Unsere Themen Wir leben Gemeinschaft TARIFRUNDE: Auf der Zielgeraden Die EVG hat sich in der laufenden Tarifauseinandersetzung mit der DB AG ein klares Ziel gesetzt: Bis zum 1. Juni soll der Abschluss stehen. Und das ist auch zu schaffen, weil wir – ohne Streiks! – bereits mehr erreicht haben als die Konkurrenzgewerkschaft. So haben wir zu unserem 16-Punkte-Programm bereits eine Reihe von Ergebnissen erreicht. In diesen 16 Punkten geht es um die zukunftsfähige Weiterentwicklung der Funktionsgruppen und des Entgeltsystems. Diese Ergebnisse fassen wir in einem Tarifvertrag unter dem Titel „Arbeit 4.0“ zusammen. Offen sind noch einige Punkte zu unseren Forderungen. Die dazu vorliegenden Angebote hat die Tarifkommission bewertet und die entsprechende Marschrichtung für die nächsten Verhandlungen vorgegeben. Nachbessern muss der Arbeitgeber auch bei den materiellen Aspekten des Abschlusses: Unsere Forderung lautet 6 Prozent, mindestens aber 150 Euro mehr für alle. Das heißt, wir werden keine Spaltung zwischen den Beschäftigtengruppen zulassen. Die Dienstleister gehören zur Bahn und dürfen nicht abgekoppelt werden. Dies alles können wir ohne Streiks erreichen. Wir haben dem Arbeitgeber klar gesagt, dass ein Streik möglich ist, wenn er auf Zeit spielt und sein Angebot nicht vernünftig nachbessert. Wir werden uns aber nicht zu Arbeitskampfmaßnahmen hinreißen lassen, nur weil bei anderen gerade der Finger locker am Abzug sitzt. Bei der Frage „Streik oder nicht“ geht es nicht darum, ob die EVG einen „Arsch in der Hose hat“. Das wissen wir und sind selbstbewusst genug, um das nicht ständig beweisen zu müssen. Sondern es geht darum, ob man sinnvoll etwas erreichen kann. Allein die Streikdrohung der EVG im Februar hat dazu geführt, dass alle Beschäftigten eine Vorschusszahlung von 100 Euro pro Monat auf den Tarifabschluss bekommen. Anders als eine Einmalzahlung bedeutet das nicht, dass diese Monate tarifpolitisch geschlossen sind; vielmehr wird die Vorschusszahlung mit dem Gesamtabschluss verrechnet. Wir streiken, wenn sich am Verhandlungstisch nichts mehr bewegt. Wenn wir müssen und wenn auch unsere Kolleginnen und Kollegen wissen, wofür sie streiken. Über der laufenden Tarifrunde schwebt nach wie vor das Gesetzgebungsverfahren für ein Tarifeinheitsgesetz. Die EVG steht diesem Gesetzesvorhaben kritisch gegenüber. In unserem Organisationsbereich würde kein Problem damit gelöst, dafür würden neue geschaffen. Dazu mehr in der kommenden Ausgabe von Unsere Themen. INHALT TARIFRUNDE Auf der Zielgeraden Seite 1 KOOPERATIONSVEREINBARUNG: Interessen der Mitglieder stehen im Vordergrund Seite 2 15 JAHRE ALLIANZ PRO SCHIENE: Selbstbewusste Schienenlobby Seite 3 EISENBAHNPAKET: EVG bekräftigt Kritik Seite 4 G7 GIPFEL: G7 müssen Verantwortung übernehmen Seite 5 HAUSHALTSPOLITIK: Schwarze Null auf Kosten der Beitragszahler Seite 6 EVA BILDUNG & WISSEN: Jugendaustausch Türkei Seite 7 CHRONIK UND URTEILE Seite 8 KOOPERATIONSVEREINBARUNG: Unsere Themen im Mai 2015 Interessen der Mitglieder stehen im Vordergrund Das Mitglied steht im Mittelpunkt unseres gewerkschaftlichen Handelns. Das ist und bleibt das Credo der EVG. Deshalb hat sich die EVG zu einer weiteren Kooperation mit drei anderen DGB-Gewerkschaften entschlossen. KOOPERATIONSVEREINBARUNGEN ZWISCHEN GEWERKSCHAFTEN …sind nichts Neues. Bereits in der Vergangenheit haben Konflikte über die Zuständigkeiten für einzelne Betriebe oder Branchen durch bilaterale Vereinbarungen gelöst. EVG-Magazin für Funktionäre Seit 2005 wurden zwischen verschiedenen DGB-Gewerkschaften insgesamt elf bilaterale Vereinbarungen über Zuständigkeiten geschlossen. Die EVG hat eine solche Vereinbarung bereits seit Jahren mit ver.di. Hier geht es um den Busbereich. 2 Erst vor kurzem haben sich ver.di und die IG BCE über die Zuständigkeit in der ostdeutschen Wasserwirtschaft geeinigt. Weitere Verhandlungen laufen gerade mit der IG Metall. Hier geht es um die Zuständigkeit in der Kontraktlogistik. Der DGB wertet das positiv. Die Vereinbarungen „stärken die Handlungsfähigkeit der Gewerkschaften insgesamt“, so der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. In einer Zeit, in der sich Produktionsprozesse und Wertschöpfungsketten in den Unternehmen verändern, darf es in der Folge nicht zu Streitigkeiten um Zuständigkeiten innerhalb der DGB-Gewerkschaften kommen. Wir wollen uns voll und ganz auf die Interessenvertretung unserer Mitglieder konzentrieren. Daher hat die EVG mit der IG Metall, der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und der IG Bau-Agrar-Umwelt (IG BAU) eine Vereinbarung unterzeichnet, die DGB-interne Auseinandersetzungen über sich möglicherweise verändernde Vertretungsansprüche im Bereich der Industriegewerkschaften von vornherein vermeidet. Schon heute gibt es hier zahlreiche „Schnittmengen“. Im Werkebereich gibt es Berührungspunkte mit der IG Metall, bei den Werksbahnen mit der IGBCE und im Hinblick auf Bautätigkeit und Reinigung mit der IG BAU. In Zeiten von Umstrukturierungen brauchen die Beschäftigten dringend die Unterstützung ihrer Gewerkschaft. Die Vereinbarung soll dafür sorgen, dass schon im Vorfeld Zuständigkeiten und Vertretungsansprüche geklärt sind und die zuständige Gewerkschaft sich ausschließlich um die Interessenvertretung kümmern kann. Kern der Vereinbarung ist ein vierstufiges Verfahren, dass Konflikte um Mehrfachzuständigkeiten rasch beilegen soll. So sollen sich zunächst die Gewerkschaftsvertreter vor Ort um eine Einigung bemühen. Maßstab ist dabei – neben der Organisationsgeschichte als Kriterium der Wertschöpfungskette – auch der jeweilige Organisationsgrad. Gelingt eine Einigung auf dieser Ebene nicht, wird eine Mediation eingeleitet. Scheitert auch dieser Versuch, sind die Vorstände der beteiligten Gewerkschaften gefordert, eine tragfähige Lösung zu finden. Erst dann kommt es zu einem DGB-Schiedsverfahren mit einer dann abschließenden Entscheidung. Damit festigen die vier Gewerkschaften, die sich zunächst an dieser für alle DGB Gewerkschaften offenen Kooperationsvereinbarung beteiligen, die Einheit des DGB. Wir wollen handlungsfähig bleiben und uns nicht im Streit gegenseitig lähmen. Wir betonen unsere Gemeinsamkeiten und stellen eine schlagkräftige Interessenvertretung unserer Mitglieder in den Vordergrund. Damit wird die EVG einmal mehr ihrem eigenen Anspruch gerecht: Denn auch für die Kooperation gilt: „Wir leben Gemeinschaft“. 15 JAHRE ALLIANZ PRO SCHIENE: Lobbyismus hat zwar für viele einen negativen Unterton. Der Begriff beschreibt allerdings etwas Legitimes: Gruppeninteressen soll politisches Gehör verschafft werden. Die Allianz pro Schiene tritt daher offensiv für die Förderung der Schiene und für die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Schienenverkehr ein. Bis zum Jahr 2020, so die Vision, will die ApS folgende Ziele erreichen: • Die Eisenbahnen sind in der Europäischen Union auf dem Vormarsch. Sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr steigt ihr Marktanteil. • In Deutschland ist der Marktanteil im Personenverkehr auf mindestens 15 und im Güterverkehr auf mindestens 25 Prozent angestiegen. • Jeder kennt die ApS und sie wird von allen relevanten gesellschaftlichen Gruppen und Unternehmen mit Interesse an einer umwelt- und sozialverträglichen Mobilität unterstützt. Charakteristisch für die Allianz pro Schiene ist ihre Struktur: Sie besteht aus derzeit 22 Mitgliedern und 120 Förderern. Bei den Mitgliedern handelt es sich um Non-Profit-Organisationen: Die beiden Bahn-Gewerkschaften sind dabei, Umweltverbände, die Bahnkundenverbände, drei Hochschu- len und sogar zwei Automobilverbände. Sie bilden zusammen den „politischen Arm“ des Bündnisses. Das ökonomische Rückgrat dagegen bilden die Fördermitglieder: Unternehmen der Schienenbranche – Eisenbahnverkehrs- und Infrastrukturunternehmen, aber auch Produzenten und Zulieferer bis hin zu Bauunternehmen. Allesamt Unternehmen, die ein vitales Interesse an einer prosperierenden Schiene haben. Die einen bringen politischen Sachverstand ein, die anderen finanzieren die Verbandsarbeit. Und beide stehen in einem permanenten Austausch auf Augenhöhe. Es geht um eine nachhaltige Veränderung des politischen Klimas in Deutschland in Bezug auf den Schienenverkehr. Jahrzehntelang wurde Mobilität nur als Automobilität verstanden. Die ApS zeigt auf, dass die Förderung der Schiene nicht nur im Interesse des Gemeinwohls, der Umwelt und des Klimas liegt, sondern auch ein Mittel ist, Mobilität für viele Menschen zu gewährleisten. Viele ihrer Argumente, ihrer Zahlen und Fakten sind schon in die verkehrspolitische Diskussion eingeflossen. Die Allianz ist ein starker Partner der EVG – und umgekehrt. Denn wer für die Schiene eintritt, tritt auch für die Arbeitsplätze von Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern ein. AUSGEZEICHNETE ALLIANZ Die Allianz pro Schiene nutzt für ihre Arbeit eine ganze Palette an Möglichkeiten: Pressearbeit, öffentlichkeitswirksame Aktionen (wie z.B. Bahnhof des Jahres, Eisenbahner mit Herz), Gespräche mit Politikern, parlamentarische Abende, Positionspapiere, Gutachten etc. Und sie tut dies mit Erfolg. Bereits 2004 wurde die ApS von der Tageszeitung Die Welt als „Deutschlands wichtigster Interessenverband für die Eisenbahn“ bezeichnet. Die Zeitschrift Politik & Kommunikation listete die ApS unter den „Top 100“ der Lobbyverbände in Deutschland auf. Und im Herbst 2014 wurde sie auf dem European Rail Congress mit dem Preis „Best Partnership of the Year“ ausgezeichnet. Bisher jüngster Coup ist der Bundesländerindex Mobilität. Er wird alljährlich vorgelegt und macht die Verkehrspolitik der Bundesländer vergleichbar. EVG-Magazin für Funktionäre Vor 15 Jahren, im Juni 2000, wurde die Allianz pro Schiene gegründet. Sie ist seitdem zu einem der wichtigsten Akteure im Bereich der Verkehrspolitik geworden. Die ApS nennt sich bewusst „Lobbyorganisation“. Unsere Themen im Mai 2015 Selbstbewusste Schienenlobby 3 EISENBAHNPAKET: EVG-Magazin für Funktionäre Unsere Themen im Mai 2015 EVG bekräftigt Kritik 4 Das 4. EU-Eisenbahnpaket wird weiterhin noch nicht zugeschnürt. Die EU-Mitgliedstaaten werden sich voraussichtlich bis Ende Juni nicht mehr auf eine gemeinsame Position zu den politischen Themen des Paketes einigen. Die Diskussion geht also weiter und die EVG hat ihre wesentlichen Kritikpunkte an diesem Gesetzespaket noch einmal zusammengefasst. TECHNISCHE UND POLITISCHE SÄULE Strittig sind unter den EU-Institutionen (Kommission, Rat, Parlament) vor allem die politischen Kernthemen des 4. Eisenbahnpaketes, nämlich die Marktöffnung und Unabhängigkeit der Netzbetreiber. Bis Ende Juni hat Lettland noch den Vorsitz im Ministerrat. Der lettische Verkehrsminister hat ein Kompromisspapier erarbeitet, das aber von den Mitgliedsstaaten zurückgewiesen worden ist. Im Juli wird Luxemburg den Vorsitz übernehmen. Dagegen kommen die Trilog-Verhandlungen zwischen Verkehrsministern, Parlament und EU-Kommission über die sogenannte technische Säule offenbar voran. Hier kann es Presseberichten zufolge noch im ersten Halbjahr eine Einigung geben. Hier geht es um Fragen der Interoperabilität und der technischen Sicherheit des Eisenbahnverkehrs. Generell lehnen wir das Paket ab, weil es weder positive Effekte für die Beschäftigten mit sich bringt noch einen überzeugenden Plan für die Weiterentwicklung des Schienensektors enthält. Das EU-Parlament und auch das deutsche Verkehrsministerium haben einige unserer Kritikpunkte bereits aufgenommen. Die EU-Kommission zeigt allerdings immer noch wenig Bereitschaft, die Interessen der Beschäftigten bei ihrem Liberalisierungsvorhaben zu berücksichtigen. Im Einzelnen kritisiert die EVG vor allem folgende Punkte: • Das Paket muss verbindliche Regeln zur Übernahme der Beschäftigten bei einem Betreiberwechsel enthalten. Die Dachorganisationen ETF und CER haben sich bereits auf entsprechende Vorschläge geeinigt und durch das EU-Parlament in den Gesetzgebungsprozess eingebracht. • Für eine Trennung von Netz und Betrieb gibt es keine Notwendigkeit. Der deutsche Schienenverkehrsmarkt mit mehr als 300 konkurrierenden Unternehmen zeigt, dass ein integrierter Konzern den Wettbewerb in keiner Weise behindert. Vertikal integrierte Unternehmen spielen zudem die Rolle von Innovationstreibern der Branche. Diese Kompetenz ginge verloren. Und: Eine Trennung von Netz und Betrieb würde die konzerninternen Arbeitsmärkte gefährden und hätte damit katastrophale Folgen für die Beschäftigten. • Die Möglichkeit der Direktvergabe im SPNV muss erhalten bleiben. Das komplexe System SPNV braucht die Direktvergabe. Die Mitgliedsländer müssen die Möglichkeit haben, den öffentlichen Verkehr gemäß ihrer nationalen Besonderheiten zu organisieren. • Eine der größten Prioritäten hat für uns die Zertifizierung der Bordpersonale analog zu der der Triebfahrzeugführer. Eine EU-weite Harmonisierung der Mindestanforderungen an Ausbildung und Kompetenzen erhöht die Mobilität der Zugpersonale, ohne das Sicherheitsniveau der Eisenbahn zu beeinträchtigen. • Ganz klar wenden wir uns gegen die geplante Verstaatlichung von Risiken beim Zugang zum rollenden Material. Der Betrieb eines EVU ist eine unternehmerische Entscheidung; sie birgt Gewinnerwartungen, aber auch Risiken. Letztere sollte die öffentliche Hand den EVU nicht abnehmen. Auch würden EVU, die die Instandhaltung nicht mehr selbst leisten dürfen, zu reinen Carriern werden, der Wettbewerb würde nur noch über die Personalkosten geführt werden. G7 GIPFEL: Mitte Juni findet in Deutschland der Gipfel der sieben führenden Industrienationen (G 7) statt. Die Gewerkschaften fordern, dass die G 7 endlich auch Verantwortung für menschenwürdige Arbeitsbedingungen übernehmen müssen. „Beim derzeitigen Lieferketten-Geschäftsmodell haben die Beschäftigten das Nachsehen. Wir brauchen ein neues Geschäftsmodell“, sagt Sharan Burrow, Generalsekretärin des Internationalen Gewerkschaftsbundes IGB. „Überall auf der Welt stoßen wir in Lieferketten auf Sklavenarbeit, informelle Beschäftigung, Hungerlöhne und gefährliche Arbeitsbedingungen. Multinationale Unternehmen müssen von den Regierungen ihrer Heimatländer für Missbräuche in ihren Lieferketten rechtlich belangt werden.“ Burrow forderte daher auch Unterstützung für Investoren, die in menschenwürdige Arbeit in Lieferketten investieren. „Diejenigen, die in Unternehmen investieren, die gegen internationale Arbeitsnormen verstoßen, sollten zur Verantwortung gezogen werden.“ Eine besondere Rolle kommt dabei Deutschland zu, dem derzeitigen Vorsitzland der G 7 und Gastgeber des diesjährigen Gipfels. Deutschland steht zwar am Ende der Wertschöpfungskette – genau deswe- gen aber dürfen wir uns nicht aus der Verantwortung stehlen. Billige Klamotten in den Läden hierzulande beruhen oftmals auf der Ausbeutung von Arbeiterinnen und Arbeitern in anderen Ländern. Und natürlich darauf, dass der Transport dieser Waren künstlich billig gerechnet wird – auch dies nicht zuletzt auf Kosten der Beschäftigten. Der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann fordert deshalb eine Führungsrolle Deutschlands ein. „In jedem Land muss ein existenzsichernder Mindestlohn gelten, und wir brauchen funktionierende Lohnfindungsmechanismen. Es kann nicht sein, dass hier Willkür herrscht, nur um das Geiz-ist-GeilDenken in den reichen Ländern zu bedienen.“ Die prekäre und lebensgefährliche Beschäftigung entlang der Lieferketten müsse thematisiert werden. „Wir brauchen Transparenz. Heute weiß jeder, ob ein T-Shirt aus Baumwolle ist, bei wieviel Grad es gewaschen werden darf und woher die Ananas stammt – warum schweigen wir über den Lohn der Näherin und die Gesundheit der Pflücker?“ Die G7 hätten den politischen Einfluss, die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu stärken. „Sie müssen dafür sorgen, dass die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte endlich erfolgreich umgesetzt werden.“ „GRUPPE DER 7“ Die „G 7“ wurde nach einer Reihe von informellen Treffen 1975 offiziell gegründet. Hintergrund waren die Ölkrise und der Zusammenbruch des Systems fester Wechselkurse. Ging es zuerst um Wirtschafts- und Währungsthemen, so hat sich die Themenpalette inzwischen enorm erweitert. Heutzutage wird genauso über Gesundheitspolitik, Klimaschutz etc. diskutiert. Deswegen darf natürlich das Thema Arbeitsbedingungen nicht fehlen. Am Anfang gehörten die USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Italien und Japan zur Gruppe. 1976 kam Kanada dazu. 1998 erweiterte sich die Gruppe durch die Aufnahme Russlands zur „G 8“. Nach der Annexion der Krim durch Russland wurde im vergangenen Jahr entschieden, wieder zum G7-Format zurückzukehren, zumindest vorübergehend. Der Gipfel findet jedes Jahr statt. Deutschland richtet ihn zum fünften Mal aus. EVG-Magazin für Funktionäre Die Wertschöpfungsketten sind längst international geworden, in vielen Bereichen verlaufen sie schon global. Entlang dieser Wertschöpfungsketten müssen überall menschenwürdige Arbeits- und Sozialbedingungen herrschen. Die G7-Staaten sind hierbei zentrale Akteure. Unsere Themen im Mai 2015 G7 müssen Verantwortung übernehmen 5 HAUSHALTSPOLITIK: EVG-Magazin für Funktionäre Unsere Themen im Mai 2015 Schwarze Null auf Kosten der Beitragszahler 6 Bundesfinanzminister Schäuble freut sich: Er bekommt seine „schwarze Null“. Übersehen wird dabei, dass es vor allem die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler sind, die die Zeche dafür bezahlen. STEUERN ODER BEITRÄGE… …ist das nicht egal? Ist es nicht. Denn bei der Finanzierung aus Steuermitteln ist ein wesentlich größerer Personenkreis beteiligt als bei der Beitragsfinanzierung. Viele Steuerpflichtige wie z.B. Freiberufler zahlen Steuern, sind aber nicht sozialversicherungspflichtig und ggf. privat versichert. Vor allem aber werden Kapitaleinkünfte nicht zur Beitragsfinanzierung herangezogen. Sozialversicherungsbeiträge sind außerdem gedeckelt – durch die Beitragsbemessungsgrenze. Nur bis zu dieser Grenze werden Sozialversicherungsbeiträge bezahlt. Einkommensbestandteile, die darüber liegen, sind von der Sozialversicherungspflicht befreit. Besserverdiende haben auch die Möglichkeit, sich aus der Sozialversicherung ganz zu verabschieden – nämlich wenn ihr Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze liegt. Eine Steuerfinanzierung verbreitert also die Finanzierungsbasis. Der Bundeshaushalt wird zum einen durch steigende Steuereinnahmen ausgeglichen. Zum anderen aber durch Einsparungen in den sozialen Sicherungssystemen. Die müssten aber eigentlich gestärkt werden. Ein paar Beispiele, wie die Sozialkassen zur Sanierung des Bundeshaushaltes beitragen: • Bei der Rente wird der Bundeszuschuss Schritt für Schritt heruntergefahren. Die „Mütterrente“, die eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, wird in der Finanzierung allein den Beitragszahler/ innen aufgebürdet. • In der Gesundheitsversorgung hat die Bundesregierung ihren Steuerzuschuss zur Gegenfinanzierung gesamtgesellschaftlicher Leistungen bereits seit 2010 abgesenkt. Und durch die jüngste „Reform“ in diesem Bereich werden zusätzlich allein den Beitragszahlern die absehbaren Kostensteigerungen aufgebürdet. • Im Bereich der Arbeitslosenversicherung gibt es ebenfalls eine Reihe von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, so die Förderung von Maßnahmen in Werkstätten für behinderte Menschen oder Leistungen der beruflichen Rehabilitation im Rahmen der Ersteingliederung. Auch diese Kosten werden ausschließlich über die Beiträge finanziert. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften fordern einen Kurswechsel. Denn, wie es der DGB in einem Positionspapier formuliert, „auf die Solidarität der kollektiven Sicherungssysteme sind all diejenigen angewiesen, die sich vor der Gefahr des Absturzes nicht individuell mit einem Konto auf den Caymaninseln oder in Luxemburg schützen können.“ Die großen Lebensrisiken wie Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Pflege können nicht individuell, sondern nur in den Sozialversicherungen geschultert werden. Um sie langfristig auf eine solide Grundlage zu stellen, fordern die Gewerkschaften u.a. • eine Bürgerversicherung in Gesundheit und Pflege • die Wiederherstellung der Beitragsparität • eine nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung (z.B. durch Aufbau von Rücklagen) • eine systemgerechte Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben aus Steuermitteln. EVG BILDUNG & WISSEN: Junge Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter der EVG haben sich in Istanbul mit jungen Gewerkschaftern der türkischen Schwestergewerkschaft Demiryol-Iş getroffen. Dieser Jugendaustausch ist ein Projekt der EVA-Akademie, das dazu dienen soll, gegenseitiges Verständnis und Toleranz, Offenheit für andere Kulturen, den Erfahrungs- und Meinungsaustausch zu fördern. Was haben wir in der Türkei erlebt? Die Kollegen von Demiryol-Iş haben uns ein interessantes, vielfältiges Programm geboten, das uns Einblicke in den Arbeitsalltag dortiger Verkehrsbetriebe, Ausbildungsstätten und das Leben der jungen Kollegen ermöglicht hat. Hier einige Stationen: Bei einem Besuch der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Istanbul, zu deren Aufgaben es gehört, die türkischen Gewerkschaften zu unterstützen, haben wir Informationen über die Struktur der Gewerkschaften und über Konfliktpotentiale und Chancen erhalten. Auf der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke Ankara–Istanbul sind wir nach Eskişehir gereist, haben eine Ausbildungsstätte und einen Betrieb besucht sowie mit Gewerkschaftern vor Ort geredet. In der Metro-Werkstatt in Istanbul konnten wir bestaunen, wie Bahnen, die früher durch Köln fuhren, komplett überarbeitet, aufpoliert und umgerüstet werden, so dass sie demnächst als moderne Metros in Istanbul zum Einsatz kommen. Und natürlich waren wir auf – und auch unter – dem Bosporus unterwegs, zwischen der asiatischen und der europäischen Seite, mit dem Schiff, der Fähre und der Metro. Begleitet wurden wir nicht nur von den jungen Kollegen, sondern auch von Funktionären der Demiryol-Iş, wie dem Generalsekretär Hüseyin Kaya. Wir haben viel gesehen und erlebt und nehmen diese Erfahrungen mit in den Betrieb und in die gewerkschaftliche Arbeit. Die Gastfreundschaft und Offenheit, die wir an allen Orten, die wir besuchen konnten, erfahren haben, hat uns sehr positiv überrascht. Wir werden den Kollegen mit der gleichen Offenheit begegnen, wenn sie uns im Juni in Berlin besuchen und ihnen ein spannendes und informatives Programm bieten. Informationen und Kontakt: [email protected] [email protected] [email protected] Tel.: +49 30 3087522 Mobil: +49 176 10436486 FREIE SEMINARPLÄTZE Prävention und Konfliktmanagement für den BR 01.06. – 05.06.2015, Lüneburg Der DemografieTV – Gesundheitsförderung und BEM 08.06. – 12.06.2015, Ostseebad Damp Betriebsverfassungsrecht – Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten 08.06. – 12.06.2015, Rostock Die KBV Beschäftigtendatenschutz und die Umsetzung im DB Konzern 10.06. – 12.06.2015, Bad Hersfeld Betriebsverfassungsrecht – Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten 15.06. – 19.06.2015, Lübeck Die Zusammenarbeit zwischen BR und JAV 15.06. – 17.06.2015, Berlin Weitere Informationen und Kontakt: Marion Geib, Tel.: 030-308 75 10 [email protected] www.eva-akademie.de EVG-Magazin für Funktionäre Das Zusammenwachsen Europas und die Schaffung eines einheitlichen europäischen Verkehrsraums bedeuten für die Beschäftigten ein Mehr an grenzüberschreitenden Einsätzen und eine erhöhte Mobilität auf dem Arbeitsmarkt. Der Druck auf die Arbeitsstandards steigt. Interkulturelle Kompetenz ist ein Schlüssel, um die Anforderungen zu bewältigen. Sie hilft, unterschiedliche Arbeits- und Lebensverhältnisse, Verhaltensweisen und Werte besser zu verstehen, Respekt und Toleranz zu fördern. Die EVG unterstützt mit dem Jugendaustausch junge Aktive in der Gewerkschaft und den betrieblichen Interessenvertretungen, für die der europäische Verkehrsraum weit stärker Realität werden wird als für die älteren Generationen. Unsere Themen im Mai 2015 Jugendaustausch Türkei 7 Unsere Themen im Mai 2015 CHRONIK UND URTEILE Vor 50 Jahren: Vor 25 Jahren: Rollende Royals: Die britischen Königin Elizabeth II. besucht im Mai 1965 die Bundesrepublik. Dafür wird ein 15 Wagen umfassender Sonderzug zusammengestellt. Damit reist die Queen zehn Tage lang durch Deutschland. Am 22. Mai 1990 beschließt der DGB, „eine einheitliche deutsche Gewerkschaftsbewegung unter dem Dach des DGB zu schaffen“. IMPRESSUM Das Magazin für Funktionäre und Amtsinhaber der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG Herausgeber: EVG Weilburger Straße 24 60326 Frankfurt/Main EVG-Magazin für Funktionäre Verantwortliche Redakteure: Oliver Kaufhold, Michael Klein 8 Redaktionsschluss: 11.5.2015 Redaktion & Gestaltung: creadicto text - sprache gestaltung GmbH & Co. KG Reinhardtstr. 23 10117 Berlin Tel: (030) 42 43 90 77 Fax: (030) 42 43 90 71 Email: evg.themen@ evg-online.org Forderung nach Mindestlohn: Kündigung unwirksam Ein Arbeitsverhältnis zu kündigen, weil der Beschäftigte den gesetzlichen Mindestlohn fordert, ist unzulässig. Das hat das Arbeitsgericht Berlin entschieden. Der Kläger war als Hausmeister mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 14 Stunden beschäftigt. Er bekam dafür 315 €, das entspricht einem Stundenlohn von 5,19 €. Nach Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns forderte er eine Bezahlung auf der Basis von 8,50 € pro Stunde. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und bot dem Kläger vielmehr an, die Arbeitszeit zu reduzieren. Statt 14 Stunden wöchentlich sollten es künftig 32 Stunden monatlich sein – bei nahezu gleich bleibender Bezahlung. Dies hätte einen Stundenlohn von 10,15 € ergeben. Nachdem der Kläger dieses Angebot abgelehnt hatte, erhielt er umgehend die Kündigung. Das Arbeitsgericht erklärte diese für unwirksam. Der Kläger habe seinen gesetzlichen Anspruch geltend gemacht, hieraus dürfe ihm kein Nachteil entstehen. Die Kündigung käme einer Maßregelung gleich und sei daher unwirksam. Die Reduzierung der Arbeitszeit ist ein weit verbreiteter Trick zur Umgehung des Mindestlohns. Denn sie hätte wohl auch in diesem Fall nur auf dem Papier gestanden. Die Arbeitsmenge hätte sich nicht reduziert, nur wären die überzähligen Stunden als unbezahlte Überstunden geleistet worden. Damit haben sich die Berliner Richter bereits zum zweiten Mal binnen weniger Wochen mit dem Mindestlohn beschäftigt. Bereits Anfang März hatten sie entschieden, dass der Arbeitgeber ein zusätzliches Urlaubsgeld und eine jährliche Sonderzahlung nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn anrechnen darf. AZ: 28 Ca 2405/15
© Copyright 2024 ExpyDoc