Projekt Information eV

PROJEKT INFORMATION
Herausgegeben von Projekt Information e.V.
Jahrgang 23, Nr. 1
Betroffene informieren Betroffene
Januar / Februar 2015
„Neuro-AIDS“ in Zeiten der ART
Nachrichten, dass bei HIV-Positiven möglicherweise langfristig das Gehirn Schaden nehmen
könnte, machen Angst. Prof. Goebel sichtet die
Literatur und bezieht kritisch Stellung......Seite 3
Editorial
Editorial von S. Schwarze..........................................................2
Medizin und Forschung
PrEP funktioniert! (und zwar ziemlich gut…)............................11
Neues aus der Industrie...........................................................12
Sexuelle Übertragung der Hepatitis C durch Sperma?............12
Grundlegend & Wissenswert
Vitamin D – günstige Effekte auch
auf die HIV-Infektion?
Immunität gegen HIV ...............................................................13
Leben mit HIV
Vitamin D werden viele günstige Effekte nachgesagt. Doch klinische Studien gibt es wenige. Wir berichten über aktuelle Ergebnisse........Seite 5
Aids-Geschichte ins Museum ..................................................14
Unterscheiden sich Frauen und Männer beim
Therapieerfolg? Antworten aus der Schweiz ...........................15
Reisen mit HIV
Menschenrecht, Public Health oder
Kosten-Nutzen Kalkulation?.....................................................16
Nachrichten aus der Sozial- und Rechtspolitik ........................18
Reisen sind für die meisten HIV-Infizierten heute
problemlos möglich. Peter Wiessner weiß, worauf
man dabei achten sollte ...........Seite 6
Änderungen bei Projekt Information e.V. im neuen Jahr .........20
Was bei Auslandsaufenthalten
beachtet werden sollte
Politik & Soziales
Projekt Information e.V.
Termine
Termine ....................................................................................22
Vereins- und Spendenkonto: Sozialbank München 8845500 (BLZ 700 205 00)
IBAN: DE73700205000008845500 SWIFT/BIC: BFSWDE33MUE
Januar / Februar 2015
Projekt Information
Editorial
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
schon wieder neigt sich ein Jahr dem Ende zu,
die weihnachtlichen Leckereien sind fast alle
verspeist und auf den Hüften gelandet und der
Blick wendet sich zurück auf das, was war.
2014 hat einige neue Therapieoptionen gebracht. „Single Tablet Regimens“, also die komplette HIV-Therapie als eine Tablette einmal
täglich gegeben, ist für die meisten HIV-Infizierten, die heute mit einer Therapie beginnen,
der Standard. Die modernen Kombinationen
sind hochwirksam, gleichzeitig aber auch gut
verträglich und unkompliziert einzunehmen.
Doch das war nicht immer so.
Von der ersten Dreifachkombination bis zur ersten „Alles-in-einer“-Tablette gegen HIV dauerte es über zehn Jahre. Bei Hepatitis C ging
das deutlich schneller: 2011 wurden die ersten
Proteasehemmer gegen HCV zugelassen und in
diesem Jahr wurde die erste Kombinationstablette zugelassen, mit der fast alle Patienten
von der Hepatitis C-Infektion geheilt werden
können. Allerdings zu einem exorbitanten
Preis, der, wollte man alle Betroffenen sofort
von der Hepatitis C heilen, unser Gesundheitssystem sprengen würde. Hier sind kreative
Wege gefragt, wie Gesundheit in Zukunft bezahlbar bleiben soll. Doch die Entwicklung geht
weiter. Bereits im Januar erwarten wir die Kombinationsbehandlung eines weiteren Herstellers
und es werden noch einige folgen. Es bleibt abzuwarten, ob die Konkurrenz auch sinkende
Preise zur Folge haben wird.
Ein Ereignis, das mir von 2014 in Erinnerung
bleiben wird, ist der Absturz der MH17 von
Malaysian Airlines auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur. An Bord waren auch
sechs Menschen, die auf dem Weg zu Internationalen Aids-Konferenz in Melbourne waren,
darunter Joep Lange, der nicht nur ein international anerkannter HIV-Experte war, sondern
auch ein unermüdlicher Kämpfer für die
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Jahrgang 23, Nr. 1
Rechte der Menschen mit HIV. Dieser Absturz,
der - nach allem, was wir heute wissen - wohl
ein Abschuss war (egal, durch welche Seite)
zeigt einmal mehr, dass es im Krieg nur Verlierer gibt.
Doch soweit muss es gar nicht kommen.
Immer, wenn die Zeiten schlechter werden
und das Geld knapper wird, kommt es in der
Gesellschaft zu einer Polarisierung. Das dünne
Eis der Toleranz trägt auf einmal nicht mehr,
man sucht nach vermeintlich Schuldigen und
auf den ersten Blick einfache Lösungen werden
lautstark eingefordert. Aber haben die Erfahrungen der Vergangenheit nicht gezeigt, dass
langfristig das Miteinander der einzig Erfolg versprechende Weg ist? Wir haben nur diese eine
Erde und wenn wir uns auf dieser noch länger
wohl fühlen wollen, müssen wir dafür sorgen,
dass es nicht nur uns selbst gut geht, sondern
auch unseren Mitmenschen. „Niemand ist eine
Insel“, heißt ein bekanntes Zitat. Deshalb sollten wir nicht aufhören, für die Rechte der
Schwachen und Unterdrückten einzutreten, für
alle, die es nicht selbst tun können - in unserem eigenen Interesse!
Das Team von Projekt Information wünscht
deshalb Ihnen, Ihren Freunden und Familien
und den Menschen auf der ganzen Welt ein
paar geruhsame Feiertage sowie ein friedliches,
gesundes und glückliches Jahr 2015!
Ihr Siegfried Schwarze
Jahrgang 23, Nr. 1
Projekt Information
„Neuro-AIDS“ in Zeiten der ART
In Zeiten der modernen antiretroviralen Therapie sind
Langzeitkomplikationen wie opportunistische Infektionen und Tumoren so wie vor allem Todesfälle dramatisch reduziert worden. Wird diese Therapie bei
einem nur halbwegs intakten Immunsystem, also
CD4-Zellen bei 300 oder 350 /µl begonnen und konsequent durchgeführt, wird für den Einzelnen der frühere Schrecken dieser Infektion und gar des Vollbildes
„AIDS“ mit größter Wahrscheinlichkeit keine Rolle
mehr spielen. Dennoch fürchten sich viele HIV-Infizierte davor, trotz erfolgreicher ART eine HIV-bedingte Demenz zu entwickeln. In der gegenwärtigen
Diskussion um aktive Sterbehilfe beherrschen drei
Horrorvisionen zum Zustand am Lebensende die Auseinandersetzungen:
1. Langzeitbeatmung bei Hirntod bedingt durch Unfälle oder schwere Grundkrankheiten
2. Unerträgliche chronische Schmerzen, z.B. bei
Krebsleiden und
3. Demenz aus unterschiedlichen Gründen, sei es
Alzheimer, sei es Arteriosklerose oder –sehr selten- durch HIV bedingt.
Solche Sorgen haben durchaus ihre Berechtigung,
fraglich für mich jedoch, ob dies auch für die HIV-Infektionen zutrifft. Opportunistische Infektionen mit
Erregern, die die „Opportunität“ des Immundefektes
ausnutzen und das HIV-typische Kaposi-Sarkom sind
durch die ART zur Rarität geworden, während die malignen Lymphome auch mehrere Jahre nach Einführung der HAART nicht rückläufig waren. Erst etwa
10 Jahre nach Einführung der HAART ließ sich der
statistisch gesicherte Abfall von Inzidenz und Prävalenz auch der Lymphome bei HIV-Infizierten erkennen. Welchen Einfluss hat nun die moderne HAART
auf das Auftreten von „Neuro-AIDS“? Sollte wirklich
ausgerechnet die Beteiligung des zentralen Nervensystems an der HIV-Infektion von den Fortschritten
dieser Therapie ausgespart sein?
Ende der 80er Jahre begannen wir an der Universität
München unser vom Bundesforschungsministerium
gefördertes Verbundprojekt „NEURO-AIDS“. In diesem haben wir in einer Längsschnitt-Untersuchung an
großen Zahlen von Patienten mit HIV-Infektion prospektiv Auftreten und evtl. Verschlimmerung einerseits und Einflüsse der antiretroviralen Therapie
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andererseits auf das Krankheitsbild langfristig verfolgt. Als das Bundesforschungsministerium die Förderung dieser Verbundprojekte generell einstellte,
beschlossen wir in München, dieses Verbundprojekt
in einen Sonderforschungsbereich (SFB) der DFG zu
überführen. Bei dem so genannten Beratungsgespräch vor Etablierung dieses ersten deutschen SFB
zu HIV fragte mich 1995 der Vorsitzende der Gutachterkommission, welchen Einfluss die antiretrovirale Therapie auf das zu untersuchende Krankheitsbild
hätte. Er als Neuropathologe habe bei der Untersuchung von mehr als 1.000 Gehirnen von verstorbenen
AIDS-Kranken einen Rückgang der Befunde festgestellt. Weil dieser Torpedo auf ein zentrales Projekt
unseres geplanten SFB zielte, begann ich als Sprecher
der SFB-Initiative zu schwitzen und antwortete tapfer: „In der Klinik sehen wir keine Effekte“. 1996
wurde der SFB genehmigt und damit etabliert. Im
Jahre 1999 stand die erste Nachbegutachtung an. Für
diese Nachbegutachtung haben wir, d.h. die beteiligten Internisten, Neurologen und Psychiater unser
NEURO-AIDS-Projekt still begraben, weil wir inzwischen so selten unter der HAART klinisch relevante neurologische und psychiatrische Ausfälle
beobachtet hatten, dass ein Beharren auf diesem Projekt – jedenfalls mit dem geplanten Design- nicht
mehr sinnvoll erschien. Seither wundere ich mich
über die zahlreichen Publikationen von Neurologen,
die HAART habe einen relativ geringen Einfluss auf
die Entwicklung von NEURO-AIDS (auch gebrauchte Begriffe wie AIDS-Demenz, HIV-Enzephalopathie, HIV-assoziierter Kognitiv-Motorischer
Komplex usw.)
Im Oktober 2014 hat die Deutsche NEURO-AIDSArbeitsgemeinschaft (DNAA) ein Konsensus-Papier
zu „HIV-1-assoziierte Neurokognitive Störungen“ publiziert. Bei dem Untertitel „Aktuelle Epidemiologie,
Pathogenese, Diagnostik und Therapie“ habe ich mir
Aufklärung zur Ursache der Diskrepanz zwischen internistisch-klinischer Wahrnehmung und den von
Neurologen publizierten Befunden erhofft. Nach Aussage dieses Papiers bleibt die „zerebrale Manifestation der HIV-Infektion mit der Störung von
kognitiv-motorischen Verhaltens- und vegetativen
Funktionen ein Alltagsproblem in der HIV-Medizin“.
„Zwar ist auch die Inzidenz von HAND-(HIV-associated neurocognitive disorder) rückläufig, dies aber
nicht in dem Maße wie die der anderen AIDS-definierenden Erkrankungen“. „Sie wird derzeit auf 20
bis 50% geschätzt“. „HAND tritt heute häufiger in
früheren Stadien auf und zeigt einen anderen Verlauf“.
Dass eine antiretrovirale Therapie den Verlauf einer
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Projekt Information
HIV-assoziierten Störung modifiziert, kann ich gut
nachvollziehen. Dass aber HAND heute (in den Zeiten der HAART) häufiger in früheren Stadien auftrete,
bleibt mir unverständlich. Für einen solchen Befund
finde ich lediglich zwei Erklärungen. Eine NEUROToxizität der Therapie oder – das halte ich für wahrscheinlicher- es werden supersensitive diagnostische
Methoden eingesetzt, die frühzeitig, aber möglicherweise klinisch nicht relevante Abweichungen vom
NORMALEN erkenne lassen.
Hier scheint mir das Hauptproblem in der Diskrepanz
der Wahrnehmung der Bedeutung der HAND in einer
HIV-Schwerpunktpraxis oder Schwerpunktambulanz
einerseits und in einer auf die Betreuung von HIV-infizierten Patienten auf die Neurologie spezialisierten
Einrichtung andererseits zu liegen. Die in der Neurologie vorgestellten Patienten stellen eine erheblich selektierte Patientengruppe dar.
Zur Beurteilung der Inzidenz und Prävalenz neurologischer Störungen bei HIV-Infektion ist es zwingend,
ein unselektiertes „Patientengut“ systematisch und
prospektiv zu untersuchen - im Vergleich mit Kontrollgruppen. In der Forschung ist es wichtig und richtig, sehr sensitive Methoden anzuwenden, um früheste
neurologische Störungen zu erfassen. Für die klinische Praxis besteht dann aber zunehmend die Gefahr,
dass klinisch irrelevante Befunde erhoben werden, die
von den Patienten als potenziell sehr bedrohlich empfunden werden. Die Graduierung der HAND nach der
internationalen Nomenklatur in drei Gruppen ist wissenschaftlich sinnvoll:
1. HIV-1-associated asymptomatic neurocognitive impairment- ANI.
2. HIV-1-associated neurocognitive disorder und
3. HIV-1-associated dementia –HAD.
Für die Beurteilung der Größenordnung des „Alltagsproblem in der HIV-Medizin“ wird es problematisch,
wenn- wie in dem Konsensuspapier- die Prävalenz in
einer HIV-Bevölkerung über alle drei Gruppen zusammen mit 20 bis 50% ohne Differenzierung und
Graduierung geschätzt wird. Was davon ist klinisch
relevant? Eine solche Darstellung kann zur Überschätzung des Problems führen. Dies wird verstärkt
durch das Zitat einer Arbeit, derzufolge 5 bis 10% der
Patienten mit schwerer AIDS-Demenz epileptische
Anfälle haben. Die Publikation stammt von 1990, also
mit Befunden aus den 80er Jahren und ist damit irrelevant in Zeiten der Verfügbarkeit von HAART. Dies
bedeutet eine Überbetonung und damit schwere Ag4
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gravation der zentralnervösen Folgen einer HIV-Infektion.
Noch problematischer wird eine Frühdiagnostik,
wenn man sich den diagnostischen Algorithmus und
therapeutische Empfehlungen in diesem Konsensuspapier anschaut. Bei einer HIV-RNA im Liquor mit
weniger als 50 Kopien/µl im Routinetest wird eine Testung mit ultrasensitiven Methoden für eine Viruslastmessung zwischen 2,5 und 50 Kopien empfohlen.
Im gesamten Text jedoch wird diese Möglichkeit nicht
erwähnt und somit fehlen Zitate zur Sinnhaftigkeit
einer solchen Untersuchung vollständig. Dieser Vorschlag jedoch wirft zahlreiche Fragen auf.
Zum Beispiel.:
- Inwieweit ist ein solcher Test in der Routine-Diagnostik verfügbar?
- Wie reproduzierbar ist das Ergebnis bei ein- und
demselben Patienten zu verschiedenen Zeitpunkten?
- Ist eine messbare Viruslast von > 2,5, aber <50
Kopien/ml auf eine Rest-Replikation zurückzuführen oder z.B. Folge von Apoptose infizierter
Hirnzellen?
Nur wenn das Virus repliziert wird und verantwortlich für den Befund ist, macht eine Therapiemodifikation Sinn.
Selbst wenn man resistente Varianten fände, wäre die
therapeutische Konsequenz bei einer Viruslast von
mehr als 2,5 und weniger als 50 Kopien äußerst fraglich. Die Empfehlung, in einer solchen Situation die
Therapie zu modifizieren –sei es durch Einsatz möglichst liquorgängiger Substanzen, sei es gar durch
Therapieintensivierung durch mehr Substanzen- muss
energisch beim derzeitigen Wissensstand in Frage gestellt werden. Mir ist keine Publikation bekannt, die
eine Reduktion der im Liquor gemessenen Viruslast
>2,5 und <50 cp/ml durch Modifikation oder Intensivierung der HAART nachgewiesen hätte. Von einer
Verbesserung der Hirnleistung einmal ganz abgesehen.
Die Bedeutung dieses Papiers liegt darin, dass hier
nicht die Meinung eines einzelnen Autors sondern ein
Konsensuspapier einer hochkarätigen Expertengruppe
vorgelegt wird. Viele Aspekte in diesem Papier scheinen nicht ausreichend überlegt und diskutiert worden
zu sein (meine persönliche Meinung ist, dass nicht
alle Mitglieder dieser Arbeitsgemeinschaft das Papier
mit der erforderlichen Sorgfalt gelesen haben).
Prinzipiell geht es jedoch nicht um die Diskussion und
Kritik an einem – und sei es noch so schwergewich-
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Projekt Information
tigen- Papier. Es geht um die Frage, wie häufig und
mit welchem Schweregrad sind HIV-infizierte Patienten bei einer frühzeitig begonnenen und konsequent durchgeführten Therapie durch die Entwicklung
neurokognitiver Störungen bedroht. Meine persönliche Beobachtung (zugegebenermaßen wenig bedeutsam) spricht dafür, dass das Problem dramatisch an
Bedeutung durch die HAART verloren hat. Bedroht
sind vor allem solche Patienten, die bereits bei Therapiebeginn (zu häufig in fortgeschrittenen Stadien)
relevante neurologische Störungen entwickelt haben
und solche Patienten, bei denen, aus welchen Gründen auch immer, die Therapie nicht mit der nötigen
Konsequenz und damit dem notwendigen Effekt einer
dauerhaften Suppression der Virusreplikation durchgeführt werden kann.
Jungs und Mädels, atmet auf und durch, die Bedrohung durch eine HIV-Demenz – davon bin ich
fest überzeugt - ist in Zeiten der HAART nicht so
groß.
Literatur:
Eggers C. für die Deutsche NEURO-AIDS-Arbeitsgemeinschaft (DNAA): HIV-1-assoziierte Neuro-kognitive Störung. Nervenarzt 2014; 85:1280-1290
F. Goebel
Praxis Prof. Dr. F. Goebel, Dr. C. Levin
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schicken oder eine Nachricht auf unserem Anrufbeantworter hinterlassen. Wir rufen Sie gerne zurück!
Und wenn Sie einmal Zeit haben, schauen Sie doch
auf eine Tasse Kaffee vorbei!
Januar / Februar 2015
Vitamin D – günstige Effekte auch
auf die HIV-Infektion?
Schon des öfteren haben wir in Projekt Information
über günstige Effekte von Vitamin D berichtet. Nicht
nur auf die Knochen, sondern auch auf das HerzKreislauf-System und vor allem auf das Immunsystem. Viele dieser Untersuchungen beschreiben aber
nur Assoziationen von niedrigen Vitamin D-Spiegeln
und bestimmten Krankheitsbildern. Um zu beweisen,
dass Vitamin D wirklich ursächlich daran beteiligt ist,
bedarf es einer Interventionsstudie. D.h. es muss gezeigt werden, dass sich ein Beschwerdebild, das bei
niedrigem Vitamin D-Spiegel auftritt, bessert, sobald
Vitamin D zusätzlich gegeben wird. Die hier beschriebene Arbeit hat genau das bei HIV-Patienten gemacht.
In unseren Breiten ist ein Vitamin D-Mangel fast
schon die Regel, weil die meisten Menschen sich
nicht ausreichend (und nicht richtig) der Sonne aussetzen. Das heutige Leben spielt sich vor allem in geschlossenen Räumen ab und wenn man in die Sonne
geht, wird sofort Sonnencreme aufgetragen. Dabei
bräuchte die Haut pro Tag ca. 10 min ungehinderte
Sonneneinstrahlung, damit ausreichend Vitamin D gebildet werden kann. Mehr ist hier allerdings nicht besser sondern erhöht tatsächlich das Hautkrebsrisiko.
Die französische Forschergruppe untersuchte nun
HIV-infizierte Patienten, die seit mindestens drei Jahren eine HIV-Therapie erhielten, seit mindestens
einem Jahr eine Viruslast unter der Nachweisgrenze
hatten und mindestens 350 Helferzellen/µl aufwiesen.
Mit Efavirenz (Sustiva® und in Atripla® enthalten)
behandelte Patienten wurden ausgeschlossen, da diese
Substanz die Vitamin D-Spiegel senken kann. Auch
mit Hepatitis C koinfizierte Patienten wurden ausgeschlossen, da das HC-Virus eine zusätzliche Immunaktivierung hervorruft. Abhängig von ihrem Vitamin
D-Spiegel wurden die Patienten in zwei Gruppen eingeteilt: Patienten mit Vitamin D-Mangel (weniger als
12 ng/ml 25(OH)-Vitamin D3 im Blut) oder mit ausreichenden Spiegeln (mehr als 30 ng/ml). Es wurden
53 Patienten untersucht (38 Männer, 15 Frauen),
davon hatten 23 einen Vitamin D-Mangel und 30 normale Werte. Nach der Eingangsuntersuchung wurde
den Patienten mit Vitamin D-Mangel eine Vitamin DErgänzung angeboten: 100.000 IU Vitamin D alle 14
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Projekt Information
Tage für drei Monate und danach 100.000 IU monatlich für weitere neuen Monate. Sechzehn von siebzehn supplementierten Patienten erreichten deutlich
höhere Vitamin D-Spiegel (Anstieg von durchschnittlich 9 auf 34 ng/ml). Darüber hinaus zeigten sich folgende, günstige Ergebnisse:
- Die Anzahl der CD38-positiven Zellen (einem Immunaktivierungsmarker) nahm signifikant ab (von
9,1 auf 7,4%, p=0,04)
- Das Verhältnis von CD4- zu CD8-Zellen stieg an
(von 0,72 auf 0,85, p=0,03)
Die Autoren folgern, dass Vitamin D die bei HIV-Infizierten gesteigerte Immunaktivierung günstig beeinflussen kann. In der Diskussion werden noch
weitere Studien erwähnt, die vermuten lassen, dass
Vitamin D auch die HIV-Vermehrung bremsen kann
und einen protektiven Effekt auf die mitochondriale
Toxizität von Nukleosidanaloga hat.
Dies alles sollte in weiteren Studien überprüft werden
um den vollen Nutzen von Vitamin D bei HIV und
den Begleiterkrankungen einschätzen zu können.
Quelle: Fabre-Mersseman V et al.: „Vitamin D supplementation is associated with reduced immune activation levels in HIV-1-infected patients on suppressive antiretroviral
therapy“, AIDS 2014, 28:2677-2682
S. Schwarze
Reisen mit HIV
Was bei Auslandsaufenthalten beachtet werden sollte
Auslandsaufenthalte werden heutzutage oft als eine
Selbstverständlichkeit wahrgenommen. Viele sind aus
beruflichen und privaten Gründen „in der Welt“ unterwegs: mobil und flexibel zu sein wird in vielen Berufssparten vorausgesetzt. Das gilt auch für Menschen
mit HIV. Aufgrund der HIV-Therapie sind auch längere Auslandsaufenthalte meist problemlos möglich.
Damit es keine unangenehmen Überraschungen gibt,
ist es sinnvoll, sich vor der Reise zu informieren und
die HIV-spezifischen, medizinischen und rechtlichen
Besonderheiten zu beachten. Die medizinischen Besonderheiten beziehen sich vor allem auf tropische
Regionen, wo Prophylaxe und Impfungen notwendig
sein können. Rechtliche Besonderheiten betreffen
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Länder, die Menschen mit HIV bei Einreise und Aufenthalt diskriminieren und manchmal sogar vor einer
Ausweisung nicht zurückschrecken. In vielen Ländern gibt es zusätzlich Besonderheiten für Drogengebrauchende, Substituierte, Sexarbeiter/innen und für
schwule Männer.
Den persönlichen Gesundheitszustand einschätzen
Für Menschen mit und ohne HIV gilt gleichermaßen:
Reisen sollte besser nur, wer sich gesund fühlt. Menschen mit HIV sollten vor längeren Auslandsaufenthalten ihren behandelnden Arzt informieren: aus
medizinischer Sicht zu treffende Vorsichtsmaßnahmen können dann bedacht werden. Sind Immunstatus
und Therapie stabil, wird es kaum medizinische
Gründe geben, die gegen eine Reise sprechen. Die
damit zusammenhängenden Fragen sollten mit dem
Arzt besprochen werden.
Als Faustregel gilt:
a) CD4 Helferzellzahl über 500: grenzenloses Reisen
möglich, fast alle Impfungen möglich. Von Reisen
in tropische Länder wird nicht abgeraten
b) CD4 Helferzellzahl zwischen 200 und 500: es
kann zu vermehrten Magen-Darm Infekten kommen. Tropenerkrankungen können schwerer verlaufen. Von Reisen in tropische Länder wird aber
nicht generell abgeraten
c) CD4 Helferzellzahl unter 200: wie b, jedoch häufigeres Auftreten von Magen-Darm Infektionen
möglich, Risiko der Entwicklung von opportunistischen Infektionen. Vorsicht ist bei Ländern mit
problematischen Umwelt- und Hygienebedingungen geboten. Von der Einreise in einige Länder
wird abgeraten, Impfungen teilweise nicht möglich und Wirksamkeit unsicher, Antibiotika-Prophylaxen erwägen.
Stabile HIV-Therapie
Wenn die HIV-Therapie gut funktioniert und vertragen wird ist das für die Reise von Vorteil. Da immer
auch einmal Nebenwirkungen auftreten können, sollte
die Therapie möglichst nicht kurz vor oder gar während der Reise umgestellt werden. Das gleiche gilt für
Therapiepausen: Im Urlaub eine Therapie zu unterbrechen, birgt gesundheitliche Risiken und kann aus
medizinischer Sicht nicht empfohlen werden.
Checkliste
- Arzt über Reiseziel informieren
- Abklären, ob besondere Prophylaxen oder Impfungen nötig sind (Adressen Robert Koch Institut
und Tropenmedizinische Institute, s.U.)
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Projekt Information
- Reiseapotheke zusammenstellen http://www.aidshilfe.de/de/shop/med-info-nr-83-hiv-und-reisenauslandsaufenthalte, Seite 8
- Gesundheitszustand/Immunstatus/Stabilität der
HIV-Therapie überprüfen
Menge und Aufbewahrung der Medikamente
Da das Reisegepäck verloren gehen kann, ist es ratsam, HIV-Medikamente immer im Handgepäck mitzuführen. Man sollte immer mehr Medikamente
dabeihaben als man eigentlich braucht. Unvorhersehbare Ereignisse wie zum Beispiel Streiks, Unruhen
oder Naturereignisse besser einkalkulieren. In der
Regel können HIV-Medikamente für drei Monate im
Voraus verschrieben werden. Darüber hinausgehende
Zeiträume müssen mit dem Arzt persönlich abgesprochen und der Krankenkasse individuell abgeklärt
werden. Da die Einfuhr größerer Mengen von Medikamenten an der Grenze Fragen aufwerfen könnte,
sollte man ein Begleitschreiben des behandelnden
Arztes (ggf. in englischer Sprache) dabeihaben auf
dem steht, dass man die Medikamente wegen einer
chronischen Erkrankung zum persönlichen Bedarf
braucht. HIV sollte nicht erwähnt werden. Bei Reisen
in Länder die Menschen mit HIV diskriminieren ist
es gut, sich Argumente bereitzulegen (Herz-Kreislauf
Erkrankung etc.).
In der Regel gibt es für die modernen HIV Medikamente keine besonderen Vorschriften zur Aufbewahrung. Bei Ländern, die eine Einreise von Menschen
mit HIV kriminalisieren, empfiehlt es sich, die Medikamente durch die Apotheke neutral verpacken zu lassen: anstatt des Handelsname den Familienamen
angeben.
Checkliste
- Begleitschreiben des Arztes
- Ausreichend Medikamente mitführen
- Bei längeren Reisen: Fragen mit Krankenkasse
klären
- Besondere Lagerbedingungen klären (Apotheker
fragen, Beipackzettel)
- Ggf. Medikamente neutral umpacken lassen (Apotheker)
Umgang mit Zeitverschiebung
HIV-Medikamente werden in der Regel ein- oder
zweimal täglich zur möglichst gleichen Zeit genommen. Damit die Einnahme nicht vergessen wird sind
Rituale (nach dem Zähneputzen, Frühstück etc.) hilfreich. Alle heute üblichen Kombinationen verbleiben
so lange im Körper, dass eine Abweichung vom normalen Einnahmezeitpunkt um plus / minus vier Stun-
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den völlig problemlos ist. Bei einmaligem Wechsel
der Zeitzone macht es Sinn, am Zielort einfach die
Pillen zur gewohnten Zeit einzunehmen. Eine Ausnahme sind Menschen, die beruflich ständig die Zeitzonen wechseln, z.B. Flugbegleiter. Sie sollten die
Medikamente möglichst nach einem festen Schema
einnehmen, z.B. alle 12 Stunden bei zweimal täglicher Einnahme oder alle 24 Stunden bei täglicher Einnahme. Auch hier sind einige Stunden Abweichung
von den entsprechenden Zeiten problemlos möglich.
Was machen, wenn Medikamente verloren gehen?
Zu allererst Ruhe bewahren: HIV ist keine Notfallbehandlung, eine unmittelbare Auswirkung ist nicht zu
befürchten. Am besten ist es, wenn man auf den Notfall gut vorbereitet ist und entsprechende Situationen
mit seinem Arzt und der Krankenkasse besprochen
hat. Medikamente haben unterschiedliche Halbwertszeiten, die bekannt sein sollte, um kalkulieren
können, wie viel Zeit man hat bis die Wirkung nachlässt. Wenn nur eines der Medikamente aus einer
Kombinationstherapie abhanden gekommen ist, sind
Besonderheiten zu beachten, da Resistenzen auftreten
könnten. Es ist gut, wenn man die Adressen von HIV
behandelnden Ärzten und HIV-Organisationen des
Reiselandes dabei hat und wenn man weiß, ob die persönliche Medikamentenkombination im Urlaubsland
erhältlich ist und wie, bzw. ob sie mit der Krankenkasse abgerechnet werden können. Da manche der
Medikamente vor Ort mit anderen Handelsnamen
oder als Generika erhältlich sind, ist es gut, wenn die
Namen der Präparate bekannt sind. Über die Suchmaschine von http://www.aidsmap.com/e-atlas kann
man in vielen Ländern aktuelle Adressen von HIV Organisationen bekommen, die ggf. im Notfall weiterhelfen können.
Checkliste
- Wie lange bleiben die Medikamente im Körper?
(Apotheker oder Arzt fragen)
- Empfehlung des behandelnden Arztes vor der Abreise besprechen
- Was tun um für meine Kombination ggf. Resistenzen zu vermeiden? (vor der Reise mit Arzt klären)
- Abklärung Versicherungsschutz: werden im Ausland verlorengegangene Medikamente durch die
Krankenkasse ersetzt oder werden Kosten durch
Zusatzversicherung getragen?
- Handelsname der Medikamente und Generika im
Urlaubsland aufschreiben (Apotheker fragen)
- Adressen von Ärzten und HIV Versorgungsstrukturen im Urlaubsland (www.aidsmap.com)
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Projekt Information
Kostenübernahme von notwendigen Behandlungen durch Reise- und Krankenversicherung
Die Inanspruchnahme von medizinischen Diensten im
europäischen Ausland ist für gesetzlich Krankenversicherte durch das Sozialversicherungsabkommen der
EU-Staaten geregelt. Voraussetzung dafür ist die europäische Versicherungskarte, die sich bei der Krankenkasse kostenlos beantragen lässt. Neuere
Versichertenkarten haben die europäische Versichertenkarte bereits automatisch auf der Rückseite aufgedruckt. Bei Reisen ins Ausland werden die Kosten für
medizinisch notwendige Behandlungen übernommen.
Jedoch gelten hierbei die Leistungseinschränkungen
und Zuzahlungen des jeweiligen Reiselandes. Dabei
muss man beachten, dass diese meist wesentlich höher
ausfallen als in Deutschland. Allerdings gehören laufende HIV-Therapien nicht zum Umfang der Versicherung,
weshalb
HIV-Medikamente
nicht
übernommen werden. Auch Kosten für Rücktransporte nach Deutschland werden von der gesetzlichen
Krankenkasse generell nicht übernommen! Wer auf
Nummer sicher gehen will, sollte daher eine zusätzliche private Versicherung vor Reiseantritt abschließen.
Die Versicherung wird in der Regel für ein Jahr abgeschlossen. Kosten und Leistungen der Versicherungen
sind unterschiedlich, weswegen es sich lohnt, sich gut
zu informieren. Die Beantragung einer solchen Versicherung ist auch für HIV-Positive möglich, da keine
Gesundheitsfragen gestellt werden. Zu beachten ist jedoch, dass akute oder chronische Erkrankungen, die
bereits vor Urlaubsantritt bestehen, durch die Zusatzversicherung nicht versichert sind. Deswegen sollten
sich HIV-Positive vom behandelnden Arzt ein Attest
ausstellen lassen, dass man uneingeschränkt reisefähig ist und keine akuten Behandlungen anstehen oder
zu erwarten sind. Wer sich allerdings bereits aufgrund
einer Begleiterscheinung der HIV-Infektion in
Deutschland in Behandlung befindet, die im Ausland
fortgesetzt werden muss, gefährdet den Versicherungsschutz! Im Zweifelsfall sollte die Versicherung
vor Reiseantritt befragt werden, wie es sich im individuellen Fall verhält und sich dies auch schriftlich
bestätigen lassen. Für alle, die Länder außerhalb der
EU bereisen wollen, ist eine Auslandsreise-Krankenversicherung unumgänglich. Privatvollversicherte
haben in der Regel einen Auslandsschutz im Vertrag
integriert. Dies sollte man jedoch auf jeden Fall im
Versicherungsschein überprüfen.
Regionale Besonderheiten des Reiseziels beachten
Da die gesundheitlichen, politischen aber auch klimatischen Bedingungen in den Ländern sehr unterschiedlich sind und die Begebenheiten teilweise
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direkte Auswirkung auf Menschen mit HIV haben
können, ist es sinnvoll sich vor der Reise so gut wie
möglich zu informieren. Am Ende des Textes finden
sich hilfreiche Links der WHO, von UNAIDS und anderer Institutionen, die die Suche nach länderspezifischen Informationen und Empfehlungen erleichtern.
HIV bedingte Einschränkungen bei Einreise und
Aufenthalt
Weltweit gibt es über 50 Länder mit HIV-bedingten
Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen. Einige dieser Länder lehnen die Einreise von HIV-Positiven entweder komplett ab oder haben Sonderbestimmungen
für kurzfristige (<drei Monate dauernde) Aufenthalte.
Annähernd 30 Länder deportieren Menschen, wenn
eine HIV-Diagnose festgestellt wird.
Die gute Nachricht zuerst: Touristen sind selten davon
betroffen. Die meisten der Regelungen gelten bei längerfristigen Aufenthalten, in der Regel für mehr als
drei Monate. Meistens werden in Visaanträgen Fragen nach dem Gesundheitszustand und HIV-Status
gestellt. Mit dem Antrag für das Visum müssen Gesundheitszeugnisse, inklusive HIV-Test vorgelegt
werden. HIV-Positiven wird die Einreise verweigert.
Im Fall einer positiven HIV-Diagnose droht die Ausweisung bzw. Abschiebung. Teilweise geschieht dies
unter menschenunwürdigen Bedingungen, das heißt
ohne medizinische Behandlung, Aufklärung und jenseits uns bekannter Standards hinsichtlich Vertraulichkeit und ärztlicher Schweigepflicht in Bezug auf
Arbeitgeber und Familienangehörige.
Da in den einzelnen Ländern sowohl gesetzliche Unterschiede bestehen als auch die Umsetzung unterschiedlich kontrolliert und gehandhabt wird, ist es
sehr ratsam sich so genau wie möglich über das Reiseland zu informieren. Dabei sollte man nicht direkt
die Botschaft des Reiselandes kontaktieren und die
Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen für Menschen mit HIV und Aids erfragen.
Allgemeine Informationen, aber auch detaillierte Angaben zu den Einreise und Aufenthaltsbestimmungen
in Bezug auf HIV-Positive in 200 Ländern sind unter
www.hivrestrictions.org veröffentlicht.
Eine Zusammenstellung der Länder wird in regelmäßigen Abständen von der DAH herausgegeben und
kann unter der Adresse
http://www.aidshilfe.de/de/shop/schnellfinder-20122013 heruntergeladen werden
Liste der Länder ohne Restriktionen für Menschen mit
HIV: http://www.hivrestrictions.org/Default.aspx?PageId=143&Mode=list&StateId=1
Jahrgang 23, Nr. 1
Projekt Information
Liste der Länder mit faktischem Einreiseverbot für
Menschen mit HIV:
http://www.hivrestrictions.org/Default.aspx?PageId=143&Mode=list&StateId=2
Liste der Länder mit Restriktionen für kurzzeitige
Aufenthalte (weniger als 90 Tage): http://www.hivrestrictions.org/Default.aspx?PageId=143&Mode=list&
StateId=3
Liste der Länder mit Restriktionen für langzeitige
Aufenthalte (über 90 Tage): http://www.hivrestrictions.org/Default.aspx?PageId=143&Mode=list&State
Id=4
Liste der Länder die Menschen mit HIV deportieren:
http://www.hivrestrictions.org/Default.aspx?PageId=143&Mode=list&StateId=7
Wie können Probleme bei der Einreise vermieden
werden?
Wie der Einzelne mit den Einreise-/ Aufenthaltsbeschränkungen umgeht, ist eine persönliche Entscheidung. Hier können nur die möglichen Folgen
beschrieben werden. Wer sich entscheidet, die Wahrheit zu sagen, kann damit rechnen, dass die Einreise
verweigert wird. Wenn man diese Frage nicht wahrheitsgemäß beantwortet, steht man vor dem Problem,
mitgebrachte HIV-Medikamente verbergen zu müssen. Falls bei der Beantragung der Visa oder an der
Grenze Gesundheitszeugnisse verlangt werden, müssen die erforderlichen Tests und Untersuchungen häufig bei Vertragsärzten der Botschaft oder anderen
offiziellen Stellen durchgeführt werden. Manche Länder verpflichten Ausländer zu regelmäßigen Routineuntersuchungen, die einen HIV-Test beinhalten. Die
Kosten hierfür müssen selbst getragen werden. Weitere Gesundheitskontrollen werden durch Agenturen
praktiziert, die im Ausland Arbeitskräfte anwerben.
Auch andere Stellen, wie zum Beispiel Arbeitgeber
und Universitäten verlangen HIV-Tests als eine Voraussetzung zur Anstellung, zur Vergabe von Studienplätzen und Stipendien. Eine besonders große
Belastung ist gegeben, wenn das körperliche Erscheinungsbild es dem Reisenden unmöglich macht, die
Krankheit zu verbergen oder zu verleugnen. Oft liegt
es im Ermessen des Grenzbeamten dann eine Untersuchung anzuordnen.
Checkliste
- Sich rechtzeitig vorab über die gesetzlichen Bestimmung zur Einreise informieren
- Medikamente im Handgepäck mitführen, neutral
verpacken und Brief des behandelnden Arztes mitführen (s.o.)
- Falls bei der Einreise gefragt wird, weshalb die
Januar / Februar 2015
Medikamente gebraucht werden, allgemein mit
„Blutdruck“, „Kreislaufprobleme“ antworten
- Fragen zum HIV-Status keinesfalls mit Kontrollbeamten diskutieren (dies gilt auch, wenn keine
HIV-bedingten Bestimmungen existieren; Grenzbeamte könnten über die rechtliche Situation uninformiert sein und entsprechend reagieren).
- Flugreisende die bei Transitreisen in Katar, Abu
Dhabi oder Singapur umsteigen müssen, brauchen
nichts zu befürchten: Transitreisende reisen nicht
ein und unterstehen deshalb keiner Zollüberprüfung
Krimalisierung von HIV Übertragungen
und Exposition
Sich auf Sex einzulassen kann für Menschen mit HIV
strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. In
vielen Ländern ist die Übertragung und Exposition
von HIV unter Strafe gestellt. Die Kriminalisierung
bedeutet, dass die Verantwortung einseitig bei Menschen mit HIV liegt. Um sich keiner Gefahr auszusetzen (staatliche Willkür, Anschuldigungen,
Erpressungsversuche, Haftstrafen etc.) ist es ratsam,
sich vor der Reise über die entsprechenden Gesetze
des Reiselandes zu informieren. Eine gute Übersicht
über die jeweilige Situation einzelner Länder bietet
die
Homepage
von
GNP+
unter:
http://www.gnpplus.net/criminalisation/ die Daten
sind auch über www.hivrestrictions.org abrufbar.
Informationen zur Kriminalisierung
von Homosexualität
Homosexualität wird in vielen Ländern dieser Welt
unter Strafe gestellt. Nach Angaben der Internationalen Schwulen und Lesben Organisation (ILGA) gibt
es derzeit 78 Länder in denen Homosexualität illegalisiert ist, es kommt teilweise zu erheblichen Strafmaßen, in fünf bis neun Ländern kann auf
homosexuelle Akte sogar die Todesstrafe angewandt
werden. Das Ausmaß an Homophobie und gegen
Schwule gerichtete Gewalt ist in vielen Ländern hoch.
Da die rechtliche Situation auch zu Erpressung führen kann und man als schwuler Mann im Ausland bei
Gewaltakten nicht zur Polizei gehen kann, wenn homosexuelle Akte unter Strafe stehen, empfiehlt es sich
über die Situation im Land zu informieren und dann
zu entscheiden worauf man sich einlassen möchte.
Die ILGA Webpage stellt Informationen zur Situation
von Schwulen, Lesben und Transgender in vielen
Ländern zur Verfügung: www.ilga.org.
Bestimmungen für Menschen,
9
Januar / Februar 2015
Projekt Information
die substituiert werden
Für Menschen, die substituiert werden, stellen sich bei
Auslandsaufenthalten medizinische und rechtliche
Fragen, die vor Reiseantritt unbedingt abgeklärt werden sollten. Die Verschreibungsdauer von Substitutionsmitteln ist begrenzt und nicht alle Länder erlauben
die Einfuhr. Für Reisen innerhalb Deutschlands gilt
eine maximale Verschreibungsdauer von sieben
Tagen. Für die Versorgung im Ausland gewährt die
Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung einen
Verschreibungszeitraum von maximal 30 Tagen innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten. Bei Reisen innerhalb der Schengen-Vertragsstaaten sollte ein
Formular mitgeführt werden. Das Formular (siehe
http://www.indro-online.de/schengen.pdf) muss vom
verordnenden Arzt ausgefüllt und vom Patienten dem
zuständigen Gesundheitsamt vorgelegt werden. Informationen und rechtliche Bestimmungen rund um
das Thema Substitution im In- und Ausland für über
190 Länder findet man unter http://www.indro-online.de/indexmethadon.htm
Bestimmungen für Sexarbeiter
und Sexarbeiterinnen
Sexarbeit gibt es in allen Ländern dieser Erde. Da
Sexarbeit oft tabuisiert wird und moralisch bewertet
ist, gestaltet sich die Rechtssituation von Sexarbeitern
und Sexarbeiterinnen sehr unterschiedlich. Es gibt
Länder, die „zum Schutz“ der Sexarbeiter entweder
das Angebot von Sexarbeit, Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen oder deren Kunden und Kundinnen kriminalisieren. Manche Länder verbieten die Einreise
von Sexarbeitern und Sexarbeiterinnen, berichtet wird
in einigen Ländern von Zwangstests (HIV und anderen STIs), von Inhaftierung, von Ausbeutung durch
Polizisten und von Ausweisung. Um Unannehmlichkeiten (beispielsweise Erpressung bei Kriminalisierung) zu vermeiden macht es Sinn, sich vor der Reise
über die Rechtssituation des Reiselandes zu informieren. Gut aufbereitete Informationen bietet das
Globale
Netzwerk
für
Sexarbeiter:
http://www.nswp.org/members/europe/sex-workersrights-advocacy-network-swan
Wichtige, weiterführende Adressen
o Homepage des Auswärtigen Amtes mit Merkblättern zu Hygieneregeln, zur Vermeidung von
Durchfall, Höhenkrankheit, Reisethrombosen:
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/01-Laender/Gesundheitsdienst/Prophylaxe_node.html
o Homepage WHO (Weltgesundheitsorganisation)
mit Informationen zu vielen gesundheitsrelevan-
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Jahrgang 23, Nr. 1
ten
Fragen
einzelner
Länder:
http://www.who.int/countries/en/
WHO-Liste der Länder, die eine Gelbfieberimpzur
Einreise
erfordern:
fung
http://www.who.int/ith/ith_country_list.pdf
WHO-Länderprofile zu Malaria-Verbreitung und
-Prophylaxe: http://www.who.int/malaria/publications/country-profiles/en/
Länderprofile der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) http://www.who.int/countries/en/
Länderprofile zur HIV-Situation in einzelnen Ländern (UNAIDS): http://www.unaids.org/en/regionscountries/countries/
Internetseite des Auswärtigen Amtes (medizinische Reiseinformationen zu einzelnen Ländern,
Merkblätter etc.): http://www.auswaertigesamt.de/DE/Laenderinformationen/01-Laender/Gesundheitsdienst/Prophylaxe_node.html#doc33337
0bodyText1
Merkblätter mit Informationen zum Krankenversicherungsschutz
in
EU
Staaten:
http://www.dvka.de/oeffentlicheSeiten/UrlaubAusland/MerkblaetterUrlaub.htm
Informationen zu HIV bedingten Einreise und Aufenthaltsbestimmungen: www.hivrestrictions.org
Informationen und rechtliche Bestimmungen für
Substituierte in 190 Ländern: http://www.indroonline.de/indexmethadon.htm
Information zu Homosexualität in vielen Ländern:
www.ilga.org
Schnellfinder (Broschüre zu HIV-bedingten Einreisebestimmungen weltweit): aktuelle Version erhältlich
in
Englisch
und
Deutsch:
http://www.aidshilfe.de/de/shop/schnellfinder2012-2013
Broschüre MED-Info:„HIV und Auslandsaufenthalte“ http://www.aidshilfe.de/de/shop/med-infonr-83-hiv-und-reisen-auslandsaufenthalte
Impfempfehlungen
Robert-Koch-Institut:
http://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STI
KO/Empfehlungen/Impfempfehlungen_node.html
Homepage der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin: http://www.dtg.org/
Institut für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit: http://tropeninstitut.charite.de/
Global
Network
for
Sex
Workers:
http://www.nswp.org/members/europe/sex-workers-rights-advocacy-network-swan
Peter Wiessner
Kontakt: [email protected]
November 2014
Jahrgang 23, Nr. 1
Projekt Information
Medizin & Forschung
PrEP funktioniert!
(und zwar ziemlich gut…)
Seit einiger Zeit gibt es eine weitere Methode, um
eine HIV-Infektion zu verhindern: Die Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP), also die vorbeugende Einnahme von HIV-Medikamenten (v.a. Truvada®) zur
Verhinderung der Infektion. In bisherigen Studien
schwankte die Effektivität zwischen nicht messbar bis
knapp 100%. Nun wurden zwei Studien vorzeitig beendet – weil die Wirksamkeit so hoch war, dass man
die PrEP der Kontrollgruppe (die keine bekam)
nicht mehr vorenthalten
möchte.
Ausgegangen war man von
der PEP, der Post-Expositions-Prophylaxe.
Diese
Gabe einer HIV-Kombinationstherapie bis zu 48
Stunden nach einer möglichen HIV-Exposition kann
in vielen Fällen eine Infektion verhindern (wie hoch
die Wirksamkeit genau ist, wird man nie wissen, da
man aus ethischen Gründen in solchen Fällen keine
placebo-kontrollierte Studie machen kann). Also
müsste es doch noch viel wirksamer sein, wenn zum
Zeitpunkt der Exposition schon HIV-Medikamente im
Körper sind.
In der Vergangenheit wurde zunächst die durchgehende PrEP geprüft. Also die ständige Einnahme von
HIV-Medikamenten um während des sexuellen Kontakts, egal, wann dieser stattfindet, geschützt zu sein.
Dieses Design hatte auch die PROUD-Studie, an der
545 schwule Männer in England teilnahmen. Am 16.
Oktober wurde die Studie vorzeitig abgebrochen (d.h.
dass jetzt alle Studienteilnehmer Truvada® zur Prophylaxe erhalten), da sich in der Gruppe, die die HIVMedikamente schluckte, deutlich weniger Probanden
infiziert haben. Genaue Daten hierzu gibt es noch
nicht, da noch ausgewertet wird, aber man kann davon
Januar / Februar 2015
ausgehen, dass die Wirksamkeit in der Größenordnung von 80% gelegen haben muss, sonst hätte man
die Studie nicht abgebrochen.
Weniger als zwei Wochen darauf gingen auch die Forscher der IPERGAY-Studie an die Öffentlichkeit. In
dieser Studie erhielten 400 französische und kanadische Schwule Männer eine episodische PrEP. Das bedeutet keine dauernde Medikamenteneinnahme,
sondern:
- 2 Tabletten Truvada® 2-24h vor dem Sex
- Je eine Tablette Truvada® in jedem 24h-Intervall,
in dem man Sex hat
- Noch eine Tablette in den 24h nach dem Sex
Auch in dieser Studie fand eine Zwischenauswertung
eine deutlich größere Zahl von Infektionen in der
Gruppe, die keine PrEP erhalten hatte (sondern sich
nur auf „Safer Sex“ verlassen hatte – oder auch nicht).
Diese Ergebnisse sind deshalb so bedeutsam, weil
die Kontrollgruppen in
beiden Studien eine ziemlich intensive „Safer-Sex“Beratung bekamen. Selbst
unter diesen optimalen Bedingungen war eine PrEP
aber offenbar wirksamer.
Natürlich schützt eine
PrEP nicht vor einem Tripper oder einer Syphilis,
aber das tut die Anti-BabyPille auch nicht und trotzdem hat sie sich gegenüber
dem Kondom zur Schwangerschaftsverhütung durchgesetzt.
Es geht ja auch gar nicht darum, eine Methode durch
eine andere zu ersetzen, sondern es geht darum, mehr
Möglichkeiten zu bieten, sich vor HIV zu schützen.
Neben den verhaltensbasierten Methoden (z.B. Abstinenz, Monogamie) und den „Barrieremethoden“
(Kondom, Femidom) werden in Zukunft die biomedizinischen Methoden (PEP, PrEP, Behandlung des infizierten Partners) an Bedeutung gewinnen.
Dementsprechend wird es wichtig werden, die Menschen hinsichtlich des Nutzens aber auch der Beschränkungen dieser Methoden aufzuklären.
Quelle: Cairns G: „D-day for the Pill for HIV”, huffingtonpost.co.uk
S. Schwarze
11
Januar / Februar 2015
Projekt Information
Sexuelle Übertragung der
Hepatitis C durch Sperma?
Bis dato galt Blut als einzig relevanter Übertragungsweg für die Hepatitis C. Allerding kennen wir den
Übertragungsweg nur für ca. 25% der Infektionen.
Das mag zum einen daran liegen, dass viele Infektionen, die heute entdeckt werden, schon Jahre oder
sogar Jahrzehnte zurückliegen, so dass sich die Betroffenen oft nicht mehr an die möglichen Infektionsrisiken erinnern können. Bei neu erworbenen
Infektionen spielt aber vielleicht ein anderer Faktor
eine Rolle.
Untersuchungen legen nahe, dass - ähnlich wie bei
einer HIV-Infektion - kurz nach der Infektion, noch
bevor das Immunsystem auf das Virus reagieren kann,
besonders große Mengen von HC-Viren im Blut zirkulieren. Bei solch hohen Mengen (größer als 1 Million IU/ml) findet man dann auch größere
Virusmengen im Sperma. Dies könnte also bedeuten,
dass Menschen, die sich gerade erst selbst mit HCV
infiziert haben und noch nichts von ihrer Erkrankung
wissen, infektiöser sind - und möglicherweise auch
ihr Sperma. Auf der anderen Seite wissen wir, dass
bei HIV-Infizierten das Darmimmunsystem durch die
HIV-Infkektion geschwächt ist.
Bei HIV-Positiven werden im Vergleich zu HIV-Negativen deutlich mehr Hepatitis C-Infektionen gemeldet. Das kann an vielen Faktoren liegen. Zum
Beispiel daran, das HIV-Patienten besser überwacht
werden. Möglicherweise haben HIV-Positive auch
einen anderen Lebens- und/oder Sex-Stil. Aber auch
das Zusammentreffen von hoher HC-Viruslast auf der
einen Seite und ein nicht voll funktionsfähiges Darmimmunsystem auf der anderen Seite könnte eine
Möglichkeit für eine sexuelle Übertragung der Hepatitis C bieten. Noch ist das ganze eine Hypothese, die
noch durch weitere Untersuchungen bestätigt oder widerlegt werden muss. Wir werden berichten.
Quelle: Vortrag „Acute hepatitis C“ von Emma Page im
Rahmen der „Five Nations Conference on HIV and Hepatitis“, London, 8./9.12.2014
http://bhiva.org/documents/Conferences/Five-Nations/2014/Presentations/141209/EmmaPage.pdf
S. Schwarze
12
Jahrgang 23, Nr. 1
Neues aus der Industrie
Harvoni® (Sofosbuvir/Ledipasvir) zur Behandlung der Hepatitis C in den Ländern der EU zugelassen.
Am 19.11.14 hat die Europäische Arzneimittelbehörde die Fixkombination Harvoni®, bestehend aus
dem NS5B-Hemmer Sofosbuvir (400 mg, bereits als
Sovaldi® verfügbar) und dem NS5A-Hemmer Ledipasvir (90 mg) zugelassen. Die Fixkombination wird
als eine Tablette einmal täglich eingenommen. Die Indikation lautet Behandlung der chronischen Hepatitis
C mit den Genotypen 1, 3 oder 4. Die Therapiedauer
beträgt 8 bis 24 Wochen, abhängig vom Genotyp, der
bisherigen Therapie und Zirrhosestatus. Die Verträglichkeit in den klinischen Studien war überwiegend
gut. Die Monatspackung mit 28 Tabletten kostet
22.260,88. Damit liegt der Preis nur etwa 10% über
der Einzelsubstanz Sovaldi®. Mitbewerber, die Sovaldi® als Kombinationspartner brauchen, dürften
damit gegenüber der Fixkombination Harvoni® auf
absehbare Zeit keine Chance haben.
Rezolsta® (Darunavir/Cobicistat) zur Behandlung
der HIV-Infektion in den Ländern der EU zugelassen.
Am 25.11.14 wurde in den Ländern der EU die Fixkombination aus 800 mg Darunavir (bereits als Prezista® 800 mg verfügbar) und 150 mg Cobicistat
(bereits als Tybost® verfügbar) zur Behandlung der
HIV-Infektion in Kombination mit anderen Substanzen für Patienten über 18 Jahren zugelassen.
Der Hersteller Janssen bietet damit ist als erster eine
Fixkombination aus Proteasehemmer und Booster an,
die nicht auf Ritonavir (Norvir®) als Booster beruht.
„Positive Opinion“ für Hepatitis C-Kombination
Viekirax® und Exviera®
Die Europäische Kommission hat am 22.11.14 eine
„Positive Opinion“ für die bisher als „3D“ bekannte
Kombination aus Ombitasvir (NS5A-Hemmer), Paritaprevir/Ritonavir (Proteasehemmer und Booster)
sowie Dasabuvir (NS5B-Hemmer) veröffentlicht.
Diese „Positive Opinion“ geht der Zulassung üblicherweise sechs Wochen voraus. Die Fixkombination
aus Ombitasvir, Paritaprevir und Ritonavir wird Viekirax® heißen, Dasabuvir heißt Exviera®. Da Proteasehemmer nur gegen die Genotypen 1 und 4
wirken, dürfte sich die Zulassung der Kombination
Jahrgang 23, Nr. 1
auch auf die Behandlung dieser Typen (mit oder ohne
Ribavirin) beschränken.
GenXpert
Der Diagnostikahersteller Cepheid hat ein vollautomatisches Diagnostikgerät im Programm, das auf der
PCR-Technik basiert. Bisher stand schon ein Vielzahl
von Tests zur Diagnose bakterieller Infekte (z.B. Tuberkulose, Streptokokken, Chlamydien, Gonokokken)
zur Verfügung, nun kommen Tests zur Viruslastbestimmung für HIV und Hepatitis C hinzu. Das besondere an diesem Verfahren ist, dass es genau so sensitiv
ist wie die bisherigen Labortests (Testbereich 4010.000.000 Kopien/ml bei HIV bzw. 10-10.000.000
bei HCV) aber das Ergebnis vollautomatisch aus einer
Blutplasmaprobe innerhalb von zwei Stunden ermitteln kann. Damit wäre nicht nur eine schnelle Viruslastbestimmung in jeder Schwerpunktpraxis möglich,
sondern auch eine zeitnahe Diagnose frischer Infektionen.
Das benötigte Gerät ist in etwa so groß wie eine Espressomaschine und kostet ca. 15.000 Euro. Die Tests
selbst finden in Einmalkartuschen statt, die alle benötigten Reagenzien gefriergetrocknet enthalten.
S. Schwarze
Januar / Februar 2015
Projekt Information
Grundlegend & Wissenswert
Immunität gegen HIV
Schon seit geraumer Zeit ist bekannt, dass bestimmte
genetische Defekte zu einer Immunität gegen HIV
führen können. So sind beispielsweise Menschen,
denen auf der Oberfläche der CD4-Zellen das CCR5Molekül fehlt, weitgehend vor einer HIV-Infektion
geschützt (diese Menschen können sich aber mit HIViren infizieren, die zur Infektion nicht CCR5 sondern CXCR4 benutzen; diese werden aber extrem
selten sexuell übertragen). Doch offensichtlich gibt es
noch weitere Schutzmechanismen.
Menschliche Zellen haben im Laufe der Evolution
eine ganze Reihe von Methoden zur Abwehr von
Viren entwickelt. Eines davon, das auch die Vermehrung von HIV hemmen kann, ist APOBEC3. Damit
HIV sich erfolgreich in Menschen vermehren konnte,
musste das Virus erst eine Abwehrstrategie gegen dieses Molekül entwickeln. Diese Abwehr besteht aus
„vif“ (dies ist die Abkürzung für „viral infectiousness
factor“ und deutet schon an, dass es für eine erfolgreiche Infektion nötig ist). Virales vif kann also
menschliches APOBEC3 blockieren. Da aber HIV
noch nicht so lange im Menschen kursiert (der Übergang von Affen auf Menschen fand wohl erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts statt), ist vif noch nicht
optimiert und es gibt vergleichsweise „schwache“ Varianten. Wenn nun der Mensch zufällig eine besonders stabile Variante von APOBEC3 bildet, kann dies
scheinbar eine HIV-Infektion verhindern.
Genau diesen Effekt hat man bei einigen Menschen
beobachtet, die bereits mehrmals dem Virus ausgesetzt waren, sich aber nicht infiziert haben.
Neben CCR5-Defekt und APOBEC3-Varianten gibt
es vermutlich noch weitere genetische Besonderheiten, die eine Infektion mit HIV erschweren, aber man
sollte sich klar machen, dass diese Genveränderungen
immer nur einen kleinen Teil der Bevölkerung betreffen. Auch ist der Schutz oft nur relativ, d.h. er verringert das Risiko für eine Infektion, kann sie aber nicht
ganz verhindern. Außerdem lässt sich momentan nur
im Rahmen von Studien herausfinden, ob man eine
solche Genvariante besitzt.
Quelle: University of Minnesota
S. Schwarze
13
Januar / Februar 2015
Projekt Information
Leben mit HIV
Aids-Geschichte ins Museum
„Aids-Geschichte ins Museum“ – der Name des bundesweiten Arbeitskreises ist zugleich Programm: Persönliche Zeugnisse vom Leben mit HIV und Aids
sowie Dokumente aus der HIV-Bewegung sollen für
die Nachwelt bewahrt werden und Eingang in Archive
und Museen finden.
Das Haeberle-Hirschfeld-Archiv in der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin erweitert dafür sogar ihre sexualwissenschaftliche
Sammlung. Corinna Gekeler und Axel Schock vom
„Arbeitskreis Aids-Geschichte ins Museum“ erläutern
im Interview das Berliner Modellprojekt, für das sie
Spuren positiven Lebens und Engagements sammeln.
Euer Arbeitskreis hat sich zur Aufgabe gemacht,
der HIV- und Aids-Geschichte einen Platz in deutschen Archiven zu beschaffen. Warum ist das notwendig?
Axel Schock: Es sind letztlich sehr simple, aber drängende Gründe. HIV und Aids haben nicht nur das
Leben Einzelner, sondern unsere Gesellschaft insgesamt tief und nachhaltig geprägt. Nicht nur das Reden
über Sexualität oder die Drogenpolitik haben sich geändert, auch beispielsweise die Hospizbewegung und
die Trauerkultur haben infolge der Aidskrise entscheidende Impulse erhalten. Diese Entwicklungen
werden auch in Zukunft von Bedeutung sein.
Corinna: Schon jetzt zeigt sich ein steigendes Interesse gerade junger Wissenschaftler_innen an diesen
Themen. HIV und Aids sind zwar noch nicht besiegt,
aber die Epidemie ist in diesen 30 Jahren nun ein
Stückweit auch schon historisch geworden.
Axel: Trotzdem haben die Forschenden heute bereits
große Schwierigkeiten, bestimmte Dokumente aufzufinden, insbesondere persönliche Zeitzeugnisse von
Erkrankten, Hinterbliebenen oder von Menschen, die
im Umfeld von HIV und Aids arbeiten oder sich engagieren. In unserem Arbeitskreis setzen sich nicht
nur Menschen ein, die selbst in der HIV-Community
aktiv sind, sondern unter anderem auch Journalisten
und Wissenschaftler. Wir alle haben auf unterschiedliche Weise die Erfahrung machen müssen, dass wich14
Jahrgang 23, Nr. 1
tige, einmalige Materialien unwiederbringlich verloren gegangen sind.
Wie will euer Arbeitskreis dem entgegenwirken?
Corinna: Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, Menschen aus der HIV-Community wie auch Institutionen
– von der lokalen Selbsthilfegruppe bis zur überregionalen Organisation – dafür zu sensibilisieren, dass
ihre ureigene Geschichte bewahrenswert ist. Statt dass
beispielsweise Unterlagen, Behördenbriefwechsel,
Sitzungsprotokolle oder persönliche Tagebücher,
Briefe und Fotos im Altpapier landen, sollte zumindest eine Auswahl dieser Zeugnisse in den Archiven
und Museen für die Nachwelt bewahrt werden.
Zugleich versuchen wir private wie öffentliche Archive und Museen für das Thema Aids-Geschichte zu
interessieren und anzuregen, ihre Sammlungen entsprechend zu erweitern.
Es geht also nicht um ein zentrales Aids-Museum
für Deutschland?
Axel: Nein, das wäre auch nur schwer auf die Beine
zu stellen. Und, um den alten Präventionsslogan zu
zitieren: „Aids geht uns alle an“, auch alle Museen
und Archive. Warum sollte ein Stadtmuseum, das
ganz selbstverständlich Unterlagen zum Schützenverein bewahrt, nicht auch die lokale HIV-Selbsthilfegruppe dokumentieren?
Unser Arbeitskreis hatte im Herbst 2013 - mit Unterstützung der Deutschen AIDS-Hilfe – Vertreter unterschiedlichster Museen und Archive zu einem
Fachgespräch eingeladen: von staatlichen Einrichtungen wie dem Landesarchiv Berlin, dem Bundesarchiv
und dem Haeberle-Hirschfeld-Archiv der HumboldtBibliothek sowie von Spezialmuseen wie dem Schwulen Museum Berlin, dem Deutschen Hygienemuseum
Dresden und dem Kassler Museum für Sepulkralkultur, das sich ausschließlich der Trauerkultur widmet.
Deren Interesse und Aufgeschlossenheit haben uns
überaus positiv überrascht und wir sind nun dabei,
dieses Netzwerk weiter auszubauen.
Corinna: Auf unserer Webseite, die seit kurzem online ist, haben wir alle Informationen gebündelt. Sie
gibt potenziellen Stifter_innen Auskunft darüber, wie
eine solche Schenkung aussehen kann und welche
rechtlichen Rahmenbedingungen es zu beachten gibt.
Man findet Hinweise zu den Archiven, die bereits Interesse an Material zu HIV/Aids bekundet haben.
Diese Liste wird stetig erweitert.
Jahrgang 23, Nr. 1
Projekt Information
Auch das Haeberle-Hirschfeld-Archiv in der Bibliothek der Humboldt-Universität ist dort gelistet.
Was ist das Besondere an dieser Kooperation?
Corinna: Im Haeberle-Hirschfeld-Archiv für Sexualwissenschaft, das 2004 von der Universitätsbibliothek
der Humboldt-Universität übernommen wurde, befindet sich auch ein großer Bestand an Präventionsmaterialien
und
Fachliteratur,
den
der
Sexualwissenschaftler Prof. Erwin J. Haeberle in den
1980er Jahren gesammelt hat. Wir haben nun die einmalige Gelegenheit, das Haeberle-Hirschfeld-Archiv
um eine exemplarische Sammlung von Vor- und
Nachlässen zur Kulturgeschichte von HIV/Aids zu erweitern.
Was soll in dieser exemplarischen Sammlung aufgenommen werden?
Axel: Exemplarisch bedeutet, dass wir versuchen wollen, möglichst viele Aspekte von HIV/Aids abzudekken: Zum einen die persönlichen Geschichten von
HIV-Positiven wie die der Hinterbliebenen und auch
der Menschen, die in diesem Bereich als Pflegende,
Mediziner_innen,
Seelsorger_innen
oder
Aktivist_innen tätig waren oder sind.
Zum anderen geht es auch um die Geschichte von
Selbsthilfeorganisationen, Initiativen, Beratungsstellen wie auch Aktivistengruppen.
Wenn ich mich nun dazu entschließe, persönliche Unterlagen wie Briefe, Krankenakten, Fotos und Kondolenzpost oder den Aktenordner zu meiner
Selbsthilfegruppe der Bibliothek der Humboldt-Universität zu überlassen, muss ich dann damit rechnen,
das gleich jeder darin blättern kann?
Axel: Nein, zum einen, weil die Erschließung dieser
Schenkungen etwas Zeit in Anspruch nehmen wird.
Zum anderen werden durch die Archivbestimmungen
selbstverständlich auch der Personen- und Datenschutz beachtet. Außer beim Schutz dritter Personen
können Stifter_innen die Zugangsbedingungen mitbestimmen: Man kann beispielsweise gesetzliche
Sperrfristen ggf. verkürzen und damit der Forschung
sofortigen Zugriff auf die Unterlagen gewähren, oder
verfügen, dass der Archivkarton etwa erst 30 Jahre
nach dem Tod geöffnet werden darf.
Wie kann man euch bei dieser Arbeit unterstützen?
Corinna: Indem man möglichst vielen Menschen von
dieser einmaligen Möglichkeit, die eigene Geschichte
Januar / Februar 2015
zu bewahren, erzählt – und indem man uns möglichst
viel Material für die Sammlung anbietet.
Webseite des Arbeitskreises Aids-Geschichte ins Museum: www.aidsarchive.net
E-Mail-Kontaktadresse für Interessierte am Sammlungsprojekt
der
Humboldt-Universität:
[email protected] und [email protected]
Unterscheiden sich Frauen und
Männer beim Therapieerfolg?
Antworten aus der Schweiz
Geschlechtsspezifische Unterschiede beim Ansprechen auf die HIV-Therapie, den Therapieerfolg, die
Adhärenz, Nebenwirkungen oder Krankheitsprogression werden seit Jahren diskutiert, und die Forschungsergebnisse sind nicht immer eindeutig. Oft
mangelt es an der Übertragbarkeit von Studienergebnissen auf die Situation von Frauen und Männern mit
HIV in Deutschland – zu groß sind die Unterschiede
zu anderen Ländern nicht nur in Bezug auf Lebensbedingungen oder den Zugang zur Gesundheitsversorgung.
Zum Glück gibt es aber die Schweizer HIV-Kohorten-Studie (SHCS), die seit vielen Jahren verlässlich
Daten liefert und immer mal wieder Genderfragen berücksichtigt.
In einer aktuellen Veröffentlichung geht es um die
Frage, ob es in einem Land, das allen PatientInnen
einen vergleichbaren Zugang zur HIV-Therapie bietet, Unterschiede zwischen den Geschlechtern beim
Ansprechen auf die Therapie geht. C Rosin und eine
große Gruppe weiterer SHCS-ForscherInnen werteten dazu über 14 Jahre gesammelte Daten aus.
Analysiert wurden die Daten vorher therapienaiver
TeilnehmerInnen der SHCS, die zwischen 1998 und
2011 mit ihrer Therapie begonnen hatten. Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurden nur PatientInnen eingeschlossen - 1941 Frauen und 1984 Männer -, die
sich auf heterosexuellem Weg infiziert hatten. Unterschieden wurde darüber hinaus nach drei Kalenderperioden: 1998 – 2001, 2002 – 2006 und 2007 – 2011,
um auch die Unterschiede in der cART zu reflektie15
Januar / Februar 2015
Projekt Information
ren.
Zu den Ergebnissen: Frauen waren bei der Ersterfassung im Durchschnitt jünger als Männer (34 – 36
Jahre je nach Kalenderperiode versus 38 – 40 Jahre),
hatten öfter einen „nicht-weißen“ ethnischen Hintergrund (40,6 – 54% versus 26,9 – 26,9%), einen niedrigeren Bildungsstand und waren seltener
DrogengebraucherInnen. Unmittelbar vor Behandlungsbeginn wurden bei ihnen niedrigere CD4-Zellzahlen und eine niedrigere Viruslast gemessen als bei
Männern.
Nach einen Jahr erreichten Frauen mit einer signifikant geringeren Wahrscheinlichkeit eine Viruslast
unter der Nachweisgrenze als Männer (75,2% versus
78,1%), ebenso nach zwei Jahren (77,5% versus
81,1%). Nach fünf Jahren zeigte sich allerdings kein
Geschlechtsunterschied mehr (81,3% versus 80,5%).
Die Wahrscheinlichkeit einer Unterdrückung der Viruslast stieg mit der Zeit an. Der mediane Anstieg bei
den CD4-Zellen war nach einem, zwei und fünf Jahren im Allgemeinen bei Frauen während der ganzen
Studienzeit höher als bei Männern und verbesserte
sich während der Studiendauer ebenfalls. Wie schon
in früheren Studien zeigte sich auch hier bei Frauen
eine bessere Erholung des Immunsystems.
Unterschiede gab es auch bei Therapieabbrüchen und
– änderungen: Frauen beendeten oder wechselten ihre
Therapie im ersten Jahr häufiger als Männer, was zum
Teil auf Schwangerschaften zurückzuführen war – immerhin 391 während der Studiendauer. In einer genaueren multivariaten Analyse der Daten fanden sich
nach Bereinigung um soziodemographische und HIVbezogene Faktoren, HIV-Therapie und Kalenderperiode allerdings keine Nachteile für Frauen mehr bei
der Unterdrückung der Viruslast.
Die AutorInnen folgern, dass die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in erster Linie auf unterschiedliche
soziodemographische
Faktoren
zurückgeführt werden können. Unter diesen stand an
erster Stelle eine „nicht weiße“ Ethnizität, was durch
eine möglicherweise geringere Adhärenz bei Migrantinnen – hier überwiegend aus Subsahara-Afrika –zurückgeführt wurde. Adhärenz-Daten waren allerdings
in dieser Studie nicht erhoben worden.
Wie sich schon in anderen Studien gezeigt hatte,
wechselten Frauen im ersten Jahr ihre Therapien.
Grund dafür war oft das Auftreten von Nebenwirkungen. Möglichere Erklärungen für die größere Häufigkeit von Nebenwirkungen finden Rosin et al. in
16
Jahrgang 23, Nr. 1
biologischen oder genetischen Faktoren, die die Pharmakokinetik der HIV-Medikamente beeinflussen und
die Plasmaspiegel erhöhen können, aber auch in soziokulturellen Barrieren. Dazu können z.B. Unterschiede im Krankheitsverständnis und damit auch der
Erklärung von auftretenden Nebenwirkungen gehören.
Quelle:
C Rosin, L Elzi, C Thurnheer, J et al.
Gender inequalities in the response to combination antiretroviral therapy over time: the Swiss HIV Cohort Study
Short Communication, HIV Medicine 2014
Politik & Soziales
Menschenrecht, Public Health
oder Kosten-Nutzen Kalkulation?
Welche Argumente wiegen schwerer,
wenn die medizinische Versorgung von
Menschen ohne Versichertenstatus
verhandelt wird?
„Nobody left behind“: „niemanden zurücklassen“,
nennt sich die derzeitige Kampagne der Internationalen AIDS Gesellschaft mit der für einen Zugang zu
HIV Medikamenten für alle plädiert wird. Um Menschen mit HIV ohne Papiere oder Versichertenstatus
Zugang zur medizinischen Behandlung zu schaffen
werden unterschiedliche Argumente gebraucht. Bei
uns in Deutschland sind es vor allem aus den Menschenrechten abgeleitete Argumentationen mit denen
für die Schaffung eines Zugangs argumentiert wird.
Bisher allerdings mit eher geringem Erfolg; für Menschen ohne Versichertenstatus eine Katastrophe. Ein
Armutszeugnis für ein Land, das als eines der reichsten dieser Erde gilt. In Großbritannien sind es für
allem Public Health Argumente und Kosten-Nutzen
Rechnungen mit denen erfolgreich für den Zugang zur
HIV Behandlung für Menschen ohne Versichertenstatus oder Papiere gekämpft wurde. Ob daraus für die
Situation in Deutschland Lehren gezogen werden können, wird die Zukunft zeigen.
Jahrgang 23, Nr. 1
Projekt Information
Erst Banken retten, dann Menschen …
Die Regierungen von Großbritannien, Spanien und
Griechenland hatten 2012 sehr unterschiedliche Entscheidungen getroffen: zur gleichen Zeit als Spanien
und Griechenland im Zuge der Rettung der Bankenwelt als „Sparmaßnahme“ die weitere HIV Behandlung undokumentierter Migranten aussetzten, traf die
Regierung Großbritanniens die Entscheidung HIV
Behandlungen für alle, d.h. auch für Menschen ohne
Papiere, sicherzustellen.
Für die Regierung in Großbritannien waren es vor
allem gesundheitsökonomische und Public Health Argumente, die überzeugt haben: das Eintreiben von
Einnahmen, die nicht bezahlt werden können und die
entsprechende landesweite Verwaltung kosten den
Staat letztendlich mehr als die kostenfreie Abgabe der
Medikamente. Hier muss beachtet werden, dass das
Krankenversicherungssystem Großbritanniens anders
strukturiert ist als bei uns: alle Ausgaben für die Gesundheit der Bürger werden direkt über Steuerabgaben finanziert, ein Durchsetzen der gesetzlichen
Änderungen gegenüber Krankenkassen war also nicht
nötig. Hilfreich für die Situation in Großbritannien
war sicherlich auch, dass HIV die einzige sexuell
übertragbare Infektion war, deren Behandlung nicht
bezahlt wurde: man konnte argumentieren, dass diese
Sonderstellung eine Diskriminierung darstelle.
Die Gesundheitsbehörden und Gesundheitswissenschaftler in Großbritannien konnten belegen, dass der
Ausschluss von Menschen ohne Versichertenstatus
von der HIV Versorgung dazu führt, dass Menschen
erst im letzten Moment in die Notaufnahme der Krankenhäuser kommen. Da die Kosten einer notfallmedizinischen Versorgung
im Vergleich zur
Regelversorgung extrem hoch sind, produzierte der
staatlich organisierte Ausschluss von der Behandlung
und dessen Überprüfung mehr Kosten als Einsparungen.
Rassismen und „das-Boot-ist-voll“ - Ideologien
helfen nicht weiter
Das zielführende Argument für Großbritannien wurde
aus der HPTN 052 Studie abgeleitet: die HIV Behandlung senkt das Übertragungsrisiko um 96 %. Da
Menschen unter Therapie die Infektion kaum mehr
weitergeben können, macht es unter dem
Public Health Aspekt Sinn, möglichst allen die Behandlung zur Verfügung zu stellen und niemanden
davon auszuschließen. Behandlung = Prävention. In
Betracht gezogen wird, dass Unbehandelte einen Beitrag zum Infektionsgeschehen leisten. Wer eine möglichst erfolgreiche Prävention betreiben möchte, muss
somit allen Menschen Zugang zu Therapien verschaffen. Die Gesetzesänderung in Großbritannien
Januar / Februar 2015
war möglich weil Ärzteschaft, die Zivilgesellschaft
und maßgebliche Personen aus der Gesundheitswissenschaft zusammen arbeiteten und gemeinsam argumentierten. Ohne eine Koalition der unterschiedlichen
Akteure wäre eine gesetzliche Veränderung mit Sicherheit nicht möglich gewesen. Alle Vorbehalte die
man auch bei uns zu hören bekommt: „Das-Boot-istvoll“ Argumente, gewöhnliche Rassismen, das Argument, dass dann ja alle kommen würden –
Stichwort: „Gesundheits- und Behandlungstourismus“ – waren und sind auch in Großbritannien lautstark zu hören. Sie wurden durch den engagierten
Einsatz von Wissenschaftlern, Ärzten, durch eine engagierte Community und durch Studienergebnisse widerlegt. Interessant für das Beispiel aus
Großbritannien ist, dass aus den Menschenrechten abgeleitete Argumente für die Politik nicht ausschlaggebend
waren.
Überzeugt
haben
gesundheitsökonomische Public Health Argumente.
Das bedeutet natürlich nicht, dass Menschenrechtsargumente nicht wichtig wären. Die Frage nur: sind sie
auch überzeugend?
„Zugang für alle“, bald auch in Deutschland oder
weiterhin nur in Sonntagsreden?
Bleibt zu fragen, ob eine ähnliche Argumentation
auch in Deutschland Erfolg hätte. Zugang zu HIV Medikamenten für alle wird in Sonntagsreden gerne gefordert. Man denkt dabei natürlich überwiegend an
Menschen aus Schwellenländern, aus Ländern der
sog. Dritten Welt, aus der Ukraine oder noch schlimmer. Die Schlussfolgerung, dass es auch bei uns einen
Zugang für alle geben müsse, bzw. das Eingeständnis, dass nicht jeder in Deutschland Zugang zu lebensrettenden Medikamenten hat, wird nur von
wenigen gezogen: am seltensten von Politikerinnen
und Politikern der sog. christlichen Parteien. Wir müssen uns deutlich machen, dass wir in Deutschland – in
Bezug auf den Zugang zu HIV Medikamenten für alle
- praktisch selbst ein „Entwicklungsland“ sind, Verbesserungen sind durchaus möglich.
Ehrlichkeitshalber muss man aber auch sagen, dass
sich Zivilgesellschaft und Aidshilfe bisher schwer
damit getan haben, Public Health Argumente anzuwenden: es überwog die Angst, dass man zu Rassismus und Diskriminierung beitragen könne, wenn die
Sorge des Anteils der Migrantinnen und Migranten
am Infektionsgeschehen zu stark in den Vordergrund
gerückt werde.
Auch Krankenkassen werden ihr eigenes Süppchen kochen
Die Frage ist, ob diese Sorge nach wie vor berechtigt
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Januar / Februar 2015
ist. Wenn die Wahrnehmung der Medienlandschaft
nicht täuscht, sind Bürger und Presse in Deutschland
nicht fremdenfeindlicher als in Großbritannien. Es
wäre deshalb einen Versuch wert, diese Bedenken hinten anzustellen und auch bei uns eine Argumentation
anzuwenden, die in Großbritannien überzeugte und
dadurch erfolgreich war.
Ein großer Unterschied zu Großbritannien besteht sicherlich darin, dass die Anwendung von
Public Health Argumenten bei uns weniger verbreitet
ist. Zudem werden wir uns mit den Interessenvertretern der Krankenkassen auseinanderzusetzen haben,
die alle „ihr eigenes Süppchen“ kochen: Und dies mit
Sicherheit nicht zum Wohle der Allgemeinheit.
Wird eine entsprechende Argumentation geltend gemacht, muss gut überlegt werden, wer bei uns den
Status Quo beibehalten möchte: es wird möglicherweise nicht ausreichen nur bestimmte „staatstragende“ politische Parteien Bayerns im Blick zu haben.
Man kann aus dem Leid von Menschen ohne Papiere
und Versichertenstatus Kapital schlagen, die politische Stimmungslage aufheizen und Rassismen bedienen. Das funktioniert nicht nur in Bayern, sondern
auch andernorts. Eigentlich ist es ein Skandal, dass es
bei uns vor allem die sogenannten christlichen Parteien sind, die den Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten für chronisch Kranke Menschen ohne Papiere
und Versichertenstatus erschweren: es ist Zeit zu erkennen, dass dies nicht mehr hingenommen werden
kann.
Und warum wehren sich eigentlich die Kirchen
nicht? Mit ein bisschen Courage wäre es einfach den
Parteien das „große C“ im Parteinamen abzuerkennen, wenn eine Politik verfolgt wird, die dem „christlich“ fundamental widerspricht?
Für Kräfte, denen eine Public Health Argumentation
fremd ist, wäre eine angemessene Kosten-Nutzen
Analyse des Ausschlusses möglicherweise eine Hilfe:
Kosten einsparen wollen doch letztendlich alle. Auch
dies betreffend sollten wir Forderungen unserer Parteien ernst nehmen.
Die Erfahrung aus Großbritannien zeigt, dass es kosteneffizienter ist,Menschen mit HIV ohne Versichertenstatus und Papiere in die Behandlung
einzubeziehen anstatt sie auszuschließen.
Peter Wiessner
Kontakt: [email protected]
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Jahrgang 23, Nr. 1
Projekt Information
Nachrichten aus der
Sozial- und Rechtspolitik
Rente – Sterbebegleitung – Urlaubstage –
Fallpauschalen – PEPP – Wiedereingliederung –
Pflegeversicherung – Befristung –
Präventionsgesetz – Langzeitarbeitslose –
Zuwanderer
Der alljährliche Rentenversicherungsbericht der Bundesregierung bestätigt das ständig sinkende Rentenniveau. Lag es 1998 im Bereich der gesetzlichen
Rente noch bei 53,6 sowie 2001 bei 52,6 Prozent, so
wird es 2020 exakt 47,0 sowie 2028 nur noch 44,4
Prozent betragen. Zusammen mit der Riester-Rente
liegt das Versorgungsniveau derzeit bei 50,3 Prozent
sowie in den Jahren 2020 bei 50,8 und 2028 bei 50,6
Prozent. Ohne Riester-Rente fällt die Rente noch geringer aus. Etwa dreißig Prozent der Beschäftigten,
insbesondere Geringverdiener, sorgen nicht zusätzlich
vor. So oder so, die Aussichten für deutsche Rentner
sind nicht rosig. Gleichzeitig will die Bundesregierung die Rentenbezüge im kommenden Jahr um weniger als zwei Prozent erhöhen, während der
Beitragssatz von aktuell 18,9 auf 18,7 Prozent sinkt.
Eigentlich hätte die Rentenerhöhung doppelt so hoch
ausfallen müssen, doch wurden bei der Berechnung
erstmals laut EU-Verordnung knapp 400.000 Arbeitnehmer des Niedriglohnsektors mit einbezogen – was
einerseits die Rentenerhöhung drückt und andererseits
das Rentenniveau nochmals sinken lässt.
*****
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU)
legte dem Parlament ein Konzept vor, das ein bundesweit flächendeckendes Hospiz- und Palliativangebot für todkranke Patienten vorsieht. Das Papier zur
Sterbebegleitung ist mit den Fraktionen der Großen
Koalition abgestimmt und beabsichtigt, die Finanzierung der zuschussfähigen Kosten zu 95 Prozent den
Kassen zu übertragen. Gleichzeitig sollen ambulant
tätige Palliativmediziner mehr Honorar bekommen.
Über das Konzept beraten nun die Ausschüsse des
Deutschen Bundestags, anschließend wird Gröhe
einen entsprechenden Gesetzentwurf einbringen.
*****
Ältere Arbeitnehmer dürfen in der Privatwirtschaft
auch weiterhin mehr Urlaubstage erhalten, sofern
Jahrgang 23, Nr. 1
Januar / Februar 2015
Projekt Information
dies ihrem Schutz dient. Das entschied das Bundesarbeitsgericht und wies damit die Klage von Mitarbeitern eines tariflosen Schuhherstellers im Alter von
45 bis 56 Jahren ab. Ausdrücklich verwies das Gericht
auf die allgemeine Fürsorgepflicht eines Arbeitgebers,
mit der mehr Urlaub für ältere Arbeitnehmer zu rechtfertigen sei. (Az.: 9 AZR 956/12)
*****
Die Bundesärztekammer (BÄK) forderte in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Deutschen
Bundestages eine Reform der Fallpauschalen. Diese
wurden 2003 in deutschen Krankenhäusern als so genannte „Diagnosis Related Groups“ eingeführt. Das
diagnoseabhängige Abrechnungssystem habe „vor
allem in seiner lernenden Variante viel Gutes“ gebracht, so Ärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery vor dem Gesundheitsausschuss, doch müsse
es nun flexibler werden, um die tatsächlichen Kosten
der Kliniken abzudecken. Sonst führe es unweigerlich
zu Fehlanreizen und letztlich zu einer weiteren Ökonomisierung im stationären Gesundheitswesen.
*****
Erneut kam es im Deutschen Bundestag zu einer Debatte über das umstrittene PEPP, das so genannte
„Pauschalisierende Entgeltsystem Psychiatrie und
Psychosomatik“. Die Opposition hob hervor, dass
Fallpauschalen in diesem Therapiebereich nicht umzusetzen seien. Die Behandlung psychisch erkrankter
Menschen sei einfach nicht eindeutig und klar abzuschätzen. Es könne und dürfe weder an der Zeit noch
am Personal gespart werden. Die Bundesregierung
hob hervor, dass PEPP mit einer zweijährigen Optionsphase eingeführt worden sei. So gebe es anschließend die Möglichkeit der Weiterentwicklung und
Neuausrichtung.
*****
Ein Arbeitgeber darf einem Behinderten die
Wiedereingliederung in den Betrieb nicht verweigern. Das entschied das Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven im Fall einer 2009 erkrankten
Mitarbeiterin, die als arbeitsunfähig eingestuft wurde.
2012 wollte sie ihre alte Tätigkeit mit zunächst drei
Stunden täglich und später in Vollzeit wieder aufnehmen. Der Arbeitgeber lehnte die Wiedereingliederungsmaßnahme ab, was nach Ansicht des Gerichts
gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz verstößt.
Die Mitarbeiterin erhält nun eine Entschädigung in
Höhe von zwei Monatsgehältern und muss nach Maßgabe der ärztlichen Vorgabe wieder eingegliedert werden. (Az.: 3 Ca 3021/13)
*****
Die Reform der gesetzlichen Pflegeversicherung hat
den Bundestag passiert. Der Beitrag wird im kommenden Jahr um 0,3 Prozent erhöht, 2017 voraussichtlich nochmals um 0,2 Prozent. 2015 fließen
zusätzlich 1,4 Milliarden Euro in die ambulante sowie
1,0 Milliarden Euro in die stationäre Versorgung. Begonnen wird außerdem mit dem Aufbau eines Pflegeversorgungsfonds, in den über einen Zeitraum von
zwanzig Jahren jährlich 1,2 Milliarden Euro angelegt
werden.
*****
Ein Arbeitgeber hat das Recht zur nachträglichen
Befristung eines Arbeitsverhältnisses, sofern dazu ein
gravierender Sachgrund vorliegt. Das entschied das
Landesgericht Berlin-Brandenburg im Fall eines
Rentners, dessen bis dato unbefristeter Arbeitsvertrag
mit Eintritt ins Rentenalter befristet wurde. Das sei
rechtens, urteilte das Gericht, der Sachgrund sei ausreichend. (Az.: 12 Sa 1303/12)
*****
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU)
hat in einem Referentenentwurf das neue
Präventionsgesetz vorgestellt. Demnach sollen die
Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen in diesem
Bereich verdoppelt werden. Sieben Euro sind für
jeden Versicherten vorgesehen. Die Mittel fließen in
zusätzliche Präventionsmaßnahmen, 35 Millionen
Euro sollen die Kassen der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZgA) jährlich für deren
Tätigkeit überweisen. Bislang geht die Prävention an
Menschen mit niedrigem Einkommen und schlechter
Bildung weitgehend vorbei. In Zukunft sollen Gesundheitskurse in kleinen und mittleren Betrieben
sowie in Kindergärten und Schulen zielgerichtet gefördert werden. Bestehende Angebote der Krankenkassen wie Rückenschulen, Sportkurse und
Ernährungsberatung bleiben bestehen, werden aber
stärker kontrolliert.
*****
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will
Langzeitarbeitslose mit Förderprogrammen besser
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Januar / Februar 2015
Projekt Information
unterstützen. Hierfür sollen Stellen, die Jobcentern für
das auslaufende Bundesprogramm „Perspektive
50plus“ bewilligt waren, künftig eingesetzt werden.
Außerdem stehen von 2015 bis 2019 rund 900 Millionen Euro für Menschen ohne Berufsabschluss zur
Verfügung. Ausgeweitet werden Lohnkostenzuschüsse sowie Integrationsprojekte für Menschen mit
Behinderung.
*****
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Deutschland erlaubt, Zuwanderern aus Europa unter bestimmten Bedingungen Leistungen wie das Recht auf
Hartz IV vorzuenthalten. Damit gilt weiterhin der Passus im deutschen Sozialgesetzbuch, wonach
Zuwanderer aus der EU (sowie Staaten außerhalb
der EU) von Sozialleistungen ausgeschlossen werden
können, wenn sie nur ins Land gekommen sind, um
davon zu leben, ohne Arbeit zu suchen. Ein weiteres
Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu Zuwanderern, die nachweislich Arbeit suchen, steht noch aus.
Stefan Boes
seit 15 Jahren:
HIV-Therapie-Hotline
Telefon: 089 - 54 333 - 123
Montag - Donnerstag 16 - 19 Uhr
[email protected]
Betroffene informieren Betroffene
zu Therapiefragen
20
Jahrgang 23, Nr. 1
Projekt Information e.V.
Änderungen bei Projekt Information e.V.
im neuen Jahr
Die Mitgliedsbeiträge von Projekt Information
wurden in den letzten Jahren nie erhöht. Selbst
im Rahmen der Euro-Umstellung verzichteten
wir darauf (daher kommen die „krummen“ Beträge). Gleichzeitig stiegen aber unsere Kosten
stetig. Inzwischen sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir die steigenden Kosten nicht
mehr kompensieren können. Vor allem die
Druckkosten fallen ins Gewicht.
Wenn Sie, liebe Leserin, lieber Leser, Projekt Information vielleicht gar nicht in gedruckter Form
haben möchten, sondern lieber als PDF-Datei, die
man auf dem Bildschirm oder mit einem Tabletcomputer lesen kann, können Sie uns helfen, Kosten einzusparen. Senden Sie dazu einfach eine
E-Mail an [email protected] und schreiben
Sie uns, ob Sie künftig nur noch die PDF-Datei
oder auch zusätzlich noch das gedruckte Heft
erhalten wollen. Als „elektronischer“ Leser
haben Sie noch den Vorteil, dass Sie die neue
Ausgabe schon ein paar Tage früher lesen können!
Eine weitere Änderung betrifft die Beilage
„ARTWORK - Die Umstellungssprechstunde“.
Das Konzept wurde 2002 zusammen mit Prof.
Schlomo Staszewski entwickelt. Die erst Ausgabe erschien Mitte 2003. Anhand von ausgewählten Beispielen sollten Patienten (aber auch
andere Ärzte!) Therapieentscheidungen und Umstellungen nachvollziehen können. Die Patienten
sollten besser verstehen können, dass ihr Arzt
nicht „aus dem Bauch“ heraus entscheidet, sondern dass umfangreiche Erfahrungen und Kenntnisse nötig sind, um im komplexen Umfeld der
HIV-Infektion die richtigen Therapieentscheidungen für den Patienten zu treffen.
Dieses Konzept kam zwar bei vielen gut an, aber
zunehmend häufen sich Stimmen, dass die Dis-
Projekt Information
kussionen nur noch von Ärzten nachvollzogen
werden könnten und die meisten Patienten an derart ausführlichen Darstellungen kein Interesse
haben.
Deshalb werden wir ARTWORK schweren Herzens in diesem Jahr nicht mehr weiterführen.
Nicht zuletzt auch deshalb, weil der aufwändige
Vierfarbdruck vergleichsweise teuer war und das
Budget von Projekt Information enorm belastete.
Wir waren immer stolz darauf, dass Projekt Information unabhänging von der Pharmaindustrie
ist. Allerdings wurde ARTWORK mit Unterstützung verschiedener Firmen gedruckt (deshalb
war ARTWORK von Anfang an als Einlegeblatt
konzipiert und die unterstützende Firma wurde in
den einzelnen Ausgaben genannt). Doch in Zeiten
knapper werdender Budgets auch bei den Pharmafirmen ist es in den letzten Jahren immer
schwieriger geworden, Unterstützung für ARTWORK zu finden.
Januar / Februar 2015
Sozialbank München
IBAN: DE73700205000008845500
SWIFT/BIC: BFSWDE33MUE
Jahrgang 23, Nr. 1
Als der Medienpreis 2009/2010 der Deutschen
Aids-Stiftung an ARTWORK ging, besserte sich
die Situation noch einmal und es fanden sich neue
Sponsoren.
Doch die Kombination aus abnehmendem Interesse und gleichzeitig schwindender finanzieller
Unterstützung trug zur Entscheidung bei, die Beilage ARTWORK nicht mehr fortzuführen. Dies
geschieht nicht ohne Wehmut, denn die Zeitspanne von immerhin 12 Jahren und 57 Ausgaben deckt nicht nur viele individuelle
Patientensituationen ab, sonder spiegelt auch die
Entwicklung der therapeutischen Möglichkeiten
bei der HIV-Infektion wider.
Wenn Sie aus dem einen oder anderen Fall etwas
lernen konnten, war die Arbeit jedenfalls nicht
umsonst!
S. Schwarze
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Januar / Februar 2015
Jahrgang 23, Nr. 1
Projekt Information
Termine
Termine der Münchner Aids-Hilfe
¡ Seropositivo ! Y ahora, ¿ qué ?
Tertulia de la gente con VIH.
El intercambio de experiencias sobre la diagnosis, la terapia y mas.
Horario: Todos los terceros jueves del mes a las
19.30 h (18.12., 15.1., 19.2., 19.3., 16.4., 21.5.,
18.6.)
Lugar: Café Regenbogen der Münchner AidsHilfe, Lindwurmstr. 71
Información: Engelbert Zankl 089/54333123 o
[email protected]
Kochen mit den Gabis
Hier in unserer neuen Kochgruppe für HIV-Positive & Partner suchen wir gemeinsam neue Rezepte aus oder wir kochen unsere
Lieblingsrezepte. Wir kochen gesund, lecker und
preiswert! Unkostenbeitrag 3€
Ort: Bistro im 1.Stock der Münchner Aids-Hilfe,
Lindwurmstr.71
Zeit: 1. oder 2. Freitag im Monat, 18.30 Uhr (9.1.,
6.2., 6.3., 10.4., 8.5., 5.6.)
Information und Anmeldung: Engelbert Zankl
089/54333123 oder [email protected]
Kurs: Progressive Muskelentspannung
Durch bewusste An- und Entspannung bestimmter Muskelgruppen einen Zustand tiefer Entspannung erreichen.
Termin: Sechs Dienstage ab 10. Februar 2015 –
17. März 2015
von 10 Uhr – 11.30 Uhr
Leitung: Jutta Klein, Dipl. Psychologin und Yogalehrerin
Ort: Münchner Aids-Hilfe, Lindwurmstr. 71, 2.
Stock
Anmeldung erforderlich! Teilnahme kostenfrei!
Wichtiger Hinweis:
Für Interessenten und Vereinsmitglieder:
Bei einem nachgewiesenen monatlichen
Netto-Einkommen bis EUR 766,94 reduziert sich der Monatsbeitrag auf EUR 3,83.
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Vorträge/Diskussionen
HIV-Therapiestart/HIV-Basiswissen/Neue HIVTherapien
Engelbert Zankl vermittelt Grundlagen der HIVInfektion und erläutert warum, ob und wann mit
der Therapie begonnen werden solle
Jahrgang 23, Nr. 1
Projekt Information
Termin: Montag, 2. Februar, 19.30 Uhr
Referent: Engelbert Zankl, HIV-Therapie-Hotline
Ort: Café Regenbogen der Münchner Aids-Hilfe,
Lindwurmstr. 71
Eintritt frei
HIV-Therapie! Einfach-einfacher-1 Pille und
alles ist gut?
Die HIV-Therapie ist viel einfacher und verträglicher geworden!Was gibt es trotzden noch zu beachten?
Termin: Montag, 23. Februar, 19.30 Uhr
Referent: Dr. Thomas Sternfeld, HIV-Schwerpunktbehandler, Praxis für Innere Medizin,
Landshut
Ort: Café Regenbogen der Münchner Aids-Hilfe,
Lindwurmstr. 71
Eintritt frei
PREP-die Pille davor!
HIV-Pillen schützen vor einer HIV-Infektion?
Stimmt dies wirklich? In den USA ist diese Therapie schon zugelassen, um HIV-Infektionen zu
verhindern! Sind diese teuren Pillen eine weitere
Möglichkeit sich zu schützen?
Termin: Dienstag, 17. März, 19.30 Uhr
Referenten/Diskutanten: Dr. Spinner, HIVSchwerpunktbehandler, IZAR der TU München
Ein Negativer, der PREP nimmt, Engelbert Zankl
Ort: SUB, Müllerstr.14
Eintritt frei
Regelmäßige Sportangebote
Für die beiden Yogagruppen und das NordicWalking ist ein Einstieg für Anfänger_innen
immer am ersten Termin im Monat möglich!
Nordic-Walking
Termin: Jeden Mittwoch 18.00 bis 19.30 Uhr
Treffpunkt: Münchner Aids-Hilfe, 2.Stock
Anmeldung erforderlich!
Sivananda Yoga
Termin: Jeden Dienstag 19.00 bis 20.30 Uhr
Ort: Münchner Aids-Hilfe , 2. Stock
Anmeldung erforderlich!
Traditionelles Yoga
Termin: Jeden Mittwoch 19.00 bis 20.30 Uhr
Ort: Münchner Aids-Hilfe, 2. Stock
Anmeldung erforderlich!
Januar / Februar 2015
Sport - Anfänger, sanfte Gymnastik
Termin: Jeden Donnerstag 19.00 bis 20.00 Uhr
Ort: Max-Planck-Institut, Kraepelinstr. 10
Anschließendes Schwimmen möglich! (Wassertemperatur 27°C)
Sport - Gymnastik, Kondition
Termin: Jeden Donnerstag 20.00 bis 21.00 Uhr
Ort: Max-Planck-Institut, Kraepelinstr. 10
Anschließendes Schwimmen möglich! (Wassertemperatur 27°C)
Positiver Stammtischoffen für Menschen jeglicher sexueller Orientierung
Termin: jeden Dienstag, ab 19.30
Ort: Café Regenbogen der Münchner Aids-Hilfe
Heterotreff
Programm unter www.muenchner-aidshilfe.de
jeden 4.Mittwoch, 19.30 Uhr
und
jeden 2. Freitag, 19.30 Uhr
im Café Regenbogen der Münchner Aids-Hilfe
Rückfragen bei Christopher Knoll 089/54 333115
christopher.knoll@münchner-aidshilfe.de
Freizeitgruppe
Programm unter www.muenchner-aidshilfe.de
Stammtisch Freizeitgruppe
Termin: Jeden 3. Mittwoch eines Monats
Ort: Café Regenbogen der Münchner Aids-Hilfe
Zeit: 19.00 Uhr
Termine des Projektes „Positive
Frauen“ für Frauen mit HIV/Aids
· Offene Gruppentreffen für Frauen mit HIV:
Einmal/Monat montags 19.00 – 21.00 Uhr
Genaue Termine auf Anfrage
· Telefonische und persönliche Beratung auf
Anfrage, siehe unten
Die Veranstaltungen finden, im FGZ statt! Weitere Informationen und Anmeldung:
Ulrike Sonnenberg-Schwan, Tel. 089-1291195,
[email protected]
www.fgz-muc.de. FGZ, Grimmstr. 1, 80336
München (U3/U6, Poccistr.)
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Januar / Februar 2015
Projekt Information
Termine der Berliner Aids-Hilfe
Medizinische Reise 2015
25.02.15, 19:00 Uhr
Grundlagen zu HIV: Von A wie Adhärenz
bis Z wie Zucker
Heribert Hillebrand
Die HIV-Infektion ist eine komplexe chronische
Erkrankung. In der Veranstaltung werfen wir
einen Blick auf die wichtigsten gesundheitlichen
Grundfragen. Diese erstrecken sich auf die
Frage nach dem richtigen Zeitpunkt des Therapiebeginns, Fragen zur Infektiosität bei Medikamenteneinnahme, über die Notwendigkeit der
regelmäßigen Tabletteneinnahme und Kontrolluntersuchungen, bis zu möglichen Folge und
Begleiterkrankungen und deren Vorbeugung.
Der Titel der Veranstaltung ist ein Hinweis auf
die Möglichkeit, individuelle Fragen schon während des Vortrags zu thematisieren. Aktuelle
HIV-Therapien und Medikamente werden in der
Veranstaltung am 26.08.2015 vorgestellt
25.03.15, 19:00 Uhr
Chems: Sex & Drogen – HIV & Hep C
Siegfried Schwarze
„Chems“ steht als Kurzform für Chemicals. Hier
gemeint sind Drogen, die vor allem beim Sex
eingesetzt werden. Gemeinsam mit dem Referenten sprechen wir über Wirkungen und Gefahren einzelner Substanzen,
Jahrgang 23, Nr. 1
Wechselwirkungen mit HIV-Medikamenten und
der Frage möglicher Infektionen wie der Hepatitis C bei Anwendung der Substanzen.
29.04.15, 19:00 Uhr
Therapie der Hepatitis C
Axel Baumgarten
Die Therapie der Hepatitis C hat im vergangenen Jahr gewaltige Fortschritte erzielt. Neue
Therapien kommen 2015 auf den Markt. Axel
Baumgarten gibt uns einen Überblick der verfügbaren und kommenden Therapieformen, wir
besprechen Wirkungen und Nebenwirkungen
der Therapien.
Wenn Sie auch Termine in Projekt Information veröffentlichen wollen, kontaktieren Sie uns doch. Am besten per E-Mail,
aber auch per Fax oder telefonisch:
E-Mail: [email protected]
Fax: 089 / 21031235
Tel.: 089 / 21949620
Wir behalten uns jedoch eine Veröffentlichung vor - abhängig vom verfügbaren
Platz und der Relevanz für unseren Leserkreis.
Impressum
Herausgeber: Projekt Information e.V., Ickstattstraße 28, 80469 München, Telefon (089) 21 94 96 20,
Fax: (089) 21 03 12 35, email: [email protected]. Eingetragen: Amtsgericht München Nr. VR 12575,
Gemeinnützigkeit: Finanzamt München f. Körperschaften v. 11.01.2013 Steuer-Nr.: 143/220/60417
Vorstand: Peter Lechl, Siegfried Schwarze, Klaus Streifinger.
Redaktion: Stefan Boes, Jochen Drewes, Phil C. Langer, Peter Lechl, Siegfried Schwarze, Ulrike Sonnenberg-Schwan, Peter Wießner, Engelbert Zankl.
Hinweis:
Projekt Information versucht durch eine breite Auswahl von Themen, dem Leser einen Überblick zu den
derzeitigen therapeutischen Möglichkeiten, Entwicklungen und dem Stand der Forschung zu geben.
Zum größten Teil verwenden wir hierbei Übersetzungen aus ähnlichen Publikationen in den USA und
Großbritannien.
Sie geben nicht die Meinung des Herausgebers und der Redaktion wieder. Ob die besprochenen Medikamente, Therapien oder Verfahren tatsächlich erfolgversprechend oder erfolglos sind, entzieht sich unserer Beurteilung. Sprechen Sie immer mit dem Arzt Ihres Vertrauens. Namentlich gezeichnete Artikel
verantwortet der betreffende Autor. Soweit es um Zitate aus wissenschaftlichen Publikationen geht, werden die Leser gebeten, die angegebenen Referenztexte zu konsultieren.
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