20150609_TZ_Wahlausgang

Sieger unter Beobachtung
Kai Emanuel gewinnt Landratswahl, Ex-Konkurrenz kündigt an, präsent zu bleiben
VON TZ-CHEFREDAKTEUR
SEBASTIAN STÖBER
TORGAU/NORDSACHSEN. Der Montag begann mit einem Landratsfrühstück. Im
Heide Spa, dem Wohnzimmer des Landkreises, ließen Noch-Landrat Michael
Czupalla (CDU, 64) und Bald-Landrat Kai
Emanuel (parteilos, 46), den Wahlabend
sacken und blickten in die Zukunft. Er
fühle sich „ganz akzeptabel“ hatte Kai
Emanuel am Sonntagabend verlauten
lassen, kurz nachdem feststand, dass er
die Landratswahl bereits im ersten Wahlgang für sich entschieden hatte. Hinter
ihm lägen sehr intensive Wochen, entsprechend groß sei die Last, die nun von
seinen Schultern abfalle.
„Wermutstropfen ist freilich die niedrige
Wahlbeteiligung von knapp 35 Prozent“,
räumte Emanuel ein. Er hoffe, so Emanuel auf die Frage, was beim Wähler den
Ausschlag für ihn gegeben habe, „dass
ich mit meiner Kompetenz überzeugen
konnte und nicht mit meinem Wohnort.“
„Den zweiten Platz belegt, die Fahne
hochgehalten, die Bürger haben entschieden“, kommentierte SPD-Kandidat
Lars Menzel den Wahlabend, kurz nachdem er Kai Emanuel in Delitzsch zum
Sieg gratuliert hatte. Dieser sei ein gut
aufgebauter Kandidat gewesen
und schon lange in Nordsachsen
unterwegs, benannte der SPD-Kandidat einen Punkt, der aus seiner
Sicht wahlentscheidend war.
Auch Menzel haderte vor allem
mit der geringen Wahlbeteiligung. „Wir müssen uns parteiübergreifend überlegen, was
wir da machen können“, sagte er.
Wie es mit ihm politisch weitergehe,
ließ Menzel offen. Der Leipziger
kündigte jedoch an, dass man in
Nordsachsen auch künftig von ihm
hören werde: „Die Region ist mir in
den letzten Monaten ans Herz gewachsen.“
Enttäuscht sei er nicht, so Peter Hettlich
nachdem feststand, dass er als Dritter
über die Ziellinie gegangen war. Etwas
Enttäuschung machte er allerdings bei
seinen Mitstreitern aus, die teilweise
mehr erwartet hätten. Unter dem Strich
stellte Hettlich dem Bündnis zwischen
Grünen und LINKE, für das er angetreten war, ein gutes Zeugnis aus, musste
aber auch konstatieren, „dass es wohl im
linken Lager Leute gibt, die mich nicht
wählen können, genauso wie es andersrum auch sein würde.“ Aber: „Zeitweise
musste Kai Emanuel ganz schön um die
absolute Mehrheit zittern.“ Ein bisschen
froh sei er allerdings auch, dass es keinen zweiten Wahlgang gebe, die letzten
Wochen hätten viel Kraft gekostet, viele
Dinge seien liegen geblieben, die nun
angegangen werden müssten. Nordsachsen werde er weiterhin gut im Auge behalten, kündigte der Grüne an. „Gespannt bin ich, wie der neue Landrat in
zwei Jahren einen neuen Haushalt aufstellen will“, sagte Hettlich mit Blick auf
die ungewisse Zukunft nach Auslaufen
der Übergangsregelungen, die es bislang
erlaubten, Nordsachsen finanziell am Leben zu halten.
8,9 Prozent seien ein gutes Ergebnis für
die AfD – „und das trotz der momentanen Streitigkeiten im Bundesvorstand“
–, freute sich Ralph Olenizak über sein
Ergebnis. Die Wahlbeteiligung sei freilich erschreckend. „Hier muss man mit
der Arbeit anfangen“.
Kai Emanuel zeigt:
ich habe gewonnen.
Foto: Alexander Prautzsch
Sportlich nahm FDP-Kandidat Jörg Döring das Ergebnis auf. „Ich habe mein
Ziel nicht erreicht, es hat sich allerdings
auch abgezeichnet, dass Kai Emanuel die
absolute Mehrheit im ersten Wahlgang
schafft.“ Das Ergebnis sporne ihn an, so
der Liberale, schließlich habe seine Partei bei der Landtagswahl 2014 3,8 Prozent geholt, er nun 4,3. „Die Richtung ist
gut.“ Gefreut habe er sich auch über die
14,6 Prozent in seiner Heimatgemeinde
Krostitz. „Wenn nicht als Landrat werde
ich mich auf andere Weise für mein
Wahlversprechen – mehr Bürgerbeteiligung – einsetzen“, kündigte er an, auch
in Zukunft von sich reden zu machen.
„Sehr, sehr froh“ sei er über den Ausgang der Wahl, sagte Landrat Michael
Czupalla am Abend. Froh, weil Kai Emanuel ein ausgewiesener Fachmann und
der Landkreis bei ihm in guten Händen
sei, froh aber auch, „weil es meine Idee
war, dass er antritt.“
Czupalla lobte zudem den fairen Wahlkampf – inzwischen haben, ob persönlich, per Telefon oder via Zeitung, alle
Konkurrenten dem Sieger gratuliert. Nun
wird im Landratsamt auch offiziell begonnen, die Amtsübergabe vorzubereiten.
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TORGAU & REGION
LOKALSPORT
Laura Przyrembel brillierte
in Neukieritzsch SEITE 17
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DIENSTAG, 9. JUNI 2015 | SEITE 11
Wird es ein Trio?
So wählte Dommitzsch
Zweite Runde: Hagen Rothkamm noch unsicher
Wahllokal
Die Kandidaten (in der Bildmitte: Hagen Rothkamm, Heike Karau und Henrik Bock)
verfolgten die Auszählung im Rathaus mit.
Fotos: TZ/S. Stöber
DOMMITZSCH. „Ich bin froh und dankbar und freue mich über das Ergebnis“,
so Heike Karau, die beim 1. Wahlgang in
Dommitzsch die meisten Stimmen auf sich
vereinen konnte. Stolz ist sie vor allem,
„weil nicht nur ein paar Stimmen zwischen
mir und dem Zweitplatzierten liegen.“ Zur
Erinnerung, Heike Karau schaffte 38,6 Prozent, der nächste im Klassement ist Bernd
Schlobach mit 26,9 Prozent.
„Der Wähler entscheidet, das werde ich
akzeptieren“, kommentierte Bernd Schlobach das Ergebnis im ersten Dommitzscher Wahldurchgang. Gleichzeitig kündigte er an, auch beim zweiten Wahlgang
antreten zu wollen. Das sei er seiner Stadt
schuldig. Nun gehe es in den kommenden Tagen darum, Überzeugungsarbeit
zu leisten. 11,7 Prozentpunkte, das sind
145 Stimmen, trennen ihn von der vor ihm
liegenden Heike Karau.
„Ich gebe mich nicht geschlagen“, sagt
auch Henrik Bock, der als Einzelkandidat
18,2 Prozent der Stimmen in Dommitzsch
holte und damit auf Platz 3 landete. „Dafür, dass ich als fast unbekannter Kandidat ins Rennen gegangen bin, habe ich
viele Stimmen bekommen. Das zeigt mir,
dass noch Luft nach oben ist.“ Die nächsten Tage will Henrik Bock nun nutzen, um
die Bürger von sich und seinen Ansichten
zu überzeugen. „Ich werde um jede Stimme kämpfen“, kündigte er an.
Natürlich habe er sich mehr erhofft, sagte
CDU-Kandidat Hagen Rothkamm, der bei
der Dommitzscher Bürgermeisterwahl im
1. Wahlgang als 4. durchs Ziel ging. Die
Wähler hätten entschieden, „und es ist
Heike Karau (EB)
Bernd Schlobach (SPD)
Henrik Bock (EB)
Hagen Rothkamm (CDU) Wahlbeteiligung
(alle Angaben in Prozent)
Grundschule
41,9 (125)
34,9 (104)
14,1 ( 42)
9,1 ( 27)
51,8
Rathaussaal
28,4 ( 93)
24,5 ( 80)
25,4 ( 83)
21,7 ( 71)
54,6
Ex-Krippe
46,8 (110)
14,0 ( 33)
17,4 ( 41)
21,7 ( 51)
41,0
Wörblitz
33,5 ( 70)
38,8 ( 81)
13,9 ( 29)
13,9 ( 29)
48,4
Briefwahl
47,1 ( 81)
20,9 ( 36)
18,0 ( 31)
14,0 ( 24)
Dommitzsch
38,6 (479)
26,9 (334)
18,2 (226)
16,3 (202)
56,9
Wahlergebnis Dommitzsch, Verteilung auf die Wahllokale, Angaben in Prozent und (Stimmen)
gut, dass sie es können.“ 16,3 Prozent
der Wähler gaben ihm ihre Stimme. Ob
er auch beim zweiten Wahlgang antreten
wird, wollte Rothkamm am Sonntagabend
noch nicht sagen. Dazu werde er sich noch
ausführlich beraten, sagte er und fügte hinzu: „Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht
so einfach aufgebe. Wenn ich nicht antreten sollte, hat das andere Gründe.“ Auch
gestern Nachmittag ließ Rothkamm seine
Entscheidung noch offen. „Ich werde mich
erst mit den Mitgliedern meiner Partei und
Angehörigen im privaten Bereich abstimmen und auch mit den Personen reden,
die mir die Kandidatur empfohlen hatten.
Ich denke, das gehört auch zu einem Stück
Fairness dazu“, betonte er. Spätestens
bis zur Wochenmitte soll es ein offizielles
Statement dazu geben. Gesetzt den Fall,
Hagen Rothkamm tritt auch im zweiten
Wahlgang wieder an, wolle er intensiver
darüber nachdenken, in welcher Art und
Weise die Wähler in der verbleibenden Zeit
doch noch überzeugt werden könnten.
Ein zweiter Wahltermin findet in
Dommitzsch am Sonntag, dem 28. Juni,
statt. Dann reicht einem der Kandidaten
die einfache Mehrheit, um das Bürgermeisterrennen für sich zu entscheiden.
seb/nw
Ganz entspannt: Noch-Bürgermeister
Harald Koch.
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Stimmenverteilung Landratswahl
NORDSACHSEN. Am schnellsten war Liebschützberg.
Die 881 Stimmen, Wahlbeteilung im Ort 33,9 Prozent, waren am Sonntag bereits 18.19 Uhr ausgezählt und nach Torgau gemeldet. Vier Minuten eher
als die Arzberger, deren Eingang Kreiswahlleiter
Steffen Fleischer um 18.23 Uhr quittierte. 374
Stimmen waren hier ausgezählt worden – 22,2 Prozent Wahlbeteiligung. Allerdings sind die Ostelbier
dieses Mal nicht Nordsachsens wahlfaulste Gemeinde. Diesen fragwürdigen Titel hat sich die Stadt
Schkeuditz gesichert. Gerade mal 19,4 Prozent aller
Wahlberechtigten gingen hier zur Urne. Platz zwei der
Negativstatistik belegte Belgern-Schildau mit 21,8
Prozent Wahlbeteiligung. Die höchste Beteiligung
verzeichnete Cavertitz mit 64,3 Prozent. Dort stand
auch eine Bürgermeisterwahl an, die allerdings in
die Verlängerung geht. Als letzte Gemeinde meldete
übrigens Löbnitz kurz vor 21 Uhr ihr Ergebnis nach
Torgau. In einer Tabelle haben wir die vorläufigen
Gemeinde-Ergebnisse der Landratswahl sowie die
jeweiligen Wahlbeteiligungen zusammengefasst. Am
Donnerstag trifft sich der Kreiswahlausschuss, um
den Ergebnissen abschließende Gültigkeit zu verleihen.
seb
Wahl kompakt
ELSNIG. Karlheinz Herrmann bleibt Gemeindechef. 89,3 Prozent der Stimmen
zählten für den Amtsinhaber, der keinen
Herausforderer hatte. Dafür konnten die
Wähler eigene Ideen auf den Zettel schreiben: zwölf Mal Kurt Schneider, sechs Mal
Stefan Schieritz, fünf Mal Armin Tauchnitz,
vier Mal Michael Berger – dazu kamen
noch 21 sonstige Vorschläge.
Stadt/Gemeinde
Arzberg
Bad Düben, Stadt
Beilrode
Belgern-Schildau, Stadt
Cavertitz
Dahlen, Stadt
Delitzsch, Stadt
Doberschütz
Dommitzsch, Stadt
Dreiheide
Eilenburg, Stadt
Elsnig
Jesewitz
Krostitz
Laußig
Liebschützberg
Löbnitz
Mockrehna
Mügeln, Stadt
Naundorf
Oschatz, Stadt
Rackwitz
Schkeuditz, Stadt
Schönwölkau
Taucha, Stadt
Torgau, Stadt
Trossin
Wermsdorf
Wiedemar
Zschepplin
Nordsachsen
Quelle: Statistisches Landesamt, Kamenz
Kai Emanuel (CDU)
43,8
56,6
52,2
52,4
48,3
45,7
62,2
60,4
45,1
54,8
50,0
49,8
53,6
54,9
63,2
54,9
65,0
57,0
48,1
46,4
40,8
49,4
48,1
56,5
41,0
54,4
46,7
44,1
62,2
63,0
51,7
Lars Menzel (SPD)
20,1
18,1
19,0
18,4
17,4
19,3
14,2
15,4
21,4
22,7
20,5
19,7
14,7
12,8
17,1
10,6
17,8
16,5
19,6
15,1
16,1
21,0
18,0
15,5
26,7
19,3
20,9
16,2
15,1
13,9
18,2
Peter Hettlich (LINKE-Grüne)
23,7
18,1
14,2
15,5
15,6
18,7
14,4
14,3
15,9
12,0
17,3
14,3
17,0
11,9
10,0
15,4
8,2
13,2
17,1
16,5
26,5
12,3
22,2
15,8
18,7
17,2
15,7
21,0
11,6
14,7
16,9
Ralph Olenizak (AfD)
9,1
4,9
10,8
10,2
13,8
11,4
5,9
7,1
11,2
7,0
7,6
10,2
9,8
5,9
6,8
15,1
5,7
8,4
11,5
17,7
13,0
10,9
7,8
5,5
8,5
6,5
12,8
14,7
8,3
6,1
8,9
Jörg Döring (FDP)
Wahlbeteiligung
(alle Angaben in Prozent)
3,3
2,3
3,8
3,4
4,9
4,9
3,4
2,7
6,3
3,4
4,6
6,1
4,9
14,6
2,9
3,9
3,3
5,0
3,6
4,4
3,5
6,4
3,8
6,7
5,2
2,6
4,1
4,1
2,8
2,3
4,3
22,2
24,7
24,7
21,8
64,3
47,0
38,0
38,4
56,8
33,3
44,6
38,7
39,2
50,2
31,5
33,9
48,3
27,3
22,6
61,0
30,9
52,1
19,4
30,3
43,1
28,2
31,9
57,0
25,7
29,9
34,8
DELITZSCH. Oberbürgermeister Dr. Manfred Wilde wurde mit 66 Prozent im Amt
bestätigt. Olaf Quinque (FWG) erhielt 17,8,
André Soudah (SPD) 9,1 und Thomas Kind
(LINKE) 7,2 Prozent.
EILENBURG. Die mit Spannung erwartete Wahl ist sehr deutlich zu Gunsten von
Ralf Scheler ausgegangen. Der holte 67,1
Prozent. Steffi Schober (CDU) erhielt 13,9,
Torsten Pötzsch (SPD) 10,5 und Dr. Jürgen
Clauß (LINKE) 8,6 Prozent.
TAUCHA. Der gemeinsame Kandidat von
SPD, LINKE, FDP und Grünen,Tobias Meier, holte 52 Prozent. CDU-Kandidatin Antje
Brumm erreichte 33 Prozent. Einzelbewerber Roland Gasch, der für die Grünen im
Kreistag sitzt, erreichte 14,9 Prozent.
WERMSDORF. Klare Sache für den Amtsinhaber: Matthias Müller (CDU) erreichte
71 Prozent. Herausforderer Bernd-Dieter
Lehmann kam bei 29 Prozent ein.
NAUNDORF. Michael Reinhardt (FWG),
bleibt mit 63,7 Prozent Bürgermeister.
Die Einzelbewerber Heinz Schumann und
Michael Horn erreichten 24,9 und 11,5
Prozent.
NORDSACHSEN. Ohne Gegenkandidaten im Amt bestätigt wurden: in Oschatz
Andreas Kretschmar (parteilos), in Löbnitz
Axel Wohlschläger (CDU), in Jesewitz Ralf
Tauchnitz (Wählervereinigung).
NORDSACHSEN. Noch ein Wahlgang in
Cavertitz und Rackwitz: In den Gemeinden
treten die „Alten“ nicht wieder an.