzwürdigkeit
des L hinsichtlich des Irrtums/Verschreibens bei
Ausfüllung des Überweisungsformulars, da insoweit
zumindest auch das Zuwendungsverhältnis K/L
betroffen
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 2: Ansprüche des K gegen
V und gegen L
A. Ansprüche des K gegen V
B. Ansprüche des K gegen L
I. § 812 I 1 Alt. 1 BGB
II. § 812 I 1 Alt. 2 BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise auf
Kosten des K
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Subsidiaritätsgrundsatz
5. Rechtsfolge
5. Rechtsfolge
a) Wertersatz gem. §§ 812 I, 818 II BGB
• 9 000.- €, da die Überweisung als solche nicht
herausgegeben werden kann
b) Entreicherung, §§ 818 III, IV, 819 I BGB
aa) Erste Überweisung: §§ 818 I, 819 I BGB(-), da
keine positive Kenntnis des L
bb) Vorliegen des § 818 III BGB
• Reisekosten und Spielbankverlust sind
Luxusaufwendungen => keine Ersparnis von
Aufwendungen => Entreicherung (+)
• Verlust des Gepäcks:
• Rspr.: Adäquate Kausalität => (+)
• Lit.: Verluste im Vertrauen auf die
Rechtsbeständigkeit des Erwerbs => (-)
• Aber: Fortbestand der ursprünglichen
Kausalforderung gegen V (wg. § 364 II BGB)
=> Keine Entreicherung, weil L auf diese zurückgreifen
kann, soweit das Geld nicht mehr vorhanden ist
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
Frage 1: B-Bank gegen L
Frage 2: Ansprüche des K gegen
V und gegen L
A. Ansprüche des K gegen V
B. Ansprüche des K gegen L
I. § 812 I 1 Alt. 1 BGB
II. § 812 I 1 Alt. 2 BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise auf
Kosten des K
3. Ohne rechtlichen Grund
4. Subsidiaritätsgrundsatz
5. Rechtsfolge
Ergebnis
Ergebnis zu Frage 2
I. Anspruch K à V aus §§ 812 I 1 1. Alt, 818 II BGB auf
Wertersatz i.H.v. 23.000,-- € (+)
II. Anspruch Kà L aus § 812 I 1 2. Alt. BGB auf Wertersatz
i.H.v. 9.000,-- €
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
1. Variante
Frage 3: Anspruch K gegen B-Bank auf
Rückgängigmachung der
Belastungsbuchung
1. Variante
Frage 3: Anspruch K gegen B-Bank auf
Rückgängigmachung der Belastungsbuchung
I. Anspruchsgrundlage: § 675u S. 2 BGB
1. Girovertrag zwischen der B-Bank und K
2. Belastungsbuchung
3. Fehlende Autorisierung des Zahlungsvorganges
a) Bei weisungsgemäßer Überweisung
Vorschussanspruch der Bank (§§ 675 Abs. 1, 670 BGB)
b) Wirksamer Überweisungsauftrag?
• Rechtsbindungswille des K fehlt
• Keine Anwendung der Grundsätze der
Erklärungsfahrlässigkeit, da Unterschrift fehlt
• Abhanden gekommene WE à keine Erklärung des K
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EXAMENSTRAINING
Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
1. Variante
Frage 3: Anspruch K gegen B-Bank auf
Rückgängigmachung der
Belastungsbuchung
2. Variante
Frage 4: Anspruch V gegen K auf
Zahlung von 50.000,-- €
I. Aus berechtigter GoA, §§ 683
S. 1, 670, 677 BGB
4. Anderer Anspruch der Bank als Grundlage der
Buchung? (§ 242 BGB: dolo agit-Einwand gegen den
Erstattungsanspruch)
Hier: § 812 I 1 Alt. 1 BGB ?
(-), da mangels Anweisung keine Leistung von K an V; K
hat daher nichts, insbes. Keine Befreiung von
Verbindlichkeit erlangt
II. Ergebnis: Anspruch auf Rückbuchung (+)
2. Variante
Frage 4: Anspruch des V gegen K auf Zahlung von
50.000,-- €
I. Aus berechtigter GoA, §§ 683 S. 1, 670, 677 BGB
1. Geschäftsbesorgung
=
Jede rechtliche und tatsächliche fremdnützige Tätigkeit à (+)
2. Für einen anderen
à
Tilgung einer fremden Verbindlichkeit = obj. fremdes
Geschäft, Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillens
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
2. Variante
Frage 4: Anspruch V gegen K auf
Zahlung von 50 000.- €
I. Aus berechtigter GoA, §§ 683
S. 1, 670, 677 BGB
1. Geschäftsbesorgung
2. Für einen anderen
3. Ohne Auftrag
4. Berechtigung der
Geschäftsübernahme, § 683
S. 1 BGB
II. Aus §§ 684 S. 1, 812 I BGB
3. Ohne Auftrag
4. Berechtigung der Geschäftsübernahme, § 683 S. 1
BGB
a) Interesse – obj. Nützlichkeit
− Grds. (+), hier aber (-), da V in geschäftsschädigender
Absicht vorhatte, die Forderung zu einem für K ungünstigen
Zeitpunkt geltend zu machen
b) Wirklicher Wille
− Ausdrücklich oder konkludent, hier (-)
c) Mutmaßlicher Wille
− Entspricht i.d.R. obj. Interesse, hier (-)
à
Anspruch (-)
II. Aus §§ 684 S. 1, 812 I BGB
−
−
H.M.: Bloße Rechtsfolgenverweisung (=z.B. kein Vorrang der
Leistungsbeziehung zu prüfen)
Teile der Lit.: Rechtsgrundverweisung: kein hinreichender Grund
für Übergehung vorrangiger Leistungsverhältnisse à (+)
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
2. Variante
Frage 4: Anspruch V gegen K auf
Zahlung von 50.000,-- €
I. Aus berechtigter GoA, §§ 683
S. 1, 670, 677 BGB
II. Aus §§ 684 S. 1, 812 BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise
3. Ohne Rechtsgrund
1. Etwas erlangt
−
Befreiung von der Verbindlichkeit durch Zahlung des V an A (§§
267, 362 BGB)
2. In sonstiger Weise
− Nicht durch Leistung des K
− Maßgebliche Wertungskriterien im Dreipersonenverhältnis:
a) Zahlung eines Dritten auf eine nicht bestehende Forderung
− H.M.: Wird Dritter aus eigenem Antrieb ohne Veranlassung
des vermeintlichen Schuldners tätig?
•
Ohne Veranlassung à Leistungsverhältnis zwischen
Drittem und vermeintlichem Gläubiger
•
Auf Veranlassung à Gleichbehandlung mit der
Anweisungslage, Abwicklung „über‘s Eck“
b) Hier: Tatsächlich bestehende Forderung des A
− Unveranlasst à nur Leistung zwischen V und A
à Sog. Rückgriffskondiktion im Verhältnis V gegen K
3. Ohne Rechtsgrund (+)
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
2. Variante
Frage 4: Anspruch V gegen K auf
Zahlung von 50.000,-- €
I. Aus berechtigter GoA, §§ 683
S. 1, 670, 677 BGB
II. Aus §§ 684 S. 1, 812 BGB
1. Etwas erlangt
2. In sonstiger Weise
3. Ohne Rechtsgrund
4. Rechtsfolge
5. Verjährung
4. Rechtsfolge
à Wertersatz gem. § 818 II BGB i.H.v. 50.000,-- €
(Verbindlichkeit des Nennwerts)
5. Verjährung (§ 214 I BGB)
a) Verjährung des Bereicherungsanspruchs?
à Verjährung gem. §§ 195, 199 I, 187 I, 188 II 1. Alt.
BGB innerhalb von 3 Jahren
à Beginn: 01.01.2012, Ende: 31.12.2014
a) (P) Verjährung der Honorarforderung am 31.12.2014
à Nach h.M.: Rückgriffskondiktion (§ 812 I 1 2. Alt.
BGB) verjährt in gleicher Weise wie Verbindlichkeit,
von der der Schuldner durch Drittleistung befreit
wurde
à Arg.: § 404 BGB analog
Prof. Dr. Hans Christoph Grigoleit
JURISTISCHE FAKULTÄT
EXAMINATORIUM ZIVILRECHT
MÜNCHNER
EXAMENSTRAINING
Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
3. Variante
Frage 5: Anspruch V gegen K auf
Zahlung von 10.000,-- €
A. Aus berechtigter GoA, §§ 683
S. 1, 670 BGB(-)
B. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
(Rückgriffskondiktion)
I. Etwas erlangt
III. Ergebnis
Anspruch VàK auf Zahlung von 50.000,-- € ist dem Grunde
nach gegeben, aber nicht durchsetzbar, da K erfolgreich die
Einrede der Verjährung gem. § 214 I BGB erhoben hat.
3. Variante
Frage 5: Anspruch V gegen K auf Zahlung von 10.000,-- €
A. Aus berechtigter GoA, §§ 683 S. 1, 670 BGB (-)
B. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB (Rückgriffskondiktion)
I. Etwas erlangt
− Befreiung von der Verbindlichkeit aus § 823 I BGB bei
wirksamer Drittleistung des V nach § 267 BGB
Prof. Dr. Hans Christoph Grigoleit
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EXAMENSTRAINING
Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
3. Variante
Frage 5: Anspruch V gegen
K auf Zahlung von
10.000,-- €
A. Aus berechtigter GoA,
§§ 683 S. 1, 670 BGB(-)
B. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
(Rückgriffskondiktion)
I. Etwas erlangt
II. In sonstiger Weise auf
Kosten des V
III. Ohne rechtlichen Grund
1. Fremdtilgungswille bzw. Drittleistungswille
−
Hier: Irrtümliche Zahlung auf fremde Schuld à Keine
Erfüllung der bestehenden fremden Schuld durch
Dritttilgungsbestimmung iSv § 267 BGB
2. Nachträgliche ex tunc-Änderung der
Tilgungsbestimmung?
−
Anspruch des Erbschaftsbesitzers aus § 2022 II, III
BGB gegen wahren Erben bei Berichtigung von NLVerbindlichkeiten zeigt: WahlR, Vorgehen gegen
Erben oder gegen NL-Gläubiger.
Verallgemeinerungsfähig?
−
H.M.: Umstände des Einzelfalls maßgeblich (§ 242
BGB); Billigkeitscharakter des BerR und Komplexität
−
Hier: Nachträgliche Änderung (+), keine
entgegenstehenden Interessen
II. In sonstiger Weise auf Kosten des V (+)
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Bereicherungsrecht − Fall 4: Luftbuchungen
3. Variante
Frage 5: Anspruch V gegen
K auf Zahlung von
10.000,-- €
A. Aus berechtigter GoA, §§
683 S. 1, 670 BGB(-)
B. Aus § 812 I 1 2. Alt. BGB
(Rückgriffskondiktion)
I. Etwas erlangt
II. In sonstiger Weise auf
Kosten des V
III. Ohne rechtlichen Grund
IV. Rechtsfolge
III. Ohne rechtlichen Grund (+)
IV. Rechtsfolge
à Gem. § 818 II BGB Wertersatz, hier 10.000,-- €
Ergebnis
Anspruch Và K aus Rückgriffskondiktion i.H.v. 10.000,-- €
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