MITTE DIE ZUKUNFT DER WEDDINGER KINDERFARM Das Jugendamt sucht einen neuen Träger für die traditionsreiche Jugendeinrichtung Seite 2 WISSENSWERTES AU S BERLIN UND DEM BEZIRK MITTE · AU S G A B E JUNI 2015 KOLUMNE Liebe Leserinnen & Leser, viele Menschen sind besorgt über die vielen Krisen und Kriege weltweit. Millionen sind auf der Flucht, versuchen sich und ihre Familien in Sicherheit zu bringen. Viele finden nach langer Flucht in Deutschland und Berlin Sicherheit vor Terror und Verfolgung. Der Senat nimmt seine Verpflichtung diesen Menschen gegenüber sehr ernst. Wir wollen die Erstaufnahme überall verbessern und langfristig Arbeit, Ausbildung und Wohnungen bieten. Natürlich wissen wir, dass dabei Rücksicht auf die Nachbarschaften und frühzeitige Informationen wichtig sind. Sorgen kann man nicht weg beschließen, man muss zeigen, dass sie unberechtigt sind. Ich bin stolz auf die Berlinerinnen und Berliner. Sie gehen Populisten mit ihren einfachen und menschenverachtenden Parolen nicht auf den Leim. Überall, wo die Menschen in Not Unterkunft finden, ist die Hilfs- und Spendenbereitschaft groß. Senat und Bezirke unterstützen die Initiativen, wo es möglich ist und ich danke Ihnen allen, dass Sie unsere Berliner Willkommenskultur so engagiert mittragen. Michael Müller, Regierender Bürgermeister Berlins Milieuschutz bedeutet nicht, dass Mietsteigerungen verhindert werden können, aber sie sind ein gutes Instrument, um Mietsteigerungen zu dämpfen. Foto links: SenStadtUm/Marco Urban, Foto oben: Schulze Der Bezirk Mitte setzt sich damit für den Schutz seiner Kieze ein. Wohnen und Mieten in Mitte Milieuschutz in Moabit und Wedding Die zurzeit vielleicht wichtigste politische Diskussion dreht sich um das Thema Wohnen und Mieten. Die Frage, ob die Mietpreisbremse funktioniert oder wo benötigte Wohnungen entstehen sollen, treibt die Berliner enorm um. Hierzu gehört auch die Frage, wie die Bestandsmieten gesichert werden können und welche Rolle der sogenannte Milieuschutz dabei spielen kann. Im letzten Jahr wurde nach längerem Zögern des zuständigen CDU-Stadtrats der ganze Bezirk Mitte einem GrobScreening unterzogen, um herauszufinden, welche Gebiete als Milieuschutzgebiete in Frage kommen. Er- gebnis dieser Analyse: Zwei Gebiete im Bezirk gelten als Verdachtsgebiete und weitere als Beobachtungsgebiete. Aktuell werden die beiden Verdachtsgebiete, Wedding-Zentrum und weite Teile Moabits, vertieft untersucht. Was genau macht diese beiden Kieze zu Verdachtsgebieten? In beiden genannten Gebieten ist es die Bausubstanz, die ein Sanierungspotenzial aufweisen muss, und auch tut. Dazu gibt es eine heterogene Eigentumsstruktur mit vergleichsweise wenig Beständen in öffentlicher Hand oder im Besitz von Genossenschaften. Hier machen sich im Gebiet westlich der Müllerstraße die negativen Spätfolgen des GSW-Ver- kaufs bemerkbar. Ebenfalls gibt es in beiden Gebieten eine Einkommensstruktur der Bevölkerung, die den Schluss zulässt, dass es durch Modernisierungen zu Verdrängungseffekten kommen kann. Das Zusammenspiel dieser Faktoren führte dazu, dass es jetzt zu einer vertieften Untersuchung gekommen ist. Was aber bedeutet Milieuschutz? Eines vorneweg: Es bedeutet nicht, das Mietsteigerungen verhindert werden können! Aber es bedeutet, dass dem Bezirk ein Instrument an die Hand gegeben wird, Mietsteigerungen zu dämpfen. So müssen innerhalb der Milieuschutzgebiete Sanierungsmaßnahmen angemel- det und genehmigt werden. Der Bezirk kann erlassen, dass der Aufwertung dienenden Maßnahmen, wie ein zweiter Balkon oder zweites Bad nicht mehr zulässig sind. Hierzu wird innerhalb der SPD-Fraktion der BVV und der SPD Mitte noch zu klären sein, ob der nachträgliche Einbau von Fahrstühlen verboten werden soll. Der Einbau eines Fahrstuhls führt zwangsläufig zu einem starken Anstieg der Betriebskosten, gleichzeitig hat sich die SPD auf die Fahnen geschrieben, größtmögliche Barrierefreiheit zu fördern. Diese beiden Aspekte müssen gegeneinander abgewogen werden. IN DIESER AUSGABE FAHRRADSTADT BERLIN? Ein Pladoyer für die Förderung des Radverkehrs in der Hauptstadt Seite 7 MEHR ALS EIN TROPFEN AUF DEN HEISSEN STEIN Interview mit Ralf Wieland, Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses Seite 7 SPIELHALLENGESETZ konsequent durchsetzen für unseren Kiez! Seite 8 ZIRKUSFLAIR AM SPARRPLATZ Ein neuer Spielplatz für den Weddinger Kiez Seite 8 Fortsetzung auf Seite 7 Gewaltschutzambulanz an der Charité Ein Modellprojekt für Deutschland Vor kurzem feierte die Gewaltschutzambulanz an der Berliner Charité ihr einjähriges Bestehen – eine wichtige Anlaufstelle für Opfer von Gewalt in unserer Stadt, deren Finanzierung dringend gesichert werden muss. Viele Menschen, insbesondere Frauen, haben mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt durch Beziehungspartner oder Familienmitglieder erlebt. Es gibt Schätzungen, nach denen mehr als 200.000 Kinder in Deutschland jedes Jahr schwer misshandelt werden. Die meisten Übergriffe finden im Verborgenen statt und werden nie angezeigt. Aber nur Taten, die zur Anzeige gebracht wurden, können juristisch verfolgt werden. Dazu ist es wichtig, dass es niedrigschwellige Angebote für Opfer von häuslicher Gewalt gibt. Denn nur, wenn Verletzungen auch medizinisch dokumentiert wurden, sind sie vor Gericht verwertbar. Der Bedarf solcher Angebote für Opfer von Gewalt ist groß. Es fehlt ein integriertes Konzept, das neben medizinischer Hilfe auch Beratung in einem sensiblen Umfeld ermöglicht. Die Gewaltschutzambulanz an der Berliner Charité leistet dieses Angebot für Frauen, Männer und Kinder. Hier können Opfer Verletzungen dokumentieren lassen – auch wenn sie nicht oder erst später zur Polizei gehen wollen. Die Anlaufstelle bietet gleichzeitig umfangreiche weitere Hilfen an und stellt beispielsweise den Kontakt zu Opferinitiativen her. Dieses Projekt könnte Modellcharakter für Deutschland haben. Deshalb war es Die Bundestagsabgeordnete Dr. Eva Högl zu Besuch in der Gewaltschutzambulanz der Charité. Foto: Högl mir wichtig, gemeinsam mit dem Bundesjustizminister Heiko Maas und Berlins Justizsenator Thomas Heilmann die Gewaltschutzambulanz zu besuchen und über mögliche Formen der Finanzierung zu diskutieren. Ich begrüße, dass jetzt geprüft wird, ob und wie eine Förderung durch den Bund ermöglicht werden kann, damit diese Einrichtung, die bisher vom Land Berlin finanziert wird, auch bundesweit Modellcharakter bekommen kann. Um wirksame Maßnahmen gegen Gewalt zu entwickeln, ist eine enge und abgestimmte Zusammenarbeit aller Verantwortlichen in Bund und Ländern besonders wichtig. Dr. Eva Högl 2 MITTE Berliner Stadtblatt POLITIK VOR ORT Neuer Träger für Weddinger Kinderfarm Landesparteitag der Berliner SPD Am 13. Juni lautet das zentrale Thema „Flüchtlingspolitik“. Zu hören ist eine Rede des Außenministers Frank-Walter Steinmeier, sowie die Beratung der Resolution „Berlin – die Stadt der Willkommenskultur“. Beraten werden außerdem der Antrag „Strategien gegen Rechts in einer Stadt der Vielfalt“ und der Leitantrag „Starke Finanzen im Bund und den Bezirken“. Beginn: 9.30 Uhr (Einlass ab 8.30 Uhr), Ort: INTERCONTINENTAL BERLIN, Budapester Straße 2, 10787 Berlin Rosenteppich-Gedenken Am 17. Juni 1953 demonstrierten über 300.000 Menschen für freie Wahlen in der DDR. Bei der gewaltsamen Niederschlagung des Arbeiteraufstandes kamen 21 Demonstranten zu Tode. Traditionell legt die SPD Mitte zum Andenken an die Opfer am Denkmal von Wolfgang Rüppel auf dem gleichnamigen Platz vor dem Bundesfinanzministerium, 1000 rote Rosen nieder. Die Gedenkrede wird in diesem Jahr der SPD Landesvorsitzende Dr. Jan Stöß halten. Treffpunkt: Mittwoch, 17. Juni 2015 um 08:00 Uhr, am Denkmal Wilhelmstraße/ Leipziger Straße, vor dem Finanzministerium. BÜRGERINNENSPRECHSTUNDEN Bruni WildenheinLauterbach, MdA: Telefonische Sprechstunde Dienstag, 16.06., 23.06. und 30.06., 12:30–14:00, Ort: Tel. 030 23 25 - 22 97. BürgerInnensprechstunde: Freitag, 19.06., 16.00– 17.00, Ort: Kurt-Schumacher-Haus, Müllerstr. 163, 13353 Berlin Ralf Wieland, MdA: BürgerInnensprechstunde: Donnerstag, 25.06., 12:00–13:00, Dienstag, Bürgerbüro am Gesundbrunnen, Bellermannstr. 19a, 13357 Berlin Tel.: 030 64 31 23 20 E-Mail buero@ ralf-wieland.de Sylvia-Yvonne Kaufmann, MdEP: Sprechstunde der Europaabgeordneten: Donnerstag, 18.06., 11:00–12:00, Bürgerbüro am Gesundbrunnen, Bellermannstr. 19a, 13357 Berlin Tel.: 030 64 31 23 Haben Sie Interesse an Bezirkspolitik? Die Ausschüsse und Sitzungen der Bezirksverordnetenversammlung Mitte tagen in der Regel öffentlich. Der nächste Termin der BVV ist Donnerstag, der 18.06. Die Sitzung beginnt um 17.30. Ort: Rathaus Mitte, Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin. Das Jugendamt Mitte sucht einen neuen Träger für die traditionsreiche Weddinger Jugendeinrichtung Die Weddinger Kinderfarm ist seit vielen Jahren fester Bestandteil der Jugendarbeit im Wedding. Sie ist für Kinder und Jugendliche, deren Familien und für die umliegenden Schulen unverzichtbar. Bisher wurde das Angebot der Weddinger Kinderfarm von einem Verein, dem Weddinger Kinderfarm e.V., als Träger organisiert. Die Finanzierung erfolgte über das Jugendamt des Bezirksamtes Mitte. Grundlage für die Finanzierung ist ein Vertrag, der die Rechte und Pflichten der Vertragspartner verbindlich regelt. Was ist passiert? Leider ist es im vergangenen Jahr zu erheblichen Störungen in der Zusammenarbeit mit dem Träger Weddinger Kinderfarm e.V. gekommen, die eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich machen. Vor allem liegen vertraglich vereinbarte Sachberichte über die Arbeit und der Nachweis der Verwendung der vom Jugendamt bezahlten öffentlichen Mittel nicht vor. Die Weddinger Kinderfarm ist seit vielen Jahren fester Bestandteil der Jugendarbeit im Kiez, die der Bezirk auch weiterhin erhalten will. Foto: Fotolia/Lasevich Im Laufe des letzten Jahres wurden sehr viele Versuche von verschiedenen Seiten unternommen, die Verantwortlichen der Kinderfarm dazu zu bewegen, die erforderlichen Unterlagen einzureichen. Fristen wurden mehrfach einge- räumt, Gespräche und Unterstützung angeboten. Viele Akteure innerhalb und außerhalb der SPD haben im Hintergrund versucht, eine gemeinsame Lösung zu finden. Dies alles führte leider nicht zum Erfolg. Das Bezirksamt Mitte von Endlich wieder in Weddinger Parks investieren! Es gilt sie wiederzuentdecken, unsere Grünanlagen im Wedding: wie den Schillerpark, den Goethepark oder den Volkspark Rehberge. Der Schillerpark ist die erste öffentliche Grünanlage in Berlin, die 1903 durch einen Beschluss des Berliner Magistrats nach den Idealen der Volksparks angelegt wurde und 1905 aus Anlass des 100. Todestages von Friedrich Schiller dessen Namen erhielt. Mitten in diesem Gartendenkmal befindet sich eine dreistufige Terrassenanlage mit Rosengarten, die Bastion. Auf deren zweitem Plateau steht ein Abguss des vor dem Schauspielhaus am Gendarmenmarkt stehenden Schillerdenkmals von Reinhold Begas. Bereits im Februar 2014 hat die SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte einen Antrag eingebracht, um die baulichen Mängel an der Bastion zu beheben und zugleich für die Sanierung der maroden Wege eine Zeitschiene vorzulegen. Besonders die Bastion befindet sich in einem schlechten Gesamtzustand mit Fugenlücken und zersprungenen Steinen, so dass die Frage nach deren Standfestigkeit dringend beantwortet werden muss. Die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt habe dem Bezirksamt Mitte Unterstützung zugesagt, damit eine Pflegereform für die betagten Grün- und Parkanlagen im Norden den Pflegenotstand beenden und die Sanierung der Parks beginnen kann. Eine Arbeitsgruppe aus vier Stadträten und Vertretern der Senatsverwaltung erarbeiten gegenwärtig konkrete Vorschläge. In einer wachsenden Stadt muss die soziale Infrastruktur mitwachsen, auch und gerade für die Naherholung, Beginn der Arbeiten: Noch in diesem Jahr! Bruni WildenheinLauterbach, MdA Berlin muss vor diesem Hintergrund die Förderung dieses Trägers einstellen. Schließlich geht es hier um den Nachweis, wofür Steuergeldern verwendet wurden. Wie geht es nun weiter? Der Bezirk arbeitet derzeit daran, das bewährte Angebot für die Kinder und Familien des Bezirks aufrechtzuerhalten und dafür einen neuen Träger zu finden. Die Veröffentlichung eines entsprechenden Interessenbekundungsverfahrens im Amtsblatt von Berlin ist bereits erfolgt. Ende Mai ist Abgabefrist. Wir werden dann gemeinsam mit dem Jugendhilfeausschuss einen Träger auswählen, der das von allen geschätzte Angebot einer innerstädtischen Kinderfarm weiterführen wird. Allerdings – vorher muss der bisherige Träger Grundstück und Gebäude dem Bezirk übergeben. Leider gibt es hierzu bisher keine Bereitschaft. Nach wie vor hoffen wir aber auf eine Verständigung für einen reibungslosen Übergang im Sinne der Arbeit für und mit den Kindern und Familien der Umgebung. Daran arbeiten weiterhin viele Menschen innerhalb und außerhalb des Jugendamtes. Sabine Smentek, Jugendstadträtin (SPD) EIN ALTER, NEUER PLATZ IM ZENTRUM DES WEDDING Gegenüber dem Leopoldplatz im Wedding entsteht ein neuer alter Ort. Der Neubau der Schiller-Bibliothek ist der Höhepunkt. Als Altbau wird weiterhin das Rathaus Wedding bleiben, wohingegen der Neubau saniert und vom JobCenter bezogen wird. Schließlich wird der ehemalige Rathausvorplatz so umgebaut, dass die Menschen ihn wieder mit Freude zum Verweilen nutzen werden. Denn in den vergangenen Jahren hat man ihm sein Alter angesehen. Er wird, insbesondere durch den geplanten „Lesegarten“, zu einem Ort der Begegnung und der Muße. Der Platz am Rathaus, soll in Zukunft nach Elise und Otto Hampel benannt werden. Das Weddinger Ehepaar leistete Widerstand gegen den Nationalsozialismus, indem sie durch Postkarten und Handzettel zur Behinderung des Krieges aufriefen. Infolge Verrats wurden sie vom Volksgerichtshof zum Tod verurteilt und am 8. April 1943 in Plötzensee hingerichtet. Mit der Namensgebung hat die BVV von Mitte ihnen ein würdiges Zeichen gesetzt. Der gesamte Gestaltung erfolgte nicht vom „grünen Tisch“ aus, sondern seit 2012 fand eine umfassende Bürgerbeteiligung mit den AnrainerInnen, der Stadtteilvertretung Müllerstraße und anderen Beteiligten statt. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Wedding bekommt einen schönen alten, neuen Ort. Christian Hanke, Bezirksbürgermeister Mitte Mehr Personal in Krankenhäusern nötig „Gute Gesundheit hat ihren Preis!“ „Die Leitplanken des Gesundheitswesens müssen so justiert werden, dass der Mensch wieder mehr im Mittelpunkt steht als bisher. Denn jede unterbesetzte Nachtschicht ist genauso gefährlich wie mangelnde Hygiene!“, so Thomas Isenberg, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus anlässlich des jüngsten Warnstreiks an der Berliner Charité. Der steigende Kostendruck, eine ungerechte Ve r g ü t u n g s s y s t e m a t i k sowie oftmals zu geringe Investitionszuschüsse der Bundesländer nötigen immer mehr Kliniken, therapeutisches Personal „outzusourcen“, das Lohnniveau zu drücken und den Personalschlüssel zu verdichten – und zwar auch auf Kosten der Versorgung der Patientinnen und Patienten. Dieser Weg gehört gestoppt! Im Berliner Abgeordnetenhaus hat der Gesundheitsausschuss auf Druck der SPD beschlossen, dass sich Berlin im Bundesrat für verpflicht- Thomas Isenberg, MdA, unterstützt Streikende in ihren Forderungen. Foto: Horb ende Personalquoten in Krankenhäusern einsetzt. Der neue Berliner Krankenhausplan macht in ersten Bereichen landesrechtliche Vorgaben. Auch die Investitionen werden aufgestockt: Aus den Sonderinvestitionsmitteln des Landes Berlin erhalten die Kliniken weitere 110 Millionen Euro. Thomas Isenberg: „Auf Kosten der Beschäftigten ist kein gutes Gesundheitswesen zu machen – gute Gesundheit hat ihren Preis!“ Thomas Isenberg, MdA Berliner Stadtblatt THEMA 3 STADTBLATT-THEMA: BERLIN WÄCHST. WIE FUNKTIONIERT DER INTERESSENAUSGLEICH? Realismus bewahren Stadtblatt-Interview mit dem Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen Berliner Stadtblatt: Berlin ist eine solidarische Stadt. Wäre es nicht auch ausgesprochen solidarisch, zum Beispiel die Mieten in Sozialwohnungen so zu subventionieren, wie es die Initiatoren eines Volksbegehrens jetzt fordern? Matthias Kollatz-Ahnen: Was auf den ersten Blick solidarisch klingt, begünstigt bei näherem Hinsehen tatsächlich nur eine vergleichsweise kleine Bevölkerungsgruppe. Und verursacht dabei so hohe Kosten, dass zentrale Bereiche der Stadt auf Jahre unterfinanziert bleiben werden, nämlich Kitas und Schulen genauso wie Krankenhäuser, die Sanierung der Straßen oder die Arbeit in den Bezirken – alles Sektoren, die angesichts des starken Bevölkerungswachstums in Berlin enorm gefordert sind. Gerade deshalb kommt es aber darauf an, im Rahmen des Möglichen in alle wichtigen Bereiche gleichermaßen zu investieren. Dr. Matthias Kollatz-Ahnen Foto: Anno Dittmer/SenFin Mit welchen Kosten muss beim Mieten-Volksbegehren insgesamt gerechnet werden, wie vielen Menschen könnte damit Ihrer Einschätzung nach geholfen werden? Die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat kürzlich die amtliche Kostenschätzung in Höhe von 3,3 Mrd. Euro für den Zeitraum 2017 bis 2021 vorgelegt. Wir haben – basierend auf dieser Rechnung – eine Nettobetrachtung angestellt und die ohnehin schon in den Haushalt eingestellten Mittel für den Wohnungsneubau abgezogen. Diese belaufen sich über den Fünf-Jahres-Zeitraum auf rund 500 Mio. Euro, so dass wir insgesamt mit Mehrkosten von 2,8 Mrd. Euro rechnen, sollte die Initiative erfolgreich sein. Begünstigt würden damit etwa 80.000 Haushalte, denn die gewünschte Subvention betrifft nur die öffentlich geförderten Sozialwohnungen. Das sind rund 120.000 Wohnungen oder 6,4 Prozent des gesamten Bestandes. Die Bewohner von zwei Drittel dieser Wohnungen hätten nach den Plänen der Initiatoren Anspruch auf Mietensubventionen. Im Bildungsbereich kündigt sich ein neues Volksbegehren an, das mehr Geld fordert. Gleichzeitig gilt ab 2020 die Schuldenbremse. Wie kann damit umgegangen werden? Das ist genau der Punkt. Berlin ist nicht nur Konsolidierungsland, sondern unterliegt ab 2020 auch den im Grundgesetz aufgenommenen Regelungen zur Begrenzung der Nettokreditaufnahme. Und die liegt für Berlin bei null. Die Finanzplanung geht davon aus, dass es gerade möglich ist, 2020 ohne Neuverschuldung auszukommen, wobei gegenüber heute noch 1 Mrd. Euro pro Jahr an Soli wegfallen. Ausgaben in einem Bereich haben also automatisch Konsequenzen für die Ausstattung anderer Bereiche. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die überproportionale Berücksichtigung eines Anliegens zwangläufig auf Kosten anderer, ebenso wichtiger Themen geht. Jan Stöß über die „Solidarische Stadt“: Den Zusammenhalt stärken Foto: fotolia.com/Katja Xenikis Berlin ist eine schnell wachsende Stadt. Immer mehr Menschen ziehen neu nach Berlin, die Stadt wird voller, lauter und schneller. Dies sozial gerecht zu gestalten ist die große Aufgabe, vor der wir heute in Berlin stehen. Wir brauchen mehr Wohnungen, mehr Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen, Sportanlagen und soziale Einrichtungen. Die Bürgerämter haben mehr zu tun, wir brauchen mehr Erzieherinnen und Erzieher, mehr Lehrerinnen und Lehrer. Unsere Verkehrsinfrastruktur muss immer mehr Verkehr bewältigen – die BVG, die S-Bahn, aber auch un- sere Straßen und Radwege. Das bedeutet: Wir müssen jetzt massiv in Berlins Zukunft investieren. Doch gleichzeitig muss Berlin nach wie vor seinen Landeshaushalt konsolidieren und die Altschulden abtragen. Ja, wir brauchen mehr zusätzlichen Wohnraum, damit die Mieten leistbar bleiben. Das bedeutet Wohnungsneubau an vielen Stellen in der Stadt. Und obwohl wir sehr viel Geld – allein mit dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA) eine halbe Milliarde Euro – zusätzlich für Investitionen zur Verfügung stellen, können wir nicht alle erforderlichen Maßnahmen gleichzeitig angehen. Und wir brauchen an vielen Stellen mehr Personal in der Verwaltung, in Schulen und in der Kinderbetreuung – auch hier können wir nicht alle berechtigten Wünsche sofort erfüllen. Trotzdem: Ich bin davon überzeugt, dass wir in Berlin diese Herausforderung meistern werden. Das erfordert allerdings auch Solidarität und Rücksichtnahme innerhalb der Stadt. In einer gerechten Stadtgesellschaft darf nicht immer der Stärkste oder Lauteste seine eigenen Interessen gegen alle anderen durchsetzen. Es geht darum, einen fairen Interessenausgleich zu finden. Die Berliner SPD tritt dafür ein, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt zu stärken und dabei das gesamtstädtische Interesse im Blick zu behalten. Wir sind die Berlin-Partei. Jan Stöß ist Vorsitzender der SPD Berlin . Foto: D. Bleicker/SPD Berlin Suche nach einem Kompromiss Andreas Geisel: „Wohnungsbau nicht an Einzelinteressen scheitern lassen“ Ohne Neubau sind die steigenden Mieten nicht in den Griff zu bekommen. Darin sind sich die Experten einig. Der Berliner Senat will folgerichtig die Neubauzahlen mehr als verdoppeln – auf jährlich 10.000 bis 15.000. Doch bei vielen Bauprojekten regt sich Widerstand in der Nachbarschaft. „Wir haben zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht, um die Mieten in Berlin zu dämpfen. Diese Instrumente sind ausgeschöpft. Jetzt geht es darum, zügig und in großem Stil das Angebot an Wohnungen zu erweitern“, sagt Berlins Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD). Von 2011 bis 2014 sind rund 175.000 Menschen nach Berlin gezogen. Aber auch Berlinerinnen und Berliner sind auf Wohnungssuche, wenn sich Nachwuchs einstellt oder sich die Lebenssituation ändert. Nachfrage, die mietsteigernd wirkt. Größere Bauprojekte wie am Mauerpark zwischen Mitte und Pankow hat der Senat deshalb jetzt an sich gezogen. Seit zehn Jahren wird dort gestritten. „Wenn an einer Stelle 700 Wohnungen gebaut werden können, ist das nicht mehr eine Frage der direkten Nachbar- schaften. Hier betrifft es das Gemeinwohl und liegt im Interesse der ganzen Stadt“, so Andreas Geisel. Noch größer ist das Vorhaben im Pankower Norden. „Die Elisabeth-Aue“, so der Stadtentwicklungssenator, „ist ein vollständig landeseigenes Grundstück und hat deshalb bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum eine herausragende Bedeutung. Nur auf landeseigenen Grundstücken hat der Senat direkten Einfluss auf die Mietpreisgestaltung.“ Auf 73 Hektar ist hier Platz für 5.000 Wohnungen und rund 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Nach Anwohnerprotesten stimmten Grüne, Linke, Piraten und CDU in der Bezirksverordnetenversammlung Pankow gegen das Projekt. „Berlin lebt davon, dass Bürgerinnen und Bürgern sich engagieren und einmischen“, sagt Andreas Geisel. „Wir haben viele kreative Menschen in dieser Stadt. Deren Ideen und Vorstellungen sind wichtig für die Stadtentwicklung. Beteiligung heißt für mich aber nicht: Durchdrücken meiner Partikulararinteressen. Bürgerbeteiligung ist immer ein Prozess, ein Dialog – und das Finden von Kompromissen. “ U.H. „Wer Freude gibt, bekommt Freude zurück.“ Viele Berlinerinnen und Berliner engagieren sich in Nachbarschaftprojekten für Flüchtlinge Es fehlt an Wohnraum, Kita- und Schulplätzen und nicht zuletzt an Personal in den zuständigen Behörden. In Berlin ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) Erstaufnahmestelle für die hier ankommenden Flüchtlinge. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mit der großen Zahl – 2014 waren es 12.000 Menschen – überfordert. Sie versuchen ihr Bestes, um den Bedürfnissen der oft traumatisierten Frauen, Männer und Kinder gerecht zu werden. Wo die Behörden an ihre Grenzen stoßen, füllen immer öfter Sozialverbände und Ehrenamtliche die Lücken. Arbeiterwohlfahrt, Diakonie, Volkssolidarität und Caritas betreiben Flüchtlingsunterkünfte, an mittlerweile sechs Standorten. Doch auch sie sind längst überfüllt, und so kommen zahlreiche Familien und Einzelpersonen in Hostels oder Durchgangswohnungen unter. Fernab eines vernünftigen Betreuungsnetzwerkes ist der Alltag für die Menschen, die in Deutschland fremd sind und die Sprache nicht sprechen, schwierig. Da hilft oft der Zufall weiter – und Mundpropaganda. Zusammenschlüsse wie „Moabit hilft!“, „Wedding hilft!“ oder ähnliche Netzwerke in Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg, Treptow-Köpenick, und in Steglitz-Zehlendorf nutzen die Fähigkeiten und Kenntnisse aus der Nachbarschaft – ehrenamtlich, nach der Schule, Uni oder Arbeit. Sie eint, dass sie mit Menschen auf der Flucht in Kontakt gekommen sind. „Wer einmal erlebt hat, wie fragend und allein gelassen diese Menschen hier ankommen, der kann gar nicht anders als helfen. Es fehlt bei allem am nötigsten. Vor allem aber an dem Gefühl hier anzukommen, eine Perspektive zu haben“, beschreibt Joana Latorre, Mitglied bei „Wedding hilft!“ ihre Motivation. „Diese Menschen, egal aus welchem Land sie kommen, haben Unfassbares erlebt. Wer einmal ihre Geschichten hört, dem wird bewusst, wie gut es einem geht und dass man ihr Schicksal nicht einfach ignorieren kann.“ Manfred Nowack von der Arbeiterwohlfahrt, die u.a. die Unterkunft in Berlin- Buch leitet, musste sich in den vergangenen Monaten mit vielen Sorgen und Vorbehalten der Anwohnerinnen und Anwohner auseinandersetzen. Es gab tätliche Angriffe auf das Wachpersonal, Flüchtlinge wurden eingeschüchtert und immer wieder wurde vor dem Heim gegen die dort lebenden Menschen demonstriert. Dennoch beobachtet Nowak, wie auch Joana Latorre, eine große Hilfsbereitschaft unter den Berlinerinnen und Berlinern. „Wir bekommen immer wieder Besuch von Leuten aus der Umgebung, die gute Kleidung, Möbel oder Geschirr vorbeibringen. Einige bieten Hilfe beim Deutschlernen an oder unterstützen die Eltern bei der Betreuung der Kinder.“ „Die Hürde, sich für Flüchtlinge zu engagieren, ist gewiss für einige groß, aber immer geben sie den Menschen etwas, dass viel mehr wert ist: das Gefühl gemocht und unterstützt zu werden. An viele dieser kleinen Begegnungen erinnern sich die Menschen noch Jahre später. Wer Freude gibt, bekommt Freude zurück“, so Latorre. J.S. 4 Berliner Stadtblatt BERLIN MELDUNGEN „Dem Berliner Vorbild folgen“ NEUER MIETSPIEGEL Dragonerareal: Bund soll Vergabepraxis von Grundstücken ändern Der neue Berliner Mietspiegel weist bei den Bestandsmieten eine Steigerung um 2,7 Prozent gegenüber 2013 aus. Das sind 15 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche und Monat. Die gewichtete Durchschnittsmiete nettokalt liegt 2015 bei 5,84 €/qm monatlich, 2013 waren es 5,54 €/qm. „Wir spüren die Attraktivität der wachsenden Stadt Berlin an steigenden Mieten und einem angespannten Wohnungsmarkt. Dennoch fielen die Mieterhöhungen im Bestand gegenüber dem Mietspiegel 2013 geringer aus als befürchtet“, sagte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel. „Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass wir mit unseren mietenpolitischen Instrumenten auf dem richtigen Weg sind.“ Der Mietspiegel ist auch online abrufbar: www. stadtentwicklung.berlin. de/wohnen/mietspiegel RASCHE INTEGRATION Flüchtlinge sollen in Berlin schneller Arbeit und Ausbildung finden – und damit Steuerzahler werden. Das ist das Ziel von Arbeits- und Integrationssenatorin Dilek Kolat. Für 2015 werden in Berlin rund 20.000 AsylErstanträge erwartet. Zwei Drittel davon werden Menschen in erwerbsfähigem Alter sein. „Diese Menschen in Ausbildung und Arbeit zu integrieren, bedeutet ihnen Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe und eigenständige Existenzsicherung zu geben“, so Dilek Kolat. Dazu werden mehr IntegrationslotsInnen eingestellt, zusätzliche Deutschsprachkurse bei den Berliner Volkshochschulen eingerichtet, eine Beratungsstelle bei der Senatsverwaltung geschaffen sowie das Ausbildungsprogramm ausgeweitet. BERLINER MITTE Gut 1800 Bürgerinnen und Bürger haben ihre Ideen und Vorschläge für die Gestaltung der Berliner Mitte rund am das Rote Rathaus und den Fernsehturm bei einer Online-Befragung eingebracht. Vom 27. Juni an wird die Stadtdebatte mit einer Bürgerwerkstatt, einer Ausstellung, Spaziergängen und Aktionen fortgesetzt. Die Ausstellung verteilt sich über das Areal der Berliner Mitte und ist für alle Interessierten bis zum 10. September zugänglich. Dem Kreuzberger Finanzamt am Mehringdamm sieht man die einstige Funktion als Kaserne noch deutlich an. Dahinter liegt das 47.000 Quadratmeter große Dragonerareal, ein ehemaliger Exerzierplatz, heute von Gewerbebetrieben genutzt. Das Grundstück ist im Bundesbesitz. Den geplanten Verkauf konnte Berlins Finanzsenator Matthias KollatzAhnen im Bundesrat im Mai vorerst verhindern. Das Dragonerareal ist eines der wenigen großen und attraktiven Grundstücke, die es noch in der Stadt gibt. Umso wichtiger ist dem Berliner Senat und den Anwohnern eine sozialverträgliche Planung. Die aber kann es nur geben, wenn auch die bundeseigene Immobiliengesellschaft (BImA) nicht mehr zum Höchstpreis verkaufen muss, sagt der Pankower SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup. Er verweist auf das Berliner Vorbild. Hier werden Grundstücke im Landesbesitz inzwischen nicht mehr automatisch an Der Verkauf des Dragonerareals zum Höchstpreis ist zunächst gestoppt. den Höchstbietenden verkauft. Es geht um die besten Konzepte, um günstigen Wohnungsbau, um Räume für soziale und kulturelle Projekte. Auslöser dafür war 2012 der geplante Verkauf eines Grundstücks am Spreeufer. Die SPD-Fraktion hielt das Konzept eines Clubbetreibers, heute „Kater Blau“, für das Beste, um das Gebiet zu beleben. Das Beispiel machte Schule: Auch städtische Wohnungsbaugesellschaften erhalten landeseigene Grundstücke, um günstiger bauen zu können. Das bringt der Stadt mehr Nutzen als kurzfristig eine höhere Verkaufseinnahme. Für das Dragonerareal sollte die BImA 36 Millionen Euro von einem Käufer Foto: Horb erhalten, der auch Kunst und Kultur auf dem Gelände versprach. Doch als der Vertrag unterschriftsreif war, war der Verhandlungspartner plötzlich nur noch Minderheitsgesellschafter, und die bisherigen Planungen wurden über den Haufen geworfen. Kunst und Kultur spielten keine Rolle mehr. Ein „Beispiel für eine ge- sellschaftliche Fehlsteuerung“ nennt Finanzsenator Kollatz-Ahnen den Verkauf an den Meistbietenden. So werde die Schaffung preiswerten Wohnraums „erschwert oder unmöglich“. Und der Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup sieht eine Glaubwürdigkeitslücke: „Zur Mietpreisbremse und dem Bündnis für bezahlbares Wohnen steht die Vergabepraxis der BImA in diametralem Widerspruch.“ Das Land Berlin würde das Dragonerareal ebenso wie die anderen BImALiegenschaften gerne zum Verkehrswert übernehmen. Im Bundestag haben die Berliner SPD-Abgeordneten bereits einige Unterstützung organisiert. Mitte Juni kann der Bundesrat nun beim Dragonerareal endgültig für eine Wende sorgen. Klaus Mindrup fordert eine Liegenschaftspolitik des Bundes, „die im besten Sinne sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltig“ ist. Spekulative Geschäfte mit Wohnraum seien diesem Ziel abträglich. U.H. Ein neuer Blick auf die Welt Nicht durchs Raster fallen Die Fragen der Menschheit im Humboldt-Forum Start der Jugendberufsagenturen Noch lagern im Schlüterhof, in dem Besucherinnen und Besucher irgendwann Kaffee trinken werden, große Sandsteine für die Fassade – aber der Rohbau des Humboldt-Forums ist fristgerecht fertig. Und nach dem Richtfest am 12. Juni geht es nun vor allem um die innere Gestaltung. „Es muss eine intellektuelle Baustelle werden, die nie fertig werden darf “, so der Anspruch von Neil Mac Gregor, langjähriger Leiter des British Museum in London. Hier könne man Geschichte immer wieder neu schreiben. MacGregor ist Anfang April 2015 berufen worden, das Haus mit der Schlossfassade mit Leben zu erfüllen. Gemeinsam mit Hermann Parzinger, Präsident Die ersten vier Berliner Jugendberufsagenturen starten im Spätsommer in den Bezirken Spandau, Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg und Marzahn-Hellersdorf. Bis Ende 2016 soll jeder Bezirk eine solche Anlaufstelle haben, gut erreichbar und zentral gelegen. „Jeder Jugendliche soll ein Angebot für den Weg in den Beruf erhalten“, so Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD). Die Jugendberufsagenturen Berlin sind ein Bündnis zwischen den Senatsverwaltungen für Bildung und für Arbeit, den Regionaldirektionen Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, den Bezirken und den Wirtschafts- und Sozialpartnern. „Die Übergänge von der Schule in die Ausbildung, die Arbeit oder das Studium sollen besser ermöglicht werden“, erklärt die Charlottenburger SPD-Abgeordnete Franziska Becker. Es gelte das Motto „Kein Abschluss ohne Anschluss“. Mit den in Hamburg bereits erprobten Einrichtungen will Berlin die immer noch zu hohe Jugendarbeitslosigkeit von 10,3 Prozent reduzieren. Drei Viertel der arbeitslosen Jugendlichen haben keine Ausbildung. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) will deshalb in der Schule ansetzen: Jugendliche, die noch kein Ausbil- der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem Kunsthistoriker Horst Bredekamp von der Humboldt-Universität bildet er die Gründungsintendanz. Vom kommenden Oktober an werden sie zwei Jahre lang die Arbeit im Humboldt-Forum planen. Auf drei Etagen und 20.000 Quadratmetern soll ein neuer, einzigartiger Blick auf die Welt entstehen. Für Filme, Konzerte, Diskussionen oder Theateraufführungen stehen ein vielseitig nutzbarer Veranstaltungsraum im Erdgeschoss, aber auch der Eingangsbereich und der Schlüterhof zur Verfügung. Während die benachbarte Museumsinsel die Sammlungen zur Kulturentwicklung Europas und des Nahen Ostens zeigt, ziehen Im Eingangsbereich des Humboldt-Forums wird die historische Kuppel des Stadtschlosses rekonstruiert. Foto: Horb im Humboldt-Forum die Sammlungen außereuropäischer Kulturen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ein. Damit entsteht in der Mitte Berlins ein Ort, an dem sich die Kulturen begegnen und von dem aus ein international beachteter Dialog ausgehen kann. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die großen Fragen der Menschheit, um Krieg und Flucht, um Glaube, Macht und Tod. 4.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche stehen Berlin im künftigen HumboldtForum zu. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hat dazu eine neue Debatte angestoßen. Unter dem Titel „Welt. Stadt. Berlin“ soll eine Ausstellung erzählen, wie in den letzten 200 Jahren „Berlin die Welt und die Welt Berlin veränderte“, so das Konzept. Kunst, Wissenschaft, Migration, Krieg und Teilung, Diktatur und Freiheit sind dabei Themen. „Unsere Stadt kann zeigen, dass sie immer noch in dem libertären Takt schlägt, den die Humboldt-Brüder vorgegeben haben“, so der Regierende Bürgermeister. 2019 wird das HumboldtForum eröffnet. Es soll ein offenes, einladendes Haus werden, so wie es sich schon an den Tagen der Offenen Baustelle am 13. und 14. Juni zeigt. Ulrich Horb Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres setzt auf „passgenaue Beratung in den Jugendberufsagenturen“. Foto: SPD Berlin dungsangebot haben oder nach der zehnten Klasse einen Qualifizierungsplatz nicht antreten, sollen systematisch kontaktiert werden, sagt sie. „Niemand soll durch das Raster fallen.“ Derzeit ist für etwa 3.000 Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse noch unklar, wie es weitergeht. Sie müssen nun nicht mehr viele unterschiedliche Ämter aufsuchen, sondern erhalten Beratung aus einer Hand. Für die Einrichtung der Jugendberufsagenturen werden die Bezirke aus dem Landeshaushalt mit 300.000 Euro und weiteren personellen Hilfen unterstützt. Die Regionaldirektion BerlinBrandenburg setzt rund 500 Mitarbeitende ein. Ulrich Horb Berliner Stadtblatt BERLINER LEBEN 5 Berlins ältere Schwester macht sich hübsch Warum sich gerade dieses Jahr ein Ausflug nach Brandenburg an der Havel lohnt Gerade einmal 70.000 Einwohner zählt das Städtchen, und doch kann es sich mit dem 50mal größeren Berlin messen: Brandenburg an der Havel darf sich stolz die „Wiege der Mark Brandenburg“ nennen. Als der Dom, der dieses Jahr 850 Jahre alt wird, entstand, gab es weder Berlin noch Cölln, Spandau oder Köpenick – die ältesten Orte des heutigen Berlin. Dieses Jahr ist Bundesgartenschau (Buga) im Havelland – und einer der Standorte ist Brandenburg: Ein willkommener Anlass, das Havelstädtchen zu besuchen, das sich nach der Wende bemerkenswert herausgeputzt hat. Wer sich auf den Weg macht, staunt zunächst einmal, wie schnell man mit dem Zug von der Hauptstadt aus dort ankommt. Zweimal in der Stunde verkehrt der Regionalexpress. Das Bahnhofsviertel ist nicht gerade anheimelnd, aber von dort verkehrt ein dichtes Netz von Straßenbahnen und Bussen. Oder man geht zu Fuß die paar hundert Meter zum 700 Jahre alten Paulikloster, heute Sitz des Archäologischen Landesmuseums, um sich Von der 32,5 Meter hohen „Friedenswarte“ ist ein Blick über das BUGA-Gelände aus luftiger Höhe möglich (links). Die Blumenhallenschau in der St. Johanniskirche zeigt auf 1.000 Quadratmetern die volle Blütenpracht (rechts). Fotos: BUGA-Zweckverband dort erst einmal historisch zu orientieren. 50.000 Jahre Kulturgeschichte der Region mit 10.000 Exponaten, dafür sollte man anderthalb Stunden einplanen. Nicht zufällig passiert man vorher einen Wassergraben: Es ist ein Havelarm, denn wir sind auf einer Insel, der Neustadt. Zunächst einmal sollte man weiter zur nächsten Insel wandern, der Dominsel mit dem imposanten Backstein-Dom von 1165, der im 19. Jahrhundert von Schinkel restauriert wurde. Dazu gehört das Dommuseum mit zahlreichen liturgischen Exponaten. Im Jubeljahr kommt die Ausstellung „Beständig neu – 850 Jahre Dom zu Brandenburg“ hinzu, für die auch die Staatsbibliothek Berlin 32 Handschriften aus der früheren Bibliothek des Domstifts Brandenburg zur Verfügung gestellt hat. Weiter geht es über die Mühlentorstraße zur Altstadt. Hier strahlen die St. Gotthard-Kirche und vor allem der Altstädtische Markt mit dem historischen Rathaus mittelalterliches Flair aus. Ein ganz besonderer Ort ist die Gedenkstätte der Opfer der Euthana- sie-Morde, mit der ebenso wie im Psychiatrie-Museum an eine düstere Zeit erinnert wird. Brandenburg war auch berüchtigt für sein Zuchthaus (heute zu besichtigen), die Stadt war aber vor allem auch Standort von Schwerindustrie. Das Industriemuseum im Ortsteil Kirchmöser erinnert daran mit dem Industrie-Lehrpfad und dem Technischen Denkmal „Siemens-MartinOfen“ sowie der Ausstellung in der Kunsthalle Brennabor. Das Fischerei-Museum verweist auf einen noch älteren Wirtschaftszweig der Stadt, und an den Fischerbuden am Mühlendamm gibt es auch Fischgerichte zu essen. Wer aber besonders gut speisen will, geht zum „Humboldthain“ in der Altstadt. Im Sommer ist die Stadt am Wasser schon schön genug. 2015 aber, im Jahr der „Buga“ erblüht sie an allen Ecken und Enden, zum Beispiel in den Gartenanlagen am Packhof und auf dem Marienberg, der höchsten Erhebung der Havelstadt, auf der einst eine mächtige Kathedrale stand. Auf dem Weg liegt die ehemalige Klosterkirche St. Johannis. Hier zeigen Floristen in wechselnden Ausstellungen ihre Kunst, und das gotische Gemäuer ist vom Duft der herrlichen Blüten erfüllt. Also nichts wie hin! Ulrich Rosenbaum Informationen im Internet: www.stadt-brandenburg.de buga-2015-havelregion.de www.dom-brandenburg.de www.am-humboldthain.de Fernab der Zivilisation Leben in Trümmern Fotografien von Sebastião Salgado bei C/O Berlin Kriegsende und Befreiung: Berliner Alltag im Jahr 1945 Tiefhängende Wolken treiben über die Landschaft, an einer Stelle reißt die Wolkendecke auf, und Sonnenstrahlen leuchten Teile dieser Szenerie aus, lassen die Wolkenbänke im schmalen Fluss hell reflektieren. Ein fein nuanciertes Spiel von Licht und Schatten lässt Konturen mal weich und mal scharf erscheinen. Willkommen in der Welt von Sebastião Salgado. Unter dem Titel „Genesis“ gastiert ein beeindruckender Teil seines fotografischen Wirkens in Berlin. C/O Berlin präsentiert als erster Ausstellungsort in Deutschland Sebastião Salgados Genesis mit 245 Fotografien. „Genesis ist eine Suche nach der Welt, wie sie einmal war, wie sie sich formte und entwickelte, wie sie über Jahrtausende existierte, bevor die Beschleunigung des modernen Lebens uns zunehmend vom Wesentlichen unserer Existenz distanzierte“, so definiert er seine Motivwelt. In seinen Schwarzweiß-Fotos porträtiert er Landschaften, Wasserwelten, Menschen und Tiere, die bislang von der Zivilisation verschont geblieben sind. Der 1944 in Brasilien geborene und seit Jahren in Paris lebende Fotograf Sebastião Salgado hat mit seinen Reisen in die entlegensten Winkel unseres Planeten Es gibt nicht die eine Erinnerung an das Kriegsende 1945, an das Ende der Nazi-Diktatur und die Befreiung. Das macht das Buch „Leben in Trümmern“ deutlich. Es vermittelt Einblicke in das Berlin des Jahres 1945. Traudl Kupfer reiht in ihrem Buch kurze Momentaufnahmen aneinander, nach Monaten geordnet, nicht immer ganz chronologisch. Mal ist es der Blick einer jungen Frau, mal der eines Zwangsarbeiters oder eines Untergetauchten, mal die Sicht eines Widerstandskämpfers, mal die eines nazitreuen Staatsbediensteten oder Soldaten. Berichtet wird auch aus den biographischen Erinnerungen des Schauspielers Günter Lamprecht, aus Margret Boveris Augenzeugenbericht „Tage des Überlebens“ oder den Tagebüchern von Hans-Georg von Studnitz, der zuletzt in der Presseabteilung des NS-Außenministeriums gearbeitet hatte. Lange hat es gedauert, bis sich Zeitzeugen mit ihren Erlebnissen zu Wort meldeten oder auch nur bereit waren, darüber zu sprechen - zu groß waren Scham, Verdrängung oder politische Rücksichtnahme. Vertreibung und Vernichtung hatten in den Jahren vor 1945 andere Völker getroffen, SS und auch die Motiv aus der Salgado-Ausstellung bei C/O Berlin: In Sambia flüchten Elefanten aus Angst vor Wilderern. Foto: Sebastião Salgado bei oft extremem Klima der Schöpfung nachgespürt. Sie zu bewahren, ist seine Botschaft, sein persönliches Anliegen. Gerade der Verzicht auf Farbe, die Reduktion auf Licht und Schatten, macht sie besonders eindringlich. Die Fotografien rufen Erinnerungen an einen amerikanischen Fotografen wach, der mit seinen Bildern vor Jahrzehnten die Naturschönheiten seiner Heimat porträtierte: Anselm Adams. Salgados Fotografien zeigen Welten fernab jeglicher Zivilisation. Da sind die Pinguin-Kolonien in der Antarktis und auf Inseln im Südatlantik, die artenreiche Tierwelt Amazoniens im Herzen Südamerikas und auf Madagaskar, die Lebenswelt von Urwaldeinwohnern auf Papua-Neuguinea und in Brasilien und das Leben im Einklang mit der Natur im sibirischen Kamtschatka. Um unberührtes Land und Meer zu erhalten und die natürlichen Lebensräume uralter Völker und Tiere zu schützen, müsse die Menschheit jetzt handeln. „Genesis“ zeigt uns die Schönheit der Natur und ist zugleich ein Aufruf zum Kampf für den Erhalt dieser Schöpfung. Das ist Salgados Botschaft. Und er lebt sie, engagiert sich in brasilianischen Umwelt- und Ausbildungsprojekten. Gunter Lange „Genesis“ · Bis 17.08.2015 C/O Berlin im Amerika Haus Hardenbergstraße 22-24 Täglich 11 bis 20 Uhr Eintritt 10 Euro, erm. 5 Euro Wehrmacht waren an der Ermordung von unzähligen Zivilisten beteiligt. 1945 zog der Krieg nun in Berlin ein, einer Stadt voller Ruinen. Es herrschen Willkür und Gewalt. Noch in den Stunden des Einmarschs der russischen Armee werden von den Nazis mutmaßliche Deserteure erhängt. Es ist ein Kampf um das Überleben, um Wasser, Brot, ein wenig Suppe. Für die wenigen Lebensmittelmarken ist kaum noch etwas zu bekommen. Dann sind die russischen Soldaten in der Stadt, es kommt zu Vergewaltigungen, Plünderungen, Traudl Kupfer, Leben in Trümmern: Alltag in Berlin 1945 gebundene Ausgabe März 2015, 256 Seiten Elsengold Verlag ISBN-13: 978-3944594279R Ausquartierungen. Auch die, die unter der Nazi-Verfolgung litten, sind vor neuer Willkür nicht verschont. Aber es gibt auch andere Begegnungen, etwa die mit musikliebenden russischen Offizieren, mit den Soldaten, die Mitleid zeigen. Tagelang gibt es kein Wasser, keinen Strom, zigtausende Flüchtlinge kommen in die Stadt. Wer das Chaos überlebt, ist dankbar. Wohnungen, die nicht durch Bomben zerstört wurden, werden von Angehörigen der alliierten Streitkräfte beschlagnahmt. 60 Mark kostet auf dem Schwarzmarkt eine Dose Fleisch, die sich dann als Hundefutter entpuppt. Die persönlichen Erlebnisse und Schilderungen – zusätzlich mit einer kurzen Zusammenfassung der Ereignisse des jeweiligen Monats versehen, bieten einen bewegenden Zugang zu den Ereignissen. Dennoch bleiben Fragen offen. Viele Erinnerungen sind zum Teil Jahre später aufgeschrieben worden. Wie haben die Erfahrungen der Nachkriegszeit die Erinnerungen beeinflusst? Was hat sich eingeprägt, was ist verdrängt worden? Und angesichts der Auswahl derer, die im Buch zu Wort kommen, bleibt auch die Frage: Wo sind 1945 eigentlich die ganzen Nazis geblieben? Ulrich Horb 6 Berliner Stadtblatt S E RV I C E · R ÄT S E L Gut zu wissen Stadtblatt-Service: Tipps für Mieter, Schüler und Studierende, Veganer, Vegetarier und Inkasso-Opfer SCHOKO-EIS Der Sommer kann kommen: 20 Sorten Schoko-Eis aus der Tiefkühltruhe hat die Stiftung Warentest getestet. Kritische Keimgehalte gab es nirgends, Schadstoffe wurden nicht festgestellt. Die Hälfte der Sorten schnitt befriedigend ab, weil sie geschmacklich nicht ganz überzeugten oder das Etikett zu viel verspricht. Testsieger wurde das mit 11 Euro pro Liter teuerste Classics Belgian Chocolate von Häagen-Dazs. Zu den sechs weiteren gut bewerteten Sorten gehört aber auch das billigste Rios Premium Schokolade von Penny. Das gesamte Testergebnis gibt es für 2 Euro auf www.test.de „VERSTECKTE TIERE“ Verbraucher sollen mehr Klarheit bekommen, wenn Lebensmittel tierische Bestandteile enthalten, die auf den ersten Blick nicht zu erkennen sind. Dazu fordert die Verbraucherorganisation foodwatch eine Kennzeichnungspflicht für Zutaten oder Zusatzstoffe tierischen Ursprungs oder zum Einsatz tierischer Bestandteile in der Produktion. So wird nach Angaben von foodwatch zum Beispiel Läuse-Extrakt in Orangina Rouge-Limonade oder Bum Bum-Eis von Schöller eingesetzt, bei Albi-Säften kann Schweinegelatine zum Klären von Trübstoffen verwen- ne Menge um mehr als das Hundertfache. Ökotest rät, eher auf Vitamin-B12-Monopräparate oder angereicherte Lebensmittel zu setzen, die es jedoch nur in konventioneller Qualität gibt. Ob Lebensmittel tierische Bestandteile beinhalten soll besser erkennbar werden. Foto: fotolia.com/Omar Kulos det werden – auf der Verpackung ist das für Verbraucher jedoch kaum oder gar nicht erkennbar. Aldi Süd will jetzt freiwillig darauf hinweisen, dass bei der Crackets Knabberbox und den Kartoffel Rings Paprika Schweinebouillon zum Einsatz kommt. VEGANE ERGÄNZUNG Vegane Ernährung kann zu einem Mangel an Vitamin B12 führen. Einige Hersteller bieten deshalb spezielle Ergänzungspräparate für Veganer an. Das Verbrauchermagazin Öko-Test hält sie für wenig sinnvoll. Häufig sind es Kombinationen mit anderen Wirkstoffen, an denen auch Veganer keinen Mangel leiden. Ein untersuchtes Produkt überschritt mit einer Tagesdosis von 1.000 Mikrogramm die vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfohle- SCHÜLERAUSTAUSCH Auslandsaufenthalte sind inzwischen für viele fester Bestandteil der Schul- oder Studienzeit, um Sprachkenntnisse zu vertiefen oder andere Kulturen kennen zu lernen. Angebote gibt es viele, auch für entferntere Länder wie Neuseeland. Praxistipps, Erfahrungsberichte, einen Überblick über das Schulsystem sowie viele Informationen zum Lernen „downunder“ hat jetzt die Deutsche Stiftung Völkerverständigung in einem kostenlosen E-Book „Schüleraustausch Traumziel Neuseeland“ zusammengestellt, das es kostenfrei zum Schüleraustausch in Neuseeland: Lernen vor spektakulärer Naturkulisse. Foto: Dt. Stiftung Völkerverständigung Berliner Preisrätsel WAAGERECHT UMLAUTE = 1 BUCHSTABE 1 6 größter Berliner See obergärig, englisch, kaum Schaum 11 Gegenteil von nirgendwo 12 Entzündung des Auges 13 ungarisches Hackbrett 16 verbindet am Fahrrad Lenker mit Gabel 17 faszinierender Sommersport Download gibt unter: www. schueleraustausch-portal.de Grundlegende Informationen und einen Überblick über Stipendien sowie die diversen SchüleraustauschOrganisationen gibt die privat betriebene Webseite www.austauschjahr.de MIETPREISBREMSE Die Mietpreisbremse für Neuvermietungen ist in Berlin seit 1. Juni in Kraft. Unmittelbar nach Veröffentlichung des entsprechenden Bundesgesetzes hat der Berner Senat die von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) vorgelegte „Mietenbegrenzungsverordnung“ beschlossen. Mit ihr wurde Berlin zu einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt erklärt. Damit gilt die Regel, dass die Miete bei Wiedervermietung einer nicht preisgebundenen Wohnung die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens 10 Prozent übersteigen darf. Während im Internet Ende 2014 im Schnitt bereits 8,59 Euro pro Quadratmeter gefordert wurden, wies der Berliner Mietspiegel eine ortsübliche Vergleichsmiete von durchschnittlich 5,54 Euro pro Quadratmeter im Monat aus. Nicht selten wurden daher bei der Neuvermietung 50 Prozent mehr Miete verlangt als vom Vormieter. Die Mietpreisbremse gilt vorerst bis Ende Mai 2020. Im gesamten Berliner Stadtgebiet gilt seit 1. Juni bei NeuverFoto: Horb mietungen die Mietpreisbremse. Ausgenommen sind nur Neubauwohnungen, die ab 1. Oktober 2014 erstmalig bezugsfertig werden, sowie die erste Wiedervermietung nach umfassender Modernisierung. Vom Vormieter gezahlte höhere Mieten dürfen jedoch auch mit neuen Mietern vereinbart werden. SCHÖNHEITSREPARATUREN Mieter, die eine unrenovierte Wohnung bezogen haben, können im Mietvertrag nicht dazu verpflichtet werden, die Wohnung beim Auszug renoviert zu übergeben. Entsprechende Vertragsklauseln hat der Bundesgerichtshof jetzt für unwirksam erklärt. Keinen Bestand haben vor den Richtern auch die Quotenklauseln gefunden, die den Mieter zu einer anteiligen Beteiligung an den Renovierungskosten verpflichteten , wenn er vor Ablauf der üblichen Renovierungsintervalle auszog. INKASSO-ABZOCKE Die Verbraucherzentralen sammeln derzeit Beschwerden zu zweifelhaften Inkassoforderungen. Immer wieder erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher Schreiben, in denen mit Zwangsvollstreckung, Schufa-Einträgen und Hausbesuchen gedroht wird. Oft lassen sich Betroffene einschüchtern und zahlen, selbst wenn sie es nicht müssten. Inkasso-Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, bereits mit der ersten Zahlungsaufforderung detaillierte Informationen wie zum Beispiel Name oder Firma des Auftraggebers und den genauen Forderungsgrund zu nennen. In einer gemeinsamen Aktion wollen die Verbraucherzentralen unseriöse Inkassopraktiken ermitteln. ZU GEWINNEN: BÜCHER ZUR BERLINER GESCHICHTE 18 beschäftigt Gläubige wie Ungläubige 19 geographischer Fleck 20 das Unwissen der Philosophie 22 sie mündet in den Busen 24 Schwellung des Gewebes durch Flüssigkeit 26 sorgt für Wärme 28 Insel in der Berliner Badewanne 29 psst! 33 entzündlich bedingte Absonderung (med.) 34 tranceähnlicher Wachschlaf 35 mal Gegenrede, mal Nachbildung 36 wo der (West-)Berliner die Badehose auspackt SENKRECHT UMLAUTE = 1 BUCHSTABE 2 3 4 5 7 8 9 10 14 15 16 21 22 ... tut selten gut das Gestein erinnert an des Apfels Kern violett manchmal quakt sie durch die Zeitung kann man unterrichten schmeckt kräftig und deftig österreichischer Briefzustellbezirk nordfriesische Ferieninsel ein Fremdwort in Berlin Gerät zur Messung von Wassertiefen Fahrzeug, das nichts hermacht Großmutter, liebevoll österreichische Zwischenmahlzeiten 23 Leistungen für Andere 25 Reizwäsche 26 venezianisches Transportmittel 27 übers Ohr hauen 30 Schifferknoten 31 ... must go on 32 wo der Fuß zu Ende geht Die Verbraucherzentralen schauen Inkassobüros jetzt verstärkt auf die Finger. Foto: fotolia.com/Gina Anders In die richtige Reihenfolge gebracht ergeben die rot umkreisten Buchstaben eine Konstruktion, die im Sommer zu den Lieblingsbehausungen gehört – an Nord- und Ostsee, am Müggel- ebenso wie am Wannsee. Bitte schicken Sie dieses Lösungswort auf einer Postkarte bis zum 11. Juli 2015 per Post an das Berliner Stadtblatt Müllerstraße 163 13353 Berlin oder per E-Mail an raetsel@ berliner-stadtblatt.de DIE GEWINNE Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir zehn Buchpreise zur Berliner Geschichte. DAS LÖSUNGSWORT aus der letzten Ausgabe des Stadtblatts war: WELTFRAUENTAG Bis zum 31. August erfassen sie Beschwerden und werten diese aus. Betroffene werden gebeten, den Beratern ihren Fall zu schildern oder die Unterlagen an die Verbraucherzentrale Berlin, Stichwort Inkasso, Hardenbergplatz 2, 10623 Berlin zu senden. Auch ein Onlineformular gibt es: https://www. verbraucherzentrale-berlin. de/formular-inkasso U.H. IMPRESSUM Berliner Stadtblatt Wissenswertes aus Berlin und den Bezirken und Berlin-Beilage (Seiten 3 bis 6) zu den Bezirksausgaben in Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte, Tempelhof-Schöneberg, Treptow-Köpenick Herausgeber: SPD-Landesverband Berlin Landesgeschäftsführer Dennis Buchner (V.i.S.d.P.), Müllerstr. 163, 13353 Berlin Redaktion der Landesseiten: Ulrich Horb (CvD), Gunter Lange, Ulrich Rosenbaum, Josephine Steffen Rätselerstellung: Ulrich Schulte Döinghaus Grafik: Hans Kegel Druck: Henke Pressedruck, Berlin MITTE Berliner Stadtblatt „Mehr als nur ein Tropfen“ WOHNEN UND MIETEN IN MITTE Interview mit Ralf Wieland, Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses Im vergangen Jahr hat Berlin einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet. Das Abgeordnetenhaus hat im April entschieden, was mit den zusätzlichen Mitteln geschehen soll: Die eine Hälfte fließt in die Schuldentilgung. Die andere wird genutzt, um zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur zu finanzieren. Was genau dahinter steckt, verriet uns Ralf Wieland, Abgeordneter für den Gesundbrunnen und das Brunnenviertel und zugleich Präsident des Abgeordnetenhauses. Stadtblatt: Herr Wieland, von den 826 Mio. Euro Überschuss soll etwas über die Hälfte in die Infrastruktur der Stadt investiert werden. Die Rede ist u.a. von Schulgebäuden und neuen U-Bahn-Zügen. In den vergangenen Jahren ist an allen Ecken und Enden gespart worden. Reicht das Geld überhaupt, um das wieder aufzuholen? Ralf Wieland: Ich denke schon, dass die insgesamt 496 Mio. Euro, die das Landesparlament jetzt bewilligt hat, mehr sind, als der Tropfen auf den heißen Stein. Sicher, in Berlin ist noch viel zu tun, aber es ist ein Anfang. Zumal die Gelder zusätzlich zu den schon zuvor geplanten Maßnahmen zur Verfügung stehen. Inwiefern profitiert der Bezirk Mitte davon? Ein Großteil des Geldes fließt in Mitte in die Sanierung von Schulen, nämlich der Wilhelm-Hauff-Grundschule, der Ernst-Reuter-Oberschule und dem Französischen Gymnasium. Zudem werden für die St. Hedwig Kliniken ebenfalls Sanierungsmittel zur Verfügung gestellt. Überhaupt die Krankenhäuser und die Schulen sind mit jeweils über 100 Mio. Euro die Schwerpunkte des Programms. Wäre es vor dem Hintergrund der steigenden Zahl von Flüchtlingen nicht auch ratsam gewesen, für die Unterbringung und Versorgung solcher Menschen zusätzliche Mittel vorzusehen? Genau das ist geschehen. Das Parlament hat 40 Mio. Euro für die Beschaffung und Errichtung so genannter Modularbauten zur Verfügung gestellt. Der Vorteil hierbei KOMISCHE OPER, KOMISCHE LESUNG Der Abgeordnete Ralf Wieland lädt herzlich zu Veranstaltungen im Rahmen der Stadtteiltage am Alexanderplatz (12.06.) und am Gesundbrunnen (18.06.) ein. Am Freitag, 12.06. besteht um 13:00 Uhr die Gelegenheit, einen Blick hinter die Kulissen der Komischen Oper Berlin zu werfen. Im Anschluss ist ein Gespräch mit der Leitung des Hauses geplant. Dabei sein wird auch Brigitte Lange, die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Die Teilnahme ist unentgeltlich, um Anmeldung wird gebeten. Treffpunkt: Behrenstraße 55. Am Donnerstag, 18.06. liest die Schauspielerin und Autorin Constanze Behrends im Bürgerbüro am Gesundbrunnen (Bellermannstr 19a, Ecke Heidebrinker Str.) um 19:00 Uhr aus ihrem Buch „KifferBarbie – das Beste aus meinem Leben“. Dieses Leben droht jedoch stets im Chaos zu versinken, was ihr den Kosenamen „Miss Geschicklichkeit“ einbrachte. Daneben ist die Autorin Mitgründerin des „Prime Time Theaters“ im Wedding und einem breiteren Publikum durch verschiedene TV-Auftritte bekannt geworden. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung wird gern gesehen. Anmeldungen telefonisch unter 030 64 31 23 20 oder per EMail an buero@ ralf-wieland.de. Weitere Informationen zu den Stadtteiltagen unter www.wieland.berlin. Fortsetzung von Seite 1 Krankenhäuser und Schulen sind mit jeweils über 100 Mio. Euro Schwerpunkte bei der Mittelvergabe aus dem Haushaltsüberschuss des vergangenen Jahres, der zur Hälfte in die Berliner Infrastruktur fließt. Foto: Fotolia/Matze liegt darin, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt auch anderweitig noch genutzt werden können, z.B. als Studentenwohnheim. Ist eigentlich davon auszugehen, dass auch in Zukunft Einnahmeüberschüsse erzielt und dementsprechend verteilt werden können? Nun, das bleibt abzuwarten. Fest steht aber, dass wir die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen haben, dass es auch weiterhin bei einem Zweiklang aus Schuldenabbau und Investitionen bleibt, wenn die Einnahmen es hergeben. Vielen Dank für das Gespräch. Was ist eigentlich Inklusion? Über gleichberechtigte Teilhabe an unserer Gesellschaft Ein einfach erscheinende Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt. Wortgetreu übersetzt bedeutet Inklusion „Zugehörigkeit“ – meint also das Gegenteil von Ausgrenzung. Inklusion stellt nichts Geringeres als ein Menschenrecht dar, welches durch die UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben wurde. Es geht dabei nicht um die Integration von “Ausgegrenzten”. Es geht darum, von vornherein allen Menschen die uneingeschränkte und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Gemeint ist somit eher ein Zustand, denn eine Handlung. Wenn alle Menschen – ob mit oder ohne Behinderung – an jedweden Orten oder Anlässen dabei sein, teilnehmen und auch teilhaben können, dann bezeichnen wir dies als „gelebte Inklusion“. Eine inklusive Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass es einfach normal ist, verschieden zu sein. Jeder Mensch wird als eigene Persönlichkeit wahrgenommen – ohne dabei die verschiedenen Bedarfe unberücksichtigt zu lassen. Damit verknüpft sich für uns die Debatte um gesellschaftliche Normen bzw. um das, was häufig als sog. „gesellschaftlichen Normalität“ bezeichnet wird. Sehr oft werden oder bleiben Menschen ausgeschlossen, die von dieser Norm ab- weichen. Genau hier setzt Politik an. Wir müssen uns darauf einigen, wie wir als Gesellschaft unseren Umgang mit den Menschen verändern, die bisher durch eine zugeschriebene „Abweichung von der Norm“ ausgeschlossen sind. Die Jusos Berlin Mitte finden: Nicht der Mensch mit Behinderung hat sich zur Wahrung der eigenen Rechte anzupassen. Vielmehr muss das gesellschaftliche Leben von vorherein derart (barrierefrei) gestaltet sein, dass es für alle Menschen gleichermaßen offen ist. Nicht nur politisch, auch im eigen Verband legen wir darauf einen Schwerpunkt. Mathias Schulz Fahrradstadt Berlin? von 39 bewerteten Städten verschlechtert. Von der 2013 erneuerten Radverkehrsstrategie der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit 80 geplanten Maßnahmen, ist bis heute nichts umgesetzt worden. Auch die im letzten Jahr durchgeführte Bürgerbefragung zur Fahrradsicherheit in Berlin, die ebenfalls eine Liste mit 30 schnell zu behebenden Konfliktstellen hervorbrachte, hat keinerlei Verbesserungen für Fahrradfahrer gebracht. Dass für die Förderung des Radverkehrs in Berlin so gut wie nichts Berlin liegt beim Fahrradklimaindex des ADAC nur auf dem 30. Platz. Fotos: Schulze Ein anderes wichtiges Element, mit dem innerhalb der Milieuschutzgebiete gearbeitet werden kann, ist die gerade vom Abgeordnetenhaus erlassene Umwandlungsverbotsverordnung, die nur innerhalb der sozialen Erhaltungsgebiete zulässig ist. So kann die Umwandlung von Mietwohnungen in Eig e nt u m s w o h nu n g e n untersagt werden. Hier wurde ein schon lange gefordertes Instrument endlich eingeführt, nachdem die CDU ihre Blockadehaltung hier endlich aufgegeben hat. Auch hiermit wird ein Ansteigen von Mieten natürlich nicht verhindert, aber gerade im Zusammenspiel mit der Mietpreisbremse kann der Anstieg so gedämpft und Vertreibungseffekte verringert werden. Die Ergebnisse der vertieften Untersuchungen sollen im letzten Quartal 2015 vorliegen, so dass es gute Chancen gibt, Anfang 2016 im Bezirk Mitte zwei neue Milieuschutzgebiete zu haben. Damit ist die Arbeit aber nicht zu Ende. Weitere Gebiete, wie z.B. der Soldiner Kiez und Tiergarten Süd müssen in ihrer Entwicklung genau beobachtet werden. Langfristiges Ziel ist und bleibt es, auch in Mitte neuen günstigen Wohnraum schaffen. Sascha Schug, Sprecher für Stadtentwicklung, SPD Fraktion in der BVV Mitte IMPRESSUM Mehr Wunschvorstellung als Wirklichkeit Fahrradfahren macht in Berlin nur wenig Spaß und ist meistens sogar gefährlich. Zugeparkte Radwege, unachtsame Rechtsabbieger, fehlende Radspuren und Baustellenumleitungen und fahrradunfreundliche Ampelschaltungen machen den täglichen Arbeitsweg zum Kampfeinsatz im Straßenverkehr. Im Februar erst hat der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) den Fahrradklimaindex 2014 vorgestellt, bei dem sich Berlin im Vergleich zu 2012 auf einen beschämenden 30. Platz 7 passiert, verwundert nicht weiter, schließlich gibt es beim Senat seit 2011 keinen eigenen Fahrradbeauftragten und auch von den zwölf Berliner Bezirken hat nur Reinickendorf einen Mitarbeiter für den Radverkehr eingesetzt. Auch in Mitte wäre einiges zu tun. Die Leipziger Straße hat vom Alexanderplatz bis zum Potsdamer Platz keinen durchgehenden Radweg, die Großbaustelle Unter den Linden ist für Fahrradfahrer ohne eigene Umleitung sehr gefährlich. Fortsetzung auf Seite 8 Herausgeber: SPD Kreisverband Mitte Müllerstraße 163 13353 Berlin V.i.S.d.P.: Frank Boermann Redaktion: Frank Boermann, Susanne Fischer, Jenny-A. Schulz, Bettina Schulze Satz: Nike Marquardt Druck: Henke Pressedruck GmbH & Co. KG 8 MITTE Berliner Stadtblatt Ein roter Rosenteppich Zum Gedenken an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 Allein im März 1953 flüchteten etwa 31.000 Menschen aus der DDR. Anfang Juni 1953 zwang die Führung der KPdSU die SED unter Walter Ulbricht zu einem „Neuen Kurs“, der am 11. Juni vom Ministerrat der DDR übernommen wurde. Unter anderem sollten der Ausbau der Schwerindustrie zugunsten der Konsumgüterindustrie gedrosselt werden, die Kollektivierung in der Landwirtschaft verlangsamt und Enteignungen rückgängig gemacht werden. Doch diese Zugeständnisse kamen zu spät. Inzwischen hoffte die Bevölkerung auf politische Veränderungen, freie Wahlen, Rechtssicherheit, demokratische Verhältnisse, bessere Lebensbedingungen und nicht zuletzt die Wiedervereinigung Deutschlands. In der DDR rumorte es an vielen Stellen. Staatssicherheit und Regierung unterschätzten alle diese Signale. Sie versäumten vor allem, rechtzeitig einen Punkt zurückzunehmen, der zum FAHRRADSTADT BERLIN? Fortsetzung von Seite 7 Die Umfahrung des Alexanderplatz ist durch die unzähligen Reise-, Sightseeing und Fernbusse und eine unübersichtliche Verkehrsführung abenteuerlich. Auch die Müllerstraße bietet keinen durchgängig befahrbaren Radweg, ähnlich sieht es in der Turmstraße aus, um nur die größten Verkehrsadern im Bezirk zu nennen. Sein Rad abzustellen, gestaltet sich dazu oft schwierig, denn Fahrradständer sind an fast allen Bahnhöfen, öffentlichen Einrichtungen, Plätzen und Shoppingcentern knapp bemessen. Die aktuelle Radverkehrsstrategie des Senats bietet (trotz des wenig ambitionierten Ziels von 18-20 % Verkehrsanteil) einen guten Ansatz zur Weiterentwicklung des Radverkehrs in Berlin. Allerdings muss bei der Berliner Verkehrsplanung endlich das Fahrrad neben dem ÖPNV als umweltfreundliches und schnelles Verkehrsmittel für Großstädte im Mittelpunkt stehen. Der motorisierte Individualverkehr sollte keine Priorität haben. Bei Bedarf müssen hier zusätzliche Mittel zur schnelleren Umsetzung zur Verfügung gestellt werden. Julie Rothe, Mathias Schulz Die Rosen vor dem Bundesfinanzministerium erinnern an den Volksaufstand am 17. Juni 1953 in der DDR. Der Wunsch nach politischen Veränderungen und wirtschaftlichen Veränderungen trieb erst die ArbeiterInnen und dann auch viele BürgerInnen in der ganzen DDR auf die Straßen, bevor der Aufstand blutig niedergeschlagen wurde. Foto: SPD Mitte Stein des Anstoßes für den Volksaufstand werden sollte: die im Mai beschlossenen Normenerhöhungen in der Industrie. Sie waren der Anlass für die Streikbewegung der Bauarbeiter an der Stalinallee oder der Stahlarbeiter aus Hennigsdorf. Von hier nahm der Aufstand des 17. Juni seinen Lauf. Das geteilte Berlin war 1953 eines der bekanntesten Symbole des Kalten Krieges. Entsprechend haben die Juni-Ereignisse im Ostsektor der Stadt maßgeblich die Sicht auf den Volksaufstand geprägt. Vor allem die Bilder von großen Demonstrationen in Ost-Berlin und die dagegen in Stellung gebrachten sowjetischen Panzer gingen um die Welt. Dabei war Berlin nur der Ausgangspunkt eines Aufstandes, der fast alle Regionen und Städte der DDR erfasst hatte. In 167 von 217 Stadt- und Landkreisen war der Ausnahmezustand verhängt worden. Schätzungen sprechen von bis zu 1,5 Millionen Demonstranten und streikende Arbeiter. Schon in der Nacht zum 18. Juni 1953 begann die Staatssicherheit unter Leitung von Erich Mielke mit einer massiven Verhaftungswelle. Allein in Berlin wurden innerhalb von zwei Tagen 1.744 Menschen verhaftet, darunter sieben Streikleitungen und Streikkomitees. Mindestens 35 Aufständische fanden den Tod und insgesamt erfolgten in der gesamten DDR bis 1955 etwa 15.000 Festnahmen. Der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 blieb bis zum Fall der Mauer 1989 das Trauma der SED Führung vom Machtverlust. Heiner Wörmann Spielhallengesetz Konsequente Durchsetzung für unseren Kiez! Mit dem Berliner Spielhallengesetz von 2011 wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, das Problem der Spielcasinos aus unseren Kiezen zu verbannen. Es war das bundesweit erste Gesetz, welches so konsequent die existierenden Probleme rund um Spielhallen angeht. Damit wurde entschlossen eine rote Linie für unsere Stadt, für die Kiezkultur und für die Menschen gezogen. Im Gesetz wurden Mindestabstandsregelungen von 500m zwischen zwei Casinos und schärfere Anforderungen für das Aufstellen von Automaten beschlossen, so dass sich nur noch maximal acht Geräte pro Raum befinden dürfen. Der Jugendschutz wurde gestärkt, Steuern auf Automaten erhöht und damit Präventionsprogramme gegen Spielsucht finanziert. Das Gesetz ist da – doch warum wirkt es nicht? Schaut man sich heute in den Berliner Kiezen um, hat sich bereits viel positiv verändert. Doch besonders in Moabit und Wedding sind weiterhin Probleme rund um die Casinos sichtbar. Daher wollte der Abgeordnete İlkin Özışık die Situation erkunden und nahm die Spielhallen in seinem Wahlkreis (Moabit/Wedding) unter die Lupe. Das Ergebnis war für ihn niederschmetternd. Über 95% aller besuchten Spielkasinos verstoßen gegen das Spielhallengesetz. Foto: Fotolia/Hero Auch in diesem Jahr wird die SPD Berlin Mitte zum Andenken an die Opfer des Volksaufstandes in der DDR vom 17. Juni 1953 am Denkmal von Wolfgang Rüppel auf dem gleichnamigen Platz vor dem Bundesfinanzministerium, Leipziger-/Wilhelmstraße, tausend rote Rosen niederlegen. Neben der zentralen Gedenkveranstaltung auf dem Friedhof an der Seestraße gehört unser Rosenteppich zum Erinnern und Gedenken an die damaligen Ereignisse. Als Stalin Anfang März 1953 in Moskau starb, war der neuen sowjetischen Führung offenbar bewusst, dass die innere Stabilität der DDR in Gefahr und das System ohne die Anwesenheit sowjetischer Truppen nicht zu halten war. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten und die Geduld der Bevölkerung der DDR waren erschöpft. Im Frühjahr 1953 sank dazu der Lebensstandard. Das rapide Ansteigen der Fluchtbewegung alarmierte Moskau. Konkret stehen in mehr als der Hälfte aller Spielhallen mehr Automaten als gesetzlich erlaubt. In rund zwei von drei Casinos wurde geraucht und kostenlos Getränke verteilt. Besonders bestürzend ist die mangelnde Beachtung des Jugendschutzes. In fast allen Casinos wurde das Alter von Jugendlichen nicht überprüft. Özışık dazu: „So darf es nicht weitergehen! Wenn Vorgaben in diesem sensiblen Bereich nicht eingehalten werden, müssen folgerichtig Lizenzen für den Betrieb von Spielhallen entzogen werden! Besonders der Jugendschutz muss oberste Prirität haben.“ Ilkin Özisik, MdA Zirkusflair am Sparrplatz Der Spielplatz am Sparrplatz wurde nach einer mehrmonatigen Sanierung wiedereröffnet Am 30. April war es endlich so weit: Der Spielplatz am Sparrplatz wurde nach seiner Sanierung eröffnet und von den Kindern im Kiez freudig in Besitz genommen. Vorausgegangen war eine mehrmonatige Absperrung, gefolgt von Baumaßnahmen – und anfangs auch einigen Irritationen. Es war nicht sofort ersichtlich gewesen, warum der Spielplatz plötzlich nicht mehr zugänglich war und später die hölzernen Spielgeräte abgerissen wurden. Auch war teilweise fraglich, ob die Absperrungen sicher genug waren, um Kinder und Jugendliche vom Betreten des unsicheren Geländes mit den Resten alter Spielgeräte abzuhalten. Diese Irritationen konnten glücklicherweise ausgeräumt werden und mit der Zeit wurde allen BeobachterInnen klar, dass der inzwischen marode Spielplatz neu gestaltet wurde. Möglich wurde dies durch das Kita- und Spielplatzsanierungsprogramm des Senats. Es ist dem Bezirksamt Mitte hoch anzurechnen, dass unser Bezirk alle zur Verfügung stehenden Mittel auch abrufen konnte. Insgesamt konnte der Bezirk so für 14 Spielplät- Der Spielplatz am Sparrplatz steht den Kindern im Kiez wieder zur Verfügung ze rund 700.000€ ausgeben, 70.000€ davon flossen in die Erneuerung der Spielgeräte des Sparrplatzes. Entstanden ist jetzt eine bunte Zirkuswelt, die schnell Zuspruch bei den Kindern des Kiezes fand und sicherlich ihre Fantasie und Abenteuerlust in den nächs- Foto: Schulze ten Jahren beflügeln wird. Sascha Schug, SPD-Fraktion BVV-Mitte
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