EINBLICKE MAI 2015 Bild:Wolfgang Rieck (www.wolfgang-rieck.de) 2 Liebe Leserinnen und Leser, mit Freude darf ich Ihnen unsere 1. Ausgabe der ibd-Einblicke präsentieren. Ab heuer wird es vorerst in jeweils vierteljährlichen Abständen in den Monaten Februar, Mai, August und November eine Ausgabe davon geben. Mit ibd-Einblicke wollen wir Sie regelmäßig und kostenlos über Interessantes und Wissenswertes aus dem Gesundheits- und Sozialbereich informieren. Sie bleiben mit ibd-Einblicke auch stets über das aktuelle Geschehen Ihres Pflege- und Betreuungsnetzwerkes „Ich bin daheim!“ am Laufenden. Wir freuen uns jederzeit über Ihr Feedback zu unserer Zeitschrift. Besonders dankbar sind wir Ihnen auch über Anregungen zu Inhalten, die für Sie als Leserinnen und Leser von besonderem Interesse sind. Wenn Sie Anregungen dazu haben, können Sie uns diese gerne unter nachstehenden Kontaktdaten zukommen lassen. Auf dem Postweg: Grassnitzberg 66, 8471 Spielfeld (aktuelle Büroanschrift ab 01.05.2015) Per E-Mail: [email protected] Per Telefon: 0680 142 61 64 Nun wünsche ich Ihnen viel Freude mit unserer Erstausgabe der ibd-Einblicke. Herzliche Grüße Jürgen Bigler 3 WO SIE WAS NACHLESEN KÖNNEN... Inhalt Seite So hat alles begonnen! 5 Darf ich vorstellen... (Anna Scheuer) 8 Verein LIA – Verein zur Förderung der Lebensqualität und Individualität im Alter 10 Medizin und Pflege – Morbus Parkinson 13 Wissenswertes Pflegegeld Rezeptgebührenbefreiung Pflegeheimkosten 21 22 23 Praxistipps – Hilfsmittel für Bad und Toilette 25 Blick über die Grenzen: „Im Land der aufgehenden Sonne“ - Gedanken über Pflege in Japan und mehr 30 Gehirntraining für zwischendurch 36 4 So hat alles begonnen! Die Geburtsstunde von „Ich bin daheim!“ Das Pflege- und Betreuungsnetzwerk „Ich bin daheim!“ wurde am 01.11.2011 von mir ins Leben gerufen. Die Idee zu unserem Netzwerk entstand in der Zeit, als ich als Pflegedienstleiter in einem Seniorenwohnheim in Graz tätig war. Immer wieder bemerkte ich, dass eine stationäre Langzeitbetreuung in Pflegeheimen häufig durch etwas mehr häusliche Betreuung verhindert werden könnte. Durch die bisherigen mobilen Pflegedienste konnte jedoch innerhalb eines Tages meist nur ein kurzer Zeitrahmen mit Betreuung oder Pflege zuhause abgedeckt werden. Die Betreuungsdauer pro Klient liegt in der Hauskrankenpflege bei durchschnittlich etwa 30 - 45 Minuten pro Tag. Noch immer ist ein häuslicher Sturz mit seinen Folgeerscheinungen der häufigste Einweisungsgrund in eine stationäre Langzeitbetreuung. Die unterschiedlichen Arten einer Demenzerkrankung mit Ihren Auswirkungen auf den Alltag der Betroffenen sind ebenso gewichtige Einweisungsgründe in ein Pflegewohnheim geworden. Eine Betreuung oder Pflege, die von einer Viertelstunde bis zu maximal 1 Stunde pro Betreuungseinheit beträgt, ist in vielen Situationen für eine adäquate häusliche Betreuung nicht ausreichend. Eine dauerhafte 24 StundenBetreuung ist aber womöglich zu viel an Betreuung und kommt daher in vielen Situationen auch nicht in Frage. Einen möglichst optimalen Mittelweg für eine häusliche Betreuung zu finden, war daher für mich die Herausforderung. So entschloss ich mich ein Konzept zu entwickeln, dass diesen Bedürfnissen gerecht werden kann. Diese Herausforderung ist gelungen und somit können wir in unserem Netzwerk „Ich bin daheim!“ unseren Kunden seit November 2011 flexible, stundenweise Betreuung tagsüber und auch nachts anbieten. Die Bezeichnung „Netzwerk“ wurde gewählt, da fast alle Kolleginnen und Kollegen freiberuflich bzw. selbstständig als Pflege- oder Betreuungsfachkräfte bei „Ich bin daheim!“ tätig sind und Ihre fachlichen und zeitlichen Ressourcen stundenweise zur Verfügung stellen. 5 Alle im Netzwerk Tätigen geben ihre möglichen Zeitressourcen und Einsatzregionen monatlich nach ihren persönlichen Wünschen bekannt. So erhalten wir nicht nur für unsere Kunden eine hohe zeitliche Flexibilität, sondern auch für alle Kolleginnen und Kollegen. Anhand der jeweils gemeldeten Zeitressourcen wird der Einsatzplan für den Folgemonat erstellt. Die im Netzwerk tätigen Personen werden aufgrund ihrer beruflichen Selbstständigkeit nicht als „MitarbeiterInnen“ sondern als „NetzwerkpartnerInnen“ bezeichnet. Sämtliche administrativen und fachlich notwendigen Aufgaben werden zentral gesteuert und durchgeführt. Alle NetzwerkpartnerInnen stehen über ein speziell entwickeltes Online-Portal miteinander rund um die Uhr in Verbindung. So können wir zu jeder Zeit Informationen und Wissen gegenseitig austauschen und sind stets über die Betreuung unserer Kunden auf dem neuesten Stand. Sämtliche Daten und Informationen auf dieser Online-Plattform sind selbstverständlich anonymisiert, so dass ausschließlich die NetzwerkpartnerInnen die Aufzeichnungen den jeweiligen Kunden zuordnen können. Die Nachfrage für eine derart flexible und unbürokratische häusliche Pflege und Betreuung ist seit unserem Start im November 2011 stetig gestiegen, so dass wir auch unsere Angebote immer wieder an den Bedarf flexibel anpassen. Wir können unseren Kunden mittlerweile folgende Dienstleistungen anbieten: • • • • • Flexible, stundenweise Betreuung, tagsüber. Von 1 Stunde bis zu 12 Stunden sind variable Einsatzzeiten möglich. Die vereinbarten Betreuungszeiten können jederzeit nach Bedarf angepasst werden. Nachtbetreuung. Die Dauer einer Nachtbetreuung beträgt in der Regel 12 Stunden. Auch hier kann die Betreuungsdauer aber gerne auch verkürzt oder verlängert werden. 24 Stunden- Kurzzeitbetreuung. Hier dürfen wir unseren Kunden eine rund um die Uhr Betreuung für einen ganzen Tag bis hin zu mehreren Tagen durchgehend anbieten. Dieses Angebot eignet sich besonders zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und wird unter bestimmten Voraussetzung finanziell vom Sozialministeriumsservice unterstützt. 24 Stunden-Betreuung. Mit dieser Betreuung bieten wir dauerhafte rund um die Uhr Betreuung an. Bei diesem Angebot wechseln sich 2 BetreuerInnen in einem 14-tägigen Betreuungsintervall ab. Auch hier unterstützt das Sozialministeriumsservice bei Vorliegen der Voraussetzungen finanziell. Pflege und Betreuungsnotdienst. Diesen Dienst bieten wir für die Betreuungsregionen Graz, Graz- Umgebung und Bezirk Leibnitz an. Unter der Telefonnummer 0680/ 142 61 64 sind wir rund um die Uhr, an 365 6 Tagen im Jahr, erreichbar und geben im Bedarfsfall telefonisch rasch Auskunft und Hilfestellung. In besonders dringenden Situationen kommen wir auch im Rahmen des Notdienstes vor Ort um wichtige Hilfe bei unseren Kunden zuhause zu leisten. Den Pflege- und Betreuungsnotdienst können auch Personen in Anspruch nehmen, die zum Zeitpunkt des Hilfebedarfs noch nicht Kunden von „Ich bin daheim!“ gewesen sind. Eine weitere Besonderheit unserer Angebote ist, die nicht notwendige Mindestanzahl an Betreuungsstunden pro Monat, um von uns betreut werden zu können. Alle Kunden, auch wenn diese nur 1 Stunde pro Monat und vielleicht auch nur einmalig benötigen, werden selbstverständlich gerne von uns betreut. Wir werden stets weiter daran arbeiten, um unsere Dienstleistungen an die Bedürfnisse unsere bestehenden und künftigen Kunden anzupassen. Bitte lassen Sie uns wissen, wenn wir auch für Sie spezielle Betreuungswünsche erfüllen dürfen. DGKP Jürgen Bigler 7 DARF ICH VORSTELLLEN..... Eine besonders wichtige Rolle in unserem Netzwerk spielen selbstverständlich alle NetzwerkpartnerInnen von ibd. Daher möchten wir Ihnen unter dieser Rubrik immer wieder mal unsere Kolleginnen und Kollegen etwas näher vorstellen. Mein Dank geht an dieser Stelle an alle in unserem Pflege- und Betreuungsnetzwerk Mitwirkenden. Sie sind es, die täglich ihr Bestes geben und mit viel Herz und Engagement diese wertvolle Unterstützung für unsere Kunden zu Hause leisten. In unserer ersten Ausgabe dürfen wir Ihnen Frau Anna Scheuer näher vorstellen, die seit den frühen Anfängen eine besonders wichtige Stütze für ibd ist. Frau ANNA SCHEUER erzählt... Seit dem Jahr 2012 gehöre ich zu den NetzwerkpartnerInnen von Ich bin daheim! Als selbstständige Lebens- und Sozialberaterin und freiberufliche Fachsozialbetreuerin habe ich hier verschiedene Möglichkeiten, meine Kompetenzen einzubringen. In diesem multiprofessionellen Team befinden sich AnsprechpartnerInnen aus sämtlichen sozial/medizinischen Gesundheitsberufen. Dies ist nicht nur für unsere Kunden von Vorteil, sondern auch für mich selbst eine Bereicherung. Wie kam es dazu? Als ich 2011 (damals auch noch Angestellte in einem Pflegeheim) den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, suchte ich nach „Gleichgesinnten“, nach Menschen, die etwas bewegen wollen, die Visionen haben, die Innovatives schätzen und letztlich auch die Kraft zur Umsetzung besitzen. Nach einem Startjahr mit zäher Auftragslage und der Mitarbeit in einer Agentur für 24-Stunden-Betreuung, „stolperte“ ich im Internet über Jürgen Bigler, den ich bereits von einer Ausbildung kannte. Ich nahm Kontakt auf und es dauerte nicht lange, da waren wir schon mitten in den ersten Gesprächen. Es folgte eine Phase der Ideenfindung, Projektentwicklung, erste Aufträge kamen herein und die gemeinsame Gründung des Vereins PSP 8 „Pflege sichern-sicher pflegen“, aus dem schlussendlich der Verein LIA „Verein zur Förderung von Lebensqualität und Individualität im Alter“ entstand. Mein berufliches Interesse und mein Schwerpunkt liegen in der Beratung, im Case Management, in der Betreuung, in der Begleitung von Angehörigen von alten und psychisch/physisch kranken Menschen und im Coaching für Personen im Pflegebereich. Meine KlientInnen lassen mich nicht nur in ihre Lebensgeschichten Einblick nehmen, sondern auch in ihre vier Wände. Dem Vertrauen, das mir dabei geschenkt wird, begegne ich mit höchstmöglicher Professionalität, Authentizität und Empathie. Da sich das Leben für viele meiner Kunden sehr herausfordernd gestaltet, sind Humor und Momente der Freude genauso wichtig, wie einmal Tränen zu vergießen und sich seiner Trauer hinzugeben. Mein ganzheitlicher Ansatz (Körper, Geist und Seele) begleitet mich bei all meinem Tun. Wo hole ich mir Kraft? In Bewegung aller Art, in frischer Luft, bei „schräger“ oft lauter Musik, im Kreativem, Alternativem und Schönem, im Suchen nach Neuem, in Gesprächen, bei für mich wichtigen Menschen. Einfach Spaß haben und das Leben genießen! Ich bin bzw. meine Aus- und Weiterbildungen sind: Dipl. Lebens- und Sozialberaterin (integrative Gestaltberatung) mit Weiterbildung in systemischer Beratung im psychosozialen Kontext und Supervision/Lehrsupervision, Dipl. Case & Care / Sozial Health Managerin, Fachsozialbetreuerin (Altenarbeit), Praxisanleiterin "Psychobiographisches Pflegemodell" nach Prof. Erwin Böhm, Seminare zu verschiedenen Themen im psychosozialen Bereich wie: Sucht, Burnout, Arbeit mit Träumen u. v. mehr. Anna Scheuer Mail: [email protected] Tel.: 0699 144 01 672 9 VEREIN „LIA“ VEREIN ZUR FÖRDERUNG VON LEBENSQUALITÄT UND INDIVIDUALITÄT IM ALTER Der Verein LIA unterstützt pflege- und /oder betreuungsbedürftige Menschen sowie deren Angehörige durch Versorgungsberatung, gibt Hilfestellung in organisatorischen Fragen (Case- und CareManagement) und bietet allgemein Beratung und Begleitung in psychosozialen Belangen an (Schwerpunkt Seniorenberatung) Weshalb haben wir den Verein LIA gegründet? Der plötzlich eintretende „Pflegefall“ Aufgrund unserer Arbeit und /oder aus persönlicher Erfahrung wissen wir, dass der Bedarf an Pflege oft sehr plötzlich auftritt. Die Betroffenen befinden sich in einer emotionalen Ausnahmesituation, der neue gesundheitliche Zustand muss erst verarbeitet werden, alles ist plötzlich vollkommen anders. In dieser oft krisenhaften Situation müssen viele Entscheidungen getroffen werden. Meistens sind dann die erwachsenen Kinder und Schwiegerkinder (wenn möglich gemeinsam mit dem Ehepartner, der Ehepartnerin) die große Stütze der Betroffenen. Was aber ist, wenn es keine Kinder und Schwiegerkinder gibt oder wenn diese weit entfernt leben? Wenn keine entfernten Verwandten, Freunde oder Nachbarn den Betroffenen in dieser schwierigen Zeit beistehen können? Reduzierung von familiären Bindungen, dünnes soziales Netz Die Verkleinerung der Familienstruktur in Kombination mit der Mobilität der einzelnen Mitglieder führt zu einer Reduktion der familiär bedingten sozialen Beziehungen. Das oft dünne soziale Netz alter Menschen ist besonders fragil und kann plötzlich kollabieren. Alle Entscheidungen müssen dann ganz allein getroffen werden, der gewohnte Meinungsaustausch funktioniert nicht mehr. Im „ Pflegedschungel“ Der Pflegebereich ist ein sehr unübersichtlicher Dienstleistungsbereich, der nicht von Marktgesetzten und gesundheitsökonomischen Überlegungen abgekoppelt ist. Pflegegeldanträge, Förderungsansuchen, Heilmittel- und Heilbehelfsbesorgungen, Arzttermine, notwendige Umbauten, die Neuorganisation des Haushaltes, die Schwierigkeiten, die neue persönliche Lage zu akzeptieren: Viele Betroffene fühlen sich heillos überfordert. Hilfe gibt es vielerorts, aber für viele Personen führt das unübersichtliche Angebot an Pflegehotlines, Angehörigenstammtischen, Selbsthilfegruppen, verschiedenen mobile Diensten, Pflege- und Betreuungsvermittlungsagenturen usw. zu noch mehr Verwirrung. Gerade ältere und/oder alleinstehende Menschen, aber auch viele Angehörige wünschen sich in dieser schwierigen Zeit eine Ansprechperson, die ihnen empathisch und professionell zur Seite steht. 10 Ausschluss von Informationen, mangelnde Teilhabe durch zunehmende Digitalisierung Überdurchschnittlich viele ältere Menschen werden durch die Digitalisierung aller Lebensbereich in zunehmendem Maße von Informationen ausgeschlossen. Die Verlagerung von Informationsquellen, niederschwelligen Angeboten und ersten Anlaufstellen in das Internet schneidet einen Teil der Bevölkerung vom Zugang zu wichtigen persönlich- und gesellschaftspolitisch bestimmenden Parametern ab. Mangelnde Informationsmöglichkeiten erschweren eine differenzierte Meinungsbildung, den Prozess der Entscheidungsfindung und verkleinern den persönlichen Handlungsradius der betroffenen Personen. Das Entschwinden von direkten persönlichen Kontaktangeboten, der Interaktion mit einer „echten“ Ansprechperson am Telefon stellt auch für viele Menschen ein Problem dar, die guten Zugang zur digitalen Welt haben. An dieser Stelle setzt der Verein LIA an. Unser Anliegen ist es, dass auch die Menschen eine Vertrauensperson an ihrer Seite haben, die sonst allein wären. Wir verstehen uns als Beistand, InteressenvertreterInnen, UnterstützerInnen, Vertraute und BeraterInnen. Wir wollen, dass „unsere“ Auftraggeber die optimale Pflege- und Betreuung erhalten. Wir erklären, unterstützen bei der Entscheidungsfindung, helfen beim Ausfüllen von Anträgen, bei Behördengängen, beim Organisieren etc., wir führen Entlastungsgespräche, sind AnsprechpartnerInnen und haben darüber hinaus das Ziel, dass der individuelle Mensch nicht auf (s)einen Pflegefall reduziert wird. Der Verein LIA begleitet Menschen bei Bedarf darüber hinaus auch längerfristig im Alltag. Gabriela Waltl, Msc (li.) Dipl. Lebensberaterin (Integrative Gestaltberatung) Dipl. systemischer Coach Dipl. Case & Care Managerin Anna Scheuer (Mitte) Dipl. Lebensberaterin (Integrative Gestaltberatung) Dipl. Case & Care Managerin Fachsozialbetreuerin (Altenarbeit) Mag.a Hermine Gsellmann (re) Dipl. Lebensberaterin (Integrative Gestaltberatung) Dipl. Case & Care Managerin Verein „LIA“, 8082 KIRCHBACH HAUS KB5 Tel.: +43 (0)664/41 15 562 [email protected] www.verein-lia.at 11 Bild: de.toonpool.com 12 MEDIZIN und PFLEGE Morbus Parkinson Die Parkinson-Krankheit ist eine langsam fortschreitende neurodegenerative Erkrankung(erbliche Erkrankung des Nervensystems). Namensgeber war der Arzt James Parkinson. Das lateinische Wort „Morbus“ bedeutet „Krankheit“. Im Gehirn gibt es Zellen, die einen Botenstoff produzieren, der sich DOPAMIN nennt. Dieses Dopamin wird in bestimmten Nervenzellen in der schwarzen Substanz (Substantia nigra) im Mittelhirn produziert. Diese dopaminproduzierenden Nervenzellen sterben verstärkt ab. Das Dopamin hat eine aktivierende Wirkung der Basalganglien auf die Großhirnrinde. Die Basalganglien wirken sich im Gehirn auf die Regelung von Bewegung, Denken und Emotionen aus. Dies führt typischerweise zu folgenden Leitsymptomen im Rahmen der Parkinson-Krankheit: • Muskelstarre (Rigor) • verlangsamte Bewegung (Bradykinese) bis hin zur Bewegungslosigkeit (Akinese) • Muskelzittern (Tremor), häufig an den Händen bemerkbar (Münzzählphänomen) • Haltungsinstabilität Man unterscheidet folgende Einteilungen der Parkinson-Erkrankung: • idiopathische Parkinson-Syndrom (ohne bekannte Ursache) – die häufigste Form • familiäre Parkinson-Syndrom (genetisch bedingte, vererbbare Form) – seltenes Vorkommen • symptomatische (sekundäre) Parkinson-Syndrom (ausgelöst durch Medikamente, posttraumatisch, Vergiftungen, entzündliche Gehirnerkrankungen, bestimmte Form von Demenz,...) Erkrankungsalter und Häufigkeit Die Erkrankung beginnt meist zwischen dem 50. und 79. Lebensjahr (Gipfel 58. bis 62. Lebensjahr). Ein Parkinson-Syndrom kann selten bereits vor dem 13 40. Lebensjahr auftreten. In der Altersgruppe 40 bis 44 Jahre ist etwa einer von 10.000 Menschen betroffen. Die Manifestationsrate der Erkrankung steigt mit zunehmendem Alter bis etwa zum 75. Lebensjahr an, dann nimmt sie wieder ab. Von den über 80-Jährigen erkranken etwa 1,5–2,0 Prozent an einem Parkinson-Syndrom. Externe Ursachen Noch ist es weitgehend unklar, warum bestimmte Menschen an Parkinson erkrankten und andere nicht. Meist werden erbliche Faktoren und Umweltgifte als schädigend für die „Substantia nigra“ erwogen. Neue Studienergebnisse belegen einen Zusammenhang mit körperlicher Aktivität. Symptome Die Erkrankung beginnt schleichend und schreitet danach zeitlebens fort, die Symptome werden im Verlauf stärker und daher auch besser erkennbar. Das Idiopathische Parkinson-Syndrom beginnt typischerweise einseitig (und bleibt im Verlauf einseitig stärker); als Frühzeichen gilt beispielsweise das reduzierte und später fehlende Mitschwingen eines Armes beim Laufen. Nicht selten treten Schulterschmerzen und einseitige Muskelverspannungen auf, die den Patienten zuerst zum Orthopäden führen. Weitere mögliche Symptome Sensible Störungen Eine Minderung des Geruchssinns (Hyposmie) ist häufig und kann der Parkinsonkrankheit oft bereits als initiales Symptom vorausgehen. Missempfindungen (Dysästhesien) werden häufig berichtet, ihre Ursache ist aber nicht genauer bekannt. Schmerzen treten besonders an Gelenken und Muskeln auf. Vegetative Störungen Ein Salbengesicht (fettglänzende Gesichtshaut) entsteht durch gesteigerte Talgproduktion (zusammen mit der Hypomimie). Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium kommt es zu Kreislaufregulationsstörungen (orthostatische Hypotonie). Nicht selten ist der Blutdruck im Liegen erhöht und sackt dann in aufrechter Körperhaltung ab. Dies kann zu kurzer Bewusstlosigkeit mit Stürzen führen (orthostatische Synkope). Die Patienten werden dann gelegentlich (fälschlicherweise) mit Medikamenten gegen hohen Blutdruck behandelt. Eine im Verlauf früh auftretende ausgeprägte Blutdruckinstabilität spricht für ein atypisches Parkinson-Syndrom. Blasenfunktionsstörungen behindern die Patienten im sozialen Leben erheblich. Meist steht zu Beginn ein plötzlicher starker Harndrang, oft 14 schon bei kleinen Füllmengen (Pollakisurie). Das Auftreten von Miktionsstörungen (Harnentleerungsstörungen) früh im Verlauf (d. h. entweder vor oder innerhalb von drei Jahren nach Beginn motorischer Symptome) ist charakteristisch für ein atypisches Parkinson-Syndrom. Sexuelle Dysfunktionen sind häufig und betreffen in der Regel die Libido. Bewegungsstörungen des Magen-Darm-Trakts können sowohl zu Durchfall als auch Verstopfung führen und die Resorption der Medikamente stark beeinflussen: Durchfall führt zu einer Unterdosierung, weil mehr von den verabreichten Wirkstoffen als pharmakologisch kalkuliert vorzeitig unresorbiert den Körper verlassen. Verstopfung führt zur Überdosierung, weil mehr von den verabreichten Wirkstoffen als pharmakologisch kalkuliert im Körper verbleiben und resorbiert werden; hierbei ergibt sich durch unterschiedliche Plasmahalbwertszeiten der Wirkstoffe zusätzlich eine unerwünschte Verschiebung ihrer Mengenverhältnisse. Temperatur-Regulationsstörungen führen vor allem zu einer verminderten Hitzetoleranz durch eine Störung des reflektorischen Schwitzens und der reflektorischen Gefäßerweiterung bei Wärme. Dies kann bei fortgeschrittener Erkrankung zu lebensbedrohlichen hochfieberhaften Zuständen führen. Besonders nachts kommt es zu starken Schweißausbrüchen. Im Verlauf frühzeitig auftretende vegetative Störungen weisen eher auf ein atypisches Parkinson-Syndrom. Psychische Veränderungen Eine niedergedrückte Stimmung kann als Frühsymptom der Diagnose um Jahre vorausgehen. Sie betrifft im Verlauf mindestens 40 Prozent der Patienten. Eine klassisch als Bradyphrenie bezeichnete Verlangsamung der Denkabläufe ist Ausdruck der allgemeinen Antriebsstörung. Sie gilt als Pseudodemenz, da das Denken nur verlangsamt, nicht aber inhaltlich beeinträchtigt ist. Die Störung der Einschätzung von Entfernungen und Geschwindigkeiten (visuospatiale Aufmerksamkeit) stellt besonders in Verbindung mit den motorischen Einschränkungen eine Gefährdung im Straßenverkehr dar. Sie entspricht einer Störung im Frontalhirn. Behandlung Es gibt heute noch keine Möglichkeit einer ursächlichen Behandlung des Parkinson-Syndroms, die in einem Verhindern oder zumindest einem Aufhalten der fortschreitenden Degeneration der betroffenen Nervenzellen bestünde. Daher muss man sich mit einer Behandlung der Symptome begnügen, die 15 zunehmend gut möglich ist, was den Patienten, zumindest in den ersten Jahren (manchmal auch Jahrzehnten) der Erkrankung ein nahezu unbehindertes Leben ermöglicht. Medikamentöse Behandlung Die Behandlung erfolgt hauptsächlich durch die Gabe einer dopaminergen Medikation, das heißt, Medikamente, die zu einer Erhöhung des DopaminAngebots im Gehirn führen, oder das fehlende Dopamin ersetzende Arzneistoffe. Das wichtigste Medikament ist L-Dopa (Levodopa), eine Vorstufe des Dopamins. Dieser Vorstufe (Prodrug) ist es – im Gegensatz zum Dopamin selbst – möglich, die Blut-Hirn-Schranke zu durchqueren. Nach mehrjähriger Einnahme von L-Dopa können unwillkürliche Bewegungen, so genannte Dyskinesien, auftreten. Ausreichende Bewegung ist wichtig, um die für das Parkinson-Syndrom typische allmähliche Verminderung der Mobilität so lange wie möglich hinauszuzögern. Bei fortgeschrittener Krankheit ist dafür eine regelmäßige und speziell darauf ausgerichtete Physiotherapie nötig. Eine logopädische/sprachtherapeutische Unterstützung ist sinnvoll, wenn sich mit Fortschreiten der Erkrankung das Sprechen (leise und unexakte Aussprache, zu leise und zu hohe Stimme, zu schnelles Sprechen) und/oder das Schlucken (Verschlucken meist zunächst bei Flüssigkeiten, evtl. Komplikationen wie Lungenentzündungen) verschlechtert. Ergotherapie unterstützt durch Hilfen für den Alltag (Knöpfhilfen, Greifzangen) und arbeitet an der Raumwahrnehmung zur Verbesserung der Bewegung. Alternativmedizinische Behandlungsmethoden Etwa 40%–60% der Parkinson-Patienten nehmen – meist zusätzlich zur medikamentösen Therapie –alternativmedizinischeTherapien in Anspruch. Unter diesen werden Entspannungs-,Meditations-, Atem- und Bewegungsübungen wie Taijiquan, Qigong, Yoga sowie Akupunktur und Massagen häufig angewendet. Einige Patienten verwenden Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine, um Mangelzuständen vorzubeugen oder vermeintliche Mangelzustände zu behandeln. Aussagekräftige klinische Studien, die eine Wirksamkeit dieser Behandlungen hinsichtlich der Lebensqualität und Symptomverbesserung untersucht haben, liegen nicht vor. Bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln besteht die Möglichkeit schädlicher Wechselwirkungen mit der medikamentösen Therapie. Vorsicht ist insbesondere bei der Einnahme von L-Dopa-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln, zum Beispiel Extrakten der Juckbohne (Mucuna pruriens) geboten, da der L-Dopa-Gehalt hier oft schwankt und so zusammen mit einer medikamentösen L-Dopa-Therapie zu deutlichen Wirkschwankungen führen kann. 16 Einer Forschung des Max-Planck-Institutes zufolge ist die vollständige Heilung von durch Parkinson geschädigtem Nervengewebe im Labor durch Fruchtjoghurt gelungen. In diesem Zusammenhang soll eine Kombination von D-Laktat (linksdrehende Milchsäure) und Glykolsäure (eine Fruchtsäure) der Wirkstoff sein. Dies entspricht beispielsweise einer Kombination aus bulgarischem Joghurt und unreifen Pflaumen oder Trauben. Genaue wissenschaftliche Forschungsergebnisse stehen hierbei noch aus. PFLEGETIPPS Häufig benötigen Personen, die an Morbus Parkinson erkrankt sind Hilfestellung bei der Körperpflege, beim An- und Auskleiden sowie bei der Mobilisierung. Wichtig dabei ist, sich ausreichend Zeit für eine Anleitung zu nehmen, da Unruhe und zu schnelles Arbeiten zur Verstärkung der Symptomatik führen kann. Da es bei den Talgdrüsen im Gesicht häufig zu vermehrter Talgsekretion kommt (Salbengesicht) sollte das Gesicht öfter mit milden Gesichtsreinigungsmitteln gesäubert werden. Das Bewegungstraining ist natürlich besonders wichtig in der Betreuung von an Parkinson erkrankten Menschen. Die verbliebenen funktionierenden Bewegungsabläufe müssen nun regelmäßig geschult werden. Dabei ist es hilfreich die Bewegungsabläufe den Betroffenen vorzusprechen und somit bewusster zu machen, d.h. genau zu beschreiben welcher Bewegungsablauf gerade notwendig ist. Zum Beispiel: „..bitte die Fußsohle vom Boden anheben, den Unterschenkel nach vor bewegen, Ferse auf den Boden aufsetzen, Druck auf die Fußsohle geben usw.“ Zusätzlich kann auch der Bewegungsablauf vom Betroffenen selbst vorgesprochen werden. Weiters ist es sinnvoll zwischendurch gezielte Bewegungsabläufe vor einem Spiegel zu trainieren. So können die Bewegungen leichter im zentralen Nervensystem abgespeichert werden. Menschen, die an Morbus Parkinson erkrankt sind, ermüden sehr rasch. Daher bitte bei Gehtraining darauf achten, dass ein Rollstuhl oder eine andere Sitzmöglichkeit immer in unmittelbarer Nähe vorhanden ist. Ein Gehtraining könnte wie folgt aussehen: Achten Sie auf eine möglichst aufrechte Körperhaltung des Betroffenen, Blick gerade nach vorne, damit die Halswirbelsäule nicht nach vor geneigt ist. Vor dem Gehen darauf achten, dass die Fußsohlen und v.a. die Fersen festen Kontakt mit dem Boden haben. Beim Gehen sollten dann die Fersen zuerst Kontakt mit dem Boden haben und dann die Fußsohle nach vor abrollen. Bei Ablenkung kommt es sehr schnell zu Konzentrationsmangel und zu einem „schlurfenden“ Gangbild. Wenn dies eintritt, nicht weitergehen, sondern stoppen, um wieder neue Konzentration auf das Gangbild einnehmen zu können. 17 Wichtig: nicht vor dem Betroffenen stehen und an dessen Armen ziehen, um ein schnelleres Gehen zu erzielen. Dies würde genau einen gegenteiligen Effekt hervorrufen. Stehen Sie entweder seitlich neben oder hinter der Person während dem Gehtraining. Die betroffene Person sollte sich in jeder Phase des Gehtrainings in sicheren Händen fühlen. Das Gefühl der Angst und Unsicherheit erhöht die Muskelspannung zusätzlich. Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme: Sollte die Nahrungs- und/oder Flüssigkeitsaufnahme alleine nicht mehr ausreichend möglich sein, wird eine Unterstützung notwendig. Ein starkes Zittern der Hände (Tremor) oder eine stark ausgeprägte Steifigkeit (Rigor) kann ein selbständiges Essen oder Trinken unmöglich machen. Auch hier ist es von besonderer Bedeutung sich ausreichend Zeit für die Darreichung von Nahrung und Getränken zu nehmen. Sollten Schluckprobleme vorliegen, können Flüssigkeiten (Wasser, Säfte, Tee, klare Suppen u.ä.) mit speziellen Eindickungsmitteln (in jeder Apotheke erhältlich) verdickt werden. Dabei kann eine Konsistenz von honig- bis puddingartig erreicht werden. Der Sinn einer Eindickung besteht darin, dass die Flüssigkeit langsamer in Richtung Speiseröhre fließt, sodass bei einem Schluckvorgang der Kehlkopfdeckel sich vorher schließen kann, bevor die Flüssigkeit in die Nähe der Luftröhre kommt. Durch die anatomische Nähe von Speise- und Luftröhre könnte es sonst zu einem Verschlucken kommen. Dabei fließt die Flüssigkeit statt in die Speiseröhre in die Luftröhre. Dies kann natürlich auch bei Speisen passieren, was im schlimmsten Fall zur Erstickung führen könnte. Wenn Flüssigkeits- oder Speisereste statt in die Speiseröhre in die Luftröhre gelangen wird dies ASPIRATION genannt. Kommt es immer wieder zu Aspirationen kann das zu einer Lungenentzündung führen. Die medizinische Bezeichnung dafür nennt sich ASPIRATIONSPNEUMONIE. Achten Sie also bitte darauf, dass Speisen ausreichend gekaut werden und dass die Speisestücke schon beim Einbringen in den Mund möglichst klein sind. Lassen Sie ausreichend Zeit, um die Speisen schlucken zu können. WICHTIG: Wenn die Betroffenen die Speisen lange im Mund kauen, bitte NICHT zur Beschleunigung des Schluckvorgangs Flüssigkeit (z.B. Wasser) eingeben. Dies würde eher dazu führen, dass die Flüssigkeit nun auch die im Mund vorhandenen Speisereste aufnimmt und bei verzögertem Schluckakt sowohl die Speisereste als auch die Flüssigkeit in die Lunge gelangen. Zuerst muss feste Nahrung geschluckt werden und erst danach darf Flüssigkeit verabreicht werden oder umgekehrt! Manche an Parkinson erkrankte Personen weisen keinen ausreichenden Hustenreflex mehr auf, der jedoch eine wichtige Schutzfunktion darstellt. Wenn gehustet wird, können Flüssigkeiten oder Speisereste, die in die Luftröhre gelangt sind, durch Husten wieder aus der Luftröhre ausgeworfen werden. Wenn der Hustenreflex jedoch nicht mehr ausreichend funktioniert, 18 können diese Bestandteile ungehindert in die Lunge, teilweise auch völlig unbemerkt für den Außenstehenden. Wenn auch das öfters passiert, führt dies sehr rasch zu einer Lungenentzündung. Die medizinische Bezeichnung dafür nennt sich STILLE ASPIRATIONSPNEUMONIE. Beim Darreichen von Speisen und Getränken immer darauf achten, dass der Nacken nicht überstreckt wird. Der Kopf sollte sich in Mittelstellung befinden (in gerader senkrechter Linie mit dem Hals)oder leicht nach vorne geneigt. Sie können dazu einen Selbstversuch starten, indem Sie Ihren Kopf etwas in den Nacken legen und dann versuchen zu schlucken. Dann neigen Sie den Kopf Richtung Ihres Brustbeins und schlucken nun. Sie werden bemerken, dass ein Schlucken mit nach hinten geneigtem Kopf wesentlich schwieriger ist als mit nach vor geneigtem Kopf. Da Sie sich für die Verbreichung ausreichend Zeit nehmen sollten, werden warme Speisen wahrscheinlich auskühlen. Es gibt Warmhalteteller, die die Speisen über lange Zeit ausreichend warm halten. Nach dem Essen ist es besonders bedeutsam, eine adäquate Mundpflege durchzuführen und alle Speisereste zu entfernen. Im Mund verbleibende Speisereste könnten in der Folge zu einer (stillen) Aspiration führen. Besonders dann, wenn der Betroffene nach dem Essen zu Bett gebracht wird und durch die Liegeposition die Speisereste leichter in die Lunge gelangen können. Um die Kommunikation möglichst lange aufrecht zu erhalten, lassen Sie den Betroffen Zeit sich verbal mitzuteilen und ermuntern Sie die Betroffenen ganz bewusst dabei die Gesichtsmimik einzusetzen. Ein Schreibtraining, bei dem die Betroffenen z.B. in Blockschrift Sätze aufschreiben und dabei langsam mitsprechen kann ein gutes Sprechtraining darstellen. Die Aktivität der betroffenen Menschen möglichst lange aufrecht zu erhalten ist ein wichtiges Ziel. Es sollte daher auch darauf geachtet werden, dass nur dann Unterstützung geboten wird, wenn es auch wirklich notwendig ist. Auch wenn bestimmte Bewegungsabläufe und Handlungen für die Betroffenen oft sehr mühsam sind, sollte ihnen nicht immer sofort zur Hand gegangen werden. Lassen Sie den Betroffenen Zeit und auch die Möglichkeit Erfolge zu verspüren, selbst wenn sie dazu viel Energie verwenden müssen, da die Tätigkeiten oft sehr anstrengend sind. Wenn zu viele Aktivitäten den Betroffenen einfach abgenommen werden, führt dies rasch dazu, dass noch funktionierende Bewegungsabläufe (wenn auch eingeschränkt und oft sehr mühsam) sich rasch weiter verschlechtern und es so erst recht zu einem beschleunigten körperlichen Abbau kommen kann. An Morbus Parkinson erkrankte Menschen sind keinesfalls in ihrer Intelligenz beeinträchtigt. Da ein Begleitsymptom der Erkrankung eine fehlende Gesichtsmimik sein kann, es zu einem anhaltenden Speichelfluss aus dem Mund und zu einer Art Bewegungslosigkeit kommen kann, wird 19 manchmal durch das äußere Erscheinungsbild interpretiert, dass auch eine geistige Beeinträchtigung vorliegt. Diese Annahme ist jedoch falsch! Gesellschaft, Kommunikation, Wertschätzung und natürlicher zwischenmenschliche Kontakt sind äußerst wichtige Aspekte im Umgang mit an Parkinson erkrankten Menschen. Die Betroffenen neigen häufig dazu sich aus Schamgefühl zurückzuziehen und sich gesellschaftlich zu isolieren. Unterstützen Sie die Betroffenen dabei sich weiterhin regelmäßig in den Alltag zu integrieren und zeigen Sie Akzeptanz und Einfühlungsvermögen für die Situation des Betroffenen. Verfasser: DGKP Jürgen Bigler Literaturhinweis: Klinikleitfaden Pflege, 4. Auflage, Wikipedia 20 WISSENSWERTES PFLEGEGELD Zweck des Pflegegeldes Das Pflegegeld wird Menschen zuerkannt, die regelmäßig Pflege brauchen. Das Pflegegeld soll dazu beitragen, sich notwendige Rahmenbedingungen für eine möglichst optimale Pflege und Betreuung leisten zu können. Die Bezieher haben die Möglichkeit das Pflegegeld nach ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen einzusetzen. Können dies die Betroffenen selbst nicht mehr lenken, sind die Angehörigen gefordert, dies im Sinne der Pflegegeldbezieher zu tun. Anspruch auf Pflegegeld Man erhält Pflegegeld, wenn man mehr als 65 Stunden im Monat Pflege benötigt und wenn dies wahrscheinlich mindestens 6 Monate dauern wird. Höhe des Pflegegeldes Das Pflegegeld wird einmal im Monat ausbezahlt. Die Höhe des Pflegegeldes hängt davon ab, welche Pflegestufe zuerkannt wird. Die Pflegestufe sagt aus, wie viel Pflege man laut Sachverständigen benötigt. Es gibt 7 Pflegestufen. • Stufe 1 154,20 Euro im Monat, bei mehr als 65 Stunden Pflege. • Stufe 2 284,30 Euro im Monat, bei mehr als 95 Stunden Pflege. • Stufe 3 442,90 Euro im Monat, bei mehr als 120 Stunden Pflege. • Stufe 4 664,30 Euro im Monat, bei mehr als 160 Stunden Pflege. • Stufe 5 902,30 Euro im Monat, bei mehr als 180 Stunden notwendiger Pflege und wenn eine dauernde Bereitschaft einer Pflegerin oder eines Pflegers notwendig ist. • Stufe 6 1.242,00 Euro im Monat, bei mehr als 180 Stunden notwendiger Pflege und wenn die Betreuung nicht planbar oder ständige Anwesenheit notwendig ist. • Stufe 7 1.655,80 Euro im Monat, bei mehr als 180 Stunden notwendiger Pflege und wenn alle 4 Extremitäten im Alltag nicht mehr funktional einsetzbar sind. 21 Wenn eine erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird, werden 60,- Euro abgezogen. Besonders schwerbehinderte Menschen erhalten • bis zum 7. Lebensjahr monatlich 50 Betreuungsstunden zusätzlich anerkannt • bis zum 15. Lebensjahr monatlich 75 Betreuungsstunden und • wenn sie älter als 15 Jahre sind monatlich 25 Betreuungsstunden zusätzlich anerkannt. Diagnosebezogene Mindesteinstufungen Bei Vorliegen einer bestimmte Behinderungen hat, die eine Ärztin oder ein Arzt festgestellt hat, wird vorweg eine bestimmte Pflegestufe zuerkannt. • Stufe 3 steht stark Sehbehinderten und Rollstuhlfahrern zu. • Stufe 4 steht Blinden und Rollstuhlfahrern zu, die wegen ihrer Krankheit nicht kontrollieren können, wann sie auf die Toilette müssen (Inkontinenz). • Stufe 5 steht Taubblinden oder Rollstuhlfahrern zu, die ihre Arme nicht funktional einsetzen können und eine Person brauchen, die ihnen hilft, in den Rollstuhl oder aus dem Rollstuhl zu gelangen. Feststellung erfolgt durch Sachverständige (Ärzte oder Pflegefachkräfte). Hinweis Bei längerem Krankenhausaufenthalt wird kein Pflegegeld ausbezahlt. Ab 2016 wird die Höhe des Pflegegeldes für jede Pflegegeldstufe um 2% erhöht. REZEPTGEBÜHRENBEFREIUNG Für viele Menschen sind die regelmäßigen Aufwendungen für die Rezeptgebühren (derzeit € 5,40 ) eine starke finanzielle Belastung. Besonders dann, wenn entweder das monatliche Nettoeinkommen sehr gering ist oder die Anzahl der einzunehmenden Medikamente besonders hoch ist und somit hohe Kosten erzeugt. Problematisch ist es vor allem auch dann, wenn beides zutrifft. Geringes Nettoeinkommen und hoher Medikamentenbedarf. Nun gibt es die Möglichkeit eine finanzielle Unterstützung bezüglich der Aufwendungen für die Rezeptgebühren zu erhalten. Dabei werden 2 Unterstützungsleistungen unterschieden: 1.) Rezeptgebührenobergrenze 2.) Rezeptgebührenbefreiung 22 Bei der Rezeptgebührenobergrenze kann man von den Rezeptgebühren befreit werden, sobald die Aufwendungen für Rezeptgebühren 2% des jeweiligen Jahresnettoeinkommens überschreiten. Sobald dies eintritt, kann man für den Rest des Jahres von der Rezeptgebühr befreit werden. Wichtig ist zu wissen, dass dies immer nur bis zum Ende des laufenden Jahres Gültigkeit hat. Mit Beginn des neuen Jahres (also stets per 01.Jänner eines Jahres) muss dann wieder Rezeptgebühr bezahlt werden, bis zu dem Zeitpunkt, an dem die 2% des Jahresnettoeinkommens für Rezeptgebühraufwendungen überschritten wurden. Bei der Rezeptgebührenbefreiung kann auf Antrag die Rezeptgebühr gänzlich entfallen. Dafür sind bestimmte Einkommensgrenzen vorgesehen. Für Alleinstehende liegt dieser Richtwert bei € 872,31 und für Ehepaare bei € 1.307,89. Wenn ein vom Hausarzt bestätigter erhöhter Medikamentenbedarf besteht und das monatliche Nettoeinkommen unter den folgenden Richtwerten liegt, kann ebenfalls ein Antrag zur Befreiung gestellt werden. Die Richtwerte liegen hier bei Alleinstehenden bei € 1.003,16 und bei Ehepaaren bei € 1.504,07. Die Beiträge erhöhen sich zusätzlich für jedes Kind um € 134,59. Beachten Sie, dass alle Einkommen im selben Haushalt lebender Personen zur Berechnung herangezogen werden. PFLEGEHEIMKOSTEN Ein Pflegeheim verrechnet grundsätzlich sogenannte "Tagsätze". Diese Tagsätze bestehen aus 2 Komponenten: 1.) Hotelkomponente 2.) Pflegezuschlag Mit der Hotelkomponente werden die Kosten für die Unterbringung und für die Verpflegung verrechnet. Die Kosten für den Pflegezuschlag richten sich nach der aktuell gültigen Pflegegeldstufe. Die Beitragshöhe dieser beiden Komponenten sind für Pflegeheime mit gültigem Entgeltkatalog des Sozialhilfegesetze und für Pflegeheime, die nach Kollektivvertrag der Berufsvereinigung v. Arbeitgeber für Gesundheits- und Sozialberufe (auch als BAGS bezeichnet) unterschiedlich. Kosten in Euro pro Tag bei Entgeltkatalog des Sozialhilfegesetze vs. BAGS (Kosten bei BAGS in Klammern angeführt) Hotelkomponente pro Tag 60,47 (62,32) Pflegezuschlag pro Tag Pflegegeld Stufe 1: 8,68 (10,91), Pflegegeld Stufe 2: 17,36 (21,83) Pflegegeld Stufe 3: 28,13 (35,40), Pflegegeld Stufe 4: 40,04 (50,38) Pflegegeld Stufe 5: 41,65 (52,39), Pflegegeld Stufe 6: 45,27 (56,95) Pflegegeld Stufe 7: 52,06 (65,49) 23 BILD: www.forumromanum.com 24 PRAXISTIPPS Hilfsmittel für Bad und Toilette Im Folgenden möchten wir Ihnen gerne einige Hilfsmittel vorstellen, die im Pflegealltag im Badezimmer und für die Toilette hilfreich sein können. Diese Hilfsmittel stellen eine Erleichterung sowohl für die zu betreuende Person als auch für die pflegende Person dar. Der folgende Auszug der Hilfsmittel stellt lediglich eine kleine Auswahl von Beispielmaterialien dar. Auf dem Markt gibt es viele unterschiedliche Angebote von Heilbehelfen und Hilfsmitteln. Bei der Anschaffung von Hilfsmitteln sollte man unbedingt darauf wert legen, dass diese tatsächlich auf die persönliche Situation abgestimmt sind. Am besten Sie kontaktieren dazu den Bandagisten/Orthopädiefachhandel Ihres Vertrauens und vereinbaren ein persönliches Beratungsgespräch bei Ihnen zuhause. Die nachfolgend angeführten Artikel sollen Ihnen einen Hinweis geben, welche Möglichkeiten es gibt. Von jedem Produkt gibt es auch unterschiedliche Varianten mit unterschiedlichen Ausführungen. Danach richtet sich letztlich auch der Preis. Damit Sie aber eine ungefähre Vorstellung haben, was die Produkte kosten können, geben wir hier einfach recherchierte Mittelwerte der Kosten an. Toilettensitzerhöhungen Diese sind vor allem dann sehr hilfreich, wenn das Hinsetzen und/oder das Aufstehen erschwert sind. Durch die höhere Sitzposition und eventuell noch zusätzlich seitlich an den Wänden angebrachte Haltegriffe ist ein Hinsetzen und Aufstehen von der Toilette viel leichter möglich. Abbildung 1: Toilettensitzerhöhung mit Griff (Kosten: ca. € 60,00) Abbildung 2: Toilettensitzerhöhung ohne Griff (Kosten: ca. € 25,00) 25 Badewannenlifter Wenn das Einsteigen in die Badewanne und/oder das Aussteigen aus der Badewanne kaum oder nicht mehr möglich ist, ist ein Badewannenlifter eine wirklich gute Hilfe. Diese Lifter werden entweder hydraulisch oder elektronisch betrieben. Die Badewannenlifter werden in die Badewanne gestellt. Zum Einsteigen senkt man das Niveau der Sitzfläche auf das Niveau des oberen Badewannenrandes ab. Die betreffende Person setzt sich nun auf den mit dem Badewannenrand auf dem selben Niveau befindliche Sitzfläche des Badewannenlifters. Wenn Hilfe benötigt werden, können nun die Beine der zu badenden Person in die Wanne gehoben werden. Nun wird hydraulisch oder elektronisch die Sitzfläche auf das gewünschte Niveau abgesenkt und schon kann der Badespaß losgehen. Das Aussteigen erfolgt genauso einfach in umgekehrter Reihenfolge. Abbildung 3: Badewannenlifter, elektronisch (Kosten: ca. € 290,00) Badewannensitz /Badewannenbrett Ein Badewannensitz eignet sich gut dafür, wenn zum Beispiel in der Badewanne geduscht werden soll.(Der abgebildete Sitz ist schwenkbar, jedoch nicht absenkbar). Abbildung 4: Badewannensitz (Kosten: ca. Abbildung 5: Badewannensitz nicht € 110,00) schwenkbar (Kosten: ca. € 75,00) 26 Abbildung 6: Badewannenbrett zur Auflage zwischen den Badewannenrändern (Kosten: ca. € 40,00) Duschklappsitz Ein Duschklappsitz ist für den Duschbereich vorgesehen. Dieser kann an die Wand geschraubt werden und Stützen unterhalb der Sitzfläche stabilisieren den Sitz. Dies ist vor allem bei schwergewichtigen Personen eine zusätzliche Sicherheit. Diese Klappsitze lassen sich platzsparend nach oben klappen. Die Klappsitze gibt es auch ohne zusätzliche Sitzflächenstützen. Abbildung 7: Duschklappsessel mit Sitzflächenstütze (Kosten: ca.€ 60,00) Abbildung 8: Duschklappsessel platzsparend klappbar Duschsessel Duschsessel haben den Vorteil, dass man damit etwas mobiler ist. D.h. die Pflegeperson kann leichter von allen Seiten die Körperpflege durchführen. Der Stuhl kann je nach Bedarf in die verschiedenen Positionen gedreht werden (sofern Räder vorhanden sind). Die Ausbuchtung an der Sitzfläche dient dazu, dass die Genitalpflege im Sitzen durch die pflegende Person leichter durchführbar wird. Die Beine des Stuhls sind höhenverstellbar. Manche Duschstühle sind auch mit absperrbaren Rädern zum leichteren Transfer erhältlich. So könnte man die zu pflegende Person z.B. mit dem Stuhl auch im Badezimmer von der Dusche zum Waschbecken zur Durchführung der Mundpflege führen. 27 Abbildung 9: Duschsessel mit Rädern und Fußstützen (Kosten: ca. € 360,00) Haltegriffe Die Montage von Haltegriffen ist grundsätzlich zu empfehlen. Sie geben guten Halt und Sicherheit. Die Anbringung der Haltegriffe ist vor allem links und rechts der Toilette sehr hilfreich. Im Badezimmer sind Haltegriffe in der Dusche links und rechts an den Wänden sinnvoll. Wenn die Körperpflege beispielsweise am Waschbecken durchgeführt wird, empfiehlt es ich ein stabiles Etagere mit integriertem Haltegriff über dem Waschbecken anzubringen. Bei der Badewanne ist ein Haltegriff seitlich an der Wand unbedingt zu empfehlen. Bei der Montage ist die genaue Abmessungen der endgültigen . Montagehöhe wichtig. Abbildung 10: Haltegriff zur fixen Wandmontage (Kosten ca: € 15,00) Abbildung 11: Haltegriff zur mobilen Montage mittels Saugknöpfe (Kosten: Abbildung 12: Klappbare Halteschiene ca. € 30,00) (Kosten: ca.60,00) FOTOS: www.seniorenprodukte.at 28 BILD: ww.karikatuur-cartoon.de 29 Blick über die Grenzen Im Land der aufgehenden Sonne Gedanken über Pflege in Japan und mehr Japan ist in vielerlei Hinsicht ein faszinierendes Land, das eine Vielzahl von scheinbaren Gegensätzen in sich vereint: hochtechnologisch und doch sehr traditionell geprägt, eine extrem hohe Bevölkerungsdichte in den Ballungszentren und weitläufige, wild anmutende Landschaften in den unbewohnten Gebieten, die übrigens einen Großteil des Landes ausmachen. Auf Grund der weitverbreiteten Erdbebengefahr im Land, der vielen Vulkane und zahlreichen, für den Menschen unzugänglichen Gebiete sind nur rund 20 % der Gesamtfläche Japans bewohnbar. Kein Wunder also, dass man in den wenigen verfügbaren Wohngebieten versucht, den vorhandenen Raum so gut wie möglich zu nutzen. Mietwohnungen in Tokyo und anderen Städten haben eine Durchschnittsgröße, die oft nicht über 20 m2 hinausgeht. Eigentumswohnungen, die ohnehin nur für wenige erschwinglich sind, sind oft größer, aber auch sehr teuer. Irgendwie gelingt es den meisten Japanern dennoch, alles Notwendige in ihren vier Wänden unterzubringen. Große Einbauschränke sucht man vergebens, dafür gibt es Kästen, in denen tagsüber das „Bett“ verstaut wird, um so das Schlafzimmer in ein Wohnzimmer und/oder Esszimmer zu verwandeln. Das Bett ist meistens ein zusammenrollbarer Futon, sprich eine schlichte Matratze. Darauf schläft sich aber oft unerwartet gut und platzsparend ist dieses Bett allemal. Auch die Küchenausstattung mutet auf Grund der beengten Verhältnisse oft spartanisch an. Wichtigstes Utensil in den meisten Haushalten ist jedenfalls der Reiskocher. Reis, in all seinen Varianten, ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der japanischen Küche, die aber auch noch mit vielen anderen Köstlichkeiten aufwarten kann. Sushi, Sashimi für Fischliebhaber, Okonomiyaki, Sukiyaki, Ramen etc. für all jene, die zwar keinen rohen Fisch mögen, aber ihren Gaumen an herrlich gebratenen Nudel-, Fleisch-, Gemüse- oder Reisgerichten erfreuen wollen.Dass Japaner besonders lange leben, liegt wohl auch an ihrer Ernährungsweise. Fisch ist ein zentraler Bestandteil des Speiseplans, auf dem man das bei uns oft obligate - und zumeist fettreiche - Dessert in vielen Fällen vergeblich sucht. Während gerade in Österreich eine Mahlzeit ohne Nachtisch fast unvollständig wirkt, geben sich Japaner mit einer Tasse grünen Tee zufrieden. Auch sind die Portionen wesentlich „mundgerechter“, wobei dies wohl auch daran liegt, dass - außer in Ausnahmefällen (wenn typisch europäische Speisen gegessen werden) - mit Stäbchen gegessen wird. Das bedingt von vornherein schon eine wesentlich gemächlichere Art des Speisens. Fleischstücke sind klein und stäbchengerecht geschnitten und auch der Reis lässt sich mit etwas Übung 30 ohne Probleme mit Stäbchen essen. Japan hat auch eine faszinierende Geschichte, die nicht immer nur ruhmoder ehrenvoll war. Die im zweiten Weltkrieg begangenen Gräueltaten und die zahlreichen Feldzüge gegen ihre Nachbarn vor dem zweiten Weltkrieg, belasten zum Teil auch heute noch die Beziehungen des Landes der aufgehenden Sonne zu seinen Nachbarn.Eine Aussöhnung von historischer Tragkraft wie es sie zwischen Deutschland und Frankreich gegeben hat und die den Grundstein für die Europäische Union legte, sucht man im asiatischen Raum, wo ähnliche Feindseligkeiten vorherrschten und zum Teil noch bestehen, vergeblich. Dennoch ist es unter der jüngeren Generation zu einer schrittweisen Annäherung gekommen. Dazu haben auch das Internet und die Pop-Musik viel beigetragen. Was im Unterricht oft nicht gelang, das schafften koreanische Pop-Ikonen über das Internet. Das oft problematische Verhältnis zwischen den Koreanern und den Japanern erfuhr durch die enorme Popularität des so genannten K-Pop (koreanische Pop-Musik) eine deutliche Verbesserung. Im Gegenzug begeistern sich sehr viele, vor allem junge, Koreaner für japanische Mangas und Anime. In beiden Ländern ist in den letzten Jahren eine immer größer werdende Anzahl an Menschen zu verzeichnen, die die Sprache des jeweiligen Nachbarlandes lernen. Auch die in Asien so beliebten Seifenopern, dort „Dramen“ genannt, haben ihren Teil zur Völkerverständigung beigetragen. Es gibt zwar immer wieder einmal Phasen, in denen Nationalisten in den einzelnen Ländern für Misstöne sorgen, aber grundsätzlich ist das Verhältnis Japans zu seinen Nachbarländern viel besser geworden. Spannend ist Japan aber auch - und für manche vor allem - auf Grund der Einzigartigkeit seiner Sprache. Viele, wobei es mir, bevor ich Japanisch gelernt hatte, nicht anders erging, meinen, dass Japanisch und Chinesisch einander sehr ähnlich seien. Dem ist aber keineswegs so. Japanisch und Chinesisch haben kaum etwas gemein, wobei Sprachwissenschaftler bis heute nicht genau wissen, woher denn die japanische Sprache stammt bzw. welcher Sprachgruppe sie zuzuordnen ist. Die Japaner haben zwar, weil sie selbst keine Schrift entwickelt hatten, die Schriftzeichen der Chinesen übernommen, aber sie mussten diese Zeichen oft anpassen, weil sowohl die Grammatik des Japanischen als auch seine Lautbildung völlig anders sind als im Chinesischen. Das Chinesische ist zudem eine Tonsprache, d. h. Wörter werden in unterschiedlicher Tonhöhe ausgesprochen und bekommen dadurch unterschiedliche Bedeutungen. Beim Japanischen ist das nicht der Fall.Das Japanische hat drei Schriftsysteme, die alle nebeneinander verwendet werden: zwei Silbenschriften und die chinesischen Schriftzeichen, die - als ob die Sprache nicht ohnehin schon kompliziert genug wäre - auch noch unterschiedliche Lesarten haben, eine chinesische und eine japanische. Das 31 heißt, ein Schriftzeichen kann auf „chinesische Art“ und auf „japanische Art“ gelesen werden und klingt dadurch in den jeweiligen Situationen von der Aussprache her völlig anders. Japan ist aber auch mit großen gesellschaftspolitischen Herausforderungen konfrontiert und eine davon ist die rasch voranschreitende Überalterung. So schön es für die Menschen ist, immer älter zu werden, so problematisch wird dies, wenn nicht genügend junge Menschen nachkommen. Japan ist zurzeit nicht in der Lage bzw. nicht bereit, dieses Manko durch Immigration wettzumachen. Es herrschen strenge Einwanderungsregelungen, die dazu führen, dass das Land lediglich rund 1,5 % ausländischer Bevölkerung aufweist. Für japanische Verhältnisse ist das schon sehr viel, da vor ca. 20 Jahren der Prozentsatz um die Hälfte geringer war. Die japanische Gesellschaft wirkt daher nach außen hin auch sehr homogen und einheitlich. Das führt auch dazu, dass man als Außenstehender rasch auffällt. Dank der grundsätzlich sehr höflichen und hilfsbereiten Japaner, ist dieses Außenseitertum aber im Regelfall nicht mit negativen Folgen verbunden zumindest nicht, wenn man als Tourist im Land unterwegs ist. Für Menschen, die dort leben möchten, ist die Situation oft etwas schwieriger, wobei es dennoch nicht jene fremdenfeindlichen Phänomene gibt, die in vielen westlichen Staaten zum Teil sogar in Gewalttaten ausarten. Japan wird sich auf jeden Fall etwas einfallen lassen müssen, wenn es verhindern will, dass die fortschreitende Alterung zu einer gesellschaftspolitischen Zeitbombe wird.Schon jetzt gibt es in ländlichen Gegenden Kooperativen, wo sich betagte Menschen Arbeiten aufteilen, um einander versorgen zu können. Man findet dort noch Menschen im Alter von 80 Jahren und älter, die einer geregelten Arbeit nachgehen, die zwar nicht immer entlohnt wird, aber zum Gemeinwohl beiträgt. Da aber auch in Japan älter werdende Menschen verstärkt an körperlichen und geistigen Gebrechen leiden, ist der Bedarf an qualifiziertem Pflegepersonal sehr hoch. Zum Teil wird dieser Bedarf durch eigene Pflegekräfte gedeckt, zum Teil durch ausländisches Personal, das aber nur sehr begrenzt aufgenommen wird, und zum Teil wird schon eine Lösung in Form von Pflegerobotern angedacht. Dass Japaner technikverliebt sind, ist allgemeinhin bekannt, dass sie auch keine Scheu davor haben, sich im hohen Alter einmal von einem Roboter versorgen zu lassen, mutet für unsereiner dann doch etwas seltsam an. Aber es gibt tatsächlich schon erste Roboter, die einfache Hausarbeiten erledigen und Pflegedienste übernehmen können. Wirklich komplizierte Tätigkeiten kann die aktuelle Generation dieser maschinellen Helferlein zwar noch nicht ausführen, aber das soll alles noch kommen. Selbst für den Fall, dass dies technisch möglich sein sollte, stellt sich die Frage, ob das auch eine wünschenswerte Entwicklung ist. In einer so stark hierarchisch geprägten 32 Gesellschaft wie der japanischen, in der auch im Freundes- und Familienkreis der Körperkontakt weitaus spärlicher ausfällt als in den meisten westlichen Ländern, scheint für eine gar nicht so geringe Anzahl an Menschen der Gedanke an einen helfenden Roboter gar nicht so abwegig.Persönlich kann ich mir das nicht vorstellen. Fehlt es doch der Maschine in jedem Fall am Einfühlungsvermögen, das sich auch mit der besten Software nicht programmieren lässt. Manche „Gefühlsregungen“ kann man vielleicht simulieren, aber man wird sich immer dessen bewusst sein, dass einem hier etwas vorgegaukelt wird. Die Pflege eines anderen Menschen erschöpft sich nicht nur in der Bereitstellung von fachlichen Hilfsdiensten, sondern ist auch - und vielleicht sogar vor allem - ein zutiefst menschlicher Akt, bei dem man aufeinander zugeht.Jeder von uns hat seine ganz eigene Lebensgeschichte, die uns in unserem Denken und Handeln prägt. Das ändert sich auch nicht, wenn wir erkranken. Vielmehr werden Eigenheiten wohl noch verstärkt. In solchen Situationen ist es mit einer bloßen symptomatischen Behandlung aus rein medizinischer Sicht nicht getan. Hier ist der Mensch mit all seinen Sinnen gefragt. Eine beruhigende Stimme, eine streichelnde Hand, ein aufmunternder Blick, ein freundliches Lächeln - all das bewirkt oft mehr als ein ganzes Arsenal an Medikamenten. Bei all den Unterschieden, die es zwischen den einzelnen Ländern und Kulturen gibt, glaube ich dennoch, dass uns hier etwas Entscheidendes verbindet: das Bedürfnis nach menschlicher Nähe. Das werden auch viele Japaner so empfinden, wenngleich sie den Begriff der Nähe anders definieren als wir.Spannend wird es auf jeden Fall, zu sehen, wie Gesellschaften im Allgemeinen mit der fortschreitenden Alterung ihrer Bevölkerungen umgehen. In Japan und vielen anderen asiatischen Ländern wird dem Alter oft mehr Respekt gegenüber gebracht als in westlichen Gesellschaften. Das spiegelt sich auch in der Sprache wider: Der „Sensei“, der Lehrmeister, hat eine wesentlich wichtigere Stellung in der Gesellschaft als dies bei uns der Fall ist. Das Verhältnis von Lehrendem und Lernendem ist oft ein besonders inniges und dauert nicht selten ein ganzes Leben lang an. Dieser Respekt dem Alter gegenüber wird es den Japaner unter Umständen leichter machen, einen würdevollen Umgang mit Älteren zu finden als das manchmal bei uns im Westen der Fall ist. Ganz gleich, wie die weitere Entwicklung aussehen wird, ist Japan in jedem Fall eine Reise wert. Es ist nicht nur ein äußerst facettenreiches Land mit ausgesprochen freundlichen Bewohnern, sondern obendrein noch mit Abstand eines der sichersten Länder der Welt, in dem man auch nachts in Großstädten im Regelfall ohne Bedenken alleine durch Parkanlagen spazieren kann. Wer sich für die japanische Sprache interessiert, dem ist eine jahrelange, zeitaufwändige, aber jedenfalls sehr lohnende, Freizeitbeschäftigung sicher. Nicht alles in Japan ist so, dass ich es auch gerne bei uns umgesetzt haben 33 möchte. Es gibt so manche gesellschaftliche Konvention, die ich lieber als Tourist bestaune, als dass ich sie als bestimmenden Faktor in meinem Alltag haben möchte. Aber gerade das macht den Reiz aus, wenn man versucht, sich anderen Kulturen anzunähern und mehr über sie zu erfahren. Man muss nicht alles mögen, aber auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt lässt sich viel voneinander lernen. FOTO: www.focus.de, Foto zum Artikel: Japan vergreist, gefühlvolle Roboter ersetzen Pflegekräfte, 25.06.2014 Autor: Mag. Robert Bigler Dolmetscher und Übersetzer (Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Kroatisch, Russisch, Chinesisch, Japanisch, Portugiesisch, Arabisch, Türkisch) 34 BILD: ww.karikatuur-cartoon.de 35 GEHIRNTRAINING für zwischendurch Zum Abschluss finden Sie noch ein paar kleine Trainingseinheiten für Ihr Gehirn. Diese Übungen lassen sich überall und jederzeit in den Alltag integrieren. Sie werden bemerken, dass nach einer gewissen konsequenten Trainingszeit rasch Fortschritte in der Koordination und in der Gedächtnisleistung bemerkbar sind. In dieser Ausgabe präsentieren wir Ihnen 3 Übungen. In den weiteren Ausgaben folgen die nächsten Übungen. Bis dahin heißt es: fleißig trainieren! 1. Buchstaben streichen Für diese Gehirnjogging-Übung benötigen Sie eine einfache Tageszeitung oder Zeitschrift, einen Stift und eine Uhr mit Sekundenzeiger. Nehmen Sie sich eine beliebige Seite der Zeitung vor und streichen einen vorher festgelegten Buchstaben auf der gesamten Seite durch. Dies fördert die Konzentrationsfähigkeit enorm. Um die Fortschritte bei dieser Übung erkennen zu können, können Sie die benötigte Zeit stoppen und dann beim nächsten Durchgang mit der vorherigen Zeit vergleichen. Im besten Fall verkürzt sich die Zeit, die Sie für eine komplette Seite benötigen. 2. Fingerübung Diese Übung zum Gehirnjogging ist einfach und überall durchführbar. Hierbei werden Ihre Koordination und die Konzentration gefördert. Tippen Sie mit der Spitze des Daumens jeweils auf die Fingerspitzen der restlichen Finger der jeweiligen Hand. Sie beginnen mit dem Zeigefinger, gehen die Reihe bis zum kleinen Finger durch und tippen dann den gesamten Rückweg bis zum Zeigefinger erneut. Das führen Sie mit der linken und rechten Hand nacheinander durch, um einen niedrigen Schwierigkeitsgrad zu erhalten. Richtig schwierig wird es dann, wenn Sie diese Übung mit beiden Händen gleichzeitig durchführen und das auch noch in verschiedenen Richtungen oder jeweils auf verschiedenen Fingern. 3. Rückwärts sprechen Das Rückwärtssprechen fordert das Gehirn auf ganz besondere Art und Weise. Das Sprachzentrum sowie die Konzentrationsfähigkeit werden hier auf die Probe gestellt, indem Sie sich einen beliebigen Satz ausdenken und diesen versuchen, rückwärts zu sprechen. Sie beginnen beim letzten Wort und enden beim ersten. Im Laufe der Zeit wird es Ihnen gelingen, immer schneller rückwärts zu sprechen. Eine weitere Herausforderung liegt darin, nicht nur den Satz rückwärts zu sprechen, sondern jedes einzelne Wort. Quelle: www.zeitblueten.com 36 Liebe Leserinnen und Leser, die nächste kostenlose Ausgabe von ibd-Einblicke erhalten Sie im August 2015. Sollten Sie kein Interesse an einer weiteren Zusendung haben, lassen Sie uns das bitte wissen. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei allen Kunden von Ich bin daheim! für das Vertrauen und die gute Zusammenarbeit mit allen unseren NetzwerkpartnerInnen bedanken. Die Entwicklung unseres Netzwerkes mit all unseren Angeboten gibt uns recht und zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Gerade im Pflegebereich und hier besonders in der mobilen häuslichen Betreuung wird es künftig viel Kompetenz und Kreativität, aber auch ehrlichen Willen, benötigen, um den laufenden steigenden Bedarf an Pflege und Betreuung für zuhause abdecken zu können. Die Politik und die gesamte Gesellschaft sollten aufgefordert sein, hier zukunftsorientierte Lösungen zu finden. Wir von ibd werden weiterhin unseren Teil zur Bewältigung dieser Herausforderung beisteuern. Alles Liebe Ihr Jürgen Bigler Für den Inhalt verantwortlich: DGKP Jürgen Bigler Grassnitzberg 66 8471 Spielfeld Tel: 0680 142 61 64 37 Der größte Fehler im Leben ist, dass man ständig fürchtet Fehler zu machen. Elbert G. Hubbard 38 39 40
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