medicalsp medicalsports ical icalsp network ZKZ 73944 | 8,00 € Prävention, Diagnostik, Therapie, Rehabilitation & Medizintechnik 04.15 Marco Sailer kann auf eine sensationelle Zweitligasaison mit seinen „Lilien“ zurückblicken. n gazi a m Fach r die fü dizin tme r o p S Kurzschaftendoprothesen Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch Handverletzungen Prof. Dr. med. Karl-Josef Prommersberger Dr. med. Marion Mühldorfer-Fodor Knietrainer Dr. med. Sanjay Weber-Spickschen Orale Hyaluronsäure ArthroHyl www.arthrohyl.de ÜBER DEN DÄCHERN VON DARMSTADT Editorial Bevor wir auf das Dach unseres Verlages klettern, muss so einiges passieren. Und einiges passiert ganz aktuell in unserer Heimat stadt. Mit unserem ortsansässigen Fußballverein, dem SV Darmstadt 98, geht es nämlich seit zwei Jahren stetig bergauf. Ob in dieser Saison mit dem Aufstieg in die 1. Bundes liga der absolute Gipfel erklommen wurde, wissen wir beim Verfassen dieser Zeilen noch nicht. Sie sind da schon einen Schritt weiter, denn wenn Sie diese Ausgabe der medicalsportsnetwork in den Händen halten, wissen Sie, ob die Lilien den nicht für möglich gehaltenen Aufstieg geschafft haben und ob der BundesligaDino HSV nach über 51 Jahren tatsächlich das Oberhaus verlassen hat. Doch egal, wie die Saison ausgegangen ist, für den SV Darmstadt 98 war es eine sensationelle Spielzeit – ein Grund mehr, Marco Sailer auf unseren Titel zu nehmen. Ein Team, das am Anfang der Saison als sicherer Absteiger bezeichnet wurde. Spieler, die in anderen Vereinen gescheitert sind, in Darmstadt aber plötzlich über sich hinauswachsen. Ein Verein, der mit einem fast schon lächerlich anmutenden Etat von gerade mal 5,5 Mio. Euro in der 2. Liga auskommen musste. Nicht umsonst bezeichnete Präsident Fritsch seine 98er im Handelsblatt als „kleinste Wurst der Zweiten Liga“. Natürlich spielen für den Erfolg mehrere Faktoren eine Rolle, auch die medizinische Abteilung und das Trainerteam, die immer wieder Neues probieren und den Spielern eine enorme physische Robustheit beschert haben. Aber ein 04.15 medicalsports network Faktor überstrahlt sicher alles andere: die Leidenschaft! Ohne diese Leidenschaft wäre das „Modell Darmstadt“ nicht möglich. Und es ist schön zu sehen, dass selbst in dem milliardenschweren Fußballgeschäft so etwas noch passieren kann. Nach der Logik des Marktes hätte zumindest RB Leipzig an den Lilien vorbeiziehen müssen. Was das Team und der Verein seit zwei Jahren leisten und erreicht haben, ist ein Wunder, egal, ob es am Ende zum Aufstieg gereicht hat oder nicht. Leidenschaft als Geheimrezept für Erfolg? So geheim ist dieses Rezept nun auch wieder nicht und nicht nur im Fußball kann es Wunder bewirken. Wer sich als Mediziner, Therapeut oder Trainer erfolgreich im Bereich der Sportmedizin bewegt, kommt ohne eine Prise Leidenschaft überhaupt nicht aus. Sportmedizin fasziniert, ist aber auch manchmal ein schwieriges und hart zu bestellendes Feld. Bei uns in Deutschland ist so gut wie niemand hauptberuflich Mannschaftsarzt. Arbeits- und Zeitaufwand sind enorm, das weiß jeder, der in der Leistungssportbetreuung tätig ist. Aus rein materiellen Gründen würde es sich gar nicht lohnen. Ohne Enthusiasmus, Leidenschaft und ein wenig Idealismus würde das alles überhaupt nicht funktionieren. Dass es so gut funktioniert und dass die Entwicklung der letzten Jahre so positiv ist, dafür gebührt den Mannschaftsärzten und ihrer Arbeit eine Menge Dank. Und auch wir von der medicalsportsnetwork gehen jeden Tag mit einer gehörigen Portion Leidenschaft ans Werk, manchmal steigen wir dafür sogar auf das Dach unseres Verlages. Wenn man eine Zeitschrift macht, muss man für die Themen und das Umfeld brennen. Unser Ziel ist es, nicht stehenzubleiben, uns ständig weiterzuentwickeln und die Qualität unserer Inhalte und unserer Optik stetig zu verbessern. Mit aller Leidenschaft – für Sie, für uns und für die Sportmedizin. Ein starkes Netzwerk! Viel Vergnügen mit unserer aktuellen Ausgabe, Ihr Team medicalsportsnetwork 1 Inhalt 06 Kardiologie VORHOFFLIMMERN Dr. med. DierkChristian Vogt, PD Dr. med. Roman Laszlo 12 Yoga YOGA UND FUSSBALL Stephan Suh 30 Training MULTIPLE SKLEROSE Stephanie Kersten, Christina Lutz, Magnus Liebherr, Patric Schubert, Christian T. Haas 36 Rehabilitation APPBASIERTER KNIETRAINER Dr. med. Sanjay WeberSpickschen 18 Therapie HANDVERLETZUNGEN Prof. Dr. med. KarlJosef Prommersberger, Dr. med. Marion MühldorferFodor 22 Praxis PRAXIS 360° ERLEBBAR MACHEN Bild: © istockphoto.com | POMACHKA Sascha Schulz 24 Rehabilitation STABILITÄT 40 Forschung TRAIN YOUR BRAIN Dr. phil. Thomas Gronwald MBA, Dr. phil. Sebastian Ludyga, Prof. Dr. phil. Kuno Hottenrott 44 network DEUTSCHE BASKETBALLÄRZTE Dr. med. Christoph Lukas 48 Vorschau Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch 2 medicalsports network 04.15 03.15 medicalsports network ROSBACHER Mit dem 2:1-Ideal. Einen Schritt weiter. Prävention, Diagnostik, Therapie, Rehabilitation & Medizintechnik Verlag succidia AG Verlag & Kommunikation Rößlerstraße 88 64293 Darmstadt Tel. +49 61 51-360 56-0 Fax +49 61 51-360 56-11 [email protected] www.succidia.de Herausgeber Jörg Peter Matthes [ JPM] Anzeigenverkauf Oliver Michaut [email protected] Kathrin Witteborg [email protected] Konzeption, Layout 4t Matthes + Traut Werbeagentur www.4t-da.de Felisa Sánchez [email protected] Beirat Prof. Dr. Thomas Wessinghage (2006), Ärztlicher Direktor der Medical Park Kliniken im Tegernseer Tal Dr. med. Andree Ellermann (2008), Facharzt für Orthopädie, Sportmedizin, Chirotherapie. Ärztlicher D irektor und Leitender Arzt ARCUS Sportklinik, Pforzheim Dr. med. Walter Oskar Schüler (2008), Leitender Arzt Kardiologie/Innere Medizin ARCUS Sportklinik, Pforzheim Dr. med. Jens Enneper (2011), Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin und C hirotherapie Orthopädie und Sport/Köln Dr. med. Andreas Gösele-Koppenburg (2011), Facharzt für O rthopädie, Sportmedizin, Ärztlicher D irektor Crossklinik Basel Dr. med. Thomas Frölich (2011), Chirurgie, Allgemeinmedizin, Sportmedizin- Sporttraumatolgie, Ethianum Heidelberg Dr. med. Frank Thormählen (2011), Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin, Medizinische Trainingstherapie, Physikalische Therapie, Chirotherapie, Hamburg Helen Voigt [email protected] Prof. Dr. med. Wilhelm Haverkamp (2012), Komm. Klinikdirektor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie, Charité Berlin Redaktion Masiar Sabok Sir, Leitung (MSS) [email protected] Prof. Dr. Mario Thevis (2012), Leiter des Zentrums für Präventive Dopingforschung an der DSHS Köln Dr. med. Thomas Ambacher (TA) Aidin Dinkhah (AD) Jörg Peter Matthes ( JPM) Dr. Gerhard Schilling (GS) Yvonne Schmidt (YS) Kathrin Witteborg (KW) Sven Kruse (2012), Sportphysiotherapeut des DOSB und Gründer/Inhaber der MediVital Rehazentren, Hemer Druck Frotscher Druck GmbH [email protected] www.frotscher-druck.de Preis Einzelheft: 9,50 E incl. Versand Jahresabo (8 Ausgaben) Deutschland: 76 E incl. Versand, zzgl. MwSt. Europäisches Ausland: 91,50 E, incl. Versand Titelbild: © www.pixathlon.de Dr. med. Thomas Ambacher (2013), Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chirurgie, Sportmedizin. Ärztlicher Direktor und Leitender Arzt ARCUS Klinik, Pforzheim Prof. Dr. med. Peter Angele (2014), sporthopaedicum Straubing/Regensburg, Universitätsklinikum Regensburg, Vize-Präsident AGA, FIFA Medical Centre Regensburg Dr. med. Werner Krutsch (2014), Universitätsklinikum Regensburg, FIFA Medical Centre Regensburg, Beratungsarzt Bayrischer Fußballverband kalorienarm und isotonisch PD Dr. med. Matthias Brem (2015), Oberarzt und Funktions bereichsleiter Orthopädische Sportmedizin, Klinikum Nürnberg 10. Jahrgang 2015 z.Zt. gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 10 vom September 2014. itglied der Informationsgemeinschaft M zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW), Berlin ZKZ 73944 FÜR DEINEN KÖRPER 1866-5322 mit fruchtig-prickelndem Kirschoder Grapefruit-Geschmack mit 5 wichtigen Vitaminen – ideal für die kalorienarme Fitness-Ernährung www.rosbacher.com www.medicalsportsnetwork.de www.msn-kongress.de Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit schriftlicher Genehmigung und Quellenangabe gestattet. Der Verlag hat das Recht, den redaktionellen Beitrag in unveränderter oder bearbeiteter Form für alle Zwecke, in allen Medien weiter zu nutzen. Für unverlangt eingesandte Bilder und Manuskripte über nehmen Verlag und Redaktion sowie die Agentur keinerlei Gewähr. Die namentlich gekennzeichneten Beiträge stehen in der Verantwortung des Autors. 04.15 medicalsports network 3 Interna DAS ZIEL VOR AUGEN Wir haben täglich mit all den spannenden Themen aus dem Bereich der Sportmedizin zu tun. Wenn Sie nun aber glauben, dass wir es uns nur auf unseren Schreibtischstühlen gemütlich machen und maximal zum Kaffeeautomaten laufen, dann liegen Sie falsch. Manchmal heißt es auch für uns: raus aus der Theorie - rein in die Praxis. Dabei ist es für alle Beteiligten sicher besser, dass wir uns aktiv dem Sport zuwenden. Die Medizin lassen wir Fachleuten wie Ihnen. Aus diesem Grund hat das ganze medicalsportsnetwork-Team mit weiteren Kollegen aus unserem Verlag, der succidia AG, am diesjährigen Firmenlauf teilgenommen. Und wie Sie auf dem Bild erkennen, hatten wir sogar richtig Spaß dabei, die fünf bzw. zehn Kilometer zu absolvieren. Auch wenn Darmstadt nicht der Nabel der Welt ist, gingen in diesem Jahr immerhin knapp 2.900 Läufer an den Start – Respekt. Dass in Darmstadt das Laufen großgeschrieben wird und dass es sich beim Laufen nicht immer nur um sich selbst dreht, hat vor einigen Tagen auch noch ein anderes Event gezeigt – der Wings for Life World Run. Seit 2014 ertönt weltweit zur gleichen Zeit auf 35 Strecken in 33 Ländern der Startschuss. Dann laufen mehr als 72.000 Menschen los und sorgen mit ihren Startgebühren für eine Menge Spendengelder für die Wings-for-Life-Stiftung für Rückenmarksforschung (über 4 Mio. Euro). Unter dem Motto „Laufen für die, die nicht laufen können“ bin ich gemeinsam mit dem Darmstädter Softwarehaus InteRes gestartet. Laufen für den guten Zweck, damit Querschnittslähmung irgendwann heilbar wird, das macht Spaß und tut gut. Mein besonderer Dank geht an Volker Herrmann, Gründer und Geschäftsführer von InteRes, der mit absolutem Herzblut und vielen Kilometern bei der Sache war. Der nächste Wings for Life World Run findet übrigens am 8. Mai 2016 statt – vielleicht sind Sie dann auch dabei? Und noch jemand hat ganz aktuell das Ziel vor Augen. Unsere Kollegin Kathrin Witteborg nimmt sich für kurze Zeit eine kleine Auszeit und widmet sich dem bald erwarteten Nachwuchs. Wir wünschen ihr und dem kleinen Witteborg auf diesem Weg alles Gute und freuen uns auf ihre Rückkehr. Ihr Masiar Sabok Sir Abb. 2: Masiar Sabok Sir mit Volker Herrmann beim Wings for Life World Run Abb. 1: Aktiver Verlag – die succidia AG beim Darmstädter Firmenlauf 4 medicalsports network 04.15 22. Sportwissenschaftlicher Hochschultag Bewegung im und durch Sport anzuregen sowie zu analysieren und dabei Grenzen zu verschieben und zu überschreiten, ist das Ziel des 22. Sportwissenschaftlichen Hochschultags der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs). In diesem Jahr findet der Hochschultag vom 30. September bis 2. Oktober 2015 in Mainz statt und trägt das Motto: MOVING MINDS CROSSING BOUNDARIES IN SPORT SCIENCE. Hiermit wird auf das umfangreiche Potenzial der multidisziplinären und multitheoretischen Sportwissenschaft Bezug genommen. Die sportwissenschaftliche Gemeinschaft sowie alle weiteren Interessierten sollen dazu angeregt werden, im Rahmen des Hochschultages in vielfältiger Weise über sportliche, wissenschaftliche und soziale Grenzen hinweg quer zu denken. Auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Konferenz der kurzen Wege, die durch Möglichkeiten zur Begegnung und zum Austausch geprägt sein wird. www.dvs2015.de IRONMAN auf Mallorca Am 26. September 2015 findet der erste Thomas Cook IRONMAN über die Volldistanz auf Mallorca statt, nachdem sich der Thomas Cook IRONMAN 70.3 auf Mallorca ‐ mit zuletzt 3.800 Teilnehmern ‐ als erfolgreichster und beliebtester IRONMAN auf der Halbdistanz etabliert hat. Wettkampf stätte ist Alcudia im Norden der Insel. Die Schwimmstrecke befindet sich direkt am Hafen der Stadt. Die Radstrecke mit anspruchsvollen Anstiegen und Abfahrten führt die Athleten durch eine reizvolle Berglandschaft. Die Laufstrecke ist ein flacher Rundkurs entlang des Strandes von Alcudia. Die Finishline befindet sich direkt am Strand. Für alle, die an dem Wettkampf teilnehmen möchten, hat Thomas Cook als offizieller Reisepartner attraktive Pakete rund um die Veranstaltung geschnürt. Die Komplettpakete bestehend aus Startplatz, Flug, Transfer, Radtransport und Unterbringung sind bereits ab 952 Euro buchbar und können nach den individuellen Wünschen des Athleten zusammengestellt werden. www.thomascook.de 04.15 medicalsports network 5 Kardiologie VORHOFFLIMMERN Vorhofflimmern durch Sport und Sport mit Vorhofflimmern - Teil I: Normalbevölkerung Dr. med. Dierk-Christian Vogt, Kardiologisch-Nephrologische Gemeinschaftspraxis, Dres. Engels Stange Vogt, Ludwigsburg PD Dr. med. Roman Laszlo, Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Universitätsklinikum Ulm Der plötzliche Herztod im Sport ist seit dem mythischen Lauf von Marathon nach Athen vor über 2.500 Jahren medienwirksam präsent. Doch auch weniger dramatische, aber doch lebensqualität und leistungsbestimmende Herzrhythmusstörungen können auch beim jungen Leistungssportler und insbesondere dem Athleten im mittleren und höheren Alter auftreten. Vorhofflimmern in der Normalbevölkerung An kardialen Erkrankungen kommen Koronare Herzkrankheit, Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung in der Normalbevölkerung und eine der häufigsten Ursachen für ambulante Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte. Es leiden fast 1,8 Mio. Deutsche (2,2 % der Bevölkerung) an Vorhofflimmern. Ca. 1 % aller Menschen unter 60 Lebensjahren hat Vorhofflimmern und 10 % der über 65-Jährigen leiden unter dem gleichen Problem. Aufgrund der sich ändernden Altersstruktur in den westlichen Ländern und der Zunahme von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Übergewicht steigt die Zahl der Vorhofflimmerpatienten ständig. Experten rechnen mit einer Verdoppelung in den nächsten 50 Jahren (weiteres siehe www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de). Herzklappenerkrankungen, Herzinsuffizienz, Dilatative und hypertrophe Kardiomyopathie, Als nichtkardiale Ursachen von Vorhofflimmern sind zu nennen: Alter Bluthochdruck (70 % aller Patienten) Übergewicht Schlaf-Apnoe-Syndrom Schilddrüsenüberfunktion Alkohol/Drogen Lungenerkrankungen, schwere Allgemeininfektionen, Zustände nach operativen Eingriffen infrage. Myokarditis (Herzmuskelentzündung), aber auch Anstieg der Häufigkeit von Vorhofflimmern Frauen Zusätzlich sind bei der Entwicklung von Vorhofflimmern bei Sportlern die Zufuhr verbotener Substanzen wie insbesondere anabole Steroide zu bedenken (Lau DH et al., Int Männer In Deutschland 200.000 gibt es fast 1,8 Millionen Menschen, die an Vorhofflimmern 150.000 leiden. Die Grafik zeigt die Zahl der betroffenen Männer und Frau 100.000 en in den ver schiedenen Altersgruppen. 50.000 nach Wilke et al. Europace 2012 Häufigkeit 0 Jahre 4044 4549 5054 5559 6064 6569 7074 7579 8084 8589 ab 89 Abb. 1: Anstieg der Häufigkeit von Vorhofflimmern (Quelle: Kompetenznetz Vorhofflimmern, Patienteninformation „Vorhofflimmern – Herz aus dem Takt“) 6 medicalsports network 04.15 J Cardiol 2007; 117: e86–e87., Sullivan ML et al., J Emerg Med 1999; 17:851–857). Nur bei einigen Patienten finden sich keine identifizierbaren Ursachen (lone atrial fibrillation). Bei Patienten mit Vorhofflimmern ist die Mortalität verdoppelt. 30.000 der jährlichen Schlaganfälle in Deutschland sind auf Vorhofflimmern zurückzuführen. Die durch Vorhofflimmern verursachten Schlaganfälle haben besonders schwere Behinderungsfolgen. Durch häufigere Krankenhausaufenthalte, Palpitationen und geringerer Leistungsreserven bis hin zur Entwicklung einer Tachykardiomyopathie (Herzinsuffizienz) kann die Lebensqualität von Vorhofflimmerpatienten deutlich eingeschränkt sein. Viele Patienten sind allerdings auch völlig asymptomatisch (Kirchof et al., European Heart Journal (2007) 28, 2803–2817). Meist gibt es eine Patientenkarriere mit Jahren von kurzen paroxysmalen Phasen über ein paar Minuten über Phasen von lang persistierendem Vorhofflimmern – welches eventuell auch durch eine externe Elektrokardioversion nach Wochen beendet werden muss – bis hin zu einem permanenten Vorhofflimmern. Asymptomatische Phasen (bis zu 70 %) sind vom Thromboembolierisiko genauso gefährlich wie symptomatische Phasen, sodass bei gefährdeten Personen und allen Menschen über 60 Jahren regelmäßige Pulskontrollen erfolgen sollten. Schlaganfall durch Vorhofflimmern Beim Vorhofflimmern werden die Herzvorhöfe mit einer Frequenz von bis zu 800 Schlägen pro Minute elektrisch erregt, wodurch lediglich ein feines Zittern der Vorhöfe entsteht, was insbesondere im Vorhofohr den Blutfluss deutlich verlangsamt. Zudem werden gerinnungssteigernde und Entzündungsfaktoren im Vorhof und systemisch exprimiert. Diese Prozesse führen zu einem prothrombotischen Milieu in den Vorhöfen, das mit dem Risiko der Thrombusbildung einhergeht, oft im linken Vorhofohr (Watson Lancet 2009; 373:155–166). Wie groß diese Bedrohung ist, sieht man daran, dass bei mindestens 20 bis 30 % aller Patienten, die mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus eingewiesen werden, Vorhofflimmern festgestellt wird. Doch selbst bei Patienten mit einem 04.15 medicalsports network 1 2 Impulse laufen vom Sinus knoten aus über die Vorhöfe bis zum AVKnoten und darüber hinaus DierkChristian Vogt 3 Die Erregung erreicht die Herzkammern Die Erregung bildet sich zurück Die drei Phasen eines Elektrokardiogramms (EKG) Abb. 2: Drei Phasen des EKG (Quelle: Kompetenznetz Vorhofflimmern, Patienteninformation „Vorhofflimmern – Herz aus dem Takt“) Schlaganfall primär unbekannter Genese („kyptogener Schlaganfall“) werden bei länger durchgeführten Langzeit-EKG-Aufzeichnungen bis hin zu einem implantierten Looprekorder im Verlauf nochmals in 20 % Vorhofflimmerphasen detektiert (Gladstone et al., N Engl J Med 2014; 370:2467-77, Sanna et al., N Engl J Med 2014; 370:2478-86). Wer ist besonders gefährdet? – Beurteilung des Schlaganfallrisikos Unter Berücksichtigung der individuellen Risikofaktoren kann mithilfe des CHA 2DS2-VASc-Scores das statistische Risiko einer thrombembolischen Komplikation innerhalb eines Jahres abgeschätzt werden, falls keine Antikoagulation durchgeführt würde, (Tab. 1 Teil B; unten). Je höher der Score, desto höher das Risiko. Basierend auf diesen Daten können Vorhofflimmer-Patienten eingeteilt werden in solche mit geringerem Thromboembolierisiko (CHA 2DS2-VASc-Score = 0), die keine orale Antikoagulation benötigen (auch kein ASS), und solche mit erhöhtem Thromboembolierisiko (CHA 2DS2-VASc-Score ≥ 1), die oral antikoaguliert werden sollten. Mit Hilfe des HASBLED Scores kann umgekehrt das individuelle Blutungsrisiko des Patienten eingeschätzt werden. Allerdings ist ein hoher HAS-BLEDScore nur selten ein Grund, eine eigentlich aufgrund des CHA 2DS2-VASc-Scores indizierte Antikoagulation nicht durchzuführen. Facharzt für Innere Medizin – Kardiologie, Rehabilitationswesen, Notfallmedizin, Sportmedizin, Dialyse Schwerpunkte: Sportkardiologie – Leistungsdiagnostik Kardiologisch-Nephrologische Gemeinschaftspraxis Dres. Engels Stange Vogt, Ludwigsburg Network Nucleusmitglied in der AG Sport und Prävention des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen (BNK) e.V. Mitglied der AG Sportkardiologie der DGK, der Sports Cardiology Section der European Association for Cardiovascular Prevention & Rehabilitation und Sports and Exercise Cardiology Section des American College of Cardiology 1. Vorsitzender des Sportmedizinischen Arbeitskreises Ludwigsburg e.V. Mitglied des Medical Teams der Bietigheim Steelers (DEL 2) Teamarzt der Lauffeuer-Kampagne der Ludwigsburger Kreiszeitung + AOK Ludwigsburg-Rems-Murr [email protected] Vorhofflimmern im EKG: Typisches Zeichen für Vorhof flimmern ist hier die völlig unregelmäßige Abfolge der Kammeraktionen (absolute Arrhythmie). Abb. 3: Vorhofflimmern im EKG (Quelle: Kompetenznetz Vorhofflimmern, Patienteninformation „Vorhofflimmern – Herz aus dem Takt“) 7 Kardiologie Roman Laszlo Vorhofflimmern (VHF) Valvuläres VHF Nein < 65 Jahre und „lone“ VHF (einschließlich Frauen) Ja Nein Beurteilung des Schlaganfallrisikos (CHA2DS2-VASc-Score) Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) Ja 0 Facharzt für Innere Medizin – Kardiologie, Notfallmedizin, kardiovaskulärer Präventivmediziner DGPR® Sektion Sport- und Rehabilitationsmedizin, Universitätsklinikum Ulm Schwerpunkte: Sportkardiologie, hier insbesondere Sportrhythmologie (plötzlicher Herztod im Sport, Sport mit Rhythmusstörungen, Schrittmacher oder ICD), kardiovaskuläre Prävention Network Mitglied der AG Sportkardiologie der DGK, der Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention, der Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation, der European Association for Cardiovascular Prevention & Rehabilitation 2. Vizepräsident des Landesverbands für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen Baden Württemberg e.V. [email protected] www.sportrhythmologie.de ≥2 1 Klasse IIa Keine gerinnungshemmende Therapie Vitamin-KAntagonisten (VKA) Klasse IIa Klasse I Orale Antikoagulanzien Beurteilung des Blutungsrisiko (HAS-BLED Score) Berücksichtigung der Patientenvorlieben Abb. 4: Entscheidungspfade zur oralen Antikoagulatoin bei Vorhofflimmen (inkl. Der Empfehlungsgrade Klasse I und IIa). Durchgezogene Linien bevorzugt empfohlene Behandlung, gestrichelte Linien Therapiealternative. Klinische Kriterien zur Erfassung des HASBLED Risikoscores Buchstabe Klinisches Kriterium Punkte H Arterieller Hypertonus 1 A Abnorme Nieren oder Leberfunktion (je 1 Punkt) 1 oder 2 S Schlaganfall 1 B Blutungsneigung oder prädisposition 1 L Labile INRWerte (unter VitaminK Antagonisten) 1 E Ältere Menschen (z. B. Alter >65 Jahre, Gebrechlichkeit), „Elderly“ 1 D Medikamente „Drugs“ (Thrombozytenhemmer, NSAR) oder Alkohol (je 1 Punkt) 1 oder 2 02 > Niedriges bis mittleres Blutungsrisiko Er ist vielmehr eine Hilfe bei der Entscheidung für ein geeignetes Antikoagulans sowie für die Intensität und Sorgfalt bei der Überwachung der Behandlung und der Verbesserung der beeinflussbaren Faktoren. Vitamin-K Antagonisten (z. B. Marcumar) waren lange Zeit die einzig verfügbaren Substanzen zur oralen Antikoagulation. Neuerdings stehen neue oder direkt wirkende orale Antikoagulanzien wie der direkte Thrombininhibitor Dabigatran und die Faktor-X-Antagonisten Rivaroxaban, 8 ≥ 3 > hohes Blutungsrisiko bei ≥ 3 > niedrigere DOAKDosis erwägen korrigierbare Risikofaktoren ansprechen Abb. 5: Der HASBLEDScore zur Abschätzung des Blutungsrisikos unter einer oralen Antikoagulation Apixaban und demnächst Edoxaban zur Verfügung. Da für alle NOAKs zumindest die Nichtunterlegenheit gegenüber Warfarin-Derivaten nachgewiesen und ein überlegenes Sicherheitsprofil mit einer signifikant redu- zierten zerebralen Blutungsrate nachgewiesen wurde, werden die NOAKs gegenüber dosisadjustiertem VKA für die allermeisten Patienten bei der Neueinstellung bevorzugt empfohlen (Darius H et al., Kardiologe 2013 · 7:171–180). medicalsports network 04.15 Tab. 1: Der CHA2DS2VAScScores zur Ab schätzung des Insultrisikos bei Patienten mit Vorhofflimmern: Punktevergabe nach Risikofaktoren (Teil A; oben) und Schlag anfallrate entsprechend der vergebenen CHA2DS2VAScPunkte, falls keine Antiko agulation durchgeführt wird (Teil B; unten). (mod. n. Camm et al., Eur Heart J (2012) 33:2719–2747]. Camm et al., Europace 2010;12:1360–1420 Teil A Risikofaktor Score Kongestive Herzinsuffizienz/linksventrikuläre Dysfunktion 1 Arterieller Hypertonus 1 Alter ≥ 75 Jahre 2 Diabetes mellitus 1 Schlaganfall/TIA/Thromboembolie 2 Vaskuläre Erkrankungen 1 a Alter 65 bis 74 Jahre 1 Weibliches Geschlecht („sex category“) 1 Fazit Teil B Schlaganfallrate entsprechend des CHA2DS2VAScScores CHA2DS2VAScScores Patienten (n=73.538) Schlaganfälle/ Thromboembolien pro Jahr 0 6369 0,78 1 8203 2,01 2 12.771 3,71 3 17.371 5,92 4 13.887 9,27 5 8942 15,26 6 4244 19,74 7 1420 21,50 8 285 22,38 9 46 23,64 a Myokardinfarkt, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Aortenplaques Sportmedizin IHR HOMÖOPATHISCHES ARZNEIMITTEL Mit den Injectabilia der vitOrgan wird Ihr IGeL-Angebot richtig erfolgreich, ob i.c., s.c., oder i.m. Injektionen: Für die Orthopädie und Sportmedizin, die fünf vitOrgan Präparate der „KÖLNER LISTE“: • NeyAthos® Nr. 43 • NeyChon® Nr. 68 • Sanochond® Nr. 92 • NeyTroph® Nr. 96 • NeyDop® Nr. 97 Nahrungsergänzung: • Chondron www.vitOrgan.de In den USA wird in den Leitlinien keine Präferenz für NOAK oder VKA ausgesprochen (January CT et al., JACC 2014, 64:2246 – 80). Schließlich stellt der katheter interventionelle Verschluss des linken Vorhofohrs, die häufigste Emboliequelle, für Patienten mit hohem Thromboembolierisiko, aber Kontraindikationen gegen eine langfristige orale Antikoagulation (OAK) eine mögliche therapeutische Option dar (Camm AJ et al., Europace 2012; 14:1385– 1413). Das Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Sie nimmt mit dem Alter deutlich zu. Die Ursache liegt häufig bei der lebenstilbedingten Erhöhung der kardiovaskulären Risikofaktoren. Mit Vorhofflimmern ist eine deutlich erhöhte Sterblichkeit, eine hohe Rate an Invalidität durch das Auftreten eines Schlaganfalls und eine Leistungseinbuße gekoppelt. So gilt es, für die Patienten insbesondere die richtige Auswahl für eine präventive Antikoagulation zu finden, mit der nicht das Blutungsrisiko übermäßig gesteigert wird. Im nächsten Heft werden wir die Bedeutung des Vorhofflimmerns bei Sportlern beleuchten. Literatur bei den Autoren Lesen Sie in der nächsten Ausgabe: Vorhofflimmern bei Sportlern – wer ist gefährdet und wie sieht eine passende Therapie aus? vitOrgan - unsere Zellkraft® Herz heilt Herz, Niere heilt Niere... Das Therapiekonzept der Biomolekularen vitOrganTherapie (BvT) besteht darin, kranken Organen mit Bestandteilen der entsprechenden gesunden Organe zu helfen. Erst gesundet das betroffene Organ, dann der gesamte Organismus und damit schließlich der ganze Mensch. vitOrgan Arzneimittelgruppe Brunnwiesenstraße 21 73760 Ostfildern/Stuttgart Telefon (0711) 4 48 12-0 Telefax (0711) 4 48 12-41 [email protected] Kardiologie Anzeige ETM SPORT Sportler EKG Die Differenzierung zwischen physiologischen und pathologischen EKGVeränderungen ist bei Sportlern eine große Herausforderung. SCHILLER ist es gelungen, einen Algorithmus, basierend auf den SeattleKriterien, zu entwickeln. ETM Sport ermöglicht im Rahmen von Sporttauglichkeitsuntersuchungen, falsch positive Ergebnisse bei erhaltener Sensitivität für Herzerkrankungen zu reduzieren. Herbert Löllgen Lesen Sie im nachfolgenden Interview die Einschätzungen des Experten Prof. Dr. med. Herbert Löllgen (MD, FACC, FAHA, F.FIMS; European Cardiologist, Sports Cardiology; Int. Med.,Cardiology, Chairman, Scientific &Educ. Comm., EFSMA Hon.Pres.German Fed. Sports Medicine) Herr Prof. Dr. med. Herbert Löllgen, was sind die Besonderheiten an einem Sportlerherzen? Facharzt für Innere Medizin, Zusatzbezeichnungen u.a. Sportmedizin und Kardiologie Chefarzt Klinikum Remscheid, ALK der Ruhr-Universität Bochum (1986-2008) Praxisgemeinschaft Dr. Gavrila/ Prof. Löllgen, Remscheid Network Ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) Fellow des American College of Cardiology (FACC) und American Heart Association (FAHA) Scientific & Educ.Comm. European Federation of Sports Medicine Associations (EFSMA) 10 Herz und Sport, das ist ein Thema seit über 100 Jahren. Immer wieder wurde Nutzen oder Gefährdung durch Sport diskutiert, das EKG stand und steht meist im Mittelpunkt der Diskussion. Gesichert ist, dass regelmäßiger Ausdauersport zu einer physiologischen Vergrößerung des Herzens führt – mit gleichmäßiger, exzentrischer Größenzunahme aller Herzkammern und Wandverdickung vornehmlich der Herzkammern bei verbesserter kardialer Funktion. Als Folge werden EKGVeränderungen beobachtet, die Folge der physiologischen Anpassung darstellen. Diese können aber mit krankhaften Veränderungen fehlinterpretiert werden. Mehrere Konsensuskonferenzen haben hier mit Empfehlungen über das normale EKG bei Sportlern und über eindeutig pathologische Befunde (Kardiomyopathien, Jonenkanalerkrankungen) Klarheit geschaffen. Welche Rolle kann hierbei SCHILLER‘s ETM Sport Interpretation spielen? In Zusammenarbeit mit der Sportmedizin hat SCHILLER in ihrem EKG-Gerät diese Beurteilung des Sportler-EKG anhand der SeattleKriterien programmiert. Aufgrund neuerer Studien ist bekannt, dass die PC-gestützte EKG-Beurteilung der rein visuellen Analyse überlegen ist. Was sind die Vorteile für die Untersuchten? Eine PC-gestützte EKG-Beurteilung verbessert somit erheblich die Validität der Beurteilung des EKG von Leistungssportlern. So werden Sensitivität, Spezifität und Vorhersagewert des EKG deutlich verbessert, es kommt zu weniger falsch positiven oder falsch negativen Befunden. Das Ruhe-EKG, PC analysiert, ist beim Sportler der Zuverlässigkeit von Anamnese und klinischem Befund überlegen. Ein Ruhe-EKG gehört somit zum Standard der sportärztlichen Vorsorgeuntersuchung. Eine PC-gesteuerte Befundung erleichtert und verbessert die EKGInterpretation, sie ersetzt aber keine gründliche Ausbildung auf sportkardiologischem Gebiet. Vielen Dank für das Gespräch. Weitere Informationen zu ETM Sport finden Sie unter www.schiller.ch KongressAnkündigung: EFSMA European Federation of Sports Medicine Associations 9. Europäischer Kongress für Sportmedizin, EFSMA 2015 Antwerpen, 10. bis 12. September 2015 Kinepolis Congress Center, Antwerpen, Belgien www.efsma2015.org Besuchen Sie SCHILLER am EFSMA 2015 medicalsports network 04.15 ETM Sport SCHILLER präsentiert die erste automatisierte EKG -Interpretation für Sportler Herzen Jetzt mit unserer neusten Generation von Belastungs-EKG-Systemen erhältlich. CARDIOVIT CS-200 Excellence CARDIOVIT CS-200 Touch CARDIOVIT CS-200 Office Hauptsitz: SCHILLER AG, Altgasse 68, CH-6341 Baar, Phone +41 41 766 42 42, Fax +41 41 761 08 80, [email protected], www.schiller.ch Yoga YOGA UND FUSSBALL Leistungsfördernde Maßnahmen für Leistungssportler Stephan Suh, Health Coach Frankfurt am Main Leistungssportler beiden Geschlechts und immer öfter auch Topmanager greifen zu einem Mittel für mehr Energie und eine effektivere Regene ration: Yoga! Warum wird diese jahrhundertealte Bewegungsart immer beliebter und was sind die Vorteile dieser traditionellen indischen Philosophie und Bewegungsrichtung? Dieser Beitrag soll die Vorteile von Yoga für Leistungssportler aufzeigen. Dabei berichtet der Autor auch von seinen E rfahrungen mit den Profifußballern des 1. FC K aiserslautern, MSV Duisburg und dem 1. FC Saarbrücken. Bayern München etabliert. Dort wurde das Bewusstsein bei den Berufssportlern auch für alternative Regenerationsmethoden sensibilisiert. Der seit langer Zeit im Amt stehende Sportdirektor Oliver Bierhoff brachte die Yogainitiative bei der Nationalmannschaft in Bewegung. Er engagierte einen Yogalehrer im Zuge der Vorbereitungen der Fußball-WM 2006. Man wollte bestmöglich vorbereitet sein und sämtliche probaten Mittel in Erwägung Entwicklung im FußballProfisport ziehen, die die Leistungen von Klose, Poldi, Yoga im Fußball- Schweini und Co. verbessern konnten. Hier Profisport wurde tat- befand man die Wirkungen des Yogas für sinnsächlich in der Ära voll und effektiv. Seit dieser WM steht dem von Jürgen Klinsmann Team bis heute in jeder Vorbereitung und wähbei der Nationalmann- rend des Aufenthaltes im Gastgeberland ein schaft und beim FC Yogalehrer zur Verfügung, der sich um die Belange der Spieler kümmert. Auch in Brasilien gab es im „Campo Bahia“ jederzeit die Möglichkeit, die Matte auszurollen und Asanas (Yogapositionen) mit dem Lehrer zu üben. Klinsmann erhielt seinerseits definitiv viele Impulse in den USA, wo Yoga eher noch als in Deutschland seine Reputation unter dem Stichpunkt „leistungsfördernde Maßnahmen“ ausbauen konnte. Denn Yoga 12 medicalsports network 04.15 zu praktizieren heißt, sich mit dem eigenen Körper zu beschäftigen, sich selbst zu erfahren und sogar durch Atemübungen und Meditationen einen metaphysischen/entspannten Zustand zu erlangen. Erfahrungen bei Profivereinen Viele Vereine wurden nach erfolgreicher und emotionalisierender WM und der allgemeinen euphorisierten Stimmung im eigenen Lande von diesen modernen Methoden inspiriert. So erhielt ich vor einigen Jahren eine Anfrage des Assistenztrainers des 1. FC Kaiserslautern und gleichzeitig alten Kommilitonen, die Profimannschaft im Yoga zu trainieren. Hauptcoach Milan Sasic hatte erste Erfahrungen mit Yoga schon während seiner Ausbildung zum Fußballlehrer A-Lizenz an der Trainerakademie in Köln gemacht. Die Grundidee war, Yoga als regenerative Maßnahme einzusetzen. Nach intensiven sportlichen Belastungen wie den Meisterschaftsspielen und den DFB Pokalspielen wurden die Spieler im morgendlichen Training am Tag nach einem Spiel zum Yoga zitiert. Leichtes Vinyasa Yoga (fließende Übungen), aber auch einige herausforderndere Übungen wie z. B. die Krähe, der Halbmond und das Boot sollten die Fußballer über die gewohnten Bewegungsmuster hinaus weiterbringen. Der Entspannungsaspekt war außerdem die Prämisse. In der neuen Spielzeit wechselte das Trainerteam und somit auch meine Person zum MSV Duisburg. Hier wurde Yoga gezielt in die Saisonvorbereitung 2010/2011 integriert. Gruppendynamische Prozesse wurden gefördert, was sich als Partnerübungen beim Yoga durchführen ließ. Da sich die Fußballmannschaften ständig neu formen und immer wieder neue Spieler zugekauft und verkauft werden oder aus der Reha kommen, wurde darauf geachtet, dass Yoga vor allen Dingen den Teamgeist stärkt. Die Förderung eines kameradschaftlichen Miteinanders war Bestandteil der Praxis. Gegenseitiges Adjustment und Lockerungsübungen wurden mit in die Methodik des Unterrichts eingebracht. Dieses Gemeinschaftsgefühl sollte zur Ausrichtung für eine erfolgreiche Saison führen. Das Team des MSV Duisburg 2010/2011 wurde zu einem der erfolgreichsten Teams der 2. Bundesliga, da es das Finale des DFB-Pokals erreichte und nach Berlin fahren konnte. Erhaltung der Motivation und Ausrichtung mentaler Fähigkeiten Aktuell stehe ich mit der Mannschaft des 1. FC Saarbrücken in Kontakt. Mittlerweile ist mein Freund alter Studientage Fuat Kilic Chefcoach des traditionsreichen Clubs, der mitunter auch einer der Vereine ist, der als Gründungsmitglied der Bundes- Yoga beim MSV Duisburg 04.15 medicalsports network 13 Yoga Stephan Suh Health Coach, Frankfurt am Main (www.stephan-suh.de) Diplomwissenschaftler und Referent der Deutschen Sporthochschule Köln für das Thema Yoga Seit 2001 Ausbilder für Yoga Network Referent für das Fortbildungsinstitut Safs & Βeta Referent für die betriebliche Gesundheits vorsorge „Business Yoga“ mit der Techniker Krankenkasse Adidas Yoga Lehrer by Anusara Yoga [email protected] liga in den Geschichtsbüchern steht. Der Anspruch dieses Traditionsvereins ist nach jahrelanger Talfahrt groß und man möchte sich wieder etablieren, um wieder in den Kreis der Aufstiegsanwärter zu kommen. In dieser Saison hat der Verein die Aufstiegsrunde zur 3. Liga erreicht, ob der Aufstieg geglückt ist, stand zum Zeitpunkt des Verfassens des Artikels noch nicht fest. In diesem Team stehen die Erhaltung der Motivation und die Ausrichtung mentaler Fähigkeiten im Vordergrund. Da Kilic auch Diplomsportwissenschaftler ist, legt er sehr viel Wert auf Förderung der Konzentration und Fokussierung. Daher wurden neben den körperlichen Übungen auch Atemübungen und Meditationen dem Trainings- und Regenerationsplan beigefügt. 14 Entmystifizierung Wichtig ist, dass der Umgang mit Yoga entmystifiziert wird. Didaktisch klug sollte mit einer Yogavariante „light“ an die teilweise noch sehr jungen Spieler herangegangen werden. Da viele noch am Anfang ihrer jungen sportlichen Leistungsfähigkeit stehen und teils noch keine großen Erfahrungen mit schweren Verletzungen hatten, sehen sie anfänglich noch nicht den Sinn und den Zweck dieser Mittel. Es kann mitunter passieren, dass Spieler auch ein wenig missmutig die Augen verdrehen ob der teilweise als schmerzhaft empfundenen Dehnübungen. Etablierte und erfahrenere Spieler sehen den Mehrwert sofort und fragen auch öfter nach, ob sie die Übungen richtig ausführen. Ein alternierendes Bewegungsmuster – also Stretchbewegungen mit leichtem, schwunghaftem, sich wiederholendem Dehnmuster – eignet sich hervorragend. Didaktisch gesehen macht es keinen Unterschied, an Leistungssportler heranzutreten oder allgemein den Unterricht für Männer auszurichten. Man muss die richtigen Argumente kommunizieren, um Yoga auszuführen: mehr Leistung! Sonderfall Mann Zu beachten ist, dass eine Yogaeinheit mit einfachen und praktikablen Positionen ausgeführt wird, die keine „Verrenkungen“ hervorrufen. Männer sind grundlegend eher Kontrollmenschen, die alles stets begutachten und binnen Sekunden eine Befindlichkeit zwischen „gut“ und „schlecht“ haben. Daher sind komplizierte Übungen für sie nicht zu empfehlen. Sie wollen höchstmögliche Kontrolle über die Übungen, natürlich mit höchstmöglichem Effekt. Kraftübungen kommen daher besser an als zu intensive Dehnübungen und skurril anmutende Asanas. Der Unterschied zum weiblichen Geschlecht ist, dass zu intensive Experimente im Umgang mit dem eigenen Körper eher mit Zurückhaltung gekontert werden. Auch werden gerade speziell im Umgang mit Profifußballern koordinative Übungen wie z.B. der Baum (auf einem Bein stehend und die Wirbelsäule mit gestreckten Armen in die Länge ziehend) oder Rotationen wie bei der Gebetsdrehung (in der Hockposition werden die Arme um die Knie verschränkt und der Oberkörper gedreht) empfohlen. In unserer heutigen Zeit geht es oft darum, besser zu werden, schneller und weiter zu kommen. Wir wollen immer mehr von allem und möglichst viel gleichzeitig machen. Wir sind nicht mehr nur bei einer Sache, sondern Multitasking ist zu einem Normalzustand in unserer Gesellschaft geworden. Beim Yoga geht es darum, Ruhe, Ausgeglichenheit und Einfachheit zu fördern – wieder den Weg zu sich selbst zu finden und seine eigenen Kraftquellen zu mobilisieren. Tatsächlich hat Yoga viele positive Effekte: Verbesserung der Flexibilität, Kraft, Kraftausdauer und des Gleichgewichts, der Körperkoordination, der Atmung und Sauerstoffaufnahme und der Körperspannung, Verletzungsvorbeugung und Heilungsförderung, Reduzierung von Stress und Entspannung des Geistes. Immer mehr Topathleten betreiben daher Yoga. Dadurch sind sie in der Lage, sich nach Wettkämpfen schneller zu regenerieren und die Verletzungsrisiken zu minimieren. Aber wie genau funktionieren diese positiven Wechselwirkungen? Physiologische Vorteile des Yogas Der wichtigste Aspekt von Flexibilität ist die Vergrößerung des Bewegungsradius. Der Bereich also, in dem Bewegungen kontrolliert und vor allem zielsicher ausgeführt werden können. Für Fußballer kann das bedeuten, z.B. mit einem Vollspannschuss wuchtig ins Tor zu schießen. Hierzu ist ein bewegliches und gleichzeitig kräftiges Hüftgelenk von großem Vorteil. Gleiches gilt analog für die anderen Regionen wie den Rumpf, die Knie oder die Füße. Regelmäßige Yogapraxis vergrößert den Bewegungsradius und stimuliert die Gelenke durch eine höhere Kapillarisierung der umgebenen Muskulatur. Der Unterschied zum Stretching, wie es aus dem Sportbereich bekannt ist, findet sich in der Art und Ausführung der Dehnung. Beim Yoga aktivieren wir „integrierte Bewegungen“, in denen eine ganze Anzahl von großen Muskeln sowie kleinen Stabilisierungsmuskeln in der Verkettung. Zudem wird das Bindegewebe – die Faszien – gestreckt und stimuliert. Da viele Sportarten wie beispielsweise Tennis nicht symmetrisch für den Körper ausgelegt sind, hilft die Yogapraxis, Verspannungen im Schlagarm oder beim Fußballer im Schussbein zu lindern und die mit sich auftretenden Dysbalancen auszugleichen. medicalsports network 04.15 Instrumentengestützte Faszientherapie „Die instrumentengestützte FaszienTherapie mit dem FAZER ist eine vielversprechende Methode, um fasziale Verspannungen zu lösen. Im Schustersitz werden die Adduktoren intensiv gedehnt Regelmäßige Yogapraxis bewirkt auch eine Adaption beim Kraftauf bau. Über ausreichend funktionelle Muskelkraft zu verfügen, bedeutet einen reibungslosen Ablauf für den Bewegungsapparat und eine höhere Leistungsfähigkeit. Yoga ist ein intelligentes Training, das Kraft und Kraftausdauer (Haltetoleranz) auf baut. Die Asanas sind recht komplex, sodass sie den Agonisten dehnen und den Antagonisten aktiv beanspruchen. Und dies nicht nur singulär, sondern in der kompletten Muskelschlinge. Dies findet man z.B. bei einem Ausfallschritt mit einer Oberkörperdrehung. Während der eine quadriceps kontrahiert, dehnen sich der iliopsoas und der quadriceps des anderen Beins, während die Rumpfmuskulatur in der Kontraktion verdichtet. Konventionelles Krafttraining mit Gewichten hypertrophiert die Muskulatur und verkürzt diese oft nachteilig. Der Bewegungsradius wird ohne Beweglichkeitstraining eher reduziert und die Verletzungsanfälligkeit im Muskel-Sehnen-Bänder-Komplex steigt. Durch Yoga jedoch wird dem Körper sowohl ein hoher Muskeltonus angeschult als auch die Befähigung gegeben, loslassen zu können. Er wird quasi eine kompetent „nachgiebig“. Fazit Yoga scheint eine komplette gesellschaftliche Akzeptanz erlangt zu haben, die Künstler, Manager und Leistungssportler genauso begeistern wie den Nachbar von nebenan. Wer es nicht kennt, sollte es ausprobieren. Nach eigener Erfahrung und Befragung eines Freundes und Topathleten wie den ehemaligen Olympiasieger im 800 m-Lauf Nils Schuhmann kann man sagen: Manch einem Sportler hätte ein begleitendes Yogatraining die Karriere verlängert und Schmerzen effektiv bekämpft. Insbesondere bei chronischen Adhäsionen sowie bei Narbengewebe ermöglicht der FAZER ein detaillierteres und auch langsam-einschmelzenderes Arbeiten als es mit bloßen Händen möglich wäre.“ Dr. Robert Schleip www.artzt-vitality.de 04.15 medicalsports network Kongress NETZWERK FÜR SPORTMEDIZIN 6. medicalsportsnetwork Kongress am 10. Oktober 2015 in der ARCUS Sportklinik Pforzheim Ein Tag im Zeichen der Sportmedizin. Tauschen Sie sich mit Kollegen aus und diskutieren Sie gemeinsam mit unseren renommierten Referenten aus der medizinischen Leistungssportbetreuung die aktuellen Trends. Talk im Foyer mit Specialguest Marc Girardelli Themen – operativ und konservativ PD Dr. med. Jürgen Scharhag Uni des Saarlandes, Saarbrücken, Teamarzt DFB U21-Nationalmannschaft // Thema Kontroversen in der Sportkardiologie Dr. med. Marco Campo dell Orto Sportklinik Bad Nauheim, Betreuung Formel 1 und Rallye Sport Prof. Dr. med. Horst Rieger Clemenshospital Münster, Teamarzt Preußen Münster // Thema Operative Versorgung von Muskelverletzungen PD Dr. med. Peter Balcarek Leitender Arzt ARCUS Sportklinik // Thema Herz-Ultraschalldiagnostik beim Sport Patella – aktuelle Behandlungs konzepte bei Instabilität, Fraktur, Arthrose Dr. med. Sanjay Weber-Spickschen Prof. Dr. Jürgen Siegele // Thema Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Unfallchirurgie, Teamarzt Deutsche Leichtathletik Nationalmannschaft Therapie- und Rehazentrum Bottwartal // Thema Functional Movement Screen (FMS) Dreidimensionale myofasziale Bewegungsketten – eine funktionelle Betrachtung, Untersuchungen, Affektionen und Behandlungen // Thema Dr. med. Hardy Hüttemann Prof. Dr. med. Christian Fink Bürgerspital Basel, Teamarzt Swiss Ski Herren Ski Alpin Sportsclinic Austria, Innsbruck Teamarzt Wacker Innsbruck // Thema // Thema Überlastungssyndrome/ Rückenschmerz beim Tennis return to sports nach Kreuzbandverletzungen Für € 119,- sichern Sie sich einen von 100 Plätzen. Melden Sie sich bei Masiar Sabok Sir an: ✓ OLDSTANDA G R T Zer tifizierung Bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg beantragt „DOSB-Spor tphysiotherapie“ mit 4 Lerneinheiten für Lizenz verlängerung anerkannt Telefon 06151/360 56-19 E-Mail [email protected] Fax 06151-360 56-11 Verbindliche Anmeldung NDARD MI STA LD Melden Sie sich an und profitieren Sie von unserem Netzwerk. MIT GOLDST A ARD MIT GO ND INTERESSE GEWECKT? D Physiotherapeuten 6 Fortbildungspunk te (vorbehaltlich der Zustimmung der gesetzlichen Krankenkassen) Kongress am 10. Oktober 2015 Ja, ich möchte für 119,- Euro am 6. medicalsportsnetwork Kongress teilnehmen. Ich interessiere mich für medizinische und therapeutische Workshops. Vor-/Nachname Firma / Klinik /Institut Straße, Haus-Nr. PLZ, Ort Tel. E-Mail Datum Unterschrift Therapie Beck Weather überlebte die EverestTragödie 1996 mit schwersten Erfrie rungen an Händen und im Gesicht. HANDVERLETZUNGEN Auftreten beim Berg- und Wintersport Prof. Dr. med. Karl-Josef Prommersberger, Dr. med. Marion Mühldorfer-Fodor Klinik für Handchirurgie im Rhön-Klinikum in Bad Neustadt/Saale 18 medicalsports network 04.15 Wenige Kollegen können sich vermutlich vorstellen, dass es im Rahmen berg- und wintersportlicher Aktivitäten praktisch zu jeder Form einer Handverletzung kommen kann – von der einfachen Risswunde, über Frakturen bis hin zu Zertrümmerungen und Erfrierungen von Fingern, ja, ganzer Hände. Erinnert sei an den texanischen Pathologen Beck Weather, der die Everest-Tragödie 1996 mit schwersten Erfrierungen an Händen und im Gesicht überlebte. Nach Amputation beider Hände und Versorgung mittels myoelektrischer Prothese rechts und Krukenbergstumpf links arbeitet Weather wieder als Pathologe. Im Alltag einer unfallchirurgisch-orthopädischen Praxis sieht man sich, was Handverletzungen beim Berg- und Wintersport betrifft, vor allem mit dem Skidaumen, also der Verletzung des ulnaren Seitenbandes am Daumengrundgelenk, und vielleicht noch mit der Ruptur eines Ringbandes bei Sportkletterern konfrontiert. Skidaumen Der Skistock verhindert beim Sturz auf die ausgestreckte Hand nicht nur die Adduktion des Daumens, sondern verstärkt als Hypomochlion die Abduktion. Die Folge ist eine Stressbelastung des ulnaren Seitenbandes am Daumengrundgelenk, unter Umständen mit Dehnung des Bandes mit Ruptur einzelner Fasern, komplettem intraligamentärem Riss, Abscherung des Bandes meist von seiner distalen, seltener der proximalen Insertion und knöchernem Bandausriss distal oder proximal. Mit Ruptur des ulnaren Seitenbandes kann es gleichzeitig zum Riss der dorsalen Gelenk kapsel kommen. Die hieraus resultierende Subluxation lässt sich nur im Akutstadium befriedigend angehen. Kombinationen eines knöchernen Bandausrisses mit einer intraligamentären Zerreißung des Bandes werden gelegentlich gesehen; distale Ausrisse fünfmal häufiger beobachtet wie proximale. Die Klinik ist geprägt von einer druckschmerzhaften Schwellung ulnar über dem Daumengrundgelenk. Nach Inspektion und vorsichtiger Palpation empfiehlt sich eine Röntgenaufnahme des Daumens in zwei Ebenen zum Ausschluss einer knöchernen Bandavulsion, bevor man die Bandstabilität prüft. Trotz 04.15 medicalsports network Komplettruptur des Bandes kann das Gelenk bei erheblicher Schwellung bei Prüfung in Streckstellung stabil erscheinen, wohingegen es in 20° Beugestellung auch dann aufklappbar ist. Die Prüfung sollte stets im Seitenvergleich erfolgen, wobei eine Differenz von 20° in Verbindung mit der Klinik für eine frische Band ruptur spricht. Liegt kein knöcherner Bandausriss vor, bedarf es bei Instabilität der Überprüfung, ob eine Stener-Läsion mit Dislokation des distal abgerissenen Bandes nach proximal über die Aponeurose des Adductor pollicis brevis besteht. Das Band kann dann trotz adäquater Ruhigstellung nicht an seiner anatomischen Insertion anheilen. Es resultiert eine chronische Instabilität. Letztlich kommt es zur Arthrose des Gelenkes. Kostengünstig und schnell erfolgt der Nachweis/Ausschluss einer Stener-Läsion sonographisch; alternativ mittels MRT. Operativ oder konservativ Neben der Stener-Läsion stellt ein dislozierter knöcherner Bandausriss eine absolute Opera tionsindikation dar. Ansonsten kann die Behandlung konservativ erfolgen. Da die Ruhigstellungszeit bei konservativer und operativer Therapie sechs Wochen beträgt, muss man mit dem Patienten, so keine absolute OP-Indikation vorliegt, Vor- und Nachteile der jeweiligen Behandlung besprechen. Die Heilungschance des Bandes ist bei operativer Behandlung höher. Neben den allgemeinen Operationsrisiken besteht die Gefahr einer Bewegungseinschränkung und der Verletzung des dorso-ulnaren Daumennervs. Bei anfänglich kräftiger Schwellung empfiehlt sich zu Beginn eine Ruhigstellung mit einer Unterarm-Daumengipsschiene mit Einschluss des Daumengrundgelenkes und danach mit einer thermoplastischen Daumenhülse unter Freilassen des Handgelenkes für insgesamt sechs Wochen. Die Operation erfolgt meist ambulant in Plexusanästhesie und Blutleere. Aufgrund von Hautnekrosen sind die früher verwendeten Lengemann-Nähte heute obsolet. Die transossäre Refixation des Bandes erfolgt durch V-förmige Bohrkanäle palmar an der Basis des Daumengrundgliedes oder mittels kleinen Fadenankern, wobei kleine, nicht fixierbare Knochenteilchen entfernt werden. Größere Knochenfragmente lassen sich mit Minischrauben oder Zuggurtung refixieren. Findet sich nach Beendigung der 6wöchigen Ruhigstellung die Beweglichkeit deutlich eingeschränkt, sollte eine krankengymnastische Mobilisation erfolgen, wobei Stabilität vor Beweglichkeit geht. Bei verspäteter Vorstellung des Patienten ist oft eine Bandnaht nicht mehr möglich. Dann bedarf es der Bandplastik, vorausgesetzt, es liegen noch keine Knorpelschäden vor. Findet sich ein Knorpelschaden, empfiehlt sich die Versteifung des Daumengrundgelenkes, die bei gut funktionierendem Endgelenk funktionell kaum ins Gewicht fällt. Ringbandverletzungen Selten hat sich eine Sportart so verändert wie das Klettern. Aus einem reinen Out-door-Sport wurde eine Sportart, die seit dem Bau von Kletterhallen problemlos ganzjährig auch fernab von Mittel- und Hochgebirgen indoor betrieben werden kann. Auch wenn bereits vor Bau der ersten Kletterhallen ein enormer Leistungssprung stattfand, so kam es mit Bau von Kletterhallen geradezu zu einer Leistungs explosion. Sportklettern ist heute Hochleistungssport leider auch mit den damit verbundenen Konsequenzen für die körperliche Belastung, vor allem für die Ringbandsysteme der Finger. Ringbänder sind eine bindegewebige Verstärkung der Sehnenscheiden. Wie ein Bowdenzug sorgen sie dafür, dass die Beugesehnen möglichst nahe an den Phalangen und Gelenken verlaufen und so die Fingerbeugung mit maxi- 19 Therapie Karl-Josef Prommersberger Marion Mühldorfer-Fodor Chefarzt der Klinik für Handchirurgie im Rhön-Klinikum in Bad Neustadt/Saale Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte: die (fehlverheilte) distale Radiusfraktur sowie Verletzungen der Handwurzel APL-Professor für das Fach Handchirurgie an der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg Network Herausgeber der Zeitschriften „Handchirurgie, Mikrochirurgie, Plastische Chirurgie“ Wissenschaftlicher Gutachter für zahlreiche internationale hand- und unfallchirurgische sowie orthopädische Zeitschriften [email protected] Fachärztin für Orthopädie, Handchirurgie Oberärztin an der Klinik für Handchirurgie im Rhön-Klinikum in Bad Neustadt/Saale Verletzte Körperregionen alpiner Skifahrer (>=15 Jahre) Saison 2013/14 Quelle: Sicherheit im Skisport, Unfälle und Verletzungen im alpinen Skisport. Herausgegeben von der ASU Auswertungsstelle für Skiunfälle, in Kooperation mit der SIS Stiftung Sicherheit im Skisport. www.ski-online.de 20 medicalsports network 04.15 maler Kraft erfolgt. Dabei sind das A2 und A4 Ringband in Schaftmitte von Grund- und Mittelglied von entscheidender Bedeutung. Sind sie insuffizient, kommt es zur Diastase zwischen Beugesehnen und Phalangen (Bogensehneneffekt = Bowstringing). Die Muskelkraft verpufft; die Beugung in den Interphalangealgelenken wird geringer und vor allem kraftloser. Kleine Griffleisten, insbesondere Zwei- und Ein-Finger-Griffe erfordern jedoch eine maximale Fingerkraft, also ein intaktes Ringbandsystem. Die Belastung des Ringbandsystems bei Zwei- und Ein-Finger-Griffen übersteigt bei „aufgestellter Fingerstellung“ die Reiß festigkeit der Ringbänder. Die „aufgestellte Fingerstellung“ ermöglicht durch starke Überstreckung im Endgelenk bei Beugung in Mittel- und Grundgelenk und leichter Überstreckung im Handgelenk eine größtmögliche Kraftentfaltung. Die Reißfestigkeit der Ringbänder liegt zwischen 33 (A5) und 408 (A2) N. Die Belastung bei „aufgestellter Fingerposition“ bei nahezu 600 N. Akute Rupturen eines Ringbandes gehen oft mit einem Schnalzgeräusch und einer schmerzhaften Schwellung einher. Rupturen können aber auch schleichend und stumm erfolgen. Während sich bei Ruptur mehrerer Ringbänder beim Beugeversuch des Fingers ein deutlich sichtbarer Bogensehneneffekt findet, kann dieser bei Ruptur nur eines Ringbandes diskret und eher zu t asten als zu sehen sein. Knöcherne Läsionen, insbesondere der palmaren Platte des Mittelgelenkes, sind stets auszuschließen. Zur Beurteilung des Ausmaßes der Verletzung des Ringbandsystems bedarf es der Sonographie und MRT. Die Sonographie hat den Vorteil der dynamischen Untersuchung. Die MRT liefert bei guter Qualität auch für den Ungeübten nachvollziehbare B efunde. Bei akuter, isolierter, geschlossener Verletzung eines Ringbandes empfiehlt sich eine Ruhigstellung mit Gipsschiene für zwei Wochen, gefolgt von einer dreiwöchigen funktionellen Behandlung mit Ringbandschutz durch eine thermoplastische Schiene oder einen Kunststoffring. Klet- tern ist mit Ringbandschutz nach sechs bis acht Wochen wieder möglich; Vollbelastung allerdings frühestens nach zwei bis vier Monaten. Sind mehrere Ringbänder verletzt, bedarf es der operativen Rekonstruktion. Die volle Belastbarkeit wird dann erst nach sechs M onaten erreicht. Fazit Die meisten Verletzungen des ulnaren Seitenbandes des Daumeng rundgelenkes als auch der Ringbänder beim Sportklettern k önnen konservativ behandelt werden. Literatur beim Autor Bild: http://klyker.com/people-who-refused-to-die-22-photos/ ALLES RISKIEREN? Sportunfälle sind kein Schicksal: SEI-KEIN-DUMMY.DE Die Präventionsoffensive der VBG. entdecken: Neue InhaltePsychologie Jetzt am Ball bleiben und Leistung steigern! Profitieren Sie jetzt von hilfreichen Tools zu den Themen Diagnostik und Betreuung, um Belastungen zu vermeiden sowie die Leistungsfähigkeit der ganzen Mannschaft zu steigern: WWW.SEI-KEIN-DUMMY.DE Erste Hilfe • titution Agilität • Kons lichkeit eg ew B Ausdauer • • uvm. n tio ra Regene Praxis PRAXIS 360° ERLEBBAR MACHEN Ärzte gewinnen auch über visuelle Eindrücke und Patientenfeedback Sascha Schulz, CITYGUIDE AG Häufig finden Patienten ihren medizinischen Berater über Empfehlungen von Freunden, Kollegen oder über Zuweisungen. Ärzte, Kliniken und Therapeuten haben heute aber auch mit kostenlosen Diensten von Google gute Chancen, ihre Kompetenz ins beste Licht zu rücken und qualifiziert auf sich aufmerksam zu machen. „Google My Business“, Google Business View und „YouTube“ sind die beiden wichtigsten Stich worte, um Praxisausstattung, „Wohlfühlklima“ und Behandlungsschwerpunkte professionell zu vermitteln. Jeder zweite Deutsche geht heute mit mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets ins Internet. 45 % aller Patienten informieren sich laut einer Studie des Berner Prof. Dr. Matthias Riedel zunächst digital über Krankheiten und Gesundheitsfragen. Eine solide Onlinepräsenz ist (überlebens-) wichtig. Fachliche Kompetenz und Erfahrung lassen sich allerdings nur schwer beschreiben. Der Patient als medizi nischer Laie kann in vielen Fällen auch nicht aufgrund textlicher Inhalte darauf schließen, 22 ob ein Arzt oder eine Klinik wirklich sein Vertrauen genießen soll. Denn einerseits haben Mediziner nicht immer die Zeit, ihre Websites auf dem Niveau und in der Frequenz eines Fachjournalisten redaktionell auszustatten, andererseits ist das Web voll von Foren, in denen nahezu jeder seinen Beitrag leistet. Dadurch verschwimmt die Qualitätswahr nehmung. Hinzu kommt, dass die unter Kostendruck stehende Branche kein Vermögen für individuelle Websites ausgeben kann. Wichtig: Selbstdarstellung Eine elegante Möglichkeit zur Selbstdar stellung bietet inzwischen der Google-Konzern. Der Service „Google My Business“ (www. google.com/business) ermöglicht jedem Frei berufler und Unternehmen die Einrichtung eines lokalen Brancheneintrags, der in der Google Suche, in Google Maps und als Google+ Seite angezeigt wird. Diese drei Dienste können für überschaubare Budgets von Google zertifizierte Experten mit hochwer medicalsports network 04.15 tigen Bildmaterial ausgestattet werden. Die mit Menüs ausgestattet werden, um schnell von CITYGUIDE AG realisiert für Google so- einem zum anderen Raum zu springen oder um wohl hochwertige Fotos als auch professionelle zum Beispiel besondere technische Geräte mit 360°-Panorama-Touren durch die Praxis oder Infofenstern zu erklären. Klinik. Mit arztmedia.com hat CITYGUIDE ein speziell auf Ärzte zugeschnitteens Angebot Web-Videos geschaffen. Diese „Innenansichten“ ergänzen Die CITYGUIDE AG bietet über arztdie gegebenenfalls vorhandene Streetview- media.com speziell zur Erklärung von BehandPerspektive der Suchmaschine. Sie erscheinen lungsmethoden und Schwerpunkten einen automatisch in den genannten Google- weiteren Service an: die Erstellung von dokuDiensten, können aber auch in die eigene Arzt- mentativen Web-Videos. In kurzen, zwei- bis website eingebunden werden. Patienten klicken fünfminütigen Beiträgen können Mediziner sich ganz einfach mit der Maus durch die vor der Kamera professionell und verständlich Praxis, egal, ob diese nur aus einem Raum erläutern, welche besonderen Kompetenzen sie besteht oder über mehrere Etagen reicht. anbieten. Hier fallen nur Kosten für die K lassische Fotoaufnahmen werden zusätzlich Produktion an. Die Veröffentlichung erfolgt angezeigt. Die Inhalte sind sowohl unterwegs über Youtube, was durch eine kompetente als auch über den Computer abruf bar. Verstichwortung zusätzlich für bessere Auf findbarkeit in Suchmaschinen führt. Die Filme erscheinen in der Google-Suche, in GoogleKosten Ein realistisches Budget für diese Form des Kanälen, auf der Google+ Seite und können Online Marketing beträgt je nach Größe der natürlich auch sehr einfach auf der eigenen Praxis zwischen 3.000 und 5.000 Euro. Die Website eingebunden werden. Bereitstellung, also das Hosting, erfolgt dauerhaft gratis durch Google. Für die Erstellung Fazit einer Praxistour eignen sich am besten Rand- Wer früher Tausende Euro für Praxisbroschüren zeiten oder Wochenenden, da keine Menschen ausgegeben hat, die ständig manuell verteilt oder abgebildet werden dürfen. Die Aufnahmen erneuert werden mussten, der kann heute für dauern in der Regel ein bis zwei Stunden. Auf dasselbe Geld eine dauerhaft wirksame, innovaWunsch kann die Tour auf der eigenen Website tive Onlinepräsenz aufbauen, die kaum Pflege- 04.15 medicalsports network Sascha Schulz Leiter Marketing und Öffentlichkeitsarbeit bei der CITYGUIDE AG [email protected] aufwand erfordert. Die Publikation in Google Diensten verbessert die A uffindbarkeit in der organischen Suche von Google, ohne in eigene redaktionelle Arbeit zu investieren und ohne Google-Werbung zu schalten. 23 Rehabilitation Boris Becker: Früher berüchtigt für seinen „Becker Hecht“ – heute mit künstlichem Hüftgelenk gegen die Schmerzen. STABILITÄT Wie viel kann man von Kurzschaftendoprothesen an der Hüfte erwarten? Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch, Chefarzt Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Johanna-Etienne Krankenhaus Neuss Der endoprothetische Ersatz des Hüftgelenkes wird zu Recht als die Operation des letzten Jahrhunderts bezeichnet. In zunehmendem Umfang werden auch jüngere Patienten versorgt. Hierbei geht man von einem Anteil von etwa 20 % Patienten aus, die jünger als 60 Jahre sind. Für diese Patienten, bei denen unter Umständen mehrere Revisionsoperationen erwartet werden, sind ursprünglich sogenannte Kurz schaftprothesen entwickelt worden. 24 medicalsports network 04.15 Im australischen Endoprothesenregister (Australian orthopaedic association national joint replacement registry annual report 2011) beträgt die Fünfjahres-Überlebensrate bei zementlosen Hüftendoprothesen für Patienten mit einer primären Coxarthrose bis zum Alter von 65 Jahren zwischen 96 und 97 %. Im schwe dischen Prothesenregister (Swedish hip arthroplasty register, annual report 2010) beträgt die Fünfjahres-Versagerrate bei Patienten unter 60 Jahren lediglich 2 %. Dies sind Ziele, an denen sich auch moderne Kurzschaftsysteme messen lassen müssen. Die ersten Daten liegen in diesem Bereich jedoch auch bereits vor und die Überlebensrate für schenkelhalserhaltende bzw. -resezierende Kurzschaftprothesen wurden bei 162 Patienten nach 6,8 Jahren mit 98 % angegeben (Morrey et al. 2000). In einer wei teren Studie bei 155 Patienten nach 6,2 Jahren 99 % (Ettinger et al. 2011) sowie sogar 100 % nach 5,2 Jahren (Braun/Sabah 2009). Angebot – Nachfrage Obwohl Kurzschaftsysteme für die Hüften doprothetik schon seit mehr als 30 Jahren bekannt sind, erleben diese erst in den letzten Jahren eine zunehmende Verbreitung. Dieses hat viele Gründe, liegt zum großen Teil jedoch auch daran, dass sich die Euphorie bezüglich des Hüftoberflächenersatzes gelegt hat. Während die Nachfrage an Kurzschaftprothesen nach wie vor deutlich steigt (Zunahme von 8 % im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr), ist gleichzeitig das Interesse am Oberflächen ersatz faktisch erloschen, wobei im Jahre 2014 die Anzahl der zementfreier Schäfte wie auch schon in den Vorjahren wiederum deutlich abgenommen hat (etwa -2,5 % im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr). Es wird eine Vielzahl von Systemen unter dem Begriff Kurzschaftprothesen subsummiert. Die zurzeit auf dem Markt befindlichen Hüftkurzschäfte unterschieden sich erheblich und lassen sich in schenkelhals- erhaltende, teilerhaltende und resezierende Systeme differenzieren. Entwicklung Anfangs ging es bei den Kurzschaftdesigns vor allem um „knochensparende Schaftprothesen“, vornehmlich für jüngere Patienten, um ein Stress-Shielding im proximalen Femurschaft 04.15 medicalsports network zu verhindern (Hagel et al. 2008). Es war das Ziel bei der ersten Generation von Kurzschaftprothesen mit rein im Schenkelhals verankerten Systemen (Druckscheibenprothese, CUT-Prothese, Spiron-Prothese), eine gute Primär stabilität und Osteointegration zu erreichen (Meldrum et al. 2003, Gulow et al. 2007, Chen et al. 2008). Die wesentliche Krafteinleitung erfolgt u. a. durch eine rotationsstabile mediale Abstützung am Kalkar. Ein Nachteil dieser Systeme ist jedoch, dass intraoperative An passungen an die individuelle Anatomie und Biomechanik nur sehr bedingt möglich sind. Bei der nächsten Generation von Kurzschaftprothesen wurde eine metadiaphysäre Verankerung gewählt, wobei die Führungsfunktion bei der Implantation unter anderem der distale diaphysäre Schaftanteil übernimmt; zusätzlich dient dieser der primären Stabilisierung durch die Anlage an der dorsolateralen diaphysären Femurkortikalis. Das klassische Beispiel hierfür ist die Mayo-Prothese. Bei manchen Modellen wurde jedoch systembedingt eine Tendenz zur Valgisierung des CCD-Winkels und damit einhergehenden Reduzierung des Offsets beobachtet. Neuere Systeme versuchen, diesen systembedingten Nachteil aufgrund der gewählten Geometrie und Abmessungen zu vermeiden (Jerosch/Glameyer 2009, Jerosch et al. 2012). Es gab unterschiedliche Versuche, die Kurzschaftsysteme zu kategorisieren. So wurde versucht, kurze anatomische Systeme von kurzen gebogenen oder kurzen Gradschaftsystemen zu differenzieren. In den letzten Jahren hat sich eine Klassifikation etabliert, die sich an der Resektionsebene orientiert (Schenkelhals erhaltend, teilerhaltend und resezierend) (Jerosch 2012 OUP). Vielfach findet sich die Frage nach der primären und sekundären Stabilität insbesondere der schenkelhalsteilerhaltenden Prothesen. Jörg Jerosch seit 1999 Chefarzt der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin am Johanna-Etienne-Krankenhaus in Neuss 1993-1997: kommissarischer Direktor des Instituts für Sportmedizin, Universität Münster Network seit Mai 2001 Generalsekretär der IGOST (Interdisziplinäre Gesellschaft für orthopädische und unfallchirurgische Schmerztherapie) Tagungspräsident der 63. Jahrestagung der Norddeutschen Orthopäden- und Unfallchirurgenvereinigung e.V. (NOUV) in Hamburg 2015 (gemeinsam mit Prof. Dr. Rueger) [email protected] Primäre Stabilität Auf den ersten Blick mag man annehmen, dass Kurzschaftsysteme aufgrund der kurzen Verankerungsstrecke eine geringere Primärstabi lität aufweisen. Bei dieser Betrachtung gilt es, schenkelhalsresezierende und schenkelhalsteilerhaltende Schäfte zu differenzieren. Schenkelhalsresezierende Schäfte verhalten sich grundsätzlich wie Standardschäfte und definieren Abb. 1: Hohe primäre Stabilität von schenkel halsteilerhaltenden Systemen aufgrund der axialen PAP-Fixation 25 Rehabilitation sich über ihren Verankerungsmodus im Femurschaft. Schenkelhalsteilerhaltende Schäfte hingegen nutzen den Schenkelhals mit für die Verankerung, was zu einer posterior-anteriorposterioren (PAP) Verankerung unter Einbeziehung des Schenkelhalses führt (Abb. 1). Dieses sichert nicht nur die axiale Primärstabilität und erhöht sogar die primäre Rotationsstabilität im Vergleich zu einem Gradschaftsystem (Jerosch/ Glameyer 2009, Bieger et al. 2011) Abb. 2: DEXA-Ergebnisse nach schenkel halsteilerhaltender Kurzschaftprothese Abb. 3: DEXA-Jahresereignisse bei varisch implantierten Hüften in der Gruen Zone 1 (Trochanter Major) und bei valgisch im plantierten Hüften Abb. 4: 4-Jahresverlauf nach Mini-Hip Implantation ohne Auffälligkeiten in der Gruen-Zone 7 (medialer Kalkar) und oder Gruen Zone 3 (laterale Schaftcortikalis) 26 Sekundäre Stabilität Neben der Rekonstruktion von Offset und Beinlänge sowie einer hohen Primärstabilität ist natürlich dauerhafte Standzeit des Schaftes (sekundäre Stabilität) der entscheidende Parameter für eine Hüftendoprothese. Ein radiologisch unterschiedliches Verhalten hinsichtlich der Knochenreaktionen bei Kurzschaftprothesen in Abhängigkeit vom Design sind sowohl im mehr proximalen Anteil (Ettinger et al. 2011, Briem et al. 2011), aber auch im mittleren und unteren Anteil von Kurzschaftprothesen (Gill et al. 2008, Götze et al. 2010) dokumentiert worden. Bei manchen Kurzschaftprothesen findet sich eine Hypertrophie im Bereich der Prothesenspitze in der Grünzone 3, was von manchen Autoren mit Schaftschmerz und Problemen bei der distalen Fixation in Zusammenhang gebracht wird (Ritter et al. 1988). Kurzfristige DEXA-Verlaufsbeobachtungen geben bei der Kurzschaftprothese im Vergleich zu proximal verankerten Standardschäften den Hinweis auf eine anfänglich geringere Re duktion der metaphysär periprothetischen Knochendichte (Roth et al. 2005). In einer DEXA-Analyse beobachteten Lerch und Mitarbeiter (Lerch et al. 2012) hingegen sogar eine Reduktion der Knochendichte im Bereich der Grünzone 3 in einem Verlauf von zwei Jahren. Gleichzeitig berichten die Autoren über eine signifikante Zunahme der Knochendichte in Grünzone 6. Diese Untersuchungen unterstützen grundsätzlich die Philosophie des Kurzschaftprothesendesigns. Natürlich muss es bei jeder endoprothetischen Versorgung das Ziel sein, langfristig eine sichere Integration des Implantates zu gewährleisten. Eigene DEXA-Daten mit der schenkelhalsteilerhaltenden Minihip zeigen in den ersten drei Monaten einen deutlichen Rückgang der Knochen substanz, was wir auf das Operationstrauma sowie die OP-bedingte Schonung zurückführen. Im weiteren Verlauf zeigt sich jedoch eine Zunahme der Knochensubstanz insbesondere im zweiten Halbjahr nach der Implantation (Abb. 2). Auch scheint die eher varische Implantation osteologisch von Vorteil zu sein. DEXA- Jahresereignisse zeigen tendenziell bei varisch implantierten Hüften in der Grünzone 1 (Trochanter Major) einen höheren BMD als bei valgisch implantierten Hüften (Abb. 3) Diese DEXA-Daten werden durch mittelfristige Röntgenverläufe von schenkelhalsteilerhaltenden Systemen unterstützt (Abb. 4). In einer prospektiv randomisierten und verblindeten RSA-Untersuchung verglichen Glyn- Jones und Mitarbeiter aus Oxford (2014) die Stabilität eines schenkelhalsteilerhaltenden Kurzschaftes (MiniHip) mit der Stabilität eines Standardschaftes (Metafix). Die Studie ergab ein Kopfmigration beim Kurzschaft von 0,086 mm und beim Standardschaft von 0.556 mm. Die Prothesenspitze zeigte beim Kurzschaft eine Migration von 0,059 mm und beim Standardschaft von 0,1.85 mm. Die Autoren schluss folgerten, dass beim Kurzschaft nur sehr ge ringe Bewegungen in der früher postoperativen Phase bis zur Osteointergration auftreten. Fazit Zusammenfassend kann man festhalten, dass aufgrund der momentan vorliegenden Daten davon auszugehen ist, dass sowohl die primäre als auch die sekundäre Stabilität bei Schenkelhals teilerhaltenden Kurzschäften sogar besser ist als bei Standardschäften. Literatur beim Autor und bei seinem Artikel auf www.medicalsportsnetwork.de Bild: www.picturealliance.de Interessenkonflikt: Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehung hin: Prof. J. Jerosch ist als Referent tätig für die Firmen Biomet, Corin, Implantcast, Smith & Nephew. Er erhält Beraterhonorare von den Firmen Corin und Implantcast. medicalsports network 04.15 Verband DGOU: Anmeldung zur Summer School 2015 Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) veranstaltet vom 21. bis 22. September 2015 die siebte Summer School. Ein intensives Zwei-TageProgramm in Ulm unter dem Motto „Tradition und Technik – der Weg in die Zukunft“ gibt Medizinstudenten Einblicke in das Fach Orthopädie und Unfallchirurgie. Schwerpunkt der Summer School 2015 sind praktische Übungen in Kleingruppen zu den Themen AO Skills Lab, Osteosynthese, Arthroskopie und Endoprothetik. Studierende aller klinischen Semester können sich noch bis zum 11. Juli 2015 bewerben. Die Teilnahme ist kostenlos. Neben den praktischen Übungen gibt es für die Medizinstudenten an der Seite der DGOU-Incoming-Präsidenten Prof. Dr. Florian Gebhard und Prof. Dr. Heiko Reichel aus Ulm sowie weiteren Tutoren Impulsreferate und Podiumsdiskussionen zu den Themen Karriereplanung, Forschung sowie Karriere und Familie. Darüber hinaus bekommen die Studenten einen Einblick in die Praxis und Gelegenheit, mit typisch orthopädisch bzw. unfallchirurgisch versorgten Patienten ins Gespräch zu kommen. Es stehen 30 Plätze für die Summer School 2015 zur Verfügung. Das Junge Forum der DGOU benennt aus den Bewerbungen in einem Auswahlverfahren die Kandidaten, die die Möglichkeit erhalten, an der Summer School 2015 teilzunehmen. Die DGOU übernimmt die Kosten für die Übernachtung vom 20. bis 22. September 2015 und für die Abendveranstaltung am 21.09.2015. Die Anfahrt muss selbst getragen werden. www.jf-ou.de ZVK Baden-Württemberg: Neuer Vorstand Bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung des ZVK-Landesverbandes Baden-Württemberg am 09. Mai 2015 wurde Silke Groß in den Vorstand des Landesverbands gewählt. Die Physiotherapeutin aus Freiburg arbeitet als Leitende im Universitäts-Herzzentrum Freiburg Bad Krozingen und will sich im Rahmen ihres Vorstandsamts vor allem für die Bundesärztekammer: Verantwortung für Diagnose und Therapie muss beim Arzt liegen Der Deutsche Ärztetag in Frankfurt hat die Pläne der Bundesregierung für einen Direktzugang von Patienten zu Physiotherapeuten abgelehnt. „Die Stellung einer korrekten Diagnose ist eine urärztliche Aufgabe. Nur auf dieser Grundlage erfolgt die Erstellung eines individuellen Therapieplans“, heißt es in der Entschließung. Die Behandlungen könnten dann an die jeweils zuständigen Berufsgruppen delegiert werden. Die Verantwortung für die Indikation, die Verlaufskontrollen und die Therapieanpassungen liege aber beim Arzt. In einer weiteren Entschließung sprach sich der Ärztetag dafür aus, Kooperationen mit Gesundheitsfachberufen konstruktiv zu gestalten. Auch neue akademische Berufsbilder könnten sinnvoll sein, wenn diese dem tatsächlichen Versorgungsbedarf gerecht werden. Voraussetzung sei, dass dadurch keine neue Versorgungsebene mit problematischen Schnitt 04.15 medicalsports network stellen zur ärztlichen Berufsausübung geschaffen wird. Neue akademische Qualifikationen seien dann sinnvoll, wenn sie geeignete Antworten auf sich entwickelnde medizinische Versorgungsprobleme und reale Erfordernisse des Arbeitsmarktes darstellen. Dies gelte auch für die Studiengänge zum Physician Assistant (Arztassistent). Zudem entwickelt die Bundesärztekammer seit vielen Jahren das Berufsbild der Medizinischen Fachangestellten (MFA) durch Spezialisierungs- und Aufstiegsqualifizierungen weiter, um den vielfältigen Anforderungen in der ambulanten medizinischen Versorgung gerecht zu werden und zugleich das Delegationsprinzip zu optimieren. Der Ärztetag lehnte die Substitution ärztlicher Tätigkeiten durch akademisierte Gesundheitsfachberufe ab. www.bundesaerztekammer.de angestellten Kolleginnen und Kollegen stark machen. www.physio-verband.de BVMed: Krankenhausreform Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) unterstützt das Ziel der Bundesregierung, die Qualität in der Krankenhausversorgung zu stärken. Entscheidend sei aber die Ergebnisqualität für den Patienten, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt in der Stellungnahme des Verbandes zum Referentenentwurf des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG). Der BVMed befürwortet grundsätzlich eine qualitätsdifferenzierte Vergütung. Moderne Medizinprodukte würden helfen, eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten sicher zustellen. Im derzeitigen Fallpauschalen system werde der Einsatz qualitativ hochwertiger Medizinprodukte, die die Ergebnis qualität für den Patienten verbessern, aber teilweise nicht honoriert oder ausreichend berücksichtigt. www.bvmed.de 27 Buchtipps STANDARDS FÜR HEILVERFAHREN UND REHABILITATION MANUELLE MEDIZIN 1 Friedrich, Wolfgang Böhni, Ulrich / Lauper, Markus / Locher, Hermann Das Fachbuch der gesetzlichen Unfallversicherung VBG ist als neue, vollständig überarbeitete Auflage im Gentner Verlag erschienen. Enthalten sind 25 Verletzungs arten, bei denen durch konsequente Nachbehandlung und Rehabilitation eine höhere Qualität der Behandlungsergebnisse sowie eine schnellere Wiedergewinnung der Teilhabe im Beruf und im Alltagsleben zu erwarten sind. Jeder D iagnose sind in einem tabellarisch gestalteten Plan für jede P hase der Nachbehandlung spezifische Behandlungsziele, Behandlungsmaßnahmen und Hilfsmittel zugeordnet. Für jede Verletzung sind außerdem die gebräuchlichsten Klassifikationen sowie typische Begleitverletzungen und Gentner Verlag, 4. vollständig neubearbeitete Auflage 2015 ISBN 978-3-87247-765-1 20,00 € Fehlfunktion und Schmerz am Bewegungsorgan verstehen und behandeln. Eine moderne Schmerzanalyse auf der Basis der funk tionellen Untersuchung ist die optimale Grundlage einer Erfolg versprechenden Therapie. Das evidenzbasierte Wissen zur Schmerztherapie der Halte- und Bewegungsorgane in allen Stadien wird umfassend dargestellt mit dem Ziel, dass die Leser mit diesem Wissen den Patienten eine hoch qualifizierte Betreuung auf allen Ebenen anbieten, Chronifizierung vorbeugen und wesentlich zu einer optimalen biopsychosozialen Genesung beitragen können. Georg Thieme Verlag, 2. überarbeitete Auflage 2015 ISBN: 978-3131652522 129,99 € (Einführungspreis, danach ca. 149,99 €) READY TO RUN KÖRPERMANAGEMENT Starrett, Kelly / Murphy T.J. Gimbel, Bernd Gibt es eine Brücke von der verletzungsgeplagten Welt des modernen Läufers ins gelobte Land, das Barfußlaufen und Born to Run uns versprechen? Trotz der Werbeversprechen der Schuhindustrie und einer Flut an neuen Ideen zur richtigen Lauftechnik erleiden im Schnitt mehr als drei von vier Läufern mindestens eine Verletzung im Jahr. Kelly Starrett, Autor des Bestsellers „Werde ein geschmeidiger Leopard“, hat sein revolutionäres Bewegungs- und Beweglichkeitskonzept für den Laufsport adaptiert. Spezifische Mobilisationsübungen gewährleisten die optimale Funktion und den vollen Bewegungsumfang der Muskeln, Faszien und Gelenke, tägliche 28 mögliche Komplikationen aufgeführt. Übungsroutinen beugen wirksam Überlastung und Ver letzungen vor. riva Verlag 2015 ISBN 978-3-86883-568-7 24,99 € Während Bewegung unseren steinzeitlichen Vorfahren die Existenz sicherte, sehen viele Dauersitzer von heute Bewegung als ein lästiges Übel an. In s einem neu erschienenen Praxisbuch Körpermanagement knüpft Dr. Bernd Gimbel an diesen Punkt an. Er richtet sich hierbei gezielt an Gesundheitsexperten, um diese beim Aufbau einer qualifizierten persönlichen und betrieblichen Gesundheitsförderung zu unterstützen. Mit Blick auf die Praxisbücher von Hans-Dieter Kempf „Die neue Rückenschule“ und „Funktionelles Training mit Hand- und Kleingeräten“ erweitert der jüngste Titel das Springer-Portfolio im Bereich Gesund heitsförderung. Springer Verlag 2014 ISBN 978-3-662-43643-1 44,99 € medicalsports network 04.15 SPORT UND ERNÄHRUNG Raschka, Christoph / Ruf, Stephanie Wissenschaftlich fundiert und sofort praktisch umsetzbar: Optimale Energie-, Nährstoff- und Flüssigkeitszufuhr Ernährungstechniken für den Wettkampf Proteinpräparate, was können sie wirklich? Muskelaufbau, welche Möglichkeiten bietet die Ernährung? Spezifische Anforderungen an die Ernährung in Training und Wettkampf Energiegewinnung unter verschiedenen Belastungszeiten Schnelle und langsame Energiequellen Flüssigkeitshaushalt im Sport Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente Leistungssteigernde Substanzen Neu in der 2. Auflage u. a. neue Praxistipps und Magen-Darm- Beschwerden im Sport. Georg Thieme Verlag, 2. aktuali sierte und ergänzte Auflage 2015 ISBN: 978-3131671523 39,99 € DAS PRAXISBUCH DER SPORTLERERNÄHRUNG Hamm, Michael / Ogielda, Jakob Die optimale Ernährung ist eine unverzichtbare Voraussetzung für Leistungsoptimierung und den best möglichen Trainingserfolg, sowohl im Breiten- wie auch im Leistungssport. Vom Kraftsport über kombinierte Sportarten bis zu reinen Ausdauersportarten unterstützt eine speziell ausgerichtete Ernährung das Training sowie auch das Gewichtsmanagement wirkungsvoll. Dieses Buch bietet einen Leitfaden für die praktische Umsetzung einer sportgerechten Mahlzeitengestaltung im Alltag und beantwortet wichtige Fragen zu Eignung und Wertigkeit von Lebensmitteln, sinnvollem Einsatz von Nahrungsmittelergänzungsprodukten u. v. m. Darüber hinaus enthält es zahlreiche Rezepte mit detaillierter Nährwertbeurteilung, einen Leitfaden zur Mahlzeitengestaltung sowie eine umfangreiche, trainingsbezogene Lebensmittelkunde. riva Verlag 2015 ISBN: 978-3-86883-442-0 17,99 € 04.15 medicalsports network 29 P Witten 07 Training MULTIPLE SKLEROSE Sportliches Training für Patienten Stephanie Kersten1, Christina Lutz1,2, Magnus Liebherr1, Patric Schubert1, Christian T. Haas1 1 Institut für komplexe Gesundheitsforschung, Hochschule Fresenius, University of Applied Sciences, Idstein 2 Sportwissenschaftliches Institut, Universität des Saarlandes, Saarbrücken Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche, neurodegenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems mit bisher ungeklärter Ursache. Dabei werden die Schutzhüllen der Nervenfasern ( Myelinscheiden) in Gehirn und Rückenmark angegriffen und die entstehenden Entzündungsherde f ühren zu symptomatischen Ausfällen wie Seh-, Wahrnehmungs- und Bewegungsstörungen sowie T aubheitsgefühlen bei den Betroffenen. 30 medicalsports network 04.15 04.15 medicalsports network 31 Training Stephanie Kersten Christina Lutz Sportwissenschaftlerin M.A. Diplom-Sportlehrerin Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für komplexe Gesundheitsforschung an der Hochschule Fresenius, University of Applied Sciences (Fachbereich Gesundheit & Soziales) Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Sportwissenschaftlichen Institut (Fachbereich Sportpädagogik) der Universität des Saarlandes (Saarbrücken) sowie freie Mitarbeiterin am Institut für komplexe Gesundheitsforschung an der Hochschule Fresenius, University of Applied Sciences (Fachbereich Gesundheit & Soziales) stephanie.kersten@hsfresenius.de Das Krankheitsbild ist sehr variantenreich und komplex, da die Symptome und deren Ausprägung inter- und intraindividuell stark variieren können. In Deutschland wird von etwa 120.000 bis 140.000 MS-Erkrankten ausgegangen. MS gilt dadurch als eine der häufigsten Erkrankungen junger Menschen, die sich überwiegend zwischen dem 32 20. und 40. Lebensjahr manifestiert. Insbesondere aufgrund der Unvorhersehbarkeit des zum großen Teil schubförmigen Krankheitsverlaufes stellt die Erkrankung für Betroffene und deren soziales Umfeld eine große psychische und physische Belastung dar. Sport bei multipler Sklerose Die Wirkungen von Kraft‐ und Ausdauertrainingsmaßnahmen bei MS sind inzwischen in zahlreichen Studien untersucht worden [1,2,3]. Insbesondere konnten positive Effekte von Trainingsmaßnahmen auf die körperliche Leistungsfähigkeit, die Symptomatik und die Lebensqualität von MS-Patienten bestätigt werden. In diesem Kontext zeigen Taylor und Kollegen [4] eine signifikante Erhöhung der Maximalkraft um 32 % in der Beinmuskulatur und 14 % in der Armmuskulatur nach einem zehnwöchigen progressiven Krafttraining. Zusätzlich untersuchten Dalgas und Kollegen [5] den Einfluss eines zwölfwöchigen progressiven Magnus Liebherr Therapiewissenschaftler M.Sc. an der Hochschule Fresenius, University of Applied Sciences (Fachbereich Gesundheit & Soziales) Krafttrainings auf die Parameter MS-spezifische Fatigue, (depressive) Stimmung und Lebensqualität bei MS-Patienten. Die Autoren berichten über eine Reduktion der Fatigue, Verbesserung der Stimmung und Steigerung der Lebensqualität nach der Intervention. Diese positiven Effekte konnten auch zwölf Wochen nach Ende des Trainingsprogramms noch nachgewiesen werden [5]. Weitgehend analoge Ergebnisse zeigten sich in Untersuchungen zum Ausdauertraining mit MS-Patienten. Mostert und Kesselring [6] trainierten ihre Probanden auf einem Fahrradergometer über vier Wochen. Signifikante Verbesserungen ergaben sich an der aeroben Schwelle, der Vitalkapazität (je +12 %) und vor allem in Parametern der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Dettmers und Kollegen [7] bestätigten den positiven Einfluss von regelmäßigem Ausdauertraining auf die Gehstrecke bei MS-Patienten und die sehr gute Tolerierbarkeit des Trainings. Die Autoren konnten allerdings keinen Ein- medicalsports network 04.15 Patric Schubert Sportwissenschaftler M.A. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für komplexe Gesundheitsforschung an der Hochschule Fresenius, University of Applied Sciences (Fachbereich Gesundheit & Soziales) fluss auf die Fatigue-Symptomatik feststellen. Darüber hinaus verglichen Sabapathy und Kollegen [8] Ausdauer- und Krafttraining und zeigten, dass sowohl Ausdauer- als auch Krafttraining zu ähnlichen Effekten im Hinblick auf die funktionale Kapazität, die Symptomatik und die Lebensqualität von MS-Patienten führten. Christian T. Haas Professor für quantitative Forschungs methoden Forschungsdekan im Fachbereich Gesundheit und Soziales der Hochschule Fresenius, Direktor des Instituts für komplexe Gesundheitsforschung Probleme und Hürden bei der Um setzung von Sport in den MS-Alltag Aus eigenen Untersuchungen wird deutlich, dass das Potenzial von Sport und Training bis heute zu wenig genutzt und dem Transfer von theoretischen Erkenntnissen in die Praxis zu wenig Beachtung geschenkt wird [9]. Ergeb- nisse einer schriftlichen Befragung im Saarland ergaben, dass etwa die Hälfte der MS-Patienten Sport treibt, vorwiegend Ausdauersport bei moderater Intensität [9]. Nur 38 % der Befragten gaben an, dass ihnen Sport von ihrem Spezialisten empfohlen wurde [9]. Allerdings waren konkrete Trainingsempfehlungen eher selten [9]. Unter Umständen werden Sport und körperliche Aktivitäten von Betroffenen sogar aktiv vermieden [3]. Die Gründe dafür sind vielfältig (z. B. Unwissenheit, Angst, Symptomatik). Betrachtet man die zahlreichen Faktoren, die beim regelmäßigen Sporttreiben mit MS- Erkrankung zu beachten sind (z. B. Gefahr der Überhitzung, Wettereinflüsse, Über- oder Unterforderung, individuelle Symptomatik), so ist es nicht verwunderlich, dass in nahezu allen klinischen Studien abgeschlossene und supervisierte Trainingsinterventionen mit MS-Patienten durchgeführt wurden. Innerhalb dieser kontrollierten Phasen konnten die Untersuch ungsteilnehmer beobachtet, individuell betreut und ihr Trainingsprotokoll von professionellen Trainern an die jeweilige Tagesform angepasst werden. Über die abgeschlossene Intervention hinaus ist es nach einer rein angeleiteten Trainingsphase für die Patienten häufig nicht möglich, die Inhalte auf das individuelle A lltagsleben zu übertragen. Bisher gibt es nur wenige und vage Empfehlungen zu einem selbstständigen Training für MS-Patienten und Schulungsmaßnahmen zu einem nachhaltigen und langfristigen Training werden kaum angeboten. » NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL können für Leistungssportler TOTAL SINNLOS sein « Dr. med. Klaus Pöttgen Mannschaftsarzt Darmstadt 98, Medizinischer Leiter Ironman Germany 2002-2014 tinyurl.com/meine-these-1 Training Des Weiteren scheint die Aufklärung aller Beteiligten besonders wichtig. Insbesondere im Internet kursieren mittlerweile zahlreiche Mythen und neu beworbene „Wundertrainings angebote", die allerdings jeglicher Evidenz basierung entbehren. Nicht nur MS-Erkrankte sollten geschult und aufgeklärt werden, auch Angehörige, Therapeuten und Neurologen sollten die Therapieoption Sport bei MS kennen, Belastungsgrenzen sicher einschätzen und Informationen zu Sport und Training an Betroffene weitergeben. Die Entscheidung für Sport stellt für einen MS-Patienten im Vergleich zu nicht chronisch kranken Personen eine große Hürde dar. Überanstrengung kann unter Umständen einen kompletten „Knockout“ für mehrere Tage bedeuten – mit den entsprechenden Konsequenzen für das gesellschaftliche und berufliche Leben. Aus diesem Grund sind starre Trainingspläne mit festen Zeiten mitunter kontraproduktiv. Äußere Einflüsse wie beispielsweise Hitze oder Kälte können zur Absage an den Sport führen, was auf der einen Seite eine korrekte, auf der an deren Seite eine falsche Entscheidung sein kann. Lässt der Patient aufgrund der negativen äußeren Einflüsse und daraus resultierender mangelnder Tagesform eine Trainingseinheit ausfallen, so sprechen wir von einer sinnvollen individuellen Trainingsentscheidung. Entscheidet sich der Patient hingegen dauerhaft gegen Sport und Bewegung, so kann dies langfristig aufgrund wachsender Immobilisierung den neurodegenerativen Krankheitsverlauf negativ beeinflussen. Ziel muss es sein, dass der Patient selbst entscheiden kann, wann und wo er mit wem Sport treibt und welche Sportart er mit welchem Trainingsziel wählt. Sportorientierte Patienten schulungen für MS-Patienten Koordinationstraining mit einem MS-Patienten 34 In einem Forschungsverbund aus Hochschule Fresenius, der Saarland Universität, der DMSG (Landesverbände RLP & Saar) und der IKK Südwest wurden bisher einige Studien zu sportorientierten Schulungsmaßnahmen für MS-Patienten durchgeführt. Die Ergebnisse unserer Studien zeigten deutlich, dass es einerseits möglich war Trainingskompetenzen auf die Betroffenen zu übertragen und andererseits, dass die erworbenen Kompetenzen nachhaltig zu einem veränderten Bewegungsverhalten im Alltag sowie zu einer Steigerung von körper licher Leistungsfähigkeit, Selbstbewusstsein und Lebensqualität führten [10-14]. In der Studie von Kersten et al. [12] absolvierten 15 MS-Patienten (Alter: 48,1±9,2 Jahre; Krankheitsdauer: 10,9±7,7 Jahre) Eingangstests, eine zwölfwöchige Patientenschulung, Ausgangstests und nach weiteren sieben Monaten Nachhaltigkeitstests. Die quantitativen und qualitativen Analysen zeigten unter anderem, dass die Schulung zu signifikanten Verbesserungen der körperlichen Leistungsfähigkeit führte. Er gebnisse der Mobilität und maximalen Geh geschwindigkeit der Teilnehmer konnten in den Nachhaltigkeitstests aufrechterhalten werden [12]. Die intrinsische Motivation hatte einen starken Einfluss auf eine regelmäßige und selbstständige Trainingsdurchführung. Verbesserungen der Lebensqualitätsparameter wie Vitalität und Selbstbewusstsein konnten durch ein verändertes Sport- und Bewegungsver halten sowie die Weiterführung des eigenständigen Trainings ebenfalls erhalten bleiben [12]. Auf Basis dieser Ergebnisse sollen zukünftig Schulungsmaßnahmen in der Breite angeboten und Patienten zugänglich gemacht werden. In gezielten sportbasierten Schulungsmaßnahmen versuchen wir, Personen mit MS in Theorie und Praxis auszubilden, auf Besonderheiten bei MS hinzuweisen, Trainingsgrundlagen und -kompetenzen zu vermitteln sowie „Knock-out“- Kriterien zu identifizieren (z. B. Hitze, Stress, eigene Grenzen), um den Teilnehmern ein selbstgesteuertes und nachhaltiges Training über die Intervention hinaus zu ermöglichen. Ein wichtiger Aspekt, der hierbei zu beachten ist: Nicht nur die Inhalte und Dosierungen von Trainings- oder Therapieeinheiten selbst, sondern auch Faktoren wie Rahmenbedingungen, Alltagsanforderungen, Stress und Regenera tionsperioden haben einen maßgeblichen Einfluss darauf, ob Training langfristig zum Erfolg führt oder nicht. Das Konzept zielt darauf ab den Teilnehmern nach und nach Effekt- und Handlungswissen zu sportlichem Training – bezogen auf ihren persönlichen Alltag und ihre Lebensumstände – zu übertragen. Die Schulungsinhalte bauen aufeinander auf und er gänzen sich sinnvoll. Langfristig kann Training aus verschiedenen Gründen und/oder an medicalsports network 04.15 unterschiedlichen Stellen scheitern, weshalb unser gesamter Schulungsansatz vielschichtig und komplex ist. Zu Beginn einer sportorientierten Patientenschulung werden motorische und psychometrische Tests durchgeführt. Auch über die wissenschaftlichen Aspekte hinaus ist die Ermittlung eines Status quo für Schulungsleitung und -teilnehmer sehr bedeutsam. Danach folgt die Schulung (in Theorie und Praxis) mit einer Gruppengröße von ca. 10-15 MS-Patienten. Der Faktor „Gruppe“ trägt maßgeblich zur Sportmotivation bei, da das Miteinander erlebt wird. Das gemeinsame Bewältigen von Bewegungsaufgaben steht im Fokus, nicht die Krankheit. Trotz der Gruppenintervention liegt der Schwerpunkt der Schulungsmaß nahme auf einer persönlichen Betreuung. Aus unserer Sicht müssen die individuellen Bedürfnisse von Personen mit MS berücksichtigt werden, um so die selbstständige und sinnvolle Trainingsgestaltung sowie den nachhaltigen Trainingserfolg nicht zu gefährden. Nach einem ersten Zeitraum von zwölf Wochen werden die Teilnehmer eingeladen die motorischen und psychometrischen Tests zu wiederholen, um eventuelle Veränderungen festzustellen. Ins gesamt ist es sinnvoll, in regelmäßigen Zeitabständen Tests durchzuführen, um Sicherheit, Planbarkeit und Motivation zu schaffen. Fazit Sportliches Training wird sowohl als gesundheitsfördernde Maßnahme als auch als therapeutische Intervention mittlerweile vielfach eingesetzt. Neben den gesundheitsrelevanten Funktionen stellt Sport ein wichtiges soziales und kulturelles Element dar, fördert Gemeinschaft, pflegt soziale Kontakte und bringt viel Spaß und Freude. Zukünftig sollten sportorientierte Patientenschulungen weiterentwickelt, durchgeführt und evaluiert werden, um Perso- nen, die an einer neurodegenerativen Erkrankung wie MS oder Morbus Parkinson leiden, eine Veränderung ihres Sport- und Bewegungsverhaltens zu ermöglichen und eigenständig gesteuertes Training in ihren Alltag zu integrieren. Der Schwerpunkt unserer sportorientierten Schulung liegt auf der Individualität des Patienten. Die individuelle Symptomatik wirkt sich maßgeblich auf die Ausübung sportlicher A ktivitäten aus und sowohl Über- als auch Unterforderung werden langfristig den Trainingserfolg gefährden. Mit der Förderung der eigenen Trainingskompetenzen und der Unabhängigkeit von infrastrukturellen Einschränkungen können sich Betroffene von der passiven Rolle befreien und aktiv als (Mit-) Entscheider in den Trainings- und Krankheitsprozess eingreifen. Literatur bei den Autoren und dem Artikel auf www.medicalsportsnetwork.de Bilder: © istockphoto.com | alexovicsattila | Svisio Collagen-Füller für Gelenkknorpeldefekte CartiFill™ ist eine Matrix für Knorpelzellen und stellt eine Erweiterung der Operationstechnik Mikrofrakturierung dar. Die Mikrofrakturierung wird oft eingesetzt, um Knorpeldefekte durch die Rekrutierung von Stammzellen aus dem Knochenmark zu behandeln. Allerdings sind die Ergebnisse aufgrund unstabiler Zellpopulationen nicht wie erwartet einheitlich. CartiFill™ füllt den präparierten Defekt vollständig und schafft innerhalb weniger Minuten, nach einer Mikrofrakturierung, eine stabile 3- dimensionale Matrixstruktur in der Defektzone aus fein aufgereinigtem BioCollagen und Fibrinkleber. Komplette Füllung des Defektes mit CartiFillTM Innovation • Effizienz • Gesundheit Europäischer Repräsentant: RMS INNOVATIONS (U.K.) LIMITED 310 Centennial Park, Centennial Avenue Elstree, Hertfordshire WD6 3TJ United Kingdom Tel +44 (0)2089 537 781 www.RMSbio.net Deutsches Büro: Vertrieb Deutschland: SEWON CELLONTECH Co., Ltd MEDselekt Kurt-Hebach-Straße 5 D - 55252 Mainz-Kastel Tel +49 (0)6134 601 08-51 [email protected] www.swcell.com • www.RMSbio.net Holzhofstr. 19 D - 82362 Weilheim i.OB Tel : +49 (0)881 9258 4867 -69 Fax [email protected] Rehabilitation APP-BASIERTER KNIETRAINER Spielerisch Kraft und Ansteuerung nach Verletzungen verbessern Dr. med. Sanjay Weber-Spickschen, Oberarzt Unfallchirurgie und Sportmedizin, Medizinische Hochschule Hannover Abb. 3: B enutzung des Knietrainers GenuSport: Der Patient drückt mit der Kniekehle auf den Knietrainer 36 medicalsports network 04.15 Knieoperationen gehören zu den häufigsten Operationen im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie, führen im Sport oft zu langen Ausfallzeiten und zwingen Leistungsträger mitunter zum vorzeitigen Beenden der Karriere. Entsprechend wichtig ist eine optimale R ehabilitation nach erfolgten Verletzungen und Opera tionen, aber auch die Prävention von schweren Knieverletzungen. Erste postoperative Ziele: Kniestreckung und Ansteuerung der Muskulatur Nach Knieoperationen sind die aktive Kniestreckung und die Ansteuerungsfähigkeit der Oberschenkelmuskulatur meist herabgesetzt. Aus Sicht des Chirurgen ist daher gerade in den ersten Tagen nach einer Knieoperation die Verbesserung der Kniestreckung ein wichtiges Ziel. Häufig fällt Patienten jedoch schwellungs- und schmerzbedingt sowohl die passive als auch die aktive Kniestreckung schwer. Es hat sich gezeigt, dass ein brüskes, passives Strecken „mit Gewalt gegen den Schmerz“ kontraproduktiv ist, die Abwehrspannung des Patienten erhöht und die Entstehung einer A rthrofibrose sogar begünstigt. Die Bedeutung einer möglichst schnellen Wiedererlangung der aktiven und passiven Streckung für das schnelle Erreichen eines physiologischen Gangbildes ist den Patienten meist nicht bekannt. Konsequenzen der positiven Beeinflussung von Schwellung, Schmerz, retropatellarem Druck und die Vermeidung von unphysiologischen Bewegungsabläufen sind von zentraler Bedeutung. Nur der aufgeklärte Patient, der die Bedeutung der ersten postoperativen Ziele versteht, kann dazu motiviert werden, selbstständig aktiv zu werden. Ähnlich verhält es sich mit der Ansteuerungsfähigkeit der Oberschenkelmuskulatur. Selbst Spitzensportlern fällt die gezielte Ansteuerung einzelner Muskelgruppen nach einer frischen Knieverletzung oft schwer. Für eine möglichst schnelle Optimierung der Bewegungsabläufe ist jedoch nicht nur beim Leistungssportler die Verbesserung der Ansteuerungsfähigkeit eine ganz entscheidende Grundlage im Genesungsprozess und zur Wiedererlangung der Sportf ähigkeit. 04.15 medicalsports network Eigenverantwortung des Patienten stärken Die Compliance für ein regelmäßiges und selbstständiges Beüben ist oft reduziert. Ein selbstständiges Rehatraining erfordert ein hohes Maß an Eigenverantwortung, Motivation und Disziplin und wird häufig allenfalls unregelmäßig durchgeführt. Die Gründe hierfür sind verschieden und reichen von „mein Knie tut noch so weh“ über „ich weiß nicht wie“ bis hin zu „es macht keinen Spaß“. Viele Patienten nehmen nach ihrer Knieverletzung eine Erwartungshaltung an und schieben die Verantwortung dem Arzt und dem Physiotherapeuten zu. Entsprechend wichtig sollte es daher sein, die Eigenverantwortung des Sportlers schon präoperativ zu stärken. Dabei sollte er schon vor der Operation mit dem Rehatraining beginnen und so seinen Therapieerfolg wesentlich mit beeinflussen. Die Idee Aus diesen Erfahrungen entstand die Idee, dem Patienten ein möglichst einfaches Training anzubieten, das er selbstständig auch direkt nach einer Verletzung oder Knieoperation durchführen kann. Die Compliance und Motivation für ein regelmäßiges und effektives Training der Kniestreckung, der Oberschenkelkraft und der Ansteuerungsfähigkeit sollen verbessert werden. Gleichzeitig soll die Eigenverantwortung gefördert werden und das Training Spaß machen. Die PSB Daumenbandage schützt das Daumengrundgelenk vor Kontusionen und Distorsionen. www.ofa.de Spezialbandagen für den Sport – wirksame Unterstützung – maximale Bewegungsfreiheit – schlanke Konstruktion – Silikonhaftbänder – Tactel® dry fit Beschichtung Funktionsweise GenuSport Vorbereitung Vom anleitenden Therapeuten wird der Patient in der Benutzerverwaltung der Android-App mit Namen und Geburtsdatum angelegt. Außerdem wird eine persönliche 37 psb ® Das Bandagensortiment speziell für Sportler Rehabilitation Sanjay Weber-Spickschen PIN vergeben und festgelegt, ob beide Beine oder nur eine Seite beübt werden soll (Abb. 2). Nun loggt sich der Patient über eine Eingabemaske in der App ein und startet die Trainingseinheit, die in Form eines Computerspiels erfolgt und sich in zwei Abschnitte gliedert. Spielabschnitt I – „Hau den Lukas“ Ermittlung der aktuellen Maximalkraft Oberarzt Klinik für Unfallchirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) Schwerpunkt Knie, Sport (Leitung Prof. Krettek) Oberarzt Sportmedizinisches Institut der MHH, Olympiastützpunkt Niedersachsen (Leitung Prof. Tegtbur) Network Betreuung Zehnkampfteam, Teamarzt deutsche Nationalmannschaft Leichtathletik (DLV) Verbandsarzt Niedersächsischer Fußballverband (NFV) Medical Headinstructor FIFA 11+ Dopingkontrollarzt DFB und FIFA [email protected] www.genusport.de Abb. 1: Knietrainers GenuSport 38 Zunächst wird die Maximalkraft der an der aktiven Kniegelenksstreckung beteiligten Muskeln getestet. Der Patient platziert dazu sein Kniegelenk mittig auf den Knietrainer und drückt anschließend die Kniekehle in Richtung Trainingsgerät (Abb. 3, grüner Pfeil). Dabei wird die Ferse am Boden gehalten, was einer Kokontraktion der beugeseitigen Muskulatur entspricht. Diese erste Trainingsund Testform wird als „Hau den Lukas“-Spiel dargestellt: Je kräftiger der Patient auf den Knietrainer drückt, desto höher fliegt der Schlitten im „Hau den Lukas“ (Abb. 4). Die erzielte Maximalkraft dient als Grundlage zur Erstellung der individuellen Sollkurve im Spielabschnitt 2. Hat der Patient beispielsweise bei liegendem Verband und aktuell noch bestehenden Schmerzen nur eine geringere Kraft im „Hau den Lukas“, wird die aktuell niedrige Leistungsfähigkeit automatisch mit einbezogen. Er kann also dennoch trainieren, jedoch auf einer niedrigeren und an ihn individuell angepassten Leistungsstufe. Spielabschnitt II: Doppeldeckerflug Training von Kraft und Ansteuerung Durch Druck mit der Kniekehle auf den Knietrainer wird in diesem zweiten Spielabschnitt ein Doppeldecker gesteuert (Abb. 5). Je kräftiger der Spieler drückt, desto höher fliegt der Doppeldecker. Die Aufgabe des Piloten ist es, das Flugzeug so zu steuern, dass er möglichst präzise auf der Sollkurve, die als Luftballonkette dargestellt wird, entlang fliegt und so möglichst viele Ballons zum Platzen bringt. Hierfür erhält der Spieler Punkte. Je nach Spiellevel werden die vorgegebenen Flugkurven schwieriger und der Spieler muss zusätzlich dunklen Gewitterwolken ausweichen. Wird das Flugzeug unpräzise gesteuert, verfehlt der Patient also mit der Istkurve die vorgegebene Sollkurve, so zerplatzen die Ballons nicht und er erhält am Abb. 2: Benutzermenü Ende des Spiels weniger Punkte. Gleichzeitig beinhaltet das Spiel verschiedene Zyklen mit eher gleichmäßigen, flachen Haltephasen oder eher schnell undulierenden Druckzyklen, die, adaptiert an das Können des Patienten und die Anzahl der bereits absolvierten Trainingseinheiten, individuell vorgegeben werden. Auswertung Am Ende des Spiels erscheint die Auswertung mit der erzielten Punktzahl, die sich aus den Faktoren Schlagkraft, Flugperformance und Turbulenzen zusammensetzt. Die Punktzahl der Schlagkraft entspricht der im „Hau den Lukas“ ermittelten aktuellen Maximalkraft. Die Flugperformance ergibt sich aus der prozentualen Abweichung des Fluges zur geforderten Ideallinie und wird ebenfalls als Punktzahl dargestellt. Unter Turbulenzen werden dem Spieler Punkte abgezogen, wenn er während des Fluges insuffizient den Gewitterwolken ausgewichen ist. Aus diesen drei Faktoren setzt sich eine in diesem Training erzielte Gesamtpunktzahl zusammen. Die individuell fünf höchsten Punktzahlen werden in einer Highscore-Tabelle aufgeführt, mit der der Patient seinen aktuell erzielten Punktwert vergleichen kann, was eine zusätzliche Motivation darstellen soll (Abb. 6). Im Verlauf beider Spielphasen wird die Krafteinwirkung von einem Mikrokontroller ausgewertet, per Bluetooth an das Tablet und die Software übermittelt und dort in Echtzeit dargestellt und ausgewertet. Zusätzlich hat der Patient Zugriff auf seine persönlichen Trainingsdaten. Hier kann er in medicalsports network 04.15 Abb. 4: E rmittlung der M aximalkraft im „Hau den Lukas“ Abb. 5: T raining von Kraft und Ansteuerung: Je kräftiger der Druck, desto höher fliegt das Flugzeug Abb. 6: I ndividuelle Highscore-Tabelle verschiedenen Menüs die Entwicklung seiner Maximalkraft, seiner Ansteuerungspräzision und seiner Punktzahlen als Zahlenwerte und als grafische Darstellung einsehen (Abb. 7). Analog dazu ist es dem Therapeuten möglich, die Trainingsdaten aller Patienten einzusehen und diese zur weiteren Auswertung zu exportieren (Abb. 8). Abb. 7: P ersönliche Trainingsauswertung Fazit Mit dem Knietrainer GenuSport und zugehöriger App haben wir ein Trainingsgerät entwickelt, mit dem die Compliance für ein selbstständiges und eigenverantwortliches Training unserer Sportler verbessert werden soll. Das Training wird individuell an den aktuellen Trainingsstatus adaptiert und – in Biofeedback eingebettet – in einem Computerspiel wiedergegeben. Sowohl die automatische Speicherung der Trainings daten als auch die Darstellung als Side-Scroller mit Punktzahlen und Highscores sollen den Spielspaß erhöhen und die Motivation des Sportlers für die regelmäßige Durchführung seines Rehatrainings verbessern. 04.15 medicalsports network Abb. 8: T herapeuten Modus 39 Forschung Abb. 1: Radsportler während einer Ergometerbelastung mit applizierter EEG-Elektrodenhaube TRAIN YOUR BRAIN Variabilität im Trainingsprozess Dr. phil. Thomas Gronwald MBA1, Dr. phil. Sebastian Ludyga2, Prof. Dr. phil. Kuno Hottenrott3 1 2 3 Institut für Sportwissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit an der Universität Basel Department Sportwissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 40 medicalsports network 04.15 Neue Erkenntnisse über die zentralnervale Beanspruchung während definierter Trainingsbelastungen sowie zentralnervaler Anpassungserscheinungen nach verschiedenen Trainingsinterventionen untermauern die Effektivität einer variablen Reizsetzung durch abwechslungsreiche und funktionelle Trainingsinhalte zur Steigerung der Leistungsfähigkeit. Neue Erkenntnisse aus der Trainingswissenschaft Seit Jahrzehnten erforschen Wissenschaftler die Faktoren, welche die Leistungsfähigkeit des Athleten limitieren. Während in der Vergangenheit hauptsächlich hämodynamische und metabolische Vorgänge in der Körperperipherie als trainierbar und leistungsbestimmend gesehen wurden, hat mittlerweile ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Das Zentralnervensystem wird zunehmend als leistungslimitierender Faktor herausgestellt. Aufgrund der hohen funktionellen und strukturellen Plastizität des Gehirns stellt sich die Frage, ob durch spezifische bzw. ungewohnte Trainingsbelastungen verstärkt zentralnervale Reizsetzungen ausgelöst werden können, die zur Verbesserung der Ausdauerkapazität führen. Zu dieser Frage wurden am Department Sportwissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in den letzten Jahren zahlreiche Studien durchgeführt. Mithilfe der Elektroenzephalographie (EEG) wurde durch Oberflächenelektroden auf der Kopfhaut die kortikale Aktivierung des Gehirns im Verlauf verschiedener sportlicher Ausdauerbelastungen registriert (s. Abb. 1 und 2). Ziel war es, sowohl den Einfluss unterschied licher Belastungsnormative (Belastungsdauer, Belastungsintensität, Bewegungsfrequenz) als auch die Wirkung von spezifischen Trainingsinterventionen mit möglichst ungewohnten Trainingsreizen auf die kortikale Aktivität zu quantifizieren und zu analysieren. Die Studien wurden exemplarisch an Radsportlern durchgeführt, um eine hohe Datenqualität bei relativ stabiler Körperposition zu gewährleisten. Die Ergebnisse lassen sich mit gewissen Einschränkungen durchaus auf andere ausdauerakzentu- ierte zyklische Sportarten übertragen (z. B. Laufen, Schwimmen, Rudern, Skilanglauf). Ohne im Einzelnen auf die Studienergebnisse einzugehen, ergaben die Untersuchungen, dass Belastungsdauer, Belastungsintensität wie auch die Bewegungsfrequenz neben den typischen Reaktionen auf das Herz-Kreislauf-System und den Stoffwechsel einen direkten Einfluss auf die kortikale Aktivierung haben (Hottenrott et al., 2013; Gronwald et al., 2015a, b). Den Studienergebnissen zufolge steigt mit der Beanspruchung bzw. der Ausdauerleistung die kortikale Aktivierung. Anhand von Trainings studien konnten wir zudem zeigen, dass die kortikale Aktivität auf ein Hochfrequenztraining anders reagiert als auf ein Niederfrequenztraining (Ludyga et al., 2015). Die Ausdauereinheiten bei ungewohnt hohen Bewegungs frequenzen von 120 bis 140 U/min 1. PC-Monitor auf dem Boden mit Ergometersoftware zur Blickfixation 5. Verstärker-Headbox 2. Ventilator zur Kühlung der Elektrodenhaube 6. Verbindung zum Recorder über ein Lichtleiterkabel 3. Proband auf dem Fahrradergometer mit Elektrodenhaube und 32 aktiven E lektroden 7. Notebook mit Aufnahmesoftware 4. Eingang des Elektrodenstranges in die Splitterbox 8. Geräteschaften zur Laktatdiagnostik 3 2 4 7 5 8 6 1 Abb. 2: Untersuchungsaufbau 04.15 medicalsports network 41 Forschung führten zu einer Ökonomisierung der Gehirn funktion. Wir konnten nachweisen, dass Radsportler nach einem mehrwöchigen Hoch frequenztraining (120 U/min) im Vergleich zum Niederfrequenztraining (60 U/min) den gleichen Widerstand auf dem Radergometer mit signifikant niedriger kortikaler Aktivität bewältigen konnten. Außerdem zeigten sich in Abhängigkeit von der Trainingsintervention Einflüsse auf die Ermüdung des ZNS. Typischerweise steigt die kortikale Aktivität bei Ausdauerbelastungen bis zu einem Plateau an, das voraussichtlich die Phase der optimalen Leistungsfähigkeit darstellt. Beim Einsetzen der zentralen Ermüdung fällt die Aktivität von diesem Plateau ausgehend kontinuierlich ab. Das Training mit ungewohnt hohen Frequenzen hat dazu geführt, dass für die gleiche Tretleistung nicht nur eine geringere EEG-Aktivität zu verzeichnen war, sondern es kam über den gesamten Belastungszeitraum zu keinem starken Abfall der kortikalen Aktivität (Abb. 3). Demnach waren typische zentralnervale Ermüdungsverläufe auf Basis der EEG-Daten kaum noch nachweisbar. Die Erforschung und Quantifizierung kortikaler Aktivität während definierter sportlicher Belastungen kann somit eine bedeutende Post Grundlage für die gezielte Reizsetzung im Trainingsprozess darstellen. Dabei scheint dem Prinzip der Variabilität im Training besondere Bedeutung zuzukommen. Die Ausdauerkapazität wird nicht nur vom kardio-pulmonalen System sowie energetischen und metabolischen Vorgängen bestimmt, sondern – mehr als bisher angenommen – von der Aktivität des Zentralnervensystems (ZNS). Im ZNS laufen bedeutende Steuer- und Regelprozesse ineinander, die Einfluss auf die maximale Ausprägung der Leistung nehmen und zentralnervale Ermüdungsreaktionen positiv beeinflussen können (vgl. Hottenrott et al., 2011). Wir konnten einen Zusammenhang zwischen der Ökonomisierung der kortikalen Aktivität und der Zunahme der Ausdauerleistung nachweisen (Ludyga et al., 2015). Fazit Schlussfolgerungen für die Trainingspraxis: Ganz gleich, ob Breiten- oder Leistungssport, wer seine Leistung ohne wesentliche Erhöhung der Gesamttrainingszeit steigern will, muss nach unseren Erkenntnissen stetig mit neuen Trainingsreizen konfrontiert werden. Dies kann sportartspezifisch und sportartübergreifend über eine abwechslungsreiche Gestaltung Prä Prä des Trainings erfolgen. Ein zu verändernder Parameter könnte neben der Variation der Belastungsnormative (z. B. Dauer, Umfang, Intensität, Dichte) insbesondere die Bewegungsfrequenz sein. Differenzierte Bewegungs frequenzen (z.B. Schritt-, Tritt-, Armzug- oder Schlagfrequenz) tragen zur Variabilität in der Belastungsgestaltung im Trainingsprozess bei und wirken sich positiv auf die Leistungsfähigkeit und Ermüdungswiderstandsfähigkeit aus. Perspektivisch ist festzuhalten, dass die Notwendigkeit besteht, eine ungewohnte und variable Reizsetzung nicht nur im Radsport oder anderen zyklischen Sportarten einzusetzen. Im Fitnesssport sind derzeit besonders funktionelle Trainingsinhalte gefragt, die den Anforderungen an ein sehr abwechslungsreiches Training gerecht werden. Im Hinblick auf die „Gehirngesundheit“ in primärpräventiven (z. B. Demenz) sowie sekundär- und tertiärpräventiven Anwendungsfeldern (z. B. Gesundheitsund Rehabilitationssport, Bewegungstherapie) könnte dem variablen Training ein hohes Potenzial für neuroprotektive Wirkungen zukommen. Hierbei bedarf es jedoch der weiteren Überprüfung der Effekte variabler Trainingsreize auf die funktionelle und strukturelle Plastizität des Gehirns. Post Spektrale EEG-Leistung [% des Ruhe EEGs] Phase optimaler Leistungsfähigkeit 250 Prä Prost 200 150 100 Aktivierung Ermüdung Belastungsdauer [min] 40 Abb. 3: Schematische Darstellung der Effekte eines vierwöchigen Hochfrequenztrainings auf die kortikale Aktivität während einer Ausdauerbelastung 42 medicalsports network 04.15 Sebastian Ludyga wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Sportwissenschaft des Departements für Sport, Bewegung und Gesundheit an der Universität Basel [email protected] Thomas Gronwald wissenschaftlicher Mitarbeiter im Arbeitsbereich Training und Gesundheit am Institut für Sportwissenschaft der Otto-von-GuerickeUniversität Magdeburg [email protected] Kuno Hottenrott Leiter des Arbeitsbereichs Sportmedizin und Trainingswissenschaft am Department Sportwissenschaft und Direktor des Instituts für Leistungsdiagnostik und Gesundheitsförderung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg [email protected] Literatur Gronwald, T., Ludyga, S. & Hottenrott, K. (2015a). Gehirnaktivität bei identischer Belastung - Eine standardisierte fahrradergometrische Laborstudie unter Normoxie und normobarer Hypoxie. Leistungssport, 45 (2), 42-47. Gronwald, T., Ludyga, S. & Hottenrott, K. (2015b). Einfluss einer intensiven Intervallbelastung auf die Beanspruchung der kortikalen Gehirnaktivität. Schweizerische Zeitschrift für Sportmedizin und Sporttraumatologie, 63 (1), 23-28. Hottenrott, K., Gronwald, T. & Neumann, G. (2011). Verletzungsprävention durch Verbesserung der neuromuskulären Bewegungskontrolle. Sport Orthopädie - Sport Traumatologie, 27 (4), 274-282. Ludyga, S. Gronwald, T. & Hottenrott, K. (2015). Effects of high vs. low cadence training on cyclists‘ brain cortical activity during exercise. Journal of Science and Medicine in Sport. In press. Hottenrott, K., Taubert, M. & Gronwald, T. (2013). Cortical brain activity is influenced by cadence in cyclists. The Open Sports Science Journal, 6, 9-14. KOSMOS IM KOPF Unser Gehirn kann viel mehr und ist viel komplexer, als wir manchmal annehmen. Sehen, Fühlen, Hören, Riechen, Schmecken, Denken, aber auch Handeln – all das wird bestimmt durch unser Gehirn. Das Projekt www.dasGehirn.info hat sich zum Ziel gesetzt, das Gehirn, seine Funktionen und seine Bedeutung für unser Fühlen, Denken und Handeln darzustellen – umfassend, verständlich, attraktiv und anschaulich in Wort, Bild und Ton. Ein spannendes Beispiel dafür ist Brain-Computer-Interface: Einen Roboterarm oder eine Prothese mit der Kraft der Gedanken steuern - Mit Hilfe von invasiven ComputerHirn-Schnittstellen sind gelähmte Menschen dazu in der Lage. www.dasGehirn.info Grafiker: Meike Ufer [nach Giselbrecht et al, Angewandte Chemie 125(52), 2013] 04.15 medicalsports network 43 network DEUTSCHE BASKETBALLÄRZTE BasketDocs – eine Erfolgsgeschichte seit 2006 Dr. med. Christoph Lukas, Leitender Arzt im Reha-Zentrum Hess, Bietigheim-Bissingen 2006 gründeten sich die deutschen Basketballärzte ev. – kurz BasketDocs – als Zusammenschluss der Mannschaftsärzte im professionellen Basketball. Die Idee entstand, als zwei Teamärzte bei der gemeinsamen Behandlung eines verletzten Spielers in Kontakt kamen und sich schnell zeigte, dass die meisten Kollegen bei ihrer Tätigkeit und bei „ihren“ Vereinen auf die gleichen Probleme stoßen. 44 medicalsports network 04.15 Der Vereinszweck, die medizinischen Belange im Basketball zu vertreten, wurde schnell aufgegriffen. Von Anfang an war die Verwaltungs-BG dem Verein eng verbunden, es wurden Untersuchungsbogen für die medizinische Eingangsuntersuchung entworfen und Verletzungsstatistiken erhoben. Für die medizinische Weiterbildung der Trainier wurde ein Standardvortrag zum Thema Sprunggelenksverletzungen entwickelt, der nun für Trainerkurse zur Verfügung steht und inzwischen auch in Buchform („Sprunggelenksverletzungen im Basketball“, BoD-Verlag) erschienen ist. Zusammenarbeit mit der Basketballbundesliga Nachdem die BasketDocs von der Basketballbundesliga zunächst etwas kritisch beäugt wurden, entwickelte sich schnell eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit. Anfänglich war vermutlich Angst vor einer neuen „Gewerkschaft“ vorhanden, die Bedenken konnten jedoch schnell zerstreut werden und inzwischen sind die Basketballärzte als medizinisches Expertenteam der Liga anerkannt und werden zu allen anstehenden medizinischen Themen befragt. So konnten unter anderem Standards für die medizinischen Eingangschecks im Jugendund Erwachsenenbereich entwickelt, Empfehlungen zu Bandagen und Protektoren gegeben und aktuell auch Möglichkeiten zur Prävention genannt werden. Dieses Thema ist bekanntermaßen auf der Liste der Verwaltungs-BG oben angesiedelt. Durch die intensive Kooperation VBG-BBL-BasketDocs wird hier in nächster Zeit einiges bewegt werden – von der Optimierung der Eingangsuntersuchung über konkrete Präventionsmaßnahmen bis zu ihrer Überprüfung durch aktuelle, umfangsreiche Verletzungsstatistiken. Christoph Lukas Einigkeit macht stark Auch für die betreuenden Ärzte am Spielfeldrand zeigte sich, dass Einigkeit stark macht. Da etliche Kollegen Probleme hatten, eine Haftpflichtversicherung zu finden, die den Profisport abdeckt, wurde von der Bundesliga eine Subsidiärversicherung für die Mannschaftsärzte abgeschlossen. Jährliche Fixpunkte der BasketDocs sind das Symposium und die Mitgliederversammlung im Rahmen des Allstardays im Januar, inzwischen findet auch regelmäßig eine Veranstaltung im Sommer statt, in deren Verlauf Themen aus dem „Dunstkreis“ der Sportbetreuung behandelt werden wie z.B. Psychologie der Verletzungssituation, orthopädietechnische Versorgung, Prävention und Functional Movement Screen. Aufgewertet wird die Veranstaltung dann noch durch das traditionelle eigene Basketballspiel. Weitere Infos unter www.basketdocs.de Leitender Arzt im Reha-Zentrum Hess, Bietigheim-Bissingen (www.reha-hess.de) mit begleitender Privatpraxis (www.drlukas.de) Facharzt für Orthopädie, Zusatzbezeichnung Sportmedizin, Akupunktur, Chirotherapie, Sozialmedizin Network Mannschaftsarzt Crailsheim Merlins (1. Bundesliga Basketball) Mannschaftsarzt SGBBM Bietigheim (Handball: 1. Liga Damen + Herren) 1. Vorsitzender der Deutschen Basketballärzte „BasketDocs“ 2. Vorsitzender sportmedizinischer Arbeitskreis Ludwigsburg (http://www.sportmed-lb.de/) [email protected] Die nächste BasketDocs-Veranstaltung in Kooperation mit dem sportmedizinischen Arbeitskreis Ludwigsburg findet am Samstag, dem 26. September 2015 im Reha-Zentrum Hess in Bietigheim-Bissingen unter dem Motto „Basketball und Handball aus sportmedizinischer Sicht“ statt. Hierfür konnten hochkarätige Referenten mit langjährigem Erfahrungsschatz in der Sportmedizin gewonnen werden. Experten aus der inneren Medizin, der Orthopädie/Unfallchirurgie und den Sportwissenschaften geben detaillierte Hintergrundinformationen und konkrete Handlungsempfehlungen zu Verletzungen, aber auch zu Prävention und Training. Der Praxisteil rundet das Programm ab. Von der Ärztekammer Baden-Württemberg ist die Veranstaltung mit 9 (Theorie) + 5 (Praxis) Punkten zertifiziert. Der Veranstaltungsflyer steht unter http://www.basketdocs.de/media/uploads/users/flyer-hb-bb_4seiter_neu_1.pdf zur Verfügung. 04.15 medicalsports network 45 Produkte Fit ohne Doping Point-of-Care-Ultraschall Sportler schwören auf Magnesium. Nicht nur für die Gesundheit von Muskeln und Co., sondern insbesondere für ein sportliches Leistungshoch nehmen Freizeit- und Leistungssportler täglich Magnesium ein. Fit ohne Doping – damit der Wettkampf fair bleibt, ist auch bei Magnesiumprodukten ein Blick auf die Kölner Liste wichtig. Die Trinkund Direktgranulate von ADDITIVA Magnesium sind in der Kölner Liste aufgeführt und sichern allen Athleten sportliche und faire Leistungsspitzen – ohne Dopingrisiko! www.dr-scheffler.com Medizinisch präzise Messung Der seca mBCA differenziert in 17 Sekunden den Körper in die Bestandteile Fett, Muskeln und Wasser und bereitet die Messwerte nach medizinisch validierten Referenzen (www.seca. com/studies) auf. So sind eine optimierte Trainingssteuerung, eine Qualitätskontrolle der Physio- und Ernährungstherapie sowie eine bessere Bewertung der Fitnesslevel möglich. www.mbca.seca.com Dr. Paul Klein, seit über 11 Jahren Mannschaftsarzt des 1.FC Köln, konnte für die Betreuung der Spieler bei einem neulich stattgefundenen Trainingscamp in den USA ein geliehenes FUJIFILM SonoSite Edge® Point-of-Care-Ultraschallsystem testen. Dr. Klein erwartete vom diagnostischen Ultraschallsystem, dass es ihm Zeit spart und er den Spielern gegenüber bei einer Verletzung konkrete Aussagen machen kann, so dass diese beruhigt weiterspielen können. „Das Edge-System war in dieser Hinsicht ideal, weil ich sofort feststellen konnte, ob eine Verletzung vorlag oder nicht. In meiner täglichen Arbeit nutze ich Ultraschall zur Beurteilung von Gelenken und Bändern und um ultraschallgeführte Injektionen in Gelenkräume vorzunehmen, insbesondere in Hüfte und Schultergelenke. Wenn wir trainieren oder zu Hause in Köln spielen, kommen die Spieler in meine Klinik, wo ich ein wagenbasiertes Ultraschallsystem habe. In Übersee ist das jedoch nicht so einfach und ohne ein Point-of-Care-Ultraschallsystem müssten die Spieler zu Untersuchungen praktisch immer in ein Krankenhaus fahren. Das Edge-System war für dieses Trainingscamp ideal, denn es ermöglichte mir die rasche Erstellung guter und eindeutiger Diagnosen. Die Spieler wissen dies immer sehr zu schätzen, denn im Profi-Fußball zählt jeder Tag. Wenn ich klar sehen kann, dass nichts gebrochen, gezerrt oder beschädigt ist, muss sich der Spieler auch nicht schonen.“ www.sonosite.de [email protected] Fit durch den Tag Mit Pulsense™ hat Epson eine Kollektionvon Aktivitätstrackern vorgestellt, die mithilfe eines optischen Herzfrequenzsensors und eines Beschleunigungsmessers rund um die Uhr Herzschlag, Aktivitätslevel, Kalorienverbrauch und Schlafrhythmus erfassen und aufzeichnen. Alle Aktivitätsdaten können über eine Bluetooth Smart-Verbindung übertragen und über die Pulsense View App ausgewertet werden. Die Pulsense PS-100 wiegt nur 31 Gramm. www.epson.de 46 medicalsports network 04.15 Übernatürliche Geschwindigkeit Mizunos Wave Hitogami 2 überzeugt durch ein unglaubliches Dämpfungs-/ Gewichts-Verhältnis, bedingt durch die U4iC Zwischensohle. Das Dynamotion Fit Obermaterial bietet optimale Passform durch zusätzliche Verstärkungen und unterstützt die natürliche Fußbewegung. Ein schneller, neut- Funktionelle Nachtwäsche raler und direkter Laufschuh, bei dem auch der Komfort nicht zu kurz kommt. www.mizuno.de Spezialbandagen für Sportler PSB Bandagen von Ofa Bamberg sind gemacht für die besonderen Bedürfnisse beim Sport. Die PSB Daumenbandage beispielsweise ist so konstruiert, dass sie das Daumengrundgelenk wirksam unterstützt und dabei die Handfläche ausspart – für maximale Bewegungsfreiheit. Silikonhaftbänder gewährleisten einen sicheren Sitz. Das waschbare Material mit Tactel® dry fit Beschichtung leitet Feuchtigkeit schnell ab. www.ofa.de Trendige Sportsocke mit Gelenkschutz Die neue Sportsocke BELSANA sport professional medium cut für Profis und Leistungssportler gibt dem gefährdeten Gelenk Stabilität. Die aufmerksamkeitsstarke Bandagenoptik in trendigen Neonfarben unterstreicht diese Funktionalität optisch und setzt modisch Akzente. Die Polster an Zehen, Ballen und Ferse sowie die Schrittdämpfung schonen den Fuß und die Anti-Rutsch-Wabensohle sorgt für sicheren Halt im Schuh. Die Sportsocke sitzt faltenfrei, der Knöchel ist geschützt und der individuell richtige Kompressionsverlauf unterstützt die Leistungsfähigkeit der Muskulatur optimal. www.belsana-sport.de Foto: Quelle: BELSANA Medizinische Erzeugnisse Da Regeneration zum Großteil nachts stattfindet, achten mehr und mehr Sportler darauf, optimal zu schlafen, besser zu regenerieren und damit am nächsten Tag leistungsfähiger zu sein. Third of Life hat eine funktionale Nachtwäsche entwickelt, welche die Schlafqualität durch ein optimales Feuchtigkeits- und Wärmemanagement verbessert. Das geschieht durch eine Kombination aus hydrophoben Garnen, die Feuchtigkeit direkt vom Körper weg nach außen leiten und extrem weichen Garnen, die ein schnelles Verdunsten an der Außenseite der Nachtwäsche bewirken. Die Nachtwäsche AVIOR verbessert damit nachweislich das Mikroklima im Bett und erleichtert es dem Körper, seine Temperatur wie gewünscht zu regulieren. Das hilft, das Ein- und Durchschlafen zu verbessern und kann sogar Schlafstörungen durch Nachtschweiß verhindern. Auch Profisportler nutzen die Produkte bereits, so z.B. die Profifußballer des 1. FC Köln. Klaus Maierstein, Leiter Physiotherapie und Reha 1. FC Köln: „Gemeinsam mit Third of Life haben wir einen SleepGuide entwickelt, der zahlreiche Maßnahmen zur Leistungssteigerung durch Schlafoptimierung umfasst und speziell auf den Fußball und den 1. FC Köln angepasst wurde. Darin spielen Produkte wie die Performance Sleepwear und Kissen sowie die Nahrungser-gänzung eine wichtige Rolle.“ www.third-of-life.com 04.15 medicalsports network 47 WIR SIND SCHON IN DEN STARTLÖCHERN… Die medicalsportsnetwork 05.15 durchbricht das Sommerloch u. a. mit folgenden Themen: Ärztliche Schweigepflicht in der Leistungssportbetreuung Prof. Dr. med. Dr. iur. Heiko Striegel Stellvertretender ärztlicher Direktor der Abteilung Sportmedizin, Universitätsklinikum Tübingen Mannschaftsarzt VfB Stuttgart Gehirnerschütterungen im Fußball Prof. Dr. med. Peter Biberthaler Bild: © pixathlon.de Leiter Klinik und Poliklinik für Unfallchirurgie, Klinikum rechts der Isar, München Präsident der ARTOF (Association for the Rational Treatment Of Fractures) und vieles mehr... Druckfrisch Anfang Juli auf Ihrem Schreibtisch! 48 medicalsports network 04.15 10 & 11 JUNE 2015 ExCeL LONDON 2015 ELITE SPORTS THERAPY & MEDICAL REHABILITATION Europe’s largest event for Rehabilitation Professionals within Elite Sports THOUGHT PROVOKING SEMINARS AND WORKSHOPS 80 LEADING SUPPLIERS THE MOST COMPREHENSIVE EXHIBITION FOR THE ELITE SPORTS REHABILITATION PROFESSION FREE CPD POINTS LIVE RUNNING TRACK Register for your free tickets at www.expoelitesports.co.uk PrOFeSSiONelleS ZirkelkONZePt mit FaCtUm NOvUS ii teSt- UND traiNiNGSGeräteN Flexible Zirkellösungen individuell nach Ihren Anforderungen! • BetreutesGruppentraining–effizientfürIhrenPersonaleinsatz. • Kombinationsgeräte–ermöglichenIhnendenZirkelauf kleinsterFläche. • Ganzkörpertraininginnur30min–intelligentesZeitmanagement fürIhrePatienten. • EinfacheBedienungübergroßenTouchScreen–gutlesbareSchrift, Bilder,Übungsvideos. • AutomatischeEinstellungderGeräte–Fehlbedienungwirdvermieden • KeineGewichtsplatten,dieBewegungkannanbeliebigerStelle beendetwerden–keineVerletzungsgefahr. • AlleGerätesindMedizinprodukte. 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