Reformierte Presse Badenerstrasse 69, 8004 Zürich Tel. 044 299 33 21 Fax 044 299 33 93 E-Mail: [email protected], www.reformierte-presse.ch Abonnemente: Tel. 033 828 81 12 Inserate: Tel. 044 299 33 20 E-Mail: [email protected] 29. Jahrgang Preis: Fr. 3.70 (inkl. 2,5% MwSt.) Auflage: 3313 (geprüft) Wochenzeitung der reformierten Kirchen AKTUALITÄT Für Profis: Wie Pfarrpersonen sich am besten kleiden 5 Nr. 12 I 20. März 2015 THEMA Für Laien: Die evangelischen Passionsspiele im deutschen Zschorlau 6 FEUILLETON Für Profis und Laien: Die Paulusbriefe, frisch erklärt 9 Neue Männer braucht die Frauenkonferenz «Hoffnungsgeschichten gegen Krieg und Gewalt» – so das Thema der Frauenkonferenz des Kirchenbundes Eine «andere Politik» ist möglich: Die Frühlingstagung der SEK-Frauenkonferenz diskutierte am 16. März über kirchliche Handlungsmöglichkeiten, gegen Gewalt und Gleichgültigkeit vorzugehen. Susanne Leuenberger – Von Frauen organisierte Tagungen interessieren Frauen. Diese Erkenntnis erschloss sich der Besucherin der Frauenkonferenz des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK). Unter den 70 Anwesenden, die sich am Montag in der Berner Heilsarmee-Zentrale eingefunden hatten, konnte gerade eine Handvoll Besucher ausgemacht werden. Die fehlende männliche Präsenz ist schade, denn erstmals hatte die Konferenz ein breiteres Publikum eingeladen. Die Konferenz hätte auch Männer ansprechen können, zumal das Thema – «Hoffnungsgeschichten gegen Krieg und Gewalt» – keine Geschlechtergrenzen kennt: Unter der Leitung der Theologinnen Sabine Scheuter, Adelheid Heeb und Carmen Jud diskutierten die Anwesenden über Handlungsstrategien, mit denen den humanitären Krisen im Nahen Osten und in Afrika begegnet werden kann. Und was Frau und Mann in der Schweiz tun können, um Kriegsflüchtlingen zu helfen. Zunächst aber sorgten die Grussworte des SEK-Präsidenten für Heiterkeit. Es entbehrte nicht einer gewissen Komik, dass ausgerechnet Gottfried Locher, der für seine Aussagen zu Genderthemen für Empörung sorgte, die Frauentagung eröffnen sollte. Locher packte den Stier bei den Hörnern und erinnerte sich an das «böse Erwachen» an jenem Dezembermorgen, als er im Radio von dem offenen Brief gegen ihn erfuhr, den viele der heute anwesenden Frauen mitunterzeichnet hätten. Seitdem sei ein gutes Gespräch mit den Initiantinnen des Briefs entstanden, er sei lernfähig und bereit, seine Sicht auf Geschlechterfragen zu überdenken. Die Theologin Carmen Jud leitete mit ihrem Input in die Thematik von «Krieg und Gewalt» ein. Mit der feministischen Theoretikerin Judith Butler plädierte sie für eine «andere Politik»: Diese antworte auf erfahrene Gewalt nicht mit Gegengewalt, sondern lasse Schmerz zu, verwandle Trauer über Verlust und Zerstörung in eine «Politik der Verletzlichkeit». So sei jedes Leben prekär. Und jedes Leben abhängig vom Schutz der Gemeinschaft, eine feministisch-theologische Fortsetzung auf Seite 3 Kirchenklang mit fröhlichen Kinderstimmen In Basel fand der gelungene Auftakt zum «cantars kirchenklangfest 2015» statt Foto: Mark Wiedmer Mit mehr als zwanzig Veranstaltungen in Kirchen der Basler Innenstadt fand letztes Wochenende der Auftakt zum «cantars kirchenklangfest 2015» statt. Besonders eindrücklich war der fröhliche Stimmenklang von vielen ganz jungen Kirchenstimmen. Andrew Bond (rechts) mit dem Kinderchor ökiko in der Offenen Kirche Elisabethen. Mark Wiedmer – «Es isch irgendwie, ds Härz goot uf» – «Bim Singe vergissisch anderi Sache» – «Normalerwiis sing ich dihäime jo eläi. Aber Zämesinge im Chor find ich besser». Das erzählten frisch von der Leber weg drei Buben der Knabenkantorei Basel zu ihrem Konzert im Basler Münster der «Tagesschau» im Schweizer Fernsehen. Und illustrierten da- mit ihren gelungenen Choreinsatz am «cantars-Auftakt-Festival» vergangenen Samstag in Basel mit dem Nachmittagskonzert «Perlen geistlicher Chormusik» von Bach bis Gounod. Dass Kirchenkultur und -gesang auch für junge und jüngste Mitwirkende attraktiv sein kann, bewiesen verschiedene der rund zwanzig Auftaktkonzerte, die in Basel von mehreren Hundert Personen besucht wurden. Neben den Buben der Knabenkantorei gab auch die Mädchenkantorei Basel ein Konzert mit der Pergolesi-«Stabat Mater». Und der BasFortsetzung auf Seite 4 Meinung reformierte presse Nr. 12 I 20. März 2015 Reformierter «So-Blick» Noten & Notizen von Mark Wiedmer, Chefredaktor Zu den spannendsten Tätigkeiten im Rahmen der RP-Redaktionsaufgaben gehört die Themenplanung und Themensetzung für unsere Wochenzeitung. Da ja bekanntlich auch in den reformierten Kirchen die spannenden Themen und guten Geschichten – mit wenigen Ausnahmen – nicht einfach vom Himmel fallen, gehört zum antizipierenden Themensetting unter anderem die Lektüre verschiedenener Zeitungen der weltlichen Konkurrenz, so zum Beispiel am letzten Wochenende mit dem Blick in den «Sonntagsblick». Zur RP-Redaktionskonferenz am vergangenen Montag habe ich den «So-Blick» des Vortags mitgenommen und der Redaktion vorgelegt, mit der Leitfrage, was denn unter dem Gesichtspunkt kirchlicher Publizistik für uns in der «Reformierten Presse» im sonntäglichen Boulevardblatt von Interesse sein könnte. Erstaunlich viel, wie sich beim Durchblättern gezeigt hat. depräsidentin in Seedorf BE amtet, was dort zu einem Kirchenaustritt geführt habe. Für Bär bedeute ihr religiöses und ihr politisches Engagement keinen Widerspruch – was eigentlich sehr zwinglianisch wäre. Aber wir notieren uns die Frage, ob ein bestimmter politischer Stil im Kontext kirchlich-reformierten Denkens und Handelns tatsächlich völlig wertfrei dastehen und abgehen kann. Die Frau als Dingsda Kolumnist Frank A. Meyer rechnet mit abverheiten «NZZ»-Aussagen zur Frauenquote ab: «So sieht sie aus, die neoliberale Rechtgläubigkeit: Gesetzliche Förderung der Frau wird gleichgesetzt mit Quoten für ‹was auch immer›. Die Frau als ‹was auch immer›. Die Frau als Dingsda. Ja, der Strenggläubige wird rasch blind. Auch für den Anstand.» Das gilt auch für reformierte Strenggläubigkeit und wird dankbar notiert, auch im Hinblick auf unsere Diskussionen über die Feminisierung der reformierten Männerkirche. Reformierte Zürcher Banker Die ersten drei Aktualitätsseiten widmet der «So-Blick» der zunehmenden Agression und Gewalt gegen Polizeibeamte. Wir fragen uns, ob wir dazu in der RP nicht gelegentlich jemanden zu Wort kommen lassen möchten, der als Seelsorger seinen Dienst in einem Polizeikorps leistet, zum Beispiel der reformierte Pfarrer Simon Gebs bei der Polizeiseelsorge Zürich. Wäre das für unsere Leserschaft von Interesse? Wir meinen: Ja, und notieren das Thema. Zur Neubesetzung des Chefpostens in der Credit Suisse erinnert Chefautor Peter Hossli daran, dass die Religion bei der Gründung der CS als SKA in Zürich wichtig und die Konfession lange entscheidend für die Mitgliedschaft in der Generaldirektion gewesen sei. «Die Vorgabe bis Ende Sechzigerjahre: reformiert, freisinnig, zürcherisch, männlich». Der Zuger Katholik Rainer Gut zum Beispiel habe als neuer Chef ab 1977 noch jahrelang nur den Titel «Sprecher» der Geschäftsleitung getragen, weil er katholisch war. Wir schauen uns im Redaktionsteam mit grossen Augen an: Das hat von uns niemand gewusst. Wir sind dankbar, wenn wir aus der Zeitung etwas erfahren, was wir nicht schon zum voraus wussten. Und wir notieren uns, bei Gelegenheit unsere Kenntnisse über die Positionen reformierter Kapitalismuskritik aufzufrischen. Kirchenüberfall Erlenbach Weisheit im SEK Polizeiseelsorge Auf Seite 6 gibt der Zürcher Kirchensprecher Nicolas Mori dem «So-Blick» in einem SMS-Interview Auskunft über seine Einschätzung betreffend allfällige Massnahmen im Zusammenhang mit einem Überfall auf die Sigristin in der Kirche Erlenbach in der Vorwoche. Wir notieren uns, dass wir die Aktualität des Themas schon vor dem «So-Blick» erkannt und eine Meldung auf unserer Onlineplattform ref.ch platziert haben. SVP-Kirchgemeindepräsidentin Einem Politik-Porträt über die SVP-Generalsekretärin Silvia Bär, die wegen der SVP-Plakat-Parole «Kosovaren schlitzen Schweizer auf» vor Gericht erscheinen musste, können wir entnehmen, dass die SVP-Generalsekretärin seit 2008 auch als reformierte Kirchgemein- Im «So-Blick»-Magazin ist erfreulich viel Platz vorhanden für die Auseinandersetzung mit dem Thema Weisheit. Und unter den befragten Fachleuten treffen wir einen alten Bekannten an, unseren SEK-Präsidenten Gottfried Locher. Er schreibt: «Weisheit ist der Mittelweg zwischen Zaudern und Übertreiben. Ich finde viel Weisheit in der Bibel, zum Beispiel im Buch der Sprüche. Darin heisst es: ‹Der Reiche hält sich selbst für weise, ein Geringer aber, der einsichtig ist, durchschaut ihn.› Wer Weisheit gewinnen will, dem empfehle ich zudem: Mach Zeit frei fürs Gebet. Die Weisheit wächst im regelmässigen Gespräch mit Gott. Weisheit ist ein Geschenk, das über diese Welt hinausreicht.» Weise Worte vom SEK-Chef. Wir hätten sie ohne Widerrede natürlich auch in der RP publiziert. Briefe Kirchgemeinde als KMU? Zu: Leistung im Pfarramt und dazu ein Bischof (RP 11) Die «Reformierte Presse» macht die Bühne frei für ein Schmierentheater. Beide Stücke sind eigentlich lächerlich und durchschaubar und haben einen langen Bart. Doch dem kritischen Publikum sollte das Lachen im Halse stecken bleiben. Denn Regisseure und Akteure meinen es ernst, und sie bekleiden verantwortliche Ämter. Stück Nummer eins: Kirche als Wirtschaftsbetrieb. Wenn sich Peter Barrenstein vorstellen kann, Gemeinde und Kirche wie einen Wirtschaftsbetrieb zu organisieren, dann überträgt er ein Muster aus seiner ihm vertrauten Lebenswelt auf etwas, dessen Verständnis sich ihm augenscheinlich verschliesst. Gemeinde als ein börsennotiertes Unternehmen mit Marktwert und der Pfarrer ein ausstempelnder Fliessbändler. Beurteilt nach Stückzahlen. Wie gesagt, es wäre zum Lachen. Doch es ist ernst. Aber warum nicht ein Gegenvorschlag? Organisieren wir doch Kirche wie Schule. Lassen wir die Pfarrer wie Lehrer sein. Sie tragen die Anwesenheit ins Klassenbuch ein und geben Noten für Leistung in Religion. Modelle aus dem Militär oder aus dem Rotlichtmilieu lies- sen sich vielleicht auch durchspielen. Doch kehren wir zurück zum Modell Wirtschaftsbetrieb und damit zu Stück Nummer zwei. Hier dürfen nach Herzenslust alle mit Bischofslust auftreten, denn: «Eine Person, die eine Leitungsfunktion ausübt, ist in allen klassischen Kirchen der Bischof» (Interview P. Streiff, S. 6). Und wer wollte nicht klassisch und quasi qua Amt klar erkennbar sein. Und so verbinden wir das ökonomische Auslaufmodell mit dem der Klassik der Kirche. Aus alt mach neu. Daraus muss einfach Innovatives und Zukunftweisendes werden. Hört Ihr sie rotieren, unsere Vorfahren der Reformation? Pfr. Ralf Bethke 4528 Zuchwil Bitte keine nackten Menschen Zu: Schmerzzeichen am Leib (RP 10) Die grosse erotische Fotografie einer nackten Frau gehört nicht in die «Reformierte Presse». Für solches gibt es andere Zeitschriften. Elisbeth Egger-Wackernagel 4500 Solothurn Auch erschöpfte Pfarrer wissen oft nicht, wo sie mit ihrer Leistung eigentlich stehen. Foto: epd/Jens Schulze 2 Aktualität Nr. 12 I 20. März 2015 reformierte presse Neue Männer braucht . . . AG: Kirchenabriss sistiert Begegnungen helfen Doris Eckstein, Psychologin, erzählte wiederum, wie die 500 Flüchtlinge, die seit Herbst 2014 in ihrer Gemeinde Riggisberg in einem Durchgangszentrum untergebracht sind, das Zusammenleben des 2400-Seelen-Dorfes verändert hätten. Mehr als 40 Freiwillige meldeten sich, um den Flüchtlingen in ihrem schwierigen Alltag zu helfen, etwa beim Foto: RP/Susanne Leuenberger Fortsetzung von Seite 1 Friedenspolitik trage dieser Verletzlichkeit Rechnung. «Gottes Macht ist in Beziehungen», zitierte Jud die Theologin Isabel Carter Heyward. Wie sehr Beziehungen in Hoffnungsgeschichten eine Rolle spielen, zeigte die Diskussion auf dem Podium. Andreas Nufer, Pfarrer der Stadtberner Heiliggeist-Gemeinde, sprach über die Kampagne «Syrien, was kann ich tun?», die er im Herbst 2014 ins Leben gerufen hatte. Er betonte das Vernetzungspotenzial der Kirche: Ihr gelinge es, heterogene Kreise für humanitäres Engagement zu mobilisieren. Nufer fand klare Worte für die offizielle Flüchtlingspolitik: «Zurzeit sind 12 Millionen Syrer auf der Flucht. Die Schweiz nimmt ein paar Tausend auf. Unser Grenzregime ist Gewaltanwendung durch Gleichgültigkeit.» Engagiertes Diskutieren über Gewalt an der SEK-Frauenkonferenz in Bern. Deutschunterricht oder dem Gang zum Arzt. Ein ganz anderes Handeln sei möglich durch die Begegnung, meinte Eckstein, die die Freiwilligenarbeit koordiniert. Kritisch betrachtete sie die Medienberichterstattung, die schlechten Meldungen mehr Raum gebe als dem Positiven, denn Riggisberg sei eine «Erfolgsgeschichte». Den Abschluss des Morgenprogramms bildete das Referat der Swisspeace-Genderfachfrau Annemarie Sancar über Frauen(bilder) im Krieg. Die eher theoretischen Überlegungen zum Stereotyp der Frau als Kriegsopfer und zu dem Bild des wehrhaften, bewaffneten Mannes als Beschützer mochten wenig an die zuvor diskutierten, konkreten Handlungsmöglichkeiten anzuknüpfen. Ihre Ausführungen machten dennoch klar, dass Krieg den sozialen Status der Frauen schwächt und dass eine künftige «Politik der Beziehung» ohne Geschlechtergerechtigkeit nicht auskommt. Die diesjährige Frühlingstagung setzte mit Gewalt und Krieg einen aktuellen Schwerpunkt, und zeigte mögliche «Hoffnungsgeschichten» auf. Es bleibt zu hoffen, dass an der nächsten öffentlichen Frauenkonferenz mehr Männer mitdiskutieren. Aargau: Reformierte mit Überschuss Weniger Kosten bei der Pfarrpersonen-Ausbildung füllt die Kasse der Landeskirche Die Reformierte Landeskirche Aargau kann das vergangene Jahr mit einem Überschuss von rund 213 000 Franken abschliessen. Die Synode wird im Juni entscheiden, was mit dem Geld geschehen soll. ref.ch – Wie die Reformierte Landeskirche Aargau in einer Mitteilung schreibt, weist die Rechnung einen Aufwand von rund 11,16 Millionen Franken aus – bei einem Ertrag von knapp 11,37 Millionen Franken. Dieser resultiert zu 89 Prozent aus den Zent- ralkassenbeiträgen der Kirchgemeinden. Budgetiert war ein Ertragsüberschuss von lediglich 7000 Franken. Geringere Ausbildungskosten Die Ausgaben blieben um gut 250 000 Franken unter den budgetierten Zahlen, da insbesondere geringere Ausgaben bei der Ausbildung von Pfarrpersonen sowie Sozialdiakoninnen und Sozialdiakonen anfielen (rund 110 000 Franken). Hinzu kommen Einsparungen beim Personal und bei externen Auftragsvergaben. Trotz diesen Einsparungen fiel der Überschuss vom letzten Jahr geringer aus als im 2013, als am Ende des Jahres rund 380 000 Franken mehr Geld als budgetiert in der Kasse lag. Über die Verwendung des Ertragsüberschusses entscheidet die Synode, die am 3. Juni 2015 in Aarau tagt. Die Reformierte Landeskirche Aargau hat gemäss eigenen Angaben in 75 Kirchgemeinden rund 180 000 Mitglieder. 3 ref.ch – Die reformierte Kirche im aargauischen Turgi bei Baden wird vorerst nicht abgebrochen. Der Gemeinderat hat ein Abbruchgesuch der Kirchgemeinde für die Dauer von zwei Jahren sistiert. Damit will er sicherstellen, dass die Kirche allenfalls unter Denkmalschutz gestellt werden kann. Ein Fachgutachten über die Schutzwürdigkeit komme zum Schluss, dass die reformierte Kirche «Ausdruck und Zeuge einer besonderen historischen Situation von überkommunaler Bedeutung» sei. Die Kirche sei in architektonisch-baukünstlerischer Hinsicht als wichtiger Zeuge zu deuten. Ein bautechnisches Gutachten zeige, dass sich die Kirche und das Pfarrhaus in einem Zustand befänden, der eine Sanierung und weitere Nutzung zulasse. D: Kopftuchverbot gekippt ref.ch – Ein pauschales Kopftuchverbot für Lehrerinnen in öffentlichen Schulen ist in Deutschland nicht mit der Verfassung vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Richter kippten ausserdem eine Vorschrift im nordrhein-westfälischen Schulgesetz, nach der christliche Werte und Traditionen bevorzugt werden sollen. Dies benachteilige andere Religionen. Das Grundsatzurteil hat Konsequenzen auch für andere deutsche Bundesländer, in denen entsprechende Verbotsgesetze gelten. Ein Kopftuchverbot an Schulen ist nach Ansicht der Richter nur dann gerechtfertigt, wenn durch das Tragen eine «hinreichend konkrete Gefahr» für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität ausgeht. Diakoniekonferenz in Zug RP – An der diesjährigen 5. Zentralschweizer Diakoniekonferenz haben sich am 14. März in Zug 55 kirchliche Mitarbeitende mit dem Thema generationenfreundliche Kirche auseinandergesetzt. Es wurde der Frage nachgegangen, wie Kirchgemeinden den Reichtum ihres Know-hows, ihrer Angebote und Räume nutzen können, um Begegnungsorte für verschiedene Generationen und Kulturen zu schaffen, damit die Kirche zu einem interessanten Sozialraum mit vielen Anknüpfungspunkten für Gäste und Gastgebende werden kann. Informiert bleiben? Täglich News gibt’s im ref.ch-Newsletter. Hier abonnieren: ref.ch/newsletter Aktualität Fortsetzung von Seite 1 ler Cevi-Chor Ten Sing präsentierte das neue ökumenische Liederbuch «rise up+». Besonders berührend war das Familienkonzert «Himmelwiit» des Liedermachers Andrew Bond mit dem ökumenischen Kinderchor ökiko in der Elisabethenkirche. Die kleinen Knöpfe sagen mit so viel Fröhlichkeit, Einsatz und Lautstärke, dass es nur so eine Freude war – und sie blieben den klassisch geschulten Buben der Knabenkantorei keinen Ton schuldig. Die «Ökumene des Kirchengesangs», die mit dem Grossanlass «cantars 2015» bewirkt und gefeiert werden soll, erwies sich beim Auftakt in Basel nicht nur als konfessions-, sondern auch als generationenübergreifend. Wenn sich Kirchenkultur so farbig, fröhlich und lebendig darstellt, dann besteht die Hoffnung, dass in unseren alten Kirchenmauern und Kirchenformen von jungen Stimmen «dem Herrn» tatsächlich «ein neues Lied» gesungen wird, wie es im Psalmwort heisst, auch in Zukunft. Oder wie ein weiterer Bub der Knabenkantorei sein Engagement zusammenfasste: «Äs macht mer äifach Spass.» Die ökumenische Grossveranstaltung des «cantars kirchenklangfest 2015» bietet bis zum 7. Juni schweizweit rund 440 Anlässe zu Kirchenmusik und Kirchenkultur mit mehr als 12 000 Mitwirkenden. Der nächste «cantars»-Schwerpunkt liegt kommendes Wochenende in Bern (siehe Kasten unten). «cantars» in Bern am 20. März «cantars» geht dieses Wochenende in die zweite Runde. Der Schwerpunkt verlagert sich nach Bern unter dem Titel «Kirchenmusik reformiert». Auch hier ist eine prägnante Beteiligung von Kindern und Jugendlichen vorgesehen: Unter anderem singt der Kinder- und Jugendchor des Berner Münsters und der Kinderchor Köniz. Viel Orgelmusik ist im übrigen im Rahmen eines Orgelwettbewerbs in vier Konzerten zu hören. Zudem stehen «Lieder und Gesänge der Reformation» auf dem Programm sowie «Gregorianische Gesänge». www.cantars.ch reformierte presse Nr. 12 I 20. März 2015 Prominenz zu Kirche und Klang Kirchliche «Who’s who»-Liste im «cantars»-Festivalführer Fotos: SEK-Flügge/CC BY-NC 2.0 4 «cantars»-Prominenz (von links): Andreas Zeller (Bern-Jura-Solothurn), Wilfried Bührer (Thurgau) und Michel Müller (Zürich). «cantars» zählt auf breite Unterstützung, nicht nur der rund 12 000 Mitwirkenden, sondern auch von der Prominenz. Rund 100 Persönlichkeiten aus Kirchen, Politik und Unterhaltung werden als VIP-Botschafter geführt. Der «cantars»-Führer liest sich wie ein kirchliches Who’s who mit interessanten Einblicken. Mark Wiedmer – Der Festakt zur «cantars»-Eröffnung in Basel fand unter dem Titel «cantars prominent begrüsst» statt, und gleich anschliessend trafen sich die Gäste zum «VIP»-Apéro nebenan im Hotel Merian Spitz. Neben unbestritten «Very Important Persons» wie den Leitungsvertretern der reformierten und katholischen Kirchen fand sich auch die eine oder andere «NIP» («Not Important Person») wie etwa der RPChefredaktor ein und konnte auch zur Kenntnis nehmen, wer kirchlich zwar nicht gerade als Cervelat-Promi, aber doch als Person mit Ausstrahlung gilt. Die üblichen Verdächtigen Aufschluss über kirchliche und kirchennahe Prominenz gibt ebenfalls die Liste der rund 100 VIP-Ambassadoren mit Unterstützungszitaten für «cantars». Das liest sich wie ein Who’s who auch von reformierten Kirchen-VIP. Neben den üblichen Verdächtigen wie SEK-Ratspräsident Gottfried Locher («Musik verbindet Menschen und Generationen, Religionen und Kulturen, Musik stiftet Frieden») und den Kirchenverantwortlichen der Kantone Zürich, Bern und Thurgau (Müller, Zeller und Bührer) findet sich auch die Geschäftsführerin am Zentrum für Kirchenentwicklung der Uni Zürich, Christina Aus der Au, prominent aufgeführt. Man vernimmt hier übrigens, dass sie den Deutschen Evangelischen Kirchentag 2017 präsidieren wird. Und ist erfreut über die Prägnanz ihrer Aussage und ihren Bezug auf den Philosophen Wittgenstein. Unter den «Persönlichkeiten mit nationaler Ausstrahlung» kommen neben kirchlichen Würdenträgern wie dem Basler Bischof Felix Gmür, der gewitzten Luzerner Theologin Jacqueline Keune oder Urban Federer, dem Abt von Einsiedeln, auch Prominente aus Politik, Medien und Unterhaltung zu Wort. Die Sängerin Paola Felix äussert sich aus offensichtlich berufenem Mund zu Kirchengesang, ebenso wie die Schlagersängerin Beatrice Egli. Etwas weniger offensichtlich ist diese Berufung bei Mario Slongo, dem ehemaligen «Wetterfrosch» von Radio SRF 1 («Ein Ton bleibt eintönig. Viele Töne werden zu Musik»), aber eines ist sicher: Der sicherste Weg zur Prominenz führt in der Schweiz über einen Moderationsjob in den Medien, was auch den Botschafterstatus von Dani Fohrler, Moderator SRF («Ich schätze Kirchenmusik, weil sie meine Seele berührt») erklärt. Bei den kirchenprominenten Politikern ragt «der höchste Schweizer», Nationalratspräsident Ruedi Lustenberger, über die anderen hinaus, vor allem mit der Information, dass seine Frau Marie-Theres seit über vierzig Jahren im Kirchenchor singt. Diese hat es indessen nicht auf die Promi-Liste geschafft. Dafür wird eine beachtliche Reihe von Politikerinnen zitiert, von Ständerätin Karin Keller-Sutter, SG, über Nationalrätin Bea Heim, SO, bis zu Nationalrätin Barbara SchmidFederer, ZH, letztere mit dem Hinweis: «Die musikalische Bildung junger Menschen ist von unschätzbarem Wert.» Abgestufte Ausstrahlung Übrigens: Dass der Thurgauer Kirchenpräsident Wilfried Bührer und der Zürcher Kirchenpräsident Michel Müller die VIP-Weihe als «cantars»-Botschafter und «Persönlichkeiten mit nationaler Ausstrahlung» erhalten haben, erklärt sich vielleicht mit ihren Zusatzämtern als Präsident der Deutschschweizerischen Kirchenkonferenz (Bührer) beziehungsweise als Präsident des Deutschschweizer Konkordats zur Pfarrausbildung (Müller). Dass hingegen Andreas Zeller als Synodalratspräsident der Reformierten Kirchen Bern-JuraSolothurn nur als «Person mit kantonaler oder regionaler Ausstrahlung» – also gleichsam halbprominent – auf einem hinteren Listenplatz landet, ist ein harter Schlag für alle (Heimweh-)Berner. Allerdings ist Bescheidenheit auch eine reformierte Zier und VIP-Prominenz oft so flüchtig wie der Duft einer Cervelat auf dem Grill. Zu guter Letzt sei als «cantars»-Botschafter der Kabarettist Osy Zimmermann zitiert: «Ich glaube an die Kraft der Musik, an die Kraft des Gesangs und an die befreiende Kraft des Humors in der Kirche. Amen.» Aktualität Nr. 12 I 20. März 2015 reformierte presse 5 «Der sieht mal richtig flott aus!» Modedesigner Dietrich Hildebrand über das passende Outfit im Pfarrberuf Dietrich Hildebrand berät Pfarrpersonen in Imagefragen. Im Gespräch mit Fabian Kramer erklärt er, wie Kleidung Kompetenz vermitteln kann – und was er als Katholik am evangelischen Talar mag. Herr Hildebrand, wie muss man sich Ihre Image-Workshops vorstellen? Geht es da um ein klassisches Vorher-Nachher? Nein. Es ist nicht eine Modeberatung im herkömmlichen Sinn. Das wäre für die Berufsgruppe der Pfarrerinnen und Pfarrer sicher fehl am Platz. Es geht mehr darum: Welche Signale sende ich durch mein äusseres Erscheinungsbild? Wie mache ich nonverbal meine Kompetenz sichtbar? Fotos: zvg (o.), Gion Pfander (u.) Gehören Pfarrpersonen da nicht eher zu den beratungsresistenten Berufsgruppen? Ich würde nicht von beratungsresistenten Berufsgruppen sprechen, nur von beratungsresistenten Personen. (lacht) Wer kein Interesse an dem Thema hat, wird auch kein solches Seminar besuchen. Eines kann man sicher sagen: In den sozialen Berufen wird das äussere Erscheinungsbild zum Thema. Das war vor einigen Jahren noch nicht so. Lassen Sie uns konkret werden. In den reformierten Kirchen der Schweiz wird manchmal Talar getragen, manchmal nicht. Ihre Meinung dazu? Ich glaube, hier bin ich altmodisch. Ich begrüsse den Talar. Der Talar ist eine Amtstracht. Es ist wie bei einem Apotheker. Wenn der den weissen Kittel trägt, kommt mehr Kompetenz herüber, als wenn er in der Tageskleidung dasteht. Beim Banker wird Anzug erwartet, nicht Pulli. Das haben wir in allen Berufen. Besitzen die Katholiken mit ihren vielen und bunten liturgischen Gewändern diesbezüglich einen Vorteil? Ich bin selbst katholisch. Aber ich denke nicht, dass man farbige Outfits haben muss für die Kirche. In der Kirche bin ich sogar dafür, dass man sich eher zurücknimmt in der Kleidung. Die Amtsträger sollten immer darauf achten, dass sie in ihrem Auftreten nicht eitel erscheinen. Deshalb finde ich den schwarzen Talar ganz gut. Dabei spielt aber mein persönlicher Geschmack mit eine Rolle. Und ausserhalb der Kirche, wie soll ein Pfarrer, eine Pfarrerin auftreten? Zuerst muss man sich fragen, wofür ihre Tätigkeit steht: Sozialkompetenz, Fürsorge, Empathie, Vertrauenswürdigkeit, natürlich auch Tatkraft, Engagement, Fachwissen, Vitalität. Da kann ich ganz viel mit dem Äusseren machen und auch verkehrt machen. Bei der Berufskleidung gilt zum Beispiel: Kontraste stehen für Kompetenz. Also eher ein dunkelgrauer Anzug mit blütenweissem Hemd und blau-weiss gestreifter Krawatte als ein beiger Anzug mit crèmefarbenem Hemd und heller Krawatte. Abgesehen von der Kleidung, was raten Sie Ihren Kursteilnehmern in Sachen Outfit? Wichtig ist, dass man das Gesicht frei und offen zeigt und nicht mit einer Mähne verdeckt. Auch das gehört zur Ausstrahlung von Kompetenz. Wie heisst es so schön: Frisur gibt Kontur. Das sendet eine ganz andere Botschaft, als wenn ich die Haare einfach so wachsen lasse. Gelten für Pfarrerinnen noch andere Regeln als für Pfarrer? Die Frauen haben natürlich viel mehr Möglichkeiten als Männer. Make-up ist ein hochinteressantes Thema, weil es ein eindeutiger Kompetenzbringer und Präsenzverstärker ist, genauso wie der Haarschnitt. Ich plädiere grundsätzlich dafür, dass Pfarrerinnen in der Kirche ein dezentes Make-up tragen, so wie Politikerinnen oder Moderatorinnen. Gibt es stilmässig irgendwelche Tabus? Ich würde als Pfarrerin keine roten Fingernägel wählen. Da kommen zu viele erotische Signale herüber. Auswüchse in der Farbgebung der Haare sehe ich ebenfalls als Tabu. Viele neigen dazu, sich die Haare zu rot zu tönen, zu schwarz oder zu signalblond. Das gehört für mich nicht zum Beruf der Pfarrerin. Liegt es nicht am Lauf der Zeit, dass man sich heute lockerer gibt? Die Kirchenbesucher kommen ja auch nicht mehr in der Sonntagskleidung. Ja, es ist der Lauf der Zeit. Aber das bedauere ich. Die Kirche ist ein Ort der Wertschätzung. Wir Talar oder nicht Talar – das ist hier die Frage. «Ich würde als Pfarrerin keine roten Fingernägel wählen», sagt Imageberater Dietrich Hildebrand. wollen nicht zurückgehen in die ganz alten Zeiten, wo man nur im Anzug zum Gottesdienst gehen konnte und die Frau ihr bestes Kleid herausgenommen hat. Doch man sollte auf sich achten, auch beim Kirchenbesuch. In der Religion zählen mehr die inneren Werte, während der Mode etwas Oberflächliches anhaftet. Vielleicht liegt darin das Problem? Die Meinungen dazu sind ganz unterschiedlich. Es gibt Menschen, die sagen: «Ach, unser Pfarrer, was muss der schon gut aussehen?! Der ist doch für ganz andere Sachen zuständig.» Aber dann gibt es viele Menschen, denen das gefällt und die sagen: «Der sieht mal richtig flott aus!» Ich finde, es strahlt eine gewisse Freude im Leben aus, wenn ich auf mein Äusseres Wert lege. Zur Person Dietrich Hildebrand war 13 Jahre lang Chefdesigner beim deutschen Modeunternehmen Windsor und führt heute gemeinsam mit seiner Frau Anke Schmidt-Hildebrand eine Agentur für Imageconsulting in Frankfurt am Main. Anfang März hielt er erstmals einen Image-Workshop für Pfarrpersonen auf Einladung der Evangelischen Kirche in Berlin. Daneben berät er Pfarrerinnen und Pfarrer in Einzelcoachings. Thema Fotos: storymacher/ Peter Beyer 6 Bei den Proben zur Abendmahlsszene. Judas im roten Karo-Hemd Im erzgebirgischen Zschorlau führen evangelische Laienspieler die Leidensgeschichte Christi auf Die Idee zum Passionsspiel geht auf Kreuzworträtsel in DDR-Zeiten zurück. Heute schauen sich bis zu 6000 Zuschauer die Aufführungen an. Peter Beyer – «Lasst es euch schmecken, Jungs!» Rechtsanwalt Dr. Schürer steht auf einem Tisch an der Wand und erteilt den Aposteln, die gerade zum letzten Abendmahl Platz genommen haben, Anweisungen. Derweil breitet Jesus die Arme aus und schreitet auf seine Jünger zu. Einer von ihnen hebt sich von den anderen ab: ausgerechnet Judas. Statt Kutte oder Gewand, wie alle anderen im Saal, trägt der Mann mit der Goldbrille ein rotes Karo-Hemd. Der Verräter hat sein Kostüm vergessen. Schauplatz des Geschehens ist das Obergeschoss im CVJM-Haus in Albernau bei Aue. Hier haben sich an einem Samstagmittag im Januar weit über hundert Menschen eingefunden. Sie stammen Peter Beyer ist freier Journalist und arbeitet für Storymacher, Bonn. aus verschiedenen evangelischen Gemeinden der Umgebung, sind meist Männer und haben auffallend lange Haare. Gemeinsames Anliegen der vielen Bartträger und der wenigen Frauen: Probe für die Zschorlauer Passionsspiele, die vom 3. bis 12. April aufgeführt werden. In einer Weinlaune geboren Entstanden ist das protestantische Schauspiel im Erzgebirge eher zufällig. «Zu DDR-Zeiten waren mir Passionsspiele vor allem aus Kreuzworträtseln ein Begriff: Österreichischer Passionsspielort mit drei Buchstaben – ERL», berichtet Initiator Schürer, selbst Mitglied des Gemeindevorstands der evangelisch-lutherischen Gemeinde Zschorlau. 1990, während seines ersten Westurlaubs, fuhr der heute 62-Jährige voller Neugier nach Erl und schaute sich die dortigen Spiele an. «Aus einer Weinlaune heraus, beim Alpenglühen, überlegte ich 1997 vor Ort mit Gleichgesinnten: Was bräuchten wir, um so etwas in unserem Zschorlau mit seinen 3500 Einwohnern zu veranstalten?» Die Idee nahm Gestalt an: Als Regisseur verteilte Schürer die Rollen und schrieb das Textbuch – basierend auf den Evangelien des Neuen Testaments sowie dem Roman «Jesus von Nazareth» des polnischen Schriftstellers Roman Brandtstaetter. Das Szenario verfasste Schürer dann während eines Türkeiurlaubs am Strand. Im April 2000 schliesslich war es so weit: Die Zschorlauer Passionsspiele feierten Premiere. Jesus ist Bauschlosser Der Jesus von Zschorlau heisst Matthias Gross. Im normalen Leben ist der 54-Jährige Bauschlosser. In der erzgebirgischen Passionsspielwelt hingegen schlüpft er in einen weiss-beigen Kittel und erklärt: «Meine Vorbereitung beginnt damit, nicht mehr zum Friseur zu gehen». Nach vier Spielzeiten und vielen Dutzend Proben kennt der Zschorlauer Jesus seinen Text auswendig. «Richtig aufgeregt bin ich mittlerweile nicht mehr. Das ist gut, denn so kann man sich besser auf das eigentliche Spielen vorbereiten», sagt Gross. Am meisten aus sich herausgehen könne er in der Tempelszene und auch beim Ausspruch: «Lass diesen Kelch an mir vorübergehen!» Das sei, als habe man eine Krankheit überwunden. Wir-Gefühl «Im Zschorlauer Spiel versuchen wir, das Passionsgeschehen weniger von unserem heutigen christlichen Standpunkt aus zu zeigen, sondern so, wie es damals die jüdische Bevölkerung live erlebt haben dürfte», erklärt Initiator Schürer. Vor der ersten Aufführung erhielten die Laiendarsteller schauspielerische Unterstützung von einem Zirkuspfarrer aus Dresden. Der Erfolg blieb nicht aus, denn nach der ersten Spielzeit gab es so viele positive Reaktionen, dass alle Beteiligten für eine Wiederholung plädierten und sich vornahmen, eine Tradition daraus zu machen. So gründeten 73 Interessenten aus der Lutherischen und Methodistischen Kirche sowie der Landes- Thema Nr. 12 I 20. März 2015 reformierte presse kirchlichen Gemeinschaft im Herbst 2000 den «Passionsspielverein Zschorlau e. V.». Schon zu Ostern 2001 wurde das Gemeinschaftsschauspiel erneut aufgeführt. Dann aber einigte man sich auf einen 5-Jahres-Turnus. 15 Jahre und vier Spielzeiten nach seiner Gründung hat der Verein fast doppelt so viele Mitglieder. Heute kommen bis zu 6000 Besucher je Spielzeit zu den Aufführungen in die Sporthalle. Auch ein Fernsehteam drehte vor Ort einen Film mit dem Titel «Im Dorf der Bärtigen». Ein richtiges Wir-Gefühl sei aufgekommen, erklärt Schürer. «Alle freuen sich schon auf das nächste Mal.» Sprechpausen auf Null «Mehr Dramatik!» fordert Schürer in der nächsten Szene von den Teilnehmern des Hohen Gerichts. «Sprechpausen auf Null, ruhig dem Vorgänger ins Wort fallen», so seine Instruktionen. Was folgt, ist voller Einsatz: «Er hat Gott gelästert, dieser Sohn eines Zimmermanns!» brüllt Thomas Seifert in seiner Rolle als Hohepriester in die Runde. Bis zur letzten Spielzeit 2010 mussten alle Darsteller sehr laut sprechen, damit ihre Stimme die Deckenmikrophone erreichen konnte. Mittlerweile hat sich der Verein Knopflochmikros geleistet, auch Kulisse, Requisiten und Kostüme wurden aufgepeppt. Doch über derlei äusserliche Verbesserungen hinaus wirke das gemeinschaftliche Spiel vor allem auf den inneren Zusammenhalt der Beteiligten und den der teilnehmenden Gemeinden. «Die Spiele schweissen zusammen», bestätigt Schürer. «Früher sagte man sich nur flüchtig ‹Hallo› auf der Strasse, nun bleibt man stehen. Das ist gut für den Ort und die Gemeinden. Proben und Aufführungen schaffen Gemeinsamkeiten und Verflechtungen. Aus den Berührungspunkten auf der Bühne entstehen Bindungen auch während der Zeit zwischen den Spielen.» Am Konzept und an den meisten Dialogen hat sich seit der Premiere 2000 bis heute kaum etwas verändert. Altersbedingt ziehe sich zwar der eine oder andere Darsteller zurück, erklärt Schürer. Nachwuchssorgen aber kennen sie hier in Zschorlau nicht. Im Gegenteil: Weil sich längst alle etwas darunter vorstellen können, ist es für Schürer und seine Mitstreiter viel einfacher geworden, Gemeindemitglieder zum Mitmachen zu bewegen. Das Aufhören hingegen gehe fast von alleine, schaltet sich noch einmal Hohepriester Thomas Seifert ein: «Aus der Rolle wächst du heraus, wenn deine Haare aufhören, aus dem Kopf zu wachsen!» 7 Probenarbeit im «Dorf der Bärtigen». «Da kommen mir die Tränen» Andere hören beim Autofahren Musik, Matthias Baumgartl hingegen jene Texte, die er beim Passionsspiel sprechen muss. Baumgartl ist Methodist und von Anfang an dabei. «Als ich von der Idee hörte und das Textmanuskript gelesen hatte, stellte sich mir nicht die Frage, ob ich mitmachen wollte, sondern: Wen willst du spielen? Judas ging nicht, den gab es schon. Also Jesus!» Als Pastorensohn durfte Baumgartl zu DDR-Zeiten nicht studieren. Nach mancherlei Umwegen und Kompromissen ergatterte er dann doch einen Studienplatz für Tierproduktion in Rostock. Heute leitet er die Fachschule für Landwirtschaft in Zwickau und ist zudem Laienprediger in der kleinen Methodistengemeinde von Carlsfeld. Als Laiendarsteller bei den Passionsspielen geht er in seiner Rolle auf und erklärt: «Man versetzt sich in die Gestalt hinein. Da kommen mir die Tränen, wenn sie einen wie Jesus, der nur Gutes getan hat, zum Bösewicht abstempeln und wie einen solchen behandeln. Dieselben, die ‹Ho- sianna!› riefen, sagen jetzt: ‹Kreuzigt ihn! Kreuzigt ihn!› Da ging mir durch den Kopf, wie sich Menschen in kurzer Zeit verwandeln können.» An Ostern 2010 wechselte Baumgartl die Fronten und schlüpfte in die Rolle eines Sadduzäers und Jesusgegners. Am Anfang fiel es ihm schwer zu rufen: «Kreuzigt ihn! Kreuzigt ihn!» Hochmut und Macht, so findet Baumgartl, seien ein sehr aktuelles Thema. Als Jesusgegner hat Baumgartl nur noch 9 Texteinsätze, als Jesus waren es 66 gewesen. Einen Bart verlangt aber auch die neue Rolle. «Wer mich kennt und mit dem Bart herumlaufen sieht, weiss gleich Bescheid und sagt: Ach, ihr habt wohl wieder eure Spiele?» Zu Anfang seien die Passionsspiele für Protestanten sehr exotisch gewesen. Bald aber sei ein angenehmes Miteinander unter den verschiedenen Konfessionen entstanden. Auch der gemeinsame Gottesdienst am Ostermontag habe sich aus den Passionsspielen ergeben, sogar eine jährliche Fahrt zu den Spielen im österreichischen Erl. IMPRESSUM – REFORMIERTE PRESSE Badenerstrasse 69, 8004 Zürich, Telefon 044 299 33 21, Fax 044 299 33 93, E-Mail: [email protected], www.reformierte-presse.ch REDAKTION E-Mail: [email protected], Hansjürg Mark Wiedmer, Chefredaktor; Matthias Böhni, lic. phil.; Oliver Demont, Journalist; Fabian Kramer, Journalist; Susanne Leuenberger, Dr. des.; Herbert Pachmann, Pfr.; Raphael Kummer, Praktikant PALETTE / BÜCHER Rita Schwitter, E-Mail: [email protected], [email protected] KORREKTORAT Ursula Klauser HERAUSGEBER Reformierte Medien © Volksblatt / Kirchenblatt für die reformierte Schweiz (gegr. 1844); Der Protestant (gegr. 1897); Evangelischer Pressedienst EPD (gegr. 1927); Reformiertes Forum / Refomierte Presse, 29. Jahrgang ISSN 1420-9934 VERLAG Reformierte Presse GESCHÄFTSLEITUNG Thomas Gehrig VERLAGSMARKETING /ANZEIGENLEITUNG Erik Senz, Dipl. Betriebswirt GESTALTUNG / LAYOUT R0ger ArIetti INSERATE / SEKRETARIAT Rosa-Mary Massaquoi, [email protected] HERSTELLUNG Schlaefli & Maurer AG, Industriestrasse 12, 3661 Uetendorf-Thun, ABO-BESTELLUNGEN Schlaefli & Maurer AG, Bettina Berroa, Seestrasse 42, 3700 Spiez, E-Mail: [email protected], Telefon: 033 828 81 12; Einzelnummer Fr. 3.70; Jahresabonnement Fr. 154.–; Halbjahresabonnement Fr. 84.–; Gruppenabonnement (ab 5 Exemplaren) Fr. 124.–; Studentenabonnement Fr. 59.–; Schnupperabonnement (6 Ausgaben) Fr.20.– 8 Inserate reformierte presse Nr. 12 I 20. März 2015 Evang.-reformierte Kirchgemeinde Grüsch/Fanas Kirchgemeinde Bürglen Unsere Kirchgemeinde umfasst sieben politische Gemeinden des Seelandes und liegt zwischen Biel und Lyss. Zur Ergänzung unseres Teams suchen wir ab August 2015 Wir suchen per sofort oder nach Vereinbarung eine Sozialdiakonin/ einen Sozialdiakon (50–70% ) eine/einen Aufgabenbereiche: • Organisation und Leitung von Angeboten für Erwachsene und ältere Menschen • Begleitung und Gestaltung von bestehenden sowie Aufbau, Entwicklung von neuen Angeboten • Begleitung und Förderung von Freiwilligen • Vernetzung lokal und regional • Mitwirkung bei Gottesdiensten und Anlässen vor Ort Ihre Aufgabenbereiche sind: – Kinder- und Familienarbeit – Konfirmandenunterricht – evtl. Gottesdienstvertretungen Sozialdiakonische Mitarbeiterin/ Sozialdiakonischen Mitarbeiter (20–35%) Wir sind ein engagiertes Team bestehend aus Pfarrerin, Vorstand und Sekretariat. Voraussetzungen: • Abschluss einer Fachhochschule / höheren Fachschule für Soziale Arbeit oder gleichwertige sozialdiakonische Ausbildung • Fähigkeit, selbständig und im Team tätig zu sein • Bereitschaft zum Einsatz auch abends und an Wochenenden • Interesse am Umgang mit Erwachsenen und älteren Menschen sowie die Bereitschaft, auf ihre Lebenswelt einzugehen • Identifikation mit der reformierten Landeskirche Für die Beantwortung von Fragen wenden Sie sich gerne an: • Marianna Iberg, Pfarrerin, Tel. 081 325 12 20, [email protected] • Cornelia Zimmermann, Tel. 079 263 61 93, [email protected] Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung bis am 30. April 2015, welche Sie bitte an folgende Adresse richten: Frau Cornelia Zimmermann, Aerdimur 1, 7214 Grüsch Bei uns finden Sie: • interessante, abwechslungsreiche Tätigkeit • Zusammenarbeit mit engagiertem Team • gute Infrastruktur • Besoldung gemäss kantonaler Besoldungsverordnung Auskunft erteilen gerne: – Verwaltung der Kirchgemeinde, Irène Moret, Tel. 032 373 41 40 (morgens) – Ressort Sozialdiakonie, Adrian Rennert, Tel. 078 738 32 65 Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung. Bitte senden Sie Ihre Bewerbung an: Verwaltung der Kirchgemeinde Bürglen, Kirchstrasse 29, 2558 Aegerten, E-Mail: [email protected] Goodwill Ihre Spende speichert Regenwasser. Spenden Sie 25 Franken: SMS an 488 mit Text HEKS SPENDE 25, danke. Ins_Wasser_103_90mm_sw_Ref_Presse.indd 1 18.09.14 16:01 Feuilleton Nr. 12 I 20. März 2015 reformierte presse Paulusbriefe frisch erklärt Kommentare für das angeleitete Studium biblischer Texte Dies geschieht zunächst damit, dass mit dem Eingehen auf die Einleitungsfragen der Raum abgesteckt wird, in dem die weitere Beschäftigung mit den beiden Briefen erfolgen soll. Natürlich liesse sich beispielsweise die Diskussion über Abfassungszeit und Abfassungsort erschöpfend führen; wer diesbezüglich zu anderen Ergebnissen käme als der Autor, müsste diese dann aber aufgrund seiner Einzelexegese ebenso gut belegen können, wie dies im vorliegenden Kommentar geschehen ist. Bibelstudien in der Korrelation von Exegese und Glauben in gut lesbarer Form. Für Profis wie für Laien. Hans Lanz – Ob es sie noch gibt, die Gespräche über biblische Texte? Sie stellten, meist innerhalb von Kirchgemeinden, ein Angebot dar, welches dazu diente, die Bibel, ihre Texte, Geschichten und ihre Geschichte besser zu verstehen. Im besseren Fall halfen sie darüber hinaus den am Gespräch Teilnehmenden auch, sich selbst besser zu verstehen, denn die Bibel ist ein Buch, das zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Menschsein anleitet. Die meisten Themen, welche sich in einem Menschenleben ereignen, sind in irgendeiner Form und an irgendeiner Stelle auch Themen des Alten oder Neuen Testaments. Der hier besprochene Kommentar wird sowohl den theologisch geschulten Leserinnen und Lesern als auch den an der biblischen Lektüre interessierten Nichtfachfachleuten gerecht. Alle, die sich mit diesen beiden Briefen des Paulus auseinandersetzen wollen, werden in beiden Richtungen gut geführt: Hier findet sich einerseits eine gute Grundlage, die auf exegetischer Arbeit basiert; andererseits wird die Bereitschaft unterstützt, sich angesichts biblischer Texte mit dem eigenen Menschsein auseinanderzusetzen. Hans Lanz ist pensionierter Pfarrer der EMK und hat zuletzt als Spitalseelsorger im Bethanien gearbeitet. Flüssige Übersetzung Sowohl als Grundlage für das dialogische Arbeiten an den Texten wie auch fürs Einzelstudium könnte mit der Lektüre der beiden, den jeweiligen Kommentar abschliessenden Zusammenfassungen begonnen werden. Namentlich, wenn das Interesse an der Lektüre beider Briefe geweckt werden soll, könnte als Einstieg der Vergleich der beiden Zusammenfassungen vorgeschlagen werden. Dem Autor gelingt es, die Notwendigkeit der christlichen Glaubensgrundlagen als unabdingbare Voraussetzung für eine gelingende Ethik darzustellen. Gerade diese Tendenz wird in den Zusammenfassungen augenfällig. Der Aufbau der jeweiligen Kapitel ist einheitlich. Begonnen wird jeweils mit dem paulinischen Text, der sich in der sorgfältigen und flüssigen Übersetzung des Autors präsentiert. Die Fortsetzung ist eine Versexegese. Die exegetischen Schritte können von interessierten Nichttheologinnen und Nichttheologen gut mitgegangen werden; aber auch den theologisch Geschulten wird es angenehm sein, wenn die eigentliche Arbeit am Text nicht erschwert wird durch eine gestelzte Sprache oder gedankliche Wendungen, welche letztlich das eigentliche Verständnis kaum zu fördern in der Lage sind. Dass Christoph Schluep ein profunder Kenner der Arbeiten des Paulus ist, hat er bereits mit seiner Dissertation (Der Ort des Christus, Soteriologische Metaphern bei Paulus als Lebensregeln, TVZ 2005) bewiesen. In den beiden vorliegenden Kommentaren ist dieses Wissen als Grundlage vorhanden und wird in einer eingängigen und gut lesbaren Form präsentiert. Gesprächsgrundlagen Der Schluss jedes Kapitels ist eine jeweils kurze Zusammenfassung der exegetischen Arbeit. Diese grau hinterlegten Stellen können einfach als Zusammenfassung gelesen werden; sie bieten sich aber auch als gute Vorgabe für ein allfälliges Gespräch an. Übrigens kommt der Kommentar damit aus, das griechische oder das hebräische Alphabet nicht bemühen zu müssen. Das Lesen im Text muss auch nicht unterbrochen werden, weil in Fussnoten nachgeschaut werden müsste. Dafür steht ein ausführliches Register zur Verfügung, das beim Suchen nach Parallelstellen hilft. Ob es sie noch gibt, die Gespräche über biblische Texte? In der Gemeinde, deren Pfarrer Christoph Schluep ist, gibt es sie noch. Die an den Bibelgesprächen Teilnehmenden sind interessiert am angeleiteten Studium biblischer Texte. Aber vor allem sind sie auch interessiert an den Fragen, welche das Leben jeweils an die Menschen stellt. So ist davon auszugehen, dass das Buch mit den beiden Kommentaren zu den Briefen an die Gemeinde in Philippi und an Philemon in dieser Gemeinde hilfreiche Gesprächsgrundlagen bietet. Und es wäre dem Buch zu wünschen, dass es auch andernorts beim Gespräch über biblische Texte und zur Klärung der Fragen nach dem Menschsein hilfreich zur Seite steht. Christoph Schluep-Meier: Der Philipperbrief / Der Philemonbrief. Neukirchener Verlagsgesellschaft, Neukirchen-Vluyn 2014. 224 Seiten, Fr. 21.90. 9 Bach-Sause mit Konzerten im City-Tunnel epd – Eine dreitägige Sause zu Ehren von Johann Sebastian Bach: Vom 21. März an feiert Leipzig den 330. Geburtstag Bachs mit zahlreichen Konzerten, Führungen, Mitmachaktionen und Gottesdiensten. Wie das Bach-Archiv mitteilte, findet zudem der erste «Bach in the Subways Day» mit kostenlosen Konzerten im Leipziger City-Tunnel statt. Eine Initiative um den Cellisten Dale Henderson ruft seit Jahren weltweit zum Musizieren in Bahnhöfen am Bach-Geburtstag auf. Leipzig ist eine von mehr als 120 Städten weltweit, die sich der Aktion in diesem Jahr anschliesst. Schweizer Städte zu «Reformationsstädten» ernannt RP – Fünf weitere Schweizer Städte erhalten, laut Mitteilung des SEK vom Dienstag, das Label «Reformationsstadt Europas»: Basel, Genf, Ilanz, Neuenburg und St. Gallen. Zürich hatte das Label bereits im vergangenen Jahr erhalten. In jeder dieser Städte lebte mindestens ein Reformator. Nun müssen die Städte zur Jubiläumsfeier 2017 ein attraktives touristisches Rahmenprogramm präsentieren. Gesamtwerk von Hans Küng wird in 24 Bänden ediert epd – Das Werk des katholischen Theologen Hans Küng wird in einer Gesamtausgabe von 24 Bänden erscheinen, wie der Herder-Verlag am Dienstag mitteilte. Band I widmet sich dem Schwerpunkt Rechtfertigung. Küng zählt weltweit zu den profiliertesten christlichen Theologen der Gegenwart und feierte am 19. März seinen 87. Geburtstag. Bis zu seiner Emeritierung 1996 lehrte der Schweizer ökumenische Theologie in Tübingen. Seine Stiftung «Weltethos» sucht Modelle für eine friedliche Zusammenarbeit mit allen Weltreligionen. Im vergangenen Jahr erschien das Buch «glücklich sterben», in dem sich der an Parkinson erkrankte Theologe für ein selbstbestimmtes Sterben ausspricht. 10 Inserate reformierte presse Nr. 12 I 20. März 2015 Die Reformierten Medien sind das Kommunikationsunternehmen der evangelisch-reformierten Kirchen der deutschen Schweiz. Mit unserer Wochenzeitung «Reformierte Presse» und unserer Onlineplattform «ref.ch» wenden wir uns sowohl an ein kirchliches Fachpublikum (Mitarbeitende, Behördenmitglieder, Pfarrerinnen und Pfarrer, engagierte Freiwillige) als auch an ein breites Publikum, das an kirchlich-theologischen Fragen sowie weltanschaulichen, philosophischen und sozialen Themen interessiert ist. Die Reformierten Medien sind das Kommunikationsunternehmen der evangelisch-reformierten Kirchen der deutschen Schweiz. Mit unserer Wochenzeitung «Reformierte Presse» und unserer Onlineplattform «ref.ch» wenden wir uns sowohl an ein kirchliches Fachpublikum (Mitarbeitende, Behördenmitglieder, Pfarrerinnen und Pfarrer, engagierte Freiwillige) als auch an ein breites Publikum, das an kirchlich-theologischen Fragen sowie weltanschaulichen, philosophischen und sozialen Themen interessiert ist. Möchten Sie als journalistischer Profi oder als Quereinsteiger mit Erfahrung in pfarramtlicher Arbeit die Zukunft unserer kirchlichen Publizistik mitgestalten? Zur Nachfolge des bisherigen Stelleninhabers, der vollzeitlich ins Pfarramt zurückkehrt, suchen wir per 1. Mai 2015 oder nach Vereinbarung eine/-n Zur administrativen Unterstützung der Print- und Onlineredaktion suchen wir per 15. April 2015 oder nach Vereinbarung eine/-n Redaktorin oder Redaktor (50–60%) Sie schreiben, recherchieren und redigieren, formulieren mühelos prägnante Texte und freuen sich, an der öffentlichen Meinungsbildung vor allem zu aktuellen kirchlich-theologischen Themen mitzuwirken. Die journalistischen Gestaltungsmöglichkeiten und Formate sowohl im Print- als auch im Onlinebereich sind Ihnen nicht fremd, sondern fordern Sie heraus, sich in beiden Bereichen mit Ihren Ideen und Ihrer flotten Schreibe einzubringen. Was Sie mitbringen: –Ausgewiesener journalistischer Leistungsausweis (Print und Online) und/oder Erfahrung in einem reformierten Pfarramt – Lust an aufgeweckter Behandlung kirchlich-theologischer Themen –Stilsicherheit und Sorgfalt im schriftlichen Formulieren auch unter Zeitdruck –Breiter Horizont, weltoffen, vielseitig interessiert –Selbständigkeit, Teamfähigkeit, Einsatzfreude und Flexibilität Was wir bieten: –Menschlich angenehmes und kirchlich-kreatives Arbeitsumfeld –Kollegiale Teamzusammenarbeit in der Print- und Onlineredaktion –Freiraum zur kreativen Themenentwicklung und -behandlung –Zeitgemässe Anstellungsbedingungen –Moderner, zentral gelegener Arbeitsplatz in Zürich (heute Stauffacher, ab Juli Nähe Hardbrücke) Dank teilweise flexibler Einsatzgestaltung eignet sich diese Stelle besonders zur Ergänzung einer Teilzeit-Pfarrstelle. Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann möchten wir Sie gerne kennenlernen! Auf Ihre (gerne elektronische) Bewerbung bis 31. März freut sich Mark Wiedmer, Chefredaktor «Reformierte Presse». E-Mail an: [email protected]. Fragen beantwortet Mark Wiedmer unter Tel. 044 299 33 25 (vormittags). Redaktionsassistentin/ Redaktionsassistenten (50–60%) Sie verfügen über eine solide Ausbildung und Berufserfahrung im Administrativ- und Verwaltungsbereich, sind mit gängigen Informatikprogrammen (MS Office mit Word und Excel, allenfalls Adobe InCopy) und CMS (Word Press) gut vertraut, und Sie sind bereit, im bisweilen hektischen Arbeitsalltag des Redaktionsteams an vorderster Front moderner Medienarbeit engagiert mitzuwirken. Selbständig betreuen und aktualisieren Sie die regelmässig erscheinenden Veranstaltungs- und Medienhinweise im Print- und Onlinebereich und koordinieren die Rezensionen theologischer Fachliteratur unserer freien Autorinnen und Autoren. Daneben betreuen Sie Korrespondenz und Mailverkehr der Redaktionsverantwortlichen im Print- und Onlinebereich und erledigen allgemeine Sekretariatsarbeiten. Was Sie mitbringen: –Interesse am Medienbereich und redaktionellen Aufgaben –Selbständigkeit, Organisationstalent und Einsatzfreude –Fähigkeit zu schneller und sorgfältiger Arbeit auch unter Zeitdruck Was wir bieten: –Menschlich angenehmes Arbeitsumfeld, kollegiale Teamzusammenarbeit –Zeitgemässe Anstellungsbedingungen –Moderner, zentral gelegener Arbeitsplatz in Zürich (heute Stauffacher, ab Juli Nähe Hardbrücke) Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann möchten wir Sie gerne kennenlernen! Auf Ihre (gerne elektronische) Bewerbung bis 31. März freut sich Mark Wiedmer, Chefredaktor «Reformierte Presse». E-Mail an: [email protected]. Fragen beantwortet Mark Wiedmer unter Tel. 044 299 33 25 (vormittags). Feuilleton Nr. 12 I 20. März 2015 reformierte presse Bibel und Glaube Gespräche zum protestantischen Schriftprinzip Ein seltenes Format verbindet theologische Gelehrtheit mit kirchlicher Praxis. Matthias Zeindler – Dieses Format sollte man sich merken: Regelmässig treffen sich der Evangelische Pfarrverein in Württemberg und die Evangelisch-theologische Fakultät der Universität Tübingen zu gemeinsamen Studientagen. Die vorliegende Publikation dokumentiert die Beiträge des Studientages 2012: Vorträge aus der Fakultät und Erwiderungen von Pfarrerinnen und Pfarrern. Über 500 akademisch und kirchlich Tätige haben sich an diesem Studientag beteiligt. Als Thema hatten sich die Teilnehmenden die Frage nach der Rolle der Bibel in theologischer Theorie und kirchlicher Praxis vorgenommen. Dessen Aktualität liegt in einer Kirche, die sich dem reformatorischen sola scriptura verpflichtet weiss, auf der Hand. Bereits vor Jahrzehnten wurde eine «Krise des Schriftprinzips» diagnostiziert, die mittlerweile zur täglich erfahrenen Wirklichkeit aller in der Kirche Tätigen geworden ist. Damit sind Theologie und Kirche umso mehr genötigt, sich mit der Bibel als Grundlage des protestantischen Kircheseins zu befassen. Die Beiträge von Seiten der theologischen Fakultät sind durchgängig auf Fragen der kirch- Matthias Zeindler ist Titularprofessor für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät Bern und Leiter Bereich Theologie der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn. lichen Praxis ausgerichtet. So wird die innere Pluralität im Neuen Testament sowie die Vielfalt hermeneutischer Ansätze reflektiert und die Kirchengeschichte auf hilfreiche Beispiele des Bibelgebrauchs befragt. Dabei wird betont darauf hingewiesen, dass das Pfarramt sich auch als «verantwortlich für das Schriftprinzip» zu verstehen hätte. Anhand der Ansätze von Luther und Bultmann erinnert die Systematikerin Elisabeth GräbSchmidt daran, dass der Bezug auf die Schrift nicht bloss formal, sondern inhaltlich, nämlich als Ermöglichung «einer Neuwerdung des Selbst», begriffen werden muss. In einem ebenfalls bedenkenswerten Beitrag zeigt der Religionspädagoge Friedrich Schweitzer, wie der Religionsunterricht mittlerweile zum wichtigsten Ort geworden ist, an dem Vertrautheit mit der Bibel entstehen kann. Die Responses von Pfarrerinnen und Pfarrern sind in sich sehr vielfältig. Man begegnet Berichten vom eigenen Umgang mit der Bibel, welche die Voten der Professoren teils bestätigen, teils ergänzen und korrigieren. Ebenso liest man theoretische Ausführungen, die an Komplexität denen aus der Fakultät in nichts nachstehen. Eine Kollegin bezieht sich klar kritisch auf ihren Vorredner, wobei einmal mehr unkritisch das bewährte Klischee von der Bibel als einem «Buch von Geschichten» bemüht wird. Und nicht zuletzt melden die Pfarrerinnen und Pfarrer konkrete Desiderate an die Adresse der Kolleginnen und Kollegen aus der Forschung. Wie gesagt: Diese Art produktiven gemeinsamen Nachdenkens sollte man sich auch für unsere Kirchen merken. Christof Landmesser, Hartmut Zweigle (Hg.): Allein die Schrift!? Die Bedeutung der Bibel für Theologie und Pfarramt. Neukirchener Verlagsgesellschaft, Neukirchen-Vluyn 2013. 116 Seiten, Fr. 28.90. «Conducta» – eine Hommage an die Kinder von Havanna Charles Martig – Im Schulsystem von Kuba machen sich Krisenzeichen breit. Pensionierte Lehrkräfte werden zurück an die Schulen geholt, um Kindern eine Ausbildung zu geben. Dass es sich hier nicht nur um Schulwissen handelt, beweist Carmela, die mit viel Herzblut ihre Primarklasse führt. Chala, ein aufgeweckter Junge, der für seine alkohol- und drogensüchtige Mutter sorgt und das notwendige Geld mit der Aufzucht von Kampfhunden verdient, ist für Carmela eine harte Nuss. Ihn hat sie ins Herz geschlossen. Nachdem ihre eigene Familie nach Miami auswandert, kümmert sich Carmela um das Wohlergehen von Chala, dem eine Abschiebung ins Erziehungsheim droht. Die mutige Carmela scheut nicht davor zurück, mit dem Schulsystem und dem Regime auf Konfrontationskurs zu gehen. In Kuba war «Conducta» der am heissesten geliebte und am heftigsten diskutierte Spielfilm im Jahr 2014. In Zusammenarbeit mit Filmstudierenden hat Regisseur Ernesto Daranas ein sozialkritisches Drama inszeniert, das gleichzeitig eine Hommage an die Stadt Havanna und ihre Kinder ist. In warmen Farben erzählt der Film von Missständen und Lebensmut, vom harten Überlebenskampf eines Jungen. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, wie der Traum von einem guten Leben heute in Kuba aussehen soll? «Conducta» ist ein Film gegen die Perspektivlosigkeit sowie ein Plädoyer für eine Öffnung des Landes. «Conducta», Kuba 2014. Regie: Ernesto Daranas. Besetzung: Alina Rodríguez, Armando Valdés Freire, Silvia Águila. Verleih: trigon-film, 5408 Ennetbaden. www.trigon-film.org. Charles Martig ist Filmjournalist Katholisches Medienzentrum. 11 Lisbeth Zogg Hohn, Theologin und Beraterin Tagebuch Vor kurzem sandten uns Freunde eine Einladung zu cantars, dem kirchenklangfest 2015. Der reformierte Kirchenchor, in dem sie singen, wird nach Ostern in Bern zusammen mit einem katholischen Partner auftreten. Sie üben Bruckner: Messe Nr. 2 in e-Moll. «Sauschwer, aber es fägt», meint mein Bekannter. Sie bestreiten eine von insgesamt 12 Aufführungen. Alle in der gleichen Kirche, an einem Tag, mit verschiedenen Werken und Musikstilen. Von Mozart über Gregorianik bis Jazz, mit Orgel, Alphorn und Schlagzeug. Und cantars findet ja auch noch anderswo statt. Ich werde hingehen. Denn Kultur in Verbindung mit Kirche öffnet mir neue Welten. Es erinnert mich an eine Reise nach St. Gallen, zusammen mit Bekannten. Wir spazierten durch die Altstadt und entdeckten: Just an diesem Tag wird in der Kathedrale ein Orgelkonzert angeboten, mit Bearbeitungen berühmter Orchesterwerke von Mussorgsky und Smetana. «Da gehen wir hin.» Als wir ankommen, sind wir fast die Einzigen. Plötzlich beginnt es zu strömen, Leute in Wanderschuhen oder Sneakers, mit Fotoapparat oder Einkaufstasche. Man hört Appenzellisch, Französisch, Japanisch. Im Nu ist die Kathedrale voll. Ich blicke auf viele ergraute Köpfe. Dazwischen eine Glatze, ein roter Lockenschopf. Dann beginnt die Orgel: filigran, düster, leichtfüssig, brüchig, wuchtig, hell. Vor uns öffnet sich ein reiches Lebenspanorama in Klängen – in diesem heiligen Raum. Ich bin berührt und versöhnt, fühle mich verbunden und ganz. Danach: So schnell, wie die Kathedrale sich füllte, ist sie wieder leer. Es wird still. Im Restaurant debattieren wir heftig. «Für mich war das ein Gotteserlebnis», stellt mein Gegenüber fest. «Das war einfach ein tolles Konzert, nicht mehr. Mit Glaube hat das nichts zu tun, sicher nicht», entgegnet mein Sitznachbar engagiert. Da mischen sich die Leute vom Nebentisch ein . . . Wir blieben bei unseren Sichtweisen. Aber die Musik war der Auslöser, dass wir, Bekannte und Fremde, zusammen über Leben und Glauben redeten, einfach so. 12 Inserate reformierte presse Nr. 12 I 20. März 2015 STUDENTEN FUTTER STUDIABO NEU FR. 59.– Tel. 033 828 81 12 [email protected] Feuilleton Nr. 12 I 20. März 2015 reformierte presse 13 Eine Frau, die ihrer Zeit voraus war Als «geliebte Schwester in Christus» im Netzwerk der deutschen Reformatoren wechsel mit Luther erhalten, jedoch haben sich die beiden auf der Veste Coburg getroffen, und er hat ihr sein 1522 gedrucktes «bet buchlin» gewidmet. Osiander wiederum zeigt sich verwundert, dass eine Frau in der Bibel so gelehrt und erfahren ist. Ein Neuseeländer erklärt die bayerische Hofdame Argula von Grumbach: ihr Leben und Wirken mit viel differenzierter Zeitgeschichte. Roswitha Golder – Im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017 wird auch den «Wybsbildern der Reformationszeit» (facultativ 2/2014) vermehrtes Interesse zuteil. Nur wenige von ihnen hinterliessen jedoch ein schriftliches Zeugnis ihres Engagements. Argula von Grumbach war in dieser Hinsicht durch ihre Herkunft aus dem Hochadel privilegiert: Ihre Eltern konnten ihr eine für ihre Zeit fortschrittliche, standesgemässe Erziehung bieten. Zu ihrem zehnten Geburtstag schenkten sie ihr eine Bibel in deutscher Sprache, mit 15 Jahren wurde sie Hofdame bei der Herzogin Kunigunde in München. Kurz nach dem Tod ihrer Eltern, die 1509 an der Pest starben, heiratete sie den fränkischen Adeligen Friedrich von Grumbach. Neben der Verfolgung ihres eigenen Bildungsdrangs erzieht Argula ihre vier Kinder und erledigt für ihren Mann Schreib- und Verwaltungsarbeiten. Sie ist am Puls ihrer Zeit und pflegt Kontakte zur Universität in Ingolstadt, der ersten in Bayern, wo ihre Brüder studieren. Nach dem Motto «ad fontes» des Humanismus werden dort die alten Sprachen Hebräisch und Griechisch unterrichtet. Argula liest Bücher der Reformatoren und nimmt Kontakt mit ihnen auf: als «geliebte Schwester in Christus» wird sie Teil dieses Netzwerks. Es ist kein BriefRoswitha Golder, Pfarrerin i.R. der Eglise protestante de Genève. Protest gegen Obrigkeit Anlässlich der Affäre Seehofer greift Argula zudem aktiv ins Zeitgeschehen ein: Sie schreibt einen Protest gegen den «Schauprozess», bei dem Arsacius Seehofer, der an der Universität Ingolstadt unterrichtet, im September 1523 gezwungen wird, seine reformatorischen Ansichten zu widerrufen und zur Strafe ins Kloster zu gehen. Zudem belegt das Gericht zwölf seiner Schüler mit Gefängnisstrafen. Georg Hauer, Professor für Kirchenrecht und Pfarrer am Liebfrauenmünster in Ingolstadt, spricht am Tag nach Seehofers Verhaftung von seiner Abscheu gegen die weiblichen Anhänger Luthers, die die Ehre der Jungfrau Maria verhöhnten und sie den gewöhnlichen Frauen gleichstellten! Argulas handschriftliches Dokument wurde nicht nur mehrmals kopiert, sondern nach kurzer Zeit auch als Flugblatt gedruckt und öffentlich feilgeboten. Dieses erlebte fünfzehn Auflagen innerhalb eines Jahres. Biblische Gestalten wie Judit, Esther und Susanna haben Argula den Weg bereitet; sie zitiert Bibelstellen aus Jesaja, Jeremia, Joel und dem Johannesevangelium, um die Gabe des Heiligen Geistes für sich zu beanspruchen. Dem ersten Schreiben folgten weitere Briefe an die Obrigkeit sowie ihre Antwort auf ein verleumderisches Schmähgedicht, die alle ebenfalls gedruckt und verbreitet wurden. Ihre Schriften spiegeln die Unruhe der bewegten Zeit vor den Bauernkriegen. Andere, nicht nur Luther, folgten ihrem Beispiel und lancierten Attacken gegen die Ingolstädter Theologen. Argulas literarische Aktivität bricht jedoch nach einem später noch zitierten Gedicht und einem Brief an die Stadträte von Regensburg plötzlich ab. Die Ära der Religionsdisputationen war zu Ende, Dialog nicht mehr gefragt. Es folgt die Verwüstung der Bauernkriege; ihre Ursachen und Auswirkungen auf Argula und ihre Familie bilden den zweiten Teil der beiden Biographien. Sie dienen der Schweizer Leserin zum besseren Verständnis dafür, warum Bayern damals beim alten Glauben blieb und bis auf die heutige Zeit mehrheitlich römisch-katholisch ist. Der neuseeländische Kirchenhistoriker Matheson veröffentlichte seine Studie 2013 in englischer Sprache, der vorliegende Band ist eine überarbeitete und erweiterte Übersetzung des Originals von 2013, das den Untertitel trägt: «A Woman Before Her Time»; er beschreibt sie somit als eine Frau, die ihrer Zeit voraus war. Familiäre Tragödien Der zweite Teil seiner Biographie erlaubt nicht nur eine differenzierte Sicht auf Ursachen und Wirkungen der Bauernkriege, sondern ergänzt auch aufgrund ihrer privaten Aufzeichnungen Argulas zweite Lebenshälfte, die von Geldnot und familiären Tragödien geprägt ist. 1530 wird sie Witwe, nach einem Besuch bei Luther zieht sie weiter zum Reichstag in Augsburg. Dies ist ihr letzter Auftritt auf der politischen Bühne. 1533 heiratet sie zum zweiten Mal und wird dadurch Gräfin Schlickin von Passaun. Danach lebt sie eine Zeitlang in Prag, der Heimat dieser böhmischen Familie, die mit dieser Heirat jedoch nicht einverstanden ist. Ihre Tochter Apollonia starb im Alter von etwa 17 Jahren, im selben Jahr wie ihr Sohn Georg, der ungefähr 26 wurde. Uwe Birnsteins «Leben der bayerischen Reformatorin», das in grossen Zügen Mathesons Biographie folgt, schliesst mit einem Epilog, der die Situation der Frauen in der christlichen Kirche im allgemeinen und derjenigen in Bayern im speziellen beleuchtet: Er spricht von den Ängsten der Männer gegenüber der «Sopranisierung», was bedeutet, dass die Stimmen der Frauen in der Kirche immer lauter werden. Er erwähnt jedoch auch Fakten: 1958 wurde innerhalb der evangelischen Landeskirchen in Deutschland zum ersten Mal eine Pfarrerin ordiniert, in Bayern jedoch erst 1975. 1991 erst zog als letzte die Lippische Kirche bei Detmold nach. Als absolut gleichberechtigt wurden die Pfarrerinnen in der bayerischen Kirche erst 1998 akzeptiert. Argula-Touren für Tourismus Dem Epilog folgt ein Gedicht, das Louise Otto-Peters Argula von Grumbach widmet, sowie der Reiseführer «Auf den Spuren Argula von Grumbachs.» Darin werden vier Touren eingehend beschrieben. Buchtipps, Fotos und Karten geben hilfreiche Hinweise, etwa auf eine Statue von Argula in ihrem Geburtsort sowie auf eine Dietfurter Strasse, die nach ihr benannt ist. Argula, die fromme Kirchenfrau «von unten», hat mit ihrem Wirken gleich zwei Grenzen durchbrochen: Als Frau drang sie in die Männerwelt, als Nichtstudierte in die Akademikerwelt! Beide Bücher sind für ein breites Publikum geschrieben und lesen sich leicht. Matheson hat die wissenschaftliche Vorarbeit geleistet, seine Quellen sind ausführlich zitiert. Birnstein basiert auf ihm; sein Buch bietet aber zusätzliche nützliche Informationen zur Gegenwart. Eventuell liesse sich damit sogar eine Gemeindereise oder eine Konfirmandenfreizeit auf Argulas Spuren organisieren? Uwe Birnstein: Argula von Grumbach. Das Leben der bayerischen Reformatorin. Neufeld-Verlag, Schwarzenfeld 2014. 128 Seiten, Fr. 21.90. Peter Matheson: Argula von Grumbach. Eine Biografie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014. 263 Seiten, Fr. 53.90. Palette RADIO RELIGION Zwischenhalt Unterwegs zum Sonntag mit Gedanken, Musik und den Glocken der ev.-ref. Kirche Kilchberg BL. Samstag, 21. März Radio SRF 1, 18.30 Uhr «Neujahr im Frühling» – Über das Weltkulturerbefest Nouruz [Bild] Nouruz bedeutet wörtlich «Neuer Tag»: Es ist jener Tag zu Frühlingsbeginn, an dem Tagundnachtgleiche herrscht. Das Fest geht auf das erste vorchristliche Jahrhundert zurück und markiert im iranischen Kulturraum den Jahresbeginn. Seit fast 3000 Jahren wird das Fest begangen, weltweit feiern es mehr als 300 Millionen Menschen. Samstag, 21. März Ö1, 19.05 Uhr Blickpunkt Religion Aktuelle Informationen zu religiösen Themen. Sonntag, 22. März Radio SRF 2 Kultur, 8.05 Uhr Perspektiven: Teresa von Avila – Mystikerin und Klostermanagerin Die heilige Teresa von Avila (1515 –1582) wird als grösste Mystikerin aller Zeiten verehrt. Mit ihrem Herrgott pflegte sie einen unkomplizierten Umgang. Als Beraterin reformierte sie den Orden der Karmeliter und gründete zahlreiche neue Klöster. Eine Erinnerung anlässlich des 500. Geburtstags. Sonntag, 22. März Radio SRF 2 Kultur, 8.30 Uhr Ev.-ref. Gottesdienst aus der Kirche Zollikon Die Novelle von Joseph aus dem Ersten Testament ist ein äusserst spannendes Familiendrama. Joseph und seine Brüder legen einen langen und schwierigen Weg zurück, bis es zur Versöhnung kommt. Diesen Weg der Versöhnung zeichnet Pfarrerin AnneKäthi Rüegg-Schweizer in ihrer Predigt nach. Musikalisch umrahmt wird der Gottesdienst vom Ensemble des Zolliker Projektchores Singlust, begleitet von Streichern des Orchesters Collegium Cantorum. Sonntag, 22. März Radio SRF 2 Kultur, 9.30 Uhr RADIO GESELLSCHAFT Musik für einen Gast: Nada Boskovska, Professorin für Osteuropäische Geschichte «Die russische Frau im 17. Jahrhundert» war der Titel ihrer Doktorarbeit, und habilitiert hat sie sich mit dem Thema «Jugoslawisch Makedonien 1918–1948». Im Osten Europas kennt sich Nada Boskovska aus. Sie ist gebürtige Makedonierin, lebt aber seit ihrem 6. Lebensjahr in der Schweiz und ist längst Schweizerin. Nach mehreren Studienaufenthalten in Moskau und St. Petersburg hat sie ihre Dissertation an der Universität Zürich abgelegt, wo sie seit 2011 Professorin für die Geschichte Osteuropas ist. Nada Boskovska ist zu Gast bei Hansjörg Schultz. Sonntag, 22. März Radio SRF 2 Kultur, 12.40 Uhr Essay: Das helle Rechteck auf der Wand [Bild] Das Verschwinden geschieht dauernd um uns herum, alltäglich oder katastrophisch. Unsere Biographie ist wesentlich eine Geschichte des Verschwindens – des Verschwindens von Dingen, von Lebenswirklichkeiten und Menschen, mit denen wir diese Erfahrung geteilt haben. Wir suchen dem entgegenzuwirken, indem wir sammeln, Traditionen des Erinnerns und Bewahrens errichten, um der «Furie des Verschwindens» (Hegel) mit Bleibendem zu trotzen. So bleibt auch das helle Rechteck auf der Wand, wenn das Bild, das dort immer hing, verschwunden ist. Dienstag, 24. März SWR2, 22.05 Uhr Feature: Kinder am Ende des Lebens Die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe auch für Minderjährige hat nicht nur die belgische Gesellschaft aufgewühlt. Dabei sind Eltern unheilbar erkrankter Kinder immer wieder vor existentielle Entscheidungen über das Leben ihrer Kinder gestellt. Im Kinderhospiz Sonnenhof unterstützt ein Palliativteam von Ärzten, Pflegern und Therapeuten betroffene Familien – weit über die medizinische Betreuung hinaus. Mittwoch, 25. März SWR2, 22.05 Uhr FERNSEHEN RELIGION Wort zum Sonntag Martin Kuse, reformierter Pfarrer. Samstag, 21. März SRF 1, 20 Uhr Ev.-ref. Gottesdienst Aus der Fraumünster-Kirche in Zürich mit Pfarrer Niklaus Peter. Sonntag, 22. März ZDF, 9.30 Uhr Sternstunde Religion: Buddhistische Neujahrszeremonie aus Rikon Rikon ist das spirituelle Zentrum der Tibeter und Tibeterinnen, die im Schweizer Exil leben. Derzeit leben und lehren dort acht buddhistische Mönche. Ihre grösste öffentliche Zeremonie ist Losar, das tibetische Neujahrsfest. Dieses Jahr wurde es am 19. Februar gefeiert. Die Sendung vermittelt Einblicke in die über zweistündige Zeremonie. Der Buddhismuskenner und Religionswissenschaftler Martin Kalff kommentiert die Feier. Sonntag, 22. März SRF 1, 10 Uhr Nachgefragt mit Christine Stark Im religionskritischen Westen erfreut sich der Buddhismus anhaltender Beliebtheit. Das geistliche Oberhaupt Tibets, der Dalai Lama, füllt auch mit bald 80 Jahren grosse Hallen. Im Anschluss an das tibetische Neujahrsfest spricht Christine Stark mit Martin Kalff, einem intimen Kenner des tibetischen Buddhismus, der auch den Dalai Lama persönlich kennt. Sonntag, 22. März SRF 1, 10.45 Uhr Jesus liebt mich [Bild] Komödie (D 2012). Es war ja klar, dass sich Marie wieder in den Falschen verliebt. Jeshua ist zwar ein guter Zuhörer, kein Egoist und er sieht gut aus. Aber er ist auch etwas seltsam. Er kommt aus Palästina, weiss nicht, was eine Tomate ist, und wäscht wildfremden Menschen die Füsse. Aber egal, wo die Liebe hinfällt. Happy End? Nicht ganz. Denn Jeshua hat eine Mission. Er soll den Weltuntergang vorbereiten. Zwar nicht sofort. Aber nächsten Dienstag. So langsam geht Marie ein Licht auf. Dienstag, 24. März 3sat, 20.15 Uhr public domain arte france public domain zdf/Gordon Muehle reformierte presse Nr. 12 I 20. März 2015 public domain 14 FERNSEHEN BILDUNG GESELLSCHAFT Terrorgefahr! Überwachung total? [Bild] Die Attentate in Frankreich haben die Debatte über die Überwachung der Bürger neu entfacht. Der Dokumentarfilm (F 2015) stellt sich den aktuellen Fragen. Reicht die bisherige Datenkontrolle aus? Wie kann sich der Bürger gegen komplette Durchleuchtung schützen? Wie profitieren Konzerne von den Daten der Verbraucher? Und: Kann ein Überwachungsstaat Terror verhindern? Geheimdienstverantwortliche stehen ebenso Rede und Antwort wie Whistleblower und Datenschutzaktivisten. Dienstag, 24. März Arte, 20.15 Uhr Besuchsdienstmodul: Palliative Care Ziel des Kurses ist: Einen Einblick in die körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnisse von Sterbenden und ihren Angehörigen geben. Möglichkeiten aufzeigen, wie Freiwillige Schwerkranke und Sterbende und ihre Angehörigen unterstützen können. Dienstag, 28. April, 9 Uhr Haus der Kirche Altenbergstrasse 66, 3013 Bern Auskunft/Anmeldung: www.refbejuso.ch RELIGION Wunder – das Unerklärliche erklären Mit Wundern tut sich die Wissenschaft schwer. Steckt doch im Begriff schon der Anspruch, dass Naturgesetze ausser Kraft gesetzt werden können. Wunder darf es also streng genommen gar nicht geben. Und doch berichten immer wieder Menschen von unerklärlichen Heilungen, Erscheinungen und Ereignissen. Die Dokumentation besucht Wissenschaftler in ganz Europa, die sich mit wunderhaften Phänomenen auseinandersetzen, und begleitet die katholische «Kongregation für die Seligund Heiligsprechungen» bei der Untersuchung von Wundern. Donnerstag, 26. März 3sat, 20.15 Uhr makro: Glaube und Profit Wirtschaft scheint ein rationales Geschäft. Zahlen, Verträge, Börsenkurse bestimmen die Entscheidungen in Unternehmen. Aber Wirtschaft wird von Menschen gemacht. Ihre Überzeugungen schlagen sich nieder in unserem Wirtschaftssystem. Auch unser Geld funktioniert nur deshalb als Währung, weil wir an den Wert der bedruckten Scheine glauben. Und mit dem Glauben von Menschen lässt sich nicht zuletzt Geld verdienen. Das Wirtschaftsmagazin blickt auf die spannende Wechselbeziehung von Glaube und Profit. Freitag, 27. März 3sat, 21 Uhr KURS Vom Mohrenkopf und von anderen Alltagsgeschichten [Bild] Perspektivenwechsel zur Sensibilisierung gegen Diskriminierung dunkelhäutiger Menschen. Der praxisorientierte Workshop regt durch aktiven Perspektivenwechsel zur Selbstsensibilisierung an. Er bietet die Möglichkeit, den persönlichen Einstieg in eine empathische und gleichberechtigte Beziehung mit dem Gegenüber neu zu definieren. Die Selbsterfahrung steht dabei im Vordergrund. Freitag, 10. April, 8. Mai, 9 Uhr Paulus-Akademie Zürich Carl-Spitteler-Str. 38, 8053 Zürich Auskunft/Anmeldung: sofort Tel. 043 336 70 41 www.paulus-akademie.ch Texte – Thesen – Auslegungen zum Thema «Gender» Koran-Lektüre. Kaum ein Thema dominiert die Debatte um den «Islam» derzeit so sehr wie die Geschlechterfrage, also die Frage, wie es im Islam und im Koran um das Verhältnis Mann - Frau bestellt ist. Ausgewählte Texte werden (in deutscher Übersetzung) gelesen und ihre Wirkungsgeschichte anhand von Kommentaren und unterschiedlichen, teils kontroversen Interpretationen aufgezeigt werden. Zur Sprache kommen soll auch die Frage: Was bedeuten die Texte für Muslime von heute und wie gehen sie damit um? Mittwoch, 13., 20., 27. Mai, 14.15 Uhr Zürcher Lehrhaus Limmattalstrasse 73, 8049 Zürich Auskunft/Anmeldung: 24. April Tel. 044 341 18 20 www.zuercher-lehrhaus.ch Medienkritik TREFFPUNKT GEMEINDESONNTAG Gemeindesonntag über Paul Vogt Mit Gottesdienst, Vortrag von Dr. Eberhard Busch, Buchpräsentation und Lesung von Pfarrer Heinrich Rusterholz zum Buch «… als ob unseres Nachbars Haus nicht in Flammen stünde». Anschliessend Diskussion. Sonntag, 22. März, 10 Uhr Ev.-ref. Markuskirche Am Höhenring 56, 8052 Zürich Auskunft: www.tvz-verlag.ch KONZERT + VORTRAG Das Lied der Liebe Miguel Guldimann spielt auf der 10-saitigen Gitarre und erzählt davon, wie sein spiritueller und musikalischer Weg gegenseitig verknüpft und inspiriert ist. Er ist Musiklehrer, Gitarrist, Lehrer der Zenlinie Willigis Jäger. Sonntag, 22. März, 18 Uhr Bildungszentrum 21 Missionsstrasse 21, 4003 Basel Auskunft: www.arsvitae.eu PODIUM Karikatur und Religion: Humor im Grenzbereich? Öffentliche Podiumsdiskussion mit Prof. Dr. Pierre Bühler, Prof. Dr. Albert de Pury und Dr. Monika Glavac. Moderation: Dr. Anna-K. Höpflinger und Prof. Dr. Daria Pezzoli-Olgiati. Dienstag, 24. März, 18.30 Uhr Universität Zürich Theologische Fakultät Kirchgasse 1, 8001 Zürich Auskunft: www.zrwp.ch GESPRÄCH Vom Entwurf des Guten – Globales Chaos – machtlose Uno [Bild] Eine Veranstaltung im Rahmen des Zyklus: Vom Guten und vom Bösen. Täglich dringen Meldungen zu uns, die von Gewalt und schweren Menschenrechtsverletzungen auf der ganzen Welt berichten. Was setzen Staaten – und wir – dem entgegen? Gespräch mit Andreas Zumach, Journalist und Uno-Experte, moderiert von Hanspeter Uster, Jurist und Politiker. Dienstag, 24. März, 19 Uhr Kulturhaus Helferei Kirchgasse 13, 8001 Zürich Auskunft: www.kulturhaus-helferei.ch TREFFPUNKT GESPRÄCH «Kreuz – Schutz, Schmuck, Provokation?» Suche nach der Bedeutung eines religiösen Symbols. Im Rahmen der Ausstellung «Mein Kreuz – mitten am Rand». Moderation: Andreas Nufer. Gast: Prof. Dr. Magdalene L. Frettlöh, Theologische Fakultät, Universität Bern. Mittwoch, 25. März, 19 Uhr Heiliggeistkirche Bern Spitalgasse 44, 3011 Bern Auskunft: www.offene-kirche.ch VORTRAG + PODIUM Stoff für Konflikte? Religiöse Kleidung im öffentlichen Raum [Bild] Religionszugehörigkeit und Glaube werden durch das Tragen bestimmter Kleidung im öffentlichen Raum sichtbar. Welche Bedeutung hat diese Kleidung für Personen, die sie tragen? Welche Reaktionen gibt es aus der Öffentlichkeit, und was sind die Gründe dafür? Wie kann man mit solchen Reaktionen umgehen, und wie beeinflussen sie Personen, die religiöse Kleidung tragen? Mittwoch, 25. März, 19.30 Uhr Haus der Religionen Europaplatz, 3008 Bern Auskunft: www.refbejuso.ch «Wir reformieren unser Tierbild!» Tiere sind Geschöpfe wie Menschen. Aber dann beginnen die Fragen, die schwer wiegen und aufwühlen. Befragt werden verschiedene religiöse Traditionen nach dem Stellenwert der Tiere. Mit Anton Rozetter (Kapuziner, Freiburg) zum Thema: Tier, Pflanze, Stein, Mensch – wie Franz von Assisi die Geschöpfe sieht. Mittwoch, 25. März, 19.30 Uhr Farelhaus Oberer Quai 12, 2503 Biel Auskunft: www.ref-biel.ch SOLIDARITÄTSVERANSTALTUNG «Dinner for all» Film – Gespräch – Apéro: «Vom Fluch der Soja», Regie, Josef und Lotti Stöckli, 2014. Kulinarisch – Politisch – Klimaverträglich: Zwischen den Gängen, Wort und Musikbeiträge. Donnerstag, 26. März, 18 Uhr Ev.-ref. Kirchgemeindehaus Paulus, Freiestrasse 20, 3012 Bern Auskunft/Anmeldung: sofort www.pauluskirche.ch TREFFPUNKT VORTRAG Glaubensvorstellungen und Klimawandel Im Rahmen der Ringvorlesung «Die Krise der Zukunft». Zum Thema Glaubensvorstellungen und Klimawandel: Konflikt- oder Lösungspotential? Mit Dr. Regina Betz (Zürich). Donnerstag, 26. März, 18.15 Uhr Universität Basel, Kollegienhaus Petersplatz 1, 4001 Basel Auskunft: https://vorlesungsverzeichnis.unibas.ch Gott im Bild – Notwendigkeit oder Provokation? [Bild] Die sogenannt abrahamitischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) kennen als gemeinsame Basis ein Kultbildverbot. Dennoch haben sie ganz unterschiedliche Kulturen religiöser Bilder hervorgebracht. Wie ist es dazu gekommen? Warum gehen neufundamentalistische Muslime heute gar mit brutaler Gewalt gegen religiöse Bilder und Symbole innerhalb und ausserhalb des Islams vor? Warum tun sich säkulare Gesellschaften schwer mit religiösen Symbolen? Der Vortrag zeigt Wege auf für eine gegenseitige Wertschätzung unterschiedlicher Bildkulturen hin zu kulturübergreifenden Symbolen, die Sinn stiften. Vortrag von Thomas Staubli, Dozent für Altes Testament an der Universität Freiburg und Mitbegründer des dortigen BIBEL+ORIENT Museums. Donnerstag, 26. März, 19 Uhr Forum für Zeitfragen, Leonhardskirchplatz 11, 4051 Basel Auskunft: www.forumbasel.ch Die «Palette»-Redaktion nimmt gern Hinweise zu Veranstaltungen entgegen (knapp formuliert, wenn möglich mit Link). Termin: spätestens drei Wochen vor Veranstaltung respektive vor Anmeldefrist. Weitere Veranstaltungen finden Sie unter: www.ref.ch/agenda Reformierte Presse, «Palette» Rita Schwitter Badenerstrasse 69, 8004 Zürich Telefon 044 299 33 21 Fax 044 299 33 93 E-Mail [email protected] 15 Foto: srf Tinette/CC BY-SA 3.0 Dominik Bartsch/CC BY 2.0 Tomoaki INABA/CC BY-SA 2.0 Nr. 12 I 20. März 2015 reformierte presse Merfen für die Seele Raphael Kummer – Das Magazin von «Fenster zum Sonntag» folgt 14- täglich dem bekannten Muster: In einer knappen halben Stunde wird ein Thema aus drei Perspektiven beleuchtet. Aline Baumann hält die drei Einspieler mit der Moderation zusammen. Jährlich werden so rund 25 Magazinsendungen produziert und ausgestrahlt. Der Titel der Ausgabe vom letzten Sonntag war «Lernen zu trauern». Die individuellen Formen des Trauerns zeigen sich bei der Familie von Jana, die vor neun Monaten tot zur Welt kam, beim Abschiednehmen: Der Vater schrieb einen Brief, der Grossvater zimmerte das «Särgli», die kleine Schwester bemalte es. Auch Rahel Schranz verarbeitet durchs Malen: 23 Jahre nach dem Tod ist der Schmerz über den Verlust der damals 3-jährigen Salome noch präsent. Für sie sei das wie ein Herzinfarkt gewesen. Sie lebe zwar noch, aber es sei etwas kaputt, etwas sei abgestorben. «Ich hätte mehr trauern sollen», sagt sie heute. Sie werde nicht immer verstanden, dass sie nach so langer Zeit noch Trauer verspüre. «Ich will nicht, dass die Trauer mich innerlich auffrisst. Egal was die Leute sagen, aber das muss einfach raus.» Bei Portners ist es sechseinhalb Jahre, dass sie den 31-jährigen Ehemann und «Päpu» von heute auf morgen verloren haben. Auch Andrea Portner beschönigt ihre Gefühle nicht: «Hässig sein und nicht verstehen, das darf ich zulassen.» Laut eigenen Angaben spricht die Sendung Menschen an, die sich für die Diskussion aktueller, gesellschaftlicher und sozialer Themen aus einer christlich-ethischen Perspektive interessieren. Das Format knüpfe inhaltlich an die Erfahrungs- und Problemwelten der Zuschauer an; das Altersspektrum liege zwischen 25 und 49 Jahren. In den Beiträgen kämen persönliche Lebens- und Glaubenserfahrungen zur Sprache und böten somit unaufdringlich Lebenshilfe an. Diesem Anspruch hält die Sendung stand. Die verschiedenen Aspekte des Trauerns kommen in 28 Minuten zur Sprache, ohne oberflächlich zu bleiben. Die Auswahl der Hinterbliebenen, gemessen an ihrer unterschiedlich langen Trauerzeit, ist geschickt. Wünschenswert wäre aber gewesen, statt eines zweiten Kindstodes auch die Trauer um einen älteren Menschen zu thematisieren. Die zuweilen sehr emotionale Musikuntermalung der Beiträge ist unnötig. Die Tränen der Trauernden wirken auch so. SRF 2, FENSTER ZUM SONNTAG vom 15. März 2015 http://bit.ly/1FvgqFY 16 Wendepunkt «Heute bin ich dankbar und denke: Das war wohl Gottes Plan» Wochenzeitung der reformierten Kirchen Nr. 12 I 20. März 2015 I Freitag vor Judika Anna Grob-Sarkisyan (55) hat den Weg vom Asylheim in den Kirchenvorstand gemacht. Aufgewachsen bin in Armenien, in einem Dorf am Fusse des biblischen Berges Ararat. Nach den Schulen hatte ich Sprachen (Deutsch und Russisch) studiert und als Lehrerin gearbeitet. Ich war verheiratet mit einem Architekten und wir haben zwei Töchter. Dann kamen politisch schwierige Zeiten. Mein Mann war auch Aktivist, wurde mit der politischen Gegenseite konfrontiert und von einem «Kollegen» umgebracht. Ich wollte die Wahrheit darüber ans Licht bringen, habe mich an Journalisten und das TV gewandt, doch ohne Erfolg. Im Gegenteil, ich wurde bedroht und eingeschüchtert. So bin ich 2006 über Moskau ausgereist. Eigentlich wollte ich zu Bekannten nach Frankreich, doch dann bin ich in Kreuzlingen gelandet und habe in der Aufgezeichnet von Herbert Pachmann. Schweiz Asyl beantragt. Rasch habe ich Arbeit gesucht, in der Gastronomie gejobbt und mich mit Putzarbeiten über Wasser gehalten. Dann konnte ich über das Rote Kreuz eine Ausbildung machen und arbeite heute als Pflegeassistentin in einem Altersheim. Nicht nur das Land und die Kultur haben sich für mich geändert, auch die Religion. Ich gehörte zur armenisch-apostolischen Kirche, die viel Ähnlichkeit mit der griechisch-orthodoxen Kirche hat. Heute sehe ich diese Kirche sehr kritisch. Da geht es viel um Macht, Prunk und Geld. Dafür schätze ich das Reformierte: die schlichten Gottesdienste, die Predigt und vor allem den Einsatz für die Menschen. Sie machen etwas für das Volk, ohne Glanz, und zünden nicht einfach Kerzen an. Das gefällt mir. Und die Menschen haben mir geholfen, hier eine Heimat zu finden. Ich engagiere mich in der Freiwilligenarbeit und gehöre seit zwei Foto: RP/Pachmann Jahren auch zum Kirchenvorstand. Einmal im Jahr aber, an Weihnachten, gehe ich in die orthodoxe Kirche. Kampf und Geduld Der Anfang in der Schweiz war schwierig. Ich musste bei Null anfangen, spürte Misstrauen und fühlte mich gar nicht willkommen. Manchmal musste ich kämpfen, manchmal viel Geduld haben. Da war es vor allem eine reformierte Pfarrerin, die mir geholfen hat zu verstehen, die mir Mut gemacht und mich immer wieder beraten hat. Dadurch habe ich zur Kirche gefunden und dort auch meinen zweiten Mann kennengelernt. Heute bin ich dankbar und denke: Das war wohl Gottes Plan. Ich bin hier integriert und engagiere mich mit meinen Erfahrungen auch für multikulturelle Begegnungen. Einmal im Jahr fahre ich zu Besuchen nach Armenien und sehe, dass das Leben dort mit dem politischen Wandel sehr aggressiv geworden ist. Aber wenn ich pensioniert bin, möchte ich in Armenien ein Altersheim gründen. So etwas gibt es dort nicht. Zunächst aber organisiere ich mit meinem Mann Hilfsgüter, die wir nach Armenien schicken.
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