ibd-Einblicke 5-15

EINBLICKE
MAI 2015
Bild:Wolfgang Rieck (www.wolfgang-rieck.de)
2
Liebe Leserinnen und Leser,
mit Freude darf ich Ihnen unsere 1. Ausgabe der ibd-Einblicke präsentieren.
Ab heuer wird es vorerst in jeweils vierteljährlichen Abständen in den Monaten
Februar, Mai, August und November eine Ausgabe davon geben.
Mit ibd-Einblicke wollen wir Sie regelmäßig und kostenlos über Interessantes
und Wissenswertes aus dem Gesundheits- und Sozialbereich informieren. Sie
bleiben mit ibd-Einblicke auch stets über das aktuelle Geschehen Ihres
Pflege- und Betreuungsnetzwerkes „Ich bin daheim!“ am Laufenden.
Wir freuen uns jederzeit über Ihr Feedback zu unserer Zeitschrift. Besonders
dankbar sind wir Ihnen auch über Anregungen zu Inhalten, die für Sie als
Leserinnen und Leser von besonderem Interesse sind.
Wenn Sie Anregungen dazu haben, können Sie uns diese gerne unter
nachstehenden Kontaktdaten zukommen lassen.
Auf dem Postweg: Grassnitzberg 66, 8471 Spielfeld (aktuelle Büroanschrift
ab 01.05.2015)
Per E-Mail: [email protected]
Per Telefon: 0680 142 61 64
Nun wünsche ich Ihnen viel Freude mit unserer Erstausgabe der
ibd-Einblicke.
Herzliche Grüße
Jürgen Bigler
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WO SIE WAS NACHLESEN KÖNNEN...
Inhalt
Seite
So hat alles begonnen!
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Darf ich vorstellen... (Anna Scheuer)
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Verein LIA – Verein zur Förderung der
Lebensqualität und Individualität im Alter
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Medizin und Pflege – Morbus Parkinson
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Wissenswertes
Pflegegeld
Rezeptgebührenbefreiung
Pflegeheimkosten
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Praxistipps – Hilfsmittel für Bad und Toilette
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Blick über die Grenzen: „Im Land der
aufgehenden Sonne“ - Gedanken über Pflege in
Japan und mehr
30
Gehirntraining für zwischendurch
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So hat alles begonnen!
Die Geburtsstunde von „Ich bin daheim!“
Das Pflege- und Betreuungsnetzwerk „Ich bin daheim!“ wurde am
01.11.2011 von mir ins Leben gerufen.
Die Idee zu unserem Netzwerk entstand in der Zeit, als ich als
Pflegedienstleiter in einem Seniorenwohnheim in Graz tätig war. Immer wieder
bemerkte ich, dass eine stationäre Langzeitbetreuung in Pflegeheimen häufig
durch etwas mehr häusliche Betreuung verhindert werden könnte.
Durch die bisherigen mobilen Pflegedienste konnte jedoch innerhalb eines
Tages meist nur ein kurzer Zeitrahmen mit Betreuung oder Pflege zuhause
abgedeckt werden. Die Betreuungsdauer pro Klient liegt in der
Hauskrankenpflege bei durchschnittlich etwa 30 - 45 Minuten pro Tag.
Noch immer ist ein häuslicher Sturz mit seinen Folgeerscheinungen der
häufigste Einweisungsgrund in eine stationäre Langzeitbetreuung. Die
unterschiedlichen Arten einer Demenzerkrankung mit Ihren Auswirkungen auf
den Alltag der Betroffenen sind ebenso gewichtige Einweisungsgründe in ein
Pflegewohnheim geworden.
Eine Betreuung oder Pflege, die von einer Viertelstunde bis zu maximal 1
Stunde pro Betreuungseinheit beträgt, ist in vielen Situationen für eine
adäquate häusliche Betreuung nicht ausreichend. Eine dauerhafte 24 StundenBetreuung ist aber womöglich zu viel an Betreuung und kommt daher in vielen
Situationen auch nicht in Frage.
Einen möglichst optimalen Mittelweg für eine häusliche Betreuung zu finden,
war daher für mich die Herausforderung.
So entschloss ich mich ein Konzept zu entwickeln, dass diesen Bedürfnissen
gerecht werden kann.
Diese Herausforderung ist gelungen und somit können wir in unserem
Netzwerk „Ich bin daheim!“ unseren Kunden seit November 2011 flexible,
stundenweise Betreuung tagsüber und auch nachts anbieten.
Die Bezeichnung „Netzwerk“ wurde gewählt, da fast alle Kolleginnen und
Kollegen freiberuflich bzw. selbstständig als Pflege- oder Betreuungsfachkräfte
bei „Ich bin daheim!“ tätig sind und Ihre fachlichen und zeitlichen Ressourcen
stundenweise zur Verfügung stellen.
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Alle im Netzwerk Tätigen geben ihre möglichen Zeitressourcen und
Einsatzregionen monatlich nach ihren persönlichen Wünschen bekannt. So
erhalten wir nicht nur für unsere Kunden eine hohe zeitliche Flexibilität,
sondern auch für alle Kolleginnen und Kollegen. Anhand der jeweils
gemeldeten Zeitressourcen wird der Einsatzplan für den Folgemonat erstellt.
Die im Netzwerk tätigen Personen werden aufgrund ihrer beruflichen
Selbstständigkeit nicht als „MitarbeiterInnen“ sondern als
„NetzwerkpartnerInnen“ bezeichnet.
Sämtliche administrativen und fachlich notwendigen Aufgaben werden zentral
gesteuert und durchgeführt.
Alle NetzwerkpartnerInnen stehen über ein speziell entwickeltes Online-Portal
miteinander rund um die Uhr in Verbindung. So können wir zu jeder Zeit
Informationen und Wissen gegenseitig austauschen und sind stets über die
Betreuung unserer Kunden auf dem neuesten Stand. Sämtliche Daten und
Informationen auf dieser Online-Plattform sind selbstverständlich
anonymisiert, so dass ausschließlich die NetzwerkpartnerInnen die
Aufzeichnungen den jeweiligen Kunden zuordnen können.
Die Nachfrage für eine derart flexible und unbürokratische häusliche
Pflege und Betreuung ist seit unserem Start im November 2011 stetig
gestiegen, so dass wir auch unsere Angebote immer wieder an den Bedarf
flexibel anpassen.
Wir können unseren Kunden mittlerweile folgende Dienstleistungen anbieten:
•
•
•
•
•
Flexible, stundenweise Betreuung, tagsüber. Von 1 Stunde bis zu
12 Stunden sind variable Einsatzzeiten möglich. Die vereinbarten
Betreuungszeiten können jederzeit nach Bedarf angepasst werden.
Nachtbetreuung. Die Dauer einer Nachtbetreuung beträgt in der Regel
12 Stunden. Auch hier kann die Betreuungsdauer aber gerne auch
verkürzt oder verlängert werden.
24 Stunden- Kurzzeitbetreuung. Hier dürfen wir unseren Kunden eine
rund um die Uhr Betreuung für einen ganzen Tag bis hin zu mehreren
Tagen durchgehend anbieten. Dieses Angebot eignet sich besonders zur
Entlastung von pflegenden Angehörigen und wird unter bestimmten
Voraussetzung finanziell vom Sozialministeriumsservice unterstützt.
24 Stunden-Betreuung. Mit dieser Betreuung bieten wir dauerhafte
rund um die Uhr Betreuung an. Bei diesem Angebot wechseln sich 2
BetreuerInnen in einem 14-tägigen Betreuungsintervall ab. Auch hier
unterstützt das Sozialministeriumsservice bei Vorliegen der
Voraussetzungen finanziell.
Pflege und Betreuungsnotdienst. Diesen Dienst bieten wir für die
Betreuungsregionen Graz, Graz- Umgebung und Bezirk Leibnitz an. Unter
der Telefonnummer 0680/ 142 61 64 sind wir rund um die Uhr, an 365
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Tagen im Jahr, erreichbar und geben im Bedarfsfall telefonisch rasch
Auskunft und Hilfestellung. In besonders dringenden Situationen kommen
wir auch im Rahmen des Notdienstes vor Ort um wichtige Hilfe bei
unseren Kunden zuhause zu leisten.
Den Pflege- und Betreuungsnotdienst können auch Personen in Anspruch
nehmen, die zum Zeitpunkt des Hilfebedarfs noch nicht Kunden von
„Ich bin daheim!“ gewesen sind.
Eine weitere Besonderheit unserer Angebote ist, die nicht notwendige
Mindestanzahl an Betreuungsstunden pro Monat, um von uns betreut werden
zu können. Alle Kunden, auch wenn diese nur 1 Stunde pro Monat und
vielleicht auch nur einmalig benötigen, werden selbstverständlich gerne von
uns betreut.
Wir werden stets weiter daran arbeiten, um unsere Dienstleistungen an die
Bedürfnisse unsere bestehenden und künftigen Kunden anzupassen.
Bitte lassen Sie uns wissen, wenn wir auch für Sie spezielle
Betreuungswünsche erfüllen dürfen.
DGKP Jürgen Bigler
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DARF ICH VORSTELLLEN.....
Eine besonders wichtige Rolle in unserem Netzwerk spielen selbstverständlich
alle NetzwerkpartnerInnen von ibd. Daher möchten wir Ihnen unter dieser
Rubrik immer wieder mal unsere Kolleginnen und Kollegen etwas näher
vorstellen.
Mein Dank geht an dieser Stelle an alle in unserem Pflege- und
Betreuungsnetzwerk Mitwirkenden. Sie sind es, die täglich ihr Bestes
geben und mit viel Herz und Engagement diese wertvolle
Unterstützung für unsere Kunden zu Hause leisten.
In unserer ersten Ausgabe dürfen wir Ihnen Frau Anna Scheuer näher
vorstellen, die seit den frühen Anfängen eine besonders wichtige Stütze für ibd
ist.
Frau ANNA SCHEUER erzählt...
Seit dem Jahr 2012 gehöre ich zu den NetzwerkpartnerInnen von Ich bin
daheim!
Als selbstständige Lebens- und Sozialberaterin und freiberufliche
Fachsozialbetreuerin habe ich hier verschiedene Möglichkeiten, meine
Kompetenzen einzubringen. In diesem multiprofessionellen Team befinden sich
AnsprechpartnerInnen aus sämtlichen sozial/medizinischen
Gesundheitsberufen. Dies ist nicht nur für unsere Kunden von Vorteil, sondern
auch für mich selbst eine Bereicherung.
Wie kam es dazu? Als ich 2011 (damals auch noch Angestellte in einem
Pflegeheim) den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, suchte ich nach
„Gleichgesinnten“, nach Menschen, die etwas bewegen wollen, die Visionen
haben, die Innovatives schätzen und letztlich auch die Kraft zur Umsetzung
besitzen. Nach einem Startjahr mit zäher Auftragslage und der Mitarbeit in
einer Agentur für 24-Stunden-Betreuung, „stolperte“ ich im Internet über
Jürgen Bigler, den ich bereits von einer Ausbildung kannte. Ich nahm Kontakt
auf und es dauerte nicht lange, da waren wir schon mitten in den ersten
Gesprächen. Es folgte eine Phase der Ideenfindung, Projektentwicklung, erste
Aufträge kamen herein und die gemeinsame Gründung des Vereins PSP
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„Pflege sichern-sicher pflegen“, aus dem schlussendlich der Verein LIA
„Verein zur Förderung von Lebensqualität und Individualität im Alter“
entstand.
Mein berufliches Interesse und mein Schwerpunkt liegen in der Beratung,
im Case Management, in der Betreuung, in der Begleitung von Angehörigen
von alten und psychisch/physisch kranken Menschen und im Coaching für
Personen im Pflegebereich. Meine KlientInnen lassen mich nicht nur in ihre
Lebensgeschichten Einblick nehmen, sondern auch in ihre vier Wände. Dem
Vertrauen, das mir dabei geschenkt wird, begegne ich mit höchstmöglicher
Professionalität, Authentizität und Empathie. Da sich das Leben für viele
meiner Kunden sehr herausfordernd gestaltet, sind Humor und Momente der
Freude genauso wichtig, wie einmal Tränen zu vergießen und sich seiner Trauer
hinzugeben. Mein ganzheitlicher Ansatz (Körper, Geist und Seele) begleitet
mich bei all meinem Tun.
Wo hole ich mir Kraft? In Bewegung aller Art, in frischer Luft, bei „schräger“
oft lauter Musik, im Kreativem, Alternativem und Schönem, im Suchen nach
Neuem, in Gesprächen, bei für mich wichtigen Menschen. Einfach Spaß
haben und das Leben genießen!
Ich bin bzw. meine Aus- und Weiterbildungen sind:
Dipl. Lebens- und Sozialberaterin (integrative Gestaltberatung) mit
Weiterbildung in systemischer Beratung im psychosozialen Kontext und
Supervision/Lehrsupervision,
Dipl. Case & Care / Sozial Health Managerin,
Fachsozialbetreuerin (Altenarbeit),
Praxisanleiterin "Psychobiographisches Pflegemodell" nach Prof. Erwin Böhm,
Seminare zu verschiedenen Themen im psychosozialen Bereich wie: Sucht,
Burnout, Arbeit mit
Träumen u. v. mehr.
Anna Scheuer
Mail: [email protected]
Tel.: 0699 144 01 672
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VEREIN „LIA“
VEREIN ZUR FÖRDERUNG VON LEBENSQUALITÄT
UND INDIVIDUALITÄT IM ALTER
Der Verein LIA unterstützt pflege- und /oder betreuungsbedürftige
Menschen sowie deren Angehörige durch Versorgungsberatung, gibt
Hilfestellung in organisatorischen Fragen (Case- und CareManagement) und bietet allgemein Beratung und Begleitung in
psychosozialen Belangen an (Schwerpunkt Seniorenberatung)
Weshalb haben wir den Verein LIA gegründet?

Der plötzlich eintretende „Pflegefall“
Aufgrund unserer Arbeit und /oder aus persönlicher Erfahrung wissen wir, dass der
Bedarf an Pflege oft sehr plötzlich auftritt. Die Betroffenen befinden sich in einer
emotionalen Ausnahmesituation, der neue gesundheitliche Zustand muss erst
verarbeitet werden, alles ist plötzlich vollkommen anders.
In dieser oft krisenhaften Situation müssen viele Entscheidungen getroffen werden.
Meistens sind dann die erwachsenen Kinder und Schwiegerkinder (wenn möglich
gemeinsam mit dem Ehepartner, der Ehepartnerin) die große Stütze der Betroffenen.
Was aber ist, wenn es keine Kinder und Schwiegerkinder gibt oder wenn diese weit
entfernt leben? Wenn keine entfernten Verwandten, Freunde oder Nachbarn den
Betroffenen in dieser schwierigen Zeit beistehen können?

Reduzierung von familiären Bindungen, dünnes soziales Netz
Die Verkleinerung der Familienstruktur in Kombination mit der Mobilität der einzelnen
Mitglieder führt zu einer Reduktion der familiär bedingten sozialen Beziehungen. Das
oft dünne soziale Netz alter Menschen ist besonders fragil und kann plötzlich
kollabieren. Alle Entscheidungen müssen dann ganz allein getroffen werden, der
gewohnte Meinungsaustausch funktioniert nicht mehr.

Im „ Pflegedschungel“
Der Pflegebereich ist ein sehr unübersichtlicher Dienstleistungsbereich, der nicht von
Marktgesetzten und gesundheitsökonomischen Überlegungen abgekoppelt ist.
Pflegegeldanträge, Förderungsansuchen, Heilmittel- und Heilbehelfsbesorgungen,
Arzttermine, notwendige Umbauten, die Neuorganisation des Haushaltes, die
Schwierigkeiten, die neue persönliche Lage zu akzeptieren: Viele Betroffene fühlen
sich heillos überfordert.
Hilfe gibt es vielerorts, aber für viele Personen führt das unübersichtliche Angebot an
Pflegehotlines, Angehörigenstammtischen, Selbsthilfegruppen, verschiedenen
mobile Diensten, Pflege- und Betreuungsvermittlungsagenturen usw. zu noch mehr
Verwirrung.
Gerade ältere und/oder alleinstehende Menschen, aber auch viele Angehörige
wünschen sich in dieser schwierigen Zeit eine Ansprechperson, die ihnen
empathisch und professionell zur Seite steht.
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
Ausschluss von Informationen, mangelnde Teilhabe durch
zunehmende Digitalisierung
Überdurchschnittlich viele ältere Menschen werden durch die Digitalisierung aller
Lebensbereich in zunehmendem Maße von Informationen ausgeschlossen.
Die Verlagerung von Informationsquellen, niederschwelligen Angeboten und ersten
Anlaufstellen in das Internet schneidet einen Teil der Bevölkerung vom Zugang zu
wichtigen persönlich- und gesellschaftspolitisch bestimmenden Parametern ab.
Mangelnde Informationsmöglichkeiten erschweren eine differenzierte
Meinungsbildung, den Prozess der Entscheidungsfindung und verkleinern den
persönlichen Handlungsradius der betroffenen Personen. Das Entschwinden von
direkten persönlichen Kontaktangeboten, der Interaktion mit einer „echten“
Ansprechperson am Telefon stellt auch für viele Menschen ein Problem dar, die guten
Zugang zur digitalen Welt haben.
An dieser Stelle setzt der Verein LIA an.
Unser Anliegen ist es, dass auch die Menschen eine Vertrauensperson an ihrer Seite
haben, die sonst allein wären. Wir verstehen uns als Beistand,
InteressenvertreterInnen, UnterstützerInnen, Vertraute und BeraterInnen. Wir wollen,
dass „unsere“ Auftraggeber die optimale Pflege- und Betreuung erhalten. Wir
erklären, unterstützen bei der Entscheidungsfindung, helfen beim Ausfüllen von
Anträgen, bei Behördengängen, beim Organisieren etc., wir führen
Entlastungsgespräche, sind AnsprechpartnerInnen und haben darüber hinaus das
Ziel, dass der individuelle Mensch nicht auf (s)einen Pflegefall reduziert wird.
Der Verein LIA begleitet Menschen bei Bedarf darüber hinaus auch längerfristig im
Alltag.
Gabriela Waltl, Msc (li.)
Dipl. Lebensberaterin (Integrative Gestaltberatung)
Dipl. systemischer Coach
Dipl. Case & Care Managerin
Anna Scheuer (Mitte)
Dipl. Lebensberaterin (Integrative Gestaltberatung)
Dipl. Case & Care Managerin
Fachsozialbetreuerin (Altenarbeit)
Mag.a Hermine Gsellmann (re)
Dipl. Lebensberaterin (Integrative Gestaltberatung)
Dipl. Case & Care Managerin
Verein „LIA“, 8082 KIRCHBACH HAUS KB5
Tel.: +43 (0)664/41 15 562
[email protected]
www.verein-lia.at
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Bild: de.toonpool.com
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MEDIZIN und PFLEGE
Morbus Parkinson
Die Parkinson-Krankheit ist eine langsam fortschreitende
neurodegenerative Erkrankung(erbliche Erkrankung des Nervensystems).
Namensgeber war der Arzt James Parkinson. Das lateinische Wort „Morbus“
bedeutet „Krankheit“.
Im Gehirn gibt es Zellen, die einen Botenstoff produzieren, der sich DOPAMIN
nennt. Dieses Dopamin wird in bestimmten Nervenzellen in der schwarzen
Substanz (Substantia nigra) im Mittelhirn produziert. Diese
dopaminproduzierenden Nervenzellen sterben verstärkt ab. Das Dopamin hat
eine aktivierende Wirkung der Basalganglien auf die Großhirnrinde.
Die Basalganglien wirken sich im Gehirn auf die Regelung von Bewegung,
Denken und Emotionen aus.
Dies führt typischerweise zu folgenden Leitsymptomen im Rahmen der
Parkinson-Krankheit:
•
Muskelstarre (Rigor)
•
verlangsamte Bewegung (Bradykinese) bis hin zur Bewegungslosigkeit
(Akinese)
•
Muskelzittern (Tremor), häufig an den Händen bemerkbar
(Münzzählphänomen)
•
Haltungsinstabilität
Man unterscheidet folgende Einteilungen der Parkinson-Erkrankung:
•
idiopathische Parkinson-Syndrom (ohne bekannte Ursache) – die
häufigste Form
•
familiäre Parkinson-Syndrom (genetisch bedingte, vererbbare Form) –
seltenes Vorkommen
•
symptomatische (sekundäre) Parkinson-Syndrom (ausgelöst durch
Medikamente, posttraumatisch, Vergiftungen, entzündliche
Gehirnerkrankungen, bestimmte Form von Demenz,...)
Erkrankungsalter und Häufigkeit
Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 50. und 79. Lebensjahr (Gipfel
58. bis 62. Lebensjahr). Ein Parkinson-Syndrom kann selten bereits vor dem
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40. Lebensjahr auftreten. In der Altersgruppe 40 bis 44 Jahre ist etwa einer
von 10.000 Menschen betroffen. Die Manifestationsrate der Erkrankung steigt
mit zunehmendem Alter bis etwa zum 75. Lebensjahr an, dann nimmt sie
wieder ab. Von den über 80-Jährigen erkranken etwa 1,5–2,0 Prozent an einem
Parkinson-Syndrom.
Externe Ursachen
Noch ist es weitgehend unklar, warum bestimmte Menschen an Parkinson
erkrankten und andere nicht. Meist werden erbliche Faktoren und Umweltgifte
als schädigend für die „Substantia nigra“ erwogen. Neue Studienergebnisse
belegen einen Zusammenhang mit körperlicher Aktivität.
Symptome
Die Erkrankung beginnt schleichend und schreitet danach zeitlebens fort, die
Symptome werden im Verlauf stärker und daher auch besser erkennbar. Das
Idiopathische Parkinson-Syndrom beginnt typischerweise einseitig (und bleibt
im Verlauf einseitig stärker); als Frühzeichen gilt beispielsweise das reduzierte
und später fehlende Mitschwingen eines Armes beim Laufen. Nicht selten
treten Schulterschmerzen und einseitige Muskelverspannungen auf, die den
Patienten zuerst zum Orthopäden führen.
Weitere mögliche Symptome
Sensible Störungen
Eine Minderung des Geruchssinns (Hyposmie) ist häufig und kann der
Parkinsonkrankheit oft bereits als initiales Symptom vorausgehen.
Missempfindungen (Dysästhesien) werden häufig berichtet, ihre Ursache
ist aber nicht genauer bekannt.
Schmerzen treten besonders an Gelenken und Muskeln auf.
Vegetative Störungen
Ein Salbengesicht (fettglänzende Gesichtshaut) entsteht durch gesteigerte
Talgproduktion (zusammen mit der Hypomimie).
Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium kommt es zu
Kreislaufregulationsstörungen (orthostatische Hypotonie). Nicht selten ist
der Blutdruck im Liegen erhöht und sackt dann in aufrechter
Körperhaltung ab. Dies kann zu kurzer Bewusstlosigkeit mit Stürzen
führen (orthostatische Synkope).
Die Patienten werden dann gelegentlich (fälschlicherweise) mit
Medikamenten gegen hohen Blutdruck behandelt. Eine im Verlauf früh
auftretende ausgeprägte Blutdruckinstabilität spricht für ein atypisches
Parkinson-Syndrom.
Blasenfunktionsstörungen behindern die Patienten im sozialen Leben
erheblich. Meist steht zu Beginn ein plötzlicher starker Harndrang, oft
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schon bei kleinen Füllmengen (Pollakisurie). Das Auftreten von
Miktionsstörungen (Harnentleerungsstörungen) früh im Verlauf (d. h.
entweder vor oder innerhalb von drei Jahren nach Beginn motorischer
Symptome) ist charakteristisch für ein atypisches Parkinson-Syndrom.
Sexuelle Dysfunktionen sind häufig und betreffen in der Regel die Libido.
Bewegungsstörungen des Magen-Darm-Trakts können sowohl zu Durchfall
als auch Verstopfung führen und die Resorption der Medikamente stark
beeinflussen: Durchfall führt zu einer Unterdosierung, weil mehr von den
verabreichten Wirkstoffen als pharmakologisch kalkuliert vorzeitig
unresorbiert den Körper verlassen. Verstopfung führt zur Überdosierung,
weil mehr von den verabreichten Wirkstoffen als pharmakologisch
kalkuliert im Körper verbleiben und resorbiert werden; hierbei ergibt sich
durch unterschiedliche Plasmahalbwertszeiten der Wirkstoffe zusätzlich
eine unerwünschte Verschiebung ihrer Mengenverhältnisse.
Temperatur-Regulationsstörungen führen vor allem zu einer verminderten
Hitzetoleranz durch eine Störung des reflektorischen Schwitzens und der
reflektorischen Gefäßerweiterung bei Wärme. Dies kann bei
fortgeschrittener Erkrankung zu lebensbedrohlichen hochfieberhaften
Zuständen führen. Besonders nachts kommt es zu starken
Schweißausbrüchen.
Im Verlauf frühzeitig auftretende vegetative Störungen weisen eher auf
ein atypisches Parkinson-Syndrom.
Psychische Veränderungen
Eine niedergedrückte Stimmung kann als Frühsymptom der Diagnose um
Jahre vorausgehen. Sie betrifft im Verlauf mindestens 40 Prozent der
Patienten.
Eine klassisch als Bradyphrenie bezeichnete Verlangsamung der
Denkabläufe ist Ausdruck der allgemeinen Antriebsstörung. Sie gilt als
Pseudodemenz, da das Denken nur verlangsamt, nicht aber inhaltlich
beeinträchtigt ist.
Die Störung der Einschätzung von Entfernungen und Geschwindigkeiten
(visuospatiale Aufmerksamkeit) stellt besonders in Verbindung mit den
motorischen Einschränkungen eine Gefährdung im Straßenverkehr dar. Sie
entspricht einer Störung im Frontalhirn.
Behandlung
Es gibt heute noch keine Möglichkeit einer ursächlichen Behandlung des
Parkinson-Syndroms, die in einem Verhindern oder zumindest einem Aufhalten
der fortschreitenden Degeneration der betroffenen Nervenzellen bestünde.
Daher muss man sich mit einer Behandlung der Symptome begnügen, die
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zunehmend gut möglich ist, was den Patienten, zumindest in den ersten Jahren
(manchmal auch Jahrzehnten) der Erkrankung ein nahezu unbehindertes
Leben ermöglicht.
Medikamentöse Behandlung
Die Behandlung erfolgt hauptsächlich durch die Gabe einer dopaminergen
Medikation, das heißt, Medikamente, die zu einer Erhöhung des DopaminAngebots im Gehirn führen, oder das fehlende Dopamin ersetzende
Arzneistoffe.
Das wichtigste Medikament ist L-Dopa (Levodopa), eine Vorstufe des
Dopamins. Dieser Vorstufe (Prodrug) ist es – im Gegensatz zum Dopamin
selbst – möglich, die Blut-Hirn-Schranke zu durchqueren. Nach mehrjähriger
Einnahme von L-Dopa können unwillkürliche Bewegungen, so genannte
Dyskinesien, auftreten.
Ausreichende Bewegung ist wichtig, um die für das Parkinson-Syndrom
typische allmähliche Verminderung der Mobilität so lange wie möglich
hinauszuzögern. Bei fortgeschrittener Krankheit ist dafür eine regelmäßige und
speziell darauf ausgerichtete Physiotherapie nötig.
Eine logopädische/sprachtherapeutische Unterstützung ist sinnvoll, wenn
sich mit Fortschreiten der Erkrankung das Sprechen (leise und unexakte
Aussprache, zu leise und zu hohe Stimme, zu schnelles Sprechen) und/oder
das Schlucken (Verschlucken meist zunächst bei Flüssigkeiten, evtl.
Komplikationen wie Lungenentzündungen) verschlechtert. Ergotherapie
unterstützt durch Hilfen für den Alltag (Knöpfhilfen, Greifzangen) und arbeitet
an der Raumwahrnehmung zur Verbesserung der Bewegung.
Alternativmedizinische Behandlungsmethoden
Etwa 40%–60% der Parkinson-Patienten nehmen – meist zusätzlich zur
medikamentösen Therapie –alternativmedizinischeTherapien in Anspruch.
Unter diesen werden Entspannungs-,Meditations-, Atem- und
Bewegungsübungen wie Taijiquan, Qigong, Yoga sowie Akupunktur
und Massagen häufig angewendet. Einige Patienten verwenden
Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine, um Mangelzuständen vorzubeugen
oder vermeintliche Mangelzustände zu behandeln. Aussagekräftige klinische
Studien, die eine Wirksamkeit dieser Behandlungen hinsichtlich der
Lebensqualität und Symptomverbesserung untersucht haben, liegen nicht vor.
Bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln besteht die Möglichkeit
schädlicher Wechselwirkungen mit der medikamentösen Therapie. Vorsicht ist
insbesondere bei der Einnahme von L-Dopa-haltigen
Nahrungsergänzungsmitteln, zum Beispiel Extrakten der Juckbohne (Mucuna
pruriens) geboten, da der L-Dopa-Gehalt hier oft schwankt und so zusammen
mit einer medikamentösen L-Dopa-Therapie zu deutlichen Wirkschwankungen
führen kann.
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Einer Forschung des Max-Planck-Institutes zufolge ist die vollständige
Heilung von durch Parkinson geschädigtem Nervengewebe im Labor durch
Fruchtjoghurt gelungen. In diesem Zusammenhang soll eine Kombination von
D-Laktat (linksdrehende Milchsäure) und Glykolsäure (eine Fruchtsäure) der
Wirkstoff sein. Dies entspricht beispielsweise einer Kombination aus
bulgarischem Joghurt und unreifen Pflaumen oder Trauben. Genaue
wissenschaftliche Forschungsergebnisse stehen hierbei noch aus.
PFLEGETIPPS
Häufig benötigen Personen, die an Morbus Parkinson erkrankt sind
Hilfestellung bei der Körperpflege, beim An- und Auskleiden sowie bei
der Mobilisierung. Wichtig dabei ist, sich ausreichend Zeit für eine
Anleitung zu nehmen, da Unruhe und zu schnelles Arbeiten zur Verstärkung
der Symptomatik führen kann. Da es bei den Talgdrüsen im Gesicht häufig zu
vermehrter Talgsekretion kommt (Salbengesicht) sollte das Gesicht öfter mit
milden Gesichtsreinigungsmitteln gesäubert werden.
Das Bewegungstraining ist natürlich besonders wichtig in der Betreuung von
an Parkinson erkrankten Menschen.
Die verbliebenen funktionierenden Bewegungsabläufe müssen nun regelmäßig
geschult werden. Dabei ist es hilfreich die Bewegungsabläufe den
Betroffenen vorzusprechen und somit bewusster zu machen, d.h. genau zu
beschreiben welcher Bewegungsablauf gerade notwendig ist. Zum Beispiel:
„..bitte die Fußsohle vom Boden anheben, den Unterschenkel nach vor
bewegen, Ferse auf den Boden aufsetzen, Druck auf die Fußsohle geben usw.“
Zusätzlich kann auch der Bewegungsablauf vom Betroffenen selbst
vorgesprochen werden. Weiters ist es sinnvoll zwischendurch gezielte
Bewegungsabläufe vor einem Spiegel zu trainieren. So können die
Bewegungen leichter im zentralen Nervensystem abgespeichert werden.
Menschen, die an Morbus Parkinson erkrankt sind, ermüden sehr rasch. Daher
bitte bei Gehtraining darauf achten, dass ein Rollstuhl oder eine andere
Sitzmöglichkeit immer in unmittelbarer Nähe vorhanden ist.
Ein Gehtraining könnte wie folgt aussehen:
Achten Sie auf eine möglichst aufrechte Körperhaltung des Betroffenen,
Blick gerade nach vorne, damit die Halswirbelsäule nicht nach vor geneigt ist.
Vor dem Gehen darauf achten, dass die Fußsohlen und v.a. die Fersen festen
Kontakt mit dem Boden haben. Beim Gehen sollten dann die Fersen zuerst
Kontakt mit dem Boden haben und dann die Fußsohle nach vor abrollen. Bei
Ablenkung kommt es sehr schnell zu Konzentrationsmangel und zu einem
„schlurfenden“ Gangbild. Wenn dies eintritt, nicht weitergehen, sondern
stoppen, um wieder neue Konzentration auf das Gangbild einnehmen zu
können.
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Wichtig: nicht vor dem Betroffenen stehen und an dessen Armen ziehen, um
ein schnelleres Gehen zu erzielen. Dies würde genau einen gegenteiligen Effekt
hervorrufen. Stehen Sie entweder seitlich neben oder hinter der Person
während dem Gehtraining. Die betroffene Person sollte sich in jeder Phase des
Gehtrainings in sicheren Händen fühlen. Das Gefühl der Angst und
Unsicherheit erhöht die Muskelspannung zusätzlich.
Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme:
Sollte die Nahrungs- und/oder Flüssigkeitsaufnahme alleine nicht mehr
ausreichend möglich sein, wird eine Unterstützung notwendig. Ein starkes
Zittern der Hände (Tremor) oder eine stark ausgeprägte Steifigkeit (Rigor)
kann ein selbständiges Essen oder Trinken unmöglich machen.
Auch hier ist es von besonderer Bedeutung sich ausreichend Zeit für die
Darreichung von Nahrung und Getränken zu nehmen. Sollten
Schluckprobleme vorliegen, können Flüssigkeiten (Wasser, Säfte, Tee, klare
Suppen u.ä.) mit speziellen Eindickungsmitteln (in jeder Apotheke
erhältlich) verdickt werden. Dabei kann eine Konsistenz von honig- bis
puddingartig erreicht werden.
Der Sinn einer Eindickung besteht darin, dass die Flüssigkeit langsamer in
Richtung Speiseröhre fließt, sodass bei einem Schluckvorgang der
Kehlkopfdeckel sich vorher schließen kann, bevor die Flüssigkeit in die Nähe
der Luftröhre kommt. Durch die anatomische Nähe von Speise- und Luftröhre
könnte es sonst zu einem Verschlucken kommen. Dabei fließt die Flüssigkeit
statt in die Speiseröhre in die Luftröhre. Dies kann natürlich auch bei Speisen
passieren, was im schlimmsten Fall zur Erstickung führen könnte. Wenn
Flüssigkeits- oder Speisereste statt in die Speiseröhre in die Luftröhre gelangen
wird dies ASPIRATION genannt. Kommt es immer wieder zu Aspirationen
kann das zu einer Lungenentzündung führen. Die medizinische Bezeichnung
dafür nennt sich ASPIRATIONSPNEUMONIE.
Achten Sie also bitte darauf, dass Speisen ausreichend gekaut werden und
dass die Speisestücke schon beim Einbringen in den Mund möglichst klein sind.
Lassen Sie ausreichend Zeit, um die Speisen schlucken zu können.
WICHTIG: Wenn die Betroffenen die Speisen lange im Mund kauen, bitte
NICHT zur Beschleunigung des Schluckvorgangs Flüssigkeit (z.B. Wasser)
eingeben. Dies würde eher dazu führen, dass die Flüssigkeit nun auch die im
Mund vorhandenen Speisereste aufnimmt und bei verzögertem Schluckakt
sowohl die Speisereste als auch die Flüssigkeit in die Lunge gelangen. Zuerst
muss feste Nahrung geschluckt werden und erst danach darf
Flüssigkeit verabreicht werden oder umgekehrt!
Manche an Parkinson erkrankte Personen weisen keinen ausreichenden
Hustenreflex mehr auf, der jedoch eine wichtige Schutzfunktion darstellt.
Wenn gehustet wird, können Flüssigkeiten oder Speisereste, die in die
Luftröhre gelangt sind, durch Husten wieder aus der Luftröhre ausgeworfen
werden. Wenn der Hustenreflex jedoch nicht mehr ausreichend funktioniert,
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können diese Bestandteile ungehindert in die Lunge, teilweise auch völlig
unbemerkt für den Außenstehenden. Wenn auch das öfters passiert, führt dies
sehr rasch zu einer Lungenentzündung. Die medizinische Bezeichnung dafür
nennt sich STILLE ASPIRATIONSPNEUMONIE.
Beim Darreichen von Speisen und Getränken immer darauf achten, dass der
Nacken nicht überstreckt wird. Der Kopf sollte sich in Mittelstellung befinden
(in gerader senkrechter Linie mit dem Hals)oder leicht nach vorne geneigt.
Sie können dazu einen Selbstversuch starten, indem Sie Ihren Kopf etwas in
den Nacken legen und dann versuchen zu schlucken. Dann neigen Sie den Kopf
Richtung Ihres Brustbeins und schlucken nun. Sie werden bemerken, dass ein
Schlucken mit nach hinten geneigtem Kopf wesentlich schwieriger ist als mit
nach vor geneigtem Kopf.
Da Sie sich für die Verbreichung ausreichend Zeit nehmen sollten, werden
warme Speisen wahrscheinlich auskühlen. Es gibt Warmhalteteller, die die
Speisen über lange Zeit ausreichend warm halten.
Nach dem Essen ist es besonders bedeutsam, eine adäquate Mundpflege
durchzuführen und alle Speisereste zu entfernen. Im Mund verbleibende
Speisereste könnten in der Folge zu einer (stillen) Aspiration führen. Besonders
dann, wenn der Betroffene nach dem Essen zu Bett gebracht wird und durch
die Liegeposition die Speisereste leichter in die Lunge gelangen können.
Um die Kommunikation möglichst lange aufrecht zu erhalten, lassen Sie den
Betroffen Zeit sich verbal mitzuteilen und ermuntern Sie die Betroffenen ganz
bewusst dabei die Gesichtsmimik einzusetzen.
Ein Schreibtraining, bei dem die Betroffenen z.B. in Blockschrift Sätze
aufschreiben und dabei langsam mitsprechen kann ein gutes Sprechtraining
darstellen.
Die Aktivität der betroffenen Menschen möglichst lange aufrecht zu erhalten ist
ein wichtiges Ziel. Es sollte daher auch darauf geachtet werden, dass nur dann
Unterstützung geboten wird, wenn es auch wirklich notwendig ist. Auch wenn
bestimmte Bewegungsabläufe und Handlungen für die Betroffenen oft sehr
mühsam sind, sollte ihnen nicht immer sofort zur Hand gegangen werden.
Lassen Sie den Betroffenen Zeit und auch die Möglichkeit Erfolge zu verspüren,
selbst wenn sie dazu viel Energie verwenden müssen, da die Tätigkeiten oft
sehr anstrengend sind.
Wenn zu viele Aktivitäten den Betroffenen einfach abgenommen werden, führt
dies rasch dazu, dass noch funktionierende Bewegungsabläufe (wenn auch
eingeschränkt und oft sehr mühsam) sich rasch weiter verschlechtern und es
so erst recht zu einem beschleunigten körperlichen Abbau kommen kann.
An Morbus Parkinson erkrankte Menschen sind keinesfalls in ihrer
Intelligenz beeinträchtigt. Da ein Begleitsymptom der Erkrankung eine
fehlende Gesichtsmimik sein kann, es zu einem anhaltenden Speichelfluss aus
dem Mund und zu einer Art Bewegungslosigkeit kommen kann, wird
19
manchmal durch das äußere Erscheinungsbild interpretiert, dass auch eine
geistige Beeinträchtigung vorliegt. Diese Annahme ist jedoch falsch!
Gesellschaft, Kommunikation, Wertschätzung und natürlicher
zwischenmenschliche Kontakt sind äußerst wichtige Aspekte im Umgang
mit an Parkinson erkrankten Menschen. Die Betroffenen neigen häufig dazu
sich aus Schamgefühl zurückzuziehen und sich gesellschaftlich zu isolieren.
Unterstützen Sie die Betroffenen dabei sich weiterhin regelmäßig in den Alltag
zu integrieren und zeigen Sie Akzeptanz und Einfühlungsvermögen für die
Situation des Betroffenen.
Verfasser: DGKP Jürgen Bigler
Literaturhinweis: Klinikleitfaden Pflege, 4. Auflage, Wikipedia
20
WISSENSWERTES
PFLEGEGELD
Zweck des Pflegegeldes
Das Pflegegeld wird Menschen zuerkannt, die regelmäßig Pflege brauchen. Das
Pflegegeld soll dazu beitragen, sich notwendige Rahmenbedingungen für eine
möglichst optimale Pflege und Betreuung leisten zu können. Die Bezieher
haben die Möglichkeit das Pflegegeld nach ihren eigenen Wünschen und
Bedürfnissen einzusetzen. Können dies die Betroffenen selbst nicht mehr
lenken, sind die Angehörigen gefordert, dies im Sinne der Pflegegeldbezieher
zu tun.
Anspruch auf Pflegegeld
Man erhält Pflegegeld, wenn man mehr als 65 Stunden im Monat Pflege
benötigt und wenn dies wahrscheinlich mindestens 6 Monate dauern wird.
Höhe des Pflegegeldes
Das Pflegegeld wird einmal im Monat ausbezahlt. Die Höhe des Pflegegeldes
hängt davon ab, welche Pflegestufe zuerkannt wird.
Die Pflegestufe sagt aus, wie viel Pflege man laut Sachverständigen benötigt.
Es gibt 7 Pflegestufen.
• Stufe 1
154,20 Euro im Monat, bei mehr als 65 Stunden Pflege.
• Stufe 2
284,30 Euro im Monat, bei mehr als 95 Stunden Pflege.
• Stufe 3
442,90 Euro im Monat, bei mehr als 120 Stunden Pflege.
• Stufe 4
664,30 Euro im Monat, bei mehr als 160 Stunden Pflege.
• Stufe 5
902,30 Euro im Monat, bei mehr als 180 Stunden notwendiger Pflege und
wenn eine dauernde Bereitschaft einer Pflegerin oder eines Pflegers
notwendig ist.
• Stufe 6
1.242,00 Euro im Monat, bei mehr als 180 Stunden notwendiger Pflege
und wenn die Betreuung nicht planbar oder ständige Anwesenheit
notwendig ist.
• Stufe 7
1.655,80 Euro im Monat, bei mehr als 180 Stunden notwendiger Pflege
und wenn alle 4 Extremitäten im Alltag nicht mehr funktional einsetzbar
sind.
21
Wenn eine erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird, werden 60,- Euro
abgezogen.
Besonders schwerbehinderte Menschen erhalten
• bis zum 7. Lebensjahr monatlich 50 Betreuungsstunden zusätzlich
anerkannt
• bis zum 15. Lebensjahr monatlich 75 Betreuungsstunden und
• wenn sie älter als 15 Jahre sind monatlich 25 Betreuungsstunden
zusätzlich anerkannt.
Diagnosebezogene Mindesteinstufungen
Bei Vorliegen einer bestimmte Behinderungen hat, die eine Ärztin oder ein Arzt
festgestellt hat, wird vorweg eine bestimmte Pflegestufe zuerkannt.
• Stufe 3 steht stark Sehbehinderten und Rollstuhlfahrern zu.
• Stufe 4 steht Blinden und Rollstuhlfahrern zu,
die wegen ihrer
Krankheit nicht kontrollieren können, wann sie auf die Toilette müssen
(Inkontinenz).
• Stufe 5 steht Taubblinden oder Rollstuhlfahrern zu, die ihre Arme nicht
funktional einsetzen können und eine Person brauchen, die ihnen hilft, in
den Rollstuhl oder aus dem Rollstuhl zu gelangen.
Feststellung erfolgt durch Sachverständige (Ärzte oder Pflegefachkräfte).
Hinweis
Bei längerem Krankenhausaufenthalt wird kein Pflegegeld ausbezahlt.
Ab 2016 wird die Höhe des Pflegegeldes für jede Pflegegeldstufe um 2%
erhöht.
REZEPTGEBÜHRENBEFREIUNG
Für viele Menschen sind die regelmäßigen Aufwendungen für die
Rezeptgebühren (derzeit € 5,40 ) eine starke finanzielle Belastung.
Besonders dann, wenn entweder das monatliche Nettoeinkommen sehr gering
ist oder die Anzahl der einzunehmenden Medikamente besonders hoch ist und
somit hohe Kosten erzeugt. Problematisch ist es vor allem auch dann, wenn
beides zutrifft. Geringes Nettoeinkommen und hoher Medikamentenbedarf.
Nun gibt es die Möglichkeit eine finanzielle Unterstützung bezüglich der
Aufwendungen für die Rezeptgebühren zu erhalten. Dabei werden 2
Unterstützungsleistungen unterschieden:
1.) Rezeptgebührenobergrenze
2.) Rezeptgebührenbefreiung
22
Bei der Rezeptgebührenobergrenze kann man von den Rezeptgebühren
befreit werden, sobald die Aufwendungen für Rezeptgebühren 2% des
jeweiligen Jahresnettoeinkommens überschreiten. Sobald dies eintritt,
kann man für den Rest des Jahres von der Rezeptgebühr befreit werden.
Wichtig ist zu wissen, dass dies immer nur bis zum Ende des laufenden Jahres
Gültigkeit hat. Mit Beginn des neuen Jahres (also stets per 01.Jänner eines
Jahres) muss dann wieder Rezeptgebühr bezahlt werden, bis zu dem
Zeitpunkt, an dem die 2% des Jahresnettoeinkommens für
Rezeptgebühraufwendungen überschritten wurden.
Bei der Rezeptgebührenbefreiung kann auf Antrag die Rezeptgebühr
gänzlich entfallen. Dafür sind bestimmte Einkommensgrenzen vorgesehen.
Für Alleinstehende liegt dieser Richtwert bei € 872,31 und für Ehepaare bei
€ 1.307,89. Wenn ein vom Hausarzt bestätigter erhöhter Medikamentenbedarf
besteht und das monatliche Nettoeinkommen unter den folgenden Richtwerten
liegt, kann ebenfalls ein Antrag zur Befreiung gestellt werden. Die Richtwerte
liegen hier bei Alleinstehenden bei € 1.003,16 und bei Ehepaaren bei €
1.504,07. Die Beiträge erhöhen sich zusätzlich für jedes Kind um € 134,59.
Beachten Sie, dass alle Einkommen im selben Haushalt lebender
Personen zur Berechnung herangezogen werden.
PFLEGEHEIMKOSTEN
Ein Pflegeheim verrechnet grundsätzlich sogenannte "Tagsätze". Diese
Tagsätze bestehen aus 2 Komponenten:
1.) Hotelkomponente 2.) Pflegezuschlag
Mit der Hotelkomponente werden die Kosten für die Unterbringung und für die
Verpflegung verrechnet. Die Kosten für den Pflegezuschlag richten sich nach
der aktuell gültigen Pflegegeldstufe.
Die Beitragshöhe dieser beiden Komponenten sind für Pflegeheime mit
gültigem Entgeltkatalog des Sozialhilfegesetze und für Pflegeheime, die nach
Kollektivvertrag der Berufsvereinigung v. Arbeitgeber für Gesundheits- und
Sozialberufe (auch als BAGS bezeichnet) unterschiedlich.
Kosten in Euro pro Tag bei Entgeltkatalog des Sozialhilfegesetze vs. BAGS
(Kosten bei BAGS in Klammern angeführt)
Hotelkomponente pro Tag
60,47 (62,32)
Pflegezuschlag pro Tag
Pflegegeld Stufe 1: 8,68 (10,91), Pflegegeld Stufe 2: 17,36 (21,83)
Pflegegeld Stufe 3: 28,13 (35,40), Pflegegeld Stufe 4: 40,04 (50,38)
Pflegegeld Stufe 5: 41,65 (52,39), Pflegegeld Stufe 6: 45,27 (56,95)
Pflegegeld Stufe 7: 52,06 (65,49)
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BILD: www.forumromanum.com
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PRAXISTIPPS
Hilfsmittel für Bad und Toilette
Im Folgenden möchten wir Ihnen gerne einige Hilfsmittel vorstellen, die im
Pflegealltag im Badezimmer und für die Toilette hilfreich sein können. Diese
Hilfsmittel stellen eine Erleichterung sowohl für die zu betreuende Person als
auch für die pflegende Person dar.
Der folgende Auszug der Hilfsmittel stellt lediglich eine kleine Auswahl von
Beispielmaterialien dar. Auf dem Markt gibt es viele unterschiedliche Angebote
von Heilbehelfen und Hilfsmitteln.
Bei der Anschaffung von Hilfsmitteln sollte man unbedingt darauf wert legen,
dass diese tatsächlich auf die persönliche Situation abgestimmt sind. Am
besten Sie kontaktieren dazu den Bandagisten/Orthopädiefachhandel Ihres
Vertrauens und vereinbaren ein persönliches Beratungsgespräch bei Ihnen
zuhause.
Die nachfolgend angeführten Artikel sollen Ihnen einen Hinweis geben, welche
Möglichkeiten es gibt. Von jedem Produkt gibt es auch unterschiedliche
Varianten mit unterschiedlichen Ausführungen. Danach richtet sich letztlich
auch der Preis. Damit Sie aber eine ungefähre Vorstellung haben, was die
Produkte kosten können, geben wir hier einfach recherchierte Mittelwerte der
Kosten an.
Toilettensitzerhöhungen
Diese sind vor allem dann sehr hilfreich, wenn das Hinsetzen und/oder das
Aufstehen erschwert sind. Durch die höhere Sitzposition und eventuell noch
zusätzlich seitlich an den Wänden angebrachte Haltegriffe ist ein Hinsetzen und
Aufstehen von der Toilette viel leichter möglich.
Abbildung 1:
Toilettensitzerhöhung
mit Griff (Kosten: ca.
€ 60,00)
Abbildung 2:
Toilettensitzerhöhung
ohne Griff (Kosten: ca.
€ 25,00)
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Badewannenlifter
Wenn das Einsteigen in die Badewanne und/oder das Aussteigen aus der
Badewanne kaum oder nicht mehr möglich ist, ist ein Badewannenlifter eine
wirklich gute Hilfe. Diese Lifter werden entweder hydraulisch oder elektronisch
betrieben.
Die Badewannenlifter werden in die Badewanne gestellt. Zum Einsteigen senkt
man das Niveau der Sitzfläche auf das Niveau des oberen Badewannenrandes
ab. Die betreffende Person setzt sich nun auf den mit dem Badewannenrand
auf dem selben Niveau befindliche Sitzfläche des Badewannenlifters. Wenn
Hilfe benötigt werden, können nun die Beine der zu badenden Person in die
Wanne gehoben werden. Nun wird hydraulisch oder elektronisch die Sitzfläche
auf das gewünschte Niveau abgesenkt und schon kann der Badespaß losgehen.
Das Aussteigen erfolgt genauso einfach in umgekehrter Reihenfolge.
Abbildung 3: Badewannenlifter, elektronisch (Kosten: ca.
€ 290,00)
Badewannensitz /Badewannenbrett
Ein Badewannensitz eignet sich gut dafür, wenn zum Beispiel in der Badewanne
geduscht werden soll.(Der abgebildete Sitz ist schwenkbar, jedoch nicht absenkbar).
Abbildung 4:
Badewannensitz (Kosten: ca. Abbildung 5: Badewannensitz nicht
€ 110,00)
schwenkbar (Kosten: ca. € 75,00)
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Abbildung 6: Badewannenbrett zur Auflage
zwischen den Badewannenrändern (Kosten: ca.
€ 40,00)
Duschklappsitz
Ein Duschklappsitz ist für den Duschbereich vorgesehen. Dieser kann an die
Wand geschraubt werden und Stützen unterhalb der Sitzfläche stabilisieren den
Sitz. Dies ist vor allem bei schwergewichtigen Personen eine zusätzliche
Sicherheit. Diese Klappsitze lassen sich platzsparend nach oben klappen. Die
Klappsitze gibt es auch ohne zusätzliche Sitzflächenstützen.
Abbildung 7: Duschklappsessel
mit Sitzflächenstütze (Kosten:
ca.€ 60,00)
Abbildung 8:
Duschklappsessel
platzsparend klappbar
Duschsessel
Duschsessel haben den Vorteil, dass man damit etwas mobiler ist. D.h. die
Pflegeperson kann leichter von allen Seiten die Körperpflege durchführen. Der
Stuhl kann je nach Bedarf in die verschiedenen Positionen gedreht werden
(sofern Räder vorhanden sind). Die Ausbuchtung an der Sitzfläche dient dazu,
dass die Genitalpflege im Sitzen durch die pflegende Person leichter
durchführbar wird. Die Beine des Stuhls sind höhenverstellbar. Manche
Duschstühle sind auch mit absperrbaren Rädern zum leichteren Transfer
erhältlich. So könnte man die zu pflegende Person z.B. mit dem Stuhl auch im
Badezimmer von der Dusche zum Waschbecken zur Durchführung der
Mundpflege führen.
27
Abbildung 9:
Duschsessel mit
Rädern und
Fußstützen
(Kosten: ca. €
360,00)
Haltegriffe
Die Montage von Haltegriffen ist grundsätzlich zu empfehlen. Sie geben guten
Halt und Sicherheit.
Die Anbringung der Haltegriffe ist vor allem links und rechts der Toilette sehr
hilfreich.
Im Badezimmer sind Haltegriffe in der Dusche links und rechts an den Wänden
sinnvoll. Wenn die Körperpflege beispielsweise am Waschbecken durchgeführt
wird, empfiehlt es ich ein stabiles Etagere mit integriertem Haltegriff über dem
Waschbecken anzubringen.
Bei der Badewanne ist ein Haltegriff seitlich an der Wand unbedingt zu
empfehlen. Bei der Montage ist die genaue Abmessungen der endgültigen .
Montagehöhe wichtig.
Abbildung 10:
Haltegriff zur
fixen
Wandmontage
(Kosten ca: €
15,00)
Abbildung 11:
Haltegriff zur mobilen
Montage mittels
Saugknöpfe (Kosten: Abbildung 12: Klappbare Halteschiene
ca. € 30,00)
(Kosten: ca.60,00)
FOTOS: www.seniorenprodukte.at
28
BILD: ww.karikatuur-cartoon.de
29
Blick über die Grenzen
Im Land der aufgehenden Sonne
Gedanken über Pflege in Japan und mehr
Japan ist in vielerlei Hinsicht ein faszinierendes Land, das eine Vielzahl von
scheinbaren Gegensätzen in sich vereint: hochtechnologisch und doch sehr
traditionell geprägt, eine extrem hohe Bevölkerungsdichte in den
Ballungszentren und weitläufige, wild anmutende Landschaften in den
unbewohnten Gebieten, die übrigens einen Großteil des Landes ausmachen.
Auf Grund der weitverbreiteten Erdbebengefahr im Land, der vielen Vulkane
und zahlreichen, für den Menschen unzugänglichen Gebiete sind nur rund
20 % der Gesamtfläche Japans bewohnbar. Kein Wunder also, dass man
in den wenigen verfügbaren Wohngebieten versucht, den vorhandenen Raum
so gut wie möglich zu nutzen. Mietwohnungen in Tokyo und anderen Städten
haben eine Durchschnittsgröße, die oft nicht über 20 m2 hinausgeht.
Eigentumswohnungen, die ohnehin nur für wenige erschwinglich sind, sind oft
größer, aber auch sehr teuer.
Irgendwie gelingt es den meisten Japanern dennoch, alles Notwendige in ihren
vier Wänden unterzubringen. Große Einbauschränke sucht man vergebens,
dafür gibt es Kästen, in denen tagsüber das „Bett“ verstaut wird, um so das
Schlafzimmer in ein Wohnzimmer und/oder Esszimmer zu verwandeln. Das
Bett ist meistens ein zusammenrollbarer Futon, sprich eine schlichte Matratze.
Darauf schläft sich aber oft unerwartet gut und platzsparend ist dieses Bett
allemal.
Auch die Küchenausstattung mutet auf Grund der beengten Verhältnisse oft
spartanisch an. Wichtigstes Utensil in den meisten Haushalten ist jedenfalls der
Reiskocher. Reis, in all seinen Varianten, ist ein ganz wesentlicher Bestandteil
der japanischen Küche, die aber auch noch mit vielen anderen Köstlichkeiten
aufwarten kann. Sushi, Sashimi für Fischliebhaber, Okonomiyaki, Sukiyaki,
Ramen etc. für all jene, die zwar keinen rohen Fisch mögen, aber ihren
Gaumen an herrlich gebratenen Nudel-, Fleisch-, Gemüse- oder Reisgerichten
erfreuen wollen.Dass Japaner besonders lange leben, liegt wohl auch an
ihrer Ernährungsweise. Fisch ist ein zentraler Bestandteil des Speiseplans,
auf dem man das bei uns oft obligate - und zumeist fettreiche - Dessert in
vielen Fällen vergeblich sucht. Während gerade in Österreich eine Mahlzeit
ohne Nachtisch fast unvollständig wirkt, geben sich Japaner mit einer Tasse
grünen Tee zufrieden.
Auch sind die Portionen wesentlich „mundgerechter“, wobei dies wohl auch
daran liegt, dass - außer in Ausnahmefällen (wenn typisch europäische Speisen
gegessen werden) - mit Stäbchen gegessen wird. Das bedingt von vornherein
schon eine wesentlich gemächlichere Art des Speisens. Fleischstücke sind klein
und stäbchengerecht geschnitten und auch der Reis lässt sich mit etwas Übung
30
ohne Probleme mit Stäbchen essen.
Japan hat auch eine faszinierende Geschichte, die nicht immer nur ruhmoder ehrenvoll war. Die im zweiten Weltkrieg begangenen Gräueltaten und die
zahlreichen Feldzüge gegen ihre Nachbarn vor dem zweiten Weltkrieg, belasten
zum Teil auch heute noch die Beziehungen des Landes der aufgehenden Sonne
zu seinen Nachbarn.Eine Aussöhnung von historischer Tragkraft wie es sie
zwischen Deutschland und Frankreich gegeben hat und die den Grundstein für
die Europäische Union legte, sucht man im asiatischen Raum, wo ähnliche
Feindseligkeiten vorherrschten und zum Teil noch bestehen, vergeblich.
Dennoch ist es unter der jüngeren Generation zu einer schrittweisen
Annäherung gekommen. Dazu haben auch das Internet und die Pop-Musik viel
beigetragen. Was im Unterricht oft nicht gelang, das schafften koreanische
Pop-Ikonen über das Internet. Das oft problematische Verhältnis zwischen den
Koreanern und den Japanern erfuhr durch die enorme Popularität des so
genannten K-Pop (koreanische Pop-Musik) eine deutliche Verbesserung.
Im Gegenzug begeistern sich sehr viele, vor allem junge, Koreaner für
japanische Mangas und Anime. In beiden Ländern ist in den letzten Jahren eine
immer größer werdende Anzahl an Menschen zu verzeichnen, die die Sprache
des jeweiligen Nachbarlandes lernen.
Auch die in Asien so beliebten Seifenopern, dort „Dramen“ genannt, haben
ihren Teil zur Völkerverständigung beigetragen. Es gibt zwar immer wieder
einmal Phasen, in denen Nationalisten in den einzelnen Ländern für Misstöne
sorgen, aber grundsätzlich ist das Verhältnis Japans zu seinen Nachbarländern
viel besser geworden.
Spannend ist Japan aber auch - und für manche vor allem - auf Grund der
Einzigartigkeit seiner Sprache. Viele, wobei es mir, bevor ich Japanisch gelernt
hatte, nicht anders erging, meinen, dass Japanisch und Chinesisch einander
sehr ähnlich seien. Dem ist aber keineswegs so. Japanisch und Chinesisch
haben kaum etwas gemein, wobei Sprachwissenschaftler bis heute nicht genau
wissen, woher denn die japanische Sprache stammt bzw. welcher
Sprachgruppe sie zuzuordnen ist. Die Japaner haben zwar, weil sie selbst keine
Schrift entwickelt hatten, die Schriftzeichen der Chinesen übernommen, aber
sie mussten diese Zeichen oft anpassen, weil sowohl die Grammatik des
Japanischen als auch seine Lautbildung völlig anders sind als im Chinesischen.
Das Chinesische ist zudem eine Tonsprache, d. h. Wörter werden in
unterschiedlicher Tonhöhe ausgesprochen und bekommen dadurch
unterschiedliche Bedeutungen. Beim Japanischen ist das nicht der Fall.Das
Japanische hat drei Schriftsysteme, die alle nebeneinander verwendet werden:
zwei Silbenschriften und die chinesischen Schriftzeichen, die - als ob die
Sprache nicht ohnehin schon kompliziert genug wäre - auch noch
unterschiedliche Lesarten haben, eine chinesische und eine japanische. Das
31
heißt, ein Schriftzeichen kann auf „chinesische Art“ und auf „japanische Art“
gelesen werden und klingt dadurch in den jeweiligen Situationen von der
Aussprache her völlig anders. Japan ist aber auch mit großen
gesellschaftspolitischen Herausforderungen konfrontiert und eine davon ist die
rasch voranschreitende Überalterung. So schön es für die Menschen ist, immer
älter zu werden, so problematisch wird dies, wenn nicht genügend junge
Menschen nachkommen.
Japan ist zurzeit nicht in der Lage bzw. nicht bereit, dieses Manko durch
Immigration wettzumachen. Es herrschen strenge Einwanderungsregelungen,
die dazu führen, dass das Land lediglich rund 1,5 % ausländischer
Bevölkerung aufweist. Für japanische Verhältnisse ist das schon sehr viel,
da vor ca. 20 Jahren der Prozentsatz um die Hälfte geringer war. Die
japanische Gesellschaft wirkt daher nach außen hin auch sehr homogen und
einheitlich. Das führt auch dazu, dass man als Außenstehender rasch auffällt.
Dank der grundsätzlich sehr höflichen und hilfsbereiten Japaner, ist dieses
Außenseitertum aber im Regelfall nicht mit negativen Folgen verbunden zumindest nicht, wenn man als Tourist im Land unterwegs ist. Für Menschen,
die dort leben möchten, ist die Situation oft etwas schwieriger, wobei es
dennoch nicht jene fremdenfeindlichen Phänomene gibt, die in vielen
westlichen Staaten zum Teil sogar in Gewalttaten ausarten.
Japan wird sich auf jeden Fall etwas einfallen lassen müssen, wenn es
verhindern will, dass die fortschreitende Alterung zu einer
gesellschaftspolitischen Zeitbombe wird.Schon jetzt gibt es in ländlichen
Gegenden Kooperativen, wo sich betagte Menschen Arbeiten aufteilen, um
einander versorgen zu können.
Man findet dort noch Menschen im Alter von 80 Jahren und älter, die
einer geregelten Arbeit nachgehen, die zwar nicht immer entlohnt wird,
aber zum Gemeinwohl beiträgt. Da aber auch in Japan älter werdende
Menschen verstärkt an körperlichen und geistigen Gebrechen leiden, ist der
Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal sehr hoch. Zum Teil wird dieser
Bedarf durch eigene Pflegekräfte gedeckt, zum Teil durch ausländisches
Personal, das aber nur sehr begrenzt aufgenommen wird, und zum Teil wird
schon eine Lösung in Form von Pflegerobotern angedacht.
Dass Japaner technikverliebt sind, ist allgemeinhin bekannt, dass sie auch
keine Scheu davor haben, sich im hohen Alter einmal von einem Roboter
versorgen zu lassen, mutet für unsereiner dann doch etwas seltsam an.
Aber es gibt tatsächlich schon erste Roboter, die einfache Hausarbeiten
erledigen und Pflegedienste übernehmen können. Wirklich komplizierte
Tätigkeiten kann die aktuelle Generation dieser maschinellen Helferlein zwar
noch nicht ausführen, aber das soll alles noch kommen. Selbst für den Fall,
dass dies technisch möglich sein sollte, stellt sich die Frage, ob das auch eine
wünschenswerte Entwicklung ist. In einer so stark hierarchisch geprägten
32
Gesellschaft wie der japanischen, in der auch im Freundes- und Familienkreis
der Körperkontakt weitaus spärlicher ausfällt als in den meisten westlichen
Ländern, scheint für eine gar nicht so geringe Anzahl an Menschen der
Gedanke an einen helfenden Roboter gar nicht so abwegig.Persönlich kann ich
mir das nicht vorstellen. Fehlt es doch der Maschine in jedem Fall am
Einfühlungsvermögen, das sich auch mit der besten Software nicht
programmieren lässt. Manche „Gefühlsregungen“ kann man vielleicht
simulieren, aber man wird sich immer dessen bewusst sein, dass einem hier
etwas vorgegaukelt wird.
Die Pflege eines anderen Menschen erschöpft sich nicht nur in der
Bereitstellung von fachlichen Hilfsdiensten, sondern ist auch - und vielleicht
sogar vor allem - ein zutiefst menschlicher Akt, bei dem man aufeinander
zugeht.Jeder von uns hat seine ganz eigene Lebensgeschichte, die uns in
unserem Denken und Handeln prägt. Das ändert sich auch nicht, wenn wir
erkranken. Vielmehr werden Eigenheiten wohl noch verstärkt. In solchen
Situationen ist es mit einer bloßen symptomatischen Behandlung aus rein
medizinischer Sicht nicht getan. Hier ist der Mensch mit all seinen Sinnen
gefragt. Eine beruhigende Stimme, eine streichelnde Hand, ein aufmunternder
Blick, ein freundliches Lächeln - all das bewirkt oft mehr als ein ganzes Arsenal
an Medikamenten.
Bei all den Unterschieden, die es zwischen den einzelnen Ländern und Kulturen
gibt, glaube ich dennoch, dass uns hier etwas Entscheidendes verbindet: das
Bedürfnis nach menschlicher Nähe. Das werden auch viele Japaner so
empfinden, wenngleich sie den Begriff der Nähe anders definieren als
wir.Spannend wird es auf jeden Fall, zu sehen, wie Gesellschaften im
Allgemeinen mit der fortschreitenden Alterung ihrer Bevölkerungen umgehen.
In Japan und vielen anderen asiatischen Ländern wird dem Alter oft mehr
Respekt gegenüber gebracht als in westlichen Gesellschaften. Das spiegelt sich
auch in der Sprache wider: Der „Sensei“, der Lehrmeister, hat eine wesentlich
wichtigere Stellung in der Gesellschaft als dies bei uns der Fall ist. Das
Verhältnis von Lehrendem und Lernendem ist oft ein besonders inniges und
dauert nicht selten ein ganzes Leben lang an. Dieser Respekt dem Alter
gegenüber wird es den Japaner unter Umständen leichter machen, einen
würdevollen Umgang mit Älteren zu finden als das manchmal bei uns im
Westen der Fall ist.
Ganz gleich, wie die weitere Entwicklung aussehen wird, ist Japan in jedem Fall
eine Reise wert. Es ist nicht nur ein äußerst facettenreiches Land mit
ausgesprochen freundlichen Bewohnern, sondern obendrein noch mit Abstand
eines der sichersten Länder der Welt, in dem man auch nachts in Großstädten
im Regelfall ohne Bedenken alleine durch Parkanlagen spazieren kann.
Wer sich für die japanische Sprache interessiert, dem ist eine jahrelange,
zeitaufwändige, aber jedenfalls sehr lohnende, Freizeitbeschäftigung sicher.
Nicht alles in Japan ist so, dass ich es auch gerne bei uns umgesetzt haben
33
möchte. Es gibt so manche gesellschaftliche Konvention, die ich lieber als
Tourist bestaune, als dass ich sie als bestimmenden Faktor in meinem Alltag
haben möchte. Aber gerade das macht den Reiz aus, wenn man versucht, sich
anderen Kulturen anzunähern und mehr über sie zu erfahren. Man muss nicht
alles mögen, aber auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt lässt sich viel
voneinander lernen.
FOTO: www.focus.de, Foto zum Artikel: Japan vergreist, gefühlvolle Roboter ersetzen Pflegekräfte, 25.06.2014
Autor: Mag. Robert Bigler
Dolmetscher und Übersetzer
(Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Kroatisch, Russisch, Chinesisch, Japanisch, Portugiesisch,
Arabisch, Türkisch)
34
BILD: ww.karikatuur-cartoon.de
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GEHIRNTRAINING für zwischendurch
Zum Abschluss finden Sie noch ein paar kleine Trainingseinheiten für Ihr Gehirn.
Diese Übungen lassen sich überall und jederzeit in den Alltag integrieren. Sie werden
bemerken, dass nach einer gewissen konsequenten Trainingszeit rasch Fortschritte in
der Koordination und in der Gedächtnisleistung bemerkbar sind.
In dieser Ausgabe präsentieren wir Ihnen 3 Übungen. In den weiteren Ausgaben
folgen die nächsten Übungen. Bis dahin heißt es: fleißig trainieren!
1. Buchstaben streichen
Für diese Gehirnjogging-Übung benötigen Sie eine einfache Tageszeitung oder
Zeitschrift, einen Stift und eine Uhr mit Sekundenzeiger. Nehmen Sie sich eine
beliebige Seite der Zeitung vor und streichen einen vorher festgelegten
Buchstaben auf der gesamten Seite durch. Dies fördert die
Konzentrationsfähigkeit enorm.
Um die Fortschritte bei dieser Übung erkennen zu können, können Sie die
benötigte Zeit stoppen und dann beim nächsten Durchgang mit der vorherigen
Zeit vergleichen. Im besten Fall verkürzt sich die Zeit, die Sie für eine
komplette Seite benötigen.
2. Fingerübung
Diese Übung zum Gehirnjogging ist einfach und überall durchführbar. Hierbei
werden Ihre Koordination und die Konzentration gefördert. Tippen Sie mit
der Spitze des Daumens jeweils auf die Fingerspitzen der restlichen Finger der
jeweiligen Hand.
Sie beginnen mit dem Zeigefinger, gehen die Reihe bis zum kleinen Finger
durch und tippen dann den gesamten Rückweg bis zum Zeigefinger erneut.
Das führen Sie mit der linken und rechten Hand nacheinander durch, um einen
niedrigen Schwierigkeitsgrad zu erhalten.
Richtig schwierig wird es dann, wenn Sie diese Übung mit beiden Händen
gleichzeitig durchführen und das auch noch in verschiedenen Richtungen oder
jeweils auf verschiedenen Fingern.
3. Rückwärts sprechen
Das Rückwärtssprechen fordert das Gehirn auf ganz besondere Art und Weise.
Das Sprachzentrum sowie die Konzentrationsfähigkeit werden hier auf
die Probe gestellt, indem Sie sich einen beliebigen Satz ausdenken und diesen
versuchen, rückwärts zu sprechen.
Sie beginnen beim letzten Wort und enden beim ersten. Im Laufe der Zeit wird
es Ihnen gelingen, immer schneller rückwärts zu sprechen.
Eine weitere Herausforderung liegt darin, nicht nur den Satz rückwärts zu
sprechen, sondern jedes einzelne Wort.
Quelle: www.zeitblueten.com
36
Liebe Leserinnen und Leser,
die nächste kostenlose Ausgabe von ibd-Einblicke erhalten Sie im August
2015. Sollten Sie kein Interesse an einer weiteren Zusendung haben, lassen
Sie uns das bitte wissen.
Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei allen Kunden von
Ich bin daheim! für das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit mit allen
unseren NetzwerkpartnerInnen bedanken. Die Entwicklung unseres Netzwerkes
mit all unseren Angeboten gibt uns recht und zeigt uns, dass wir auf dem
richtigen Weg sind.
Gerade im Pflegebereich und hier besonders in der mobilen häuslichen
Betreuung wird es künftig viel Kompetenz und Kreativität, aber auch ehrlichen
Willen, benötigen, um den laufenden steigenden Bedarf an Pflege und
Betreuung für zuhause abdecken zu können. Die Politik und die gesamte
Gesellschaft sollten aufgefordert sein, hier zukunftsorientierte Lösungen zu
finden.
Wir von ibd werden weiterhin unseren Teil zur Bewältigung dieser
Herausforderung beisteuern.
Alles Liebe
Ihr
Jürgen Bigler
Für den Inhalt verantwortlich:
DGKP Jürgen Bigler
Grassnitzberg 66
8471 Spielfeld
Tel: 0680 142 61 64
37
Der größte Fehler im
Leben ist, dass man
ständig fürchtet Fehler
zu machen.
Elbert G. Hubbard
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