Silent - Staatsgalerie Stuttgart

Videobox
VideoBox Januar – Juni 2015
»Silent« Cinema
Über den Zeitraum eines Jahres zeigt die Staatsgalerie Stuttgart in monat­
lichem Wechsel ausgewählte Filme und Videos von inter­nationalen jüngeren
wie etablierten Künstlern, die dokumentarisch, experimentell, essayistisch
oder narrativ arbeiten.
Jan
Feb
Mär
Apr
Mai
Jun
Unter dem Titel »Silent« Cinema widmet das Museum eine erste Reihe Filmen
und Videos, die sich bewusst auf ihre Bilder konzentrieren und Ton als
Möglichkeit ausklammern. Denn auch wenn Kunst immer von Technologien
ihrer Zeit bestimmt ist, so setzt sie diese mitunter absichtlich nicht ein
oder greift auf ältere Pro­duktions­weisen und Vorführkonventionen zurück.
Ohne Sprache auszukommen, scheint Filme und Videos zudem universell
ver­ständlich zu machen. Dass auch Kino ohne Ton indes oft nicht stumm war,
sondern von Livemusik begleitet, deuten die Anführungsstriche im Titel an.
Was kann in aktueller zeitbasierter Kunst passieren, wenn auf Schall­begleitung
verzichtet wird? Wenn es still um einen ist und allein die Bilder wirken,
be­rühren und heraus­fordern? Diesen Fragen geht »Silent« Cinema nach und
zeigt Arbeiten, in denen aus Stille etwa Staunen, Momente anderer Intimität
oder Gegenwelten entstehen.
Over the course of a year the Staatsgalerie Stuttgart is presenting a monthly
programme of films and videos by international established and emerging
artists working in a documentary, experimental, essayistic or narrative style.
Shown under the heading »Silent« Cinema, the first instalment of the series
is devoted to films and videos that focus on the moving image alone and ­
de­liberately eschew sound. Although art tends to be shaped by the techno­lo­
gical possibilities of its time, artists do occasionally choose not to make
full use of them or to adopt earlier modes of production and presen­tation.
Moreover, the exclusion of the spoken word seems to make for uni­versally
comprehensible films and videos. The fact that silent movies were, of course,
not invariably without sound, but often accompanied by live music, is
alluded to by the inverted commas in the title.
What can happen in contemporary time-based art when it dispenses with
sound? When silence envelops the viewer, leaving it to the images alone
to affect, touch and challenge? These are the questions »Silent« Cinema
seeks to investigate through works in which silence gives rise to wonder,
to moments of intimacy and to alternate worlds.
Alle Abbildungen: Christoph Keller, Anarcheology, 2014, Videostills,
Courtesy: Christoph Keller und Esther Schipper, Berlin
Josef Dabernig excursus on fitness
Margaret Salmon Hyde Park
David Claerbout Oil workers (from the Shell company of Nigeria)
returning home from work, caught in torrential rain
Christoph Keller Anarcheology
Sarah Browne Carpet for the Irish Pavilion at the Venice Biennale
Rachel Reupke Wine & Spirits
Die Reihe »Silent« Cinema wird ermöglicht durch
Wolfgang Elkart
Dr. h.c. Albrecht Hauff
Prof. Jürgen Hubbert
Prof. Dr. Wilhelm Rall
Dr. Hans Seiter
Julia Herzogin von Württemberg
Staatsgalerie Stuttgart
Konrad-Adenauer-Straße 30 – 32
70173 Stuttgart
Tel. (0711) 47040-0
Fax (0711) 2369983
[email protected]
Anfahrt
Stadtbahn: U1, U2, U4, U9, U14
Bus: Linien 40, 42, 44
Parken: Neue Staatsgalerie,
Haus der Geschichte, Landtag,
Schlossgarten
Öffnungszeiten
10 – 18 Uhr
donnerstags Abendöffnung
bis 20 Uhr
montags geschlossen
dienstags und mittwochs Sonder­
öffnungen für angemeldete Schul­
gruppen ab 9 Uhr
www.staatsgalerie.de
www.facebook.com/staatsgalerie
VideoBox
April 2015
»Silent« Cinema
C
hristoph Keller
Anarcheology
Eintritt
7 € / ermäßigt 5 €
Mitglieder der Freunde der
­Staatsgalerie sowie Kinder und
Jugendliche bis einschließlich
20 Jahre: Eintritt frei
Der freie Eintritt in die Sammlung sowie
­Sonderausstellung für Kinder und
Jugendliche wird ermöglicht durch die
Vorverkauf
an der Kasse im Stirling-Bau oder
online unter www.staatsgalerie.de
FÜHRUNGsservice
dienstags bis freitags 10 – 15 Uhr
(in den Ferien 10 – 13 Uhr),
Tel. (0711) 47040-452 / -453
[email protected]
Gruppen nur nach Voranmeldung
2.4. – 3.5. 2015
Anarcheology
Addressing these questions, Keller picks up on concepts drawn from archaeology,
ethnology and philosophy before seamlessly moving to a personal narrative
which he then proceeds to interweave with the mythology of the VenezuelanBrazilian Yanomami people. Keller’s interest goes beyond the academic
discourse of an archaeology of language and knowledge. He concentrates on
the subjectivity of narrative modes and interpretations of the relationship
between the individual and the world, matter and memory. Thus he condenses
images, texts and subtexts into an ›internal‹ work that pulls the viewer in,
not least because of the experience of the absence of sound. The act of reading
transforms the written word into a kind of ›inner soundtrack‹.
Christoph Keller
Anarcheology
2014
HD-Video| s/w | ohne Ton |englische Untertitel | 12'40"
HD video | b/w | silent | English subtitles | 12'40"
Courtesy: Christoph Keller und Esther Schipper, Berlin
Christoph Kellers Video »Anarcheology« ist stumm – und kreist dennoch vor
allem um Text und Sprache. Rhythmisch wechseln Bilder und Textpassagen
einander ab. Unentwegt alternieren Schwarzweißfotografien von offenbar
menschenleeren tropischen Fluss- und Waldlandschaften mit Texteinblendun­
gen, die wie Zwischentitel in Stummfilmen wirken. Bilder vom Amazonas, von
der neuen Brücke über den Rio Negro bei Manaus und von Wasseroberflächen
scheinen auf und entschwinden wieder. Die eingeschobenen Sätze und Zitate
kommentieren die Bilder aber nicht unmittelbar. Vielmehr verweisen sie
auf Abstände, die immer bestehen, wenn eine andere Kultur im Verhältnis zur
eigenen wahrgenommen wird. Sie reflektieren die Rolle, die Schriftsprache,
mündliche Tradition und Übersetzung dabei spielen: Wie verhalten sich auf
Materialität von Zeichen fixierte schriftliche Kulturen und orale Kulturen
zueinander? Wie erzeugen Mündlichkeit und Schriftlichkeit Vorstellungen und
Wissen? Wie erlangt dieses Wissen Geltung?
Im Umgang mit diesen Fragen nimmt Keller zunächst Begriffe aus Archäologie,
Ethnologie und Philosophie auf. Übergangslos schwenkt er dann in eine
erzählte persönliche Geschichte und verwebt diese schließlich mit der Mytho­
logie des venezolanisch-brasilianischen Volks der Yanomami. Ihn interessieren
As in his new work »Anarcheology«, Christoph Keller uses the technologybased media of photography, film and video to investigate the relationship
between art and science. He is fascinated by scientific and academic sidetracks
and by a subjective approach to historical material in the construction of history.
But his work also runs to patented inventions such as his »Helioflex« mirror
of 1997, an ›urban utopia‹ designed to bring sunlight into dark backyard flats
and to reduce the proverbial social divide between light and shadow.
nicht allein wissenschaftliche Diskurse einer Archäologie der Sprache und
des Wissens. Vielmehr konzentriert er sich auf die Subjektivität von Erzählweisen
und Interpretationen der Verhältnisse zwischen Individuum und Welt, Materie
und Gedächtnis. So verdichtet er Bilder, Texte und Subtexte zu einer
­geradezu ›innerlichen‹ Arbeit voller Sogkraft – verstärkt durch die Erfahrung
fehlenden Tons. Denn im Akt des Lesens verwandelt sich das Geschriebene zu
einer Art ›innerem Ton‹ im Film.
Wie in seiner neuen Arbeit »Anarcheology« untersucht Christoph Keller vor
allem in den technologiebasierten Medien Fotografie, Film und Video immer
wieder das Verhältnis von Kunst zu Wissenschaft. Dabei faszinieren ihn
wissenschaft­liche Seitenwege und ein subjektiver Umgang mit historischem
Material in der Konstruktion von Geschichte. Doch auch patentierte Erfindungen
zählen zu seiner künstlerischen Arbeit – wie sein »Helioflex«-Spiegel (1997),
der als ›urbane Utopie‹ Sonne in schattige Hinterhofwohnungen leitet und so
das sprichwört­liche soziale Gefälle zwischen Licht und Schatten minimiert.
Christoph Keller’s video »Anarcheology« may be silent, but it deals primarily
with text and language. Images alternate rhythmically with text passages,
black and white photographs of seemingly uninhabited tropical river and forest
landscapes with text frames that evoke the intertitles of silent movies. Images
of the Amazon, of the new bridge across the Rio Negro near Manaus and water
surfaces appear and disappear. Yet the sentences and quotations that
punctuate the images do not comment on them directly. Instead they refer to
those distances that are ever-present when an unfamiliar culture is perceived
in relation to one’s own. They reflect the role that the written language, oral
tradition and translation play in this process. What is the relationship between
literate cultures, fixated on the materiality of letters, and oral cultures?
How do orality and literacy generate concepts and knowledge? How does that
knowledge gain currency?
Christoph Keller
1967geboren in Freiburg / Breisgau, lebt in Berlin.
born in Freiburg / Breisgau, lives in Berlin.
1987 – 1995 Studium der Mathematik, Physik und Hydrologie in Freiburg,
Berlin und Santiago de Chile.
Studies of math, physics and hydrology in Freiburg, ­Berlin
and ­Santiago de Chile.
1993 – 1999Hochschule der Künste Berlin und Kunsthochschule
für Medien Köln.
Berlin University of Arts and Academy of Media Arts Cologne.
Einzelausstellungen (Auswahl) • Solo exhibitions (selection):
Small Survey on Nothingness, Schering Stiftung, Berlin (2014); Anarcheology,
Esther Schipper (2014); Aether – Between Cosmology and Consciousness,
Nouveau Festival Du Centre Pompidou, Paris (2011); Voyages Extraordinaires,
CRAC Alsace Lorraine, Altkirch (2010); Observatorium, Kunstverein
­Braunschweig (2008).
Gruppenausstellungen (Auswahl) • Group exhibitions (selection):
Marie Voignier, Olaf Breuning, Christoph Keller: Os Trópicos, CAIXA Cultural,
São Paulo (2014); The Reluctant Narrator, The Museu Coleção Berardo,
Lissabon (2014); Villa Schöningen, Potsdam (2013); Kunsthal Charlottenborg,
Kopenhagen (2013); Berliner Philharmonie, Berlin (2013); Villa Arson, Nizza (2012);
A Terrible Beauty is Born, 11. Lyon Biennale (2011); Über-Lebenskunst Festival,
Haus der Kulturen der Welt, Berlin (2011); 1. Berlin Biennale (1998).
Filmfestivals | Screenings (Auswahl) • Film festivals |screenings (selection):
57. Internationale Kurzfilmtage Oberhausen (2011); 44. Internationale
­Kurzfilmtage Oberhausen (1998).