Systematisch Innovationen fördern

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Innovationsmanagement
Systematisch
Innovationen fördern
Digitale Technologien bringen mit hoher Geschwindigkeit neue Geschäftsmodelle
und neue Wettbewerber hervor. Dadurch entsteht auch in den Finanzmärkten eine
immense Dynamik. Banken müssen sich vermehrt mit Innovationen beschäftigen.
Hierzu wurde I-ADG konzipiert, um Ideen zu erfassen und managen zu können.
Christian Doll und Arno Marx
W
ährend in den vergangenen Jahrzehnten die Veränderungen in längeren Zyklen und zumeist innerhalb des
Bankenmarkts erfolgten, können
heute durch die zunehmende Digitalisierung binnen kurzer Zeit
neue – oft auch branchenfremde
– Dienstleister mit völlig neuen
Ideen und Ansätzen auf den
Markt drängen und lukrative
Segmente an sich ziehen. Dadurch ändern auch Kunden
schneller ihre Wünsche und Bedürfnisse.
Auf diese Herausforderungen
müssen Antworten gefunden
werden. Ein bekanntes chinesisches Sprichwort sagt: „Wenn der
Wind des Wandels weht, bauen
die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“ Die Chancen,
dem intensiveren Wettbewerb
durch „höhere Mauern“ zu entgehen, stehen schlecht. Denn die
Markteintrittsbarrieren
sinken
eher, als dass sie steigen. Vielmehr muss die genossenschaftliche FinanzGruppe jetzt aus der
Position der Stärke heraus die
Weichen für den künftigen Erfolg stellen, damit es ihr auch in
den nächsten Jahren und Jahrzehnten gelingt, neue zukunftsorientierte Leistungen und Services zu schaffen, die ihre Mitglieder und Kunden begeistern.
Innovationen als zentrale
Managementaufgabe
Dazu bedarf es Veränderungen
auf strategischer, kultureller
und operativer Ebene. Hierfür ist
ein systematisches Innovationsmanagement notwendig, das
der Entwicklung von Neuem einen vergleichbar hohen Stellenwert einräumt und dem schrittweisen Weiterentwickeln des
Bestehenden Raum gibt (siehe
Abbildung 1 auf Seite 46).
Die Einrichtung eines solchen
Innovationsmanagements ist eine
Managementaufgabe, die von der
Spitze der Banken initiiert und
implementiert werden muss, um
sie im Anschluss zu einer Aufgabe des gesamten Hauses zu
machen.
Einige Genossenschaftsbanken
haben sich auf diesen Weg gemacht. Dieser Aufgabe müssen
sich jedoch nicht nur die Banken
vor Ort, sondern auch deren Partner im Verbund stellen. Die ADG
nutzt ihre Aktivitäten daher auch
dazu, ihr eigenes Geschäftsmodell zukunftsfähig aufzustellen.
Auch der Markt der Managementwicklung steht an der
Schwelle zu großen Umwälzungen. Auch hier muss die Frage beantwortet werden, was der Wandel mit dem eigenen Geschäftsmodell macht und was zu tun ist,
um ihrer Aufgabe als Dienstleister der Genossenschaften auch in
Zukunft gerecht zu werden.
Zu diesem Zweck hat die ADG
Mitte vergangenen Jahres das
Projekt I-ADG gestartet. I-ADG
steht für eine umfassende Innovationsinitiative. Hierbei will
die genossenschaftliche Akademie als Partner und Unterstützer
der Innovatoren und Veränderer
in der genossenschaftlichen FinanzGruppe eine reale und virtuelle Plattform schaffen, auf der
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Titelthema: Innovation
„innovative Denker und Macher“
sich einerseits vernetzen und zu
bereits umgesetzten Innovationen austauschen können. Andererseits soll die Plattform auch
die Möglichkeit bieten, neue
Ideen zu diskutieren, um daraus
systematisch interne oder institutsübergreifende Innovationsinitiativen zu starten und umzusetzen (siehe Abbildung 2).
Hinter dieser Vision stecken unzählige mögliche Umsetzungsmöglichkeiten – angefangen von
einem einfachen Kontaktbuch für
Innovatoren (ähnlich den „Gelben
Seiten“) bis hin zu komplexen
Umsetzungsplattformen (ähnlich
„kickstarter.com“). Grundsätzlich
könnte dies alles umgesetzt werden. Aber sollte es auch umgesetzt
werden? Und was davon sollte sofort umgesetzt werden und was
erst, wenn die Zeit dafür reifer ist?
Systematische
Auseinandersetzung mit
Kundenbedürfnissen
Um genau dies herauszufinden,
ging es in einem ersten Schritt
darum, folgenden Fragen nachzugehen:
Wer ist in der genossenschaftlichen FinanzGruppe heute am
Thema „Innovation“ stark interessiert? Wer ist Vordenker und
Innovator?
Wer ist neugierig auf Ideen,
hat selbst Ideen und ist bereit,
aktiv mitzumachen, um Innovationen für genossenschaftliche Institute zu gestalten?
Welche Institute und Personen
möchten beim Thema „Innovation“ unterstützt werden?
Welche Herausforderungen
und Schmerzpunkte haben Innovatoren in der genossenschaftlichen FinanzGruppe?
Welchen Unterstützungsbedarf
haben Innovatoren in der
genossenschaftlichen FinanzGruppe?
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Welche möglichen I-ADG-Angebote haben eine entsprechende Kundenwertschätzung
und warum?
Des Weiteren wurden die I-ADGZielkunden in drei Kundensegmente aufgeteilt:
Vorstände, die das Thema „Innovation“ in ihrem Institut aktiv umsetzen und dafür die
notwendigen Rahmenbedingungen schaffen wollen,
Unternehmensentwickler, die
für das Thema heute (mit)verantwortlich sind und daher systematisch Innovationen entwickeln möchten und
Überraschungsinnovatoren,
die derzeit nicht für „Innovation“ verantwortlich sind, sich
aber dennoch mit Ideen und
Tatkraft einbringen wollen.
Zu diesen Kundensegmenten wurden mögliche Kundenbedarfe im
Kontext von „Innovationsmanagement“ entwickelt und über 50
Ideen ausgearbeitet, die als Angebote unter I-ADG für die Kunden denkbar wären.
Diese Ausarbeitungen wurden
im Anschluss im Rahmen eines
Ideenwettbewerbs im Internet
veröffentlicht und so mit möglichen Nutzern und Kunden validiert. Unter oi.adgonline.de
konnten alle Interessierten aus
der genossenschaftlichen FinanzGruppe im Herbst 2014 in insgesamt neun Wochen diese über 50
Ideen einsehen, bewerten, untereinander diskutieren und eigene,
neue Ideen einstellen.
Begleitet wurde dieser OpenInnovation-Prozess durch rund 30
Kundeninterviews mit Innovatoren und Machern aus Genossenschaftsbanken. Zusätzlich wurde
ein Kurzfilm produziert, der sowohl unter oi.adgonline.de als
auch in den eigens eingerichteten Ideenwerkstätten auf Schloss
Montabaur präsentiert wurden.
Interessierte Seminarteilnehmer
konnten so auf dem ADG-Campus auch „offline“ am Ideenwettbewerb teilnehmen und die
ausgestellten Ideen kommentieren.
Hohe Beteiligung, hohes
Interesse
Rund 450 genossenschaftliche
Banken – also fast jede zweite
Genossenschaftsbank – nahmen
am I-ADG-Wettbewerb teil. Insgesamt nutzten mehr als 1.000
Vorstände, Führungskräfte, Spezialisten und „Überraschungsinnovatoren“ die Möglichkeiten,
sich aktiv mit den Ideen auseinanderzusetzen, sie zu bewerten
und zu kommentieren sowie
neue Ideen beizusteuern.
Das wertet die ADG als eindeutiges Signal und als Bestärkung, die Umsetzung der I-ADGVision weiter aktiv voranzutreiben. Denn die hohe Beteiligungsquote zeigt, dass zunehmend die
Notwendigkeit gesehen wird,
sich aktiv mit dem Thema „Innovation“ auseinanderzusetzen.
Nach einer intensiven Datenauswertung und dem Austausch
aller Lernerfahrungen in der Validierungsphase wird die ADG in
Phase II die konkrete Ausgestaltung der Innovationsplattform
festlegen und Ideen auswählen,
die gezielt umgesetzt werden
Abb.1: Mit I-ADG zwei deutlich unterschiedliche Herausforderungen zur gleichen Zeit meistern
bestehendes
Geschäft
neues
Geschäft
Kern stärken
und ausbauen
Neues schaffen
und entwickeln
(Exploitation)
(Exploration)
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Titelthema: Innovation
Abb. 2: Prozess und aktueller Stand von I-ADG
1. Kundensegmentierung
sollen. Hierfür werden Prototypen entwickelt, die im Anschluss
mit möglichen I-ADG-Kunden interaktiv getestet werden, sodass
in 2015 die ersten I-ADG-Angebote am Markt platziert werden.
Mit Blick auf die Phase II zeichnen sich aber schon jetzt zentrale
Bedarfsfelder ab:
„Innovative Denker und Macher“, die sich häufig als „Einzelkämpfer“ fühlen, befähigen und
unterstützen, um das Thema auf
breitere Basis zu stellen.
Vernetzung mit „Gleichgesinnten“, um Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam Innovationsinitiativen vorwärts zu
treiben.
„Agile“ Umsetzungsunterstützung, um Ideen schlank und
effizient zur Marktreife zu
bringen.
Transparenz über und Adaption von bereits erfolgreich
umgesetzten Innovationen.
Research- und Informationsdienstleistungen zu relevanten
Trends und Entwicklungen inklusive verbundinterner und
externer Good-Practice-Beispiele.
Auch in dieser Phase wird die
ADG interessierte Kunden in den
Entwicklungsprozess einbinden.
Hierzu wird ein I-ADG-Kundenclub ins Leben gerufen. Dessen
Mitglieder werden aktiv über
den Fortschritt von I-ADG informiert und in die Entwicklung von
Ideen zu Innovationen eingebunden. Gleichzeitig erhalten
die Mitglieder die Möglichkeit,
sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen und auszutauschen. Interessenten können sich hierzu
gerne bei Nadine Greis ([email protected]) registrieren lassen.
Für die Akademie selbst ist IADG eine große Innovationsinitiative, bei der Sichtweisen,
Werkzeuge und Methoden aus
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2. Kundenbedarfsanalyse
3. Angebotsentwicklung
4. Ideenfindung
Geschäftsmodell
inhaltlicher Fokus für Projekt Phase I
Bauen
Messen
Lernen
Phase II
Bauen
Messen
Lernen
Bauen
Messen
Lernen
inhaltlicher Fokus für Projekt Phase II
5. Geschäftsmodell
Umfeld
6. Geschäftsmodell
Ausgestaltung
dem modernen Innovationsmanagement zum Einsatz kommen
(„The Lean Startup“, „Value Proposition Design“, „Business Model Innovation“, „Design Thinking“). Dieses „Learning by
Doing“ wird daher auch die
ADG in ihrem eigenen Entwicklungsprozess weiter vorwärts
bringen.
Aus den bisher vorliegenden
Ergebnissen wird aber auch deutlich, dass es neben dem Innovationsengagement der ADG auch
einer Vernetzung im Verbund
bedarf, um maximale Schlagkraft
zu entwickeln. Daher hat die
ADG parallel begonnen, I-ADG
relevanten Partnern in der Gruppe
vorzustellen und darüber zu
sprechen, wie man sich idealerweise vernetzen und wechselseitig unterstützen kann. Diese
Gespräche werden in der Phase II
weiter intensiviert.
Insgesamt wird die ADG ihre
Angebote im Bereich des Innovationsmanagements
weiter
ausbauen, denn für die Zukunft
wird noch stärker als in den zu-
7. finanztechnische
Plausibilitätsprüfung
8. abschließende
Empfehlung
rückliegenden
Jahren
gelten:
Wirklich gefährlich sind nicht die
Wettbewerber, die seit längerem
bekannt sind, sondern die, die unerwartet und auf ganz anderen
Wegen auf den Markt drängen
werden. Gleichzeitig gilt aber nach
wie vor, dass die Zukunft schon immer den vorbereiteten Geist begünstigt hat. I-ADG will hierzu eiBI
nen Beitrag leisten.
Christian Doll ist Trainer, Advisor und
Management Consultant bei Business Innovation Christian Doll.
E-Mail: [email protected]
Arno Marx ist Mitglied des Vorstands der ADG
in Montabaur.
E-Mail: [email protected]