Skript Teil 1

Sommersemester 2015
- Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 1
Teil 1
Einleitendes zur
Unternehmensbesteuerung
Inhalt:
1
Einleitende Bemerkungen ........................................................................................... 2
1.1 Wirkungen von Steuern auf Unternehmensentscheidungen................................. 2
1.2 Unternehmerischer Wertschöpfungsprozess und Steuern.................................... 2
2
Beschreibungsmerkmale von Steuerarten („4-Fragen-Schema“)............................. 3
3
Wichtige Steuerarten bei der unternehmerischen Tätigkeit...................................... 4
3.1 Wichtige Steuerarten und ihr steuersystematischer Zusammenhang ................... 4
3.2 Die Komplexität der Unternehmensbesteuerung .................................................. 6
4
Die Gesetzmäßigkeit der Besteuerung und wichtige Rechtsquellen........................ 7
4.1 Besteuerungsziele, Bemessungsgrundlagen und Zivilrecht.................................. 7
4.2 Wichtige Rechtsquellen der Unternehmensbesteuerung ...................................... 9
5
Besteuerung des Erfolgs eines Unternehmens - Zusammenfassung ...................... 9
Frischmuth
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Sommersemester 2015
- Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 1
1
Einleitende Bemerkungen
Mit Blick auf eine Einheitlichkeit der Unternehmensbesteuerung ist darauf hinzuweisen, dass
das deutsche Steuerrecht kein System einer eigenständigen Unternehmensbesteuerung
kennt. Es gibt nicht „die“ Unternehmensbesteuerung, sondern die Unternehmensbesteuerung ist ein Zusammenspiel unterschiedlicher Steuerarten - insbesondere Steuerobjekte,
Steuerbemessungsgrundlagen und Steuertarife. Zudem ist wesentlich, dass es das Steuersubjekt „Unternehmen“ nicht gibt, sondern dass die Besteuerung noch davon abhängt, wie
sich die im Unternehmen engagierten Unternehmer (Individuen) rechtlich organisieren. Insofern ist die Unternehmensbesteuerung auch nicht rechtsformneutral (vgl. dazu Teil 4 der Vorlesung).
1.1
Wirkungen von Steuern auf Unternehmensentscheidungen
Die Vielfalt der relevanten Steuerarten sowie die organisations-bezogenen Eigenschaften
der Unternehmensbesteuerung (z. B. fehlende Rechtsformneutralität) erfordern es, die Vielschichtigkeit der steuerlichen Einflüsse in Investitions- und Finanzierungsentscheidungen
einzubeziehen. Denn Steuern mindern zum einen den Gewinn (Rentabilitätswirkung) und
führen zu einem Liquiditätsabfluss aus dem Unternehmen (Liquiditätswirkung). Das wiederum führt dazu, dass Steuern entscheidungsrelevant sind. Das gilt um so mehr, wie das
„System der Unternehmensbesteuerung“ mit folgenden externen Einflussfaktoren konfrontiert wird:
Fehlende Rechtsformneutralität
Lokale und internationale
Besteuerungs-, insbesondere Steuersatzunterschiede (Standortwahl)
Fehlendes eigenständiges
und einheitliches System
Unternehmensbesteuerung
Fehlende Finanzierungsneutralität
Fehlende Neutralität der
Besteuerung von Gewinnverwendungen (Ausschüttung und Thesaurierung)
Gesetzgeberischer Einfluss
durch steuerliche Fördermaßnahmen
Steuerplanung und Steuergestaltung
⇓
Planung und Gestaltung der Rentabilitäts- und Liquiditätswirkungen
Abbildung 1: Unternehmensbesteuerung - Steuerplanung und -gestaltung (eigene Darstellung)
1.2
Unternehmerischer Wertschöpfungsprozess und Steuern
Die für die Unternehmensbesteuerung relevanten Steuerarten sind sehr umfassend, denn
die Besteuerung erfasst die gesamte unternehmerische Wertschöpfungskette.
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- Steuern und Unternehmensentscheidungen, Teil 1
Forschungund
Entwicklung
Produktion
Vertrieb
Absatzmarkt
Abbildung 2: Wertschöpfungsprozess (eigene Abbildung)
Die Besteuerung setzt dabei entweder
1. am gesamten (Teil-) Ergebnis des Wertschöpfungsprozesses an, z. B.
- Gewinnsteuern: Gewinn der F & E-Tätigkeit, der Produktionstätigkeit
- Mehrwertsteuern: Verbrauchssteuern, die am „Mehrwert“ der Wertschöpfung
innerhalb eines Unternehmens ansetzen.
2. an einzelnen Teilprozessen / -gliedern des Wertschöpfungsprozesses an, z. B.
-
Besitzsteuern: z. B. Grundsteuer auf Produktionshallen
-
Verbrauchsteuern: z. B. Mineralölsteuern oder Energiesteuern im Entwicklungs- oder Produktionsprozess
Aus diesen einfachen Zusammenhängen zeigt sich, dass die Unternehmensbesteuerung ein
sehr umfassendes Analysegebiet ist. Deshalb bietet es sich an, die für die Unternehmensbesteuerung relevanten (wichtigsten) Steuerarten wie folgt zu analysieren und zu erläutern.
2
Beschreibungsmerkmale von Steuerarten („4-Fragen-Schema“)
Merkmale der Steuerarten
Steuersubjekt
(-pflichtiger)
(Natürliche oder
juristische) Person, die die durch
die Steuergesetze
auferlegten Verpflichtungen zu
erfüllen hat
Anmerkungen:
In diesem Zusammenhang sind weitere
wichtige Begriffe:
- Steuerschuldner
- Steuerzahler
- Steuerträger
- Steuerdestinatär
- Steuergläubiger
Steuerobjekt
Steuerbemessungsgrundlage
Steuertarif / -satz
Steuergegenstand
oder Tatbestand,
an den die jeweilige Steuerpflicht
anknüpft
Wert- oder Mengengröße, die den
Umfang des Steuerobjekts „in Zahlen konkretisiert“,
also quantifiziert
Formel oder rechentechnischer
Zusammenhang
zwischen BMG und
Steuerbetrag
Beispiele:
- Einkommensteuer
 Einkünfte
- Gewerbesteuer
 Gewerbebetrieb
- Umsatzsteuer
 Lieferungen und
sonstige Leistungen
Beispiele:
- Einkommensteuer
 zu versteuerndes
Einkommen
- Gewerbesteuer
 Gewerbeertrag
- Umsatzsteuer
 Entgelt
Anmerkungen:
In diesem Zusammenhang sind weitere wichtige Begriffe:
- Satz: Formel oder %Satz (Grenzsteuer-,
Durchschnittssteuersatz usw.)
- Tarif: progressiv,
proportional, indirekte
und direkte Progression usw.
Abbildung 3: „4-Fragen-Schema“ der Besteuerung (eigene Darstellung)
Vgl. zu diesen grundlegenden Ausführungen und Erläuterungen Scheffler, W., a. a. O.
(Band I), S. 10 ff.
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3
Wichtige Steuerarten bei der unternehmerischen Tätigkeit
Im unternehmerischen Wertschöpfungsprozess werden
-
Wirtschaftsgüter und Vermögen (Kapital) eingesetzt;
-
Wirtschaftsgüter und Vermögen transferiert und ausgetauscht;
-
Erträge aus dem Einsatz von Wirtschaftsgütern und Vermögen erzielt.
Mit anderen Worten: Der unternehmerische Wertschöpfungsprozess erfordert den Besitz und
den Einsatz von Wirtschaftsgütern und deren Austausch. Ziel des unternehmerischen Wertschöpfungsprozess ist es (regelmäßig), Gewinne respektive Wertschöpfungsbeiträge zu erzielen.
An diversen „Stellen“ dieses Wertschöpfungsprozesses setzt die Unternehmensbesteuerung
wie folgt an.
Unternehmensbesteuerung - Steuerarten
Ertragssteuern
Besteuerung von
Vermögensmehrungen, die am
Markt erwirtschaftet wurden
(entgeltliche Vermögensmehrungen)
- Einkommensteuer
(ESt)
- Körperschaftsteuer
(KSt)
- Gewerbesteuer
(GewSt)
- Zuschlagsteuern
Verkehrs- und
Verbrauchssteuern
Vermögensübergabesteuern
Substanzsteuern
Besteuerung von
Vermögensmehrungen, die unentgeltlich erworben
wurden
Besteuerung des
Vermögensbestands / Besitz
von Wirtschaftsgütern
Besteuerung der
Verwendung von
Einkommen und
Vermögen
- Erbschaft- und
Schenkungssteuer
(ErbSt)
- Grundsteuer (GrSt)
- Vermögenssteuer
(VSt), wird seit 1997
wegen eines BVerfG
nicht mehr erhoben
- Umsatzsteuer (USt)
- Spezielle Verbrauchssteuern, hier
insbes. Grunderwerbsteuer (GrErwSt)
sowie Energiesteuern
(z. B. MinÖlSteuer)
Abbildung 4: Unternehmensbesteuerung - Steuerarten (eigene Darstellung)
Die vorstehenden Steuerarten sind Gegenstand von Teil 2 der Vorlesung. Im Vordergrund
stehen hierbei die Ertragsteuern - Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer. Hinsichtlich der vier Merkmale der Steuerarten stehen diese wichtigen Steuerarten wie
folgt im steuersystematischen Zusammenhang.
3.1
Wichtige Steuerarten und ihr steuersystematischer Zusammenhang
Bei der Unternehmenstätigkeit sind die folgenden Steuerarten, wie sie in einem „Steckbrief“
beschrieben werden, relevant. Sie werden im Rahmen der Vorlesung durch das 4-FragenSchema detaillierter vorgestellt. Der „Steckbrief“ an dieser Stelle ist einleitend und erforderlich, um die weiter unter vorgestellten Dependenzen und Interdependenzen sowie die vorgestellten Rechtsquellen einordnen zu können:
(1) Einkommensteuer
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-
-
Die ESt ist die Einkommensteuer der natürlichen Person;
Der ESt unterliegen Gewinne des gewerblichen Einzelunternehmens und Anteile am
Gewinn einer gewerblich tätigen Personengesellschaft;
Die ESt erfasst diese Einkünfte als eine der sieben Einkunftsarten; nämlich Einkünfte
aus Gewerbebetrieb;
Die ESt erfasst Gewinne aus Gewerbebetrieb, die von natürlichen Personen erwirtschaftet werden (als Einzelunternehmer oder Gesellschafter einer Personengesellschaft);
An die ESt knüpfen Zuschlagsteuern an. Diese sind derzeit die Kirchensteuer und der
Solidaritätszuschlag; beide belasten als einkommensabhängige Zusatzsteuern damit
auch die Unternehmenstätigkeit.
(2) Körperschaftsteuer
- Die KSt ist die Einkommensteuer der juristischen Person (z. B. AG, GmbH); sie ist eine sog. Personensteuer;
- Die KSt knüpft an den wirtschaftlichen Erfolgen einer Kapitalgesellschaft an; diese
Einkünfte werden der Körperschaftsteuer unterworfen, wobei hier auch der Solidaritätszuschlag als Zuschlagssteuer einschlägig ist;
- Die Bemessungsgrundlage der KSt baut systematisch auf der Bemessungsgrundlage
der ESt auf; viele steuerrechtliche (steuerbilanzielle) Vorschriften des Einkommensteuergesetzes gelten auch für körperschafsteuerliche Zwecke.
- Darüber hinaus werden die bereits mit Körperschaftsteuer belasteten Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft auf Ebene der Gesellschafter nochmals der Besteuerung unterworfen, denn es handelt sich bei zivilrechtlicher Würdigung um unterschiedlicher Steuersubjekte;
- Dieses Trennungsprinzip erfordert aber ein besonderes „System der Besteuerung
von Ausschüttungen“, das die Doppelbesteuerung von ausgeschütteten Gewinnen
von Kapitalgesellschaften regelt;
- Diese sind aktuell bei (1) natürlichen Personen als Anteilseigner das Abgeltungs- und
das Teileinkünfteverfahren und bei (2) juristischen Personen als Anteilseigner das
Freistellungssystem;
(3) Gewerbesteuer
- Die GewSt ist auf die Gewinne aus Gewerbebetrieb ausgerichtet und knüpft aufgrund
der Gewinnorientierung an den Bemessungsgrundlagen der Personensteuern an;
- Sie belastet Gewinne aus der Unternehmenstätigkeit zusätzlich, verfolgt aber das
Ziel, die Höhe der Besteuerungsgrundlage von unterschiedlichen Finanzierungsalternativen (insbes. Eigen- und Fremdfinanzierung) unabhängig zu machen;
- Steuerobjekt ist der Gewerbebetrieb im Inland, weshalb ausländische Einkünfte bei
der GewSt regelmäßig unberücksichtigt bleiben.
(4) Grundsteuer
- Die GrSt besteuert (als Substanz) den inländischen Grundbesitz und ist insoweit ein
„Kapitalkostenfaktor“;
- Anmerkung: die Gewerbekapitalsteuer als Substanzsteuer (neben der GewSt als Ertragsteuer) ist abgeschafft;
(5) Verkehrssteuern
- Hier sind Lieferungen und sonstige Leistungen (USt) sowie der Erwerb von Grundstücken / Gebäuden (GrErwSt) die wichtigen Steuern im Unternehmenssektor;
- Die USt ist als Mehrwertsteuer konzipiert und unterwirft den in einem Unternehmen
geschaffenen Mehrwert, wobei die Steuerlast regelmäßig auf den Käufer (teilweise)
übergewälzt wird;
- Die GrErwSt fällt an, wenn Grundstücke und Gebäude als Wirtschaftsgüter und Betriebkapital beschafft werden und ist insoweit ein Kostenfaktor bei der Unternehmenstätigkeit.
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(6) Verkehrssteuern, zu den wichtigsten Verbrauchssteuern gehören
- die MinÖlSt: Verbrauch von Mineralöl als Kraft oder Heizstoff z. B. im Produktionsbereich;
- die Stromsteuer: Verbrauch von elektrischem Strom z. B. im Produktions- oder Verwaltungsbereich.
(7) Erbschafts- und Schenkungssteuer
- Die ErbSt erfasst den Vermögenszugang aufgrund „Erwerb von Todes wegen“ und
„bei Schenkungen unter Lebenden“ und trifft natürliche Personen;
- Die ErbSt ist insoweit mit Blick auf die Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit unter
Generationen und beim hier einschlägigen „Betriebsvermögensübergang“ zwischen
natürlichen Personen eine bedeutende Steuer, weil sie in Erb- und Schenkungsvorgängen an der „Substanz des Unternehmens“ ansetzt.
3.2
Die Komplexität der Unternehmensbesteuerung
Die Unternehmensbesteuerung ist neben der Vielzahl der einschlägigen Steuerarten durch
eine enorme Komplexität gekennzeichnet. Diese wird durch Zusammenhänge (Dependenzen und Interdependenzen) der einzelnen Steuerarten untereinander verstärkt.
Einkommensteuer
Umsatzsteuer
Unternehmensbesteuerung
Körperschaftsteuer
Gewerbesteuer
Abbildung 5: Dependenzen und Interdependenzen von Steuerarten (eigene Darstellung)
Beispiele:
Die Bemessungsgrundlage der ESt (zu versteuerndes Einkommen) ist Grundlage der
Bemessungsgrundlage der KSt;
Die Ausschüttung nach den Vorschriften des körperschaftsteuerlichen Systems unterliegt der ESt;
Die Bemessungsgrundlagen der ESt (Einzelunternehmen und Personengesellschaft)
und der KSt (Kapitalgesellschaft) sind Ausgangspunkt der Besteuerung des Gewerbebetriebs bei der GewSt;
Die GewSt gilt trotz ihres Charakters als Objektsteuer (Gewerbebetrieb) nicht als Betriebsausgabe bei den Personensteuern; Anmerkung: bis 2007 war die GewSt bei der
ESt und der KSt und damit bei ihrer eigenen Bemessungsgrundlage abzugsfähig;
Entnahmen von Wirtschaftsgütern aus dem betrieblichen in den privaten Bereich unterliegen sowohl der Einkommensteuer als auch der Umsatzsteuer;
usw.
Sehr wichtig ist der ertragsteuerliche Zusammenhang zwischen Einkommen-, Körperschaftund Gewerbesteuer. In ihrer Gesamtheit belasten sie - neben den Kostensteuern - die Gewinne aus Unternehmenstätigkeit. Die effektiven Steuerbelastungen, z. B. die effektive Ertragsteuerbelastungen, als tatsächliche Gesamtbelastungen von ökonomischen Zielgrößen
(z. B. Cash-Flow, Jahresüberschuss, Rendite usw.) sind damit nicht unmittelbar ersichtlich
und müssen sorgfältig differenziert und berechnet werden. Zudem setzen Steuerlasten an
unterschiedlichen Ebenen an, wobei hier insbesondere die Ertragsteuern von erheblicher
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Bedeutung sind, weil sie unmittelbar und proportional an ökonomischen Zielgrößen ansetzen.
wirtschaftliche Zielgröße vor allen Steuern (z. B. Cash Flow)
./.
=
./.
Kostensteuern (z. B. GrSt, MinÖlSt, GrErwSt)
Wirtschaftliche Zielgröße vor Ertragsteuern (z. B. Gewinn vor Ertragsteuern)
Ertragsteuern
- Einkommensteuer
- Körperschaftsteuer
- Gewerbesteuer
Wirtschaftliche Zielgröße nach Ertragsteuern (z. B. CashFlow nach Steuern)
=
Die Gesamtheit der Ertragsteuern belastet insoweit die wirtschaftliche Zielgröße vor Steuern
effektiv. Die effektive Steuerbelastung ist dabei nicht eine einfache Addition der Steuersätze
der einzelnen Steuerarten, weil regelmäßig die wirtschaftliche Zielgröße (z. B. Gewinn) nicht
zugleich die steuerliche Bemessungsgrundlage ist (z. B. zu versteuerndes Einkommen nach
EStG oder KStG), und sich die steuerlichen Bemessungsgrundlagen untereinander stellenweise signifikant unterscheiden (z. B. Gewerbeertrag nach GewSt versus zu versteuerndes
Einkommen nach EStG oder KStG).
Diese bereits an dieser Stelle ausgeführten Erkenntnisse zeigen sich detailliert in den späteren Teilen der Vorlesung, z. B.
- Teil 3: Steuern und Investitionsentscheidungen: Barwerte berechnen sich auf der Grundlage von
Einzahlungsüberschüssen, während sich Steuern auf der Grundlage der gesetzlichen Bemessungsgrundlagen ermitteln. Selbstverständlich ist die Steuerzahlung dann wiederum Auszahlung für die
erforderliche Barwertberechnung.
- Teil 4: Steuerbilanzen: die Bilanzierung nimmt erheblichen Einfluss auf die steuerliche Bemessungsgrundlage, weil der steuerbilanzielle Gewinn das zu versteuernde Einkommen (nach EStG
oder KStG) maßgeblich bestimmt. Der Bilanzgewinn ist jedoch nicht identisch mit dem Einzahlungsüberschuss („Cash-Flow“), der wiederum die Barwertberechnungen z. B. bei Investitionsentscheidungen bestimmt. Insoweit nehmen Bilanzierungsvorschriften, z. B. unterschiedliche Abschreibungsvorschriften, erheblichen Einfluss auf Investitionsentscheidungen.
4
Die Gesetzmäßigkeit der Besteuerung und wichtige Rechtsquellen
4.1
Besteuerungsziele, Bemessungsgrundlagen und Zivilrecht
Ziel der Unternehmensbesteuerung (Auszug) ; Besteuerung des …
am Markt erwirtschafteten Einkommens
an einem bestimmten Stichtag vorhandenen
(Betriebs-) Vermögens
Bemessungsgrundlagen
⇓
nicht:
betriebswirtschaftliche Größen wie z. B.
kapitaltheoretischer Gewinn (Ertragswert),
Deckungsbeitrag, Cash Flow o. ä.
⇓
sondern:
Juristisch definierte Bemessungsgrundlagen
-
-
zu versteuerndes Einkommen (§ 2 Abs. 5
EStG, § 7 Abs. 2 KStG
Gewerbeertrag (§ 6 GewStG)
Einheitswert des Grundstücks (§ 13 GrStG)
Abbildung 6: Ziele der Unternehmensbesteuerung und Bemessungsgrundlagendefinition
Steuern und Unternehmensentscheidungen (wichtige Grundaussage):
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Unternehmensentscheidungen werden auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher Größen
getroffen, insoweit ist der Einfluss der Besteuerung auf diese Unternehmensentscheidungen
respektive diese betriebswirtschaftlichen Größen die Grundfrage der Veranstaltung / Vorlesung. Es geht also um z. B.
-
den kapitaltheoretischen Gewinn nach Steuern (z. B. Ertragswert oder Kapitalwert
nach Steuern);
-
den Deckungsbeitrag nach Steuern
-
den Cash Flow nach Steuern
Wesentlich ist zu beachten, dass sich die Größe „Steuern“ eben nicht nach den betriebswirtschaftlichen Größen vor Steuern durch einfache Multiplikation mit dem Steuersatz berechnet.
Sie ergeben sich aus gesetzlich definierten Merkmalen (siehe oben), und hier insbesondere
aus der Bemessungsgrundlage multipliziert mit dem Steuersatz.
Ein weiterer Aspekt der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung ist die Anknüpfung der Besteuerung an die Würdigungen des Zivilrechts. Ob und inwieweit ein bestimmter verwirklichter
Sachverhalt steuerlich gewürdigt wird, richtet sich vielmals nach der vorhergehenden zivilrechtlichen Würdigung.
Zivilrechtliche Verwirklichung und Würdigung eines steuerrelevanten Sachverhalts
⇓
Ausgangspunkt für die Besteuerung (Beispiele)
⇓
Rechtsform
z. B. KapG versus
PersG
⇓
⇓
Finanzierungsform
Eigenkapital versus
Fremdkapital sowie
Kaufersatzformen (z. B.
Leasing)
⇓
⇓
Vertragsform
z. B. Arbeitsvertrag versus
Dienstleistungsvertrag
⇓
Steuerrechtliche Würdigung des verwirklichten Sachverhalts - Einordnung ins Steuersystem
⇓
⇓
⇓
Rechtsform
Finanzierungsform
Vertragsform
z. B. KapG wird in
getrennte Steuersubjekte aufgeteilt, damit
diverse Einkunftsarten
z. B. Leasing kann
unter bestimmter Konstellation als Kauf gewürdigt werden, mit
unterschiedlichen steuerlichen Folgen verglichen mit Leasing
z. B. Scheinselbstständigkeitsfragen mit entsprechenden
lohnsteuerlichen Folgen
Abbildung 7: Steuerrechtliche Würdigung von Sachverhalten und Zivilrecht
Allerdings ist vor diesem Hintergrund auch zu konstatieren, dass die „Wertungsobjektivität“
auf der Grundlage von Rechtsnormen und zivilrechtlichen Würdigungen nicht durchgängig
gegeben ist. So gibt es auch „subjektive“ Elemente oder Wertungsabhängigkeiten, die die
Besteuerung respektive deren Bemessungsgrundlagen als „nicht-objektiv“ erscheinen lassen. Diese bieten selbstredend Möglichkeiten, die Steuerlast zu gestalten und zu optimieren.
Damit kann auch der Gesamtkomplex „Steuern und Unternehmensentscheidungen“ gestaltet
und optimiert werden:
 Gestaltung und Optimierung der betriebswirtschaftlichen Größe nach Steuern
Beispiele:
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-
4.2
Komplexität des Steuerrechts mit der Möglichkeit, die komplexen Steuernormen
unterschiedliche in Anspruch zu nehmen und auszulegen
Unbestimmtheit von Rechtsnormen, die Auslegungsmöglichkeiten insbesondere
im Bilanzsteuerrecht ermöglichen, z. B. Rückstellung ja oder nein?
Options- und Wahlmöglichkeiten, die sich auf die Bemessungsgrundlage der Besteuerung auswirken.
(1)
Rechnungslegungs- und steuerbilanzielle Wahlrechte
z. B. Wahlrecht der Aktivierung, Wahlrecht zu Abschreibungsmethode, Wahlrecht der Rückstellungsbildung usw. Es ergeben sich hier insbesondere unterschiedliche Periodenzuordnungen von Steuern ( Barwert)
(2)
Steuerliche Rechtswahlmöglichkeiten
z. B. Optionen im Umsatzsteuerrecht, Wahlrechte der Qualifizierung von Einkünften bei Betriebsverpachtung, Wahlrechte der Besteuerung außerordentlicher Einkünfte usw.
Wichtige Rechtsquellen der Unternehmensbesteuerung
(1) Grundgesetz
Finanzverfassung
Gesetzgebungshoheit - Ertragshoheit - Verwaltungshoheit
Grundrechte mit steuerlicher Relevanz
Gewaltenteilung (Art. 20 GG) sowie Grundrechte
wie Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG) oder Schutz
von Ehe und Familie (Art. 6 GG) oder Eigentumsgarantie (Art. 14 GG)
(2) Völkerrechtliche Normen
Bilaterale Verträge zwischen Staaten, hier insbesondere Doppelbesteuerungsabkommen: Vermeidung von Doppelbesteuerung grenzüberschreitender Unternehmensaktivität durch Steuerverzicht eines beteiligten Staats.
(3) Europäisches Gemeinschaftsrecht
Allgemeine Normen
(steuerliche eher unwichtig)
EU-Grundfreiheiten (primäres EU-Recht)
-
-
Diskriminierungsverbot (Art. 18 AEUV)
Freizügigkeit (Art. 21 AEUV)
Niederlassungsfreiheit (Art. 49-55 AEUV)
Dienstleistungsfreiheit (Art. 56-62 AEUV)
Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63-66 AEUV)
Beihilfeverbot aus Art. 18 AEUV (Art. 107, 108
AEUV)
EU-Verordnungen
Für jedermann verbindlich, ohne dass
es einer Umsetzung
durch die EU-Staaten
bedarf (z. B: Zollkodex)
EU-Richtlinien
Werden erst nach ihrer
Umsetzung in nationales
Recht verbindlich
- v. a. im Bereich der Umsatzsteuer, aber auch
- direkte Steuern; hier aber
verstärkter Steuerwettbewerb
(4) Gesetze, Durchführungsverordnungen und Verwaltungsvorschriften
Allgemeine Steuergesetze
EStG, KStG, GewStG, UStG, GrStG
usw.
DurchführungsverVerwaltungsvorschriften
ordnungen
Ergänzen Gesetze
Für Steuerpflichtige nicht
durch konkrete
rechtsverbindliche AnweiDurchführungsvorsungen, wie die Vertreter
schriften; werden von der Finanzverwaltung
der Exekutive erlassteuerliche Vorschriften
sen, sofern Ermächti- auszulegen haben (sehr
gungsgrundlage vorpraxisrelevant)
liegt
(5) Rechtsprechung als Auslegungsvorgaben zu steuerlichen Normen (BVerfG, EuGH, Finanzgerichte)
5
Besondere Regelungsbereiche (Bsp.)
Außensteuergesetz
(AStG)
Umwandlungssteuergesetz (UStG)
Besteuerung des Erfolgs eines Unternehmens - Zusammenfassung
Die folgende Übersicht stellt dar, mit welcher Komplexität die Besteuerung des Unternehmenserfolgs geregelt wird, welche Rechtsnormen dabei eine Rolle spielen sowie welche InFrischmuth
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terdependenzen und Unterschiede zu beachten sind. Die Übersicht mündet in der sog. effektiven, kombinierten Ertragsteuerbelastung. Sie ist essentiell, wenn betriebswirtschaftliche
Entscheidungsgrößen nach Steuern ermittelt werden sollen. Denn diese betriebswirtschaftlichen Größen sind die Berechnungsgrundlage für eine effektive Steuerbelastung.
effektive Steuerbela stung s eff =
effektive, kombiniert e Steuerlast S eff
× 100 %
Betriebswi rtschaft. Bezugsbasi s B
Ertragsteuern
Einkommensteuer
Körperschaftsteuer
Gewerbesteuer
Jahressteuer
Jahressteuer
Veranlagungssteuer mit
Vorauszahlungsmodus
Jahressteuer
Veranlagungssteuer mit
Vorauszahlungsmodus
Veranlagungssteuer mit
Vorauszahlungsmodus
aber: Unterschiede
Personensteuer: natürliche
Person als Steuersubjekt
Steuersubjekt steht im
Vordergrund
Nettoergebnis als BMG
zusätzlich Unter Berücksichtigung persönlicher
Verhältnisse
Progressiver Tarif nach
individueller Einkommenssituation der natürlichen
Personen (direkte Progression)
Personensteuer: juristische
Person als Steuersubjekt
Steuersubjekt steht im Vordergrund
Nettoergebnis als BMG mit
Berücksichtigung sachlich
zusammenhängender Ausgaben
Proportionaler Tarif von 15 %
einheitlich für alle juristische
Personen
Objektsteuer: Gewerbebetrieb als Steuerobjekt
Steuerobjekt steht im Vordergrund
Besteuerung der objektiven Ertragskraft des Gewerbebetriebs
Proportionaler Satz als
Basissatz, der mit einem
Gemeindehebesatz multipliziert wird; letztere sind
unterschiedlich
… das Nebeneinander der Ertragsteuern - die natürliche Person als „Unternehmer“
UN, das kein Gewerbebetrieb ist
UN, das als gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird - in der
Rechtsform EU oder PersG
UN, das als KapG ausgeübt wird; stets Gewerbebetrieb kraft Rechtsform
Einkommensteuer (ESt)
Einkommensteuer (ESt)
Gewerbesteuer (GewSt)
Körperschaftsteuer (KSt)
Einkommensteuer (ESt)
Gewerbesteuer (GewSt)
i. d. R. keine Doppelbelastung von Gewinnen wegen
Gewerbesteueranrechnung
Doppelbelastung von erzielten (KSt) und ausgeschütteten Gewinnen (ESt)
 Abgeltungssteuer oder
Teileinkünfteverfahren
Effektive, kombinierte Ertragsteuerbelastung
Abbildung 8: Besteuerung des unternehmerischen Erfolgs - relevante Steuerarten
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Übungsaufgaben Teil 1:
1. Mit welchen Rahmenbedingungen setzt sich die Entscheidungslehre im Bereich der
Steuerplanung und Steuergestaltung auseinander?
2. Welche zwei Entscheidungsgrößen erlauben es, die Wirkungen von Steuern auf Unternehmensentscheidungen abzugreifen? Wie können Entscheidungswirkungen bei diesen
Größen berechnet werden, wenn Sie die effektive Steuerbelastung in Ihre Überlegungen
mit einbeziehen?
3. Stellen Sie den unternehmerischen Wertschöpfungsprozess dar und ordnen Sie den einzelnen Prozessgliedern ausgewählte Steuerarten zu.
4. Was versteht man unter dem 4-Fragen-Schema der Besteuerung und erläutern Sie die
vier Fragen bzw. Komponenten kurz. Beantworten Sie das 4-Fragen-Schema am Beispiel einer von Ihnen ausgewählten Ertragsteuer.
5. Stellen Sie die unterschiedlichen Steuerarten der Unternehmensbesteuerung dar und
erläutern Sie diese kurz auch unter Verwendung von konkreten Steuerarten des deutschen Steuerrechts.
6. Was versteht man unter Dependenzen und Interdependenzen von Steuerarten?
7. Zeigen Sie anhand ausgewählter Beispiele und Erläuterungen, wie die Ertragsteuern vor
dem Hintergrund der Komplexität der Unternehmensbesteuerung sachlich zusammenhängen.
8. Welche Probleme bestehen bei der Unternehmensbesteuerung und deren Wirkungen
dieser auf Unternehmensentscheidungen, wenn Sie die Ziel der Unternehmenstätigkeit
und die Ziele einer gesetzesmäßigen Besteuerung gegenüberstellen?
9. Welche rechtlichen Rahmenbedingungen bestimmen die Unternehmensbesteuerung?
10. Erläutern Sie den Zusammenhang zwischen Zivilrecht und Steuerrecht an ausgewählten,
für die Unternehmensbesteuerung relevanten Beispielen.
11. Welche Parameter erlauben es, die effektive Steuerbelastung der Unternehmenstätigkeit
zu gestalten und zu optimieren? Welche Eigenschaften muss die Unternehmensbesteuerung dafür aufweisen?
12. Nennen und erläutern Sie die wesentlichen Rechtsnormen des deutschen Steuerrechts,
die die Gesetzmäßigkeit und Umsetzung der Unternehmensbesteuerung im Wesentlichen bestimmen.
13. Stellen Sie die Gemeinsamkeiten der Ertragsteuern bei der Unternehmensbesteuerung
dar und erläutern Sie diese kurz.
14. Welche wesentlichen Unterschiede bestehen zwischen den Ertragsteuerarten? Gehen
Sie dabei auf die Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer ein.
15. Was versteht man unter einer effektiven, kombinierten Steuerbelastung? Unterscheiden
Sie diese in eine absolute und relative Steuerbelastung, indem Sie ausgewählte wirtschaftliche Zielgrößen für Ihre Ausführungen zugrunde legen.
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