Buchbesprechungen65 Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Jg. 59 (2015) Heft 1, S. 65–76 Buchbesprechungen Buchbesprechungen Heires, Marcel / Nölke, Andreas (Hrsg.): Politische Ökonomie der Finanzialisierung. Wiesbaden: Springer VS 2014, 277 S., € 34,99. (Reihe Globale Politische Ökonomie). Krumbein, Wolfgang / Fricke, Julian / Hellmer, Fritz / Oelschlägel, Hauke: Finanzmarktkapitalismus? Zur Kritik einer gängigen Kriseninterpretation und Zeitdiagnose. Marburg: Metropolis-Verlag 2014, 160 S., € 18,–. „Finanzialisierung“ und „Finanzmarktkapitalis mus“ sind, wie es Hans-Martin Zademach in seinem jüngst erschienenen Lehrbuch „Finanzgeographie“ (Darmstadt 2014) deutlich gemacht hat, mehrdeutige und umstrittene Begriffe. In der Humangeographie wird des Öfteren ihre empirische Tragfähigkeit bezweifelt. Der von Marcel Heires und Andreas Nölke herausgegebene Sammelband „Politische Ökonomie der Finanzialisierung“ legt nun eine Zwischenbilanz von konzeptionellen Überlegungen und empirischen Anwendungen vor. Erfreulicherweise sind humangeographische Aspekte in diesem vornehmlich politikwissenschaftlichen Band thematisch und personell repräsentiert. Im ersten Teil des Bandes werden unterschiedliche Konzepte der Finanzialisierung aufgefächert. Von den Autorinnen und Autoren weitgehend geteilt wird die Überzeugung, dass die Finanzialisierung – in den Worten der Herausgeber – als „Kulminationspunkt einer längerfristig angelegten, strukturellen Transformation des Kapitalismus“ (19) angesehen wird. Diese Transformation schildert Engelbert Stockhammer in seinem makroökonomischen Beitrag auf der Ebene von Finanzunternehmen, nichtfinanziellen Unternehmen und Haushalten. Die Triebkräfte für die Veränderungen sieht er in einem Überhang an anlagefähigem Kapital, sinkenden Profiten und schwachen Wachstumsraten der Ökonomie. Innerhalb dieses überakkumula tionstheoretischen Szenarios entstehen auf vielfältige Weise neue Anlagemöglichkeiten primär für den Finanzsektor. Mit einem anderen Akzent und durch einen instruktiven Rückgriff auf Karl Polanyis Theorie der institutionellen Einbettung beschreibt Alexander Ebner den Aufstieg des Finanzsektors als eine spezielle Variante der Vermarktlichung gesellschaftlicher Prozesse. Andreas Nölke untersucht in seinem Beitrag die Standards der Rechnungslegung und zeigt, dass die Veränderung rein technisch erscheinender Normen als Bevorzugung des Finanzsektors interpretiert werden muss. Nach seiner Analyse war die Neufassung von Rechnungslegungsstandards in den vergangenen 20 Jahren ein Prozess, in dem sich die Macht von Akteuren der Finanzialisierung niederschlug. In einem zweiten Teil wird die Finanzialisierung des Finanzsektors empirisch untersucht. Oliver Kessler und Benjamin Wilhelm zeichnen die Herausbildung des Schattenbankensystems nach, das heißt die Verschiebung von Kreditrisiken aus dem Verantwortungsbereich der Banken zu Akteuren, die nicht der Bankenregulierung unterliegen. Für dieses System ist auch die räumliche Dimension, die Verschiebung aus den nationalen Regulierungsräumen, konstitutiv. Den Nutzen der Deregulierungsräume in Form von Offshore-Finanzzentren für Hedge Fonds analysiert Jan Fichtner. Dabei zeigt er in stringenter Form, wie Hedge Fonds in vielen Finanzund Rohstoffmärkten eine dominante Position erklimmen konnten, die keine rationale Arbi trage, sondern eine Anheizung von S pekulation herbeiführte. Christoph Scherrer stellt sich dem Problem, warum in Deutschland einige öffentliche Banken, die eigentlich die Hauptträger des kontinentaleuropäischen bankbasierten Finanzsystems sind, das größte Engagement mit riskanten „finanzialisierten“ Finanzprodukten zeigten und zu den größten Verlieren in der Finanzkrise 2008 werden konnten. Hierbei macht er einerseits Probleme der Aufsicht verantwortlich, sieht aber auch strukturelle, nicht bewältigte Verschiebungen zwischen Landesbanken und Sparkassen sowie auf den Finanzmärkten als Gründe dafür, dass für mehrere Landesbanken die Finanzialisierung in den Untergang führte. Der dritte Teil des Bandes setzt die empirischen Studien fort, wendet sich aber Prozessen jenseits des Finanzsektors zu. Britta Klagge und Johanna Anz behandeln den steigenden Einfluss finanzwirtschaftlicher Akteure in der Windenergie-Branche. Dabei gehen sie institutionentheo retisch von einer Schlüsselfunktion der Energiepolitik aus, die den Finanzakteuren den Weg ebnet. Mit ihrer Zwischenbilanz, in der sie, ohne 66 Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Ablenkungen von den Zielen der Energiewende, gestiegene Investitionen konstatieren, attestieren sie der Finanzialisierung eine bemerkenswert positive Wirkung im Spektrum der Beiträge des vorliegenden Bandes. Stefan Ouma untersucht den weltweiten Landkauf durch private und staatliche Akteure in Entwicklungsländern, aber auch in entwickelten Ländern. Der Bezug zur Finanzialisierung besteht dabei nicht nur im Anlagedruck, der das Kapital auf diese neuartige Form des Investments lenkt, sondern auch in der Verfügbarmachung von Land als einer Ware, die alltäglich und berechenbar gehandelt werden kann. Insgesamt bieten diese und weitere lesenswerte Beiträge unter anderem von Brigitte Young, Joachim Becker und Stefanie Hiß ein interessantes Panorama von Phänomenen der Finanzialisierung. Sie belegen, dass die Finanzialisierungskonzepte (der Plural wird durch die Beiträge im Band unterstrichen) empirische Phänomene fruchtbar durchdringen können. Wenn die Argumentationen sowohl auf der Makro- wie auf der Mikroebene präsentiert und sowohl struktur theoretische wie auch akteurs- und institutionen theoretische Konzepte vorgetragen werden, dann ist der für viele Sammelbände typische unverbundene Charakter der Beiträge zu befürchten. Es ist der größte Vorzug dieser Publikation, dass diese Gefahr aufgrund der sehr breit angelegten Theoriekenntnisse der meisten Autorinnen und Autoren und aufgrund eines offensichtlich intensiven Diskussionsprozesses stark gemindert wird. Trotz verschiedener Perspektiven werden so viele Anschlussmöglichkeiten zu anderen Konzepten deutlich, was die Forschungs- und Theorietauglichkeit des Finanzialisierungskonzeptes klar stärkt. Einen zweiten Test erlebt das Konzept in einer knappen Monographie einer Autorengruppe um den in der Regionalforschung verankerten Politikwissenschaftler Wolfgang Krumbein. Hier wird statt von Finanzialisierung von „Finanzmarktkapitalismus“ gesprochen, und diese Begriffswahl zeigt bereits, dass es um die Kohärenz und zeitdiagnostische Qualität großer Theorieentwürfe gehen soll. Dabei halten die Autoren eine Theorie des Finanzmarktkapitalismus (FMK) für empirisch nicht haltbar, und so ist der Band als Widerlegung angelegt. Eingangs charakterisieren die Autoren die FMKTheorie durch vier Thesen. Erstens seien laut FMK-Theorie die Finanzmärkte unmäßig aufgebläht, zweitens seien Real- und Finanzmärkte weitgehend voneinander entkoppelt, drittens Heft 1 / 2015 dominierten Finanzmärkte die Realmärkte und viertens hätten die strukturellen Veränderungen zu einer neuen „Formation“ des Kapitalismus geführt. Bereits hier bleibt unklar, warum nicht zumindest eine finanzmarktkapitalismustheoretische Position – sei es die von Michel Aglietta, Greta Krippner oder Paul Windolf – zunächst in ihrer Komplexität rekonstruiert wurde, so dass der Leser die Geltung und den Zusammenhang einzelner Theorieteile nachvollziehen kann. In dem dann folgenden, umfangreichsten Kap. 2 werden verschiedene empirische Belege gegen eine quantitative Ausdehnung des Finanzmarktes zusammengetragen – vor allem anhand der Aktienmärkte und der Vermögensentwicklung. Diese empirischen Beweisführungen generieren viele neue und überraschende Einsichten und Fragen. Dennoch bleibt das Sperrfeuer an Einwänden ziellos, weil es sich jeweils gegen einzelne, partikular herausgegriffene Aussagen richtet. In Bezug auf die Vermögensentwicklung greifen Krumbein et al. vor allem den quantitativen Anstieg der Finanzvermögen im Verhältnis zu anderen Vermögensarten als Aussage heraus. Nachdem dieser Trend von den Autoren in gewissen Teilen sogar bestätigt wird, formulieren sie als Gegenargument den Hinweis auf die qualitativen Veränderungen der Vermögensentwicklung, zum Beispiel die Polarisierung zwischen hohen und niedrigen Vermögensklassen, der Bedeutungsgewinn privater Vermögen gegenüber staatlichen Vermögen (vgl. 60 ff.). Derartige qualitative Elemente sind jedoch in allen FMK-Ansätzen ein genuiner Bestandteil des Konzeptes. Im Kap. 3 werden Analysen zur Finanzkrise um 2008 und ihren Ursachen gesichtet. Hier sehen Krumbein et al. durch den Krisenverlauf die These einer Entkopplung zwischen Finanzund Realwirtschaft widerlegt. Sie räumen aber auch ein, dass wichtige FMK-Theoretiker keine harte Entkopplungsthese vertreten (vgl. 68). In den Kap. 4 und 5 geht es schließlich um die Konstruktion längerfristiger historischer Abläufe. Hier wird die Diagnose eines „finanzdominierten Kapitalismus“ unter anderem deshalb abgelehnt, weil vielfältige Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen ausgemacht werden. Da diese sich in räumlich unterschiedlichen Entwicklungslinien und zeitlich widersprüchlichen Abfolgen äußern, könnten sie nicht unter eine einzige Formation subsumiert werden, was die Periodisierungsversuche der FMK-Theorie scheitern lasse (109). Dies mündet dann in ein Buchbesprechungen67 allgemeines Plädoyer zur Differenzierung in der empirischen Forschung, das sich im Übrigen wie ein Refrain durch die Monographie zieht (vgl. 14, 65, 109, 127). Diese an sich begrüßenswerte wissenschaftliche Sorgfalt vertreten Krumbein et al. mit solcher Verve, dass sie der von ihnen vertretenen marxistischen Gesellschaftstheorie jede zeitdiagnostische Kraft rauben. Die räumliche Kontrastierung von angelsächsischen und kontinentaleuropäischen Finanzsystemen, mit denen die FMK-Theorie in der Humangeographie produktiv wirken konnte, wird weder modifiziert noch ersetzt, sondern an ihre Stelle tritt das Problematisieren von Daten, Kategorien und Interpretationen ohne Fazit. Da der Bedeutungsgewinn des Finanzsektors grundsätzlich nicht verleugnet wird, versuchen die Autoren sich in Kap. 6 an einer alternativen Deutung. In Abgrenzung zum Konzept des Finanzmarktkapitalismus wird hier der Begriff der Finanzialisierung (!) hervorgezaubert und dessen Merkmale entlang von Greta Krippners (!) Vorschlägen diskutiert. Im Ergebnis werden die bekannten empirischen Argumente für eine Finanzialisierung aufgegriffen, jetzt aber unter dem Hinweis, dass dies keine Entkopplung von Finanz- und Realwirtschaft bedeute. – Kurzum, die Monographie von Krumbein et al. bürstet die gesamte Finanzmarktkapitalismus-Diskussion einmal kräftig gegen den Strich. Es wird erfrischend hartnäckig hinterfragt, substanziell kommt die Diskussion jedoch so nicht voran. Christoph Scheuplein, Münster Lüthje, Boy / Hürtgen, Stefanie / Pawlicki, Peter / Sproll, Martina: From Silicon Valley to Shenzhen. Global production and work in the IT industry. Lanham: Rowman and Littlefield 2013, 276 p., hardback US $ 59,00 (£ 37,95). This book is a timely, valuable and heroic attempt to create a systematic understanding of the political economy of the IT industry in the late 20th and early 21st century based on empirical evidence. It is timely, for documenting, understanding, and diffusing knowledge about the gigantic reordering of global economy has great urgency, and there is no doubt that the IT industry has risen to become one of the most important arenas of global change. The research presented in the book is valuable, for more reliable knowledge will empower us to shape the direction in which the world is heading. And it is heroic, for it would seem easier to analyse the dynamics of a tsunami as it is engulfing its observer than to fully comprehend the gargantuan forces that have in recent decades continuously transformed the IT industry. The huge and impressive research project across several continents, rallying detailed interviews and complex sources, was carried out by a team at the Frankfurt Institute of Social Research between 2001 and 2010, part-funded by the German Research Foundation (DFG) and drawing on data collected in other research projects funded and part-funded by the DFG, the Volkswagen Foundation, the Hans Böckler Foundation, and the Friedrich Ebert Foundation. It included close collaboration with the East-West Center in Honolulu and the School of Labor Relations at Renmin University of China in Beijing. The book, accordingly, bursts with empirical data about the successes and failures of a large number of IT corporations, presenting them in a rich narrative of their rapid structural changes. The main theme of the book is the changing labor processes in the new international division of labor, in partricular the outsourcing of production from high-tech sites in the West to emerging economies in Mexico, Brazil, India, Eastern Europe and East Asia, most prominently from Silicon Valley (California) to Shenzhen (Guangdong). Specialized “transnational subcontractors” emerged, taking care of mass production or “electronics contract manufacturing” in new, globalized centers of mass production in developing countries, forming new types of networks with brand-name and technology companies. The foundation of the post-WWII industrial transformation lay, according to the authors, in the two countervailing logics of vertical disintegration and reintegration within what they term network capitalism: “A … dialectical view reveals that the new mass-production factories are modeled after the principles of vertical integration, those associated with Henry Ford in an earlier period of capitalism. At the same time, these factories in newly industrializing countries are reinstituting the highly segmented assembly-line work designed by Ford’s co-genius, Frederick Winslow-Taylor.” (8) In other words, whereas the IT industry (e. g. Apple) in Silicon Valley and other sites of highly developed industrial capitalism were driven towards specialization, modularization, and in particular outsourcing (disintegration) in order to cut costs, new companies (e. g. Foxconn) in emerging 68 Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie economies created highly controlled and coordinated production lines (reintegration) likewise in order to economize. This led to de facto transfer of control of core technologies and expertise to new players. The process started with an “open” new economy model of specialization among companies performing complementary tasks in Silicon Valley and operating as a network of companies. The conventional vertically integrated practice of IBM was, for example, in the 1990s challenged by the ways in which Microsoft (software systems producer) and Intel (computer chip producer) through their mutual functional specialization gained co-dominance, or, in the words of the authors, “quasi-monopolistic control over the whole ecosystem of supply and innovation” in the personal computer field (9). It gained pace when “Foxconn City” in Shenzhen became “the ultimate model of vertically integrated mass production,” (124) and Foxconn, itself headquartered in Taiwan, went on to diversify specialized activities in-house at a range of different locations in China and further continued to relocate mass production to ever cheaper parts of China’s hinterland (124 ff.). The development beyond the “new economy” of the networking, post-Fordist and post-Taylorist capitalism is analyzed in detail for various branches of the IT industry each of which displayed different dynamics, e. g. computers, mobile phones and game consoles. In the case of personal computers, the once unitary IBMbranded “open standard” product of the 1980s using “off-the-shelf” components (including Intel chips and Microsoft DOS) became norm-setting to the effect that, as I recall it, the copy-cat models assembled in Taiwan that hit the market in Europe only a few years later than the IBM-labeled computers were widely referred to as “IBM compatible”. After two decades, networks of suppliers and production subsidiaries across the world had waxed and waned in rapid succession, and by the early 2000s IBM sold the remaining aspects of its personal computer business to the Chinese firm Lenovo. Companies like Dell and later Hewlett-Packard competed in a market where only the brand name in the form of outside appearance (look of the case, logo, user manual and packaging) was “seen as a strategic resource” (57), and all production was outsourced, mainly to China. The mobile telephones sector, although following the same pattern, was much less clear-cut in terms of how branding, control of production, Heft 1 / 2015 and technological innovation evolved towards outsourcing. The further transformation of the mobile phone market from about 2007 with the rise of smartphones involved three market leaders, Apple, Samsung and HTC, “all of them distinctively post-Fordist technology companies” (61), involved a sophisticated and centrally controlled integration of hardware manufacturing and component supply, operating system and apps-based services. Apple outsources hardware production to Foxconn, while Samsung and HTC operate their own high-performance, lowcost factories in China (61). The video game industry became a major growth sector dominated by Microsoft, Sony and Nintendo. Given the highly advanced processor architechture needed for game consoles, the upfront cost cannot be fully charged directly to customers, and so has to be recouped through revenues from software (game) sales. Whereas Microsoft relied on outsourcing to an intricate supply chain, Sony and Nintendo maintained a strong vertical control of their production processes, and in those cases where they did outsource manufacture of components to suppliers, relied on their own designs. Severe challenges from its competitors forced Microsoft to gain strong direct in-house control over its hardware manufacturing and intellectual property rights, relying on its partner companies to assemble consoles for East Asian markets. The contours of this are widely known, but the details elusive and rapidly fading from public memory, so the book at hand does us an excellent service by presenting the conflicting trends and finely tuned trade-offs of major players forced to cut production costs, develop markets, and innovate technology in sharp competition with each other. The restructuring of production in the two dimensions thematized in the book is crucial, i. e. to find a revenue-maximizing balance (a) between in-house control and outsourcing, and (b) between relying on stable, high-skilled labor in collaborative work process formations and on largely unskilled and easily replaced labor under rigid, segmented production-line regimes. The book tells this story well, invoking rich sources of information, and it narrates industrial globalization in terms of spatial relocation of production (across boundaries in the wake of shifting world orders) and the labor protection issue (the “rush to the bottom” and inability of the developed world, nation states and local trade unions to safeguard the interests of developing-world workers). Buchbesprechungen69 However, it is a frustrating narrative because there are too many protagonists, too many irreducible logics, and too many external dynamics. Is there a general story line (beyond the universal imperative that each player to survive must reduce cost and create efficiency gains)? Are there any basic causalities or behavioral patterns? A comprehensive theory or explanation? Can, in other words, the findings be further reduced through more systematic theory building? Can the material give more poignant statements on the development of the political economy? I shall not make such claims here, and shall confine myself to discuss a couple of related issues. What strikes me as fundamentally difficult about the subject of this research is that the global IT industry today does not in principle seem to differ from the new economies spawned by James Watt and Thomas Edison in their respective times. Radical shifting of goal posts, global cascading and adoption of technologies, cut-throat corporate competition, and radically changing labor regimes were evident then as now. One ought therefore to stand back and ask whether the wheels of fortune in cutting-edge technology really turn that much differently today than they did 150 or 250 years ago. One thing we may learn from the history of technological innovation in its intersection with industrial development is that the production of new technology is well-nigh impossible to delimit conceptually, for it creates waves of change that soon return to engulf itself and create opportunities for new players. New technologies not only break up old vested interests, monopolies and power structures, but also come back home to haunt their own inventors. Only those who change and adapt will survive, and their adaptations spawn opportunities for other players. There is no universal reason why Lenovo is able to make money out of laptop computers while IBM cannot or why Apple and Samsung as opposed to Ericsson and Nokia are big in the smartphone market. The reasons lie in strategic choices closely linked with other market pressures, opportunities, commitments and development goals as well as the need to balance the books, rather than with the IT industry as such. Virtually any aspect of the IT industry under scrutiny is divided between the IT industry and the wider political economy. Although some brands persist, they are very diverse in their strategic signification; take Samsung, Apple, IBM, Nintendo, Dell, Hewlett-Packard, and Micro- soft – each not only representing a distinctive business model, but also projecting a differently constituted image of itself towards the consumers. Many once famous brands have sunken into oblivion. The products change in rapid sucession of technologies, tablet computers hitting the market so recently that they barely, if at all, are mentioned in the book; each new technology requires new marketing strategies (package bundeling, service contracts, content licensing and supply) and are bound into infrastructural changes (internet bandwidth, mobile signal coverage, technological standards) that are beyond the control of any single corporation in the IT sector and also involve government policy makers and in particular the success of other types of consumer products, e. g. cable television. A matter not dealt with in the book is the role of shifting trade tariff regimes and the utility of a foot inside the European Economic Area, which during the 1990s accounted for some American and East Asian IT industry investments in the EU, where local governments scrambled to provide baits like tax breaks, services, (more or less) cheap labor and infrastructure. The ultimate dare-devil market is that of game consoles, which depends on continuous delivery of new games and updates as well as consumer willingness to purchase them at hefty prices, broadband internet connectivity, rapid upgrading of television sets, and ability to enforce licence agreements. The 2014 Christmas hack by Lizard Squad of Xbox Live and Playstation Network accordingly hit the Achilles heel of the industry with surgical precision, preventing consumers from registering and activating their Christmas presents. The main corporate players in the IT industry have, as testified in the book, changed over and over again in response to profit rates, competition and market opportunities. Their functional roles in the industry have moved to and from on a sliding scale between the extremes of vertical control and horizontal network in response to the market at any given time, i. e. the trade-off being between the cost of control and the risks associated with business networks. Chapter four, entitled “Global Taylorism? Work and politics of production in low-cost locations,” argues that social control and regulation of the labor process is strongly influenced by local conditions, but some basic characteristics prevail in the emerging economies of East and South East Asia, Mexico, Eastern Europe and so on. For example, there is a ubiquitous emphasis on flexible, low-wage and low-skilled labor, 70 Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie specialized on-the-job training, and segmented work organization, as well as the availability of a local stock of trained engineers. A Taylorist, i. e. segmented, authoritarian and systematic management of production processes following a “scientific” cost-reducing rationale easily dovetails with, on the one hand, low-cost and poorly skilled workers and high turn-over rates, and on the other frequent changes in work processes following upgrading of designs and technical specifications, as well as fluctuations in supply and demand. The alternative of greater reliance on robotics and automation seems to depend on the size of investment cost and loss due to time delays: Flexible workers can be discharged with no notice and can be instructed in new work procedures immediately, while automation involves longer-term capital investment and creates bottle-necks and production downtimes when systems are rearranged, updated, reprogrammed and calibrated. Training of flexible workers in Taylorist regimes is cheap, while retention of work experience and skills would by and large not be cost effective, as frequent retraining is, in any case, required by product updates, and inflexible contracts would conflict with the imperative to respond quickly to market demand. The manufacturers achieve this through diverse strategies in each of the low-cost locations, taking advantage of their specific economic conditions. The book examines these strategies with great acuity and demonstrates how conditions differ from location to location and over time. The exploration of regime of work, regime of employment, and regime of control in Mexican, Malaysian, Chinese, and Eastern European IT manufacturing and assembly locations provides systematic insights into the mechanisms at work in the Taylorized IT companies – e. g. low pay, long hours, flexible contracts, rigid work-time supervision, wage deductions for mistakes, no or scant unionization, dangerous work conditions, poor, if any, social insurance cover – insights that do not in themselves surprise the reader, but do have the merit of illustrating the intersection of the global and the local dimensions of political economy with concrete, specific dynamics. That being said, the narrative does not make visible how the IT sector jobs fit into the local economies and what sorts of opportunities they offer their workers. The flexibility and mobility, job hopping, and (albeit meagre) wages have, for example in China, been part of a huge urbanization wave. They have empowered young people Heft 1 / 2015 to leave precarious rural life behind them, remit savings to their families in the villages, and to find ways into more stable work and social conditions in urban areas. In that respect, the IT industry has not been different from other sectors. It has also spawned micro-business entrepreneurship opportunities for the same generation of rural-urban migrants. In fact, many migrants have moved in and out of the IT sector as workers and traders many times over within short periods. The severe problems of labor regulation and social policy that arose when labor migration took off in the 1990s led the Chinese state to introduce social and labor policies stepwise. Even if coverage and compliance still need to expand further, the relevant institutional frameworks have been consolidated and continue to develop. The phenomena we see in the global IT industry provide developmental momentum and are embedded in wider thrusts towards social and economic change. The book’s narrow focus on the IT industry can easily make us lose sight of these broader and highly dynamic contexts. In China, the high rates of internal labor migration were in the first decades strategically facilitated by the absence of labor market regulation and social policy measures, a situation that the IT industry took advantage of. Transgressions into harmful practices (like those revealed by the series of suicides among Foxconn workers) have prompted supply chain CSR concern, labor activism, civil society advocacy and government action to give shape to new rules. The emergence of social policy, labor regulations and other institutional frameworks will no doubt affect future corporate behavior. We already see an upgrading of labor in coastal areas and relocation of production sites to less developed regions in China and away from China. The sheer size of the Chinese domestic IT market, of course, means that China’s share in technological innovation, product development, and standard setting is poised to grow. The IT industry’s reintroduction of Taylorist approaches and the “rush to the bottom” trend are, accordingly, set to pass. Who knows what sort of labor regimes develop in the future when the emerging economies have, well, emerged more fully? Gender and ethnicity merit a final mention. The authors address these dimensions as important aspects of the IT industry’s labor relations, but they could have been bolder and more up-front, for in virtually all contexts, gender and ethnicity are the division lines that are activated to create Buchbesprechungen71 hyper-exploitable segments in the labor market. Malaysia’s Bumiputra (native-born Malay) women, for example, stand in a weak labor market position vis-à-vis Indian and Chinese men, facing both gendered and ethnic obstacles. The effect that recent changes in US immigration rules have on Mexican labor immigrants (ca. 8 % of the Mexican population) in the USA’s ethnically segmented labor market is yet to be gauged. Chinese emigrants across the world occupy ethnically defined segments in (gray and black) labor markets. A Chinese rural woman is expected to “marry out” (to a husband from another village), and therefore her earnings as migrant worker are conventionally required by her parents to secure the dowry of her brother(s) by way of “compensating” for her upbringing. Once married, rural women are often stuck in their in-laws’ village caring for child(ren), parents-in-law, agriculture and odd jobs, while their husbands are migrant workers in the cities earning much-needed cash for the uphold of the family. These structures are both exploited through and reinforced by the demand for young women 16–24 years of age in manufacturing and services: Cheap, easily trained and managed, and flexible labor, as well as for adult men in construction, transport, mining and other physically demanding sectors. As demographic structures, vocational training, professionalization of agriculture, and urbanization gain momentum, these specific aspects of gender differences will wither away. The hukou system, which is central to the sharp administrative separation of rural and urban populations, is already losing importance and may totally disappear during the next few decades. Ethnic labor market divisions in China along the line of national minority status are less prominent in the labor markets than hukou; it is more likely that inter-local markers like dialect among less educated groups in society will gain importance in the short term, and this will surely include people of national minorities. Which other gendered institutions and ethnically divided citizenship structures will emerge is, of course, for the future to tell. Globalization intensifies the use of ethnic and gendered divisions alongside “conventional” reliance on citizenship (and by implication “illegal” immigration status) as ways of creating low-cost labor recruitment pools. I can recommend this book for its detailed overview of the developments of the IT industry, in particular the outsourcing from the developed world to the emerging economies. It is also a must-read for those interested in the construc- tion of “Taylorist” work regimes and segmented labor markets in emerging economies. It is not an easy read due to the profusion of protagonists, the complexity of corporate strategies, and the rapid succession of technological innovations covered, but it provides robust insights, buttressed with ample evidence. Flemming Christiansen, Duisburg-Essen Schiller, Daniel: An institutional perspective on production and upgrading. The electronics industry in Hong Kong and the Pearl River Delta. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2013, 253 p., 7 Ill., 49 Tab. € 49,–. (Megacities and Global Change, Vol. 12). The Greater Pearl River Delta (GPRD), a major mega-urban region and China’s largest hub of the electronics industry, is in a state of profound transformation. Anyone who wants to acquire a more detailed understanding about recent trends of this process as well as the institutional determinants that affect industrial upgrading will be delighted by this publication. It contains an astonishing amount of empirical data and offers profound results about a great number of issues such as the role of personal business contacts, the relationship between informal networks and spatial transformation and the role of “organisational upgrading” for enterprises. As Schiller’s investigation covers the results from several previously published articles in one volume, the book is a bonanza in terms of detailed data on specific issues. The final summary (213–220) offers more than two dozens of conclusions organised around 14 distinct themes. While this enables the reader to relate the results to expert debates in the disciplines of economic geography and economic sociology, it also constitutes the most obvious problem of the volume: the unity of the overall argument. Schiller addresses this problem by organising his findings around an institutionalist perspective which, according to the author, is not yet systematically elaborated in economic geography (13). From this perspective he stresses (a) the role of informality in the spatial transformation of the electronics industry of the GPRD (14), and (b) the importance of a regional institutional context for industrial transformation (81 f.). This indeed helps to unite the different threads of the argument and gives the book an interesting methodological perspective. It also places this 72 Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie contribution within a broader trend of literature that emphasises regional clustering and the role of institutions for industrial upgrading – factors that had been neglected in much on the literature on the issue. However, this meta-frame only partly helps to carve out the main empirical contribution of the book. Possibly, this is also owing to the location of Schiller’s research within a broader research project the results of which will be published at a later stage. Formal criticisms aside, I subsequently focus on a few single results that I regard as interesting contributions to the question of industrial and spatial transformation. The chapter on the spatial and organisational transition of the electronics industry in the PRD (81–107) tracks some major tendencies based on a quantitative study of 326 companies. It shows that there is, especially on the Chinese mainland, a gradual tendency towards production models with own design contents (ODM) or own brand manufacturing (OBM). However, firms tend to simultaneously keep less sophisticated OEM production models as a basic income to enable progress in its more sophisticated operations. Such split production models, which curiously are rather absent in Hong Kong (HK), indeed deserve more theoretical and empirical attention as they may indicate ways in which suppliers in developing countries can leverage their basic volume production for industrial upgrading – a fact rather neglected in the theoretical literature. Another important observation concerns changes in the relationship between HK and PRD companies and the related implications for firm-level governance and the spatial structure for the industry. The development of the electronics industry on the mainland Chinese side of the GPRD used to be highly dependent in the context of the “front shop, back factory” model in which HK companies exerted rather strict control over suppliers that were situated right across the border. This model is about to break up with mainland Chinese companies acquiring more advanced capabilities and increasingly “going global” themselves, thereby by-passing Hong Kong. These changes are related to less tight forms of supply chain governance that allow for greater spatial distance and a decrease of personal business relationship based on emotional ties that used to compensate reliable business institutions on the Chinese mainland. Schiller’s investigation interestingly shows that personal business contacts do not become less Heft 1 / 2015 important, as could be assumed, but that there is “a clear trend from necessity to opportunity in the rationale behind using personal relations” (214) which continue to be used in order to gain additional business opportunities. A more controversial finding is the importance of “organisational upgrading” which, according to the author, is neglected in the mostly technology-centred theoretical concepts on industrial upgrading (209). While his qualitative findings from three Hong Kong companies do contribute interesting data on the issue that illustrate the validity of Schiller’s general argument, the author tends to juxtapose organisational upgrading and technological innovation, as if the former could present an alternative path of successful firm-level upgrading. This assessment stands in contradiction to the observed deficit of innovative capabilities in HK and it may be assumed that this technological weakness will hamper the development of firms in this fast-moving industry in the mid-term. The discussed aspects may illustrate the richness of Schiller’s arguments which provide material and interpretations for further theoretical debates. The following discussion of perceived shortcomings should be seen against the background of the merits of Schiller’s contribution. Possibly due to the problem of the unity of the volume mentioned above, it is unclear how the findings relate to several debates about industrial upgrading that have emerged recently in the political and the academic realm. This especially accounts for the pronounced activities of the Chinese state to support strategic emerging industries. In general, it seems odd that Schiller focusses on institutional aspects of industrial upgrading, but hardly touches or theoretically assesses the role of state policies for upgrading which have been implemented with great fervour by the government in Guangdong. Similarly, the analysis underestimates the opportunities granted by the domestic market that condition upgrading strategies, especially for mainland Chinese firms. The described mixed OEM/ODM/ OBM production models might be related to this fact which also may induce particular incremental patterns of. Also, labour shortages and labour unrest as well as the efforts of the provincial government to institutionalise labour relations are barely mentioned. Schiller’s findings should be related to the fact that firm responses are conditioned by the particular environment of a crisis in labour regulation which also affects the cho- Buchbesprechungen73 sen upgrading paths. Finally, a major transformation that affects the electronics industry of the GPRD, the emergence of voluminous clusters in China’s interior provinces, especially in the cities of Chengdu and Chongqing, should be acknowledged since this is related to an emerging new division of labour between companies there and in the GPRD. It would require further investigative and conceptual steps to relate Schiller’s findings to the mentioned trends which from my perspective decisively condition the socio-spatial transformation of companies in the GPRD and also have an influence on the opportunities for and forms of industrial upgrading. It is Schiller’s merit, though, to deliver ample material as well as thought-provoking micro-analyses that refine our understanding of industrial change in this region and thus deepen our understanding of industrial change in this region. Florian Butollo, Jena Bercht, Anna Lena: Stresserleben, Emotionen und Coping in Guangzhou, China. MenschUmwelt-Transaktionen aus geographischer und psychologischer Perspektive. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2013, 445 S., 92 Abb., 6 Tab., € 62,–. (Megacities and Global Change / Mega städte und globaler Wandel, Band 8). Das vorliegende Werk knüpft im wahrsten Sinne des Wortes Knoten, und das nicht nur wie im Vorwort des Buchs erwähnt mit einer Hand, sondern scheinbar gleich mit vielen. Das durchgehende Thema dieses Buches ist das Ausbrechen aus intradisziplinärer Enge durch Verknüpfung, das im stetigen Bemühen nach Aufdeckung blinder Flecken, der Suche nach Verbindungen zwischen scheinbar stark unterschiedlichen Disziplinen (Geographie, Psychologie sowie implizit auch Soziologie) und dem Streben nach vielschichtigem Durchdringen der komplexen Forschungsinhalte vielfältig Ausdruck findet. Die Behandlung der dringenden Fragen zu den subjektiv erfahrbaren Auswirkungen der in China so unvorstellbar schnell voranschreitenden Urbanisierung an einem sehr konkreten Beispiel der Schnittstelle Umwelt-Mensch ist ein bereichernder und zu Recht preisgekrönter Beitrag für die aktuelle Forschung zum globalen Wandel, wobei die Fülle der angestrebten Verknüpfungen im Verlauf der Studie jedoch zur Bürde für die konkrete Umsetzbarkeit wird. In der Einführung wird die Tendenz zur lakonischen Ironie innerhalb der Disziplinen Geographie und Psychologie deutlich gemacht (25, 32), die sich im Spannungsfeld von „alles ist alles“ und zunehmender Spezialisierung bewegen, einem Spannungsfeld, das mehr denn je Raum für Überlappungen gibt. Die angemahnte Forderung, sich am Problem zu begegnen (29), um Synergieeffekte im Zusammenspiel beider Disziplinen nutzen zu können, wird überzeugend herausgearbeitet. Der erste und stärkste Teil des Buches (Kap. 2 und 3) stellt im Anschluss daran systematisch und übergreifend eine Vielzahl von für die Fragestellung relevanten Begriffen, Theorien und Annahmen vor. Vorliegende Abhandlungen und Definitionen von Mensch, Umwelt, Interaktion versus Transaktion, Zeit, Wahrnehmung, Emotionen, Verhalten versus Handeln werden als Analyserahmen grundlegend diskutiert und sorgfältig terminologisch eingegrenzt. Für jedes Konzept werden die für das Forschungsvorhaben essenziellen Elemente extrahiert und schlüssig begründet in einen übergeordneten, verständlichen Rahmen gebracht. Bestehende Diskurse aus den Bereichen Stress/Coping, Vulnerabilität und Resilienz werden anschaulich aufbereitet und die Auswahl des transaktionalen Stressmodells von Lazarus und Mitarbeitern (vs. Hobfolls Theorie der Ressourcenerhaltung) ausführlich begründet. Rezipienten aus einer primär psychologischen Forschungstradition werden sich dabei sicherlich genauso mit ungewohnten Perspektiven konfrontiert sehen (z. B. mit der Idee, dass der menschliche Körper der Umwelt zugehören könnte, 49) wie jene aus geographischen Forscherkreisen. Schematische Darstellungen der Autorin und wiederkehrende Verdichtungen im Hinblick auf die Kerninteressen der Studie, beispielsweise der unterschiedlichen Betrachtungsebenen (45), fördern einen Zugang aus beiden Traditionen und erleichtern es, bei der bestehenden Komplexität den Überblick zu behalten. Luhmanns Theorie sozialer Systeme nimmt dabei genauso einen zentralen Platz mit ausführlicher Besprechung ein wie Lazarus’ Stresskonzeption. Kap. 4 fasst den status quo der wirtschaftlichen „Aufholjagd Chinas“ (222) kurzweilig zusammen und gibt basierend auf einer Fülle von verlässlichen statistischen Grundlageninformationen einen greifbaren Überlick darüber, was es bedeutet, wenn eine Megastadt innerhalb weniger Jahre entsteht und wie groß die Dimen- 74 Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie sionen der Transformationsprozesse sind, die Menschen in Guangzhou und Umgebung zu bewältigen haben: Widersprüche zwischen ländlichen Lebensformen und Moderne, zwischen geregelten Danweis (administrativen Strukturen) und individuellen Lebensentwürfen, zwischen Kontrolle und Selbstregulation, zwischen chinesischen Traditionen und Internationalisierung nach westlichen Vorbildern werden dabei genauso bildhaft gegenübergestellt wie die Ausmaße dieser Veränderungen über die (kurze) Zeitspanne der Reform und Öffnung. Der Fall des Dorfes Shibi, das durch den Beschluss, Standort für den neuen Südbahnhof der Megastadt Guangzhou zu werden, ähnlich wie bei anderen Prestigeprojekten im ganzen Land von den Veränderungen erfasst worden ist, wird vor diesem Hintergrund so noch verständlicher und ist als geeigneter Fallstudienort mehr als nachvollziehbar. Der letzte Teil (Kap. 5 und 6) fällt im Vergleich zum starken Anfang etwas ab, und die Schlussbetrachtung (Kap. 7) fokussiert weniger auf inhaltliche Ergebnisse als auf die Notwendigkeit für noch mehr Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen. Zwar bietet das sichtbar sehr aufwendige Forschungsprojekt einmalige Einblicke in die Gefühlslage der betroffenen Bewohner und Bewohnerinnen des Dorfes Shibi, allerdings kann die beschriebene Methodik und vor allem die Ergebnisdarstellung nicht an die Klarheit in der Darstellung und die systematische Herangehensweise des theoretischen Hintergrunds anknüpfen. Obwohl methodische Zugeständnisse angesichts der hohen Komplexität inklusive Integration verschiedener Forschungstraditionen und Analyseebenen unvermeidbar sind, verwundert doch vor allem, wie wenig die interessierte Leserschaft über die genaue Vorgehensweise zur Verdichtung der Daten erfährt und wie wenig Raum der Reflexion der eigenen Rolle der Beobachterin in einem anderen kulturellen Kontext zugedacht wird. Besonders vor dem Hintergrund der oft unklaren offiziellen Datenlage und der verminderten Planbarkeit von Forschungsvorhaben in China ist das stringent abgeleitete problemzentrierte Interview mit narrativen Elementen eine gute Wahl, und auch die Autophotographie, eine in der psychologischen Forschung eher unbekannte Methode, besticht durch die dadurch begünstigte ökologische Validität der aufwendig und sorg fältig durchgeführten Studie. Der thematisch nach Risikofaktoren und Personengruppen (lokale Dorfbewohner versus Migranten) geordne- Heft 1 / 2015 te Überblick über bestehende Mensch-UmweltTransaktionen basiert auf einer ausführlichen Darstellung von Einzelfällen, für die jeweils die beobachtbaren oder vermuteten (leider manchmal auch spekulativen, vgl. 287, 297) Dynamiken unter Zuhilfenahme der im ersten Teil besprochenen Theorien herausgearbeitet werden. Der große persönliche Einsatz der Forscherin in fünf Feldaufenthalten und das stete Bemühen, Aussagen auch noch von anderen Quellen wie chinesischen Forschern validieren zu lassen, sowie alle verfügbaren Feldinformationen inklusive nonverbaler Verhaltensweisen zu nutzen, hat sich insofern gelohnt und eine sichere, verlässliche Datenbasis geschaffen, die sicherlich noch über dieses Werk hinaus für wertvolle Analysen genutzt oder sogar erweitert werden kann. Die Autorin erweckt mit diesem Fokus auf das „Feld“ (275) und mit ihren detaillierten Beschreibungen der einzelnen Informanten die Personen in ihrer Umwelt zum Leben und lässt Leser und Leserinnen so anschaulich teilnehmen. Trotz dieser Vorzüge der gewählten qualitativen Herangehensweise bleibt die mehrfach erwähnte ständige Reflexion der Rolle als Forscherin als Teil des Kommunikationsprozesses (258) hinter den Forderungen zurück: Was bedeutet es, als Forscherin mit europäisch geprägter Forschungssozialisation in der VR China zu arbeiten? Wie wirken sich eigene Filter und Filter durch Übersetzungen aus, vor allem wenn keine Tonaufnahmen zur Analyse sprachlicher Feinheiten angefertigt werden können? Wie verändert das mehrfach erwähnte „besonder[e]“ Inter esse an einer Ausländerin (271, 276) die Auskünfte, die gewonnen werden, und somit auch die Konstruktion von Realität? Obwohl beim Lesen keine Zweifel an der Sorgfalt der Autorin aufkommen, so fehlen jedoch Informationen zu den biographischen Hintergründen der Übersetzer und Übersetzerinnen, deren Haltungen zu den beforschten Phänomenen, zu den Übersetzungsprozessen und unterschiedlichen Sprachgewohnheiten (siehe häufig im Alltagschinesisch verwendete, jedoch eher unspezifische Ausdrücke wie xinku [mühselig, beschwerlich, geplagt], kunnan [Schwierigkeiten], mangran [unsicher], bu shufu [unangenehm]), zu Details der Codierungsprozesse sowie die Einbeziehung indigener chinesischer Beiträge zu Stress und Coping. In der Tat ist das Stresskonzept unter Zuhilfenahme von westlichen Theorien auch in der chinesischen Forschung verbreitet (140 f.), aber es ist – wie die in China derzeit an Universitäten praktizierte Psychologie selbst – eben auch ein Buchbesprechungen75 Importprodukt, dessen Terminologie im klassischen Chinesisch nicht existiert. Gleichzeitig werden die im chinesischen Diskurs aus dem Konfunzianismus und Taoismus integrierten Ideen wie zum Beispiel die Tugend des ren [ertragen können] oder die Bedeutung von yuan [Fügung] oder mingyun [Vorsehung] im Leben als Copingformen kaum aufgegriffen und somit auch nicht reflektiert. Gleiches gilt für die Diskussion aus der kulturvergleichenden Psychologie, dass im chinesischen Kulturraum eher emotionsfokussierende Copingformen bevorzugt würden. Insgesamt ist das Buch gleichwohl ein gelungener und lesenswerter Auftakt dafür, wie fächerübergreifende Forschung systematisch gedacht werden kann, mit einer Fülle von Inspirationen und Beispielen für konkrete Umsetzungsmöglichkeiten. Allerdings gälte es, den vielen Knoten noch einen Knoten erweiternd hinzuzufügen: den chinesischen Hintergrund. Annette Hillers-Chen, Nanjing / VR China Waibel, Michael (Hrsg.): Ho Chi Minh MEGA City. Berlin: regiospectra Verlag 2013, 272 S., € 19,90. (Arbeitsgemeinschaft für Pazifische Studien, Pazifik Forum – Band 14). Waibel, Michael / Hilbert, Henning (Hrsg.): TP. [Thành Phố] Hồ Chí Minh: Mega City. Fotobuch. Ho Chi Minh City: Times Publishing House 2014, 302 S., ohne Preisangabe. (Bezug in Deutschland über APSA – Arbeitsgemeinschaft für Pazifische Studien). In Südostasien gehört Vietnam, trotz fortbestehender Entwicklungshemmnisse und einigen Rückschlägen in jüngerer Vergangenheit, zu den dynamischen, aufstrebenden Ländern. Das wirtschaftliche Kraftzentrum des Landes ist unbestritten Ho Chi Minh City (HCMC), das frühere Saigon, im Süden des Landes am Rand des Mekong-Deltas gelegen. Die Hauptstadt Hanoi im Norden folgt erst mit einigem Abstand. Ob Ho Chi Minh City bereits die 10-Mio.-Einwohner-Grenze überschritten hat und, der UNSprachregelung folgend, wie in den beiden hier anzuzeigenden Publikationen bereits als Megastadt bezeichnet werden kann, ist umstritten. Eine kürzlich publizierte Weltbank-Studie, East Asia’s changing urban landscape (Washington DC 2015), beziffert die Zahl der Einwohner für das Jahr 2010 auf 7,8 Mio. In dieser methodisch innovativen Studie wurden auch die benach- barten, jenseits der administrativen Grenze der Stadt liegenden urbanen Teilräume berücksichtigt. Aber auch wenn der mehr oder weniger willkürlich festgesetzte Megacity-Schwellenwert noch nicht überschritten sein sollte – das wird mit Sicherheit in Kürze geschehen, denn das gegenwärtige stürmische demographische und räumliche Wachstum der Stadt, das in Ostund Südostasien nur noch von einigen urbanen Großräumen in der VR China übertroffen wird, wird noch länger anhalten. Die beiden hier anzuzeigenden Publikationen bieten eine ausgezeichnete Einführung für alle, die sich mit dem bedeutendsten urbanen Wirtschaftsraum Vietnams, seinen Entwicklungsproblemen, aber auch seinen Entwicklungsmöglichkeiten auseinandersetzen wollen. Dabei können die Texte des von Michael Waibel herausgegebenen Sammelbandes und die visuellen Eindrücke des vom selben Autor zusammen mit Henning Hilbert und mit Unterstützung des Goethe-Instituts Vietnam edierten Fotobandes als gelungene wechselseitige Ergänzung und Kommentierung verstanden werden. Der Sammelband vereint Aufsätze zu einem breiten Themenspektrum und aus recht unterschiedlichen Blickwinkeln. Analytische Texte, vor allem zur Stadtplanung und Stadtgeographie, zur Stadtgeschichte und nicht zuletzt zu den gravierenden Umweltproblemen, stehen neben stärker persönlich geprägten Erfahrungsberichten: Henning Hilbert schildert seine Eindrücke nach 10 Jahren Leben in HCMC, und Barbara Cimpa berichtet über ihre teilnehmenden Beobachtungen bei „Kaffeehausgesprächen“, die sie 2007/2008 aufgezeichnet hat und die interessante Einblicke in das Alltagsleben der Bewohner eines Gassenviertels ermöglichen. Inhaltlich werden die Einzelbeiträge allerdings nicht durch eine gemeinsame leitende Fragestellung zusammengehalten, die Klammer wird lediglich durch die räumliche Fokussierung auf HCMC gebildet. Die damit verbundene thematische und methodische Heterogenität der Beiträge kann man aus einer wissenschaftlichanalytischen Perspektive bedauern. Aufgewogen wird dieses Manko aber durch den lebendigen Eindruck von der Vielfalt der südvietnamesischen Metropole, den die verschiedenen Texte vermitteln. Es werden aber auch zwei thematische Schwerpunkte deutlich: Zum einen die lebensweltliche Dimension von Urbanität, die sich in den kleinteiligen, informellen Nachbarschaften der Gassenviertel ausdrückt, die durch den rasanten städtebaulichen Wandel bedroht sind, oder auch in den Lebensentwürfen junger Men- 76 Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie schen, viele aus den ländlichen Räumen zugewandert, die in HCMC wie in Vietnam insgesamt die Mehrheit der Bevölkerung stellen. Den zweiten inhaltlichen Schwerpunkt bilden Beiträge zur Stadt- und Regionalplanung und zu den Herausforderungen, die sich aus dem kritischen Mensch-Umwelt-Verhältnis ergeben: Es geht dabei unter anderem um Fragen nachhaltiger Stadtentwicklung, um das Stadtklima, um die gravierenden Verkehrsprobleme und mögliche Lösungen, sowie um umfassende Planungsansätze trotz administrativer Zersplitterung. Zu den großen politischen und stadtplanerischen Herausforderungen gehören dabei zweifellos die Auswirkungen des Klimawandels, die in den tieferliegenden städtischen Teilräumen zu wachsender Überschwemmungsgefahr führen. Als ideale Ergänzung und Illustration der textlichen Einführung in den urbanen Großraum HCMC bietet sich der sehr ansprechend gestaltete Fotoband an, der, in acht Kapitel gegliedert, über 600 eindrückliche und informative Farbauf- Heft 1 / 2015 nahmen präsentiert, die durchgängig dreisprachig erläutert werden (Vietnamesisch, Deutsch, Englisch). Behandelt werden verschiedene Aspekte wie Architektur, Verkehr, der städtebauliche Wandel, aber auch das vielfältige Leben der Stadtbewohner selbst. Besonders informativ sind Aufnahmen zu verschiedenen Zeitpunkten, die die rasanten Veränderungen desselben Raumausschnitts dokumentieren. Der Fotoband eignet sich hervorragend dazu, stärker theoretisch-analytisch ausgerichtete wissenschaftliche Texte zur städtischen Entwicklung von HCMC, zu den Ausprägungen von Urbanität und zu den Herausforderungen, denen sich Stadtplanung und Stadtbewohner gegenübersehen, zu visualisieren. Ein Einsatz in der Lehre bietet sich damit geradezu an. Auf den bereits angekündigten Folgeband mit Aufnahmen aus der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi (Hà Nội: Capital City. Sách ảnh. 2015, hrsg. von Michael Waibel) darf man deshalb mit Recht gespannt sein. Helmut Schneider, Duisburg-Essen Mitteilung des Verlags und der Redaktion Mit Beginn des Jahres 2015 wird der langjährige Herausgeber und Mentor der Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Professor Dr. Karl Vorlaufer seine aktive Tätigkeit für die Zeitschrift nach 32 Jahren beenden. Insbesondere ihm kommt das Verdienst zu, die 1956 gegründete Zeitschrift zu einer auch international wahrgenommenen fachwissenschaftlichen Publikationsplattform entwickelt zu haben, die dem durchaus heterogenen Forschungsspektrum der Wirtschaftsgeographie und den daraus resultierenden Forschungsergebnissen eine über die engere Fachwissenschaft hinausgehende Resonanz verliehen hat. Das Redaktionsteam und der Buchenverlag danken Prof. Vorlaufer für die gute Zusammenarbeit, seine Inspirationen und Ideen sowie sein Engagement und für die daraus resultierende Reputation der Zeitschrift. Mit Prof. Dr. Sebastian Henn als sein Nachfolger in der Herausgeberschaft der Zeitschrift übernimmt ein Vertreter der jüngeren Generation Mitverantwortung für das fachwissenschaftliche Publikationsorgan. Als Professor für Wirtschaftsgeographie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena bietet er mit seinem exzellenten fachlichen, international geprägten Erfahrungsspektrum eine in der Kontinuität der bisherigen Entwicklung stehende, aber auch darüber hinausweisende neue Perspektive für die Zeitschrift. Zugleich möchten wir darüber informieren, dass sich Frau Dr. Susann Schäfer künftig um das Rezensionsmanagement der Zeitschrift kümmern wird, um aktuelle und relevante Neuerscheinungen dem Fachpublikum noch rascher vorstellen zu können. Sie wird sich allen in diesem Verantwortungsbereich anfallenden Aktivitäten (Angebote und Anfragen) widmen und dazu eng mit Verlagen, Autoren und Rezensenten kooperieren. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Sebastian Henn und Dr. Susann Schäfer! Walter Thomi, Halle (Saale) / Helmut Schneider, Duisburg-Essen
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