Nachrichten - Akademie für Raumforschung und Landesplanung

Nachrichten
Magazin der Akademie für Raumforschung und Landesplanung
Stadt der Zukunft
Trends und Perspektiven
1/2015
45. Jahrgang
Leben in der Stadt der Zukunft
Sebastian Lentz, Stefan Siedentop
Armutswanderung und Reichtumswanderung – eine Herausforderung
für Deutschlands Städte
Christian Ude
Zukunft des Wohnens in unseren Städten
Ralf Zimmer-Hegmann
„Wir brauchen kontextsensiblere
Gentrification-Forschung“
Interview mit Matthias Bernt
Gemeinsam statt einsam: Wohnprojekte
in Leipzig
Interview mit Karin Wiest
www.arl-net.de
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AKADEMIE
FÜR RAUMFORSCHUNG
UND LANDESPLANUNG
LE IB NIZ -FORUM FÜR RAUMWISSEN SCHAFTEN
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Basiswissen
in einem Band
für Praxis, Wissenschaft
und Studium
Unentbehrlich – Eigenes
Wissen aktualisieren
Die veränderten Rahmenbedingungen
unserer Gesellschaft machen eine kritische Reflexion und Aktualisierung des
eigenen Wissens in der raumbezogenen Forschung und
Planung erforderlich.
AKADEMIE
FÜR RAUMFORSCHUNG
UND LANDESPLANUNG
LEIBNIZ-FORUM FÜR RAUMWISSENSCHAFTEN
Hintergründig – Neue Blickwinkel
kennenlernen
Ein aktuelles Grundlagenwerk, das Raumordnung und Raumentwicklung aus verschiedenen
Blickwinkeln betrachtet, Hintergrundinformationen übersichtlich aufarbeitet, auf das Verhältnis
von Politik und Planung eingeht und Grenzen
der Planung thematisiert.
Ausführlich – Hochwertige
Inhalte entdecken
Die Nutzung des Internets hat
das Fachbuch nicht verdrängt!
Seine große Stärke sind redaktionell abgesicherte Beiträge
und hochwertige Inhalte. Der
Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse und die Essenz
langjähriger Praxiserfahrung kommen in kompakter Form zusammen.
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Inhalt
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Zur Rolle der Raumplanung in der
Gesellschaft
1
Raumplanung unter veränderten Verhältnissen
2
Geschichte der Raumordnung
3
Konzepte und Inhalte der Raumordnung
4
Methoden der Raumplanung
5
Rechtlicher und institutioneller Rahmen der Raumplanung
6
Programme, Pläne und Verfahren der Raumplanung
7
Verwirklichung und Sicherung der Raumordnung
8
Umsetzung der Raumplanung
9
Ausgewählte Spannungsfelder der Raumentwicklung
10 Raumplanung in und mit europäischen Nachbarländern
Vielfältig –
Raumrelevante
Fragen
ergründen
Basiswissen für Praxis
und Wissenschaft, Studium und Lehre, Verwaltung
und Politik und für alle, die
sich für Raumentwicklung
interessieren.
877 Seiten mit
zahlreichen Abbildungen
und Tabellen
Hannover 2011
ISBN 978-3-88838-554-4
Bestellen: shop.arl-net.de
Redaktionsausschuss
unter der Leitung von Klaus Borchard:
Werner Buchner, Werner Müller, Axel Priebs,
Dietmar Scholich, Manfred Sinz, Peter Müller
INHALT
Inhalt
Editorial
3 Gabriele Schmidt
Aktuell
4 Gabriele Schmidt
Die Stadt von morgen
Aktivitäten der ARL im Wissenschaftsjahr 2015
Thema
6 Sebastian Lentz, Stefan Siedentop
Leben in der Stadt der Zukunft
Miteinander, bezahlbar und grün?
27 Florian Weber
Zur Zukunft der Großschutzgebiete
30 Gabriele Schmidt
Wissenschaft zum Mitmachen
32 Andreas Klee
87. Mitgliederversammlung der ARL
35 Andreas Klee
Kuratorium bringt Satzungsänderung auf den Weg
36 Klaus J. Beckmann
Evaluierung der ARL
37 Neuerscheinungen
38 Personen
9 Christian Ude
Armutswanderung und Reichtumswanderung – eine Herausforderung für Deutschlands Städte
40 Nachlese
12 Ralf Zimmer-Hegmann
Zukunft des Wohnens in unseren Städten
Aus Raumforschung und -planung
16 „Wir brauchen kontextsensiblere Gentrification-
Forschung“
Interview mit Matthias Bernt
41 Clemens Deilmann, Andreas Blum
Einfamilienhaus in der Krise?
20 Gemeinsam statt einsam: Wohnprojekte in Leipzig
Interview mit Karin Wiest
Aus der ARL
23 ARL-Kongress 2015
Migration, Integration: Herausforderungen
für die räumliche Planung
25 Christian Strauß, Thomas Weith
Raumbezogene Governance internationaler Zuwanderung?
42 Tanja Ernst
Im Dialog mit der Politik
43 Sara Reimann
Die „selbstgemachte Stadt“
45 Gabriele Schmidt
Forschungsperspektiven für die Raumplanung
40 Jahre IRPUD
47 Förderkreis für Raum- und Umweltforschung
48 Ausgewählte Zeitschriftenbeiträge
53 Neuerscheinungen aus anderen Verlagen
Nachrichten der ARL • 1/2015
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I
15.04.2015 14:44:02
KURZPROFIL / IMPRESSUM
AKADEMIE
FÜR RAUMFORSCHUNG
UND LANDESPLANUNG
Über die ARL
LEIBNIZ-FORUM FÜR RAUMWISSENSCHAFTEN
Die Akademie für Raumforschung
und Landesplanung (ARL) – LeibnizForum für Raumwissenschaften ist
eine selbstständige und unabhängige außeruniversitäre raumwissenschaftliche Forschungseinrichtung.
Seit ihrer Gründung im Jahr 1946
versteht sich die ARL als Forum und
Kompetenzzentrum für die Erforschung räumlicher Strukturen und
Entwicklungen, ihrer Ursachen und
Wirkungen sowie ihrer politisch-planerischen Steuerungsmöglichkeiten. Der Fokus liegt auf den für eine
nachhaltige Entwicklung bedeutsamen Bereichen Wirtschaft, Soziales,
Ökologie und Kultur sowie deren
Wechselwirkungen untereinander.
Die Arbeit der ARL ist durch eine
ganzheitliche, integrative und zukunftsorientierte Perspektive auf
komplexe raumbezogene gesell-
Impressum
schaftliche Herausforderungen
gekennzeichnet. Die Zielsetzung
der Akademie besteht darin, ein
Verständnis für aktuelle räumliche
Entwicklungen und Strukturen zu
gewinnen, Probleme der Raumentwicklung zu identifizieren, eigene
Forschungsfragen zu formulieren
sowie Anregungen für Forschungen
an anderen Orten zu geben. Auf der
Basis eigener Forschungsergebnisse
und Erkenntnissen Dritter sollen
tragfähige Problemlösungsansätze für die Zukunft erarbeitet und
zielgruppenspezifisch adressiert
werden.
Die ARL ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Hannover.
Aufseiten des Landes Niedersachsen
ist das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur für
die ARL, aufseiten des Bundes ist
das Bundesministerium für Verkehr
und digitale Infrastruktur zuständig.
Die ARL ist in ihrer Funktion und
Form einzigartig, von überregionaler
Bedeutung und gesamtstaatlichem
wissenschaftspolitischem Interesse. Sie ist seit 1995 Mitglied der
Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V. (LeibnizGemeinschaft).
Die Besonderheit wie auch das Alleinstellungsmerkmal der ARL ist das
Zusammenwirken von ehrenamtlich
tätigen Expertinnen und Experten
aus Wissenschaft und Praxis in den
Arbeitsgremien der ARL.
Nähere Informationen über die ARL
finden Sie unter www.arl-net.de.
NACHRICHTEN DER ARL
Herausgeber: Akademie für Raumforschung
und Landesplanung (ARL®)
Leibniz-Forum für Raumwissenschaften
Hohenzollernstraße 11, 30161 Hannover
Tel.: +49 511 34842-0
Fax: +49 511 34842-41
[email protected]
www.arl-net.de
Redaktion: Dr. Gabriele Schmidt (V. i. S. d. P.)
Die Nachrichten der ARL erscheinen
viermal im Jahr.
Nachdruck mit Quellenangabe
gestattet.
Heft 1, April 2015, 45. Jahrgang
Auflage: 2700
ISSN 1612-3891 (Printausgabe)
ISSN 1612-3905 (Internetausgabe)
Lektorat: Cornelia Maria Hein
Satz / Layout: Oliver Rose
Cover: pixabay
Druck: BenatzkyMünstermann
GmbH & Co. KG, 30559 Hannover
II
1/2015 • Nachrichten der ARL
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EDITORIAL
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
Städte sind seit jeher Zentren der Entwicklung und des
Fortschritts, in ökonomischer wie auch in soziokultureller Hinsicht. Zugleich zeigen sich gesellschaftliche
Herausforderungen und Probleme in Städten besonders
deutlich. Ob Klimawandel, Energieversorgung, umweltfreundliche Mobilität oder bezahlbares Wohnen: Wer
nachhaltige Lebensweisen verwirklichen will, muss die
Städte dafür gewinnen. Wie können Städte die zum Teil
widerstreitenden Anforderungen einlösen? Können sie
zugleich innovativ, sozial und grün sein?
Diese Fragen standen im Zentrum des diesjährigen
Raumwissenschaftlichen Kolloquiums am 19. Februar
in Mannheim, das vom 5R-Netzwerk der raumwissenschaftlichen Leibniz-Einrichtungen (ARL, IfL, IÖR, IRS
und das ILS als assoziiertes Mitglied) anlässlich der Eröffnung des Wissenschaftsjahres 2015 „Zukunftsstadt“ organisiert wurde. Wir widmen den Themenschwerpunkt
dieser ARL-Nachrichten der Veranstaltung, weil wir die
anregenden Vorträge und Diskussionen einem größeren Kreis zugänglich machen möchten. Die Beiträge
beschäftigen sich insbesondere mit folgenden Fragen:
Welche Möglichkeiten hat die Raumwissenschaft, die
Entwicklung von Städten vorherzusagen? Wo liegen ihre
Grenzen? Ist es sinnvoll, an alten Planungsstrategien
festzuhalten? Und welche Prozesse verändern aktuell
das Zusammenleben in der Stadt? Welche Impulse kann
die Planung setzen?
Den Einstieg in die Debatte geben Prof. Dr. Sebastian
Lentz, Direktor des Leibniz-Instituts für Länderkunde
(IfL), und Prof. Dr.-Ing. Stefan Siedentop, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS). Lentz und Siedentop diskutieren in
ihrem Beitrag die Komplexität des Konstruktes „Stadt“
sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Raumforschung, die zukünftige Entwicklung von Städten vorherzusagen. Dabei wird eines deutlich: Eine „Blaupause“
der Zukunftsstadt gibt es nicht. Um die unterschiedlichen Herausforderungen der Städte zu bewältigen,
braucht es eine Vielzahl von Zukunftsentwürfen.
Christian Ude, ehemaliger Oberbürgermeister der
Landeshauptstadt München, setzt sich mit den Folgen
von Armuts- und Reichtumswanderungen in die Städte
auseinander. In der emotional aufgeladenen Zuwanderungsdebatte gingen allzu oft Differenzierungen zwischen den Migrationsbewegungen verloren, was dazu
führe, dass häufig nur die Armutswanderung, selten
jedoch die Folgen der Reichtumswanderung politisch
thematisiert würden. Dabei berge insbesondere die
„Flucht ins Betongold“ große Risiken für den sozialen
Zusammenhalt in den Städten.
Ralf Zimmer-Hegmann, Leiter der Forschungsgruppe
„Sozialraum Stadt“ am ILS – Institut für Landes- und
Stadtentwicklungsforschung in Dortmund, beleuchtet
die Ursachen für die wieder verstärkte Wohnungsnachfrage und zeigt die Folgen für die Stadtentwicklung und
das soziale Zusammenleben in den Städten. Die Gleichzeitigkeit von Wachstum und Schrumpfung, Dynamik
und Stagnation führe zu einer fortschreitenden Polarisierung in den Städten. Zimmer-Hegmann diskutiert
in seinem Beitrag, welche Steuerungsinstrumente der
Stadtpolitik zur Verfügung stehen, um diesen Prozessen
entgegenzuwirken.
Dr. Matthias Bernt, Senior Researcher am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturforschung (IRS),
erläutert im Interview, warum die gängigen Modelle
zur Erklärung und Vorhersage von Gentrifizierungsprozessen lückenhaft und wenig verallgemeinerbar sind.
Er kritisiert, dass die Wohnungspolitik bislang in den
Gentrification-Theorien wenig berücksichtigt wurde.
Am Beispiel von Berlin und London zeigt er den Einfluss
der Wohnungspolitik auf die Verdrängung einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen.
Im Interview mit Dr. Karin Wiest, Projektleiterin am
Leibniz-Institut für Länderkunde, wird deutlich, warum
alternative Wohnformen insbesondere in Leipzig einen
Aufschwung erleben und was die großen Wohngenossenschaften von den neuen alternativen Wohnprojekten
lernen können.
Einen Einblick in die neuen Projekte der ARL im Rahmen des Wissenschaftsjahres „Zukunftsstadt“ geben wir
in der Rubrik „Aktuell“. Und schließlich finden Sie, wie
gewohnt, Neuigkeiten aus dem Netzwerk der Akademie
und aus anderen Einrichtungen der Raumforschung
und -planung in den Rubriken „Aus der ARL“ und „Aus
Raumforschung und -planung“.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
Gabriele Schmidt
Stabsstelle Wissenschaftskommunikation
 0511 348 42-56
[email protected]
Nachrichten der ARL • 1/2015
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3
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AKTUELL
Die Stadt von morgen
Aktivitäten der ARL im Wissenschaftsjahr 2015
Zukunftsstadt
Die Stadt war schon immer Inspirationsquelle für
Utopien gesellschaftlichen Lebens. Ob Howards Gartenstadt, Le Corbusiers futuristisch anmutende Wohntürme oder die künstlichen Inseln der Waterfront City
Dubai: Stets werden Architektur und Städtebau mit bestimmten Vorstellungen von Gesellschaft verbunden.
Die Stadt der Zukunft ist eine Art Glücksversprechen,
eine Antwort auf die Frage: Wie wollen wir leben?
Auch im aktuellen Wissenschaftsjahr dreht sich alles
darum, wie wir uns das Leben in der Stadt von morgen
vorstellen. Projektideen und Utopien hierzu gibt es genug: In der „Smart City“ geht es z. B. um Möglichkeiten,
durch den Einsatz intelligenter Technologien Städte effizienter, nachhaltiger und lebenswerter zu machen. So
sollen beispielsweise intelligente Verkehrsleitsysteme
dazu beitragen, Staus zu vermeiden, und Häuser sollen
zu Energieproduzenten umgestaltet werden. Andere
Ansätze wie z. B. die Urban-Gardening-Bewegung oder
die aus Italien stammende Slow-Food-Bewegung setzen auf eine nachhaltige Produktion von Lebensmitteln
und auf regionale Wirtschaftskreisläufe.
Hintergrund der erneuten Suche nach der Zukunftsstadt sind die enormen Herausforderungen, vor denen
Städte stehen: Der Zuzug in die Großstädte ist ungebremst, im Jahr 2030 werden weltweit voraussichtlich
zwei Drittel der Menschen in Städten leben. Städte
verursachen etwa 75 Prozent des Energieverbrauchs
und 80 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen. Die
Weichen für den Klimawandel müssen deswegen in
den Städten gestellt werden. Zugleich gewinnt die
„soziale Frage“ erneut an Bedeutung. Bereits seit Jahren
warnen Stadtsoziologen vor einer wachsenden sozialräumlichen Polarisierung. Angesichts anhaltender
Flüchtlingsbewegungen in die Städte, kommunaler
Haushaltsengpässe, steigender Mietpreise und der
zunehmenden Verdrängung einkommensschwacher
Bevölkerungsschichten an die Stadtränder gewinnen
diese Warnungen an Brisanz. Die Stadt von morgen –
eine sozial gespaltene Stadt?
4
Das Wissenschaftsjahr: Die Stadt von
morgen heute gestalten
Ziel des Wissenschaftsjahres ist es, zur aktiven Mitgestaltung der Stadt anzuregen. Es bietet bereits bestehenden
Projekten und Initiativen eine Plattform, um ihr Wissen
und ihre Ideen einem breiten Publikum zu präsentieren. Zudem macht es deutlich, wie sich bereits jetzt der
urbane Alltag durch Lösungsansätze aus der Forschung
gestalten lässt.
Den Auftakt zum Wissenschaftsjahr bildete die Forschungsagenda der „Nationalen Plattform Zukunftsstadt“, an der Experten aus der ARL aktiv mitgewirkt
haben. Diese von vier Ministerien angestoßene strategische Forschungs- und Innovationsagenda wurde von
Repräsentanten aus den Kommunen, der Wirtschaft und
Wissenschaft sowie der Zivilgesellschaft gemeinsam
erarbeitet und am 19. Februar öffentlich präsentiert. Ihre
Vision ist die CO2-neutrale, energie- und ressourceneffiziente, klimaangepasste, wandlungsfähige, lebenswerte
und sozial inklusive Stadt.1 Welche Rahmenbedingungen dafür geschaffen und welche Maßnahmen ergriffen
werden müssen, lässt sich in der Forschungs- und Innovationsagenda nachlesen.
Das Wissenschaftsjahr will jedoch mehr, als eine Agenda verabschieden. Es möchte für Forschung begeistern
und Akteure aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen zusammenbringen, um Kompetenzen
zu bündeln und gemeinsam die Stadt von morgen
lokal zu gestalten. Brücken zwischen Wissenschaft und
Öffentlichkeit sollen gebaut werden, indem Forschung
in Dialogveranstaltungen, interaktiven Ausstellungen,
Mitmachprojekten und Citizen-Science-Projekten erfahrbar wird.
Die ARL begrüßt diesen partizipativen Ansatz und
möchte ihn aktiv mitgestalten. Deshalb haben wir zwei
größere Projekte auf den Weg gebracht.
1
Vgl. Beckmann, Klaus J.: „Nationale Plattform Zukunftsstadt“ – eine
vielversprechende Initiative. ARL-Nachrichten Heft 1/2014, Seite 4 - 7.
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AKTUELL
Die ARL auf der MS Wissenschaft
Das als Ausstellungsschiff umgebaute Binnenfrachtschiff „MS Wissenschaft“ ist im Rahmen des Wissenschaftsjahres als schwimmendes Science Center quer
durch Deutschland unterwegs. Die Tour beginnt am
15. April in Dresden und endet Mitte September in
Nürnberg. An Bord zeigen rund 30 Forschungseinrichtungen ganz praktisch und zum Ausprobieren,
wie die Forschung eine nachhaltige Entwicklung der
Stadt ermöglicht. Die ARL präsentiert sich mit einem
interaktiven Monitor zu den Infrastrukturkosten des
demografischen Wandels in Niedersachsen. Er wurde
in Kooperation mit der Universität Göttingen, Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und Mittelstandsforschung,
entwickelt. Die Besucher erfahren in anschaulichen
Stadtportraits, wie sich einzelne Orte in Niedersachsen
im Zuge des demografischen Wandels verändert haben
und welche Chancen und Probleme sich daraus ergeben. Darüber hinaus können sie sich für verschiedene
Kommunen in Niedersachsen berechnen und in Grafiken anzeigen lassen, wie sich die Bevölkerungsstruktur
und die Kosten für die vorhandenen Infrastrukturen
entwickelt haben bzw. in Zukunft entwickeln werden.
Unter dem Motto „Forscher sind die Experten, Kinder
sind die Zukunft“ hat die ARL gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS), Erkner, ein Blog-Projekt ins Leben gerufen. In
Kooperation mit Schulen im jeweiligen lokalen Umfeld
kommen Wissenschaftler mit Schülern zu drängenden
Fragen der Stadtentwicklung ins Gespräch und begeistern sie für die Stadt- und Raumforschung. Die Schüler
haben im Vorfeld eine Liste mit Themen erhalten, zu
denen sie sich in Kleingruppen mit den Wissenschaftlern
austauschen und so einen Einblick in die wissenschaftliche Arbeit erhalten können. Auf der Grundlage dieses
Gesprächs erstellt jede Schülergruppe anschließend
einen kurzen Text, der durch Audio- und Videomaterial
kreativ ergänzt wird. Die Endprodukte werden anschließend auf der Online-Plattform „Hypotheses“ als Blog
hochgeladen und über Social-Media-Kanäle verbreitet. Der interessanteste und kreativste Schülerbeitrag
gewinnt einen Preis. Ziel des Blog-Projekts ist eine
direkte, dialogische und themenzentrierte Kommunikation zwischen den Forschungseinrichtungen und der
Öffentlichkeit, die gegenüber klassischer Pressearbeit
einen echten Mehrwert aufweist.
Wir sind gespannt auf die Beiträge der Schüler und
werden ein „Best of“ in den kommenden Ausgaben der
„Nachrichten“ präsentieren.
Gabriele Schmidt  0511 34842-56
[email protected]
© T.Gabriel/WiD
Neben der kostenfreien Ausstellung, die sich insbesondere an Schulen, Jugendliche und Familien
richtet, gibt es an Bord auch regelmäßig Filmabende
und Diskussionsveranstaltungen. Auch hieran beteiligt sich die ARL: In Kooperation mit dem Bürgerbüro
Stadtentwicklung in Hannover (bbs) und der Initiative
Wissenschaft im Dialog (WID) veranstalten wir Ende
Mai in Hannover einen Diskussionsabend an Deck der
MS Wissenschaft.
Blog-Projekt
„Leben in der Stadt der Zukunft“
Die MS Wissenschaft im Wissenschaftsjahr 2015 – Zukunftsstadt
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THEMA
Leben in der Stadt der Zukunft
Miteinander, bezahlbar und grün?
I
n diesem Jahr thematisiert das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierte
Wissenschaftsjahr die „Zukunft der Stadt“. Es geht um
die Frage, wie Wissenschaft und Forschung die Entwicklung zukunftsfähiger Städte unterstützen und wie
wissenschaftliche Erkenntnisse für das politische und
zivilgesellschaftliche Handeln nutzbar werden können.
Ausgangspunkt ist die Erwartung, dass Städte ökologisch, sozial und ökonomisch Vorreiter für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung sein können, ja
sein müssen. Die aus politischer wie gesellschaftlicher
Sicht wünschenswerten Konturen einer Stadt der Zukunft zeichnen sich durchaus ab. Präferiert wird eine
kompakte und urbane, aber auch eine grüne Stadt, eine
Stadt, die ressourceneffizient, aber für ihre Bewohnerinnen und Bewohner auch bezahlbar ist. Betont wird die
Bedeutung von Kreativität, wirtschaftlichen Entfaltungsmöglichkeiten und ökonomischer Prosperität, ohne
dabei Ziele von Gerechtigkeit und gesellschaftlicher
Solidarität zu relativieren. „Smart Cities“ versprechen
Effizienz- und Komfortgewinne, zugleich wird vor den
Risiken von Big Data, Überwachung und Bevormundung
durch den Staat oder multinationale Unternehmen
gewarnt. Schließlich soll die Stadt der Zukunft offen
sein für baulich Neues, sie soll aber auch Historisches
bewahren, sie soll risikovorsorgend und resilient sein.
Ob und wie eine solche Stadt entstehen kann und
welche Beiträge die Forschung hierzu leisten kann, war
Gegenstand des Raumwissenschaftlichen Kolloquiums,
welches das „5R-Netzwerk“ der raumwissenschaftlichen
Institute der Leibniz-Gemeinschaft (ARL, IfL, IÖR, IRS
sowie das assoziierte ILS) am 19. Februar 2015 – genau
dem Tag, an dem das Wissenschaftsjahr offiziell eingeläutet wurde – in Mannheim veranstaltet hat. Auf der
gut besuchten Tagung haben Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler der fünf Institute mit geladenen
Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis
diskutiert, welche Herausforderungen in den nächsten
Jahren auf die Städte zukommen werden und wie sich
ökologische, ökonomische und soziale Anliegen der
Stadtentwicklung unter veränderten Rahmenbedingungen vereinbaren lassen.
Beiträge der Raumwissenschaften
zur Zukunftsstadt
Es ist ein grundlegender Anspruch der Raumwissenschaften, aufbauend auf einem theoretischen Verständnis der Zusammenhänge zwischen wirtschaftlichen,
6
soziodemografischen, ökologischen und politischinstitutionellen Faktoren räumlicher Entwicklung,
Aussagen über die Zukünfte des Städtischen zu treffen.
Evidenzbasierte Forschung kann auf absehbare Entwicklungen hinweisen, sie kann die möglichen Folgen
politischen Handelns aufzeigen, auf Zielkonflikte aufmerksam machen und so Entscheidungsgrundlagen
für eine zukunftsfähige Stadt- und Raumentwicklung
bereitstellen. Niemals erheben die Raumwissenschaften aber einen Anspruch auf Zukunftsvorhersage. Mit
der Stadt ist es wie mit dem Wetter: Was morgen oder
übermorgen geschieht, ist greifbar, aber Entwicklungen
mit einem Zeithorizont von 20 oder gar 50 Jahren sind
zum großen Teil unbekanntes Terrain. Eine prädiktive,
universell gültige Theorie, mit der zukünftige urbane
Entwicklungen in ihrer sektoralen und räumlichen
Vielschichtigkeit vorhergesagt werden können, wird
es niemals geben.
Sicher, in baulich-physischer Hinsicht wird zu Recht
darauf verwiesen, dass die Stadt des Jahres 2050 zu über
80 % bereits heute existiert. Das materielle Substrat einer
Stadt ist langlebig und so wird die europäische Stadt ihr
bauliches Erscheinungsbild in den kommenden 100
Jahren nur geringfügig verändern.
Dieser eher statischen Natur des Städtischen stehen
äußerst dynamische ökonomische und soziale Entwicklungen gegenüber. Aus dieser Perspektive lässt sich
Stadtentwicklung nur als stetiger Wandlungsprozess, als
permanente, sich eher noch beschleunigende Veränderung begreifen. Die in zeitlicher wie räumlicher Hinsicht
enge Abfolge und Nachbarschaft von Wachstum und
Schrumpfung, von Aufwertung und Destabilisierung,
von Konvergenz und Polarisierung kennzeichnet die
Raum- und Stadtentwicklung im postindustriellen Zeitalter mehr noch als in früheren Epochen.
Im 21. Jahrhundert agieren die Akteure aus Politik
und Planung mehr denn je unter Bedingungen von
Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit: Wer hätte
beispielsweise Mitte der 1990er Jahre vorauszusagen
gewagt, welche enormen Bevölkerungszuwächse seit
der Jahrtausendwende auf viele deutsche Großstädte
zukommen? Wer kann heute die Entwicklung der internationalen Migration als Zuwanderung in die Metropolregionen und ihre urbanen Kerne abschätzen? Wer
sieht sich in der Lage, den Auf- und Abstieg von Branchen mitsamt der damit verbundenen Beschäftigungseffekte längerfristig zu prognostizieren? Nur beispielhaft
sei auf den jüngsten Boom der Software-Industrie in
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© pixabay
THEMA
Berlin oder den massiven Verlust von Arbeitsplätzen
in der Solarindustrie in Teilen Ostdeutschlands verwiesen. Wer hätte die Folgen einer Technologie wie des
Frackings für die globalen Energiemärkte – und infolge
des Preisverfalls für fossile Brennstoffe mittelbar auch
für die Raumentwicklung – vorhersehen können? Wer
kann heute absehen, wie soziale Netzwerke, die Share
Economy oder das autonome Autofahren das Arbeiten,
Wohnen oder die Mobilität der Zukunft verändern
werden? Wissenschaft kann dies nicht und wird dies
auch in Zukunft – trotz der sich stetig verbessernden
(sektoralen) Prognose- und Modellierungskompetenzen – nicht können. Das ist keine Kapitulation, wohl
aber eine Anerkennung der ungeheuren Komplexität
des Erkenntnisgegenstandes „Stadt“. Zu Recht gelten
Metropolregionen und Großstädte als die komplexesten Systeme, die Menschen je erschaffen haben.
Herausforderungen für die Stadt
der Zukunft
Jenseits des Anspruchs auf Zukunftsvorhersage lassen
sich aber einige Eckpunkte zukünftiger Raum- und
Stadtentwicklung benennen, die Ausgangspunkt einer
gesellschaftlichen Debatte um die Zukunftsstadt sein
können. So kann es als sicher gelten, dass Metropolregionen auch in Zukunft die Hauptträger von Innovationsprozessen und wirtschaftlichem Wachstum sein
werden. Verbunden ist dies mit einer konflikthaften
Restrukturierung der binnenräumlichen Organisation
metropolitan geprägter Räume. Kennzeichnend sind
dabei ein funktionaler wie politischer Emanzipationsprozess suburbaner Räume von der früheren Dominanz
der Kernstädte, die Entstehung einer polyzentrischen
Raumstruktur wie auch eine neue ökonomische, soziale und kulturelle Dynamik vieler traditioneller Zentren. Die sog. Reurbanisierung gilt inzwischen als ein
internationales Phänomen. In vielen Metropolen des
globalen Nordens wird von baulichen Aufwertungsprozessen der städtischen Zentren und einer Rückkehr
der Mittelschicht in die innenstadtnahen Wohngebiete
berichtet – in Chicago ebenso wie in Melbourne, Zürich
oder Berlin. Verbunden ist dies mit äußerst konfliktreichen sozialräumlichen Prozessen, was die vielerorts
aufflammenden Debatten um die Verdrängung einkommensschwächerer Haushalte und das „Recht auf
Stadt“ unterstreichen.
Mit der weiteren räumlichen Konzentration des
ökonomischen Potenzials und veränderten Wohnstandortpräferenzen bestimmter Bevölkerungsgruppen
werden sich Nutzungskonflikte in Metropolregionen
weiter verschärfen. Ökonomische und soziale Polarisierungs- und Fragmentierungsprozesse werden auf
verschiedenen Maßstabsebenen (Quartiere, Städte,
Regionen) anhalten und sich möglicherweise sogar
weiter verstärken. Die Politik gerät verschärft unter
Druck, über die Einführung oder Modifizierung alter
und neuer Instrumente einer sozial orientierten Boden-,
Liegenschafts- und Wohnungspolitik nachzudenken.
Gleiches gilt für die zukünftige Ausrichtung einer teils
wettbewerblich, teils ausgleichend angelegten Strukturund Regionalentwicklungspolitik.
Der verschärfte Wachstumsdruck trifft vielerorts aber
auf eine Situation, in der die einfacher mobilisierbaren
Wachstumspotenziale wie brachgefallene Industrie-,
Bahn- oder Militärflächen weitgehend erschöpft zu
sein scheinen. Es gilt daher nachzudenken über noch
bestehende, aber auch neue und wenig erprobte
Möglichkeiten des Verdichtens und Wachsens: die
Umnutzung von Büroimmobilien für Wohnzwecke,
die funktionale Anreicherung von randstädtischen
Büro- oder Einzelhandelsstandorten, höhere Dichten
im Bestand der Wohn- und Mischgebiete („Wohnen im
Hochhaus“), in Einzelfällen auch die Enttabuisierung des
Bauens im streng geschützten Außenbereich der Städte.
Wachstum heißt dabei stets Veränderung, und dies
stellt mehr denn je die Frage nach der Akzeptanz von
Stadtplanung in der Bürgerschaft und den Möglichkeiten
und Grenzen einer aktivierenden und partizipativen
Planungskultur.
Da es Bevölkerungs- und Unternehmenswanderungen sind, welche die demografische und ökonomische Dynamik der räumlichen Entwicklung im Kern
ausmachen, bedeutet Bevölkerungswachstum des
einen Raumes häufig Schrumpfung des anderen. In den
vergangenen Jahren wurden immer mehr Regionen
und Städte in Deutschland von Bevölkerungs- und
Beschäftigungsverlusten erfasst. Neben den Fragen
nach nachhaltigen Formen städtischen Wachstums
sind auch solche nach einer qualitätsbewahrenden
Schrumpfung zu beantworten. Wie sich eine den
negativen demografischen und wirtschaftlichen Entwicklungsbedingungen anpassende Stadtentwicklung
vollziehen kann, welche neuen Governance-Struktu-
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7
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THEMA
ren, Instrumente, Planungs- und Partizipationskulturen
dies voraussetzt, ist Gegenstand eines noch lange nicht
abgeschlossenen Diskurses in Wissenschaft, Politik
und Gesellschaft.
Beides, die Bewältigung von Wachstum und
Schrumpfung, steht in Zukunft verstärkt unter dem
Vorbehalt der Erreichung der legitimen wie radikalen
Ziele des globalen Klimaschutzes. Angesichts der
aktuellen politischen wie medialen Dominanz ökonomischer und sozialer Themen muss immer wieder
in Erinnerung gerufen werden, dass sich Deutschland
zu weitreichenden Reduktionszielen seiner CO2-Emissionen international verpflichtet hat. Die Akteure der
Raum- und Stadtentwicklung müssen sich auf Mittel
und Wege verständigen, wie diese Ziele erreicht werden können und wie sich sozial selektive Wirkungen
nach Möglichkeit vermeiden lassen. Es deutet sich
an, dass der Ausgleich der konfligierenden Belange
von ökonomischer Prosperität, sozialer Gerechtigkeit
und Ressourceneffizienz zu den entscheidenden politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen auf
dem Weg in die Zukunftsstadt gehören wird.
Keine Blaupause einer „Zukunftsstadt“
Die diskontinuierlichen und disparaten Entwicklungsbedingungen, denen sich die Raum- und die Stadtentwicklung ausgesetzt sehen, machen deutlich, dass die
einleitend angesprochenen Idealvorstellungen einer
Stadt der Zukunft auf ganz individuelle Handlungsvoraussetzungen treffen: in wachsenden und schrumpfenden Städten, in Städten, die immer stärker in globale
Wirtschaftszusammenhänge eingebunden sind und
solchen, die mit ihrem altindustriellen Erbe zu kämpfen
haben, in Städten, die schuldenfrei sind, und solchen,
die fiskalisch kaum mehr handlungsfähig sind. Eine wie
auch immer geartete „Blaupause“ einer Zukunftsstadt
erscheint daher wenig instruktiv. Gefordert ist eine Pluralität von Zukunftsentwürfen angesichts der von Stadt
zu Stadt vielfältig differenzierten Herausforderungen,
Risiken, Chancen und Begabungen. Jede Stadt muss
eigene Antworten darauf finden, wie Attribute wie
„kompakt“, „resilient“ oder „gerecht“ lokal adaptiert und
in erfolgreiche Handlungskonzepte übersetzt werden
können.
Was ist die „Stadt“?
In diesem Zusammenhang gehört auch das in Politik
und Gesellschaft nach wie vor dominante Verständnis
von „Stadt“ auf den Prüfstand. Was ist Stadt, wo hört
sie auf? Gehört Garching zu München, Wedel zu Hamburg oder Ladenburg zu Mannheim? In administrativer
Hinsicht ist dies natürlich zu verneinen, aus morphologischer, funktionaler und lebensweltlicher Perspektive
kann aber sehr wohl von einem zusammenhängenden
Wirtschafts- und Lebensraum gesprochen werden.
8
Es ist ein fundamentales Missverständnis, Stadt allein
mit baulich und sozial verdichteten und gemischten
Siedlungsräumen gleichzusetzen. Wie die meisten
Staaten des globalen Nordens ist auch Deutschland
eine suburbane Nation – die Mehrheit der deutschen
Bevölkerung lebt in Gebieten, die nach traditionellem
Verständnis nicht als „urban“ zu bezeichnen sind. Allein schon aus diesem Grund kann Suburbia nicht aus
den Überlegungen zur Gestaltung einer nachhaltigen
Urbanität ausgeklammert werden, im Gegenteil, hier
stellen sich womöglich die noch weitaus größeren Herausforderungen für die Gestaltung einer nachhaltigen
Zukunft des Städtischen.
Erfolgreich werden daher die Städte sein, die die
Herausforderungen im Diskurs mit den relevanten
regionalen Akteuren, mit einer geeigneten regionalen
Governance und einem fairen Ausgleich der Nutzen und
Kosten des Wachsens und Schrumpfens zu bewältigen
in der Lage sind.
Das 5R-Netzwerk der raumwissenschaftlichen Institute
der Leibniz Gemeinschaft wird das Wissenschaftsjahr
„Zukunftsstadt“ mit weiteren themenrelevanten Veranstaltungen begleiten und auch auf diese Weise auf
die gesellschaftliche Relevanz seiner Forschungen
hinweisen.
Prof. Dr. Sebastian Lentz ist
Direktor des Leibniz-Instituts für
Länderkunde (IfL) und Professor
für Regionale Geographie an der
Universität Leipzig
Kontakt:
Sebastian Lentz
 0341 600 55-107
[email protected]
Prof. Dr.-Ing. Stefan Siedentop ist
Wissenschaftlicher Direktor des
Instituts für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) und
Professor an der TU Dortmund,
Fachgebiet Stadtentwicklung.
Kontakt:
Stefan Siedentop
 0231 9051-100
stefan.siedentop
@ils-forschung.de
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THEMA
Armutswanderung und Reichtumswanderung – eine Herausforderung
für Deutschlands Städte
M
ein Respekt vor der Wissenschaft ist so groß, dass
ich es niemals wagen würde, meinen folgenden
Ausführungen auch nur einen wissenschaftlichen Anschein zu geben, beispielsweise durch umfangreiches
Datenmaterial, Quellenangaben, Literaturhinweise
oder Fußnoten. Dies ist nur ein Referat eines Praktikers,
der allerdings in den letzten 25 Jahren als Oberbürgermeister wie auch zeitweise als Städtetagspräsident
intensiv mit Wanderungsbewegungen, ihren Auswirkungen und ihrer politischen Resonanz zu tun hatte.
rern einerseits und Zuwanderern, die voraussichtlich
noch lange Zeit Hilfeempfänger sein werden, andererseits unterscheiden. Die These, dass jede Zuwanderung
eine Bereicherung sei, wird jedenfalls der Situation von
Kommunen, die vor Ort tatsächlich eine Zuwanderung
in die Sozialsysteme erleben, nicht gerecht. Dies erklärt
den Hilferuf von meist wirtschaftlich schwachen Kommunen, die in den vergangenen Jahren Brennpunkte der
Armutszuwanderung aus den neuen EU-Beitrittsländern
waren.
Vorurteile bestimmen den politischen
Diskurs
Wirtschaftsstruktur beeinflusst
Migrationsbewegungen
Erste These: Die meisten politischen Reaktionen sind
kaum auf Tatsachen zurückzuführen, sondern sogar
hauptsächlich auf vorgefasste Meinungen, also auf
Vorurteile. Allerdings gibt es Vorurteile der unterschiedlichsten Art.
Angesichts bedrohlicher Stagnations- und Schrumpfungsprozesse in vielen Landesteilen, Regionen und
Kommunen ist die Behauptung „Das Boot ist voll“ vor
allem ein Ausdruck der vorweggenommenen Bewertung, dass Zuwanderung unerwünscht sei. Bezeichnenderweise ist dieser Ausruf am lautesten und heftigsten
erfolgt in Städten, die kaum mit Zuwanderung eigene
Erfahrungen sammeln konnten. Das gilt für Hoyerswerda zu Beginn der 90er Jahre genauso wie für PegidaDemonstrationen in Dresden in diesem Jahr.
Zweite These: Die kommunale Realität des Migrationsgeschehens stellt sich in verschiedenen Städten
äußerst unterschiedlich dar. Die Situation ist nach
meiner Beobachtung weitgehend abhängig von der
ökonomischen Struktur der Städte, nicht von ihrer
geografischen Lage in Deutschland oder der parteipolitischen Konstellation vor Ort. Städte mit gutem
Job-Angebot, wie München, Stuttgart, Frankfurt, Düsseldorf oder Hamburg, erleben besonders intensiv
eine arbeitswillige und arbeitsfähige Zuwanderung,
die von den Arbeitgebern ausdrücklich gewünscht und
von den Arbeitnehmern nicht als gefährliche Konkurrenz erlebt wird sowie auf dem Arbeitsmarkt schnell
eine Eingliederung erfährt, der die gesellschaftliche
Integration geradezu reibungslos folgt.
Auch die Gegenthese, dass jede Zuwanderung als
Bereicherung zu sehen sei, ist kaum auf Tatsachen
gestützt, sondern vielmehr auf vorweggenommene
Bewertungen. Wer positiv eingestellt ist zur Zuwanderung, stellt den heutigen Soziallasten die heutigen
Sozialbeiträge der zugewanderten Bevölkerungsteile
gegenüber und kommt zu einer positiven Bilanz. Dass
dabei jahrzehntelange Arbeitsmigration stärker zu Buche schlägt als aktuelle Flüchtlingsströme, bleibt häufig
unberücksichtigt. Dass es bei Flüchtlingen gar nicht
auf die ökonomische Bewertung ankommen darf, weil
sie aus humanitären und völkerrechtlichen Gründen
ein Bleiberecht haben, wird bei der ökonomischen
Betrachtungsweise schlichtweg ausgeklammert. Wenn
man aber ökonomisch argumentieren will, muss man
zwischen qualifizierten und arbeitswilligen Zuwande-
Strukturschwache Städte sind trotz ihrer wirtschaftlichen und damit auch finanziellen Schwäche dennoch
ebenfalls ein Brennpunkt der Zuwanderung, aber einer
ganz anderen Art von Zuwanderung. Diese Städte
haben nicht Jobs zu bieten, aber Platz. Es gibt leer
stehenden und vergleichsweise extrem preiswerten
Wohnraum. „Pioniere“ der Migration können ihre
Familie, ihre Verwandtschaft, ihre Dorfbevölkerung
nachziehen, weil die fehlenden Erwerbsmöglichkeiten
bei Anspruch auf Sozialleistungen keine hinderliche
Rolle spielen und der vorhandene Wohnraum die
Unterbringung garantiert. Dies gilt beispielsweise für
Duisburg, Gelsenkirchen und Recklinghausen, die
sich beim Thema Armutswanderung besonders nachdrücklich zu Wort gemeldet haben. Mit den Kosten
der örtlichen Sozialleistungen sind die armen Städte
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© pixabay
THEMA
München
in besonderer Weise überfordert, es hilft ihnen nicht
im Geringsten, wenn ihnen vorgehalten wird, dass sozialversicherungspflichtige Zuwanderer in boomenden
Städten kein Problem darstellen und in kurzer Zeit gut
integriert werden können. Die gesamte Debatte muss
realitätsbezogener und ehrlicher werden!
Kapitalflucht ins Betongold
Meine dritte These: Den Städten macht nicht nur die
bis zum Überdruss diskutierte Armutswanderung zu
schaffen, sondern auch die politisch kaum thematisierte Reichtumswanderung. Damit meine ich nicht
nur die „Migration der Besserverdienenden“, die unter
dem Thema „Gentrifikation“ ebenso heiß wie naiv
diskutiert wird, sondern vor allem die Wanderung der
Kapitalströme, die extrem negative Auswirkungen auf
die Entwicklung vieler Städte haben und den sozialen
Zusammenhalt gefährden. Groteskerweise ist der finanziellen Überschwemmung der Immobilienmärkte
in attraktiven Städten eine regelrechte Kapitalflucht
beispielsweise in den US-amerikanischen Hypothekenmarkt vorangegangen. Hier stelle ich – bei allem
Respekt vor der Wissenschaft! – ein Totalversagen der
einschlägigen Lehrstühle, Fakultäten und Institute wie
auch nahezu ausnahmslos aller weltweit überschätzten
Unternehmensberatungsfirmen fest. Sie alle haben
jahrelang den großen Unternehmen eingebläut, sie
müssten ihren großen Immobilienbesitz in Deutschlands Städten so schnell wie möglich verscherbeln, weil
lachhafte Renditen um die 4 Prozent den Vergleich mit
den traumhaften Gewinnchancen auf dem Subprime-
10
Markt nicht aushalten und uneinsichtige Unternehmen
zu Übernahmekandidaten machen könnten. So haben
sie gesprochen, die Professoren, die Analysten und Berater, die in den wirtschaftsradikalen Jahren die größte
Privatisierungswelle auf dem Wohnungsmarkt erzwungen haben. Und dann? Dann haben die Unternehmen
gemerkt, dass man auf der Börse sein Vermögen nicht
nur verdoppeln, sondern auch verspielen kann – und
heute treiben sie nach einer radikalen Kehrtwende
die Kapitalflucht ins Betongold voran, stets mit dem
begeisterten Schlachtruf, dort könne man traumhafte
Renditen um 4 Prozent erzielen, während man für das
bei der Bank geparkte Geld bald Strafgebühren zahlen
müsse. Nebenbei wird der örtliche Oberbürgermeister
beschimpft, weil er sich angeblich keine Vorstellung
davon macht, wie schwer es für Arbeitskräfte ist, eine
Wohnung zu finden … Und die eigenen Wohnungsbestände, nun ja, die sind halt mittlerweile futsch, zum
Spielball einer Spekulation geworden, die man als
produzierendes Unternehmen der Realwirtschaft gar
nicht laut genug beklagen kann …
Die Folgen der Kapitalflucht ins Betongold sind mittlerweile dramatisch. Nach der Finanzkrise von 2007 ff.
sind die Preise für baureife unbebaute Grundstücke
in München in einem einzigen Kalenderjahr um 100
Prozent gestiegen. Um 100 Prozent! Wenn das kein
leistungsloses Einkommen unvorstellbaren Ausmaßes
ist! Aber natürlich muss dem Rausch die Ernüchterung
folgen: bei allen künftigen Käufern und Bewohnern,
die sich auf einem verdoppelten Preisniveau bewegen
müssen.
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THEMA
Kommunalpolitik im globalen Kontext
Statt einer letzten These eine Frage: Was folgt aus
der Erkenntnis, dass viele Städte durch Armuts- oder
Reichtumswanderung in Bedrängnis geraten? Die
Vorstellung, man könne in einem Kontinent der Freizügigkeit bei der Zuwanderung eine Stopptaste drücken
oder gar Wanderungsbewegungen, die bereits stattgefunden haben, mit einer Löschtaste ungeschehen
machen, ist vollkommen naiv, wirklichkeitsfremd und
verantwortungslos, weil sie hier lebende Menschen
für unerwünscht erklärt und nicht einmal ansatzweise
darstellen kann, mit welchen grundrechtskonformen
Instrumenten das angestrebte Leitbild realisiert werden
soll. Deshalb vernimmt man aus dieser Ecke nur Ressentiments gegen Minderheiten und keine Auskunft
über angestrebte Maßnahmen.
Christian Ude wurde viermal
zum Oberbürgermeister der
Landeshauptstadt München
gewählt, vorher war er Redaktionsmitglied der Süddeutschen
Zeitung und selbstständiger
Rechtsanwalt. Er verfasste zahlreiche Bücher und Buchbeiträge
und brachte Sachbücher über
Stadtentwicklung, Wohnungsbau, Mieterschutz und Sicherheitsrecht heraus.
Die Kommunalpolitik muss sich allerdings schon jetzt
fragen und wird sich in Zukunft verstärkt fragen müssen,
■■ ob Wanderungsbewegungen auch noch beschleunigt werden sollen oder im Gegenteil gebremst
werden müssen,
■■ ob es zur Landflucht aus den ländlichen Räumen
keine Alternative im Sinne eines polyzentrischen
Konzeptes mit verschiedenen Kristallisationspunkten des Wachstums auch außerhalb der Metropolen
gibt und
■■ ob Interessen der Kapitalverwertung, die den Städten einen ständigen Wachstumsprozess bis hin zur
Dimension alptraumhafter Megacitys aufzwängen,
wirklich die oberste Richtschnur sein können.
Die Frage, wie die Städte beschaffen sein sollen, in
denen wir morgen leben möchten, und ob es überhaupt Instrumente zur Realisierung dieser Wünsche
gibt, ist die schwierigste, aber auch spannendste und
politischste Frage der Kommunalpolitik.
Und schließlich: Die Tatsache, dass atemberaubende
Kapitalflüsse die historisch gewachsenen Städte nicht
unberührt lassen, sondern im Gegenteil den bisherigen sozialen Ausgleich und Zusammenhalt vor Ort
sprengen können, was zunehmend auch stadträumlich
sichtbar wird (Gated Communities für Reiche und
Ghettos für Arme), zwingt zu der Einsicht, dass Kommunalpolitik nicht in abgeschirmten Reservaten stattfindet, sondern der weltweit zunehmenden Spaltung
von Arm und Reich ausgeliefert ist, sodass kommunale
Probleme und ökonomische Systemfragen im Kontext
zu diskutieren sind.
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11
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THEMA
Zukunft des Wohnens
in unseren Städten
H
aben wir da etwas übersehen? Seit mehr als 15
Jahren diskutieren wir in den (Raum-)Wissenschaften intensiv über den demografischen Wandel
und die Schrumpfung unserer Gesellschaft und damit
auch über den Abbau von Wohnungsüberhängen. Und
plötzlich ist sie wieder zurück: die Wohnungsfrage. Die
rasante Verknappung und Verteuerung von Wohnraum
in den (großen) Städten bringt die Gefahren von Verdrängung und sozialer Entmischung mit sich. Was ist
da passiert? Dieser Beitrag beleuchtet die Ursachen
der neuen Wohnungsfrage und geht auf die Folgen für
die Stadtentwicklung und das soziale Zusammenleben
in den Städten ein. Entscheidend ist hierbei, dass eine
Gleichzeitigkeit von ganz unterschiedlichen Entwicklungsprozessen zu beobachten ist: Rasant wachsenden
Städten und Regionen stehen solche mit Stagnation und
Schrumpfung gegenüber. Die Folge ist, dass sich sozialräumliche Entmischungsprozesse (Segregation) und
eine Polarisierung zwischen und in den Städten deutlich
verstärken. Damit stehen die betroffenen Kommunen
und die Stadtentwicklungspolitik vor sehr verschiedenen Herausforderungen, die sie bewältigen müssen.
Ursachen für die neue Wohnungsfrage
Wir erleben gegenwärtig das zeitgleiche Auftreten und
Zusammenwirken unterschiedlicher kultureller, sozialer
und ökonomischer Faktoren, die zu einer veränderten
Wohnungsnachfrage bzw. veränderten Wohnungsmärkten führen. Die neue Attraktivität der Städte, erhöhte
Zuwanderungszahlen aus dem Ausland und v. a. die
aktuelle Lage auf den Kapitalmärkten führen zu einem
Run auf die Wohnimmobilien in den Städten.
Häußermann und Siebel haben schon sehr früh auf
die soziokulturellen Ursachen einer endenden Suburbanisierung hingewiesen (vgl. Häußermann/Siebel
1987). Als Hauptmotive für den Rückzug in die Städte
nannten sie veränderte Familienstrukturen mit der Berufstätigkeit von Mann und Frau und damit verbundene
höhere Zeit- und Mobilitätskosten. In den Städten sind
die Wege kurz und die Infrastrukturangebote besser
erreichbar. Das mag auch der Grund sein, warum Be-
Relative Bevölkerungsentwicklung
2009 – 2011
12
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THEMA
richte über die Rückkehr älterer Menschen in die Stadt
so plausibel erscheinen, ohne dass es dafür, abgesehen
von einzelnen „Altersruhe“-Städten wie z. B. Weimar,
in der Breite aller Städte empirische Belege gäbe. Im
Hinblick auf die Bildungswanderung junger Menschen
in die Universitätsstädte, die zusätzlich durch die doppelten Abiturjahrgänge verstärkt wurde, liegen jedoch
eindeutige Belege vor. Fakt ist, dass wir in den letzten
Jahren insbesondere in den allermeisten Kernstädten
deutliche Bevölkerungssteigerungen beobachten
können, die es rechtfertigen, von einer neuerlichen
Reurbanisierung zu sprechen.
Bevölkerungswachstum
durch Zuwanderung
Hinzu kommen seit 2009 stark steigende Zuwanderungszahlen aus dem Ausland, die sich in der Mehrzahl
auf die größeren Städte konzentrieren. 2013 gab es
die höchste Zuwanderung und den höchsten Wanderungsgewinn seit 1993 mit einer Nettozuwanderung
von 428.607 Personen. Damit liegen wir nun schon im
fünften Jahr in Folge deutlich über den 200.000 Zuwanderern, die in den Bevölkerungsprognosen immer als
optimistische Variante betrachtet wurde. Dabei ist die
aktuelle Zuwanderung, bedingt durch die schwierige
wirtschaftliche Lage in vielen EU-Ländern, vor allem
europäisch: 58 Prozent aller Zuwanderer und Zuwanderinnen nach Deutschland kommen aus EU-Ländern.
Wohnungsmarkt: Lücke zwischen
Angebot und Nachfrage
Die beschriebenen Prozesse führen zu einer verstärkten
Wohnungsnachfrage, die auf ein knappes und nur eingeschränktes Wohnungsangebot stößt. Insbesondere
preisgünstige Wohnungen fehlen, da das Angebot
an Sozialwohnungen unzureichend und immer noch
stetig rückläufig ist. In den meisten Bundesländern und
Kommunen wurden in den letzten Jahren zu wenige
oder schlicht gar keine Sozialwohnungen gebaut. Und
durch das Auslaufen der Belegungsbindungen alter
Sozialwohnungen fallen jährlich bis zu 100.000 Wohnungen aus der Preisbindung. Nach einer Berechnung
des Pestel-Institutes (2012) gäbe es einen Bedarf von 5,65
Mio. Sozialwohnungen in Deutschland. Dieser ist aber
gegenwärtig lediglich zu knapp 30 % gedeckt, wobei
die Unterschiede zwischen den Ländern gravierend
sind. Die Bedarfsdeckungsquote reicht von knapp 3 %
im Saarland bis zu über 60 % in Thüringen und Brandenburg. Auch wenn die Pestel-Studie aufgrund dieser sehr
hohen Bedarfszahlen kritisiert wird, ist es völlig unstrittig,
dass insbesondere in den meisten (großen) Städten
preiswerte Sozialwohnungen in hoher Zahl fehlen – was
ja auch viele Kommunen veranlasst, wieder stärker auf
den Neubau von Sozialwohnungen zu drängen.
Wohnraum als Investitionsobjekt
Dabei ist das Interesse an Investitionen in den Wohnungsmarkt so groß wie nie. Vor allem aufgrund der
schwierigen Anlagesituation auf den Kapitalmärkten
und der niedrigen Kapitalmarktzinsen drängen die Investoren gegenwärtig förmlich auf den deutschen Markt.
Das betrifft viele Privathaushalte, die sich angesichts
niedriger Zinsen ihren Wunsch nach Eigentum erfüllen
wollen, oder auch kleine Privatanleger, denen die Zinsen auf den Sparkonten nicht mehr reichen und die sich
nach einem „Investitionsobjekt“ z. B. für ihre studierenden Kinder in der Stadt umsehen. Aber auch die großen
Investoren, insbesondere aus dem Ausland, drängen
auf den Markt. So ist nach aktuellen Berechnungen
von Ernst und Young (2015) das Transaktionsvolumen
bei den großen Immobilienverkäufen schon seit 2013
wieder auf dem Stand vor der Finanzkrise von 2008.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass bei der
Suche nach lukrativen Immobilieninvestitionen neben
den großstädtischen A-Lagen inzwischen auch kleinere
Großstädte und Mittelstädte in sogenannten B-Lagen in
den Blick geraten sind, da sich die Investoren hier eine
z. T. höhere Rendite erwarten. In der Folge führt diese
gesteigerte Nachfrage natürlich zu steigenden Preisen.
Beim Wohnungsneubau konzentrieren sich die Investitionen zudem überwiegend auf das gehobene und
teure Preissegment. Preiswerte und günstige Wohnungen fehlen bzw. unterliegen im frei finanzierten Wohnungsbau aufgrund der Schere zwischen Angebot und
Nachfrage erheblichen Preissteigerungen. Das alles führt
zu deutlich steigenden Wohnungs- und Mietpreisen in
vielen Städten und damit zu echten Versorgungsproblemen benachteiligter Bevölkerungsgruppen. Doch auch
Teile der Mittelschicht können sich das Wohnen in der
(Innen-)Stadt zunehmend nicht mehr leisten.
Differenzierte und polarisierte
Stadtentwicklung
Diesen angespannten und wachsenden Wohnungsmärkten stehen weiterhin schrumpfende und stagnierende Wohnungsmärkte gegenüber. Wir haben es mit
einer überaus differenzierten Entwicklung zu tun, wie
die Karte aus dem jüngsten Wohnungsmarkbericht für
Nordrhein-Westfalen zeigt.
Diese unterschiedlichen Wohnungsmarktentwicklungen verstärken einen Trend der zunehmenden räumlichen Ausdifferenzierung und Polarisierung der Lebensverhältnisse, wie ihn das ILS kürzlich in einer Untersuchung über die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse
für Nordrhein-Westfalen näher dargestellt hat (ILS 2013).
Bezogen auf Nordrhein-Westfalen lassen sich zum einen
sehr unterschiedliche Entwicklungen zwischen den
Städten, aber auch in den suburbanen und ländlichen
Kreisen beobachten. Stark wachsenden Großstädten an
der Rheinschiene (Köln, Düsseldorf, Bonn) und Universitätsstädten (Aachen, Münster) stehen stagnierende oder
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THEMA
Angebotsmieten gebrauchte Wohnungen:
Entwicklung 2008 – 2013 (%)
schrumpfende Bevölkerungen und
Wohnungsmärkte im Ruhrgebiet
und im Bergischen Land gegenüber. Ähnlich unterschiedliche
Entwicklungen lassen sich z. B.
für das wachsende Münsterland
und eher schrumpfende Teile des
Sauerlandes zeigen, wobei unterschiedliche Entwicklungsverläufe
auch räumlich dicht beieinander
liegen.
Ebenso unterschiedlich wie die Entwicklungen zwischen den Kommunen stellt sich die kleinräumige
Entwicklung innerhalb der Städte und Gemeinden dar.
Schon seit den 1980/90er Jahren lassen sich in Deutschland deutliche sozialräumliche Entmischungsprozesse
in den Städten beobachten. Die soziale Segregation ist
in den allermeisten Städten seither gestiegen. Ärmere
Bevölkerungsgruppen konzentrieren sich zunehmend
in bestimmten benachteiligten Stadtteilen, die von
mehrfachen Belastungen gekennzeichnet sind. Das hat
die Politik schon in den 1990er Jahren dazu veranlasst,
mit dem Programm „Soziale Stadt“ gegenzusteuern.
Neben Prozessen der sozialen Ungleichheitsentwicklung in der Gesellschaft sind es vor allem die Entwicklungen auf den Wohnungsmärkten, die soziale Segregationsprozesse verursachen. Während auf stagnierenden
und schrumpfenden Wohnungsmärkten ein Überangebot an Wohnraum dazu führt, dass auch Durchschnittsverdiener sich gut auf dem Wohnungsmarkt
versorgen können und daher benachteiligte Quartiere
verlassen, beschäftigt uns auf wachsenden und angespannten Wohnungsmärkten aktuell wieder stärker das
Problem der sozialen Verdrängung. Mittlerweile gehört
der bis vor kurzem nur wenigen bekannte Fachbegriff
„Gentrifizierung“ zum allgemeinen Wortschatz und
ist nun Gegenstand fast täglicher Berichterstattung in
den Medien. Auch wenn gegenwärtig noch genauere
empirische Erkenntnisse über die Dimensionen der
sozialen Verdrängung fehlen, ist doch unstrittig, dass
sie stattfindet. Die zum Teil dramatische Verteuerung
von Wohnraum in den Innenstädten führt dazu, dass
14
Quelle: NRW Bank (2014): Wohnungsmarktbericht NRW 2014. Schwerpunkt:
Entwicklung von Kauffällen und
Preisen. Düsseldorf.
einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen an den
Stadtrand gedrängt werden.
Diese Entwicklungen haben längst Politik und Kommunen auf den Plan gerufen und zur gesetzlichen
Einführung der „Mietpreisbremse“ auf angespannten
Wohnungsmärkten geführt. Viele Kommunen diskutieren gegenwärtig schon fast totgeglaubte Instrumente
des Städtebaurechtes, wie insbesondere die Soziale
Erhaltungssatzung („Milieuschutz“), um soziale Verdrängungsprozesse zumindest abzumildern. Auch wenn
sich viele Experten einig sind, dass diese einzelnen
Instrumente lediglich Entwicklungen verlangsamen,
nicht aber aufhalten können, sollte ihre Wirkung nicht
unterschätzt werden.
Fest steht jedenfalls, dass wir in der Stadtentwicklungs- und Wohnungspolitik angesichts der beschriebenen Entwicklung wieder offensiv und eindeutig von
der Bewältigung von Wachstumsprozessen sprechen
können. Gleichzeitig sind in vielen Regionen weiterhin
Stagnations- und Schrumpfungsentwicklungen zu gestalten. Politik und Planung stehen vor räumlich ganz
unterschiedlichen Herausforderungen, die nicht mittels
eines einheitlichen Paradigmas zu lösen sind.
Was die Kommunalpolitik tun kann
Im Folgenden möchte ich mich mit den Handlungserfordernissen und Möglichkeiten im Umgang mit den neuen
Wachstumsprozessen beschäftigen. Um der Spirale aus
Wohnungsknappheit, Preissteigerungen und sozialen
Verdrängungsprozessen entgegenzuwirken, bedarf es
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THEMA
nach meinem Dafürhalten des konsequenten Einsatzes
aller politischen und planerischen Instrumente – mögen
die einzelnen für sich auch unzureichend erscheinen.
Gesetzlich sind mit der Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen und der Begrenzung der Miethöhe bei Neuvermietung zwei wichtige Instrumentarien vorhanden. In
den Kommunen sollten diese durch die konsequente
Ausweisung von Gebieten mit Sozialer Erhaltungssatzung nach dem Baugesetzbuch flankiert werden. Dazu
liegen in vielen Bundesländern inzwischen auch die
gesetzlichen Regelungen für die Einschränkung der
Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen vor.
Die konsequente Anwendung dieses Instruments in
München (bislang ohne Umwandlungsverordnung)
und Hamburg zeigt, dass so besonders preistreibende
Luxussanierungen und Umwandlungen eingedämmt
werden können.
Viele Skeptiker verweisen demgegenüber auf den mit
dem Instrument verbundenen erhöhten Verwaltungsaufwand und die nur begrenzten Auswirkungen auf
Mietpreissteigerungen. Auch hier kann ich nur dafür
plädieren, alle Instrumente einzusetzen, um zumindest
gewisse Effekte zu erzielen. Bislang konnten die Kritiker
jedenfalls nicht darlegen, was stattdessen zu tun wäre.
Denn völlig unstrittig ist, dass vor allem das Angebot
durch Wohnungsneubau deutlich zu erhöhen wäre.
Doch bleiben leider bislang die Neubauten im sozialen Wohnungsbau selbst in Städten, die politisch viel
unternehmen, hinter den Abgängen durch auslaufende
Belegungsbindungen zurück. Hier müssen die Neubauzahlen radikal erhöht werden. Eine zunehmende Zahl
von Städten setzt hier nach dem Vorbild von München
und Hamburg richtigerweise auf verbindliche Quoten
bei neuen Investitionsprojekten, meist 30 % Mindestanteil für geförderten Wohnungsbau. Allerdings ist alleine
durch diese Quote die nötige Anzahl von Neubauten
im sozialen Wohnungsbau nicht zu schaffen. Die öffentliche Hand selbst muss bauen; außerdem sind auch
durch eine konsequente Förderung von Genossenschaften im Bereich des geförderten Wohnungsbaus
gesteigerte Wohnungsbauzahlen möglich. Dazu bedarf
es allerdings preisgünstiger Wohnbauflächen in den
Innenstädten.
Unlösbare Zielkonflikte?
Hiermit sind allerdings mehrere Zielkonflikte verbunden. Gerade für Kommunen mit Haushaltsproblemen
ist es nicht einfach oder aufgrund der Haushaltsaufsicht nicht möglich, bei Grundstücksverkäufen auf das
Höchstgebot eines Investors zu verzichten, um z. B.
das Grundstück an eine dem sozialen Wohnungsbau
verpflichtete Genossenschaft abzugeben. Sinnvolle
Planungsziele und kurzfristige Haushaltsziele stehen hier
in einem Konflikt. Zudem gibt es inzwischen in vielen
Städten längst nicht mehr genügend Wohnbauflächen
im erforderlichen Umfang. Kampf und Begehrlichkeiten
um freie Flächen haben längst begonnen. Ökologisch
sinnvolle Ziele, wie z. B. ausreichende Frei- und Grünflächen in den Städten, treten in Konflikt mit dem Ziel,
preiswerten Wohnraum zu schaffen.
Auch im Wohnungsbestand gibt es ähnliche Zielkonflikte. Die berechtigten Vorgaben der energetischen
Sanierung oder der baulichen Anpassung für mehr
Barrierefreiheit in den Wohnungsbeständen führen
zwangsläufig zu Steigerungen der Wohnkosten, die
neben den schon dargestellten Marktprozessen die
Mietpreise weiter nach oben treiben.
Allgemeine Lösungen können hier nicht präsentiert
werden. Es gilt jedoch, mindestens diese sozialen,
ökologischen und ökonomischen Zielkonflikte offen
zu benennen, um zu Lösungen zu kommen. Dabei
sollte durchaus auch über bisherige „Tabus“ in der deutschen Stadtentwicklungspolitik nachgedacht werden.
Während in der internationalen Debatte und auch in
Fachkreisen der Architektur längst über die „vertikale
Stadt“ gesprochen wird, hält sich in Deutschland noch
die Kernüberzeugung, dass man Wohnhochhäuser nur
für einkommensstärkere Bevölkerungsgruppen bauen
kann. Nach den negativen Erfahrungen mit den Großwohnsiedlungen der 1960er und 1970er Jahre ist man offensichtlich der Meinung, dass dies keine Gebäudeform
für einkommensschwächere Bevölkerungen sei. Doch
wenn wir aufgrund der Flächenknappheit inzwischen in
vielen Innenstädten Wohnhochhäuser bauen, dürfen
wir dann darauf verzichten, in diesen Häusern auch
preisgünstigen Wohnraum zu schaffen? Ich meine: nein.
Wir sollten also auch darüber nachdenken und reden,
wie wir funktionierende sozial gemischte Wohnhochhäuser bauen und unterhalten können.
Ralf Zimmer-Hegmann ist Leiter
der Forschungsgruppe „Sozialraum Stadt“ am ILS – Institut für
Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund.
Kontakt:
Ralf Zimmer-Hegmann
 0231 9051240
ralf.zimmer-hegmann
@ils-forschung.de
Literatur
Ernst & Young Real Estate GmbH (2015): Trendbarometer
Immobilien-Investmentmarkt Deutschland 2015.
Häußermann, Hartmut; Siebel, Walter (1987): Neue Urbanität.
Frankfurt a.M.
Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS)
(2013): Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse: NRW-spezifische Auswertung der Indikatoren zur Raumentwicklung
(Abschlussbericht). Dortmund.
Pestel Institut (2012): Bedarf an Sozialwohnungen in Deutschland. Hannover.
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THEMA
„Wir brauchen
kontextsensiblere
Gentrification-Forschung“
Ein Gespräch mit Matthias Bernt über blinde
Flecken in Erklärungsmodellen und Gentrifizierung
in Berlin und London
Matthias Bernt
Das Interview führte Jan Zwilling.
Herr Dr. Bernt, zur Gentrification wird seit 50 Jahren
geforscht. Was hat Sie motiviert, ein neues Projekt zu
diesem Prozess zu entwerfen?
© elxeneize - Fotolia.com
Das hat in erster Linie zwei Gründe. Zum ersten habe
ich beobachtet, dass der Begriff „Gentrification“ in den
letzten fünf bis zehn Jahren in Deutschland einen beispiellosen Eingang in die Alltagssprache erlebt hat. Was
in den 1990er Jahren noch ein echter Fachbegriff war,
mit dem nur Stadtforscher etwas verbanden, ist heute
quasi omnipräsent in den Medien und in der Umgangssprache. Diese inflationäre Verwendung ist nicht immer
positiv, ich sehe da eher eine Verwässerung des Begriffs.
Alles, was irgendwie mit Aufwertung oder Sanierung
zu tun hat, wird heute als Gentrification bezeichnet. Es
geht teilweise sogar so weit, dass der Begriff völlig aus
seinem Bedeutungskontext gerissen wird, etwa wenn
Fitnessstudios „Gentrification für deine Bauchmuskeln“
anpreisen. Da entsteht ein großer Widerspruch zwi-
16
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THEMA
schen der zunehmenden Verwendung des Begriffs und
der analytischen Qualität seiner Anwendung.
Zum zweiten denke ich, dass das Problem nicht nur bei
den Medien oder der allgemeinen Öffentlichkeit liegt,
sondern auch bei der Wissenschaft. Wir verwenden in
unserer Forschung zu stark vereinfachende Modelle,
die in den 1970er bis 1980er Jahren vorrangig im angloamerikanischen Raum entwickelt wurden. Setzen wir
diese Modelle in andere Kontexte, etwa in den Mittelmeerraum oder nach Asien, nimmt ihr Erklärungsgehalt
stark ab und es wird oft unklar, ob wir eigentlich noch
über vergleichbare Prozesse reden. Zudem haben
Faktoren wie die politische Regulierung von Wohnungsmarktentwicklung bisher kaum Niederschlag in
den Gentrification-Theorien gefunden. Obwohl die
Wissenschaft diese Limits ihrer Modelle immer wieder
erkannt hat, steht eine konzeptionelle Erweiterung bislang noch aus. Da ist selbst 50 Jahre nach dem Urknall
der Gentrification-Forschung durch die Studien von
Ruth Glass in London noch einiges zu erforschen und
zu entwickeln.
Von welchen Modellen für die Beschreibung
der Gentrification sprechen Sie und inwiefern
sind diese stark vereinfachend?
Unter Gentrification verstehen wir allgemein die
„Aufwertung“ eines Wohnviertels durch Verdrängung
ärmerer Bewohner und Zuzug von Besserverdienenden.
Die Erklärungsmuster dafür teilen sich grob gesprochen in zwei Lager: Die angebots-bezogenen Modelle
erklären den Aufwertungsprozess mit einer Differenz
zwischen aktuell realisierter Rendite und möglicher
Rendite aus einem Grundstück. Ist diese Lücke groß
genug, wird es attraktiv, in den vorher vernachlässigten
Wohnungsbestand zu investieren. Dies führt im Ergebnis
zu Mietsteigerungen, die von einkommensschwachen
Bewohnern nicht mehr getragen werden können, sodass
diese verdrängt und durch Besserverdienende ersetzt
werden. Nachfrage-bezogene Erklärungsmodelle verorten die Ursache für Gentrifizierungsprozesse eher
in der gestiegenen Nachfrage nach innerstädtischem
Wohnraum. Sie gehen davon aus, dass eine Aufwertung
vom Bedarf her befeuert wird, also von einer Situation,
in der mehr kaufkräftige Menschen bestimmte Wohnlagen und Preisklassen nachfragen. Der Kontext dafür
ist ein tiefgreifender gesellschaftlicher Wandel in der
postindustriellen Gesellschaft – Suburbia ist demnach
einfach aus der Mode gekommen.
Und warum greifen die Modelle zu kurz?
Beide Modelle haben den Nachteil, dass sie sich sehr
stark auf gesellschaftliche Entwicklungsprozesse in den
1950er bis 1970er Jahren in Nordamerika und Großbritannien beziehen und daher schwer verallgemeinerbar
sind. Sie basieren zudem auf einem quasi idealtypischen
Marktmodell. So gehen angebotsseitige Modelle davon
aus, dass eine „Renditelücke“ im Kapitalismus früher
oder später in jedem Fall Investitionen motiviert und
dass diese Investitionen immer zu Preissteigerungen
führen, die ärmere Bewohner nicht mehr zahlen können. Nachfrageseitige Modelle nehmen ganz ähnlich an,
dass eine höhere Zahlungsbereitschaft von „Gentrifiern“,
die in einem bestimmten Viertel wohnen wollen, quasi
automatisch zu einem neuen Gleichgewichtspreis führt.
Der gravierendste Malus dieser Modelle ist meines
Erachtens die mangelnde Integration von Wohnungspolitik in die Theoriebildung. In der Realität ist Wohnraum
so gut wie nie einfach nur eine Ware, über deren Preis
der freie Markt entscheidet. Im Gegenteil haben fast
alle modernen Gesellschaften Wohnraum auf die eine
oder andere Weise „de-kommodifiziert“. Wohnungsherstellung und -verteilung, Preisbildung und Belegung
lässt sich deshalb nur bedingt durch einen Rückgriff auf
Marktmodelle erklären. Wie der Aufwertungsprozess
z. B. in Berlin-Prenzlauer Berg abläuft, erklärt sich deshalb auch durch Sanierungspolitiken und Planungsgesetze, Mietpreisregulationen, Subventionsprogramme
und vieles mehr.
Was verstehen Sie genau unter „de-kommodifiziert“?
De-Kommodifizierung heißt einfach eine Einschränkung des Charakters als Ware. Im Kern geht es hier um
staatliche Maßnahmen, die dafür sorgen, dass Angebot,
Verteilung und Preisbildung von Wohnraum nicht allein
den Gesetzen des Marktes unterliegen. Der Grund
dafür liegt einfach in der Tatsache, dass ein Dach über
dem Kopf ein menschliches Grundbedürfnis ist, ohne
das unsere Gesellschaften nicht existieren können. Aus
diesem Grund haben Staaten immer wieder in den
Markt eingegriffen. Die Eingriffe können dabei ganz
verschieden aussehen: Der Staat kann so einen eigenen
Wohnungssektor für sozial Bedürftige errichten, er kann
über Subventionen die Erstellung von Wohnungen fördern, er kann die Preisbildung auf dem Wohnungsmarkt
durch Mietgesetze regeln usw. Bei der Diskussion um
Gentrifizierungsprozesse haben solche Themen bislang
leider nur selten eine Rolle gespielt. Ich halte das für
problematisch, weil unsere Erklärungsmodelle damit
nur begrenzt die Realität erfassen können. Unsere Forschungen haben dann nur noch eine geringe Prognosekraft und die Wissenschaftler können damit nur eine
schwache Politikberatung leisten.
Und an dieser Stelle setzt Ihr Forschungsprojekt an?
Richtig. Ich habe es „Gentrification und Wohnungspolitik“ genannt und es soll ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Theorien der Gentrification sein. Ich
vergleiche die Gentrification-Verläufe in fünf Stadtteilen
in London, Berlin und St. Petersburg und verfolge dabei
zwei zentrale Fragestellungen: Welchen Einfluss haben
unterschiedliche Regulationsformen auf Investitionen
in den Wohnungsbestand? Und wie wirken sich un-
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THEMA
terschiedliche Politiken auf die Verdrängung einkommensschwacher Haushalte aus? In London habe ich
beispielsweise das Viertel Barnsbury untersucht, das in
Islington im Norden der Stadt liegt. Wie die Gentrification dort abgelaufen ist, unterscheidet sich enorm von
dem Verlauf in Berlin. Ein wesentlicher Grund dafür sind
die politischen Rahmenbedingungen.
Was hat den Prozess in Barnsbury maßgeblich
geprägt?
Barnsbury ist ein gutes Anschauungsbeispiel, weil
das Viertel schon seit 50 Jahren mit Gentrifizierungsprozessen konfrontiert ist. Man kann drei Phasen
der Aufwertung ausmachen, die alle unterschiedlich
charakterisiert sind. In der ersten Phase in den 1960er
und 1970er Jahren wandelte sich das Viertel von einem
Slum mit niedrigen Mietpreisen zu einem maßgeblich
durch Wohneigentum geprägten Viertel. Dies entspricht in etwa dem Modell der Value Gap von Chris
Hamnett und William Randolph.1 Vereinfacht gesagt,
ergab sich damals für Hauseigentümer die Situation,
dass die im Vermietungsgeschäft zu erzielenden Renditen durch eine vergleichsweise soziale Mietgesetzgebung recht begrenzt waren, während gleichzeitig der
Erwerb von Eigentumswohnungen durch die britische
Steuergesetzgebung unterstützt wurde. Auf dieser
Grundlage entwickelte sich dann ein Geschäftsmodell,
bei dem Mieter (mit teilweise sehr rüden Methoden)
aus ihren Wohnungen gedrängt, diese anschließend
in Eigentumswohnungen umgewandelt und an Mittelklassehaushalte verkauft wurden. Das war nicht
nur sehr profitabel für die Eigentümer, sondern führte
in kurzer Zeit zu einer kompletten Veränderung der
Bevölkerungsstruktur.
Die Mietgesetzgebung und die Steuergesetzgebung
spielten dabei also eine wesentliche Rolle?
Ja, und dieser politische Einfluss auf den Prozess setzt
sich in der weiteren Entwicklung fort: In Barnsbury hat
sich die auf diese Weise in Gang gekommene Gentrification in den 1970er und 1980er Jahren vor allem
durch das „Right to Buy“ konsolidiert. Hierbei handelt
es sich um ein von der Thatcher-Regierung eingeführtes statuarisches Recht für die Bewohner kommunaler
Wohnungen, ihre Wohnung privatisieren zu können.
Der Erwerb wurde damals durch außerordentlich hohe
Preisnachlässe unterstützt. Das führte dazu, dass über
die Jahre ein großer Teil der Sozialwohnbestände auf
1
Anmerkung der Redaktion: Matthias Bernt bezieht sich auf folgende
Quellen:
Hamnett, Chris; Randolph, William (1984): The role of landlord disinvestment in housing market transformation: an analysis of the flat
break-up market in central London. Transactions of the Institute
of British Geographers, 9, 3, 259-279.
Hamnett, Chris; Randolph, William (1988): Cities, Housing and Profit:
Flat break-up and the decline of private renting. London et al.:
Hutchinson.
18
dem Markt landete. In Barnsbury, wo Anfang der 1980er
Jahre fast die Hälfte des Wohnungsbestandes der Kommune gehörte, kam auf diese Weise der Löwenanteil des
Sozialwohnungsbestandes auf den privaten Immobilienmarkt und wurde an besserverdienende Haushalte
verkauft. Dies führte insgesamt zu einer Konsolidierung
und Intensivierung von Gentrifizierungsprozessen. Seit
den 1990er Jahren sprechen Wissenschaftler hier sogar
von einer „Supergentrification“, bei der die traditionellen Gentrifier durch noch reichere Haushalte verdrängt
werden.
Wie beurteilen Sie die gegenwärtigen Entwicklungen
in London?
Aktuell erleben wir in Barnsbury und anderen Londoner
Stadtteilen eine dritte Phase, in der einerseits Gentrification zu einer globalen Anlagestrategie für Vermögensbesitzer wird und andererseits der Anteil der Mieterhaushalte wieder wächst. In Londoner Innenstadtbezirken
werden heute etwa 60 Prozent der Immobilien von
„Non-UK Buyers“ erworben, die vor allem auf hohe
Wertsteigerungspotenziale setzen. Das hat eine enorme Preisinflation auf dem Londoner Immobilienmarkt
unterstützt. Die Preise sind heute so hoch, dass es sich
nicht einmal Professoren renommierter Universitäten
mehr leisten können, in einem Viertel wie Barnsbury
eine Wohnung zu kaufen. Gleichzeitig ist Vermietung für
Investoren wieder attraktiv geworden. Neben vielen anderen Gründen ist hierfür die komplette Deregulierung
der Mietgesetzgebung verantwortlich – seit den späten
1980er Jahren können bestehende Mietverträge von
den Vermietern ohne Angabe von Gründen mit einer
zweimonatigen Frist gekündigt werden. Das macht Mieter extrem vulnerabel und ermöglicht die problemlose
Durchsetzung von Mietsteigerungen. In der Summe
führt es zu einer Situation, in der Vermögensbesitzer
sehr teure Immobilien kaufen können, um dann zu
warten, bis diese noch teurer werden – gleichzeitig
können sie die in der Zwischenzeit entstehenden Kosten
leicht aus den Einnahmen von Mietern decken, die sie
jederzeit vor die Tür setzen können.
Der Gentrifizierungsprozess in Berlin-Prenzlauer Berg
verlief vermutlich gänzlich anders?
Natürlich, die spezifischen Rahmenbedingungen in
Berlin sind mit denen von London nicht zu vergleichen.
Bis 1990 gab es überhaupt keinen Wohnungsmarkt
in Ostberlin. Danach hatten wir bis Mitte der 1990er
Jahre eine Phase sozialstaatlicher Sanierung, in der
die meisten Sanierungsmaßnahmen mit öffentlichen
Fördergeldern bezahlt und die Mietsteigerungen stark
begrenzt wurden. Seitdem hat der Staat seine Intervention stark zurückgefahren und Marktmechanismen sind
immer bestimmender geworden. Das gilt vor allem für
die letzten zehn Jahre, in denen die Sanierung fast nur
noch in Form von Umwandlung von Miet- in Eigen-
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THEMA
tumswohnungen erfolgte. Das führte zu einem hohen
Verdrängungsdruck und einem durchschlagenden
Wandel der Bevölkerungsstruktur. Zurzeit gibt es zarte
Anzeichen für eine Re-Regulierung – aber da müssen
wir erst mal abwarten.
fehlungen wissenschaftlich begründen zu können. Last
but not least würden bessere Erklärungsmodelle auch
der bereits beschriebenen Verwässerung des Begriffs
„Gentrification“ in der Öffentlichkeit entgegenwirken.
Herr Dr. Bernt, vielen Dank für das Gespräch!
Gibt es trotz der unterschiedlichen Rahmenbedingungen auch ähnliche Entwicklungsprozesse?
Barnsbury und Prenzlauer Berg sind sich in manchen
Punkten auch ähnlich, etwa in der Dynamik der Investitionsprozesse oder in der Entwicklung der Bevölkerungsstruktur. Die Unterschiede sind jedoch gravierender: Wir haben völlig unterschiedliche „Housing
Systems“. In Deutschland spielt sich beispielsweise
der ganze Prozess innerhalb eines stark regulierten
Mietwohnungsmarktes ab, in dem sowohl Mieter als
auch Vermieter umfangreich kodifizierte Rechte haben. In Großbritannien sind die Rechte von Mietern
im Vergleich so begrenzt, dass man diesen Aspekt fast
völlig vernachlässigen kann. Gegensätzlich sind auch
Förderpolitiken, Steuergesetze und Sozialwohnungssysteme. Auch die Politik-Arenen, in denen all diese Dinge
verhandelt werden, unterscheiden sich stark.
Warum halten Sie es für wichtig, diese zwei Geschichten im Einzelnen nachvollziehen zu können?
Dr. Matthias Bernt ist Senior Researcher am Leibniz-Institut für
Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) in Erkner und
Lehrbeauftragter am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt Universität zu Berlin. Sein Forschungsprojekt zu Gentrifizierung und Wohnungspolitik in London, Berlin und St. Petersburg
läuft bis 2016 und wird von der Alexander von Humboldt-Stiftung
gefördert.
Jan Zwilling hat Geografie, Politikwissenschaften und Geoinformatik an der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universidade de Lisboa studiert und leitet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung
(IRS).
Kontakt:
Matthias Bernt  03362 793-275
[email protected]
Jan Zwilling  03362 793-159
zwilling @irs-net.de
Weil die Geschichten zeigen, dass uns die bestehenden
Theorien nur begrenzt helfen können, die Dynamiken
des Nachbarschaftswandels zu entschlüsseln. Weder
eine Erklärung von Gentrification als das Schließen einer
Renditelücke noch ein Modell, das Gentrification allein
aus dem Zuzug von „Pionieren“ und „Gentrifiern“ erklärt,
hilft uns wirklich, die Veränderungen des Prozesses zu
verstehen. Meiner Meinung nach geht es darum, dass
der Staat ins Zentrum der Erklärung gerückt werden
muss. Das würde uns nicht nur einen besseren Einblick
in die Mutationen von Gentrification in Barnsbury oder
die Spezifika von Prenzlauer Berg ermöglichen, sondern
auch zu einem besseren Verständnis der Gründe führen,
weshalb sich Gentrification in verschiedenen Ländern
so sehr unterscheidet.
Gibt es überhaupt „die eine“ Gentrification?
Ich bin mir inzwischen sicher, dass wir eher von
Gentrifications im Plural sprechen sollten, anstatt
generalisierende Modelle zu verwenden. Ich möchte
damit nicht sagen, dass die bisherige Forschung nicht
zutreffend oder gar wertlos ist. Wir Forscher dürfen
nur nicht an diesem Punkt stehen bleiben. Wir brauchen kontextsensiblere Forschungsansätze und wir
müssen politische Rahmenbedingungen besser in
unsere Erklärungsmodelle integrieren. Das würde uns
helfen, besser zu verstehen, was in unterschiedlich
strukturierten Wohnvierteln passiert, und es würde uns
in die Lage versetzen, sehr spezifische politische Emp-
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THEMA
Gemeinsam statt einsam:
Wohnprojekte in Leipzig
Ein Gespräch mit Karin Wiest über Kollektivhäuser,
Wohngenossenschaften und den Wunsch nach
mehr Nachbarschaft in der Stadt
Das Interview führte Gabriele Schmidt.
Karin Wiest
Frau Dr. Wiest, der Spiegel fragte bereits vor drei
Jahren, ob Leipzig als „Stadt der Träumer“ das bessere Berlin sei. Tatsächlich zieht es hier nicht nur viele
Kreative hin, auch kollektive Wohnformen sind stark
im Trend. Warum ausgerechnet in Leipzig?
In Leipzig konnten sich viele neue Wohnformen gründen, weil Leipzig mal eine sehr stark schrumpfende
Stadt war und es in diesem Zusammenhang viel Freiraum auf dem Wohnungsmarkt gab. Hauseigentümer
suchten Nutzungsmöglichkeiten für ihre Gebäude.
Die Stadtverwaltung hat verschiedene Projektformen
angeboten, um auf einem niedrigen Level preisgünstigen Wohnraum anzubieten. Dies ist der Hintergrund,
warum sich gerade in Leipzig kollektive Wohnformen
ausbreiten konnten.
Andere ostdeutsche Städte schrumpften ähnlich stark
oder stärker.
In Leipzig kamen noch andere begünstigende Faktoren
hinzu: Zum einen ist die Stadt eine Universitätsstadt, es
leben also viele Studenten in Leipzig. Zum anderen ist
die Kunstszene in Leipzig sehr stark. Zusammengenommen gibt es also eine Klientel für dieses Wohnangebot.
Darüber hinaus hat Leipzig einen hohen Baubestand
aus der Gründerzeit, der für solche Projekte sehr attraktiv ist.
Aus welchen Motiven entscheiden sich gerade junge
Menschen, in Kollektivhäuser zu ziehen?
Der Hauptgrund liegt im Angebot an preiswertem
Wohnraum durch den entspannten Wohnungsmarkt.
Ich glaube, dass der Wunsch auch in anderen Städten
vorhanden ist, dort aber die alternativen Wohnformen
aufgrund der Miet- und vor allem Kaufpreise sehr viel
schwieriger zu verwirklichen sind. Dort gibt es diese
Freiräume auf dem Wohnungsmarkt einfach nicht. Das
ist die eine Seite.
20
Auf der anderen Seite gibt es nicht nur bei jungen
Leuten, sondern in der Gesellschaft insgesamt ein
Bedürfnis, in Gemeinschaften zu leben. Der Trend zur
Vereinzelung, insbesondere in den großen Städten,
kann ein neues Bedürfnis nach Nachbarschaftlichkeit,
nach gegenseitiger Hilfe hervorrufen. Die genossenschaftlichen Wohnmodelle mit ihrem Solidaritätsprinzip bieten hierfür einen Ansatz an. Darüber hinaus sind
sie ein Gegengewicht zu Immobilienspekulationen,
indem sie dem Markt einen Anteil an Wohnungen
entziehen. In Anbetracht der gegenwärtigen Debatte
über Gentrifizierung spielt das sicherlich auch eine
große Rolle.
Worin unterscheiden sich die neuen alternativen und
gemeinschaftlichen Wohnformen vom traditionellen
genossenschaftlichen Wohnen?
Bei alternativen Hausprojekten handelt es sich um eine
ganze Bandbreite von gemeinschaftlichen Wohnformen. Darunter fallen neu gegründete Hausprojekte
wie z. B. das Wächterhaus, bei dem es sich nicht um
genossenschaftliches Wohnen handelt, sondern darum,
dass junge Leute ein Haus bewohnbar halten. Hierzu
gehören auch Baugruppen, bei denen jede Wohnpartei
eine Wohnung kauft. Diese beiden Wohnformen haben
recht wenig zu tun mit dem gemeinschaftlichen Wohnen im Sinn eines Genossenschaftsmodells.
Der Begriff des genossenschaftlichen Wohnens
steht für eine bestimmte Organisationsform, die sich
zwischen einem funktionsfähigen wirtschaftlichen
Unternehmen und einer Gemeinschaft befindet und
letztendlich eine spezifische Lebensform verwirklichen
möchte. Eine Genossenschaft muss als solche eingetragen sein und wird geprüft. Die von mir beschriebenen
alternativen Wohnprojekte können Genossenschaften
sein, müssen es aber nicht. Genossenschaft heißt letzten
Endes, dass der Einzelne kein Privateigentum hat. Das
ist sozusagen der Grundunterschied.
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THEMA
Gibt es denn Unterschiede zwischen den Motiven,
einer Wohngenossenschaft beizutreten oder in ein
Kollektivhaus zu ziehen?
Wer genau zieht in die neuen, kollektiven Wohnungsgemeinschaften ein? Sind diese ein Mittelschichtsphänomen?
Bei einer neu gegründeten Einheit kann man sehr viel
mitgestalten. Die Traditionsgenossenschaften waren
auch irgendwann einmal so innovativ und wollten ein
bestimmtes Projekt verwirklichen. Aber im Laufe ihrer
Entwicklung sind sie größer geworden, die Mitglieder
sind nicht mehr unmittelbar beteiligt. In den Großgenossenschaften gibt es meistens einen Mitgliedervertreter.
Unter den Mitgliedern ist deswegen oft nicht mehr das
Bewusstsein vorhanden, dass der Einzelne auch Verantwortung übernimmt und aktiv sein kann. Der Partizipationsgedanke ist bei den Traditionsgenossenschaften oft
in den Hintergrund getreten.
Hierzu kann ich keine allgemeingültige Aussage treffen.
Es gibt natürlich Wohnprojekte der Mittelschicht, die
teilweise nicht billig sind, insbesondere in Regionen,
wo allein der Grundstückspreis so hoch ist, dass dort
nur bestimmte Leute es sich leisten können, Genossenschaftsanteile zu kaufen. In Leipzig sind es dagegen
eher alternative junge Leute. Sie gehen oft sehr idealistisch an diese Wohnprojekte heran und wünschen
sich beispielsweise, ein altes Haus wieder zum Leben
zu erwecken. Manchmal versuchen sie auch, Gemeinschaftsräume zu schaffen, die auch von anderen genutzt
werden können, z. B. Kulturräume oder Galerien. Innerhalb dieser Hausprojekte wohnen zum Teil Menschen
mit sehr unterschiedlichen Einkommen. Aber alle
haben das Interesse, in diesem Gemeinschaftsprojekt
zusammenzuarbeiten. Viele möchten ein Mehrgenerationenwohnen verwirklichen.
Außerdem ist die Mitgliederstruktur in den ostdeutschen Großgenossenschaften aufgrund ihrer langen
Geschichte – die Mitglieder haben irgendwann einmal
Anteile erworben und sind geblieben – teilweise stark
überaltert. Ihre Klientel ist deswegen eine andere als
bei den neuen genossenschaftlichen Projekten, die sich
mit einem bestimmten Ziel gründen. Unter den neuen
Genossenschaften gibt es manche extra für Frauen und
andere, die sich explizit die Integration ganz unterschiedlicher Gruppen zum Ziel gesetzt haben. Wieder
andere Genossenschaften wurden gegründet, um
gemeinsam ökologische Lebensformen umzusetzen.
Das heißt es sind bestimmte Projekte, die man in solch
einem Wohnmodell verwirklichen kann. Durch diese
zum Teil sehr spezifischen Zielsetzungen unterscheiden
sich die neuen Kollektivprojekte von den klassischen
Traditionsgenossenschaften.
In Bezug auf Ihre Frage nach der Mittelschicht kann
man sagen, dass es sich bei diesen Wohnformen eher
um Menschen eines bestimmten Bildungsstandes handelt, also eher um eine bestimmte Bildungsschicht als
eine bestimmte Einkommensschicht.
In welchem Verhältnis stehen die neuen Wohnformen
zur Stadtgesellschaft? Stehen sie im Austausch oder
grenzen sie sich von ihrem Wohnumfeld ab?
Wird dies von den Zielgruppen aufgegriffen?
Es trifft sicher beides zu. Im Hinblick auf die Traditionsgenossenschaften würde ich sagen, dass sie sich
teilweise nach außen abschließen, weil sie die Interessen ihrer Mitglieder vertreten müssen. Wenn man
weiß, dass die Mitglieder mit bestimmten Leuten nicht
zusammenleben möchten, werden diese Leute kaum
aufgenommen werden. Hier können wir also schon
einen Ausschließungsmechanismus beobachten.
Allerdings bieten viele Bestandsgenossenschaften
Angebote für altengerechtes Wohnen.
Das hängt davon ab, wie eng der Wohnungsmarkt generell ist. In einer Stadt mit einem sehr angespannten Wohnungsmarkt haben die Genossenschaften überhaupt
keine Probleme, auch junge Mitglieder zu gewinnen.
Da stehen die Leute Schlange, diese Genossenschaften
haben kein Nachwuchsproblem.
Bei den Hausprojekten gibt es vielleicht auch
Phänomene der Abschließung, aber es besteht oft
gleichzeitig der Wunsch, viele Menschen im Viertel
anzusprechen, z. B. durch Kultur- und Kunstprojekte.
Dadurch wirken diese Projekte aktiv in die Stadtteilentwicklung ein.
Man kann aber sagen, dass die Traditionsgenossenschaften aufgrund ihrer starken Überalterung besonders
interessiert daran sind, neue Mitglieder – z. B. Studenten
und junge Familien – zu gewinnen und dass sie sich
hierzu auch einiges überlegen.
Aber in den neuen Bundesländern, wo Genossenschaften wegen des Wohnungsleerstandes nicht mit
preisgünstigem Wohnraum punkten können und ihre
Wohnungsbestände sich sehr häufig auf Plattenbauten
am Stadtrand konzentrieren, ist es deutlich schwieriger.
Diese Wohnungsbestände sind für junge Leute erfahrungsgemäß oft nicht so attraktiv. Chancen haben diese
Wohnungsbestände der 1970er und 1980er Jahre vor
allem in den Innenstadtlagen und besonders dann,
wenn sie unter dem Marktpreis angeboten werden.
Gibt es bei den gemeinschaftlichen Wohnformen
regionale Verschiedenheiten, z. B. zwischen Ost und
West oder Stadt und Land?
Bei den klassischen Wohngenossenschaften gibt es
deutlich ausgeprägte Ost-West-Unterschiede, die
auf die unterschiedliche Geschichte von Ost- und
Westdeutschland zurückzuführen sind. Im Sozialismus
der DDR entsprach das Genossenschaftsmodell der
Wohnraumversorgungspolitik. Hierin ist der Hauptgrund dafür zu sehen, dass die Genossenschaften in
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Ostdeutschland noch eine ziemlich große Bedeutung
haben. In ostdeutschen Städten ist zum Teil bis zu einem
Viertel des Wohnungsbestandes im Besitz von Genossenschaften. Allerdings wurden in der DDR nicht alle
urgenossenschaftlichen Prinzipien gelebt. Die Prinzipien der Selbstverwaltung und Mitbestimmung wurden
z. B. außer Kraft gesetzt.
In westdeutschen Städten ist der Anteil an Genossenschaftswohnungen oft sehr viel niedriger, wobei
Hamburg die Stadt mit den höchsten Genossenschaftsanteilen ist. Im Hinblick auf den Stadt-Land-Gegensatz
kann man sagen, dass Wohngenossenschaften auf dem
Land eine geringere Rolle spielen, hier gibt es eher
Produktionsgenossenschaften oder Konsumgenossenschaften. Zu den neueren Wohnformen habe ich
keine Zahlen. Da ihre Umsetzung aber vom Angebot
an preisgünstigem Wohnraum abhängt, kann man
annehmen, dass sie sich eher in Regionen mit einem
entspannteren Wohnungsmarkt befinden.
Gibt es begünstigende bzw. hinderliche Rahmenbedingungen für gemeinschaftliche Wohnformen?
Nehmen wir die Stadt Leipzig als Beispiel: Die Stadtverwaltung war den alternativen Wohnprojekten
gegenüber ausgesprochen aufgeschlossen. Sie hat
Beratungsangebote ermöglicht und die Projekte gefördert. Allerdings geschah dies natürlich aus der Not
der Schrumpfungsproblematik heraus. Um es auf den
Punkt zu bringen: Der entscheidende Faktor ist der
Grundstücksmarkt. Bei einem entspannten Wohnungsmarkt sind solche Projekte viel leichter möglich.
Thema des raumwissenschaftlichen Kolloquiums war
das Leben in der Stadt der Zukunft. Wie beurteilen
Sie die Zukunft des kollektiven Wohnens? Wird der
Zuwachs anhalten?
Ich kann mir eine wachsende Nachfrage vorstellen.
Der Wunsch, in alternativen Wohnformen zu leben,
könnte weiter zunehmen. Um diesen Wunsch aber
umzusetzen, müssten auf dem Wohnungsmarkt auch
die Angebote dafür vorhanden sein. Die gegenwärtigen Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt mit einer
sich nach oben drehenden Preisspirale weisen jedoch
in eine andere Richtung. Hier ist die Politik gefordert.
Von der Stadtverwaltung könnten z. B. Grundstücke
für gemeinschaftliches Wohnen vorgehalten werden.
Frau Dr. Wiest, vielen Dank für das Gespräch!
Karin Wiest hat Geographie, Raum- und Stadtplanung an der
TU München studiert. Sie ist Projektleiterin im Forschungsbereich
„Raumproduktionen im Verhältnis von Polarisierung und Peripherisierung“ am Leibniz-Institut für Länderkunde. Ihre Hauptarbeitsfelder sind vergleichende Stadt- und Regionalforschung,
demografischer Wandel, sozialräumliche Ungleichheiten,
Segregations- und Genderforschung in Deutschland und Europa.
Kontakt:
© HPG KunterBunte 19 mbH
Karin Wiest  08955265974
[email protected]
Hausprojekt Kunterbunte in Leipzig
22
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AUS DER ARL
ARL-Kongress 2015
Migration, Integration:
Herausforderungen für die räumliche Planung
18. / 19. Juni 2015 im Maternushaus, Köln
D
ie Debatte um Migration und Integration ist hochaktuell. Während für die Quartiersebene bereits viele Untersuchungen vorliegen und Integrationsstrategien vorhanden sind, fehlen diese auf überörtlicher Ebene noch weitgehend. Analysen zur Raumentwicklung und zur
Migration stehen bislang relativ unverbunden nebeneinander. In der Raumordnung und Raumentwicklung ist bisher überwiegend Zurückhaltung bei der Auseinandersetzung mit den Themen Migration, kulturelle Diversität und Integration zu verzeichnen. Die Bedürfnisse und räumlichen Wirkungen von
Migrantengruppen in den unterschiedlichen Siedlungsräumen werden von den Akteuren der Raumentwicklung bislang kaum in strategische Konzepte einbezogen.
Die Integration der Migrantinnen und Migranten ist nicht nur eine zentrale Herausforderung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, sie erfordert auch eine Berücksichtigung in der Raumordnung und Raumentwicklung. Denn Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Wurzeln haben verschiedene Ansprüche
an ihr Lebensumfeld, an Wohnen, Arbeiten, Mobilität und Beteiligung.
Auf dem ARL-Kongress wollen wir deswegen u. a. folgenden Fragen nachgehen:
■■ Welche Auswirkungen hat die internationale Migration auf die Raumentwicklung, insbesondere auf
stadtregionaler Ebene und in ländlichen Räumen?
■■ Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich daraus, insbesondere durch die wachsende
kulturelle Vielfalt?
■■ Was bedeutet die räumlich sehr ungleiche Verteilung der Migrantinnen und Migranten (Stadt/Land,
West/Ost) für die teilräumlichen Entwicklungen?
■■ Welche Gestaltungsmöglichkeiten bieten die Instrumente räumlicher Planung?
■■ Mit welchen Akteuren muss in Zukunft stärker kooperiert werden, um Strategien und Instrumente weiterzuentwickeln?
© picture alliance / landov
Alle Informationen zum Kongress finden Sie unter www.arl-net.de/arl-kongress-2015.
Anmeldung bis zum 20. Mai 2015.
Nachrichten der ARL • 1/2015
23
AUS DER ARL
ARL-Kongress 2015
Programm
Donnerstag, 18. Juni 2015
Freitag, 19. Juni 2015
■■ 12:30 Begrüßung und Eröffnung
■■ 09:00 Fortführung der vier parallelen Workshops
Prof. Dr.-Ing. Klaus J. Beckmann,
Präsident der ARL
■■ 12:45 Integrationspolitik in NRW
■■ 13:00 Dr. Bernhard Santel, Referatsleiter für
Grundsatzfragen der Zuwanderungsund Integrationspolitik, Ministerium
für Arbeit, Integration und Soziales
(MAIS) des Landes NRW, Düsseldorf
Spatial patterns of migration
Peter Mehlbye, Director ESPON
Coordination Unit, Luxemburg
■■ 13:20 Politische Steuerung der
Zuwanderung
Dr. Steffen Angenendt, Stiftung
Wissenschaft und Politik, Berlin
■■ 1 1:00 ■■ 1 1 :30 Verleihung Werner-Ernst-Preis 2015
■■ 12:00 Migration und Diversität
als urbane Ressource
Prof. Dr. Erol Yildiz, Institut für
Erziehungswissenschaft, Universität
Innsbruck
■■ 12:30 Podiumsdiskussion:
Gestaltungsmöglichkeiten aus
Sicht von Planung, Politik und
Wissenschaft
Moderation:
Prof. Dr.-Ing. Klaus J. Beckmann,
Präsident der ARL
■■ 13:50 Diskussion
●● Prof. Dr. Ingrid Breckner, Professur
Moderation:
Prof. Dr. Rainer Danielzyk, Generalsekretär der ARL, Leibniz Universität Hannover
●● PD Dr. Jan Hilligardt, Hessischer
für Stadt- und Regionalsoziologie,
HafenCity Universität Hamburg
Landkreistag, Wiesbaden
●● Dr. Timo Munzinger, Deutscher
■■ 14:30 Gestaltungs- und Handlungs-
spielräume – Fragestellungen aus Sicht der Raumordnung
Städtetag, Berlin
●● Christian Specht, Erster Bürger-
meister der Stadt Mannheim/
Metropolregion Rhein-Neckar
Prof. Dr. Annette Spellerberg,
Lehrgebiet Stadtsoziologie,
Technische Universität Kaiserslautern
●● Prof. Dr. Erol Yildiz, Institut für
Erziehungswissenschaft, Universität
Innsbruck
■■ 14:45 Kaffeepause
■■ 15:30 Parallele Workshops
zu den Themenbereichen
Arbeitsmarkt,
Siedlungsentwicklung,
Gesellschaftlicher Zusammenhalt,
Internationale Erfahrungen
■■ 18:00 Ende der Workshops
■■ Ab 18:15 Abendempfang
24
Kaffeepause
1/2015 • Nachrichten der ARL
●● Heike Zettwitz, Sächsische Staats-
kanzlei, Dresden
■■ 13:45 Zusammenfassung der Tagung
Prof. Dr. Annette Spellerberg,
Lehrgebiet Stadtsoziologie,
Technische Universität Kaiserslautern
■■ 14:00 Verabschiedung
Prof. Dr.-Ing. Klaus J. Beckmann,
Präsident der ARL
AUS DER ARL
Raumbezogene Governance
internationaler Zuwanderung?
Herbsttagung der LAG Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern
am 4. und 5. November 2014 in Jüterbog
eutschland ist heute ein Einwanderungsland. Die seit
Jahren steigende internationale
Zuwanderung hat Auswirkungen
auf die Bevölkerungszahl und
-struktur sowie auf die Raumstruktur. Mehr Wohnungen
werden nachgefragt, die Städte
weisen neue Wohnquartiere
aus und diskutieren wieder
Wachstumsstrategien. Die Zuwanderung verläuft jedoch
teilräumlich sehr unterschiedlich
und die empirischen Befunde
zu den räumlichen Konsequenzen sowie zur raumbezogenen
Governance sind noch begrenzt.
Welche Zusammenhänge bestehen zwischen internationaler
Zuwanderung und räumlicher
Veränderung? Inwiefern und mit
welchen Instrumenten kann die
raumbezogene Governance Veränderungen mitgestalten?
Diese Fragen standen im Mittelpunkt der Herbsttagung
der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern in Jüterbog.
Geringere Zuwanderung im Nordosten
Die Zuwanderung in die nordostdeutschen Flächenländer ist erheblich geringer als im Bundesdurchschnitt.
Dadurch bleibt es auch langfristig schwierig, den Bevölkerungsrückgang durch Zuwanderung aus dem Ausland
auszugleichen. Eine Besonderheit ist der Großraum Berlin, in dem die Einwohnerzahl vor allem durch die hohe
internationale Zuwanderung im letzten Jahr gestiegen
ist. Der Anteil Nichtdeutscher liegt in Berlin über dem
Bundesdurchschnitt.
Innerhalb der Flächenstaaten verläuft die Zuwanderung in den Regionen unterschiedlich: Während ländliche und periphere Teilräume unterdurchschnittliche
Werte aufweisen (z. B. 1,3 % an der Mecklenburgischen
Seenplatte) liegt der Ausländeranteil in Rostock bei
4 %. Als Sonderfall ist der deutsche Grenzraum im
Umland der polnischen Metropole Stettin anzusehen.
Der Ausländeranteil z. B. im Amt Gartz (Oder), Land-
© Hennen
D
Auftakt der LAG-Herbsttagung
kreis Uckermark, lag im Jahr 2013 aufgrund der hohen
Zuwanderung aus Polen bei 10,1 %. Eine umfassende
Analyse dieser Veränderungen fehlt jedoch bislang.
Die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse und
die praktischen Erfahrungen im räumlichen Umgang
mit internationaler Zuwanderung beziehen sich eher
auf qualitative Forschungsergebnisse als auf langjährige
quantitative Beobachtungen, wie die Tagung zeigte.
Die Zuwanderung erfordert zudem eine differenzierte Analyse: Die verschiedenen Zuwanderergruppen
haben einen unterschiedlichen sozioökonomischen
Hintergrund und stellen unterschiedliche räumliche
Anforderungen. So haben Asylsuchende – trotz neuer
Freiheiten bei der Wohnortwahl – nicht dieselben Rahmenbedingungen wie andere Migrantengruppen, z. B.
Bürger der Europäischen Union, denen von vornherein
Freizügigkeit gewährt wird.
Zuwanderung als Thema
der Raumwissenschaften
Zuwanderung als Teil des demografischen Wandels ist
ein klassisches Themengebiet der Raumforschung und
Raumplanung. Zunächst stehen hier die raumbezoge-
Nachrichten der ARL • 1/2015
25
AUS DER ARL
nen Ex-post- und Ex-ante-Analysen im Vordergrund:
Wie wirkt sich Zuwanderung räumlich aus?
Daraus erwachsen aber auch konzeptionelle Fragen:
Inwiefern können durch Zuwanderung die teilräumlichen Prozesse der Entdichtung und Stadtschrumpfung,
der Destabilisierung des bestehenden Siedlungsgefüges
sowie der Zunahme regionaler Disparitäten gemildert
oder sogar umgekehrt werden? Leitbilder einzelner
Regionen in Nordostdeutschland, z. B. der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg, begreifen Zuwanderung
als Chance, um Arbeitskräfte zu gewinnen und die
Raumstruktur zu stabilisieren. Die Leitbilder enthalten
Aussagen zur Willkommenskultur und beziehen sich
damit gezielt auf internationale Bevölkerungsgruppen. Entsprechend wird Zuwanderung nicht mehr als
Problem, sondern als Potenzial für eine nachhaltige
Entwicklung angesehen.
Vor diesem Hintergrund stehen in den Zentren Nordostdeutschlands derzeit auch verstärkt migrantische
Ökonomien im Interesse der wirtschaftsgeographischen
Betrachtung. Dies markiert zugleich den Wandel in
der Schwerpunktsetzung von einer Sozial- und Integrationspolitik hin zu einer Wirtschaftsförderung und
Strukturpolitik. Zudem verlagert sich die Diskussion
von der Bundesebene auf die Handlungsräume in den
Regionen, Städten und Quartieren.
Herausforderung für verschiedene
raumpolitische Ebenen
Der Umgang mit Zuwanderung ist nicht nur eine Aufgabenstellung für die Bundes- oder Landespolitik (z. B. bei
der Aufnahme und Erstverteilung von Asylsuchenden in
den Bundesländern), sondern insbesondere auch für die
unteren Ebenen. Aber welche Steuerungsinstrumente
stehen auf diesen Ebenen zur
Verfügung?
falls nicht geklärt ist momentan die Bedeutung des
raumplanerischen Instrumentariums im Verhältnis zu
den Instrumenten der anderen Ressorts: Ist die räumliche Gesamtplanung „blind“ gegenüber der räumlichen
Steuerung bzw. der Anwerbung und ausgleichenden
Verteilung internationaler Zuwanderer? Sind andere
Formen eines regionalen Managements erforderlich,
z. B. eine integrierte und damit ressortübergreifende
Zusammenarbeit als regionales Pendant zu dem Instrumentarium der Sozialen Stadt? Oder gibt es keinen
gesonderten Handlungsbedarf, weil es für die räumliche
Entwicklung unerheblich ist, ob sich die Zuwanderung
aus internationalen oder regionalen bzw. deutschlandweiten Wanderungsbewegungen speist? Diese Fragen
wurden von den Teilnehmenden der Herbsttagung
unterschiedlich beantwortet. Bislang hat sich noch kein
klares Bild ergeben, daher besteht in diesem Themenfeld
weiter Forschungs- und Handlungsbedarf.
Notwendigkeit integrierter Governance
Sofern vor Ort Arbeitsplätze vorhanden sind, kann der
Zuzug von Ausländern potenziell einen Beitrag zur Minderung der Einwohnerrückgänge, zur Reduzierung des
Wohnungsleerstandes, zur Stabilisierung der Auslastung
von Infrastruktur und damit insgesamt zur Tragfähigkeit
der Raumstrukturen leisten. Raumplanung alleine reicht
zur Bewältigung der damit verbundenen Aufgaben
allerdings nicht aus. Eine spezifisch auf Migrationsströme ausgerichtete raumbedeutsame Politik stößt zwar
auch an Grenzen – so kann etwa eine Industrie- und
Handelskammer nicht explizit nur polnische Investoren unterstützen –, denkbar wäre aber, Fördergelder
aus dem EFRE-Programm hierfür einzusetzen. Daher
ist eine Abstimmung zwischen den raumbedeutsamen
Politikfeldern erforderlich.
Auf der regionalen und
Landesebene Norddeutschlands sind dagegen die Steuerungsmöglichkeiten der
Raumplanung unklar. Eben-
26
1/2015 • Nachrichten der ARL
© Hennen
Auf Quartiers- und gesamtstädtischer Ebene wurden bereits Erfahrungen mit
der integrierten Stadtentwicklung im Rahmen der Programme „Stadtumbau Ost“
und „Soziale Stadt“ gesammelt. Beide gehen materiell
wie instrumentell über die
räumliche Gesamtplanung
hinaus, indem sie gesellschaftsräumliche und gesellschaftliche Fragestellungen
miteinander verbinden.
Podiumsdiskussion
AUS DER ARL
Zuwanderung und Innovation
Entsprechend wird Zuwanderung von den verantwortlichen Akteuren in Nordostdeutschland überwiegend als
ressortübergreifende Herausforderung verstanden. Bei
einem zunehmend veränderten Arbeitsmarkt suchen
sich z. B. viele Hochqualifizierte eine Homebase, von der
aus sie ihren multilokalen Tätigkeiten nachgehen. Hier
zeigen sich die Zusammenhänge zwischen einer Innovationspolitik zur Förderung kreativer Milieus und der
räumlichen Planung. Wissensgemeinschaften als Quellen von Innovationen sowie die Koproduktion von Wissen im Sinne eines akteursorientierten Wissensmanagements werden immer wichtiger. Berlin hat mit derartigen
Innovations- und Kreativlabs zahlreiche Erfahrungen
gesammelt. In den Zentren der beiden Flächenländer
ist dies bislang weniger ausgeprägt, grundsätzlich aber
ebenfalls denkbar. In Nordostdeutschland werden daher neue Formen der Zusammenarbeit diskutiert, die
die erprobten Prozesse des Regionalmanagements um
den Aspekt der internationalen Zuwanderung ergänzen.
Zugleich ist es weiterhin erforderlich, die räumliche Gesamtplanung einzubeziehen, um die Voraussetzungen
für eine sozial ausgewogene und damit nachhaltige
räumliche Entwicklung zu erreichen.
Die Autoren danken den Referentinnen und Referenten sowie den weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern der LAG-Herbsttagung 2014 für ihre Beiträge.
Weitere Dokumente zur Tagung finden Sie unter http://
www.arl-net.de/projekte/lag-bbmv.
Dr.-Ing. Christian Strauß, PD Dr.-Ing. Thomas Weith
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V.
Kontakt:
Christian Strauß  033432-82-338
[email protected]
Thomas Weith  033432 82-124
[email protected]
Zur Zukunft der Großschutzgebiete
126. Sitzung der LAG Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland
am 3. November 2014 in Koblenz
Großschutzgebiete – eine Einordnung
Der erste Naturschutzpark in der Lüneburger Heide
entstand Anfang des 20. Jahrhunderts aufgrund widerstreitender Nutzungsinteressen (Barthelmeß 1988:
134 f., Mehnen/Mose/Strijker 2010). In den 1950er
Jahren etablierte sich die Idee, Gebiete für Naturschutz
und Erholung unter Schutz zu stellen, und eine Welle
von Naturpark-Gründungen folgte. Aktuell gibt es in
Deutschland über einhundert Naturparke, die mehr
als ein Viertel der gesamten Landesfläche umfassen
(ausführlich Weber 2013: 40 ff.). In der öffentlichen
Wahrnehmung sind sie allerdings nur begrenzt präsent
und bekannt (bspw. Weber 2013: 207 ff.).
Deutlich anders gestaltet sich die Situation bei Nationalparken und Biosphärenreservaten. Der erste
Nationalpark in Deutschland wurde 1970 im Bayerischen Wald ausgewiesen. Ende 2013 gab es insgesamt
14 deutsche Nationalparke, die gerade einmal knapp
0,6 Prozent der Landesfläche (ohne Watt- und Meeresflächen) abdeckten (dazu u. a. Blab 2006, Job 2010).
Quantitativ ähnlich exklusiv sind die Biosphärenreservate, von denen zurzeit in Deutschland 15 existieren.
Sie umfassen immerhin drei Prozent der Landesfläche
und können von der UNESCO anerkannt werden (zum
Thema u. a. Kühne 2010).
Plakativ formuliert: Während Naturparke jahrzehntelang tendenziell in einem „Dornröschenschlaf“ verharrten, gelten Biosphärenreservate und insbesondere
Nationalparke häufig als „Königsklasse“ der Großschutzgebiete. Gerade Nationalparke mit ihrem strengen Naturschutz, getreu dem Motto „Natur Natur sein lassen“,
sind bekannt und eng mit Prestige und verhältnismäßig
guter finanzieller wie personeller Ausstattung verknüpft
– ganz anders als es bei Naturparken im Allgemeinen
der Fall ist. Als Modellräume der Nachhaltigkeit (u. a.
Brodda 2002) erfreuen sich auch Biosphärenreservate
eines hohen Ansehens. Im Mai 2015 soll nun der erste
länderübergreifende Nationalpark der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland – der Nationalpark HunsrückHochwald – eröffnet werden, der innerhalb des bereits
bestehenden Naturparks Saar-Hunsrück liegen wird. Die
aktuellen Entwicklungen bildeten den Ausgangspunkt
für die LAG-Sitzung.
Nachrichten der ARL • 1/2015
27
© Friedericke Weber
AUS DER ARL
Blick Richtung Leutesdorf, rechte Rheinseite, Naturpark Rhein-Westerwald
Schutzgebietsvielfalt und
Aufgabenüberlappungen
Bei der LAG-Sitzung wurden unterschiedliche Facetten
von Großschutzgebieten beleuchtet und die Entwicklungen bei der Etablierung des Nationalparks Hunsrück-Hochwald diskutiert. Zu Beginn gab Prof. Dr. Kai
Tobias von der Technischen Universität Kaiserslautern
einen Überblick über die jeweiligen Entwicklungsziele
unterschiedlicher Schutzgebietskategorien, wobei er
sowohl auf formelle als auch informelle Instrumente
blickte. Dabei wurde deutlich, dass die Vielfalt nicht nur
bereichernd ist, sondern auch Probleme hervorrufen
kann. Welche Schutzgebiete erfüllen welche Aufgaben?
Sind die Unterschiede, besonders für die Bevölkerung,
nachvollziehbar? Bestehen Konkurrenzen?
Gerade Naturparke sind vielfach in einer schwierigen
Situation – unter anderem aufgrund finanzieller und
personeller Engpässe. Gleichwohl wurde ihnen durch
Gesetzesnovellierungen die anspruchsvolle Aufgabe
der nachhaltigen Regionalentwicklung übertragen. Ihr
Aufgabenspektrum verschob und erweiterte sich dadurch von Naturschutz und Erholung hin zu Naturschutz
und Landschaftspflege, Umweltbildung und nachhaltigem Tourismus, wie Dr. Friedericke Weber, Geschäftsführerin des Naturparks Rhein-Westerwald, ausführte.
Während einige davon ausgingen, dass Naturparke
28
1/2015 • Nachrichten der ARL
nachhaltige Regionalentwicklung bereits erfolgreich
betrieben, gebe es auch kritische Stimmen. Heute ließen sich zudem eine gewisse Aufgabenüberschneidung
und Unschärfen zwischen den Großschutzgebieten
Nationalparke, Biosphärenreservate und Naturparke
beobachten. Naturparke müssten stärker aktiv und
profilbildend tätig werden, um nicht in den Schatten
gerade von Nationalparken zu rücken.
Aktuelle Entwicklungen im LAG-Gebiet:
Der Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Konflikte können sich gerade auch durch die Einrichtung eines neuen Großschutzgebietes innerhalb eines
bestehenden ergeben – so z. B. in Rheinland-Pfalz
und im Saarland mit dem Nationalpark HunsrückHochwald.
Dr. Harald Egidi vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten (RheinlandPfalz) beleuchtete die Entwicklungsgeschichte des
Nationalparks Hunsrück-Hochwald. Die Einrichtung
des Parks sei im Vorfeld ergebnisoffen diskutiert worden. Nach den überwiegend positiven Signalen aus
dem Hochwald sei 2012 eine Dialogphase und 2014
ein rechtsförmiges Verfahren eingeleitet worden. Nach
Egidi werden voraussichtlich 50 Personen im Nationalpark arbeiten.
AUS DER ARL
Der Nationalpark werde nur fünf Prozent der Fläche des Naturparks Saar-Hunsrück umfassen, aber im
Verhältnis zur Flächengröße finanziell und personell
deutlich besser ausgestattet sein. Im Naturpark SaarHunsrück arbeiten derzeit vier Mitarbeiterinnen, wie
dessen Geschäftsführerin Gudrun Rau berichtete. Der
Naturpark Saar-Hunsrück ist 2004 durch Fusion aus einem saarländischen und einem rheinland-pfälzischen
Teil hervorgegangen. Er sei ein Hotspotgebiet der Biologischen Vielfalt, wobei neben der Natur gerade auch der
Mensch im Zentrum der Arbeit stehe. Entscheidend für
die Zukunft werde es sein, so Rau, dass die notwendigen
Mittel für Naturparke zur Verfügung gestellt sowie Naturparke und Nationalparke genügend gefördert werden.
Großschutzgebiete – quo vadis?
Die Vorträge und gemeinsamen Diskussionen machten
deutlich, dass einerseits immer neue Schutzgebiete eingerichtet werden, andererseits jedoch Profile
und Ausrichtungen sich überlappen und keineswegs
eindeutig sind. In Teilen könnte grundsätzlich deren
Legitimationsgrundlage angezweifelt werden. Aus
Landesplanungssicht sind Naturparke beispielsweise
ohne entscheidende Relevanz. Entscheidungen werden
durch deren Vorhandensein oder Nicht-Vorhandensein
nicht beeinflusst. Auch für einen Nationalpark ergibt sich
dessen Alleinstellungsmerkmal nicht von alleine. Was
macht einen Nationalpark Hunsrück-Hochwald besonders, welche Aufgaben kann er erfüllen, inwieweit kann
er positiven Nutzen für die Gesamtregion stiften? Zu
diesen Fragen besteht noch Forschungsbedarf. Überlappungen zwischen Naturpark und Nationalpark könnten
sich negativ auswirken, wenn Ziele verwischen bzw.
Unterschiede für die Bevölkerung nur unzureichend
nachvollziehbar sind.
Literatur
Barthelmeß, A. (1988): Landschaft – Lebensraum des
Menschen: Probleme von Landschaftsschutz und Landschaftspflege geschichtlich dargestellt und dokumentiert.
Freiburg/München. = Orbis academicus Sonderband 2/5:
Problemgeschichte von Naturschutz, Landschaftspflege
und Humanökologie.
Blab, J. (2006): Schutzgebiete in Deutschland – Entwicklung
mit historischer Perspektive. In: Natur und Landschaft 81
(1), 8-11.
Brodda, Y. (2002): Biosphärenreservat im Südharz – eine Chance für die Region? In: Mose, I.; Weixlbaumer, N. (Hrsg.):
Naturschutz: Großschutzgebiete und Regionalentwicklung.
Sankt Augustin (Naturschutz und Freizeitgesellschaft 5),
19-39.
Job, H. (2010): Welche Nationalparke braucht Deutschland?
In: Raumforschung und Raumordnung 68 (2), 75-89.
Kühne, O. (2010): Das UNESCO-Biosphärenreservat Bliesgau:
Entwicklungen, Beteiligungen und Verfahren in einer Modellregion. In: STANDORT 34 (1), 27-33.
Mehnen, N.; Mose, I.; Strijker, D. (2010): Wer kennt den Begriff
„Großschutzgebiete“? Deutschsprachige Fachtermini als
Gefahr für den internationalen Wissenschaftsdiskurs – ein
Essay. In: Naturschutz und Landschaftsplanung 42 (12),
382-383.
Weber, F. (2013): Naturparke als Manager einer nachhaltigen
Regionalentwicklung. Probleme, Potenziale und Lösungsansätze. Wiesbaden.
Ausblick: Einrichtung einer
Arbeitsgruppe
Wie sieht vor diesem Hintergrund die zukünftige Entwicklung der Großschutzgebiete im LAG-Gebiet aus?
Welche Rolle kann und wird dabei die Regionalentwicklung spielen? Und in welche Richtung entwickelt sich die
politische Unterstützung – möglicherweise in Richtung
einer Fokussierung auf Nationalparke? Um diesen und
weiteren Fragen nachzugehen, wird in der LAG Hessen/
Rheinland-Pfalz/Saarland eine Arbeitsgruppe unter
Leitung von Dr. Florian Weber (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf) und Dr. Friedericke Weber (Naturpark
Rhein-Westerwald e. V.) eingerichtet, die im Frühjahr
2015 ihre Arbeit aufnimmt. Neben einer gemeinsamen
Veröffentlichung soll im Jahr 2016 eine Tagung zur
Zukunft der Großschutzgebiete durchgeführt werden.
Florian Weber  08161 713919
[email protected]
Nachrichten der ARL • 1/2015
29
AUS DER ARL
Wissenschaft zum Mitmachen
Die ARL bei der „Nacht, die Wissen schafft“ am 15. November 2014
in der Leibniz Universität Hannover
A
lle zwei Jahre findet sie statt: die Lange Nacht der
Wissenschaften in Hannover. Die ARL war zum
ersten Mal dabei und präsentierte sich gleich an zwei
Standorten, an der Fakultät für Architektur und Landschaft sowie im Hauptgebäude der Universität, mit
einem abwechslungsreichen Programm.
Programm-Highlight war das in Kooperation mit dem ILS
– Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung
und dem ARL-Arbeitskreis „Multilokale Lebensführung
und räumliche Entwicklung“ organisierte MitmachProjekt zum Thema „Multilokale Lebensformen“. Unter
dem Motto „Wohnst du schon oder pendelst du noch?“
befragte die ARL die Besucherinnen und Besucher zu
ihrer Wahrnehmung multilokaler Lebensformen in der
Region Hannover und zu ihren Erfahrungen damit.
Eine Einführung ins Thema gaben Steckbriefe unterschiedlicher Multilokalitätstypen: z. B. Gustav, 34, der
regelmäßig zwischen Deutschland, Schweden und Brasilien pendelt, oder Charlotte, 42, die mit ihrer Familie
in Hannover lebt, aber wegen ihrer neuen Arbeitsstelle
unter der Woche eine Einzimmerwohnung in Lohne
bewohnt. Die personalisierte Darstellung weckte das
Interesse der Besucherinnen und Besucher und gab
zugleich einen schnellen Einstieg ins Thema.
Wir fragten: „Welcher Typ bist du?“ und forderten
zum Mitmachen auf. Die Besucherinnen und Besucher
konnten sich selbst oder eine Person in ihrem Bekanntenkreis einem Multilokalitätstyp zuordnen, indem sie
© Gabriele Schmidt
Es gab Vorträge zu den Zukunftsperspektiven von
Berlin, zum demografischen Wandel und zum Berufsfeld Raumplanung. Außerdem konnten die Besucherinnen und Besucher in einem Quiz ihr Wissen zur
Energiewende testen. Ferner präsentierte die ARL den
in Kooperation mit der Universität Göttingen, Professur für Wirtschaftspolitik und Mittelstandsforschung,
entwickelten interaktiven „Monitor Infrastrukturkosten
des demografischen Wandels“. Die Website richtet sich
an Entscheidungsträger aus der Kommunalpolitik und
zeigt anschaulich, wie sich die Bevölkerungsstruktur in
den Gemeinden Niedersachsens entwickelt hat bzw.
voraussichtlich in den nächsten 15 Jahren entwickeln
wird. Darüber hinaus werden die Kosten für die bestehende soziale und technische Infrastruktur angezeigt.
Der „Monitor Infrastrukturkosten des demografischen
Wandels“ bietet eine wichtige Datengrundlage für nachhaltige kommunalpolitische Entscheidungen.
Multilokalität: Welcher Typ bist du?
Andreas Stefansky beim Quiz zur Energiewende
30
1/2015 • Nachrichten der ARL
AUS DER ARL
unter den Postern stehende Glasvasen mit farbigen
Bällen befüllten. Auf diese Weise zeigte sich schnell
und anschaulich, welcher Multilokalitätstyp die stärkste
Rolle im Alltag der Besucherinnen und Besucher spielt.
Weiterhin gab es eine Befragung zur Wahrnehmung
von Multilokalität und ihrer Bedeutung für die Region
Hannover, an der knapp 70 Besucherinnen und Besucher teilnahmen. Die aktivierende Befragung gab Anlass
für zahlreiche interessante Gespräche bis spät in den
Abend hinein. Die wichtigsten Ergebnisse der Befragung
werden im Folgenden zusammengefasst.
Multilokalität spielt eine Rolle für die Region Hannover:
Knapp 75 Prozent der Befragten leben entweder selbst
multilokal (25 von insgesamt 67) oder kennen eine
Person in ihrem Bekanntenkreis, die multilokal lebt
(28). Die häufigste Form von Multilokalität ist dabei die
Fernbeziehung (24), gefolgt von den Wochenpendlern
zwischen Hauptwohnsitz und beruflich genutztem
Zweitwohnsitz (14), den pendelnden Studierenden (13)
und den „Expatriates“ (9). Expatriates sind Menschen,
die z.B. in einem international tätigen Unternehmen
beschäftigt sind und vorübergehend – meist für ein bis
drei Jahre – an eine ausländische Zweigstelle entsandt
werden. Häufig pendeln sie regelmäßig im internationalen Kontext.
Die Frage, ob Multilokalität für die Stadt Hannover von
Bedeutung sei, bejahten rund zwei Drittel der Besucherinnen und Besucher (22 „Ja, von großer Bedeutung“, 28
„Ja, ein bisschen“). Als Gründe nannten mehrere Befragte die gute infrastrukturelle Anbindung der Stadt, die
nationale Attraktivität Hannovers als Wirtschafts- und
Bildungsstandort sowie den allgemeinen gesellschaftlichen Trend zu multilokalen Lebensformen.
Doch was bedeutet eine Zunahme von Multilokalität
für das Zusammenleben in Hannover? Wird Mehrörtigkeit eher als Bereicherung wahrgenommen oder
als Bedrohung? Und wie sollte die Stadt mit dem Phänomen Multilokalität umgehen? Auch hierzu befragten
wir die Besucherinnen und Besucher. Die Ergebnisse
fielen je nach Politikfeld unterschiedlich aus.
Im Hinblick auf den Wohnungsmarkt stimmte knapp
die Hälfte der Befragten (32) der Aussage zu, dass sich
durch die Zweitwohnungen der Multilokalen das
Wohnungsangebot verknappe und die Mieten dadurch
anstiegen. Nur 19 Personen verneinten diesen direkten
Zusammenhang, die restlichen Befragten machten
keine Angabe (4) oder wussten hierzu keine Antwort
(12). Eine negative Auswirkung von Multilokalität auf das
Stadtleben in der Innenstadt lehnten hingegen knapp
70 Prozent der Befragten ab (46 von 67). Diese Wahrnehmung passt zu der positiven Einschätzung im Bereich
Kultur: Die überwiegende Mehrheit der Befragten (48
von 67) geht davon aus, dass Multilokale eine Bereiche-
© Gabriele Schmidt
Multilokalität in Hannover
Mitmach-Projekt zum Thema „Multilokale Lebensformen“
rung für Hannover darstellen, weil sie neue Ideen in die
Stadt bringen und dadurch den kulturellen Austausch
verstärken. Auch hinsichtlich der Infrastrukturkosten
stimmte nur ein kleiner Teil der Befragten (10) der Aussage zu, dass Multilokale die Stadt Hannover viel Geld
kosten würden, weil sie ihre Einkommenssteuer nicht in
Hannover, sondern an ihrem Erstwohnsitz entrichten.
Gut die Hälfte der Befragten (36) lehnte diese Aussage
ab, der Rest enthielt sich.
Weniger einig waren sich die Besucherinnen und
Besucher in Bezug auf die Auswirkungen von Multilokalität auf das nachbarschaftliche Zusammenleben:
Während 23 von 67 Befragten davon ausgingen, dass
sich der Zusammenhalt in der Nachbarschaft durch die
Multilokalen verschlechtere, lehnten 29 diese Annahme
ab und 15 enthielten sich einer eindeutigen Zuordnung
(11 „Weiß nicht“, 4 „Keine Angabe“). Im Hinblick auf das
kulturelle Zusammenleben in der Stadt wird Multilokalität also durchaus mehrheitlich als Bereicherung wahrgenommen, die Folgen für das soziale Zusammenleben
werden jedoch nicht derart positiv eingeschätzt.
Interessant waren auch die Antworten bezüglich
der Reaktionsmöglichkeiten der Stadtverwaltung und
der Wohnungsunternehmen. Nur ein sehr kleiner Teil
der Befragten (3) sprach sich für eine Erhöhung der
Zweitwohnungssteuer und damit für eine regulative
Steuerung aus. Die Mehrheit befürwortete dagegen eine
Nachrichten der ARL • 1/2015
31
AUS DER ARL
Anreizsteuerung und schlug vor, die Stadt für bestimmte
Zielgruppen (z. B. Paare, Familien, Studenten) attraktiver
zu gestalten.
Insgesamt war die Beteiligung bei der „Nacht, die
Wissen schafft“ ein voller Erfolg, an dem neben Ralf
Köneke, Annika Mayer und Anne Ritzinger viele weitere sehr engagierte Kolleginnen und Kollegen aus der
ARL-Geschäftsstelle sowie die Projektpartner aus dem
ILS (hier insbesondere Andrea Dittrich-Wesbuer und
Cornelia Tippel) und Torsten Osigus von der Universität
Göttingen mitgewirkt haben. Allen sei an dieser Stelle
noch einmal ausdrücklich für ihren Einsatz gedankt!
Die vollständige Auswertung der Befragung schicken
wir auf Wunsch gerne zu.
Gabriele Schmidt  0511 34842-56
[email protected]
87. Mitgliederversammlung der ARL
Z
ur Mitgliederversammlung am 13./14. November
2014 in Berlin kamen rund 90 Akademiemitglieder.
Neben einer Reihe von Wahlen standen insbesondere
die Evaluierung der ARL sowie die Diskussion zu Ergebnissen ausgewählter Arbeitsgremien im Mittelpunkt.
Evaluierung
Der Präsident der ARL, Prof. Dr.-Ing. Klaus J. Beckmann,
berichtete ausführlich über die Vorbereitung der Evaluierung der ARL. Demnach waren die Arbeiten im
Präsidium – in enger Rückkopplung mit der Geschäftsstelle sowie mit Kuratorium, Wissenschaftlichem Beirat
und Nutzerbeirat – im Jahr 2014 ganz wesentlich davon
bestimmt. In den vorhergehenden Monaten war ein
umfangreicher Evaluierungsbericht verfasst worden,
der die zentrale Bewertungsgrundlage im Rahmen der
Evaluierung darstellte. Gegen Ende des Jahres wurde die
sogenannte Begehung vorbereitet, auch mittels einer
„Generalprobe“ Mitte Dezember 2014. Beckmann dankte
allen Akademiemitgliedern, die sich bereit erklärt hatten,
an der Begehung und an der Probebegehung mitzuwirken. Er bat alle darum, die Arbeit des Präsidiums und den
eingeschlagenen Weg zu unterstützen. Er stellte ferner
für die Zeit nach der Evaluierung eine Strategiediskussion in Aussicht, bei der unter anderem über Wege der
Sicherung der Alleinstellungsmerkmale der ARL sowie
über die Rolle der Praktikerinnen und Praktiker in der
ARL gesprochen werden soll.
Weitere Berichtspunkte bezogen sich auf die Ergebnisse der 2014 durchgeführten Studien zur Bewertung
der Akademieleistungen und zur Sichtbarmachung der
Wirkungen der Akademietätigkeiten: die sogenannte
dritte Zielgruppenbefragung der ARL, durchgeführt von
Prof. Dr. Jörg Bogumil von der Ruhr-Universität Bochum,
eine Delphi-Befragung, durchgeführt von der QUBIC
32
1/2015 • Nachrichten der ARL
Beratungsgruppe und dem Eduard-Pestel-Institut für
Systemforschung, sowie eine Impact-Studie mittels qualitativer Interviews, durchgeführt von Prof. Dr. Thorsten
Wiechmann von der Technischen Universität Dortmund. Jörg Bogumil und Martin Buitkamp von QUBIC
stellten ausgewählte Ergebnisse der Befragungen vor.
Multilokalität, Planungssysteme
und Regionalplanung
Weiterhin wurden auf der Mitgliederversammlung
Ergebnisse aus den Arbeitsgremien vorgestellt. Prof.
Dr. Rainer Danielzyk stellte den seit 2012 bestehenden
und von ihm geleiteten Arbeitskreis „Multilokale Lebensführung und räumliche Entwicklung“ vor. Dabei
ging er auf veränderte Lebens- und Arbeitsformen als
treibende Kräfte für multilokale Lebensführung ein
sowie auf einzelne Fallbeispiele, die einen konkreten
Einblick in die Relevanz des Themas für die Stadt- und
Raumentwicklung geben (beispielsweise Infrastrukturen
für multilokales Leben und temporäres Wohnen in der
Hafencity Hamburg und in der Stadt Wolfsburg). In der
anschließenden Diskussion wurden einerseits die hohe
Aktualität und Relevanz des Themas hervorgehoben,
andererseits die Schwierigkeiten aufgezeigt, die sich
insbesondere aufgrund fehlender empirischer Studien
und Daten für Forscherinnen und Forscher ergeben.
Der Arbeitskreis erhielt anregende Fragen und Hinweise
für die weitere Auseinandersetzung mit der Thematik.
So wurde unter anderem vorgeschlagen, intensiver
als bisher auch auf rechtliche Aspekte multilokaler
Lebensführung einzugehen und über eine zeitgemäße
Anpassung bzw. Flexibilisierung der Haupt- und Nebenwohnsitzregelungen zu diskutieren. Auch zu betrachten
seien im Zusammenhang mit multilokalen Lebensformen un-/freiwillige Monolokalität sowie internatio-
AUS DER ARL
nale Multilokalität, die unterschiedlichste Berufs- und
Personengruppen umfasst. Zudem stelle sich die Frage,
ob zunehmende Multilokalität sowie die daraus entstehenden, sehr unterschiedlich ausgeprägten, räumlichen
Auswirkungen positiv oder negativ zu beurteilen seien,
welche Rolle der Raumplanung diesbezüglich zukommt
und welche Möglichkeiten sie hat.
Internationaler Vergleich
von Planungssystemen
Eine weitere Session befasste sich mit den Ergebnissen
des von Prof. Dr. Hans H. Blotevogel geleiteten Europäischen Arbeitskreises „Comparative Spatial Planning
Research“. Dieser wurde bereits 2007 mit der Intention
gegründet, die verschiedenen Planungssysteme der
europäischen Nationen vergleichend zu analysieren.
Der Arbeitskreis hatte Mitglieder aus 12 europäischen
Nationen. Gleich zu Anfang der Untersuchungen wurde
ausdrücklich betont, dass der Arbeitskreis nicht dem
Anspruch unterliegt, praxisrelevante Erkenntnisse im
Sinne eines Best-Practice-Transfers zu generieren. Der
Fokus lag vielmehr auf einer planungstheoretischen,
strategiebezogenen Perspektive. Anfang 2014 wurde im
Routledge Verlag die Monografie „Spatial Planning Systems and Practices in Europe. A Comparative Perspective on Continuity and Changes“ veröffentlicht. Diese
thematisiert unter anderem den Trend zur Konvergenz
europäischer Planungssysteme und die Gleichzeitigkeit
von Kontinuität und Wandel.
Informations- und Initiativkreis
Regionalplanung
Petra Schmidt-Kaden stellte die Aufgaben, die Arbeitsweise und die aktuellen Themen des Informations- und
Initiativkreises „Regionalplanung“ vor. Dabei wurde
der Mehrwert dieses Gremiums als Plattform für den
Informationsaustausch zwischen Wissenschaftlerinnen/
Wissenschaftlern und Praktikerinnen/Praktikern sowie
zur Generierung und Weiterentwicklung transdisziplinären Wissens deutlich. Auch die Mitglieder des
Gremiums erachten die Arbeit im Informations- und
Initiativkreis als gewinnbringend für die tägliche Berufspraxis und schätzen die Möglichkeit, ihre alltägliche
Arbeit systematisch zu reflektieren. Die hier praktizierte
Arbeitsweise ist konstitutiv für die Akademiearbeit und
wurde von den Anwesenden sehr gewürdigt.
Raumordnung in der Schweiz
Den Abschluss der Mitgliederversammlung bildete der
Vortrag „Raumordnung in einer direkten Demokratie –
das Beispiel Schweiz“ von Dr. Maria Lezzi, Direktorin des
Schweizerischen Bundesamtes für Raumentwicklung
(ARE), in dem sie die vielfältigen Möglichkeiten der
direktdemokratischen Beteiligung in Gesetzgebungsprozessen mit Bezug zur Raumplanung skizzierte und
deren Vorteile, aber auch die empirisch beobachtbaren
Probleme aufzeigte.
Andreas Klee  0511 34842-39
[email protected]
Neues Präsidium
B
ei der Mitgliederversammlung in Berlin wurde das Präsidium der ARL für die Amtszeit 2015/2016 gewählt.
Zum Präsidenten wurde Prof. Dr.-Ing. Klaus J. Beckmann, zur Vizepräsidentin Dr. Susan Grotefels, zu
Vizepräsidenten Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep und Dr. Stefan Köhler gewählt. Das Kuratorium hat in seiner
Sitzung am 15. Dezember 2014 die Mitglieder des neuen Präsidiums berufen.
Klaus J. Beckmann
Susan Grotefels
Rolf-Dieter Postlep
Stefan Köhler
Nachrichten der ARL • 1/2015
33
AUS DER ARL
Neue Akademiemitglieder
D
ie Mitglieder wählten in Berlin mit großer Mehrheit folgende acht Persönlichkeiten für die Dauer von
zehn Jahren zu neuen Akademiemitgliedern:
34
1/2015 • Nachrichten der ARL
Prof. Dr. Lorenz Blume
Universität Kassel, Referat für Entwicklungsplanung
Dr. Stefano Panebianco
Amt für regionale
Landesentwicklung,
Lüneburg
Prof. Dr. Antje Bruns
Humboldt-Universität
zu Berlin, Geographisches Institut
Dr. Joachim Scheiner
Technische Universität
Dortmund, Fakultät
Raumplanung, FG
Verkehrswesen und
Verkehrsplanung
Dr.-Ing. Sonja Deppisch
HafenCity Universität
Hamburg, Leiterin der
eigenständigen BMBFForschungsnachwuchsgruppe plan B:altic
Dr. Ansgar Schmitz-Veltin
Landeshauptstadt Stuttgart,
Leitung des Sachgebiets
Bevölkerung und Bildung
Dr. Heike Köckler
Technische Universität
Dortmund, Fakultät
Raumplanung, FG
Stadt- und Regionalplanung
Dr. Irmi Seidl
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee
und Landschaft, Birmensdorf (Schweiz), Leiterin
der Organsisationseinheit
Wirtschafts- und Sozialwissenschaft
AUS DER ARL
Wiedergewählte
Akademiemitglieder
F
olgende Mitglieder sind für einen Zeitraum
von zehn Jahren bei der Mitgliederversammlung in Berlin wiedergewählt worden:
■■
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■■
■■
Dr. Corinna Clemens, Stadt Sindelfingen
Prof. Dr. Marek Dutkowski, Universität Stettin
(Polen)
Gleichstellungsbeauftragte
D
ie Mitglieder der ARL wählten am 14.
November 2014 Prof. Dr.-Ing. Ulrike
Weiland zur Gleichstellungsbeauftragten der
ARL für die Jahre 2015 und 2016 sowie Prof.
Dr. Gisela Färber zur stellvertretenden Gleichstellungsbeauftragten der ARL für die Jahre
2015 und 2016.
Prof. Dr.-Ing. Stefan Greiving, Technische
Universität Dortmund
Karl-Heinz Hoffmann, Regionalverband
Hochrhein-Bodensee, Waldshut-Tiengen
Prof. Dr.-Ing. Christian Jacoby, Universität der
Bundeswehr München, Neubiberg
Prof. Dr. Johann Jessen, Universität Stuttgart
Kuratorium bringt Satzungsänderung
auf den Weg
D
as Kuratorium der ARL kam am 15. Dezember
2014 zu einer Sitzung in Hannover zusammen.
Der Präsident der ARL, Prof. Dr.-Ing. Klaus J. Beckmann,
berichtete über aktuelle Vorhaben der Akademie, über
strategische Fragen und vor allem über den Stand der
Vorbereitung der Evaluierung. Darüber hinaus hat das
Kuratorium das Präsidium für die Amtszeit 2015/2016
(siehe Seite 33) sowie einige Mitglieder des Nutzerbeirats berufen.
Mit dem Beschluss über eine Satzungsänderung durch
das Kuratorium konnte eine Reihe struktureller Änderungen erfolgreich zum Abschluss gebracht werden.
Neben einigen formalen Anpassungen war ein wesentliches Ziel der Änderung, die Vielzahl der Gremien der
ARL in der Satzung zu regeln. So haben die Informationsund Initiativkreise (IIK) nun Eingang in die Satzung gefunden, Ad-hoc-Arbeitskreise (AAK) und Internationale
Arbeitskreise (IAK) – statt der bisherigen „Europäischen
Arbeitskreise“ – werden explizit genannt und ihre jewei-
ligen Ziele und Laufzeiten dargestellt. Auch das Junge
Forum ist jetzt in der Satzung verankert. Mit diesen Ergänzungen konnte dem Wunsch des Kuratoriums nach
einer umfassenden Abbildung der Gremienstruktur und
der Arbeitsweisen in der Satzung Rechnung getragen
werden. Schließlich wird im Rahmen der neu gefassten
Satzung die Zahl der Mitglieder im Wissenschaftlichen
Beirat der ARL von bis zu acht auf bis zu zehn erhöht.
Damit soll die geforderte stärkere fachliche Breite der
Akademiearbeit durch eine entsprechende Verbreiterung des Sachverstandes im Wissenschaftlichen Beirat
für die Beratung und Bewertung der ARL einhergehen.
Die neue Satzung wurde am 7. Januar 2015 vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur
genehmigt und am 21. Januar 2015 im Niedersächsischen
Ministerialblatt veröffentlicht. Sie ist am 22. Januar 2015
in Kraft getreten.
Andreas Klee  0511 34842-39
[email protected]
Nachrichten der ARL • 1/2015
35
AUS DER ARL
Evaluierung der ARL
A
m 15./16. Januar dieses Jahres fand die Begehung
durch eine Bewertungsgruppe im Rahmen der
turnusgemäß erfolgenden Evaluierung der ARL in Hannover statt. Aufgrund der Größe der Bewertungsgruppe
wurden die zweitägigen Gespräche überwiegend im
Leibniz-Haus in der Altstadt von Hannover durchgeführt,
an einem halben Tag wurde aber auch die konkrete
Arbeit der ARL anhand eines Poster-Rundganges in der
Geschäftsstelle vorgestellt. Basis für die nach einem
von der Leibniz-Gemeinschaft vorgegebenen Schema
durchgeführten Gespräche (mit der Leitung der Akademie, mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit
dem wissenschaftlichen Nachwuchs, mit externen Kooperationspartnern usw.) war ein zuvor erstellter Bericht
über die Arbeit der ARL, der einen Umfang von ca. 200
Seiten und einen etwa doppelt so langen Anhang hat.
Die ARL hat sich nach Überzeugung aller Beteiligten
von ihrer Seite her bestmöglich präsentiert und konnte auch auf kritische Fragen gute Antworten geben
bzw. Strategien zur Überwindung sichtbarer Defizite
benennen. Insoweit ist der Termin aus unserer Sicht
erfolgreich verlaufen. Es gehört allerdings zu den charakteristischen Merkmalen des Evaluierungsverfahrens
der Leibniz-Gemeinschaft, dass das Bewertungsergebnis
nicht unmittelbar im Anschluss an den Begehungstermin feststeht, sondern im Laufe der folgenden Monate
durch die Bewertungsgruppe sowie den Senatsausschuss Evaluierung vorbereitet und schließlich durch
den Senat der Leibniz-Gemeinschaft festgestellt wird.
Die entsprechenden Sitzungen finden erst im vierten
Quartal 2015 statt, sodass bis dahin Geduld geboten ist.
An der Erarbeitung des Evaluierungsberichtes sowie
der Vorbereitung und Durchführung des Begehungstermins waren zahlreiche Personen beteiligt. Der besondere Dank des Präsidiums der Akademie gilt allen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle,
die sich sehr engagiert und überzeugend in den vergangenen Monaten in diese Arbeit eingebracht haben.
Insbesondere gilt er weiterhin Dr. Lisa Marquardt, die
den Gesamtprozess koordiniert hat, sowie denjenigen
Mitgliedern der Akademie, die die Arbeit der ARL sowohl bei der „Generalprobe“ im Dezember als auch
beim eigentlichen Begehungstermin im Januar repräsentiert haben: Prof. Dr. Hans Heinrich Blotevogel, Dr.
Susan Grotefels, Prof. Dr. Christina von Haaren, Dr.
Bernhard Heinrichs, Dr. Stefan Köhler, Prof. Dr. Jochen
Monstadt, Prof. Dr. Axel Priebs, Prof. Dr. Annette Spellerberg und Prof. Dr. Dirk Vallée. Außerdem danken wir
den ausgewählten Kooperationspartnern, die über ihre
Zusammenarbeit mit der Akademie bei der Begehung
36
1/2015 • Nachrichten der ARL
Auskunft gegeben haben: Prof. Dr. Maroš Finka von
der TU Bratislava, Prof. Dr. Volker Epping, Präsident
der Leibniz Universität Hannover, Prof. Dr. Sebastian
Lentz, Direktor des Leibniz-Instituts für Länderkunde
in Leipzig sowie Abteilungsleiter Werner Müller, Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und
Landesentwicklung.
Klaus J. Beckmann
Präsident der ARL
Kontakt:
 030 78 79 57 95
[email protected]
AUS DER ARL
Neuerscheinungen
Koordination raumwirksamer Politik
Mehr Effizienz und Wirksamkeit von Politik
durch abgestimmte Arbeitsteilung
Siedlungsflächenmanagement –
Bausteine einer systematischen
Herangehensweise
Helmut Karl (Hrsg.)
mit Beispielen aus Baden-Württemberg
Forschungsberichte der ARL 4
Hannover 2015, 244 S., Abb.
ISBN (PDF): 978-3-88838-077-8
ISBN (Print): 978-3-88838-078-5
Hany Elgendy, Susanne Dahm, Alfred Ruther-Mehlis
(Hrsg.)
D
ie sektorale und räumliche Koordination von Fachpolitiken ist bereits seit Langem Gegenstand disziplinärer und interdisziplinärer Diskussion. Diese hat ihren Ausgangspunkt in der Erkenntnis, dass ausschließlich
autonome Fachpolitik bzw. ausschließlich autonomes
Handeln politischer Akteure den Interdependenzen
zwischen ihnen nicht gerecht wird. Neuere Entwicklungen in der Forschung, gesellschaftlicher Wandel und
immer häufiger zu beobachtendes Koordinationsversagen innerhalb von politischen und bürokratischen Mehrebenensystemen Europas und Deutschlands machen
eine erneute Diskussion der Koordinationsproblematik
notwendig. Dabei sind die einzelnen Beiträge systematisch auf drei Varianten von Koordinationsproblemen
ausgerichtet, wobei grundlegend zwischen vertikaler
und horizontaler Koordination unterschieden wird. Es
zeigt sich, dass über alle Besonderheiten der erörterten
Einzelfälle hinweg Gemeinsamkeiten beobachtbar sind,
die sich auf den erfolgreichen Umgang mit Politikinterdependenzen beziehen. Vor diesem Hintergrund
werden fachübergreifend Empfehlungen formuliert, wie
zum einen der Koordinationsbedarf durch geschickte
Aufgabenzuweisung im föderalen System möglichst
gering gehalten
werden kann. Zum
anderen werden
Wege aufgezeigt,
die verbleibenden
Abst immungsbedarf in Hinblick auf
die raumwirksamen
Politiken in einer
Weise berücksichtigen, die im Ergebnis
zu einer höheren
Effizienz gegenüber
einem unkoordinierten Vorgehen
führt.
Arbeitsberichte der ARL 12
Hannover 2015, 113 S., Abb.
ISBN (PDF): 978-3-88838-393-9
ISBN (Print): 978-3-88838-394-6
D
er vorliegende Band stellt den aktuellen Diskussionsstand zum Thema Siedlungsflächenmanagement mit dem Schwerpunkt Baden-Württemberg dar.
Er zeigt für Wissenschaftler und Praktiker in kompakter
Form, wie eine nachhaltige Siedlungsflächenentwicklung insbesondere auf kommunaler und regionaler
Ebene planerisch, systematisch und erfolgreich betrieben werden kann. Hierzu werden neben allgemeinen
und rechtlichen Rahmenbedingungen die Bausteine
Flächenübersicht, Lagebeurteilung, Strategien, Maßnahmen, Monitoring und Umsetzung dargelegt und
durch Fallbeispiele illustriert. Es wird herausgearbeitet,
wie eine fachlich fundierte Bearbeitung mit vertretbarem Aufwand
auf allen planerischen Ebenen
umsetzbar ist. Des
Weiteren werden
die Entwicklung
eines integrativen strategischen
Handlungsansatzes und dessen
Einbindung in die
politischen Prozesse als wesentliche Erfolgsfaktoren abgeleitet und
dargestellt.
Die Veröffentlichungen stehen zum kostenfreien
Download unter shop.arl-net.de bereit.
Sie können dort kostenpflichtig auch als
gedrucktes Exemplar bestellt werden.
Nachrichten der ARL • 1/2015
37
AUS DER ARL
Personen
Prof. Dr. Hubert Job, Julius-Maximilians-Universität
Würzburg, ist von der Bundesministerin für Umwelt,
Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara
Hendricks, erneut in das Nationalkomitee „Der Mensch
und die Biosphäre“ (MAB) berufen worden. Die
Mitglieder des Nationalkomitees wirken ehrenamtlich
an der weiteren Umsetzung des gleichnamigen
UNESCO-Programms in Deutschland mit.
† Hans-Bernhard Behrends
Am 6. November 2014 ist Dr. med. Hans-Bernhard
Behrends im Alter von 61 Jahren verstorben. Er war
Mitglied des interdisziplinär zusammengesetzten
Arbeitskreises „Planung für gesundheitsfördernde
Stadtregionen“, der 2013 von der ARL gegründet
wurde. Hans-Bernhard Behrends brachte umfassende Erfahrungen sowohl als Facharzt als auch
als Amtsarzt in der kommunalen Gesundheitsfachverwaltung in den Arbeitskreis ein. Zuletzt
war er als Leiter des Fachbereichs Gesundheit der
Region Hannover tätig. In seiner Bewerbung zur
Mitwirkung im Arbeitskreis schrieb er: „Ich finde
es spannend zu schauen, wie die Raumforschung
zur Weiterentwicklung der Gesundheit als ‚weicher
Standortfaktor‘ einer Stadt beitragen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Public Health
Synergien und Konflikte zwischen Gesundheitsverträglichkeit und Verfahrensgerechtigkeit identifizieren kann.“ Wir trauern um einen kompetenten
und zugewandten Kollegen, den wir bei unserer
Arbeit vermissen.
Sabine Baumgart, Leiterin des ARL-Arbeitskreises
„Planung für gesundheitsfördernde Stadtregionen“
† Heinrich Siedentopf
Am 25. November 2014 verstarb Prof. em. Dr. jur. Dr. h. c. Heinrich Siedentopf im Alter von 76 Jahren
in Landau in der Pfalz.
Die europäische Zusammenarbeit war Heinrich
Siedentopf ein besonderes Anliegen. Aufgrund
seines starken Engagements insbesondere in den
1990er Jahren im Bereich der Zusammenarbeit in
Westeuropa, vor allem mit Frankreich, wurde er
1991 zum Korrespondierenden Mitglied der ARL
berufen. Zudem befasste er sich in den Gremien
der ARL mit Fragen der Fortentwicklung des Föderalismus in Deutschland. Hervorzuheben sind die
nationalen und internationalen Auszeichnungen,
die ihm aufgrund seiner Arbeit und seines Engagements verliehen wurden, darunter auch das „Verdienstkreuz am Bande“ (Bundesverdienstkreuz).
38
1/2015 • Nachrichten der ARL
Heinrich Siedentopf wurde am 5. März 1938 in
Leipzig geboren. Er studierte Rechtswissenschaften
an den Universitäten in Heidelberg und Münster,
wo er 1963 auch promovierte. 1971 folgte die
Habilitation an der Deutschen Hochschule für
Verwaltungswissenschaften Speyer in den Fächern
Verwaltungswissenschaft und Öffentliches Recht.
Ab 1973 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2006
leitete er den Speyerer Lehrstuhl für Vergleichende Verwaltungswissenschaften und Öffentliches
Recht.
Die Akademie verliert mit Heinrich Siedentopf
ein engagiertes Mitglied und wird ihm ein ehrendes
Andenken bewahren.
AUS DER ARL
† Karl Schwarz
Im Alter von 97 Jahren verstarb am 16. November
2014 Prof. Dr. em. Karl Schwarz in Wiesbaden.
Karl Schwarz war seit Anfang der 1960er Jahre
Mitglied der Akademie. Bis weit in die 1990er
Jahre hinein prägte er als Mitglied und Leiter von
Arbeitskreisen und im Rahmen anderer Aktivitäten die wissenschaftliche Arbeit der ARL, insbesondere in den Fachgebieten Demografie und
Soziale Entwicklung. Zudem war er mehr als drei
Jahrzehnte Mitglied in der Landesarbeitsgemeinschaft Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland und hat
an zahlreichen Veröffentlichungen mitgewirkt. In
Würdigung seiner besonderen Verdienste ist Karl
Schwarz 1966 zum Ordentlichen Mitglied berufen
worden. Aus Altersgründen gab er diese Mitgliedschaft 2008 zurück.
Karl Schwarz, geboren am 17. September 1917
in Ludwigsburg am Rhein, studierte von 1947 bis
1949 an der Universität Mainz Wirtschaftswissenschaften. Es folgte die Promotion zum Dr. rer. pol.
im Jahr 1954. Von 1953 bis 1979 war er – seit 1968
als Abteilungsleiter – im Statistischen Bundesamt in
Wiesbaden tätig und dort unter anderem zuständig
für die Bevölkerungsstatistik. Anschließend leitete
er von 1979 bis 1982 das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Daneben und auch später war
er Lehrbeauftragter an den Universitäten Mainz
und Bamberg.
Die Akademie verliert mit Karl Schwarz ein langjähriges, geschätztes Mitglied und wird ihm ein
ehrendes Andenken bewahren.
† Gerd Albers
Am 31. Januar 2015 verstarb Prof. em. Dr. Dr. h. c. mult.
Gerd Albers im Alter von 95 Jahren.
Gerd Albers war über viele Jahrzehnte Stadtplaner und Stadtforscher und bereits seit 1965 Mitglied
der Akademie. In der Landesarbeitsgemeinschaft
Bayern wirkte er engagiert mit; später war er auch
Mitglied und Leiter verschiedener Arbeitskreise zur
Stadtplanung. Im Jahr 1968 wurde er zum Ordentlichen Mitglied der ARL berufen.
Gerd Albers prägte nicht nur mehrere Jahrzehnte
lang maßgeblich den Diskurs über Stadtplanung in
der Bundesrepublik Deutschland, sondern erwarb
sich auch große Verdienste in der Akademie. So
arbeitete er z. B. bei den Grundlagenwerken der
ARL, dem Grundriss der Stadtplanung und dem
Handwörterbuch der Raumordnung, mit. Durch
seine bereichernden Anregungen in Forschungsausschüssen, Sektionen und Arbeitskreisen hat er
viel zum Profil der Akademie beigetragen.
Geboren am 20. September 1919 in Hamburg,
studierte Gerd Albers von 1946 bis 1951 Architektur
und Stadtplanung an der TH Hannover und am
Illinois Institute of Technology in Chicago. 1958
promovierte er zum Dr.-Ing. an der RWTH Aachen.
Bereits 1961 erhielt er den Ruf auf den Lehrstuhl für
Städtebau und Regionalplanung an der Technischen Hochschule München, wo er bis zu seiner
Emeritierung 1987 als Professor tätig war. Von 1965
bis 1968 war Gerd Albers außerdem Rektor der TH
München. Gemeinsam mit Ulrich Conrads, Kurt Eggeling, Klaus-Jakob Thiele und Klaus Winter gründete er 1964 „Stadtbauwelt – Vierteljahresschrift für
Architekten, Stadtplaner und Städtebauer“.
Darüber hinaus war Gerd Albers Präsident der
Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL) und Mitbegründer der Fakultät
Raumplanung der TU Dortmund, wofür ihm 2009
der Ehrendoktortitel verliehen wurde. Sein Wirken
wurde mit einer Vielzahl weiterer Auszeichnungen
gewürdigt.
Die Akademie wird Gerd Albers als langjährigen
Wegbegleiter und hochgeschätzten Kollegen vermissen. Er hinterlässt im Kreise unserer Mitglieder
eine große Lücke und wird mit seinem Engagement
unvergessen bleiben.
Nachrichten der ARL • 1/2015
39
AUS DER ARL
Nachlese
D
ie ARL-Nachrichten möchten als „Hauspublikation“
der Akademie die Vielfalt der Themen und Ansätze
im Netzwerk abbilden und eine Plattform schaffen für
den Austausch zwischen wissenschaftlichen Disziplinen sowie zwischen Forschung und Praxis. In diesem
Sinne möchten wir in gebündelter Form Reaktionen
unserer Leserinnen und Leser abdrucken. Wir laden
Sie herzlich dazu ein, auch weiterhin einzelne Beiträge
oder Themenschwerpunkte zu kommentieren und auf
diese Weise Debatten anzustoßen oder fortzuführen.
Die Redaktion
Nachlese zu Heft 2/2014:
Gleichwertigkeit – wie misst man
das?
Heinrich Mäding weist mit Recht darauf hin, dass
„Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ nur ein
„abwägungsfähiges Berücksichtigungsziel“ ist, das
sich konkreten Entscheidungen leicht entzieht. Der
Grund dafür ist, dass es kein vernünftiges, erfassbares und die Verhältnisse genau widerspiegelndes
Werte- oder Messsystem gibt. Jeder versteht unter
„Gleichwertigkeit“ etwas anderes. Der eine liebt
die Nähe zu kulturellen Einrichtungen, kurze Wege,
gute und bequeme Einkaufsmöglichkeiten, die
Nähe zu Sportstätten, Schulen und Universitäten,
der andere zieht das „Häuschen im Grünen“ diesen
Gesichtspunkten vor und nimmt dafür lange Wege,
eine gewisse Einsamkeit usw. in Kauf. Eine ebenso
große Rolle spielen für den Einzelnen auch die jeweiligen Lebenshaltungskosten, d. h. die Mischung
aus Kosten für Miete, Transport, Lebensmittel und
anderes. Kurz, wie will man diese sehr unterschiedlichen Aspekte in einem statistisch verlässlichen
Zahlenwerk fassen, das zur Bewertung geeignet
ist? Erst dann wenn wir wissen, ob die Einwohner
ihre ganz persönlichen Lebensverhältnisse als
„gleichwertig“ bzw. befriedigend empfinden oder
als so wenig befriedigend, dass sie die Kosten und
Umstände eines Ortswechsels nicht scheuen, um
sich für sie persönlich „bessere“ Bedingungen zu
schaffen, können wir davon sprechen, dass eine
Region gegenüber einer anderen im Nachteil ist,
also die Lebensverhältnisse nicht gleichwertig sind.
Mit anderen Worten: Der geeignetste und einfachste Maßstab für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse an einem bestimmten Ort, was
immer der Einzelne darunter verstehen mag, ist die
Zu- oder Abwanderungsrate einer Region. Abwanderung ist das sicherste Zeichen dafür, dass die Lebensverhältnisse eben nicht gleichwertig sind, und
erfordert seitens des Staates Gegenmaßnahmen.
Abwanderung ebenso wie Zuwanderung sind
für die Allgemeinheit keineswegs kostenlos. Im
Gegenteil, Kosten im volkswirtschaftlichen Sinne
entstehen sowohl in den Abwanderungsgebieten
als auch in den Regionen mit starker Zuwanderung.
In den Gebieten mit Abwanderung stehen brauchbare Wohnungen leer, die oft mit öffentlichen
Mitteln gebaut wurden; Schulen, Krankenhäuser
usw. werden nicht mehr ausgelastet. Gleiches gilt
für die Verkehrsinfrastruktur.
Umgekehrt müssen in den Zuwanderungsgebieten die gleichen öffentlichen Einrichtungen, die
anderswo leer stehen oder nicht ausgelastet sind,
neu erstellt werden. So entstehen sowohl in der
Ballung als auch in den sich entleerenden Räumen
volkswirtschaftliche Kosten, die denen gegenübergestellt werden müssten, die zur Dämpfung
oder Verhinderung von Abwanderung notwendig
wären. Sie hier aufzuzählen und auch noch die
Frage aufzuwerfen, ob die staatliche Schaffung von
Arbeitsplätzen über das von der EU erlaubte Maß
hinaus nicht sinnvoll wäre, würde diesen Rahmen
sprengen.
Hellmuth Bergmann
40
1/2015 • Nachrichten der ARL
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Einfamilienhaus in der Krise?
ie Zukunft des Einfamilienhauses steht im Mittelpunkt des Projektes „Single Family Homes under
Pressure?“. Unter Leitung des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR) untersucht ein Netzwerk
aus deutschen und internationalen Partnern drei Jahre
lang die Entwicklungen in einem der wichtigsten Immobilienmarktsegmente. Das Projekt wird im Rahmen des
Leibniz-Wettbewerbs 2015 (vormals SAW-Verfahren)
gefördert.
Herausforderungen für ein
internationales Wohnideal
In vielen Ländern gilt das Einfamilienhaus als das
Wohnideal schlechthin. In Deutschland machen Einfamilienhäuser zwei Drittel aller Wohngebäude aus.
Mehr als die Hälfte aller Europäer lebte 2011 in einem
Einfamilienhaus und auch in Japan und den USA gibt es
mehr Einfamilienhäuser als andere Wohnungen.
Doch die Zukunft dieses Immobilienmarktsegmentes
ist auf lange Sicht ungewiss. Durch Wirtschafts- und
Finanzkrisen, den demografischen Wandel, veränderte
Familienkonstellationen und Nutzungsansprüche ändern sich auch die Wohnbedürfnisse und finanziellen
Möglichkeiten der Menschen. Gemeinsam mit den
deutschen Partnern – dem ifo Institut, dem ILS – Institut
für Landes und Stadtentwicklungsforschung, dem Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) und dem
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW)
– geht das IÖR der Frage nach, wie sich die Einfamilienhaus-Bestände in Deutschland in den kommenden
Jahren und Jahrzehnten entwickeln werden. Die Herausforderungen dieses Immobilienmarktsegmentes
werden aus demografischer, ökonomischer, sozialer
und raumwissenschaftlicher Perspektive betrachtet.
Szenarien und Handlungsansätze
Ziel ist es aufzuzeigen, welche traditionellen und
neuen Nutzergruppen es für Einfamilienhäuser gibt
und wie sich ihre Struktur und ihre Ansprüche an den
Wohnraum künftig entwickeln werden. Außerdem soll
deutlich werden, welche Auswirkungen der Wandel
auf Nutzerseite für den Bestand an Einfamilienhäusern, die Preisentwicklung und auch die Höhe des
Leerstandes haben könnte. Damit verbunden ist die
Frage, welche Herausforderungen die Entwicklung im
Einfamilienhaussektor für Kommunen und die Siedlungsentwicklung allgemein mit sich bringt und welche Auswirkungen sich mit Blick auf Flächennutzung,
Energieverbrauch und Bautätigkeit ergeben. Es werden
mögliche Entwicklungsszenarien und Handlungsansätze für Kommunen erarbeitet. Im Fokus stehen die
Entwicklungen in Deutschland und Aussagen zu regionalspezifischen Besonderheiten. Gemeinsam mit den
internationalen Kooperationspartnern – Universitäten
in den Niederlanden, Schottland, Japan und den USA
– werden aber auch europäische Vergleichsstudien entstehen und die Entwicklungen in den USA und Japan
sollen untersucht werden.
Weitere Informationen: www.ioer.de/projekte/
single-family-homes-under-pressure
Kontakt:
Clemens Deilmann  0351 4679-251
[email protected]
Andreas Blum  0351 4679-245
[email protected]
© Oliver Rose
D
Nachrichten der ARL • 1/2015
41
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Im Dialog mit der Politik
© Tanja Ernst
aus aus dem Elfenbeinturm,
rein in den Dialog: Das ist das
Credo der Leibniz-Einrichtungen
in Nordrhein-Westfalen, die Anfang Dezember 2014 die Landtagsabgeordneten zum fünften Mal in
Folge zur Veranstaltung „Leibniz
im Landtag“ einluden. 30 Forscherinnen und Forscher besuchten
interessierte Abgeordnete aller
Parteien zu einem einstündigen
Gespräch im Landtag und diskutierten aktuelle Forschungsergebnisse und gesellschaftsrelevante
Fragestellungen. Als besonderes
Highlight gab der neue Präsident
der Leibniz-Gemeinschaft, Prof.
Dr.-Ing. Matthias Kleiner, einen
kurzen Einblick in aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen für den Wissenschaftsstandort
Nordrhein-Westfalen.
Die Themen in diesem Jahr waren: Nahmobilität,
neue digitale Beteiligungsformate und Lebensqualität
durch Stadtgrün. Erstmals wurde die Expertise des ILS
nicht nur von einzelnen Abgeordneten, sondern von
einer parlamentarischen Arbeitsgruppe angefragt. Die
25-köpfige SPD-Arbeitsgruppe „NRW gemeinsam“
„buchte“ die Forscherinnen und Forscher des ILS für
drei Stunden, um mit Ihnen über Fragen der Quartiersentwicklung zu diskutieren.
Der aktive Dialog zwischen Politik und Wissenschaft
ist ein wichtiges Element der Leibniz-Forschung. Durch
ihn können Politik, Praxis und Gesellschaft von den
42
1/2015 • Nachrichten der ARL
Bildquelle: Leibniz im Landtag NRW / Fotograf Frank Wiedemeier
R
ILS im Landtag
Kompetenzen der Leibniz-Einrichtungen profitieren,
und die Einrichtungen können die gesellschaftliche
Relevanz ihrer Forschung sichtbar machen. Das unterstrich auch Matthias Kleiner in seiner Rede: „Ich freue
mich, dass unsere Leibniz-Forscherinnen und -Forscher
ihre hervorragende Arbeit wieder aktiv in den politischen Raum des Landes tragen und ihre Erkenntnisse
politischen Weichenstellungen zugutekommen.“
Tanja Ernst
ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung
Kontakt:
 0231 9051-131
[email protected]
Matthias Kleiner
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Die „selbstgemachte Stadt“
Reflektionen zum Studierenden-Forum beim 4. Hochschultag
der Nationalen Stadtentwicklungspolitik
Stellen Sie sich folgende Szene vor: In der selbstgemachten Stadt sitzt eine fröhliche Gruppe beim Picknick im Park. Das Gemüse auf dem Grill haben die
Teilnehmer eben vor Ort geerntet – dank des Projekts
„Essbare Stadt“ wurden die untergenutzten Parkflächen
nämlich für den Gartenanbau freigegeben. Es kommt
eine Diskussion zur Herkunft der Tomate auf, und
schon nach wenigen Sekunden hat jemand den passenden Wikipedia-Artikel aufgerufen. Im Park gibt es durch
das intensive Engagement von „Freifunk“ ein kostenloses WLAN-Netz. Für viele in der Gruppe passen die
„Essbare Stadt“ und „Freifunk“ ideal in ihre Lebenssituation: In der wirtschaftsschwachen Region haben die
meisten wechselnde Kurzzeitverträge, halten sich mit
verschiedenen freiberuflichen Tätigkeiten über Wasser
oder arbeiten in Teilzeit. Dank alternativer Angebote
und Aktivitäten können sie ihr geringes Einkommen
durch eigene Initiativen und die anderer ausgleichen.
Gleichzeitig entwickeln sich ständig neue berufliche
Kontakte, und Nachbarschaftshilfe ist kein Fremdwort.
Später am Abend verabschieden sich alle voneinander. Einige wollen noch zu einer Musikveranstaltung in
der alten Güterbahnhalle, die seit Jahren mit Duldung
der Stadtverwaltung nach und nach von Kleingewerbe,
Handwerkern und Künstlern umgenutzt und durch
Kulturveranstaltungen belebt wird. Trotz des verlockenden Angebots kehren die anderen nach Hause
zurück. Sie wohnen zum Teil in einem selbstverwalteten
Mehrgenerationen-Haus und wollen noch einen Teil
des Gemüses im gemeinsamen Vorratskeller einlagern.
Solche oder ähnliche Szenen konnten sich die Zuhörer beim Forum „Selbstgemachte Stadt“ auf dem 4.
Hochschultag der Nationalen Stadtentwicklungspolitik
(NSP) in Berlin am 21.11.2014 ausmalen. Organisiert von
Studierenden der gleichnamigen NSP-Winterschule
(siehe stadt:pilot 2014) mit ihren Dozenten, wurden in
einer ersten Diskussionsrunde vielfältige Bottom-upInitiativen vorgestellt: Die „Essbare Stadt Andernach“,
die Münchener „Urbanauten“ (Denkfabrik und Stadtlabor), „Freifunk Berlin“, das Berliner „RAW Kulturensemble“ und „Wohnsinn Aachen“. Deutlich wurde in den
Beiträgen das große Engagement und die Begeisterung
der Aktiven. Es ist beeindruckend, was sie alles auf
die Beine gestellt haben. Bei all der Vielfalt und dem
unterschiedlichen Professionalisierungsgrad der Initiativen schwebte jedoch auch die Frage im Raum, was
sie verbindet und was sie von anderen Projekten der
Stadtentwicklung unterscheidet.
© eigene Abbildung - Reimann 2015
Zur Einstimmung
Eigenschaften der „selbstgemachten Stadt“
Nachrichten der ARL • 1/2015
43
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Es gibt viele Argumente dafür, dass es schon immer
„selbstgemachte Stadt“ gegeben hat, besonders in
einer (demokratischen) Bürgergesellschaft. Zu älteren,
tradierten Formen der selbstgemachten Stadt gehören
Kleingärtnervereine, Sportvereine, Wohnungsgenossenschaften und soziokulturelle Zentren.
Doch in der Abgrenzung zu den beim Forum vorgestellten Beispielen wurde klar: Diese klassischen
Bausteine der Stadtgesellschaft sind durch ihre lange
Tradition formalisierter und routinierter. Der Anteil
derjenigen, die aktiv mitgestalten, ist oft geringer. Bei
den Nutznießern von Genossenschaften oder Sportvereinen besteht eher eine Konsumhaltung, der Prozess
der Entscheidungsfindung ist weniger konsensorientiert
und mehr durch Repräsentanten bestimmt (Vereinsvorstand, Geschäftsführung etc.). Experimentierfreudigkeit
ist eher selten zu finden – dafür besteht allerdings ein
hohes Maß an Verlässlichkeit und Erfahrung.
Aktuelle Tendenzen
Worin besteht also der Charakter aktueller Tendenzen der „selbstgemachten Stadt“? Dies wurde auf der
Veranstaltung mit eingeladenen Experten aus Stadtplanung und Projektentwicklung diskutiert. Dabei waren
Vertreter von id22 – Institut für kreative Nachhaltigkeit
(Berlin), Raumlabor (Berlin), startklar.projekt.kommunikation (Dortmund) und Urbanophil (Berlin). Projekte
der „selbstgemachten Stadt“ sind dem Dritten Sektor
(Zivilgesellschaft) zuzuordnen. „Diese Projekte stehen
nicht für die Gesamtgesellschaft, aber sie sind Ferment
und Hefe für etwas Neues – etwas, das nicht unbedingt
aus der Verwaltung kommt“ (Joachim Boll, startklar.
projekt.kommunikation). Oft finden sie außerhalb von
individuellem Konsum, bezahlter Arbeit und Kleinfamilie statt. Ihre Eigenschaften sind nicht auf einen Punkt
zu bringen, sondern nur in einer vagen Annäherung
grob zu umreißen (siehe Abb.). Aber: „Selbstgemacht“
bedeutet deswegen nicht, dass Aktivitäten weniger professionell durchgeführt werden. Im Gegenteil, mancher
Gast betonte, dass oft höhere Qualitätsansprüche an
Prozesse und Produkte bestehen, da die Aktiven ihre
Ideale einbringen und verwirklichen wollen.
Zwischen Eigennutzen und
gesellschaftlichen Idealen
Kehrseite des hohen idealistischen Engagements der
Selbstmacher-Initiativen können Stress, Unsicherheit,
mangelnde Finanzierung, Streit in Gruppenprozessen
und Selbstausbeutung sein. Auch wurde darauf hingewiesen, dass unter Initiativen oft die Illusion bestehe, zu
glauben, mit ihren Wünschen und Ansichten die Allgemeinheit zu repräsentieren. Denn kreativer Eigensinn,
der aus Lust an Wandel und Mitbestimmung entsteht,
birgt natürlich auch Eigennutzen – der offengelegt werden sollte. Es ist legitim, seine eigenen Interessen zu
vertreten. Sie sollten aber genauso diskutiert werden
wie die Proklamation gesellschaftlicher Ideale. Beides
44
1/2015 • Nachrichten der ARL
aufzuzeigen, die gesellschaftliche Notwendigkeit und
den individuellen Anlass, verweist besser, weil genauer
und zielgerichteter, auf anstehende Veränderungen in
der Stadtgesellschaft/-politik.
Rolle von öffentlicher Verwaltung
und Politik
Die Rolle der Kommunen im Zusammenspiel mit Initiativen sollte darin bestehen, die Übersicht zu behalten
und Zusammenhänge zu erkennen. Vertreter aus Verwaltung und Politik können Initiativen den Blick für ihr
Umfeld öffnen und erweitern, z. B. für mögliche Konfliktfelder, aber auch für Chancen der Kooperation. Sie
können einen „Ping-Pong“-Prozess anregen (Joachim
Boll): Es auf der einen Seite zulassen, dass Gruppen aktiv werden – „Ping!“ –, aber dann – „Pong!“ – ein Nachdenken darüber fordern, was die Entwicklung für das
Umfeld bedeutet. Planer und Verwaltungsmitarbeiter
sollten den Interessenausgleich im Blick behalten und
auch diejenigen beachten und zu Wort kommen lassen,
die es noch nicht oder weniger gut gelernt haben, sich
aktiv in Prozesse der Stadtentwicklung einzubringen.
Offizielle Akteure fungieren dann als Schnittstelle und
widmen sich einer Zukunftsaufgabe von Stadtentwicklungsplanung: Durch „Facilitation“ (Ermöglichung)
werden Prozesse nicht nur moderiert, sondern die
praktischen Mitmachmöglichkeiten werden auch aufgezeigt. Dabei gilt es, Planungssicherheit (Einigung auf
Ziele und Ergebnisse) und insbesondere Prozesssicherheit (klare Kommunikationsstrukturen und verlässliche
Anlaufstellen oder Gremien) zu gewährleisten. Die
Herausforderung besteht darin, Aushandlungsprozesse
zu gestalten und es ggf. auszuhalten, Verantwortung
abzugeben. Alte Denkfiguren müssen dazu abgelegt
werden: Stadtentwicklung ist kein von Investoren auf
der einen und Stadtverwaltung/-politik auf der anderen
Seite gestalteter bzw. auszuhandelnder Prozess. Neue
Formen der Projektentwicklung entstehen durch kleine
Projekte in Eigeninitiative, die mit dem Engagement
ihrer Aktiven selbstbestimmt und an den eigenen (nicht
fremddefinierten) Bedürfnissen ausgerichtet wachsen.
Die „selbstgemacht Stadt“ ist vielleicht kein vollkommen neues Phänomen, aber es ist noch längst nicht
etablierte Praxis, Bottom-up-Initiativen strukturiert und
verlässlich zu unterstützen.
Sara Reimann  0511 34842-52
[email protected]
Zum Weiterlesen:
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit (BMUB) (Hrsg.): Selbstgemachte
Stadt. Ein Sonderteil von Studierenden. in: stadt:pilot
spezial. Das Magazin zu den Pilotprojekten der Nationalen Stadtentwicklungspolitik. Sonderausgabe |
November 2014, 15-43.
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Forschungsperspektiven
für die Raumplanung
40 Jahre IRPUD
Jubiläumsfeier am 4. Februar 2015 in Dortmund
„Die Dortmunder Universität, weit draußen vor
der Stadt in wogende Getreidefelder betoniert
und Musterbeispiel einer in die Irre gegangenen
Stadtplanung, hat als erstes Bildungsinstitut der
Bundesrepublik soeben eine neue Spezies von
Planern hervorgebracht: Raumplaner.“ Was genau
ist die Aufgabe dieser Raumplaner? Und wodurch
zeichnen sie sich gegenüber anderen Experten
aus? Diese Fragen stellte sich der Architekturkritiker
Manfred Sack 1974 in der ZEIT, als die ersten Absolventen des Dortmunder Studiengangs Raumplanung die Universität mit Diplom verließen. Er kam
zu folgendem Schluss: Spezialität des Raumplaners
sei es, „über den Spezialisten zu stehen“, im Idealfall
sei er „wie ein Dirigent, der alle Instrumente handzuhaben versteht, ohne sie gleich bis zur Konzertreife zu beherrschen“. Diese besondere Rolle teile
der „Allesnichtswisser“, wie Sack den Raumplaner
nannte, mit dem Architekten, der ein Bauvorhaben
koordiniere, ohne selbst über Detailfachkenntnisse
zu verfügen, oder dem Politologen, dem auch häufig vorgehalten werde, von allem ein bisschen, aber
von nichts so richtig etwas zu verstehen.
Selbstreflexionen
Das Institut für Raumplanung der TU Dortmund
(IRPUD) ist dieses Jahr 40 geworden. Doch die
Fragen nach der eigenen Identität und Profession
sind geblieben. Auf der Jubiläumsfeier wurde
deswegen nicht nur mit alten und neuen Weggefährten gefeiert, sondern zugleich eine kritische
Selbstreflexion unternommen.
Den Einstieg machte Prof. Dr. Klaus Kunzmann,
Institutsleiter von 1974 bis 1993, der in seinem Vortrag die Anfangsjahre des Instituts bildhaft aufleben
ließ. Er schaute zurück und nach vorn: Das IRPUD
müsse noch stärker mit anderen Forschungseinrichtungen wie dem ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung in Dortmund kooperieren,
um im Wettbewerb unter den Wissenschaftseinrichtungen weiter bestehen zu können.
Prof. Dr.-Ing. Michael Wegener, geschäftsführender
Institutsleiter in den Jahren 2000 bis 2003, legte in
seinem Rück- und Ausblick den Schwerpunkt auf die
Öffentlichkeitsarbeit des IRPUD. Durch die Dortmunder
Blaue Reihe sei es gelungen, eine Marke zu etablieren.
Auch die engagierte Öffentlichkeitsarbeit zu seiner Zeit
habe maßgeblich dazu beigetragen, die Bekanntheit
des Instituts zu steigern. Angesichts des Bedeutungszuwachses des Internets bedauerte Wegener den Rückzug des IRPUD in Bezug auf seine Internetpräsenz und
Open-Access-Veröffentlichungen und forderte eine
Neuorientierung in der Veröffentlichungskultur ein.
Ist die Raumplanung eine Wissenschaft?
Nach Kaffee und Kuchen ging es ans „Eingemachte“.
Prof. Dr. Hans Blotevogel, Professor für Raumplanung
an der TU Wien, konfrontierte die Teilnehmenden
an der Podiumsdiskussion gleich zu Beginn mit der
Sinnfrage: Ist die Raumplanung überhaupt eine Wissenschaft? Dies wurde von allen bejaht. Denn erstens sei
die Raumplanung als Studienfach mittlerweile etabliert,
zweitens gebe es einen gemeinsamen Gegenstandsbereich, die Gestaltung von Stadt und Region, und drittens hätten sich eine eigene Fach-Community und ein
eigener Arbeitsmarkt für Raumplaner herausgebildet.
Durch die Besetzung von Professuren sei ferner auch
eine Identifikation mit dem Fach bzw. eine Abgrenzung
von anderen Fach-Communities gelungen.
Aber gibt es auch einen gemeinsamen theoretischmethodologischen Kern? Bei diesem Kriterium sahen
die Diskutanten noch Nachholbedarf gegenüber anderen Disziplinen. Prof. Dr. Thorsten Wiechmann, Fakultät
Raumplanung an der TU Dortmund, betonte in diesem
Zusammenhang die Fortschritte, die in der Planungstheorie in den vergangenen Jahren gemacht worden
seien. Prof.Dr.-Ing. Stefan Siedentop, wissenschaftlicher
Direktor des ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung, hob die Querschnittsfunktion der
Raumplanung hervor. Ihr besonderer Wert bestehe in
der Konfrontation der sektoralen Wissenschaften und
dem Herausarbeiten von Schnittstellen.
Nachrichten der ARL • 1/2015
45
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Welche Zukunft hat die Raumplanung?
… und das IRPUD?
Während zuvor die Binnenperspektive eingenommen
wurde, ging es in der zweiten Fragerunde um eine
Einschätzung der äußeren Rahmenbedingungen: Wie
verändert sich das Wissenschaftssystem und welche
Auswirkungen hat dies für die Raumplanung als Wissenschaft? Hier wurden zwei Trends ausgemacht, die
zueinander mitunter im Spannungsverhältnis stehen:
eine zunehmende Impact-Orientierung und Stakeholder-Beteiligung auf der einen und eine stärkere Exzellenzorientierung auf der anderen Seite. Während Prof.
Dr. Blotevogel, Prof. Dr. Stefan Greiving vom IRPUD
und Prof. Dr. Peter Ache von der Radboud Universität
in Nijmegen vor allem auf den ersten Trend eingingen
und die Aussichten der Raumplanung aufgrund ihrer
Anwendungsorientierung und Interdisziplinarität
positiv bewerteten, äußerte sich Prof. Dr.-Ing. Sabine
Baumgart, Stadt- und Regionalplanung an der TU
Dortmund, etwas skeptischer. Zwar sah auch sie die
grundsätzlichen Vorzüge der Raumplanung, wenn es
darum geht, den Zwischenbereich zwischen Grundlagenforschung und Politikberatung auszufüllen,
doch die Begutachtung von Förderanträgen bei der
DFG verläuft nach Baumgart dennoch nach wie vor
entlang von Disziplinengrenzen. Auch Siedentop äußerte sich skeptisch: Die starke Exzellenzorientierung
insbesondere in der Leibniz-Gemeinschaft und im
Wissenschaftsrat führt seiner Ansicht nach weniger
zu einer Annäherung von Grundlagen- und Anwendungsforschung als im Gegenteil zu einer Auseinanderentwicklung.
Wie kann sich die Raumplanung als Wissenschaft
in diesem Spannungsfeld positionieren? Auch hierzu
gab es unterschiedliche Einschätzungen und Vorschlage: Während Greiving den Wert der Modellprojekteforschung hervorhob, forderte Wiechmann
mehr theoretisch angeleitete Forschung und warnte
vor einer zu starken Anwendungsorientierung in der
Raumforschung.
Das IRPUD ist 40, wie geht es weiter? In der letzen
Runde wurde die strategische Ausrichtung des IRPUD
diskutiert. Siedentop sprach sich wie zuvor bereits
Kunzmann für eine stärkere Kooperation der Forschungseinrichtungen im Ruhrgebiet aus. Das Ruhrgebiet biete der Raumplanung einen einzigartigen
Forschungsraum, den es stärker zu nutzen gelte, z. B.
durch Wissenschaftscampi oder den Aufbau eines
gemeinsamen Kompetenzzentrums. Auch Wiechmann betonte die Vorzüge der Verbundforschung
und bemängelte zugleich die geringe Zahl an raumwissenschaftlichen Fachzeitschriften. Baumgart schlug
vor, stärker im Bereich der Auftragsforschung und der
Weiter- und Fortbildung tätig zu werden sowie die
bereits vorhandenen Potenziale im internationalen
Bereich weiter auszubauen. Zusätzlich sollte bei der
Forschungsplanung auch die Erneuerung der technischen Systeme in den Blick genommen werden. Als
weitere Forschungsthemen wurden die gesellschaftlichen Folgekosten der Smart City, eine raumorientierte
Risikoforschung sowie die Erforschung der Zielkonflikte zwischen Klimaanpassungsmaßnahmen und einem
sozial orientierten Stadtumbau vorgeschlagen.
Ein Blick zurück, ein Schritt nach vorn
Die Veranstaltung bot mehr als die üblichen Jubiläumsfestreden. Der mit einem Augenzwinkern vorgetragene Rückblick von Kunzmann gab ein unterhaltsames Lehrstück in punkto Institutsgründung in bewegten Zeiten. Und in den nachfolgenden Beiträgen
und Diskussionen ist es gelungen, eine konstruktive
Werkstattatmosphäre zu schaffen, um gemeinsam
über die Zukunft des Instituts und die Zukunft der
Raumplanung als Wissenschaft nachzudenken.
Das IRPUD ist längst den Kinderschuhen entwachsen. Die ARL gratuliert zum 40-jährigen Bestehen und
wünscht für die Zukunft alles Gute!
Zum Nachlesen:
Manfred Sack: „Leute, welche Räume planen“ in: Die
ZEIT, 19.07.1974. Heruntergeladen am 07.03.2015: www.
zeit.de/1974/30/leute-welche-raeume-planen
Gabriele Schmidt  0511 34842-56
[email protected]
46
1/2015 • Nachrichten der ARL
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Unter dieser Rubrik erscheinen Hinweise auf kürzlich abgeschlossene Diplomarbeiten und
Dissertationen. Der Förderkreis möchte auf diese Weise auf Leistungen des wissenschaftlichen Nachwuchses aufmerksam machen. Interessenten können die Adressen, an die Anfragen zu den gemeldeten Arbeiten zu richten sind, über den Förderkreis erhalten.
Diese Rubrik steht allen inner- und außerhalb des personalen Netzwerks der ARL zur Verfügung; eine Auswahl ist vorbehalten. Informationen über Arbeiten (nicht älter als sechs
Monate), die in den folgenden Heften der ARL-Nachrichten veröffentlicht werden können,
werden erbeten an:
nfobörse
FRU c/o ARL
Hohenzollernstr. 11
30161 Hannover
Fax: 0511 34842-41
[email protected]
Redaktionsschlusszeiten: 01.05.2015 / 31.07.2015 / 30.10.2015
Diplomarbeiten, Dissertationen etc.
Kürzlich abgeschlossene Arbeiten
Leibniz Universität Hannover
Institut für Umweltplanung
Trautmann, Lina
Der Beitrag von Bildungsnetzwerken zur Regionalentwicklung – Eine Untersuchung am Beispiel
der Bildungsgenossenschaft Südniedersachsen
(Masterarbeit, abgeschl. 08/2014)
■■
HafenCity Universität Hamburg
Brunkhorst, Matthias
Ein allgemeines einheitliches Konzept zur qualitativen und quantitativen Analyse der Verzerrung
geodätischer Netze infolge unterschiedlicher
systematischer und stochastischer Modellfehler
(Dissertation, abgeschl. 12/2014)
■■
Kinkeldey, Christoph
Incorporating uncertainty information into exploratory land cover change analysis:a geovisual
analytics approach
(Dissertation, abgeschl. 01/2015)
■■
Kruse, Elke
Integriertes Regenwassermanagement für den
wassersensiblen Umbau von Städten. Großräumige Gestaltungsstrategien, Planungsinstrumente
und Arbeitsschritte für die Qualifizierung innerstädtischer Bestandsquartiere
(Dissertation, abgeschl. 10/2014)
■■
Lingg, Eva
Bildung findet Stadt. Potenziale einer dynamischen Planung bei Hochschulbauvorhaben
(Dissertation, abgeschl. 11/2014)
■■
Schelbach, Sonja
Lernen von traditioneller Bauweise. Untersuchung
zur Übertragbarkeit von Konzepten zur passiven
Klimatisierung am Beispiel von traditionellen
Wohnhäusern in Thessaloniki, Griechenland
(Dissertation, abgeschl. 11/2014)
■■
Weninger, Beate
Lärmkarten zur Öffentlichkeitsbeteiligung – Analyse und Verbesserung ausgewählter Aspekte der
kartografischen Gestaltung
(Dissertation, abgeschl. 12/2014)
■■
Nachrichten der ARL • 1/2015
47
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Ausgewählte
Zeitschriftenbeiträge
1. Theoretische und methodische Grundlagen
Adams, M. P.; Smith, P. L. (2014): A
systematic approach to model the
influence of the type and density of
vegetation cover on urban heat using remote sensing. In: Landscape
and Urban Planning 132, 47-54.
Battis, U.; Mitschang, S.; Reidt, O.
(2014): Das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur
Erleichterung der Unterbringung
von Flüchtlingen. In: Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 33 (24),
1609-1614.
Bauer, C.; Seckelmann, M. (2014):
Zentral, dezentral oder egal? Eine
rechtliche und verwaltungswissenschaftliche Analyse der Aufteilung der Regulierungsaufgaben
zwischen Bundesnetzagentur und
Landesregulierungsbehörden. In:
Die Öffentliche Verwaltung 69 (22),
951-960.
Coombes, B.; Johnson, J. T.; Howitt,
R. (2014): Indigenous geographies
III: Methodological innovation
and the unsettling of participatory
research. In: Progress in Human
Geography 38 (6), 845-854.
Dąbrowski, M.; Bachtler, J.; Bafoil,
F. (2014): Challenges of multilevel governance and partnership:
Drawing lessons from European
Union cohesion policy. In: European Urban and Regional Studies
21 (4), 355-363.
Didero, M.; Pfaffenbach, C. (2014):
Multilokalität und Translokalität.
Konzepte und Perspektiven eines
Forschungsfelds. In: Geographische Rundschau 66 (11), 4-9.
Edenhofer, O. (2014): Navigationshilfe
im Wettlauf gegen die Uhr. Fünfter
Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC. In: Politische Ökologie
32 (139), 27-31.
Frank, W.; Schwarte, C. (2014): Klimawandel und Völkerrecht – Anmerkungen zu den „Legal Principles
Relating to Climate Change“ der
International Law Association. In:
Zeitschrift für Umweltrecht 25 (12),
643-649.
48
1/2015 • Nachrichten der ARL
Fürst, D. (2014): Koordination und
Führung in der Raumplanung. In:
Raumforschung und Raumordnung
72 (6), 451-462.
Gebhardt, L.; Klemme, M.; Wiegandt,
C.-C. (2014): Bürgerbeteiligung und
Bürgerengagement in Zeiten der
Digitalmoderne – drei Thesen. In:
disP – The Planning Review 50 (3),
111-120.
Gehrlein, U.; Baranek, E.; Schubert,
S.; Süß, P. (2014): Ein integratives
Monitoringprogramm für Nationale
Naturlandschaften – Chancen und
Herausforderungen. In: Natur und
Landschaft 89 (11), 465-470.
Glasze, G.; Füller, H.; Husseini de Araujo, S. (2014): Regionalforschung in
der Geographie und interdisziplinäre area studies nach dem cultural
turn. Eine Einführung. In: Geographische Zeitschrift 102 (1), 1-6.
Grange, K. (2014): In search of radical
democracy: The ideological character of current political advocacies for culture change in planning.
In: Environment and Planning 46 A
(11), 2670-2685.
Heinl, M.; Hammerle, A.; Tappeiner,
U.; Leitinger, G. (2014): Determinants of urban-rural land surface temperature differences – A
landscape scale perspective. In:
Landscape and Urban Planning
134, 33-42.
Hey, C. (2014): Die Bremser von Brüssel. Zeitenwende in der Europäischen Klimapolitik. In: Politische
Ökologie 32 (139), 44-50.
Holgersen, S. (2015): Spatial planning
as condensation of social relations:
A dialectical approach. In: Planning
Theory 14 (1), 5-22.
Klauser, F.; Paasche, T.; Söderström,
O. (2014): Michel Foucault and the
smart city: Power dynamics inherent in contemporary governing
through code. In: Environment and
Planning D: Society and Space 32
(5), 869-885.
Kment, M. (2014): Keine unzulässige
Rechtsausübung bei Erwerb so
A
ls Informationsservice für die
Forschung und zur Förderung
des Trans­fers raumwissenschaftlicher Forschungsergebnisse in die
Praxis wird in den ARL-Nachrichten
in jedem Heft auf raumrelevante
Bei­träge aus national und international bedeutsamen Zeitschriften
hingewiesen. Vollständigkeit wird
nicht angestrebt. Autoren und
Leser werden gebeten, die Redaktion auf erwähnenswerte Arbeiten
aufmerksam zu machen.
Die Aufsätze werden nur einmal
– nach ihrem inhaltlichen Schwerpunkt – einer Rubrik zugeordnet.
Die Zeitschriftenschau ist wie folgt
gegliedert:
1. Theoretische und
methodische Grundlagen
2. Raumplanung
und -entwicklung
3. Umwelt
4. Wirtschaft
5. Soziales
6. Infrastruktur
genannter Sperrgrundstücke? In:
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 33 (23), 1566-1568.
Kühne, O. (2014): Die intergenerationell differenzierte Konstruktion
von Landschaft. Ergebnisse einer
empirischen Studie zum Thema
Wald. In: Naturschutz und Landschaftsplanung 46 (10), 297-302.
Kunze, I.; Padmanabhan, M. (2014):
Discovering positionalities in the
countryside: Methodological reflections on doing fieldwork in
South India. In: Erdkunde – Archive
for Scientific Geography 68 (4),
277-288.
Leibenath, M. (2014): Landschaftsbewertung im Spannungsfeld von
Expertenwissen, Politik und Macht.
In: UVP-report 28 (2), 44-49.
Li, W.; Saphores, J.-D. M.; Gillespie,
T. W. (2014): A comparison of the
economic benefits of urban green
spaces estimated with NDVI and
with high-resolution land cover
data. In: Landscape and Urban
Planning 133, 105-117.
Miggelbrink, J. (2014): Diskurs, Machttechnik, Assemblage. Neue Impulse für eine regionalgeographische
Forschung. In: Geographische
Zeitschrift 102 (1), 25-40.
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Perry, J. (2014): Climate change adaptation in the world’s best places: A
wicked problem in need of immediate attention. In: Landscape and
Urban Planning 133, 1-11.
Roth, M. (2014): GIS-basierte und
partizipatorische Landschaftsbildbewertung als Beitrag zur Demokratisierung der Energiewende
– dargestellt am Beispiel einer regionalen Planung von Standorten für
Windkraftanlagen. In: UVP-report
28 (2), 55-63.
Scheidler, A. (2014): Die WindkraftLänderöffnungsklausel im neuen
§ 249 Abs. 3 BauGB. In: Natur und
Recht 36 (10), 673-678.
Schlumprecht, H.; Kaiser, T. (2015):
Nationale Naturmonumente. Naturschutzfachliche Fragen und
Denkanstöße zu einer neuen
Schutzgebietskategorie und zu deren Operationalisierung. In: Natur
und Landschaft 90 (1), 25-28.
Soentgen, J.; Bilandzic, H. (2014):
Verschwörungstheorie als Wissenschaftskritik. Die Struktur klimaspektischer Argumente. In:
Politische Ökologie 32 (139), 37-43.
Strambach, S. (2014): Wissensökonomie – räumliche Dynamiken im
globalen Strukturwandel. In: Geographische Rundschau 66 (12), 4-11.
Danielzyk, R. (2014): Neue Governance-Struktur für Südniedersachsen? In: Neues Archiv für Niedersachsen (2), 134-142.
Diller, C. (2014): Bundesländerübergreifende Metropolregionen:
Neugliederung oder verstärkte
Zusammenarbeit der Bundesländer? In: Informationen zur Raumentwicklung (5), 475-487.
Diller, C.; Nischwitz, G.; Kreutz, B.
(2014): Förderung von Regionalen
Netzwerken: Messbare Effekte
für die Regionalentwicklung? In:
Raumforschung und Raumordnung
72 (5), 415-426.
Eltges, M. (2014): Ausgewählte territoriale Gliederungen in Deutschland. Anhang. In: Informationen
zur Raumentwicklung (5), 489-495.
Erbguth, W.; Stefansky, A. (2014): Die
Neugliederung des Bundesgebiets:
eine Standortbestimmung. In: Informationen zur Raumentwicklung
(5), 393-405.
Franz, U.-B.; Priebs, A.; Skubowius, A.
(2014): Innovations- und klimaschutzorientierte Entwicklungspolitik für die Region Hannover. In:
Neues Archiv für Niedersachsen
(2), 87-99.
Trip, J. J.; Romein, A. (2014): Creative
City Policy and the Gap with Theory. In: European Planning Studies
22 (12), 2490-2509.
Glatter, J.; Hackenberg, K.; Wolff, M.
(2014): Zimmer frei? Die Wiederentdeckung der Relevanz des
studentischen Wohnens für lokale
Wohnungsmärkte. In: Raumforschung und Raumordnung 72 (5),
385-399.
Trippl, M.; Martin, R.; Tödtling, F.
(2014): Regionale Pfadentwicklung in der Wissensökonomie. In:
Geographische Rundschau 66 (12),
32-36.
Haase, D.; Haase, A.; Rink, D. (2014):
Conceptualizing the nexus between urban shrinkage and ecosystem services. In: Landscape and
Urban Planning 132, 159-169.
Van Assche, K.; Duineveld, M.;
Beunen, R. (2014): Power and
contingency in planning. In: Environment and Planning 46 A (10),
2385-2400.
Harfst, J.; Wirth, P. (2014): Zur Bedeutung endogener Potenziale in
klein- und mittelstädtisch geprägten Regionen – Überlegungen vor
dem Hintergrund der Territorialen
Agenda 2020. In: Raumforschung
und Raumordnung 72 (6), 463-475.
2.
Raumplanung Hartje, V.; Grossmann, M. (2014): Nutzen und Kosten naturorientierter
und -entwicklung
Allmendinger, P.; Chilla, T.; Sielker, F.
(2014): Europeanizing territoriality – towards soft spaces? In: Environment and Planning 46 A (11),
2703-2717.
Benz, A.; Detemple, J. (2014): Demokratie und Länderneugliederung
– was bestimmt der Bürger? In: Informationen zur Raumentwicklung
(5), 407-416.
Vorsorge – ein Beispiel aus dem
Hochwasserschutz. In: Natur und
Landschaft 89 (12), 528-533.
Haselsberger, B. (2014): Decoding borders. Appreciating border impacts
on space and people. In: Planning
Theory & Practice 15 (4), 505-526.
Honé, B. (2014): Die neue Landesentwicklungspolitik für starke Regionen – Regionalpolitik und EUFörderung gemeinsam denken. In:
Neues Archiv für Niedersachsen
(2), 6-19.
Höppe, P. (2014): Naturkatastrophen
der letzten Jahrzehnte. Trends bei
Häufigkeit und Schäden, Ausblick
in die nahe Zukunft. In: Natur und
Landschaft 89 (12), 516-521.
Junge, X.; Schüpbach, B.; Walter, T.;
Schmid, B.; Lindemann-Matthies, P.
(2014): Aesthetic quality of agricultural landscape elements in different seasonal stages in Switzerland.
In: Landscape and Urban Planning
133, 67-77.
Kammerbauer, M. (2014): Asymmetrischer Wiederaufbau in Städten
nach Katastrophen. Das Lower
Ninth Ward in New Orleans nach
Orkan Katrina. In: Raumforschung
und Raumordnung 72 (5), 427-439.
Kuang, W.; Chi, W.; Lu, D.; Dou, Y.
(2014): A comparative analysis of
megacity expansions in China and
the U.S.: Patterns, rates and driving
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Planning 132, 121-135.
Kujath, H. J.; Peiker, W. (2014): Wandel des internationalen Städtesystems unter dem Einfluss der Wissensökonomie. In: Geographische
Rundschau 66 (12), 12-18.
Langer, J.; Kötter, T. (2014): Innenentwicklung der Dörfer in Brandenburg – komplexe Handlungsfelder
und innovative Strategien. In:
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Bodenordnung 76 (4), 156-165.
Mäding, H. (2014): 40 Jahre Finanzfragen im Neugliederungsdiskurs. In:
Informationen zur Raumentwicklung (5), 429-440.
Mäntysalo, R; Jarenko, K.; Nilsson, K.
L.; Saglie, I.-L. (2015): Legitimacy
of Informal Strategic Urban Planning – Observations from Finland,
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knowledge in German academia.
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Metropolization and Regionalization of the Knowledge Economy
in the Multi-Core Rhine-Ruhr
Metropolitan Region. In: European
Studies 22 (12), 2542-2560.
Nachrichten der ARL • 1/2015
49
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Prokkola, E.-K.; Zimmerbauer, K.;
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regional identity in the implementation of European cross-border
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Zehetmair, (2014): Hochwasserschutz
– Kooperationen in der Praxis. In:
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3.Umwelt
Castro, A. J.; Verburg, P. H.; MartínLópez, B.; Garcia-Llorente, M.;
Cabello, J.; Vaughn, C. C.; López,
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Church, S. P. (2014): Exploring Green
Streets and rain gardens as instances of small scale nature and
environmental learning tools. In:
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der Bundesrepublik Deutschland
– zwischen Verfassungsauftrag und
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Davis, D.; Carter, J. (2014): Finding
common ground in weed management: Peri-urban farming, environmental and lifestyle values and
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Urban Planning 134, 93-106.
1/2015 • Nachrichten der ARL
Gerhard, M.; Fabian, M.; Hövelmann,
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im Blindflug. Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen im nordrheinwestfälischen Straßenbau. In: Naturschutz und Landschaftsplanung
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Heiland, S.; Bredow, L.; Hokema, D.;
Nowak, D.; Rittel, K.; Wanka-Pail,
E. R.; Wilke, T. (2015): Gesundheitsförderung durch städtische Grünräume. Aufgabe für Naturschutz,
Landschafts- und Freiraumplanung?
In: Natur und Landschaft 90 (1), 2-7.
Hettiarachchi, M.; Morrison, T. H.;
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Nachrichten der ARL • 1/2015
51
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Lupp, G.; Syrbe, R.; Heuchele, L.
(2014): Partizipative Szenarien als
Erfolgsmodell für eine integrierte
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biologischen Vielfalt und Klimaanpassung in Großschutzgebieten. In:
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of cities in Western China. In:
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Windenergieanlagen. Anmerkungen zur aktuellen Fachkonvention
der Vogelschutzwarten. In: Naturschutz und Landschaftsplanung
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Raumforschung und Raumordnung
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für Verwaltungsrecht 33 (21), 14231427.
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Schlacke, S.; Kröger, J. (2015): Die
Förderung erneuerbarer Energien
in Frankreich als staatliche Beihilfe – zugleich Anmerkung zum
EuGH-Urteil in der Rs. Association
Zhao, P.; Pendlebury, J. (2014): Spatial
planning and transport energy
transition towards a low carbon
system. In: disP – The Planning
Review 50 (3), 20-30.
Frenz, W. (2015): Klimaschutz auf Kosten anderer? Ausstieg Vattenfalls
aus dem Braunkohlentagebau in
Brandenburg. In: Umwelt- und
Planungsrecht 35 (1), 16-19.
Band 72
Frey, M.; Ohnmacht, S.; Stahl, (2014):
Flächenmanagement bei Windkraftentwicklung. Praktische und
rechtliche Aspekte von Poolingverträgen. In: Neue Zeitschrift für
Verwaltungsrecht 33 (21), 1421-1423.
Heft 6
Dezember 2014
Hendler, R.; Kerkmann, J. (2014): Harte
und weiche Tabuzonen: Zur Misere
der planerischen Steuerung der
Windenergienutzung. In: Deutsches Verwaltungsblatt 129 (21),
1369-1376.
Papierausgabe: ISSN 0034-0111
Elektronische Ausgabe: ISSN 1869-4179
Bestellungen nimmt der Verlag entgegen:
Springer Customer Service Center GmbH
Haberstraße 7, 69126 Heidelberg
Tel. (+49-6221) 3454303
Fax (+49-6221) 3454229
E-Mail: [email protected]
www.springer.com/geography/
human+geography/journal/13147
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Energiehunger. Zwischen ambitioniertem Ausbau, Fragilität und
Reformstau. In: Geographische
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Köck, W. (2015): Zur Entwicklung des
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der kommunalen Abfallentsorgungs- und strategischen räumlichen Planung. In: Raumforschung
und Raumordnung 72 (6), 491-501.
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and indoor comfort effects in social
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and Urban Planning 134, 147-156.
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Bundesfachplanung nach §§ 4
ff. NABEG zur Raumordnung der
52
Vent de Colère! (ZUR 2014, 226).
In: Zeitschrift für Umweltrecht 26
(1), 27-33.
1/2015 • Nachrichten der ARL
Zur Diskussion
Dietrich Fürst
Koordination und Führung in der
Regionalplanung
Christoph Mager
Alternative kulturelle Einrichtungen
in deutschen Städten und Gemeinden.
Ein Beitrag zur Kritik ökonomischer
Perspektiven auf Kreativräume
Tine Köhler
Wissenschaftliche Beiträge
Jörn Harfst / Peter Wirth
Zur Bedeutung endogener Potenziale
in klein- und mittelstädtisch geprägten Regionen – Überlegungen vor
dem Hintergrund der Territorialen
Agenda 2020
Geoinformation in der kommunalen
Abfallentsorgungs- und strategischen
räumlichen Planung
Janina Welsch / Kerstin Conrad /
Dirk Wittowsky / Ulrike Reutter
Einfluss des Migrationshintergrundes auf
die Alltagsmobilität im urbanen Raum
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
Neuerscheinungen aus anderen Verlagen
Lisa Marquardt
Looking Beyond
The Dredges
und hemmenden Faktoren für dessen
Implementierung.
Umweltrechtliche Studien – Studies on
Environmental Law, Band 45.
ISBN 978-3-8487-1773-6
The Consideration
of Alternatives in the
Planning and Approval
of Port Development in
Germany and New
Zealand
Frank Roost, Brigitta Schmidt-Lauber, Christine Hannemann, Frank
Othengrafen, Jörg Pohlan (Hrsg.)
ie Betrachtung von Alternativen als Teil von Planungs- und
Genehmigungsprozessen von Infrastrukturgroßvorhaben ist seit gut zwei
Jahrzehnten fest im internationalen
und nationalen Umweltrecht etabliert.
Schwerpunkt: Urbane
Peripherie
D
In jüngerer Vergangenheit haben verstärkte Konflikte um einzelne Vorhaben wie „Stuttgart 21“ und Rufe nach einer neuen Beteiligungskultur die Frage,
wer wann und wie bei der Entwicklung
und Auswahl von Planungs- und Projektalternativen beteiligt werden soll,
neu aufgeworfen. Dieser Frage widmet
sich das Werk zunächst konzeptionell,
bevor es die Verankerung der Alternativenprüfung im deutschen und neuseeländischen Planungs- und Genehmigungsrecht sowie deren Implementierung in der Praxis anhand von zwei
Fallbeispielen für Hafenentwicklung
untersucht. Der Vergleich der beiden
Systeme ermöglicht Rückschlusse auf
den Mehrwert der Alternativenprüfung
als Instrument des Umweltrechts sowie
die Identifikation von begünstigenden
•
Jahrbuch StadtRegion
2013/14
W
elche Auswirkungen hat der
demografische Wandel auf die
Vorstädte? Welche lebensweltlichen
Aspekte und Motive prägen private
und gewerbliche Standortentscheidungen? Was ist der Hintergrund der Entstehung von Patchwork-Landschaften
im stadtregionalen Raum? „Urbane
Peripherie“ – mit diesem Stichwort
greift das Jahrbuch Stadtregion aktuelle
Diskussionen über den sozioökonomischen, soziokulturellen und baulichräumlichen Wandel des suburbanen
Raums von Großstadtregionen auf.
in ihren heutigen Ausprägungen und
Nutzungsformen (dazu gehören Handelseinrichtungen ebenso wie Büroparks) nicht mehr mit den planerischen
Maßstäben und Leitbildern kompatibel
sind. Anknüpfend an die akademische
Debatte um die „Zwischenstadt“, die
in den 1990er Jahren geführt wurde,
beschäftigen sich die Beiträge des
Themenschwerpunktes daher auch
intensiv mit der Frage der baulichräumlichen Gestaltung solcher Orte.
In diesem Zusammenhang wird auch
die aktuelle Entwicklung in vergleichbaren suburbanen Räumen in den USA
vorgestellt.
ISBN 978-3-8474-0162-9
•
Matthias Furkert
Erkennen
und Handeln:
Restrukturierung der
landesplanerischen
Mittelbereiche in
Rheinland-Pfalz
D
as bisherige Zentrale-Orte-System
wird heute in der Planungspraxis
als nicht mehr zukunftsfähig bewertet,
vor allem wegen des Demographischen Wandels und der fiskalischen
Problematik. Vor diesem Hintergrund
wird für das mittelzentrale System in
Rheinland-Pfalz ein Restrukturierungsvorschlag erarbeitet, mit dem die Daseinsvorsorge sowohl in Verdichtungs-
Die AutorInnen nehmen dabei die
zunehmend regionalisierten Lebensweisen der BewohnerInnen in Ballungsräumen und die wachsende
Bedeutung von suburbanen Gewerbegebieten als Alltagsorte in den
Blick. Bezeichnend ist hier, dass diese
Nachrichten der ARL • 1/2015
53
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
räumen als auch in dünn besiedelten
Gebieten sichergestellt werden kann.
Ein breites Set an quantitativen und
qualitativen Daten ist die wesentliche
Grundlage der praxisbezogenen Handlungsempfehlungen an die Raumordnungspolitik. Methodologisch
wurde als Forschungsperspektive der
Pragmatismus herangezogen, womit
eine wichtige Weiterentwicklung der
empirischen Zentralitätsforschung
geleistet wird.
GEOGRAPHICA – Schriftenreihe Geowissenschaften und Geographie, Band
11
to European institutions in the field
of territorial and regional development. The book combines in-depth
analysis of the evolution of European
territorial policies and paradigms
with a geographically comprehensive
approach integrating the experience
of both Western and Eastern Europe.
It concludes with an examination of
Europe’s place in the world at large,
focussing particularly on globalization effects, climate change and new
energy paradigms, which will present
real challenges for decades to come.
Jacques Robert, Klaus Kunzmann
(Hrsg.)
The European
Territory
From Historical Roots
to Global Challenges
O
riginally published in French
as “Le territoire européen: des
racines aux enjeux globaux”, this
book reflects the enormous changes
that Europe has seen in the past half
century. In a period of immense upheaval, the continent has experienced
increased integration, largely through
the development of the European
Union, heightened urbanization and
a changing rural landscape, while economic and commercial activities have
impressed their stamp on the whole
scene.
Philip Engler
Reurbanisierung und
Wohnwünsche
Die Bedeutung
städtischer Strukturen
für die Bevölkerung in
der Stadtregion Hamburg
D
ieser Band leistet einen Beitrag
zum Diskurs der Reurbanisierung.
Er greift die These einer steigenden
Wertschätzung der Stadt als Wohnstandort auf und prüft diese auf der
Basis eines spezifischen konzeptionellen und methodischen Ansatzes. Der
Fokus liegt auf den Wohnwünschen
unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen in der Stadtregion Hamburg. Es
werden Antworten formuliert auf
Fragen nach den Trägern der Reurbanisierung und nach der Abhängigkeit der
Wohnwünsche von den Einstellungen
zu städtischen Strukturen.
ISBN 978-3-643-12630-6
54
1/2015 • Nachrichten der ARL
Sicherung – Steuerung –
Vernetzung – Qualitäten
•
Schriften des Arbeitskreises Stadtzukünfte der Deutschen Gesellschaft für
Geographie 13
In this book, Jacques Robert deploys
the experience amassed throughout
his 35 years’ experience as adviser
Daseinsvorsorge in
der Raumentwicklung
ISBN 978-1-13-802114-3
ISBN 978-3-8300-8172-2
•
Marlit Haber, Andrea Rüdiger, Sabine Baumgart, Rainer Danielzyk,
Hans-Peter Tietz (Hrsg.)
„Gleichwertige Lebensverhältnisse“
sind ein zentrales Leitprinzip der
Raumordnung. Es kann als räumliche
Dimension des Selbstverständnisses
der Bundesrepublik Deutschland als
Sozialstaat verstanden werden. Zu
den Aufgaben des Sozialstaates gehört
es, die sogenannte Daseinsvorsorge
sicherzustellen – und zwar grundsätzlich unabhängig von der Lage des
jeweiligen Ortes. Die Themen sind
breit gefächert, von der Sicherung der
Nahversorgung und sozialen Infrastrukturleistungen über die technische
Infrastruktur der Ver- und Entsorgung
bis hin zum Hochwasserschutz. Verkehr und Mobilität, aber auch Gesundheitsvorsorge gewinnen in einer
alternden Gesellschaft zunehmend
an Bedeutung. Inzwischen sind aber
weniger die Herausforderungen zu diskutieren, die sich den zahlreichen Akteuren im Rahmen der Sicherung der
Daseinsvorsorge stellen. Vielmehr gilt
es nun, aktuelle Forschungsergebnisse
zu technischen, sozio-ökonomischen
und partizipatorischen Problemstellungen zu adaptieren und in die Praxis
umzusetzen. Dazu gehört die Weiterentwicklung des methodischen Vorgehens bei der Erfassung und Bewertung
von Datengrundlagen und deren Qualitätsstandards für die Unterstützung
von politischen Entscheidungen.
Dies gilt auch für interkommunale und
regionale Abstimmungen, für die es
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
oftmals neuer Verfahrenswege mit sehr
unterschiedlich agierenden Akteuren
bedarf. Eine Vielzahl von Autorinnen
und Autoren aus unterschiedlichen
Disziplinen und Tätigkeitsbereichen
tragen mit ihren Beiträgen zu einem
Kaleidoskop des hochaktuellen Themas bei.
Blaue Reihe. Dortmunder Beiträge zur
Raumplanung 143
ISBN 978-3-8375-1336-3
•
Gabriele M. Knoll
Landschaften
geographisch
verstehen und
touristisch
erschließen
E
in Verständnis geographischer Räume zu erlangen, ist für Studierende
der Geographie und der verschiedenen Tourismus-Studiengänge von Bedeutung. Dieses Lehrbuch gibt einen
Überblick über wichtige Naturräume
wie Mittel- und Hochgebirge, Küsten
sowie Landschaften, die durch Vulkanismus und Karstformen geprägt sind.
Die Beispiele wählt die Autorin vorzugsweise aus den Gebieten der gemäßigten Breiten. Ein Einstieg in touristisch relevante Klima- und Ökozonen
vom tropischen Regenwald bis zu den
Eiswüsten rundet das Buch ab.
Stets wird die Kombination des Naturraumes mit ausgewählten kulturgeographischen Aspekten, wie traditioneller Landnutzung oder landschaftstypischen Bauweisen, kombiniert. Facetten
des aktuellen Tourismus in jenen
Gebieten werden ebenfalls angerissen.
Auch für die praktische Arbeit im
Tourismus, beispielsweise für eine
neue Stadtführung, bietet das Buch
essenzielles Handwerkszeug: etwa
eine Einführung in die Topographische
Karte und das „Geschichtsbuch“, das in
einem Stadtplan steckt.
ISBN 978-3-642-55425-4
•
Steffi Ober
Partizipation in der
Wissenschaft
Zum Verhältnis von
Forschungspolitik und
Zivilgesellschaft am
Beispiel der HightechStrategie
G
roße Herausforderungen wie
Klimawandel, zur Neige gehende
Ressourcen und die Versorgung einer
wachsenden Weltbevölkerung werfen
neue Fragen an die Wissenschaft auf.
ihre Errungenschaften reichen für eine
nachhaltige Entwicklung nicht aus.
Wenige Lobbygruppen beeinflussen
Ziele und Ergebnisse und verhindern
eine am Gemeinwohl orientierte Entwicklung.
ISBN 978-3-86581-492-0
•
Annika Sohre
Strategien in der
Energie- und
Klimapolitik
Bedingungen
strategischer Steuerung
der Energiewende in
Deutschland und
Großbritannien
D
er Klimawandel erfordert eine
politisch gesteuerte Transformation der etablierten Energiesysteme.
Aufgrund der langen Reaktionszeiten klima- und umweltpolitischer
Maßnahmen und der langfristigen
Auswirkungen von Entscheidungen
im Energiesystem sind für die Energiewende situationsübergreifende und
problemorientierte Handlungskonzepte erforderlich, die über Regierungswechsel und politische Meinungsumschwünge hinausreichen. In einigen
Ländern gibt es daher Ansätze, eine
klimaverträgliche Energieversorgung
durch die Erarbeitung und Umsetzung
nationaler Strategiekonzepte zu erreichen, so auch in Großbritannien und
Deutschland. Annika Sohre untersucht
vergleichend die Einflussfaktoren strategischer Steuerungsprozesse in diesen
beiden Ländern. Sie leitet daraus Bedingungen strategischer Steuerung in
der Energie- und Klimapolitik ab, die
Von ihr werden Antworten auf die
Transformationen in der Gesellschaft,
der Politik und der Wirtschaft erwartet. Forschung soll die notwendigen
Innovationen in Infrastruktur und
Produktion voranbringen. Die Bundesregierung unterstützt Wissenschaft
und Wirtschaft in der Gestaltung der
Zukunft mit der Hightech-Strategie.
Bislang wurde jedoch noch wenig untersucht, inwieweit diese Strategie mit
der Gesellschaft verzahnt ist und ob sie
in ausreichendem Maße dazu beiträgt,
die globalen Zukunftsprobleme zu lösen. Die Untersuchung kommt hier zu
einem kritischen Ergebnis. Demnach
ist die Hightech-Strategie der Bundesregierung unzureichend legitimiert,
Nachrichten der ARL • 1/2015
55
AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG
zu einer Weiterentwicklung strategischer Ansätze genutzt werden können.
ISBN 978-3-658-04302-5
•
Falk Schmidt, Nick Nuttall (Hrsg.)
Contributions
Towards a
Sustainable World
In Dialogue with Klaus
Töpfer
Klaus Töpfer, Executive Director of the
Institute for Advanced Sustainability
Studies (IASS) in Potsdam, former UN
Under-Secretary-General and Executive Director of the UN Environment
Programme as well as Minister for the
Environment in Germany, turned 75 in
2013. His outstanding achievements
inspired us to assemble this volume.
Klaus Töpfer has been at the forefront
of sustainability efforts for several
decades, with a long track record of
turning vision into reality, and a firm
conviction that knowledge can be a
crucial building block for transitions
towards sustainability.
Our world is shaped, more than ever
before, by human activities. The scope
of technology, to systemically alter
nature in ways impossible for previous
generations to comprehend, requests
and requires a new relationship with
56
1/2015 • Nachrichten der ARL
“planet Earth”. Such a relationship may
speak, in the end, not just of profit
and loss but also of a new meaning
of wealth, including a sense of ethics,
stewardship, and responsibility. For
the time being, it seems paramount
to face these new challenges, striving
for new ways of understanding and,
subsequently, new modes of response.
ISBN 978-3-86581-479-1
•
Olaf Kühne, Florian Weber
Bausteine der
Regionalentwicklung
I
m Zuge der politischen, sozialen und
ökonomischen Diskussionen um die
spezifischen Stärken und Schwächen,
wie auch um Entwicklungschancen auf
mittlerer räumlicher Maßstabsebene,
hat das Thema der Regionalentwicklung besondere Aktualität erhalten.
Das Buch befasst sich mit den Fragen
der Herausforderungen für Regionen und die Regionalentwicklung in
Gegenwart und Zukunft. Dabei wird
insbesondere darauf eingegangen,
welche Ansätze und Praktiken der Regionalentwicklung heute bestehen und
wie diese begründet werden. Dabei
erfolgt auch eine Reflexion von aktuellen Praxen und deren Begründung
vor dem Hintergrund theoretischer
Konzepte zur Raumentwicklung.
ISBN 978-3-658-02880-0
Heinrich-Böll-Stiftung, Institute for
Advanced Sustainability Studies
(IASS), Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Le
Monde diplomatique (Hrsg.)
Bodenatlas
Daten und Fakten über
Acker, Land und Erde
2015
W
arum wird Land immer teurer?
Wie viel Boden geht jedes Jahr
verloren? Wie viele Quadratkilometer
Acker- und Weideflächen „importieren“ wir für unsere Ernährung? Wem
gehört das Land?
Zum internationalen Jahr des Bodens
präsentiert der Bodenatlas Daten und
Fakten über die Bedeutung und den
Zustand von Land, Böden und Ackerflächen in Deutschland, Europa und
weltweit. In bewährter Tradition bietet
der Bodenatlas in zahlreichen Grafiken
und Textbeiträgen einen aktuellen Einblick in den Zustand und die Gefährdung der Böden, von denen wir leben.
Der Bodenatlas liegt in einer gedruckten Version, als PDF und als OnlineDossier vor.
www.boell.de/de/bodenatlas
ISSN 1612-3891
(Printausgabe)
Gedruckt auf 100% Recyclingpapier
0_Umschlag-1_2015.indd 2
ISSN 1612-3905
(Internetausgabe)
www.arl-net.de
15.04.2015 14:42:27