Konfliktmanagement in Organisationen

Konsensorientierte Konfliktlösung in Organisationen
Unterschiedliche Standpunkte und Sichtweisen sind Teil der menschlichen Kommunikation
und des Zusammenlebens. Menschen denken,
handeln und fühlen unterschiedlich. Diese Unterschiede sind notwendig für Entwicklung,
Veränderung und Aufbruch.
Ob sich unterschiedliche Meinungen und Haltungen konstruktiv auswirken oder ob daraus
ein lähmender Konflikt entsteht, hängt von den
beteiligten Personen ab.
„Lobbying“, wenn der Konflikt eskaliert, auch
mit dem Versuch der Gegenpartei einen Gesichtsverlust zuzufügen.
Überwiegen die persönlichen die sachlichen
Differenzen, so hat der Konflikt die Personen
in Besitz genommen. Ab diesem Punkt wird es
den Parteien nicht mehr gelingen eine Lösung
des Konfliktes selbst herbeizuführen und sie
benötigen die Unterstützung eines Dritten.
Der Konfliktforscher Friedrich Glasl schreibt in
seinem Buch Selbsthilfe in Konflikten: „Die Differenz wird dann zur Spannung oder zum Konflikt, wenn die beteiligten Personen damit nicht
mehr konstruktiv umgehen können.“
Der konstruktive Umgang mit Differenzen ist in
der Tat alles andere als einfach. Weil wir Dinge
unterschiedlich wahrnehmen und werten fällt
es uns häufig schwer die eigene Sichtweisen
zu relativieren und die eingenommene Position
aufzuweichen oder zu verlassen.
Unterschiede in der Wahrnehmung und in der
Wertung von Dingen lösen beim Gegenüber
das Gefühl des „nicht wahrgenommen werdens“ aus und verursachen Ärger. Beispiele
sind Aussprüche wie:
• das ist doch eine Lappalie
• das ist jetzt unwichtig
• etc.
Im Ärger verhärten sich die Positionen und die
Kommunikation verschlechtert sich und wird
mehrdeutig. Mit jeder weiteren Eskalation rückt
die Sache oder die ursprüngliche Differenz in
den Hintergrund und die Person des Gegenübers in den Vordergrund.
Mit der Verhärtung der Positionen und der
häufigen Wiederholung der gleichen Argumente fühlen sich die Beteiligten mehr und mehr
ihrer persönlichen Wertschätzung beraubt und
sind bestrebt diese wieder herzustellen. Afänglich mit Überzeugungsversuchen und durch
Sachliche
Differenzen
Persönliche
Differenzen
Konflikt über
den Konflikt
Konflik über die
Konfliktlösung
}
}
Wir haben
einen Konflikt
Der Konflikt
hat uns
aus Friedrich Glasl: Selbsthilfe in Konflikten
Unterschiedliche Interessen, Bedürfnisse, Ziele der beteiligten Personen führen zu unterschiedlichen Sichtweisen und Positionen. Daraus ergeben sich verschiedene Lösungen für
dieselbe Aufgabe.
Position
Sichtweise
Interessen
Bedürfnisse
Ziele
Position
Sichtweise
Interessen
Bedürfnisse
Ziele
Je länger der Konflikt dauert, desto weiter rücken die Interessen, Bedürfnisse und Ziele in
den Hintergrund und starre Positionen in den
Vordergrund.
Sachliche und persönliche Differenzen vermischen sich.
Konsensorientierte Konfliktlösung in Organisationen
Möglichkeiten der Konfliktlösung
durch Dritte
Die mediative Konfliktlösung
Mediation ist ein anderer Weg der Konfliktlösung.
Ein Kompromiss
Die Drittperson schlägt einen Kompromiss vor,
der häufig der grösste gemeinsame Nenner
der beiden Positionen ist. Wertvolle Aspekte
beider Lösungen gehen dabei verloren. Die
Umsetzung gestaltet sich schwierig, da die
Lösung keinen „Vater“ hat und nicht mehr richtig Freude macht.
Die Parteien erleiden keinen Gesichtsverlust,
da jeder ein bisschen gewonnen und ein bisschen verloren hat. Für den Sachverhalt und
die Organisation ist der Kompromiss selten die
beste Lösung. Die persönlichen Differenzen
sind nicht „bearbeitet“ worden, was später zu
weiteren Konflikten führen kann.
Kompromisse finden in Schiedsgerichten, gerichtlichen Vergleichen und häufig in der Politik
Anwendung.
Der Richterspruch
Der Entscheid durch einen „höherstehenden“
Dritten wird entweder durch den „Vorgesetzten“ anhand seiner Entscheidungskriterien und
seiner Sichtweise, durch einen „Richter“ mittels Auslegung bestehender Richtlinien und
Gesetze oder durch eine numerische Mehrheit
gefällt.
Dabei entsteht ein Sieger und ein Verlierer. Die
Ideen, Bedürfnisse und Interessen der Verliererpartei sind in der Lösung nicht vertreten.
Gleichzeitig mit dem sachlichen Entscheid wird
auch die persönliche Differenz gegen die Verliererpartei entschieden (Recht und Unrecht).
Nach dem Richterspruch fühlt sich eine Partei
in ihrem Verhalten bestätigt, die andere ist
frustriert und fühlt sich ungerecht behandelt.
Vor allem nach Gerichtsentscheiden ist für eine Partei zwar der Konflikt gewonnen, aber die
Grundlage für die weitere Zusammenarbeit mit
der Gegenpartei zerstört, so dass es gerade
bei Konflikten zwischen Organisationen (Lieferant - Kunde) häufig zwei Verlierer gibt.
Es ist eine systematische und strukturierte
Form der Konfliktregelung durch einen professionellen Konfliktmanager. Der Mediator oder
die Mediatorin unterstützt die von einem Konflikt Betroffenen und an einer einvernehmlichen Lösung Interessierten dabei zu einem
gemeinsam verantworteten Ergebnis zu gelangen.
Neue kreative Lösungsoptionen
Bei diesem Vorgehen geht es vorrangig um die
Entwicklung neuer kreativer Lösungsoptionen,
nicht um einen Kompromiss.
Verbindliche Vereinbarung
Mediation ist zukunfts- und lösungsorientiert,
das Ziel ist immer eine verbindliche Vereinbarung der Parteien zur Regelung des Konfliktes.
Tragfähige Lösungen für die Zukunft
Mediation setzt den grundsätzlichen Einigungswillen aller Beteiligten voraus und die
Absicht die Einigung auf dem Weg der Mediation zu suchen. Sie strebt nach tragfähigen,
fairen Lösungen für die Zukunft.
Selbstbestimmung der Beteiligten
Mediation ist ausdrücklich auf die Selbstbestimmung der Teilnehmenden ausgerichtet.
Zwang oder Druck von aussen ist der kreativen und eigenständigen Lösungsfindung hinderlich. Ein hoher innerer Leidensdruck zur
Beilegung des Konfliktes ist hingegen meistens gegeben und fördert den Prozess. Alle
Teilnehmenden sollen zu jedem Zeitpunkt die
Freiheit haben, die Mediation zu beenden oder
zu unterbrechen.
Offenheit und Vertraulichkeit
Nachhaltige Lösungen sind nur möglich, wenn
die Parteien über alle Informationen verfügen,
die für eine Entscheidung erforderlich sind.
Dazu gehört gegebenenfalls auch das Wissen
um die rechtliche Beurteilung des Konfliktgrundes. Die Parteien verpflichten sich, alle für
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die Verhandlung und die Entscheidung wichtigen Informationen offenzulegen und auszutauschen. Gleichzeitig verpflichten sich die
Parteien die gewonnen Informationen nicht
nach aussen zu tragen oder, falls die Mediation abgebrochen wird, nicht in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren gegeneinander zu
verwenden. Die Vertraulichkeit gilt selbstverständlich auch für den Mediator oder die
Mediatorin, sie wird weder freiwillig als Zeuge
vor Gericht aussagen, noch eine der Parteien
in dieser Sache jemals vertreten.
Allparteilichkeit der Mediationsperson
Mediatorinnen und Mediatoren verhalten sich
in Bezug auf das Ergebnis der Verhandlungen
neutral, sie unterstützen die Parteien im Bemühen um eine konstruktive Kommunikation
und stellen die Systematik des Vorgehens sicher. Man nennt diese Haltung „Allparteilichkeit“. Sie sind zudem für die Organisation der
Meetings, die Protokollierung der Resultate
und falls dies von den Parteien gewünscht
wird, für die Kommunikation nach aussen
zuständig.
Ablauf einer Mediation
Phase 1: Arbeitsvereinbarung: Vor der eigentlichen Mediation wird unter den
Beteiligten ein Arbeitsbündnis
erstellt. Die Parteien erläutern ihre
Motivation für die Erzielung einer
Einigung. Der Mediator orientiert
über das Vorgehen und vereinbart
Regeln für die Mediation und die
Kommunikation untereinander. Die
Rahmenbedingungen wie Dauer,
Ort, Honorar werden festgelegt.
Phase 2: Themensammlung: In Phase 2
werden die Themen gesammelt, die
die Parteien beschäftigen und die
Streitpunkte bestimmt, für welche
eine Lösung erarbeitet werden
muss. Die Parteien bekommen die
Gelegenheit ihre Sichtweise des
Konfliktes darzulegen. Der Mediator
oder die Mediatorin achtet darauf,
dass die Beteiligten gleichmässig zu
Wort kommen und einander sprechen lassen. Am Schluss der Phase
zwei besteht eine Liste mit allen
Themen, die besprochen werden
sollen und allen Punkten die einer
Einigung bedürfen.
Phase 3: Von der Position zu den Interessen: Das Ziel der Phase 3 ist die
Offenlegung der Interessen und Bedürfnisse, die hinter der eigenen Position stehen. Dieser Schritt ist von
grösster Bedeutung, denn um in den
Verhandlungen weiter zu kommen ist
es wichtig, dass die Beteiligten jeweils die Motive der Gegenpartei
verstehen und als gleichwertig akzeptieren, auch wenn sie den eigenen Interessen entgegenlaufen. Dieser Punkt ist eine Schlüsselstelle
des Verfahrens und stellt an die Parteien und die Mediationsperson hohe
Anforderungen.
Phase 4: Lösungssuche: Mit dem Wissen
um die Interessen und Bedürfnisse
der Gegenpartei und dem Verständnis dafür und mit dem Aussprechen
der damit verbundenen Gefühle verändert sich die Sichtweise der Parteien. Die Erkenntnis dass die zukünftige Lösung die Bedürfnisse aller
Beteiligten berücksichtigen muss,
erleichtert die Suche nach neuen
Lösungsvorschlägen. Der Mediator
unterstützt die Lösungssuche beispielsweise mit dem Einsatz kreativer Techniken und hilft ein positives
und konstruktives Gesprächsklima
aufrecht zu erhalten. Das Ziel dieser
Phase ist ein möglichst breit gefächerter Strauss von Lösungsvorschlägen.
Phase 5: Verhandlung und Entscheid: In
Phase 5 werden Entscheidungen
getroffen. Die Parteien sind bereits
weit fortgeschritten in der Zusammenarbeit und werden nun angehalten auf der Basis der erarbeiteten
Lösungsvorschlägen zu verhandeln,
Optionen zu erstellen und diese zu
verabschieden. Wenn die Parteien
nach dieser Runde sicher sind, dass
die Lösung nicht nur gleiche Nachteile sondern möglichst viele Vorteile
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für alle bringt, ist die Mediation erfolgreich beendet und das Resultat
wird in einer Mediationsvereinbarung
festgehalten. Darin kann gegebenenfalls auch festgehalten werden
wie die Resultate umgesetzt und die
Ergebnisse überwacht werden sollen.
Vorteile durch Mediation
Die so entstandene Lösung gewährleistet nicht
nur die rasche Realisierung, sondern erhöht
gleichzeitig die Tragfähigkeit der Beziehung
der Beteiligten. Mediation unterstützt die partnerschaftliche Zusammenarbeitskultur durch
prägende Erlebnisse und fördert eine zivilisierte Streitkultur oder eben den konstruktiven
Umgang mit Differenzen.
Dauer der Mediation
Die Dauer der Mediation und die Anzahl Sitzungen, die zur Lösung erforderlich sind, hängen von mehreren Faktoren ab:
•
•
•
•
der Anzahl Parteien und Beteiligter
der Komplexität der Sachlage
der Vorgeschichte des Konfliktes
dem Eskalationsgrad des Konfliktes
Bei Streitigkeiten zwischen zwei Parteien, die
über die erforderliche Entscheidungsbefugnis
verfügen, können Lösungen häufig innerhalb
von 4 - 8 Sitzungen mit einer Dauer von je ca.
2 Stunden erfolgen.
Mediation eignet sich als Lösungsweg für viele
Konflikte in und zwischen Organisationen, Beispiele sind:
• Konflikte zwischen Mitarbeitenden
• Konflikte zwischen Mitarbeitenden und
Vorgesetzten
• Konflikte zwischen Abteilungen
• Konflikte zwischen Gruppen wie
- Gewerkschaften und Arbeitgeber
- Geschäftsleitung und Belegschaft
- Konzerngesellschaften
• Streitigkeiten zwischen Kunde und Lieferant
• Patentrechtsstreitigkeiten
• Differenzen mit Behörden
• ......
Die mediative Vorgehensweise bietet sich
nicht nur zur Lösung eskalierter Konflikte an,
sondern ist im Umgang mit Differenzen im allgemeinen sehr hilfreich. Vorgesetzte und Moderatoren können von dieser Haltung und dieser Vorgehensweise in ihrer täglichen Arbeit
profitieren.
Mediatives Verhalten/Vorgehen im
eigenen Umfeld
Der konstruktive Umgang mit Differenzen ist
schwierig und durch die direkt involvierten
Personen häufig unmöglich. Die Kenntnisse
und Fähigkeiten des mediativen Umganges
helfen Vorgesetzten und Moderatoren entstehende Konflikte rasch zu erkennen, die Energie konstruktiv zu nutzen und eine positive
Streitkultur aufzubauen.
Wichtige Punkte des mediativen Verhaltens
sind:
• Allparteilichkeit.
• Differenzen zulassen - sogar fördern.
• Durch gezieltes, interessiertes und offenes
Fragen und Nachfragen die Interessen und
Bedürfnisse eruieren.
• Positionen in Bedürfnisse umformulieren
lassen.
• Alle Aspekte der Differenzen (rechtliche,
ökonomische und emotionale) zulassen
und berücksichtigen.
• Die Differenzen sichtbar machen.
• Optionen gemeinsam erarbeiten, gegenseitig ergänzen und anhand der bestehenden
Unternehmensziele bewerten.
Mediatives Verhalten kann gelernt und geübt
werden.
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Mediatives Vorgehen bei umfangreichen Vorhaben mit mehreren
Interessensgruppen
Die Realisierung grosser Vorhaben kann entscheidend beschleunigt und begünstigt werden, wenn die wichtigen Interessensgruppen
ihre Bedürfnisse und Anliegen darin vertreten
sehen.
Umgekehrt können Projekte durch Einsprachen oder „Kampfmassnahmen“ verzögert,
verteuert oder verunmöglicht werden.
Die Mediation bietet sich nicht nur zur Beilegung von Konflikten an, sondern hilft im Vorfeld von Projekten Risiken zu reduzieren oder
ganz zu vermeiden.
Der frühe Einbezug der wichtigsten Interessensgruppen in ein Projekt, die gegenseitige
Offenlegung der Interessen und Bedürfnisse
und deren Berücksichtigung bei der Lösungskonzeption ist der Idealfall. Es zeigt sich aber
mehr und mehr, dass gewisse Projekte, wie
beispielsweise:
•
•
•
•
•
•
Bau und Erweiterung von Flughäfen
Bau von Abfalldeponien
Erstellung von Energiegewinnungsanlagen
Verkehrskonzepte
Erstellung von Naturschutzparks
....
nur noch so eine Realisierungschance haben.
Für andere umfangreiche Projekte wie:
• Change-Management Projekte in Organi•
•
•
•
sationen
Verlagerung von Unternehmensteilen
Bauvorhaben
Nachfolgeregelungen in Familienunternehmen
....
empfiehlt sich die Mediation im Vorfeld. Der
Einbezug der wichtigsten Interessensgruppen,
die Offenlegung der gegenseitigen Interessen
und Bedürfnisse und die gemeinsame Entwicklung von Lösungen und Optionen schon
bevor Entscheide gefällt worden sind, schafft
Vertrauen, baut Ängste ab oder lässt diese gar
nicht entstehen und beschleunigt die Realisierung des Vorhabens. Das Vorgehen reduziert
die Risiken der Wertvernichtung durch Arbeitsunfrieden, Streiks und grosse Verzögerungen und spart Kosten.
Bei diesen Projekten empfiehlt sich der Beizug
einer professionellen Mediationsperson. Diese
stellt die Allparteilichkeit sicher und sorgt für
einen strukturierten Ablauf.
Bei Vorhaben mit vielen Beteiligten arbeiten
Mediatoren und Mediatorinnen in Teams zusammen und ermöglichen so die parallele Bearbeitung von mehreren Themen. Auf diese
Weise kann die Durchlaufzeit reduziert werden
und es können verschiedene Fähigkeiten und
Eigenschaften in die Mediation eingebracht
werden.
Kontakt:
Hansjörg Meisser, dipl. Masch. Ing. ETH
Mediator - Ausbildung am Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis der Hochschule St. Gallen
Leistungsangebot Konfliktmanagement:
• Mediation in Wirtschaft, Arbeitswelt und
öffentlichem Bereich
• Training von Führungskräften und Mitarbeitenden in Konfliktmanagement und mediativem Verhalten
• Coaching von Personen, die von einem
Konflikt betroffen sind.
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