Toxikologie I-6 apl. Prof. Dr. med. A. Lupp Institut für Pharmakologie und Toxikologie FSU Jena Drackendorfer Str.1, 07747 Jena Tel.: (9)325678 e-Mail: [email protected] MethämoglobinBildner Methämoglobinbildner Substanzen • Oxidationsmittel: Chlorate, Perchlorate (in Zahnpasta, Bleichmittel) • Nitrite (Nitritpökelsalz) • Nitrate (Reduktion durch Mikroorganismen beim Lagern oder im Speichel zu Nitrit) - gedüngtes Gemüse - Trinkwasser - Fleischwaren (Konservierung, Schönungsmittel) • aromatische Nitro- und Aminoverbindungen, z.B. Anilin, Sulfonamide Wirkungsmechanismus • Oxidation des Fe2+ des Hämoglobins zu Fe3+ (= Methämoglobin) • Met-Hämoglobin: keine O2-Bindung und Transport Methämoglobinbildner Substanzen • Oxidationsmittel: Chlorate, Perchlorate (in Zahnpasta, Bleichmittel) Kopfsalat bis 7000 mg/kg Spinat bis 6000 mg/kg • Nitrite (Nitritpökelsalz) Rote Beete bis 5000 mg/kg • Nitrate (Reduktion durch Mikroorganismen beim Lagern oder im Speichel Radieschen bis 4500 mg/kg zu Nitrit) Gurke bis 2000 mg/kg Trinkwasser bis 60 mg/l - gedüngtes Gemüse - Trinkwasser - Fleischwaren (Konservierung, Schönungsmittel) • aromatische Nitro- und Aminoverbindungen, z.B. Anilin, Sulfonamide Wirkungsmechanismus • Oxidation des Fe2+ des Hämoglobins zu Fe3+ (= Methämoglobin) • Met-Hämoglobin: keine O2-Bindung und Transport Methämoglobinbildner Substanzen • Oxidationsmittel: Chlorate, Perchlorate (in Zahnpasta, Bleichmittel) • Nitrite (Nitritpökelsalz) • Nitrate (Reduktion durch Mikroorganismen beim Lagern oder im Speichel zu Nitrit) - gedüngtes Gemüse - Trinkwasser - Fleischwaren (Konservierung, Schönungsmittel) • aromatische Nitro- und Aminoverbindungen, z.B. Anilin, Sulfonamide Wirkungsmechanismus • Oxidation des Fe2+ des Hämoglobins zu Fe3+ (= Methämoglobin) • Met-Hämoglobin: keine O2-Bindung und Transport Methämoglobinbildner Natürliche Entgiftung • Rück-Reduktion zu Hämoglobin durch NADH2/NADPH2-abhängige Methämoglobin-Reduktase/Diaphorase • NADH2/NADPH2-Bereitstellung: Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase ⇒ physiologischer Met-Hb-Gehalt < 1% • Lebensbedrohung bei ca. 60-80% Met-Hb ⇒ klinisch relevante Intoxikationen selten aber: - Enzyme bei Neugeborenen noch nicht voll ausgereift - angeborener Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel Met-Hb: braun Methämoglobinbildner Symptome einer Vergiftung • Zyanose (Blausucht) • Müdigkeit, Bewusstseinsstörungen • Atemnot (Dyspnoe) • beschleunigter Herzschlag (Tachykardie) Therapie • Reduktionsfarbstoffe: Toluidinblau, Methylenblau • Thionin • ggf. bei vitaler Bedrohung: Austauschtransfusion ab 6 mg Nitrat/kg Körpergewicht Methämoglobinbildner Oxidation von Hämoglobin zu Methämoglobin durch Nitrosobenzol und Phenylhydroxylamin: im Vergleich zu Nitrit kann 1 Molekül Nitrosobenzol mehrmals Hb-Fe2+ oxidieren Nitrobenzol Nitrosobenzol Phenylhydroxylamin Anilin aus: Aktories et al.: Allgem. Spez. Pharmakol. Toxikol. Metalle Metalle • Periodensystem: mehr als 100 Elemente, davon 80 Metalle, 6 Halbmetalle/Metalloide • einige Metalle für Mensch essentiell: Natrium, Kalium, Eisen, Zink, Kupfer, Cobalt, Selen in hohen Dosen aber auch toxisch oder sogar krebsauslösend • andere Metalle nur toxikologisch relevant: Blei, Quecksilber, Cadmium, Thallium, Arsen • einige wurden als Medikamente verwendet: Thallium als Enthaarungsmittel, Arsen zur Behandlung der Syphilis/Lues (Salavarsan) • umwelttoxikologische Bedeutung • arbeitsmedizinische Bedeutung Metalle Wirkungsmechanismus • Wirkungsmechanismus nicht einheitlich • häufig ähnliche Effekte aber auch ganz spezifische Organwirkungen (Blei - Hämsynthese) • Protein-denaturierende Wirkung • Reaktion mit funktionellen Gruppen in Proteinen: -SH, -OH, -NH2, -COOH • Auslösung von oxidativem Stress • Verdrängung von Magnesium, Calcium, Zink etc. aus Komplexbindung mit Enzymen → Beeinflussung der katalytischen Aktivität Metalle Therapie von Metallvergiftungen Chelatbildende Stoffe • zum Großteil ursprünglich zur Dekontamination von radioaktiven Spaltprodukten entwickelt • Chelate: Komplexverbindungen von mehrwertigen Metallen mit organischen Molekülen, wobei mehrere Bindungsstellen eines Moleküls mit einem Metallatom binden • Name abgeleitet von griech. χηλη „Krebsschere“ • Affinitäten für Chelatbildner für verschiedene Metalle unterschiedlich • Bindung auch von weiteren, für den Körper wichtigen Substanzen (Ca2+) → Herabsetzen der Toxizität von Chelatbildnern durch Zufuhr z.B. als Calcium- oder Zinkkomplexe Metalle Therapie von Metallvergiftungen Chelatbildende Stoffe • Reaktion gehorcht Massenwirkungsgesetz: [ML] K= [M] x [L] • günstig: große Stabilitäts-/Komplexbildungskonstante K und hohe Konzentration des Chelatbildners [L] (jedoch begrenzt durch Toxizität) • Komplexstabilität abhängig vom pH des Milieus → Dissoziation der Komplexe im sauren Harn → Nierenschädigung (z.B. Blei) Metalle Therapie von Metallvergiftungen Ziel des Einsatzes chelatbildender Stoffe • Mobilisierung von Metallen aus Bindungsorten im Organismus durch höhere Affinität zum Chelatbildner • Abfangen zirkulierender Metalle in Körperflüssigkeiten • rasche Ausscheidung der gebildeten Chelate mit Harn/Galle Chelatbildner Erwünschte Eigenschaften • hohe Komplexbildungskonstante für toxische Metalle, niedrige für körpereigene Metalle • Löslichkeitseigenschaften, die Vordringen zu den Bindungs- und Depotorten im Organismus gewährleisten • Harn- oder Gallegängigkeit der Chelate • Stabilität des Chelats bei physiologischem pH (7,4) und im sauren Harn (bis pH 4) • geringe Toxizität und fehlende Metabolisierung der Chelatbildner und der Chelate erwünschte Eigenschaften leider praktisch nie in einem Chelatbildner vereint Chelatbildner Dimercaprol (BAL) • 1940 in England als Antidot gegen den arsenhaltigen Kampfstoff Lewisit entwickelt (BAL = British-Anti-Lewisite) • jahrzehntelang wichtigster Chelatbildner bei Metallvergiftungen • wegen schwerer Nebenwirkungen heute durch DMPS ersetzt Chelatbildner Dimercaptopropansulfonsäure (DMPS) • zwei benachbarte SH-Gruppen, die mit Metallen stabile Komplexe bilden und über die Nieren ausgeschieden werden aus: Aktories et al.: Allgem. Spez. Pharmakol. Toxikol. Chelatbildner Dimercaptopropansulfonsäure (DMPS) • zwei benachbarte SH-Gruppen, die mit Metallen stabile Komplexe bilden und über die Nieren ausgeschieden werden • im Gegensatz zu Vorläufersubstanz Dimercaprol (BAL) oral applizierbar (Bioverfügbarkeit 45%) • 90% renale Elimination, Halbwertszeit ca. 10 h • nur bei sehr hohen Konzentrationen / langer Behandlungsdauer tierexperimentell Konzentrationsabnahme von Biometallen (Zink, Kupfer) Indikationen: Vergiftungen mit: - anorganischen oder organischen Quecksilber-Verbindungen, Quecksilber-Dämpfen und metallischem Quecksilber - Blei (Mittel der Wahl) - Arsen (außer AsH3), Kupfer, Antimon, Chrom, Kobalt Chelatbildner Dimercaptopropansulfonsäure (DMPS) Unerwünschte Wirkungen: • allergische Hautreaktionen (Juckreiz, Hautausschlag) • Fieber, Schüttelfrost • Erhöhung der „Leberenzyme“ (Transaminasen: ASAT, ALAT) als Zeichen einer Leberschädigung • bei zu schneller Injektion: Übelkeit, Schwindel, Blutdruckabfall Chelatbildner Calcium-Natrium-Edetat (Na2-Ca-EDTA) • im Organismus Austausch des Calciums gegen Metalle mit höheren Bindungskonstanten aus: Aktories et al.: Allgem. Spez. Pharmakol. Toxikol. Chelatbildner Calcium-Natrium-Edetat (Na2-Ca-EDTA) • im Organismus Austausch des Calciums gegen Metalle mit höheren Bindungskonstanten • nur schlechte Resorption aus Magen-Darm-Trakt, i.v.-Zufuhr notwendig • nur extrazelluläre Wirkung • Halbwertszeit im Blut 1 h • Ausscheidung der Chelate über die Nieren • Ausscheidung auch größerer Mengen an Biometallen → Durchführung der Therapie in Intervallen Indikationen: - akute und chronische Bleivergiftung - diagnostischer Bleitest - Entfernung von Radioisotopen (auch Uran) - Diagnose und Therapie der Eisenspeicherkrankheit Chelatbildner Calcium-Natrium-Edetat (Na2-Ca-EDTA) Unerwünschte Wirkungen: • Kopfschmerzen, Unwohlsein • Fieber • Thrombophlebitis an der Einstichstelle • in hohen Dosen bei Bleivergiftungen tubuläre Nierenschäden (auch mit Todesfolge) Chelatbildner Calcium-Trinatrium-Pentetat (DTPA) • Calcium-Trinatriumsalz der Diethylentriamin-pentaessigsäure • ähnliche Wirkungen, Indikationen und Nebenwirkungen wie CalciumNatrium-Edetat • besonders zur Erhöhung der Ausscheidung von Plutonium geeignet aus: Mutschler, Arzneimittelwirkungen Chelatbildner D-Penicillamin • nicht natürlich vorkommende Aminosäure, daher im Körper nicht in Proteine eingebaut und keine Metabolisierung • Ausscheidung der Chelate über die Niere • aufgrund der Einführung besserer Chelatbildner nur noch bei Vergiftungen mit Kupfer erste Wahl, fernere Wahl bei Vergiftungen mit Blei, Zink, Gold • Einsatz auch bei Kupferspeicherkrankheit (Morbus Wilson) aus: Aktories et al.: Allgem. Spez. Pharmakol. Toxikol. Chelatbildner D-Penicillamin Unerwünschte Wirkungen: • gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen) • Hautreaktionen (Exantheme) • selten Haarausfall • Nierenschäden (Immunkomplexnephritis): Proteinurie, Hämaturie • Störungen der Blutbildung bis hin zur aplastischen Anämie ⇒ regelmäßige Blutbild- und Urinkontrollen aus: Aktories et al.: Allgem. Spez. Pharmakol. Toxikol. Chelatbildner Desferoxamin • höhermolekulare Verbindung mit drei Hydroxamsäureresten mit sehr hoher Affinität zu Eisen(III) • als rötlicher Farbstoff in Pilz Streptomyces pilosus • orale oder i.m.-Applikation Indikationen: - Eisenvergiftung - Eisenspeicherkrankheiten (Hämosiderose, Hämochromatose) - diagnostisch zur Feststellung pathologischer Eisenablagerungen aus: Aktories et al.: Allgem. Spez. Pharmakol. Toxikol. Chelatbildner Desferoxamin Unerwünschte Wirkungen: • im Allgemeinen gute Verträglichkeit • rötlich-bräunliche Verfärbung des Urins • Hautreaktionen (Exantheme) • Fieber • Schmerzen am Injektionsort • selten Leberschäden • selten Blutbildveränderungen • selten Seh- und Hörstörungen aus: Aktories et al.: Allgem. Spez. Pharmakol. Toxikol. Chelatbildner aus: Mutschler, Arzneimittelwirkungen Blei Blei Vorkommen (Beispiele) Welt-Jahresbedarf ca. 5,5 Mio t • Batterien (ca. 40% des Bedarfs) • Bleifarben (ca. 7% des Bedarfs) • Bleiweiß (Pb3(CO3)2(OH)2 • Schießblei • Ballastgewichte • Strahlenschutzplatten • Letternmetall (Schriftsetzer) • alte Bleirohre (saures Wasser - Huminsäuren) • Bleisilikate (in best. Ländern in Töpferglasuren): Salate, saure Obstsäfte Chemische Eigenschaften • silbrig graues, weiches Metall. Atomgew. 207,2; spez. Dichte 11,3 g/cm3 • Oxidationsstufen: 0, +2, +4; in den meisten Verbindungen zweiwertig: physiologisches Verhalten wie Ca2+ Blei Toxikokinetik • Resorption über die Lunge: 50% • Resorption über Gastrointestinaltrakt: 5-10%, bei Kindern bis 50% • Aufnahme aus Gastrointestinaltrakt gesteigert durch Fasten, bei Calcium-, Vitamin D- oder Eisen-Mangel • im Blut hauptsächlich an Hämoglobin der Erythrozyten gebunden • Speicherung als Bleiphosphat im Knochen und in Zähnen (bis 30 Jahre): ca. 70-90% des Körper-Bleigehaltes • Elimination: 75% Niere, 15% Fäzes, über Schweiß, Haare, Nägel • Passage der Placentaschranke • für Menschen kein essentielles Element Bleivergiftung älteste Berufskrankheit (Agricola 1550) Blei Vergiftungsbild Blutbild / Knochenmark δ-Aminolävulinsäure δ-AminolävulinsäureDehydratase Porphobilinogen Uroporphyrinogen III (= ALA) Koproporphyrinogen - III-Decarboxylase Koproporphyrinogen III Protoporphyrin IX Häm Eisen Blei Vergiftungsbild Blutbild / Knochenmark δ-Aminolävulinsäure δ-AminolävulinsäureDehydratase Porphobilinogen Uroporphyrinogen III (= ALA) Koproporphyrinogen - III-Decarboxylase Koproporphyrinogen III Protoporphyrin IX Häm Eisen • Hemmung der δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase ⇒ δ-Aminolävulinsäure (ALA) in Blut und Harn ↑ (Diagnostik-Parameter) Blei Vergiftungsbild Blutbild / Knochenmark δ-Aminolävulinsäure δ-AminolävulinsäureDehydratase Porphobilinogen Uroporphyrinogen III (= ALA) Koproporphyrinogen - III-Decarboxylase Koproporphyrinogen III Protoporphyrin IX Häm Eisen • Hemmung der δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase ⇒ δ-Aminolävulinsäure (ALA) in Blut und Harn ↑ (Diagnostik-Parameter) • Hemmung der Koproporphyrinogen-Decarboxylase ⇒ Koproporphyrinogen III in Blut und Harn ↑ → Subikterus, brauner Urin Blei Vergiftungsbild Blutbild / Knochenmark δ-Aminolävulinsäure δ-AminolävulinsäureDehydratase Porphobilinogen Uroporphyrinogen III (= ALA) Koproporphyrinogen - III-Decarboxylase Koproporphyrinogen III Protoporphyrin IX Häm Eisen • Hemmung der δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase ⇒ δ-Aminolävulinsäure (ALA) in Blut und Harn ↑ (Diagnostik-Parameter) • Hemmung der Koproporphyrinogen-Decarboxylase ⇒ Koproporphyrinogen III in Blut und Harn ↑ → Subikterus, brauner Urin • Hemmung des Eisen-Einbaus in Protoporhyrin IX ⇒ Serum-Eisen ↑, Anämie, > 1‰ basophil getüpfelte Erythrozyten Blei Vergiftungsbild Haut und Schleimhäute • Bleikolorit (Spasmus der Gefäße, Anämie, Porphyrinämie, Subikterus) • Bleisaum am Zahnfleisch • Magen- und Darmulcera (Gefäßspasmen, Salzsäure ↑) Darm • Bleikoliken • Verstopfung (Obstipation) Niere • Bleinephritis, Bleischrumpfniere Skelett • Bleilinien (Schädigung der Epiphysen-Wachstumszone) Blei Vergiftungsbild ZNS • Schädigung motorischer Nerven (Radialis-Lähmung) • Schädigung des Sehnerven • Alkohol-Unverträglichkeit • Schädigung des Gehirns (Encephalopathia saturnina): Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Schwäche; später: Tremor, Delirium, Krampfanfälle, Tod nach 2-3 Tagen möglich • bei Bleibelastung des Feten im Uterus geistige Retardierung • Kinder: Störung des psychomotorischen Verhaltens, Krampfanfälle, in 25% tödlicher Ausgang Blei Konzentrationsabhängigkeit des Vergiftungsbilds Bleigehalt im Blut [µg / 100 ml] Effekt > 15 10 - 20 20 - 60 50 - 60 > 80 60 - 80 70 - 100 80 - 300 - ALA-Dehydrogenase-Hemmung - Einfluss auf IQ und Lernfähigkeit bei Kindern - ALA, Koproporphyrin III, Protoporphyrin IX ↑ - chronische Enzephalopathie bei Kindern - chronische Enzephalopathie bei Erwachsenen - periphere Neuropathie - eingeschränkte Nierenfunktion - akute Bleienzephalopathie tägliche Bleiaufnahme ca. 200-300 µg Knochen: 9-14 mg/kg; Leber: 1mg/kg; Niere: 0,8 mg/kg; Hirn: 0,1 mg/kg Blei Konzentrationsabhängigkeit des Vergiftungsbilds Bleigehalt im Blut [µg / 100 ml] Effekt > 15 10 - 20 20 - 60 50 - 60 > 80 60 - 80 70 - 100 80 - 300 - ALA-Dehydrogenase-Hemmung - Einfluss auf IQ und Lernfähigkeit Nahrungsmittel meist < 0,5 bei µg/gKindern Trinkwasser meist < 50 µg/l - ALA, Koproporphyrin III, Protoporphyrin IX ↑ Bleiwasserleitungen jedoch bis 3000 µg/l - chronische Enzephalopathie bei Kindern Muttermilch bis 12 µg/l - chronischeKuhmilch Enzephalopathie bei Erwachsenen 40 µg/l Rotweine 65 µg/l - periphere ital./franz. Neuropathie - ab Aufnahme von 1 mg täglich Kumulation - eingeschränkte Nierenfunktion und Entstehung toxischer Effekte; - akute Bleienzephalopathie - akut tödliche Dosis: 20-50 g tägliche Bleiaufnahme ca. 200-300 µg Knochen: 9-14 mg/kg; Leber: 1mg/kg; Niere: 0,8 mg/kg; Hirn: 0,1 mg/kg Blei Konzentrationsabhängigkeit des Vergiftungsbilds Bleigehalt im Blut [µg / 100 ml] Effekt > 15 10 - 20 20 - 60 50 - 60 > 80 60 - 80 70 - 100 80 - 300 - ALA-Dehydrogenase-Hemmung - Einfluss auf IQ und Lernfähigkeit bei Kindern - ALA, Koproporphyrin III, Protoporphyrin IX ↑ - chronische Enzephalopathie bei Kindern - chronische Enzephalopathie bei Erwachsenen - periphere Neuropathie - eingeschränkte Nierenfunktion - akute Bleienzephalopathie tägliche Bleiaufnahme ca. 200-300 µg Knochen: 9-14 mg/kg; Leber: 1mg/kg; Niere: 0,8 mg/kg; Hirn: 0,1 mg/kg Blei Therapie • Calcium-Trinatrium-Pentetat (DTPA) • D-Penicillamin • Dimercaptopropansulfonsäure (DMPS) • symptomatisch: - bei Koliken: Spasmolytika - bei Erregungszuständen, Delir: Sedativa - Vitamin B12 + Folsäure (gegen Porphyrinurie) Blei Organische Bleiverbindungen (Tetraäthylblei; Tetramethylblei) • als Antiklopfmittel in Benzin • hohe Lipidlöslichkeit • gute Resorption inhalativ, oral, über die Haut • gute ZNS-Gängigkeit • Symptome: psychomotorische Erregung, Delir, Krämpfe, Koma • Therapie: symptomatisch; Chelatbildner wirkungslos Quecksilber Quecksilber Vorkommen (Beispiele) • früher: Behandlung der Lues (Quecksilber-haltige „graue“ Salben), Diuretikum (Mersalyl), Abführmittel [Laxans] (Kalomel) • Thermometer, Amalgam-Herstellung • Farbpigmente, Elektrotechnik, Apparatebau, Batterien • bei der Produktion von Chlor und Alkalilaugen (Alkalichlorid-Elektrolyse) • Desinfektionsmittel, Saatbeizmittel, Fungizide • in der Natur Umwandlung von anorganischen Quecksilber-Verbindungen in organische (Methylierung) durch Mikroorganismen → Anreicherung in Nahrungskette (→ Fische) Chemische Eigenschaften • Atomgew.: 200,59; Oxidationsstufen: 0, +1, +2 • bei Raumtemperatur flüssig; hoher Dampfdruck • Quecksilber(I)- und (II)-Salze; organische Verbindungen: RHgX bzw. R2Hg (R = Alkyl- oder Aryl-Rest) Quecksilber Anorganische Quecksilberverbindungen (früher als Abführmittel (Laxans) Quecksilber Organische Quecksilberverbindungen Quecksilber Organische Quecksilberverbindungen aus: Taschenatlas der Toxikologie, Thieme-Verlag Quecksilber Quecksilber Toxikokinetik • Metallisches Quecksilber (Hg0) - Resorption dampfförmiges Hg über die Lunge: 50% - geringe Aufnahme über Gastrointestinaltrakt - gute Passage der Blut-Hirn-Schranke - Elimination: renal (52%), fäkal (42%) • Anorganische Quecksilber (Hg+- bzw. Hg2+-) Verbindungen - Resorption über Gastrointestinaltrakt: Hg+ < 2%; Hg2+ ca. 10% - nur geringe Passage der Placenta- bzw. Blut-Hirn-Schranke - Elimination: renal (60%), fäkal (40%) • Organische Quecksilberverbindungen - gute Resorption über Gastrointestinaltrakt (Methylquecksilber: 90%) - gute Passage der Placenta- bzw. Blut-Hirn-Schranke - Elimination: renal (10%), fäkal (90%) Quecksilber Vergiftungsbild Metallisches Quecksilber (Hg0) • Akute Toxizität kurzzeitiges (1-3 h) Einwirken von 1-3 mg/m3 - Symptome wie Lungenentzündung: Fieber, Husten, Bronchitis, Atemnot • Chronische Toxizität Langzeitexposition mit 0,1-0,2 mg/m3 - Quecksilbersaum am Zahnfleisch, Paradontose - erhöhter Speichelfluss - Metallgeschmack - Tremor - Unruhe, Reizbarkeit (Erethismus mercuralis) Quecksilber Vergiftungsbild Anorganische Hg+ bzw. Hg2+-Verbindungen • Akute Toxizität - nach oraler Aufnahme Verätzungen der Mundhöhle, des Rachens, der Speiseröhre - Übelkeit, Erbrechen - blutige Durchfälle - akute Nierenschädigung - letale Dosis: 0,2-1 g HgCl2 • Chronische Toxizität - Nierenschädigung - Unruhe, Reizbarkeit, Schlaflosigkeit, Lichtempfindlichkeit, generalisiertes Exanthem (Akrodynie = Feerkrankheit) Quecksilber Vergiftungsbild Organische Quecksilber-Verbindungen • Akute Toxizität - Missempfindungen (Parästhesien) - Erregung, Tremor, Krämpfe • Chronische Toxizität - Parästhesien - Sehstörungen, Hörstörungen, Lähmungen - Konzentrationsstörungen - psychotische Zustände Quecksilber Vergiftungsbild Die Tragödie von Minamata 1953-1960 zentralnervöse Schäden bis zur totalen Demenz bei Bewohnern der südjapanischen Hafenstadt Minamata (v.a. Kinder) ursprünglich als Infektionskrankheit fehlgedeutet, erst Jahre später als Folge einer Hg-Intoxikation erkannt von 121 schwer vergifteten Personen starben 46. Hohe Demenzrate unter Neugeborenen Ursache: industriell in die Bucht eingeleitetes Hg, Umwandlung durch Mikroorganismen in Methyl-Hg, Anreicherung in der Nahrungskette Ausgelöst durch den Verzehr von Fischen und anderen Meeresfrüchten aus der Bucht Quecksilber Therapie • Dimercaptopropansulfonsäure (DMPS) • D-Penicillamin jedoch nicht bei Vergiftungen mit organischen Hg-Verbindungen, da bessere Penetration ins ZNS • Cystein (SH-Gruppen) • symptomatisch: - Mundspülung mit H2O2 - Magenspülung, medizinische Kohle - Sedativa - Vitamin B1 Cadmium Cadmium Vorkommen (Beispiele) Welt-Jahresproduktion: ca. 15000 t • Legierungszusatz als Korrosionsschutz (ca. 60% des Cd-Bedarfs) • Trockenbatterien • Bildröhren • Farbpigmente • Aufnahme mit - Trinkwasser (höchstzulässige Menge 5 ng/l), - Nahrungsmitteln (Klärschlamm, Phosphatdünger) (täglich ca. 50 µg); höchste Gehalte in Austern und Schweinenieren (bis 1 mg/kg), Wurzelgemüse (0,5 mg/kg), Weizen (0,1 mg/kg) • Zigarettenrauch (20 Zigaretten ca. 2 µg) Chemische Eigenschaften • Oxidationsstufen 0, +2 (CdS, CdO, CdCl2, Cd(CH3-COO)2) • für den Menschen kein essentielles Element Cadmium Toxikokinetik • Resorption über die Lunge: 50% • Resorption über Gastrointestinaltrakt: 3 - 5% • zu 50% Speicherung in Nieren(rinde) und Leber (und Muskulatur) - biologische Halbwertszeit: 10 - 35 Jahre - Cd-Gehalt in Nierenrinde bis zu 20 mg/kg - Organ-Cd-Gehalt bei Rauchern ca. 3-4fach höher • In Lebern und Nieren Bindung an Metallothionein, einem Metallbindenden Protein (Cu, Zn, Hg, Cd) • Induktion der Bildung von Metallothionein • Ausscheidung zu 95% mit der Fäzes, gering über Nieren Cadmium Toxikokinetik aus: Taschenatlas der Toxikologie, Thieme-Verlag Cadmium Vergiftungsbild Akute Toxizität • nach oraler Aufnahme: - Erbrechen, schwere Durchfälle - aufgrund geringer Resorption nur sehr selten systemische Wirkungen • nach Inhalation (beim Schweißen - CdO): - Husten, Kopfschmerzen, Fieber, - nach 24 h Latenz: toxisches Lungenödem (letale Dosis: 6 mg/m3/8h) Chronische Toxizität • Cadmiumsaum am Zahnfleisch, Zerstörung der Schleimhäute von Nase, Rachen (Cd-Schnupfen, Schädigung der Riechepithelien) • chronische Bronchitis • Nierenschädigung (> 200 mg/kg) • Knochendefekte (Osteoporose, Osteomalazie) • Kanzerogenität (Bronchial-Karzinom) Cadmium Vergiftungsbild Akute Toxizität • nach oraler Aufnahme: - Erbrechen, schwere Durchfälle - aufgrund geringer Resorption nur sehr selten systemische Wirkungen • nach Inhalation (beim Schweißen - CdO): - Husten, Kopfschmerzen, Fieber, - nach 24 h Latenz: toxisches Lungenödem (letale Dosis: 6 mg/m3/8h) Chronische Toxizität unbelastete Luft: 3 ng/m3 • Cadmiumsaum am Zahnfleisch, Zerstörung der Schleimhäute von Nase, belastete Luft: 60 ng/m3 Rachen (Cd-Schnupfen, Schädigung der Riechepithelien) • chronische Bronchitis • Nierenschädigung (> 200 mg/kg) • Knochendefekte (Osteoporose, Osteomalazie) • Kanzerogenität (Bronchial-Karzinom) Cadmium Vergiftungsbild Akute Toxizität • nach oraler Aufnahme: - Erbrechen, schwere Durchfälle - aufgrund geringer Resorption nur sehr selten systemische Wirkungen • nach Inhalation (beim Schweißen - CdO): - Husten, Kopfschmerzen, Fieber, - nach 24 h Latenz: toxisches Lungenödem (letale Dosis: 6 mg/m3/8h) Chronische Toxizität • Cadmiumsaum am Zahnfleisch, Zerstörung der Schleimhäute von Nase, Rachen (Cd-Schnupfen, Schädigung der Riechepithelien) • chronische Bronchitis • Nierenschädigung (> 200 mg/kg) • Knochendefekte (Osteoporose, Osteomalazie) • Kanzerogenität (Bronchial-Karzinom) Cadmium Vergiftungsbild Akute Toxizität • nach oraler Aufnahme: - Erbrechen, schwere Durchfälle 1946 Japan:systemische Itai-Itai-Krankheit: - aufgrund geringer Resorption nur sehrinselten Wirkungen nach Verzehr von Cd-kontaminierten • nach Inhalation: Nahrungsmitteln - Husten, Kopfschmerzen, Fieber, - schwere Osteoporose, Osteomalazie - nach 24 h Latenz: toxisches Lungenödem - Eisenmangelanämie - stärkste Schmerzen Chronische Toxizität - Knochendeformierungen, Verminderung der Körpergröße • Cadmiumsaum am Zahnfleisch, Zerstörung der Schleimhäute von Nase, Ursache: Cd-Wechselwirkung mit Ca-, Rachen (Cd-Schnupfen, Schädigung der Riechepithelien) Phosphat-, Vit. D3-Stoffwechsel • chronische Bronchitis • Nierenschädigung (> 200 mg/kg) • Knochendefekte (Osteoporose, Osteomalazie) • Kanzerogenität (Bronchial-Karzinom) Cadmium Vergiftungsbild Chronische Toxizität aus: Taschenatlas der Toxikologie, Thieme-Verlag Cadmium Therapie • Calcium-Trinatrium-Pentetat (DTPA) • symptomatisch: inhalative Vergiftung: - Atemwege freimachen/freihalten, Frischluftzufuhr, evtl. Beatmung - Glucocorticoid-Spray orale Vergiftung: - Magenspülung, medizinische Kohle Thallium Thallium Vorkommen (Beispiele) Welt-Jahresproduktion relativ gering: ca. 5 t • Elektroindustrie • chemische Industrie als Katalysator • in Thermometern zur Messung von tiefen Temperaturen bis -58 °C (niedriger Schmelzpunkt) • Feuerwerkskörper (leuchtet in der Flamme grün) • Rodentizid (Thallium(I)-Sulfat) (Zeliokörner) • Suizid- und Mordgift (tödliche Dosis 10 - 15 mg/kg) • früher zur Therapie der Lues und als Enthaarungsmittel (Thalloacetat) • Nahrungsmittel in der Regel < 0,1 mg/kg; Pilze und Kohl bis zu 1 mg/kg Chemische Eigenschaften • Oxidationsstufen: 0, +1, +3; im Körper entsteht aus dreiwertiger toxische einwertige Verbindung • geruch-, geschmacklos Thallium Toxikokinetik • Resorption - rasch über den Gastrointestinaltrakt: bis 80% - rasch über die Lunge - auch über die Haut möglich • höchste Organ-Tl-Gehalte beim Menschen - Haare - Nieren, Leber - Knochen, Knorpel - Nebenhoden Leber eines Hundes nach Aufnahme von Tl-haltigem Rattengift • Elimination - sehr langsam (Halbwertszeit: 14 Tage) - über Niere (20%), über Galle (enterohepatischer Kreislauf) - über Fäzes, Speichel, Schweiß, Haut, Haare, Muttermilch Thallium Vergiftungsbild „Epithel- und Nervengift“ Typische Latenz von 1-2 Tagen 3.-4. Woche: Mees-Streifen aus: Taschenatlas der Toxikologie, Thieme-Verlag Thallium Vergiftungsbild „Epithel- und Nervengift“ Haarausfall Weiße Querstreifen auf den Nägeln: Mees-Streifen Thallium Vergiftungsbild Wirkungsmechanismus: ähnlicher Ionenradius wie K+-Ion aus: Taschenatlas der Toxikologie, Thieme-Verlag Thallium Therapie • Eisen(III)-hexacyanoferrat (Berliner Blau): - keine Resorption - Abfangen von Tl+-Ionen im Darm → Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufs - klassische Chelatbildner wirkungslos, da keine Komplexierung von Tl+ • Magenspülung • forcierte Diurese • Hämodialyse Arsen Arsen Vorkommen (Beispiele) • Biozide, Holzschutzmittel, früher als Pflanzenschutzmittel im Weinbau Kupferarsenit, Bleiarsenat („Bergsieche“, „Kaiserstuhlkrankheit“) • Herstellung von Halbleitern (Gallium- und Indiumarsenid) • Suizid- und Mordgift (Arsenik); 0,01-0,05 g As2O3 toxisch, 0,3 g tödlich • Kampfstoffe (Lewisit) • früher zur Therapie der Lues (Salavarsan) • Arsengehalt in Europa: Böden ca. 6 mg/kg, Wasser ca. 2 µg/l, Luft ca. 16 ng/m3. Trinkwasser sollte < 40 µg/l enthalten • tägliche Zufuhr mit der Nahrung ca. 11 µg Chemische Eigenschaften • Toxizität abhängig von Wertigkeit der Verbindung: - elementares Arsen untoxisch - dreiwertige anorganische Verbindungen (gasförmiges Arsin [AsH3], Arsenik [As2O3]) sind toxischer als fünfwertige Arsen Toxikologisch wichtige Arsenverbindungen Bezeichnung Formel Bedeutung, Toxizität Metall Erz As As2S3 Arsentrioxid (Arsenik) As2O3 Arsenpentoxid As2O5 Arsentrichlorid AsCl3 Kupferarsenit 3Cu(AsO2)2 Bleiarsenat Arsenwasserstoff (Arsin) Pb3(AsO4)2 AsH3 kann zu As2O3 oxidiert werden ungiftig, aber meist mit As2O3 und As2O5 verunreinigt hochtoxisch, Mord- und Suizidgift, Rattengift weniger giftig, im Orgnismus in As2O3 umgewandelt zur Metalloberflächenbearbeitung; Reizstoff, zerfällt in As2O3 und HCl „Schweinfurter Grün“, in Verbindung mit Kupferacetat, früher Insektizid, Fungizid, u.a. im Weinbau früher in Farben und Lacken hochgiftiges Gas mit Knoblauchgeruch Arsen Arsenhaltige Kampfstoffe des 1. Weltkriegs Arsen Salavarsan (Therapie der Lues) Paul Ehrlich (1906) Arsen Toxikokinetik • Resorption - über den Gastrointestinaltrakt: ca. 80% - über Lunge: ca. 10% - auch über die Haut möglich James Marsh • höchste Organ-As-Gehalte beim Menschen - Nieren, Leber, Milz, Lunge - nach längerer Exposition v.a. Haut, Haare, Nägel • Elimination - über Niere (ca. 30%) - über Galle (enterohepatischer Kreislauf) - über Fäzes (ca. 4%) Marsh-Apparat (1836) Nachweis von Arsen Arsen Vergiftungsbild „Kapillargift“ Akute Toxizität • Übelkeit, Erbrechen • schwere Gastroenteritis mit reiswasserähnlichen Durchfällen • Blutdruckabfall, Ödeme Chronische Toxizität • inhalativ: Schädigung der Schleimhäute der Atemwege; Bronchialkarzinom • oral: Leberschäden, Hyperkeratosen, Mees-Streifen, Haut-, Nieren-, Blasentumoren • dermal: Hyperpigmentierung, Hyperkeratosen, Hauttumoren Arsen Vergiftungsbild „Kapillargift“ Chronische Toxizität Hyperkeratosen Mees-Streifen Arsen Therapie • akute Vergiftung: Magenspülung, medizinische Kohle, Ausgleich Wasserund Elektrolytverlust • Dimercaptopropansulfonat (DMPS) aus: Taschenatlas der Toxikologie, Thieme-Verlag
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