2. Güterstand und wirtschaftliche Verhältnisse von Friedingen bis 1539. (Übergang an Radolfzell.) Obenan stellen wir den Kellhof. Er ist wohl das erste Gebäude, der erste Hof bei Gründung des Dorfes gewesen. Den Kellhof findet man auch als Kelnhof, Kelhof oder Kehlhof bezeichnet. Wer heute durch unser Dorf wandert, sieht neben der Kirche den "heutigen" Kellhof am gleichen Platze, und der Besitzer wird nicht anders, heiße er, wie er wolle, Kellhofer oder Kellhofbauer genannt. Ein altes, alleinstehendes Gebäude, das die Stürme des dreißigjährigen Krieges überstand, ist das eigentliche Kellhofgebäude. Es stößt mit der Giebelseite an die alte Kirchhofmauer und dient heute nur noch als Scheuer und Stallung. Der Kellhof war als reichenauisches Lehen sicher ein Ganzes, ein ungeteilter Hof, auf dem die adeligen Vögte saßen. Im Anfange des 12. Jahrhunderts sind diese auf den naheliegenden Berg verzogen und gaben den Kellhof zu Lehen. Schon im Jahre 1429 oder früher ist der Kellhof in zwei Teile geschieden. In genanntem Jahre gibt nämlich der Ritter Hans Schwartz seinen drei Söhnen Dorf und Burg. In einem Urbar (Seelbuch) ist dieser Ritter Hans Schwartz als Besitzer des Kellhofes genannt. Eine Jahrzahl steht nicht dabei. Er schreibt: "in meinem Kelnhoff gelegen zu Fridingen, dasselbs in dem Dorff, den da buwet z u a i n t a i l z u d i e s e n Z i t a n Burkhart Schmid von Fridingen, den andern tail och zu diesen zitan Conrad turguwer och zu Fridingen". Über Güterbestand und wirtschaftliche Verhältnisse erfahren wir in dieser Zeit nur das, was uns die Regesten von Karlsruhe erzählen. Im Jahre 1240 nämlich überlassen Abt und Kapitel zu Reichenau an das Kloster Salem zwei Wiesen, von denen die eine unter Krayen, "under Louba", die andere neben der Mühle von Friedingen in dem "under Werde" gelegen, und die ein Heinrich, Vogt von Krayen, und seine Söhne Heinrich und Cunrad gegen 22 vom Kloster Salem empfangene Mark ihnen resigniert hatten, gegen einen jährlichen Zins von einem ½ P f u n d W a c h s . Im Jahre 1388 finde ich den ersten Kauf einer Wiese im E l m e n , Gewann bei der Hausener Brücke, bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts größtenteils Wald, heute nur Wiesen. Ich lasse die Abschrift der Urkunde wörtlich folgen. 1388 Mai. Hans Maiger und Elise Hägelli von Friedingen verkaufen an die Heiligenpflege zu Hausen eine Wiese im Friedinger Bann. [1] Perg. Orig. Friedinger Kirchengut Konv. 44. Allen den, die disen brieff ansehent oder hörend lesen, künd ich Hans der Maiger und Elisi Hägelli von Fridingen, daß wir beidi mitander mit wohlbedachtem mut willklich ze köffen geben haben und gebend mit disem brieff Henin Keller und Petern Schwartzen von Husen, die pfleger sind der hailgen junkfrowen sant Agaten und der Kilchen ze Husen, ain wis, ist gelegen in Fridinger ban zwüschend der Ah und dem Holz, das da haizet das Elma in dem winkel, stos'n ainhalb an Hans Pfiffers wis und ander halb an Clausen Hermans wis von Fridingen u m b s i b e n p h u n t u n d f ü n f S c h i l l i n g p f e n n i n g C o s t e n t z e r m ü n t z , der wir gar und gentzlich bezalt und gewärt sint. Wir die vorbenempten Henin Keller und Peter Schwartz verziehen och offenlich mit diesem brieff, daz wir die vorbenempten wis lihend zu ainem rechten den egenanten Hansen Maiger und Elsinen Hägelli und iren erben, so si nit en sint, zu ainem stäten iärlichen Zins umb ain malter vesan, der järlich in sol gön der vorgenandter Kilchen oder ir pfleger; also mit sölichem geding, daz die dikbenempten Hans Maiger und Elisi Hägelli und ir erben nit järlich zinsten und sich hie an sumpten, also daz der Zins den vorgenanten hailgenpfleger oder der Kilchen tru jar uß stünd, so hand den die hailgenpfleger ald die Kilch daz recht, daz inen die wiß ledig und löß sol sin, ob si wend. Wär och daß die vorgenannten Hans Maiger und Elisi Hägelli, si oder ir erben, abgiengen ön recht lib erben, so sol aber di wiß ledig sin und wider gevallen an die Kilchen. Und das alles sament ze waren urkund so hain wir die vorbenempten Hans Maiger und Elsi Hägelli, Henin Keller und Peter Schwartz gebetten Junkher Hansen von Fridingen, daß er leg sin insigel an disen brieff. Ich Hans von Fridingen verziech, daß ich min insigel han gehenkt an disen brieff zu ainer zugunst aller disse vorbenempten ding von ir bet wegen. Der geben ward in dem jar, da man zahlt um Christi geburt drüzehen hundert jar darnach in dem acht und achzigisten jar nach pfingsten. Im 14. Und 15. Jahrhundert war das Pfandwesen im ärgsten Schwunge. Die Ritter von Friedingen gerieten immer mehr in Schulden, in Zahlungsschwierigkeiten 1431 am 25. Mai verkaufen Heinrich und Rudolf von Friedingen an Hans Pfiffer und Jäklin Zimmermann das Gut, das der Costenzter bauet, um 9 fl. (Hier folgt die Urkunde wörtlich.) Urkundenabt. 5. Konstanz-Reichenau 1431 Mai 25. Abschrift Wir Hainrich und Rudolf von Fridingen gebrueder veriehend offentlich mit dißem brief, daz wir für uns und unser erben zu kouffend geben haben den erbren der Hansen Pfiffer und Jaeklin Zimerman, inen und ieren erben daz gut, daz zu dißen ziten buwet der Costentzer und giltet zwai malter vesan und zwai maltern habern, und iiij hünr (Hühner), Lx aiger; und ist der kouff beschehen ain stuck umb viij Guld., und den wir auch gantz gewert und bezalt sind und in unsern guten nutz bewent sind und habend inen daz gut für reht aigen und für ledig geben und verziehend (verzichten) uns für uns und all unser erben gen den obgenanten her Hansen Pfiffer und Jaeklin Zimerman aller unser reht forderung und ansprauch und habend inen ouch versprochen diz kouffz reht gewer (Gewähr) zu sin und zu fertigen nach dem rehten. Und dez zu urkund habend wir unsere insigel henken an diesen brief, der geben ist do man zalt von gottz geburt fierzehn hundert und drißig ain iaur off sant Urbanz tag. Orig. Perg. des Heinrich und Rudolf von Fridingen [2] 1433. Hans Zolg von Friedingen bleibt dem Klaus Widmer genannt Knuß, beim Kauf eines halben Hofes daselbst um 20 einen jährlichen Zins von 1 schuldig. 1583 März 5. verschreibt sich Hans Thüring von Friedingen zu Hohenkrähen gegen Johannes Hug, Probst zu St. Johann in Konstanz über 50 fl. 1490 Juli 19. Schuldverschreibung des Hans Thüring v. F. zu Hohenkrähen gegen den Vogt von Spaichingen über eine Jahresgült von 7 fl und 14 Malter Kernen. (Urkunde wörtlich im Anhang.) 1515.Friedingen 13. Bellin von Fullach, seßhaft zu Singen, verkauft an Martin von Friedingen um 30 fl die Schwestern Walburga Beßlin von Schlatt und deren Schwester Walburga, die bei dem Pfarrer zu Mühlhausen dient, und deren Kinder als Leibeigene. 1521 Dezember 20. Ardlin Ruß, Ehefrau des Martin See, übergibt sich den Erben des Junkers Benedikt von Friedingen selig in L e i b e i g e n s c h a f t . Im Jahre 1530 am 15. Dezember leiht die Gemeinde Friedingen von Caspar Rosenegker, Bürgermeister zu Radolfzell, 60 fl, am 13. Dezember 1531 verschreibt sich die Gemeinde mit 100 fl gegen Hans Schriber, genannt Müller, Bürger zu Engen. 1534 verkauf Hans Grym von Friedingen mit seiner Ehefrau Barbara v. Fr., geborne von Fulach, sein väterliches Erbe und seine liegenden Güter und Gefälle zu Friedingen an seinen Vetter Hans von Friedingen. 1534 May 29. Verschreibt Hans von Friedingen zu Hohenkrähen seinem Onkel Hans Grym ein Leibgeding. Zu den ältesten Geschlechtern des Dorfes Friedingen zählen außer den schon genannten Maiger und Heggelin nach dem Seelbuch der Pfarrei vom Jahre 1400 Burkhard, genannt Lüpmann, Hermann den man nennt Kummerlin, Gertrud Rosin, Ulrich Weber, Nikolaus Zimmermann, Heinrich Knobloch, Burkhart Salzmann, Heinrikus Kummerlin, Rudolf Lub, Heinrich Murer, Johannes Lutmann, Wernherus Rise, Adelheit Menni, Werlin Büchtlinger, Dickmann oder genannt man, Heinrich Pfeiffer, Johann Turgauer , Ursula Zolgg, Hans Mayer, Burkhart Rauch, Klaus Widmer und andere. Dieselben werden aufgeführt als Stifter von Grundzinsen zu Gunsten der Pfarrkirche. Auch einen Teil der heute noch gleich oder ähnlich lautenden Flur- oder Gewannamen treffen wir schon um 1400 an. Da führt uns eine Stiftung um 1400 in den Winkenlohr auch genannt muncholo, vor dem Hag, in den Hülinen, Milchbühel, Bubenzenbol, Hardt, Hondorff, invihrutt, Erlan, Hebsack, Thüroltzhofen, Gaisacker, Steinacker, Haimgart oder Hailgart, Watlande, Elmensteg, Wössenacker, ze bruggelingen oder beim Brügglin, in den Graussen Bünd und in den Reckholenbühl. Die Einwohner von Friedingen gehörten im Mittelalter, wie noch heute, meist dem Bauernstande an, nur wenige Handwerker, wie Schuhmacher und Schneider, Schmiede und [3] Schlosser, Maurer und Zimmerleute, waren hier. Doch fehlte auch der Bäcker nicht. Heute müssen die Friedinger das Brot von auswärts beziehen. Dagegen gab es früher Weber, Seiler und Dreher. Mußten doch letztere Spinnrädchen fertigen, die Weber aber von dem im Dorfe gepflanzten Hanfe Tuche weben. Wer Bürger war, durfte Waffen tragen: Hellebarde, Spieß und Schießwaffen, bis etwa 1400 die Armbrust, später die Büchse. Auch die Landgemeinden mußten ihre Männer in den Kampf stellen, ihre Fähnlein, wie man es nannte. Oft freilich werden in den unruhigen Kriegszeiten sich die Einwohner von Friedingen hinter die schützenden Mauern von Radolfzell geflüchtet oder bei ausbrechenden Fehden bei den Rittern Schutz auf der Burg gesucht haben. Von auftretenden ansteckenden Krankheiten erzählt uns die Geschichte, daß im Jahre 1348 und 1349 bei uns die Pest oder der schwarze Tod furchtbare Ernte hielt. Da schrieb man die Schuld den Juden zu. Man behauptete, dieselben hätten die Brunnen vergiftet. Die Juden waren beim Volke sehr verhaßt weil sie es angeblich oft wucherisch ausbeuteten. Tatsache ist, daß sie schon damals vielfach den Handel und natürlich auch das Geld in ihren Händen hatten. Nach einer Urkunde vom 25. August 1334 verschrieb Kaiser Ludwig IV. dem Hannes von Kraygen, seinem Diener, 200 Pfund Heller, welche die Bürger zu Schlettstadt und die Juden daselbst dem Kaiser an Reichssteuern zu bezahlen hatten. Im Jahre 1423 war eine große Teurung, Hungersnot; dagegen 1426 gabs Nahrungsmittel im Überfluß. "1426 was ein großer Sterbat in allen Landen und der weret by drien jaren. In denselben jahren was es gar wolfail. Man gab ein Mut Kernen umb acht Pfund Pfennig, ein Fuder Wein umb drei Pfund Pfennig, aber gelt was gar tür." (Aus einem Urbar) Abgaben und Dienste. Die Abgaben und Dienste der bäuerlichen Güter an das Kloster Reichenau müssen keine drückenden gewesen sein. So ist genannt für einen Acker ½ Pfund Wachs oder ¼ Pfund Wachs. Bei Reben und Ackererträgnissen heißt es: Wenn nichts wächst, ist auch nichts zu zinsen. Die Lage des Bauernstandes war vom 10. bis 13. Jahrhundert eine günstige, die Untertanenlast eine erträgliche. Die Bedrückung der Bauern mit Abgaben in erhöhtem Maße kam erst vom Ende des 13. Jahrhunderts an. Die bäuerlichen Lasten waren d r e i f a c h e : gegenüber dem Gerichtsherrn, " " Grundherrn und " " Leibherrn. Alle drei waren für die Friedinger, wenigstens für die Hörigen, die Ritter von Friedingen, und von 1539 an die Stadt Radolfzell. [4] Der Grundzins war ein doppelter. Er konnte auf der Hofstätte ruhen und hieß dann H ü h n e r z i n s , oder er lastete auf einem Gut und wurde dann F r u c h t z i n s genannt. Diese Zinsen nannte man auch G ü l t e n oder erblichen Zins, d. h. aller Zins von einer Erbpacht. In F r i e d i n g e n bestand der Zins in Veesen (Korn), Haber und Roggen. Bedeutend ins Gewicht für die Erblehensträger fiel hier namentlich auch der W e i n z i n s , da nur wenige Reben hier waren, die zu "eigen" bezeichnet werden. Zu den eigentlichen Gülten gehörte hier der Geflügelzins. Er wurde von allen Gütern, wie von den Hofstätten und Krautgärten gefordert und blieb durch alle Jahrhunderte hindurch bis zur Ablösung bestehen. Hier war das Herbsthuhn eine Abgabe für den regelmäßig bebauten Garten, also ein Ersatz für den Zehnten dieser Grundstücke, der nicht in natura gegeben werden konnte. Es finden sich häufig die Ausdrücke Fastnachtshenne, Sommer- oder Herbsthühner. Ersteres waren alte, dieses fette, die Sommerhühner auch kurz "Jung" genannt, wie der Namen schon sagt, die jungen Hühner. Zehntberechtigt für Friedingen waren bis zum Jahre 1539 die Ritter auf der Burg, von da an die Stadt Radolfzell und die Pfarrei. Neben den genannten Gülten kamen noch andere Abgaben in Betracht: "Von allen Schweinen, so im Dorf sind, von zwei Wurf ein Ferkel; von jedem Kalb, so allda zu Friedingen gefällt und "zogen" wird, zwei Pfennig, von 10 Gänslein auch allewegen eins". Wohl schwerer als diese kleinen Zinsen fielen dem Bauern die verschiedenen Zehnten, welche während der Ernte von den Zehntknechten einzusammeln waren und dann auf den Schloßhof geführt wurden. Diese Zehntknechte wurden handgelübdlich verpflichtet. 1. Der Zehntknecht hatte seinen Dienst fleißig und getreu zum besten der Stadt zu tuen, sich auch nüchtern so zu betragen, daß niemand eine Ursache hatte, sich über ihn zu beschweren 2. Er hat zur Zeit der Ernte fleißig nachzuschauen, ob die Zehntpflichtigen ihre Schuldigkeit gewissenhaft entrichten. 3. Er soll niemand zu lieb und niemand zu leid handeln, keine Geschenke annehmen oder auch nur versprechen lassen. 4. Er soll niemals etwas zu seinem Nutzen verwenden. 5. Jede grobe Nachlässigkeit und Veruntreuung hat sofort seine Entlassung zur Folge. Die Zehntknechte hatten keine leichte Aufgabe und waren dabei gering bezahlt, wie wir aus den später folgenden Rechnungen von 1611/12 etc. ersehen. Besondere Abgaben hatten noch die Erblehenshöfe, wie auch der Schloßhof, von welchem neben dem Zehnten auch die vierte Garbe, bei der Mühle das Sägen von Klötzen, bei der Taverne eine Abgabe an Geld, hinzukam [5] Eine zweite Hauptklasse der bäuerlichen Lasten bildeten die F r o n d i e n s t e . Die Dauer der Fronden richtete sich in der Regel nach dem Vermögen. Die Reicheren, welche "ganze Züge", d. h. Gespanne, hatten, t a t e n d e m H e r r n D i e n s t e mit dem ganzen Gespann, wer halbe Züge hatte mit dem halben, oder sie hatten hierfür an Geld zu leisten 3 ½ fl für den ganzen und 1 fl 45 Kr. für den halben Zug. Taglöhner leisteten Dienste mit der Hand: T a g w a n n hieß man diese Dienste. Die Taglöhner mußten meist in den herrschaftlichen Reben arbeiten, also ein, zwei oder mehrere Tagwann leisten. Nicht zu vergessen sind hier die Fuhr- und Jagdfronen. Heu, Öhmd und Früchte mußten auf das Schloß geführt werden, bei Jagden aber waren die Bauern verpflichtet, das Wild aufzutreiben. Freilich wurden diese Fronen nicht ganz umsonst geleistet. Die Herrschaft, also die Ritter, hatten die fronenden Bauern zu verköstigen; auch Geschenken begegnen wir oder außerordentlichen Unterstützungen. Das aber steht fest, daß das Fronwesen einer der schlimmsten Auswüchse des Mittelalters war und gar häufig Veranlassung zur offenen Unzufriedenheit und zur Empörung gab. Einen kleinen Ersatz für die ungerechten Fronen hatte das Dorf in der Laubgerechtigkeit in den herrschaftlichen Waldungen. Aber auch das führte zu Unzuträglichkeiten, weil tatsächlich häufig Waldfrevel vorkamen und schon geringe Vergehen hart bestraft wurden. Die Abgaben und Dienste wurden bald in Geld, bald in "natura" geleistet. Als erster Münze begegnen wir dem Pfennig. Am See waren im Mittelalter sechs Münzstätten. Es kommen für uns hauptsächlich Radolfzell und Konstanz in Betracht. Im Jahre 1240 war ein Pfund Pfennig gleich 240 Pfennig. Im Jahre 1368 kam der rheinische Gulden auf. Damals galt er sechs Konstanzer Schilling Pfennig, und sieben machten eine Mark Silber. Seit 1376 wird der rheinische Gulden auch zu 20 Schilling Heller berechnet und 1380 zu einem Pfund Schilling Heller. Seit 1399 ist der Gulden Reichseinheitsmünze. Im Jahre 1417 schlossen elf Städte am See und in der Schweiz den Münzverein. Auf den rheinischen Gulden wurden 13 ½ Schillingpfennig bestimmt; ein Schilling war also 12 ⅔ Pfennig. Im Jahre 1476 wird ein rheinischer Gulden mit 15 Schilling bezahlt oder 180 Pfennig und von jetzt an auch in Kreuzern Gerechnet. 3 = 1 Kr., 60 Kr. = 1 fl. Etwa um 1500 war das Verhältnis der Münzen von Konstanz und Radolfzell folgendes: Radolfzell 4 . 13 ⅓ 26 ⅔ 60 . 180 . 240 . Blasphart Vierzehner Siebener Kreuzer Pfennig Haller Konstanz = = = = = = 3 15 30 60 180 240 Dickpfennig Schillinger Sechser Kreuzer Pfennig Haller 1 fl rheinisch. Es kommen dann auch häufig Batzen vor, also, daß 15 Batzen ein fl, ein Batzen gleich einem Schilling = 12 Pfennig = 16 Heller gerechnet sind. [6] In "natura" wurden Früchte, Wein etc. geleistet. Ein Malter Frucht war acht Viertel. Es wurde unterschieden zwischen rauer und glatter Mischlette (Mischelfrucht). Von ersterer waren zum Malter 12 Viertel, von letzterem nur 8 Viertel gerechnet. Beim Wein rechnete man nach Fuder = 1191 Liter, rund 12 Hektoliter = 30 Eimer, ein Eimer somit 37 7/10 Liter = 16 Quart. Am 25. Juni 1539 gingen Schloß und Dorf von Hans Konrad von Bodmann um 9800 fl an die Stadt Radolfzell über. Es ging das Vogtrecht über Friedingen an den Bürgermeister von Radolfzell, der hier die niedere Gerichtsbarkeit ausübte, Die "hoche obrkaid" über das Dorf erbaten sich Abbtissin und convent zu heilig Creutztal von der römisch kun. Mstt. Ich lasse hier die Kopien der Urkunden von Innsbruck folgen. Kopb. 1. Serie "V. d. kön. Mstt." de anno 1547 – 49, fol. 235. Abbtissin und convent zu heilig Creutztal, belechnung der hochen obrigkait im dorff Fridingen. Edel, ersam, gelert und lieb getrew. Was an die römisch kays. mstt. unnsern lieben bruedern und herrn die ersam unnd unnser lieben andechtigen abtissin und convent zu heilig Creutz tall von wegen belechnung der hochen obrigkhait in irem dorff Fridingen suppliciert, und mit was ratschlag uns die supplication ubergeben worden, das habt ir nebenligents zu vernemen, und damit wir uns dann vermög solliches ratschlags, ob wir beruerter hochen obrigkhait halb interesse haben oder nit, wissen vernemen zu lassen so ist an euch unnser bevelch, das ir euch desselbigen erkhundiget und unns daruber ewrn bericht, rat und guetbedunckhen zum furderlichisten zueschickhet. Daran thuet ir unnsern willen und maynung. Geben in unnser und des reichs statt. Augspurg, den 26. Tag iuny anno 1548 Ferdinand, etc. J.Jonas, vice canntzler. An stathalter ambtsverwalter Regennt und räte zu Ynsprugg. Kopb. Ad mandatum dom. regis proprium Saurer. "An die röm. kön. Mstt." de anno 1546 – 1548, fol. 589. Gotshaws heilligen crewtz-tal, hoch oberkhait Fridingen. Allerdurchleuchtigister etc. Nachdem die abbtissin unnd convennt zum heilligen creutztal von wegen belehnung der hochen oberkaiten in irm dorff Fridingen in negst verschinen Junio an die römisch kaiserlich mstt. etc. unnsern allgenedigisten herrn suppliciert und dieselben supplicationen eur kun. mstt. desswegen, ob sy hier im ainich interesse hetten, uberschickht worden ist. Haben ewr mstt. unns bevolchen, der sachen erfarung zu thun, ob ewr mstt. solche begerte belehnung des hochgerichts zuelassen möchten oder nit; darauf unnd zu voltziehung eur mstt. bevelchs haben wir unns erkhoundiget unnd befunden, das dem gotshaws ir begerts hochgericht one ewr mstt. nachtail woll verlichen mag werden. Wollten wir ewr mstt. nit pergen. Unnd uberschickhn derselben die supplication hiermit widerumb zue unnd thun unns etc. [7] Datum den funfften tag octobris anno etc. im 1548 An die römisch kun. Mstt. Regimenndt Aus den wörtlich angeführten Innsbruckischen Kopien ist nicht ersichtlich, wie die Bitte des Klosters beschieden worden ist. Auf die Burg setzte die Stadt einen Untervogt, der unter dem Bürgermeister von Radolfzell als Obervogt stand. Der Untervogt hatte mit seiner Ehefrau die Haushaltung im Schloß und auf dem Felde nach bestem Fleiße und Vermögen zu versehen. Sie mußten das Schloß mit Öffnen und Beschließen des Tores bei Tag und Nacht jederzeit in getreuer Hut haben und bewahren, hatten den Wald fleißig zu begehen, die im Flecken vorfallenden Frevel nach Weisung des Obervogtes zu "rechtfertigen" und dessen sonstigen Befehlen getreulich nachzukommen. Dafür stellte ihnen die Stadt "gen ir underhaltung im schloß mit essen und trinken, namlich inen baiden jedes tags uber die malzeiten ain mas wins, ungevarlich, dazu schuch und pletz (Stück Leder zum Ausbessern) daruf nach zimblicher notturft gnug, deßglichen und auch zehen elen lini tuch, halb rißti (d. i. grob flächsen) und das ander halbtail küderin (d. i. fein flächsen); dem Untervogt "alle jar ain rok, das erst ain winterrok und das ander ein sommerrok und die nachfolgenden zwai jar auch also; deßglichen und ir der frouen auch alle jar zwo zimblich stuchen. Item und darzu inen baiden ain jedes jar fur sölliche ir mühe und tragende unruwe a c h t z e h n g u l d e n l o n s , auch uf wihennechten ime, dem undervogt, ain ticken pfening und der undervögtin dri batzen zu ainem guten jar". In späterer Zeit wurde das Dorf mit Kellhof, Taverne und Riedmühle von einem Vogt unter der Oberaufsicht des Bürgermeisters oder Bürgermeisteramtsstatthalters verwaltet. Der Aufseher hatte seit dem 17. Jahrhundert nur die baufällig gewordene Burg und die Schloßreben zu besorgen, die auch damals schon einen gediegenen Rotwein lieferten. Auf dem unterhalb der Burg gelegenen Ökonomiehof saß der Schloßmeier, ein Bestandbauer oder Pächter, wie es auch heute noch der Fall ist. Der Bürgermeister von Radolfzell bezog als Verwalter von Friedingen von diesem Dorfe als Besoldung auf die vier hohen Feste: Maria Himmelfahrt, Weihnachten, Ostern und Pfingsten jedes Mal 5 fl, 42 Kr. und sechs Hektoliter Wein (ein Kreuzer zu acht Heller gerechnet). Da die Bürgermeister von Radolfzell von 1539 – 1806 zugleich Verwalter von Friedingen waren, seien ihre Namen hier verzeichnet. Der Bürgermeister war als solcher nur auf ein Jahr gewählt, erhielt dann meistens die zweite Stelle als Altbürgermeister und konnte in der nächsten Periode wieder zum regierenden Bürgermeister gewählt werden. Im nachstehenden Verzeichnis ist jeweils das Jahr, in welchem ein solcher zum ersten Mal und dasjenige, in welchem er zum letzten Mal in den Urkunden genannt ist, erwähnt. Junker Jörg Seckler Klein Hans Vorster Hans Lienhart Köllin Hans Ploß Bernhard Klumpp Hans Beck gen. Frey Matthias Mußler [8] 1538 – 58. 1541 – 64. 1560/61. 1562 1565 – 73. 1570. 1572. 1566 – 86. 1585 – 1605. Johann Jakob Köllin Wolfgang Emhardt Hans Wilhelm Kreut Balthasar Pellerin Johann Harscher Lorenz Wernher Johan Stadelhofer Klemens Seiberer Johann Christoph Krumm Johann Jakob Frey Johann Benedikt Frey Hans Jakob Griebler Johann Müller Johann Christoph Frey Johann Georg Frey Johann Christoph Keller Johann Georg Schwartz Johann Franz Zangerer Franz Anton Dobler Maximilian Willibald Bosch Johann Martin Urand Dr. Alois Bosch Anton Leibes 1597. 1599. 1598 – 1602. 1602 – 1605. 1603 – 32. 1608 – 32. 1633 – 53. 1635. 1653 – 73. 1665 – 79. 1674 – 82. 1679 – 80. 1680 – 93. 1682 – 86. 1694 – 95. 1686. 1695 – 1722. 1713. 1716. 1726. 1735. 1732. 1783 – 88. 1788. 1798 – 1808. Von den Vögten (Untervögten) zu Friedingen sind genannt: 1564 1568 1568 1580 1571 1597 1602 1608 1665 1668 1672 1680 1683 1751 1760 1776 1790 1799 1804 – 1829 1829 – 1833 [9] Hans Harder, wird Marcharius Vogt von Erzherzog Ferdinand als Träger der Stadt Radolfzell mit Dorf und Schloß belehnt, ist Vogt Jakob Menni genannt, Hans Bayer, Vogt auf dem Gaysengut, wird Bartholomä Wismann, bisher Meier zu Halberstadt, Vogt, wird Wolfgang Embhard von Kaiser Rudolf II., Balthasar Peller von Erzherzog Maximilian von Österreich und Johann Wernher von Erzherzog Maximilian von Österreich belehnt. ist Johann Harder Vogt des Fleckens, Johann Jakob Frey, Bernhard Schwarz, Jakob Tribler, Johann Müller, Michael Bechler, Josef Anton Mayer, Kenzler, Johann Martin, Kenzler, Martin, Philipp Kornmayer, Vogt Spiri und Vogt Bechler. Die Vögte von Friedingen mußten folgenden Eid leisten: " Ir werdt schwern als ain Vogt des Fleckens gehorsam und willig zu sein, irn, gemainer statt und des fleckens nutz und fromm zu fürdern, schaden und nachtail, soviel an euch sein mag, zufürkommen und zu wenden; auch euer ampt treulich und vleißiglich eueres besten vermugens zu versehen. Desgleichen ain gleicher gemainer richter zu sein ainem als dem andern, niemand zu lieb noch zu laid noch durch dhains anderen vortails willen, auch meniglichs, so vor diesem gericht rechts begehrt, sovil der sachen alda zu rechtfertigen sind, unverzogenlich recht ergeen lassen, auch der gehaim, so euch von ainem burgermaister und rat oder bei ainem erbern gericht vertraut werden, bi euch verschwiegen zu behalten. Desgleichen die strafen und frävel, so under euerm ampt fürgeen, sovil euch dero zu wissen kemen, der obgemeldten euer oberkaiten jederzeiten treulich anzuzaigen, und, was euch dero zu rechtvertigen bevelch geben wurdet, zu recht vertigen, sonst alles zu handlen und zu tun, das ein getreuer vogt seiner oberkait zu tun schuldig, auch von alter herkomen ist, getreulich und ungewarlich." Seit dem 17. Jahrhundert saß auf der Burg der Aufseher, der die Reben besorgte, auf dem Schloßhof der Pächter. Zurzeit hat Ruppert Bechler den Hof in Pacht und bezahlt im Jahr 1900 Mark. Der R e b m a n n M a t t h ä u s B a d e r hat die Reben in Stand zu erhalten und erhält von der Stadt ¼ vom Weinertrag, 12 Morgen Dienstfeld und 300 Mark an Geld, sowie freie Wohnung auf lichter Bergeshöh'. Erträgnisse der Reben am Schloßberg. Droben im Torkelgebäude, das neben dem Pachthof steht, sind vom Jahre 1834 bis heute in ununterbrochener Reihenfolge die Erträgnisse in einen Tisch eingeschnitten. Ich lasse zuvor noch einige Aufzeichnungen aus früheren Jahren folgen: Jahr 1611 1656 1705 1774 1834 1835 1836 1837 1838 1839 1840 1841 1842 1843 1844 1845 1846 [10] Menge Fuder 10 16 6 13 16 16 10 8 6 11 8 16 ¾ = 16 5 2 8 3 21 Menge Eimer 16 12 --5 4 1 3 7 19 6 22 28 21 15 17 13 Menge Quart à 52 fl gerechnet d. Schloßberg ergab 13 Fuder 8 etwa168 Ohm ein vorzügl. Weinjahr [11] 1847 1848 1849 1850 1851 1852 1853 1854 1855 1856 1857 1858 1859 1860 1861 1862 1863 1864 1865 1866 1867 1868 1869 1870 1871 1872 1873 1874 1875 11 15 15 6 6 3 -1 --6 14 14 3 1 7¾ 14 4 3 10 10 10 10 8 9 8 6 9 12 -21 --18 11 -23 --25 23 -4 12 ----19 -19 26 5 12 16 6 20 16 Jahr 1876 1877 1878 1879 1880 1881 1882 1883 1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899 Menge hl 8 12 15 26 12 139 70 50 64 107 44 44 58 29 99 36 38 157 57 77 67 43 49 49 Menge l 50 20 60 62 80 84 2 84 4 50 30 8 8 64 12 76 28 4 16 88 32 12 88 16 nichts nichts nichts 1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 36 40 50 29 58 60 -50 28 33 -- 36 72 60 44 -68 -20 -33 -- gar nichts Die Statistik zeigt uns, daß 1846 das beste Weinjahr seit 1834 war, dann folgt das berühmte Weinjahr 1893. Rechnen wir die Fuder durchschnittlich zu acht Ohm oder 12 Hektoliter, so ersehen wir, wie sich das Weinerträgnis in den letzten 80 Jahren von Jahr zu Jahr gestaltete. [12] Krankenpflege vom 13. Jahrhundert an, hier das Leprosen- oder Siechenhaus. Kranken- und Armenpflege waren früher meistens miteinander verbunden. Kranke, die zu einer Familie gehörten, wurden in der Regel von diesen verpflegt. Wer auf der Reise erkrankte aber keine Familie hatte, suchte Unterkunft und Heilung in Anstalten. Für diese waren auch die ältesten Krankenhäuser errichtet. Sie hießen S i e c h e n h ä u s e r und die Krankenpfleger S i e c h m e i s t e r . Die Pflege war ein Klosteramt, hatte eigene Verwaltung und eigenes Vermögen. Die Siechmeister mußten regelmäßig Mönche sein. Die Krankenpflege hatte nun dreierlei Anstalten zur Folge: Spitäler, Bäder und Gutleuthäuser. Erstere waren für solche, die keine ansteckenden Krankheiten besaßen, aber gebrechlich waren; die Bäder: Mineralbäder oder Badstuben galten als Reinigungsbäder. Ob hier eine Badstube bestand, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Im Kellhof ist heute noch eine unbenützte Kammer zur ebenen Erde, die alle Anzeichen einer Badstube trägt. Nischen in den Holzwänden deuten darauf hin, daß hier ein Bader oder Barbier sein Heim aufgeschlagen hatte. Die Leute erinnern sich auch noch gut eines Mannes, genannt der Bader, welcher in der Mitte des vorigen Jahrhunderts sein Amt nicht als Badmeister, wohl aber als "ländlicher Friseur und Schröpfer" ausübte. Neben der Badstube ist ein größerer Raum, wo vielleicht ein Ofen gestanden hat, um die Stube für die Badenden zu erwärmen. Weit wichtiger für Friedingen und die Umgebung als die Badestube war das sogenannte Leprosenhaus oder wie die Leute hier allgemein sagen, das Siechenhaus hinter dem Schloßberg. [13] Die Gutleuthäuser bestanden aus Wohngebäude, Kapelle und Gottesacker. Die Kranken in diesen Häusern hieß man leprosi und die Anstalten domus leprosorum , Leprosenhäuser. Für leprosi war der Ausdruck "gute Leute", auch veltsiche gebräuchlich. Das Haus hatte auch den Namen miselhus und malazhus vom französischen malade (krank). Wie war es nun hier mit dem Siechenhaus? Stand es wohl immer an diesem Ort hinter dem Schloßberg oder war es früher beim Dorf bei der Kapelle? Der Volksmund erzählt darüber: Die Siechen -- mit ansteckenden Krankheiten Behafteten – wohnten hinter dem Schloßberg. Sie kamen täglich, wenn das Glöcklein der kleinen Kapelle sie rief, gegen das Dorf zu, um das ihnen in hölzernen Geschirren von den Dorfeinwohnern zugetragene Essen in Empfang zu nehmen. Die Armen waren wohl aller ärztlichen Hilfe bar, die Verworfenen der Gemeinde. Bemerkenswert ist, was Friedinger Bürger vor 100 Jahren vor Gericht aussagten. Das Siechenhaus sei früher im Dorf bei der Kapelle gestanden. Zwischen letzterer und dem Schloßberg wurden auch menschliche Knochen ausgegraben, ganz nahe beim früheren Armenhaus. Es könnte also hier der Siechenfriedhof gewesen sein. Solche Siechenhäuser zählte unsere Gegend sieben. Ein Testament des Ritters Hans Werner v. Reischach auf Hohenstoffeln nennt sieben Gutleuthäuser: Petershausen, Radolfzell, Mößkirch, Engen, Allensbach, Friedingen und Mehkingen (Möggingen). In diesem Testament, das mir in Abschrift vorgelegen ist, vermachte der Stifter im Jahre 1623 den Gutleuthäusern 3000 Gulden. Das soll in gleiche Teile, also zu 1/7 an diese Häuser kommen. Friedingen erhielt 428 4/7 fl. Die Gutleute hatten die Verpflichtung, für den Stifter zu beten. Als Zeugen beim Testament erschienen: Melchior Schmidle, Nellenburgischer Vogt zu Hilzingen, Hans Marte, Vogt zu Duchtlingen und Hans Müller, Gerichtsverwandter zu Duchtlingen. Aus den Spezialakten vom Landesarchiv entnehme ich: 1827. Prozeß der Gemeinde Friedingen mit der Stadt Radolfzell und dem Spital wegen der Leprosenstiftung. Im Jahre 1535 kaufte die Stadt Radolfzell von Hans Konrad von Bodmann das Dorf Friedingen. Damals bestand daselbst eine Stiftung, die Leprosenpflege genannt, welche Stiftung im Jahre 1808 unter der württembergischen Regierung aufgehoben und mit dem Spital Radolfzell unter dem Namen der kombinierten Stiftung vereinigt wurde. Die Ursache war, weil früher das Radolfzeller Spital nicht nur für die Stadt, sondern für sämtliche Gemeinden und anfänglich sogar, wie der Bestätigungsbrief des Herzogs Albrecht von Österreich zu Steyer und Kärnten vom Jahre 1837 ausweist, für die ganze Gegend gestiftet war, und weil daher die Ortsarmen zu Friedingen an der Spitalstiftung wie die Stadt Anteil nahmen. Das hörte erst im Jahre 1819 vollkommen auf, in welchem Jahre der letzte von den Ortsarmen hier starb, welcher ein Almosen aus dem Spital Radolfzell bezog. Der Prozeß ging bis in die höchsten Instanzen, zum Reichsgericht, und wurde zugunsten des Spitals Radolfzell entschieden. Friedingen verlangte in diesem Prozesse den ganzen Leprosenfond mit 8332 fl zurück, konnte aber k e i n e U r k u n d e n a l s B e w e i s e vorbringen, daß es tatsächlich ein Anrecht auf diesen großen Fond habe, wurde deshalb überall abgewiesen und hatte die Prozeßkosten zu bezahlen. Das Urteil lautete: "Die Klägerin wird unter Verfällung in sämtlich erlaufene Kosten gegenwärtigen Rechtsstreites mit ihrer unterm 17. Juni 1833 angestellten Klage auf Herauszahlung [14] des Siechenfonds im Betrage von 8332 Gulden nebst Zinsen und mit ihren vermeindlichen Eigentumsansprüchen lediglich abgewiesen." Die Gemeinde Friedingen hat gegen dieses Urteil die Appellation an das hochpreisliche Hofgericht angemeldet, aber solche nicht ausgeführt, und das Gericht hat am 25 Juni 1835 deshalb verfügt: "Friedingen hat die Berufungsbeschwerde in der gesetzlichen Frist nicht eingereicht, weshalb alle Ansprüche verloren sind." Heute gehört das Siechenhaus, ein mittelgroßer zweistöckiger Bau, gen Südwesten von hohem Buchen- und Tannenwald beschattet, einem Friedinger Bürger, Philipp Bader, der Landwirtschaft betreibt und auch den Immen im kleinen Bienenhaus ein lieber Zeidler ist. [15] Die Mühlin im Ried, wie sie in allen Urkunden genannt wird und bis heute den Namen Riedmühle beibehielt, erscheint recht oft in den durchgesehenen Akten von Friedingen. Neben dieser ist im Jahre 1581 noch eine zweite, dem Christoph Klemens Reichlin von Meldegg gehörige, obere Riedmühle genannt. Sie bestand aus Mahl-, Sägemühle und Hanfreibe mit Scheuer und Stallungen, einem Juchert Ackerfeld, einem Kraut- und zwei Baumgärten, Kiesgrube, Zu-, Ab- und Einflüssen des Wassers von und aus der Aach. Außer den altherkömmlichen Diensten und Schuldigkeiten ruhte darauf eine jährliche Abgabe von 24 Malter Mühlkorn Zeller Maß zu den vier Fronfasten (Weihnachten, Ostern, Pfingsten und Maria Himmelfahrt), sechs Malter Grundzins und das Sägen von 24 Klötzen. (Nach Dr. Albert.) Der derzeitige Besitzer der Mühle, Hermann Schmutz, hat mir mehrere Lehensbriefe und Reversbestände zur Durchsicht überlassen. Aus dem Jahre 1550 ist ein Lehensbrief von der Mühlin zu Friedingen an J a k o b S i n g e r von Mannenbach vorhanden. Auf Pergament geschrieben, mit Wachssiegel versehen, vom Bürgermeister und Rat der Stadt Radolfzell [16] gezeichnet, ist der Brief im Format 58/51 Zentimeter sehr gut erhalten. Vom gleichen Lehensträger ist ein R e v e r s b e s t a n d , dessen Siegel in einer Holzkapsel ruht, vorhanden. Ein weiterer Erblehensbrief aus dem Jahre 1653, auf Franz Seitz lautend, ist nicht so sorgfältig ausgearbeitet und das Siegel verdorben. Dieser oben genannte Franz Seitz hat während des dreißigjährigen Krieges die Mühle innegehabt. Durch "Unglückfall und Feuer und eine Feuerbrunst" kam er in Schulden, und die Mühle fiel an die Stadt Radolfzell. 1624 am 8. November ist ein Georg Singer, 1607 Anna Singer, 1658 Georg Maus, 1778 – 1800 Johan Georg Welte, 1800 – 1829 Joseph Welte genannt. Letzterer hat im Jahre 1809 die Mühle umgebaut. Aus den Regesten der im Großh. Generallandesarchiv befindlichen Urkunden seien einige, die Mühle betreffenden angeführt. 1490. 19. Juli. Schuldverschreibung des Hans Thüring von Fridingen gegen den Vogt von Spaichingen. Darin ist C u n r a t H u b e r , der Müller zu Fridingen, als "mitschuldner" genannt. 1580. November 17. Zinsverschreibung des Jakob Singer, Müllers auf der Riedmühle zu Fridingen gegen die Pfarrkirche zu Radolfzell über 100 fl. Perg. Orig. Siegel abgefallen Fr. Kirchengut. Konv. 44. 1583. Dezember 31. Revers des Jakob Singer, Müllers auf der Riedmühle zu Fridingen gegen Burgermeister und Rat der Stadt Radolfzell betreffend ein auf die Mühle gemachtes Anlehen. Papier. Orig. 1 Siegel Fr. Erblehen. Konv. 42 1603. November 18. Erblehensrevers des Jakob Singer, Müllers auf der untern Riedmühle zu Fridingen gegen Christian Reiser zu Konstanz über den sogenannten S c h m u c k e r h o f zu Fridingen. (Wo dieser Schmuckerhof gestanden hat, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.) Perg. Orig. 1 Siegel Fr. Erblehen, Konv. 42 1608. Februar 15. Anna Singer begibt sich in die Leibeigenschaft des Hans Konrad von Bodmann. Perg. Orig. 1 Siegel (beschädigt) Fr. Leibeigenschaft. Konv. 13. 1607. April 2. Bürgermeister und Rat von Radolfzell entlassen Anna Singer und ihre vier Kinder aus der Leibeigenschaft. Perg. Orig. Sekretsiegel der Stadt Fr. Leibeigenschaft, Konv. 13. [17] Der derzeitige Besitzer der Riedmühle, Hermann Schmutz, betreibt jetzt die Mahlund Sägmühle. Die Hanfreibe freilich ist seit dem Aufhören des Hanfbaues und dem Verschwinden der Spinnräder längst überflüssig geworden. Durch Einführen neuerer Maschinen im Mahl- und namentlich im Sägebetrieb hat sich auch die "Mühlin im Ried" der Neuzeit angepaßt, und vielleicht ist auch die Zeit nicht mehr so fern, in der die ganz bedeutenden Wasserkräfte zur Gewinnung von elektrischer Energie Verwendung finden und so der Menschheit mehr nutzbringend werden. Wer aber heute durchs Wiesental wandert, schaut in den rasch dahinfließenden Wassern der Aach muntere Forellen; Wildenten fliegen auf, Fasanen eilen ins Gehölz und am Flusse hin schreitet der Müller mit der Angelrute und ladet den Wanderer ein, in der idyllisch gelegenen " M ü h l i n i m R i e d " ein wenig zu rasten und Ausblick in den schönen Hegau zu halten. [18] Der Hardthof oder das Neuhaus liegt eine halbe Stunde vom Dorfe entfernt, an der Straße von Singen nach Steißlingen. Seine Entstehung ist in Dunkel gehüllt. Das Gewann heißt heute noch Hardt und gehörte zum freien Tafelgut des Schlosses Friedingen, also ein wahres Domizialgut. Nach Erbauung eines Hauses, 1755, wurde ein Bürger von Friedingen als Beständer aufgenommen. In den Spezialakten wird als solcher genannt: Hansjerg Spiri. Im Jahre 1784 kaufte Dr. Allmayer den Hardthof von der Stadt Radolfzell um 3100 fl, samt der niedern Gerichtsbarkeit. Drei Jahre war Dr. Allmayer steuerfrei, zahlte dann von 1787 an je auf Martini 10 fl Steuer. Er durfte Wein und Bier ausschenken, jedoch ohne Taferngerechtigkeit. Auch ruhte auf dem Hof ein Pfeffergeld von 18 ½ fl. (Dem Namen Pfeffergeld begegnen wir recht oft. So mußte im Jahre 1811 der Hufund Waffenschmied Anton Knecht, Feuerwerker und Händler im ehemaligen Nellenburgischen jährlich an die Gefällverwaltung (Staat) ein Pfund Pfennig Pfeffergeld zahlen, Unter Österreich wurde in den vormals österreichischen Landen auf jedes neu errichtete Gewerbe z.B. Mühlen-, Schmied-, Wirtsgewerbe, Krämerei eine Recognition (Anerkennungsgebühr) von jährlich 1 fl 8½ kr. gelegt. Württemberg behielt diese Norm bei, und auch Baden hat sie nicht aufgehoben.) In den Kriegsjahren wehrte sich Dr. Allmayer vielfach gegen eine Einquartierung und zahlte an die Gemeinde 150 fl, um von Militärlasten verschont zu sein und mit Friedingen in Harmonie zu leben. 61 Jahre alt, starb Dr. Allmayer am 12. Februar 1803 und liegt in seinem Heimatort G ü t t i n g e n , Amt Konstanz, begraben. Von Dr. Allmayers Witwe ging der Hof an Nikolaus Löw über und von diesem am 4. Mai 1812 in öffentlicher Versteigerung um 1150 fl an die Stadt Radolfzell. Es wurde jetzt Wohnung für den Jäger im Friedinger Bann, sowie für den Ziegler auf der dabei gelegenen städtischen Ziegelhütte. Diese ist schon im Jahre 1559 genannt. Damals kosteten Haken und Unterdachziegel das Tausend 4 fl, Oberziegel 3 fl. In der Mitte des letzten Jahrhunderts wurde die Ziegelhütte abgebrochen. Im Neuhaus wohnen heute ein städtischer Waldhüter und ein Fabrikarbeiter mit ihren Familien. [19] Die Taverne zum Adler früher zum Schlosse, bezw. zur Stadt Radolfzell gehörig, wird urkundlich erstmals im Jahre 1534 genannt. 1534. November 21. Junghans Schwarz von Hausen kauft von Urban Schöffeler, Wirt zu Fridingen, einige Grundstücke. 1536. August 29. Urban Schöffenler, Wirt zu Fridingen, verkauft eine Taferne daselbst an Hans Konrad von Bodmann zu Fridingen. 1551. August 31. Erblehensbrief der Stadt Radolfzell für die Brüder Hans und Jakob Männi über e i n e d e r S t a d t gehörige Wirtschaft zu Fridingen. 1551. August 31. erhalten die Brüder Hans und Jakob Männi einen Erblehensbrief über die der Stadt gehörige Wirtschaft zu Fridingen. Dazu gehört eine Wirtschaft mit Haus, Hof, Stallung und Scheuer oben im Dorf gelegen, neben dem Chorherrengut (Haus des Vinzens Bechler), das Jakob der Vogt und sein geschwai (seine Schwägerin) Margareta Schrottin, inne hatten. Für diese Erblehen mußte der Wirt auf die vier Fronfasten dem Obervogt erlegen: 6 fl in guter Münz und 6 Batzen an die Chorherren zu Radolfzell. Für den Weingarten, sechs Stück Reben in dem Thurißhofen (Dürreshofen) gelegen, hatte der Wirt Grund- und Bodenzins auf den Herbst zu geben: Item: Item: Im Torkel unter der Rennen richten und geben vier Eimer Wein. Für Reben im Nüsselbohl (Nesselbohl) ein Jung (Huhn) und ein Dritteil eines Imis Roggen Für fünf Juchart Acker gibt er sechs halbe Viertel Roggen Zeller Maß 1608. Wird Adam Andreß als Wirt genannt. Doch bestand damals auch schon das Gasthaus zum Löwen (heute Haus des Robert Bader), wo über dem Eingang steht: Dieses Haus hat machen lassen Peter Maus und Anna Maria Hiederl, von der Riedmühle anno 1747. Um 1800 wird der Adlerwirt Matthias Mayer häufig genannt. Dabei wird der Adler immer als Taverne bezeichnet. Das Geschlecht der Hölzle finden wir in der vierten Generation auf der Taverne. Landauf und landab war der "gute Legari" Leodigarius Hölzle den heimkehrenden Studenten gut bekannt. Den Stab in der Hand, den Beutel leer, fanden sie beim alten "Legare" liebe Aufnahme, einen guten billigen Imbiß. [20] Im Jahre 1818 vertauschte Matthias Mayer an Klemens Hölzle den Adler gegen ein Haus im Unterdorf (jetzt Schlosser Mayer). Der Adler wurde zu 1500 fl und 200 fl für Wirtschaftsinventar geschätzt, das Haus des Klemens Hölzle zu 800 fl. [21]
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