RAUMKULINARIK. LABOR FÜR ANGEWANDTE ALLTAGSLIEBE.

RAUMKULINARIK. LABOR FÜR ANGEWANDTE ALLTAGSLIEBE.
D I E K U L I N A R I K A L S K O M M U N I K AT I O N S M E D I U M . ( F ) E I N E A U S WA H L .
RAUMKULINARIK. GESCHICHTEN ERZÄHLEN
MIT DEN MITTELN DER
KULINARIK UND DER
RAUMGESTALTUNG.
Kulinarik als Kommunikationsmedium, bedeutet die Trennung von Catering auf der einen Seite und Informationsvermittlung sowie Unterhaltung auf der anderen Seite aufzuheben und die Botschaft mit allen Sinnen
erfahrbar zu machen. Die kulinarischen Inszenierungen servieren den Gästen ein dreidimensionales Kommunikationsmedium, welches sich im Erleben im Erinnerungsraum festsetzt und Beziehungen knüpft. Die
Genießenden werden in eine Dramaturgie eingebunden und werden Akteure in einem räumlichen und erzählerischen Kontext.
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Mixed Pixels, vertikal digitale & horizontal
kulinarische Bildpunkte im Dialog.*
Die StudentInnen der Szenografie präsentieren ihre Arbeiten der letzten zwei
Semester in einem Filmloop auf der
großen LED-Wand. In der horizontalen
Verlängerung entfaltet sich als räumlichkulinarisches Happening das Projekt MIXED
PIXELS. Der sinnliche Aspekt der Gerüche
und des Geschmacks ergänzen das numerisch generierte Bild der LED-Wand.
Die Löffel hängen an Spanngummischnüren
von der Decke und führen mit zunehmender Bewegung während des „Auslöffelns“
zu Verstrickungen.
* Diese Arbeit entstand im Rahmen eines Lehrauftrags
an der HfG Karlsruhe / Fachbereich Szenografie.
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Ge(h)schichten, Festspielhaus Hellerau.
Der Anlass unserer Einladung in das Festspielhaus Hellerau war die Einweihung des
neuen Daches, wir verneigen uns vor dem
Mut und der Energie des Festspielhausvereins, indem wir es, hoffentlich, zum letzten
Mal regnen lassen. Eine Allegorie auf die
vielen kalten Tage ohne Heizung, ohne
Dach, aber mit „Leckerem Inhalt”.
In dem seit 1993 wieder genutzten bedeutenden Theaterbau entstehen unsere
Raumfüllungen, indem sie in die Geschichte eingehen, sie hinterlassen Spuren im
Gebäude und vor allem im Erinnerungsraum
der Betrachter. Diese werden spielerisch
zum Akteur und Komplizen, sie sind der
Mittelpunkt darin. In vier Gängen werden
Erlebnisse und Räume inszeniert, wird
gekocht, gegessen, gelebt.
* Das Labor für angewandte Alltagsliebe: Dierk Jordan
(no-empty-space.com), Michael Grell, Jörg Sellerbeck.
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Foto: Christoph
Münch
Der Gang (1.)
Punkt-Linie-Fläche-Raum Zeit-Bewegung-Ablösung. Die Rückprojektion auf
eine Baufolie zeigt Bilder, die sich im
Durchschreiten verändern - verschwinden, zu Wirklichkeiten werden. Linearer
Aufbau in einem Flur, alle Gäste in einer
Reihe nebeneinander mit Blick auf die
Baufolie, vor sich die ersten Speisen,
serviert direkt auf einer von unten
beleuchteten Glas-Fassadenplatte.
Der Zwischengang.
Aufzug der Teller_Hinter der Baufolie ziehen zwanzig
leere Teller an den Gästen vorbei, schemenhaft erscheint jeder Teller, begleitet von einer Kerze vor dem
Betrachter; sie bleiben unerreicht und leer. Erwartung
und Enttäuschung, aber auch Kommunikation um ein
Essen, das es nicht gibt.
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Der Hauptgang.
Fünf mal zwei Glasplatten hängen diagonal im grünen Salon, brechen die barocke
Achse der Raumabfolge des Seitenflügels.
Zwischen den Glasplatten ein Leerraum,
partiell gefüllt mit Resten der Verarbeitung:
Nusschalen, Porree, Mehl etc. erscheinen
als vitrinisiertes Bild unter dem zu servierenden Essen. Die freischwingenden
Tischplatten hinterfragen die unbewußten
Eß- und Gebrauchssitten der Tischgesellschaft. Durch die wegfallende statische
Sicherheit ist ein anderer, ungewohnter
Umgang notwendig, ein Sittenseismograph
entsteht. Die traditionelle Tischplatte wird
erweitert in die dritte Dimension, wird Bühne durch über den Köpfen der Tischgesellschaft schwebende Bestecke und Servietten, die funktionelle Zuweisung, was ein
Tisch zu leisten hat, ist nun neu formuliert
und wird erfahrbar für unsere Gäste.
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Das Dessert,
der letzte Regen.
Der vierte Gang findet
statt im Treppenhaus des
Festspielhauses. Zwanzig Eiswürfel hängen im frisch restaurierten Treppenhaus und schmelzen
während der Ge(h)Schichten. Sie sind
Nachtisch und gleichsam Ausblick und
Überleitung unserer Gäste aus unserer
Obhut in das andere Theatergeschehen.
Nachdem die Eiswürfel geschmolzen
sind, geben sie den Zugriff auf den
Nachtisch frei,halbgefrorenes.
Hmmm_lecker.
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ALLTAGSLIEBE.
Alltagsliebe_Geschärfter Blick auf den Alltag und die Loslösung der Räume und Alltagsgegenstände von
ihren Konventionen. Ziel dieser Sichtweise ist es, die Dinge spielerisch aufeindander krachen zu lassen, sie
in neue, andere Zusammenhänge zu setzen und Neuartiges entstehen zu lassen.
_Die Ferkelaufzuchtslampe wird zum Fischgrill im Rotlichtmilieu.
_Die Theaterleuchte wird zum Karottentoaster.
_Blisterverpackungen werden zu horizontalen PixelBildschirmen.
_Eine Teeküche mit dem Charme der DIN 276 und einer Rentabilitätsberechnung nach Hauptnutzfläche mal
Preis, wird zur Gourmetküche, die dazugehörigen Flure zum Delikatessenlager.
Der so definierten Alltagsliebe geht es um die Menschen, die solcherart befreite Räume erleben. Es entsteht
ein Beitrag zur Architektur, die der Humanität verpflichtet ist.
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Garen im Rotlichmilieu, Licht an.
Während einer fein abgeschmeckten Dramaturgie entfalten in den Raum greifende
Ferkelaufzuchtlampen ihre Strahlkraft und
zelebrieren eine atmosphärische, warme
Raumstimmung. Schonend gart das feine
Fischfilet im Rotlichtmilieu. Die heilungsfördernde Tiefenwirkung der Infrarotstrahlung
gart das Fischfilet in den Zustand unglaublicher Zartheit und beschreibt zusätzlich
eine räumliche Verortung der thematischen
Umsetzung. Raumwirkung und Speisenzubereitung ergänzen sich aufs Feinste. Eine
Methode, die unter die Haut geht.
* Diese Arbeit entstand im Rahmen einer Firmenfeier
mit integrierter Unternehmenskommunikation des
Visualisierungsbüros archisurf, Bremen_Speicher XI.
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Der Voyeur der eigenen Aktivität.
Die Installation “Der Voyeur der eigenen
Aktivität” zeigt als dreidimensionales
Präsentationsmedium in einer Abfolge von
inszenierten Sequenzen die Denk- und
Arbeitsweise des “Labors für angewandte
Alltagsliebe “. Der Alltagsgegenstand Weinglas wird durch eine Drehung von seiner
üblichen Nutzung befreit und als Bühne
neu interpretiert.
Modellierte Schoko Silhouetten
auf Erdbeere mit Geschmacksinlet
Reflexionsraum
Geschmacksarchiv
Geruch
Dynam
sraum
ik
Umdeutung kultureller
Zwangsräume
Angeregt wird die multisensuelle Raumwahrnehmung und die Etablierung der Kulinarik als Kommunikationsmedium verschiedenster Themen.
* Geschmacksprobe für eine Sommerfest Anfrage
des Watermill Center, Long Island (Robert Wilson).
Schauraum_Vitrinisieren
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Der Voyeur der eigenen Aktivität.
Der Voyeur der eigenen Aktivität treibt das
selbst ins Gegenüber. Im Genießen lässt
sich betrachten und studieren, welch` eine
Eigenart das Andersartige provoziert und
reflektiert.
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Fassadeure, eine kulinarische Fassadendebatte. Der Zungenkuss.
In der erweiterten Version der Installation
„der Voyeur der eigenen Aktivität“ wird der
Genussraum um die Bespielung der „Fassade erweitert. Eine Liebkosung.
* Diese Erweiterung entstand im Rahmen einer
kulinarischen Inszenierung für eine Hochzeitsfeier.
Das Dessert bildet nicht nur den Abschluss einer
geschmackvollen Menüfolge, sondern steht sym
bolisch für eine gelungene Anbahnungsphase einer
großartigen Liebesgeschichte. Der Zungenkuss.
Jetzt wird gefeiert.
Foto: J. Hohmuth, Zeitort.de
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Die Domestizierung der Karotte, Maxim
Gorki Theater Berlin.
Mit der Arbeit „Die Domestizierung der
Karotte“ leisteten wir unseren Beitrag zur
Stadtschloss Debatte in Berlin:
Wer Stadtschloss sagt, muss auch Lustund Nutzgarten sagen, der, das ist der
historischen Wahrheit Willen geschuldet,
einen erklecklichen Teil der Mitte Berlins ausmachten. Berlin Mitte ist also ein
Nutzgarten (Schrebergarten). Wir schufen Pflanzbeete, verlegten sie, historisch
nicht ganz korrekt, auf den Platz zwischen
Humboldt Universität, Gorki-Theater und
Schinkels Neue Wache, legten hier einen
künstlichen Gemüsegarten an, der einen
Meter über dem Boden schwebend, mit
vier Zentnern echten Karotten bepflanzt
wurde.
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In einem theatralischen Akt wurden die
Karotten dann geerntet und in das GorkiTheater verbracht. Dort pressten wir sie
gleichsam als kulturelle Veredelung zu Saft
und gaben sie dem Theaterpublikum zu
trinken. Die Überlagerung verschiedener
Aspekte der Entwicklung Berlins werden
thematisiert. Die Karotte wird also verhaust, gewaschen, geschält, gepresst und
in die „Belle Etage“ des Gorki-Theaters verbracht, um dort „domestiziert“ als schönfarbiges Getränk mit gutem Geschmack
die Besucher zu erfreuen. Im oberen Foyer
wurden in einer Ausstellung Portraits gezeigt von hauchdünn geschnittenen Karotten. Sie stecken im Schacht eines Theater
Scheinwerfers und werden wie ein Dia an
die Wand projiziert. In der großen Hitze der
Lichtquelle sieht man „live“ dem Garungsprozeß der Karottenscheiben zu, ein weitläufiger Rückgriff auf die Errungenschaft
der „Domestizierung“ des Waldbrandes zur
Kochstelle: vom Rohen zum Gekochten. Die
Wucht des Feuers als gezähmtes Event mit
Partydrink .
Leider verweigerten die Bürger Berlins
uns unsere ambitionierte Arbeit, indem sie
nicht auf den Saft warten wollten, sondern
Schlange standen nach geschälten Karotten. Also verarbeiteten wir die vier Zentner
im Akkord, was wir in Anbetracht unserer
kleinbürgerlichen Vermutungen sehr positiv
deuten: Berlin braucht einen Gemüsegarten
in der Mitte, keine weitere Saftpresse. Wir
sollten öfter den Gärtner fragen und nicht
die Tourismusleitstelle, was eine Stadt
ausmacht.
Labor für angewandte Alltagsliebe.
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Über das Reisen: Der Verlust des Ichs im
Unterwegs, Schauspiel Hannover.
Mit Franz Ackermann, Birgit Hein, Albert
Ostermeier, Matthias Lilienthal.
Der Hof zwischen Künstlerhaus und Schauspielhaus ist die architektonische und atmosphärische Schnittmenge zwischen Bildender Kunst, Film, Literatur und Theater.
Unter den Motto “essen & denken” pflegen
Künstler öffentlichen Gedankenaustausch
über ihre sehr unterschiedlichen Arten, die
Welt zu betrachten und ästhetisch auszuformulieren. Den Rahmen bildet die älteste
Kommunuikationsform; Essen und Trinken:
Think differntly-eat together. Das Labor
für angewandte Alltagsliebe verköstigt die
200 Gäste aus dem „Letzte Hilfe“ Koffer
heraus.
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Designer Kochen, Bulthaup Studio Berlin.
Hörsuppe_Vorspeise für die Ohren.
-5 o C vs. +220 o C
Eingefrorene Gemüseessenzen treffen auf
220 grad heiße Teller, Eine Delikatesse, die
sozusagen auf den Ohren zergeht. Die erste
Suppe, die nach dem Servieren wärmer
wird.
* Die Hörsuppe entstand im Rahmen einer Menüfolge
während des Designers Saturday im Bulthaup
Studio am Schloss, Berlin. In dynamischer Zusammenarbeit mit M. Davidson (davidandson.de).
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„Gelage für Langschweine“, Theaterinszenierung in der Regie von Helena Waldmann.
Das Berliner Podewil Theater wird in einer
Neuinterpretation der Odyssee nach dem
heiligen Gastrecht zu einem antiken Symposion umgebaut, in dem Essen und Trinken
wesentlicher Teil des Genusses sind. Die
Szenografie stellt die planmäßige Mobilität
aller Beteiligten in den Vordergrund: Die
Bühne wird zum Sammelplatz, die Rampe
zum Tisch, die Kochinsel zur Bühne, das
lebendige Hängebauchschwein bekommt
Räder, der Koch wird zum Schlachter, die
Gäste zu Kannibalen. Das „Gelage“ verwischt den Grenzverlauf von Theater und
Gastmahl, stellt unterschiedliche Erzählebenen nebeneinander – Tagespolitik neben
Grundsäulen eurozentrischer Denkweisen,
Kriegsgeschrei neben ein 4-Gänge- Menü.
* Eine Kooperation mit dem Podewil Berlin, gefördert
vom der Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft,
Forschung und Kultur, Fonds Darstellende Künste.
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Urgeschmack der Bauteile, Studie für ein
Verköstigungskonzept.
„Ressource Architektur“ lautete das Leitthema des XXI. UIA-Architektur Weltkongress, der vom 2002 in Berlin stattfand.
Das labor für angewANDte ALLtagsliebe entführt die Gäste auf eine Reise mit
auserwählten Rohkostspeisen zum “Urgeschmack der Bauteile” der(Küchen) Welt.
Die ca. 2500 Gäste versorgen sich den
ganzen Abend über mit vor ihren Augen
zubereiteten (F)Rohköstlichkeiten. Unkomplizierte Handmenues fördern das Flanieren auf der Museumsinsel. Die anfallenden
Rohkostschalen werden in Druckverschlussbeuteln vitrinisiert und dienen so
als Sitzkissen. Mobile Garteneinheiten –
„Your Garden is where you are“ – oaseieren
den gewünschten Picknick Charakter.
Die feuerlos zubereiteten Delikatessen
und die Hinwendung zur Urkost machen
den Blick auf den tieferen Sinn unseres
Konzeptes möglich. Das Potential zur Bescheidenheit und die Freude am Teilen. Wir
bauen mit unserem Konzept eine sinnliche
Brücke in die Welt, indem ein Teil des Eintrittsgeldes für ein noch zu bestimmendes
Ernährungsprojekt zur Verfügung gestellt
wird.
Hier schliesst sich der kleine Kreis der
hungrigen Abendgesellschaft mit dem großen der Welt. Auf undogmatische, jenseits
des mit Macht erhobenen Zeigefingers, ja
mit der Möglichkeit der sinnlichen Übereinkunft löst eine Abendgesellschaft ihre
Verantwortung für ihren Wirkungskreis ein:
Teilen ist eine Ressource, auch die des Glückes. Weniger kann ein Weltorientierungskongress nicht erfüllen.
* Die Abbildung links zeigt die Detailstudie „YOUR
GARDEN IS WHERE YOU ARE.
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Turntable_Salon für Wesentliches, Social
Media Format zur Provokation neuartiger
Zusammenkünfte im Sinne bereichernder
Transformation. Essen & Denken.
„TurnTable“ bietet beseelten Zeitgenossen,
Kreuz-und Querdenkern sowie VisionärInnen eine Plattform. So wird TurnTable
zum Treffpunkt und zur Inspirationsquelle
von Zukunftsgestaltern. Zu dringenden
Themen wird gemeinsam gekocht, gegessen und geredet – intelligent, nahrhaft,
schmackhaft, inspirierend, motivierend,
ansteckend, freudvoll. Raumkulinarik
transformiert das jeweilige Thema in eine
lukullische Speisenfolge und sorgt für die
Wahrnehmung mit allen Sinnen. Der TurnTable bittet die weltweite Community über
ein Live-Streaming-Format zu Tisch.
Foto: S.Seitz, sos-design.de
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Auf ein persönliches Gespräch
freuen wir uns.
Raumkulinarik. Labor für
angewandte Alltagsliebe
Jörg Sellerbeck
Lindwurmstraße 71_Rgb.
80337 München
T. 089.79032644
M. 0176.64107397
E. [email protected]
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Foto: J.Hohmuth,
Zeitort.de
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Foto: Klaas
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