Zukunftstrend im Bauprojektmanagement

„Zukunftstrend im Bauprojektmanagement“
Projektmanagement-Frühjahrstagung des DVP
Der Deutsche Verband der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft (DVP) formulierte mit 200
Teilnehmern aus allen Bereichen der Immobilienbranche die Zukunftstrends im Projektmanagement. Aus dem
weiten Spektrum von auszumachenden Trends waren die Themenstellungen von Referenten hochkarätig
besetzt.
Was erwartet die Projektmanager in den nächsten Jahren?
Wird das Geschäft durch die prognostizierten Bauvolumina sowie Anforderungen von Investoren und Nutzern
weiter wachsen und dauerhaft profitabel sein? Gibt es neue Trends in erwarteten Dienstleistungen oder neuen
Anforderungen?
Herr Andreas Schulten (Vorstand der bulwiengesa AG), analysierte die Marktperspektiven der deutschen
Immobilienmärkte. Der Standort Deutschland wird weiterhin als sicherer Hafen für Immobilienanlagen
gesehen. Diese Meinung hat sich bei vielen Investoren unter Einbezug der geopolitischen Risiken bzw.
Verwerfungen im letzten Jahr sogar noch verstärkt, sodass in Deutschland 2014 das höchste
Investitionsvolumen seit 2007 registriert werden konnte. Auf dem Gewerbeimmobilieninvestmentmarkt
wurden bundesweit im Jahr 2014 ca. 40,5 Milliarden Euro umgesetzt. Im Vergleich zum Vorjahr nahm hierbei
das investierte Kapital um ca. ein Drittel zu. Vor allem Portfoliotransaktionen wurden im letzten Jahr häufiger
getätigt als noch in den Vorjahren. Der Anteil am gesamten Investitionsvolumen am Gewerbeimmobilienmarkt
betrug 31 % und lag bei fast 12,5 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung von
deutlich über 50 %. Die Nachfrage nach Büroflächen dürfte sich 2015 auf ähnlichem Niveau wie auch
2013/2014 bewegen. Trotz einer weiterhin positiven Bürobeschäftigtenentwicklung von ca. 0,65 % in der
Projektion für das Bundesgebiet herrscht noch immer Verunsicherung bei den Unternehmen, langfristige
Entscheidungen in Bezug auf Standortveränderungen oder Vorvermietungen einzugehen. Zusätzlich ist derzeit
an vielen deutschen Büromärkten ein nur eingeschränktes modernes Angebot vorhanden, sodass neue
Anmietungen derzeit kaum eine qualitative Verbesserung ermöglichen. Die Neubauflächenproduktion wird
2015 wieder leicht ansteigen, allerdings liegen die dringend benötigten Vorvermietungszahlen noch weit hinter
den langjährigen Durchschnittswerten zurück, sodass mittelfristig ein Bauvolumen auf Vorkrisenniveau zu
erwarten ist. Entsprechend ist 2015 von einem weiteren Leerstandsabbau auszugehen, der an manchen
Standorten noch durch größere Flächenabgänge verstärkt wird.
Ein Ausblick in die Arbeitswelt der Zukunft lasse bereits heute einen veränderten Flächenbedarf von
Unternehmen erkennen. Der Einzug des “Internets der Dinge“ in den Produktionszyklus leitet die vierte
industrielle Revolution ein. Produkte werden künftig über interaktive Netzwerke mit allen beteiligten Systemen
und Akteuren eines Produktionsprozesses über den Lebenszyklus hinweg verbunden sein. Die Gebäudehülle für
diese sogenannte Industrie 4.0 muss daher immer flexibler und multifunktionaler ausgelegt sein. Deshalb
bieten Unternehmensimmobilien einen Raum für anstehende Herausforderungen in der deutschen Industrie.
Diese seien in der deutschen Immobilienwirtschaft ein noch recht junger Begriff. mittlerweile steht dahinter
aber eine aufstrebende Assetklasse mit wachsendem Potential.
Unternehmensimmobilien verfügen über ein flexibles Arbeitsumfeld mit einem vielfältigen Angebot an
Nutzungen, die in unterschiedlichem Umfang, Angeboten und je nach Bedarf und Zeitraum modulartig
zusammengestellt werden können. Auf diese Weise würden Nutzer immer genau die Flächen erhalten, die sie
für einen effektiven Arbeitsprozess benötigen.
Herr Dr. Jan Linsin (Head of Research of CBRE) prognostizierte die Entwicklung der Immobilienmärkte im
globalen Kontext und leitete eine Prognose auf den deutschen Markt ab. In 2014 wurden über 223 Milliarden
Euro in Europa in den gewerblichen Immobilienmarkt investiert. Davon kamen 62 Milliarden Euro (28 % des
gesamten europäischen Marktes) von außerhalb der europäischen Region, 41,8 Milliarden Euro aus
Nordamerika, 7,8 Milliarden Euro aus Mittelostamerika und 10,3 Milliarden Euro aus Asien. Dies zeige
eindrucksvoll auf, dass dies erhebliche Impulse auf den deutschen Markt und damit auch das Geschäftsfeld der
Projektmanager nach sich ziehen wird. Herr Dr. Linsin prognostizierte des Weiteren positive Impulse in
Deutschland im Büroflächenmarkt.
Herr Dr.-Ing. Norbert Preuß, Geschäftsführender Vorstand des DVP, fasste in einer Kurzdiskussion mit Herrn
Dr. Linsin und Herrn Schulte zusammen: die Zukunft des Projektmanagements von der Markseite kann als
positiv beurteilt werden. Nach Aussage von Herrn Schulte sind die letzten 5 Jahre gut gewesen, wie sie in
absehbarer Zeit nicht mehr sein werden.
Es besteht weiterhin sehr großer Bedarf an guten Projektentwicklungen. Die Projektmanager sollten ihr
Dienstleistungsangebot für Investoren in diesem Bereich schärfen. Die Unternehmensimmobilie ist eine
aufsteigende Assetklasse. Hier sind auch Dienstleistungen gefragt, die insbesondere Impulse im Hinblick auf
Flexibilität und Multifunktionalität von Immobilien betonen. Der Büromarkt ist im Aufwärtstrend, insbesondere
in Großstädten, auch in Richtung eines weiter zu beobachtenden Urbanisierungstrendes. Auch 2015 werden
die Transaktionen zunehmen, auch aus dem Ausland.
Nach dem Scheitern der hinreichend bekannten Großprojekte in Deutschland hat die Bundesregierung eine
Reformkommission “Bau von Großprojekten“ eingesetzt, die Rahmenbedingungen für die Projektorganisation
und Abwicklung von Projekten formulieren soll. Diese Reformkommission wird am 29.06.2015 zum letzten Mal
in dieser Form tagen. Herr Dr. Jürgen Koggelmann vom Bundesministerium für Verkehr und digitale
Infrastruktur, stellte die voraussichtlichen Ergebnisse der Reformkommission dar. Die Aufgabe der
Reformkommission ist es, konkrete Handlungsempfehlungen zu entwickeln, um Kostenwahrheit,
Kostentransparenz und Termintreue bei Großprojekte zu verbessern und das Vertrauen der Bürgerinnen und
Bürger in die öffentliche Hand als Bauherr zu stärken. Die Kommission sei mit rund 35 Expertinnen und
Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, öffentliche Hand und Verbänden besetzt und hat den gesamten
Bauprozess auf dem Prüfstand gestellt, von der ersten Projektidee bis zur Inbetriebnahme und Nutzung. Ein
wesentlicher Aspekt der Kommission beinhaltete den Umgang mit Risiken. In Zukunft wird das
Risikomanagement prüfbar und mit angemessenen Detailierungsgrad erfolgen. Des Weiteren ist dieses
kontinuierlich über die gesamte Projektlaufzeit zu aktualisieren und fortzuschreiben. Des Weiteren müssen
Risiken, die hinsichtlich Ihre Eintrittswahrscheinlichkeit und Kostenhöhe Schadensfall sachverständig und
plausibel beschrieben und eingeschätzt worden sind, bereits bei öffentlichen Projekten bei der
Haushaltsanmeldung benannt werden. Damit könne eine entsprechende Vorsorge im Haushalt getroffen
werden.
Des Weiteren solle über die Projektdurchführung erst nach Abschluss der Entwurfsplanung endgültig
entschieden werden. Im Rahmen der Gesamtprojektorganisation von Großprojekten sollte der
Projektfinanzierer einen dauerhaften Projektlenkungsausschuss einrichten, der alle wichtigen Entscheidungen
von der Vorbereitung, Umsetzung und dem Betrieb des Projektes trifft. Der Bericht der Reformkommission
beinhaltet Hinweise zu nahezu allen Fragen der Projektabwicklung und dürfte die Abwicklung der Projekte in
Zukunft nachhaltig beeinflussen. Herr Dr. Rainer Schofer und Herr Werner Schneider stellten als Mitglieder der
Reformkommission die Auswirkungen auf das Geschäftsfeld Projektmanagement dar. Der Bericht enthält eine
ganz Reihe an konkreten Hinweisen zu den Schnittstellen zwischen Bauherrenorganisation und Projektsteuerer
und lässt erwarten, dass sich die Abwicklung bei öffentlichen Projekten im Teilbereich verändern werden.
Ein wesentlicher Zukunftstrend der Branche liegt im Building Information Modeling. Die Diskussion über BIM
hat großes Ausmaß angenommen, wie vor einigen Jahren, die über nachhaltiges Bauen. Herr Univ.-Prof.
Architekt Dipl.-Ing. Christoph M. Achammer (TU Wien/ATP architekten ingenieure), erläuterte die
Prozessgestaltung des BIM-Einsatzes zwischen Bauherrnplaner und ausführenden Firmen. Die Einführung des
BIM ist ein nicht mehr aufzuhaltender Prozess, der auch Produktionsverlust in allen Bereichen des Planes und
Bauens verringern wird. Es benötigt allerdings spezifizierte Regeln zwischen den Planungsbeteiligten als
Vorbereitung und in den konkreten Prozessen der Planungsdurchführung.
Lean Construction als eine neue Form des Bauens wurde von Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Kfm. Shervin
Haghsheno (Karlsruher Institut für Technologie) und Frau Dr.-Ing. Carina Schlabach (Ed. Züblin AG)
vorgestellt. Lean Construction soll eine Angleichung der baubetrieblichen Abläufe an die industrielle
Produktion erreichen und damit Kollisionen und Koordinationsfehler vermeiden.
Wesentliche Ursache für häufig erläuterte Probleme liegen nach Auffassung von Haghsheno in der
überwiegend strikten Trennung von Planung und Ausführung, in Vergabemodellen, die systembedingt Anreize
für konfliktorientierte Projektabwicklungen setzen und insbesondere darin, dass häufig keine gründliche
Planung der Produktionsprozesse sowohl in der Planungs- als auch in der Ausführungsphase erfolgt. Diese
strukturellen Probleme zeigten einen erheblichen Veränderungsbedarf und die Notwendigkeit, bisherige
Abläufe und Verhaltensweisen in Frage zu stellen. Hierbei bieten die Werkzeuge des Lean Construction in der
Praxis eine hilfreiche Unterstützung. Die Branche der Projektmanager solle diese Grundprinzipen und
Werkzeuge in das Projektmanagement zum Vorteil von Investoren und allen Beteiligten implementieren.
Frau Dr. Schlabach stellte den Zusammenhang das Last Planner System (LPS) als Steuerungsinstrument vor.
Das System ist besonders nützlich bei komplexen, großen oder unter Zeitdruck stehenden Projekten in Planung
und Ausführung und erhöht die Koordination und Effizienz der Beteiligten. Es handelt sich dabei um ein
Systemwechsel in der Art der Kommunikation, Planung und Terminvereinbarung, der einer bestimmten Kultur
bedarf. Für den ultimativ erfolgreichen Einsatz des LPS und letztlich zur erfolgreichen Abwicklung des Projektes
sei eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten von ausführenden Unternehmen,
Architekten, Fachplanern und Bauherren notwendig. Die Umsetzung der Methodik wurde anhand von
Taktsteuerungstafeln und systematischem Tool aufgezeigt.
Herr Dr.-Ing. Markus Zobel von Drees & Sommer sollte aktuelle Forschungsergebnisse zur
Zukunftsentwicklung des Projektmanagements auf Basis gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen vor.
Das Forschungsergebnis der RWTH Aachen lieferte methodische Erkenntnisse zur Zukunftsentwicklung des
Bauprojektmanagements. Die dargestellten Erkenntnisse können sowohl Projektsteuerungsdienstleistern und
Bauherren in mehrfacher Hinsicht helfen. Potentielle zukünftige Leistungen im Bauprojektmanagement seien
der Ausbau des Vertragsmanagements und verstärkter Kompetenz in der Begutachtung vom
Bauablaufstörungen, ein verbessertes Risikomanagement, verbesserte Eignungsprüfungen von
Projektbeteiligten, erhöhte Kompetenz in Beziehungsmanagement sowie vertiefte Kenntnisse in
partnerschaftlicher Abwicklungsformen. Des Weiteren betreffe dies Koordinationsleistungen für
Softwareplattformen und die Schaffung einer professionelle Managementbasis für den Einsatz von BIM. Ein
wesentliches Ergebnis der Forschungsarbeit war die Bestätigung des Leistungsbildes für
Projektmanagementleistungen gemäß AHO, Heft 9. Sowohl in einer Expertenumfrage als auch einer
anschließenden Breitenumfrage, hat sich dieses Leistungsbild in der Beurteilung der Bauherren als beste
verfügbare Grundlage in Deutschland bestätigt.
Diese Aussage basierte auf der differenzierten Auswertung von 20 Schlüsselfaktoren im Zusammenhang für die
Entwicklung des Bauprojetmanagements.
Herr Prof. Eschenbruch (Kapellmann und Partner) erläuterte die Fülle von Änderungen in den rechtlichen
Rahmenbedingungen, die sowohl das Vergaberecht, das Bauvertragsrecht und das Bauträgerrecht betreffen.
Dr. Preuß fasste die Zukunftstrends im Bauprojektmanagement zusammen. Demnach gibt es keinen Grund für
Pessimismus in der weiteren Entwicklung der Immobilienmärkte, die Grundlage der Tätigkeit für
Projektmanager sind. Die Ergebnisse der Reformkommission, beinhalten neben altbekannten grundsätzlichen
Regeln in der Abwicklung von Großprojekten auch in neue Impulse, insbesondere für die Abwicklung von
Projekten der öffentlichen Hand, die ergänzende bzw. modifizierte Leistungen von Projektmanagern
erforderlich machen werden. Dies betrifft insbesondere auch ergänzende Aufgaben in den
Projektleitungsaufgaben für den Bauherrn. Die Thematik Building Information Modeling findet aktuell in allen
Bereichen des Planens und Bauens Einzug. Hier ist gefordert, dass sich insbesondere die Projektmanager für
den Einsatz dieser neuen Werkzeuge vorbereiten und die Grundlagen schaffen, dass diese Technologie
möglichst schnell zum Nutzen von Investoren und und Planungsbeteiligten in die Branche Eingang findet. Die
Methodik des Lean Constructions benötigt noch weitergehende Diskussionen zwischen Projektsteuerern,
Planern und den bauherrnseitig Beteiligten, um die nutzenstiftenden Elemente der Methodik in den
Leistungsbildern der Beteiligten zu konkretisieren. Der Bedarf an qualifizierten Projektmanagementleistungen
sei nach wie vor außerordentlich hoch, wobei die Branche sich zukünftig noch mehr in der Wirksamkeit ihrer
Leistung am Erfolg messen lassen muss.