Erfahrungen aus 25 Jahren ambulanter Therapie mit Cannabisklienten/inen Schwerpunkt: Jugend und Familie im Kontext der INCANT/MDFT Studie Dipl.‐Psych. Andreas Gantner Trends im Cannabiskonsum seit 1990 in Berlin (IFT Suchtsurvey/Berlin 2014) 15-39 Jährige 1990 1995 2000 2006 2012 Lebenszeit 21,7 21,0 44,8 48,4 55,7 12 Monate 8,2 10,7 19,2 18,7 23,4 30 Tage 6.9 11,5 11,4 11,0 Trends der Cannabisbezogenen Störungen (Quelle: IFT Suchtsurvey/Berlin 2014) 15-59 Jährige 2000 2006 2012 Missbrauch 1,4 1,5 Abhängigkeit 0,9 1,0 1,0 Fallzahlentwicklung bei ambulanten Cannabisklienten in Berlin (Hauptdiagnose Cannabis) Jahr 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Anzahl Klienten 761 1293 1278 1513 1867 1941 2025 1970 Gegenüber 2004 haben wir fast eine Verdreifachung von Cannabisklienten in Betreuung. These: Keine Zunahme an Cannabisproblemen, sondern eine Verbesserung des Zugangs in die Beratungs- und Therapieangebote durch spezifische Projekte, sowie höherer Aufmerksamkeit und Sensibilität für Cannabisprobleme 2092 Durchschnittsalter von Klienten bei Cannabisinterventionsprogramme INCANT /MDFT Ø 16,2 Jahre FreD Ø 17,7 Jahre Can Stop Ø 18,6 Jahre Realize it Ø 24 Jahre Therapieladen/ Ambulante Rehaklienten Quit the shit Ø 25 Jahre CANDIS Ø 26,2 Jahre Ø 25,6 Jahre MDFT ist wirksamste Therapie für Jugendliche mit Cannabismissbrauch EMCCDA: MDFT als „Best Practice“ Ansatz European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction (2014), Multidimensional family therapy for adolescent drug users: a systematic review, EMCDDA Papers, Publications Office of the European Union MDFT: Spezielle Zielgruppe Jugendliche 13- 18 Jährige (Early Onset! ) Diagnostizierte Cannabisstörung/u.a. Subst. Komorbide Störung Verhaltensstörung/Schuldistanz/Delinquenz Starke Elternkonflikte/Erziehungsprobleme Nähe zu Kindeswohlgefährdung Schnittstelle/ambulant-stationär 4 MDFT-Interventionsebenen MDFT arbeitet gleichzeitig in vier verschiedenen „Teilsystemen“. Mit Jugendlichen Mit Eltern Erleben/Verhalten Haltung/Erziehungspraxis „MI“ Haltung „Coaching“ Mit der Familie Soziales Umfeld Beziehung/Interaktionsmuster Außerfamiliäre Ressourcen „Enactment“ „Casemanagement“ Überblick MDFT Forschungs‐Transfer Forschung: Delphi‐Gesellschaft Berlin Behandlungseinrichtung: Therapieladen e.V. 2004‐2006 INCANT Pilot Studie (BMG) 2006‐2009 INCANT Hauptstudie (BMG) MDFT‐Transfer Projekt: Therapieladen e.V. 2009‐2010 Beginn des nationalen MDFT Transfer I (BMG) 2012‐2014 Nationaler MDFT Transfer II (50% BMG) MDFT Transfer II 10/2012- 12/2013 1 Jahr Training MDFT “Basic Level” entsprechend den Kriterien und Standards der MDFT Academy (MDFT Europa) Kooperierende Institutionen: Hamburg Köln Dresden München (Therapiehilfe e.V.) (SKM e.V.) (Jugend‐Drogenberatung Gesundheitsamt) (Condrobs e.V.) Insgesamt 14 Trainingsteilnehmer/innen am Start Ergebnisse des MDFT Transfer II Hamburg/Therapiehilfe e.V. und Köln/SKM e.V. setzen MDFT Transfer fort und erarbeiten neue Finanzierungsmodelle in der Jugendhilfe München/Condrobs und Dresden/Drogenberatung beendet den MDFT Transfer nach einem Jahr, ohne Implementierung von MDFT Probleme der Implementierung Unzureichende Unterstützung vom Management für das MDFT Team. Keine Akkreditierung der MDFT in Deutschland (wie für alle Systemische Therapien) Unklare Kostenerstattung der MDFT Zuständigkeitsblockaden auf nationaler, länder und kommunaler Ebene zwischen den Hilfesystemen und Kostenträgern. Fazit Eltern und Familienangehörige haben eine sehr hohe Bedeutung bei der Behandlung Jugendlicher mit Suchtproblemen Sie werden derzeit in der Jugendpsychiatrie, der Jugend- und Suchthilfe noch zu wenig als Ressource mit einbezogen, bzw. eher ausgegrenzt und/oder pathologisiert. („coabhängige Eltern“ oder „toxische Eltern!“) Hier wäre eine ressourcenstärkende Haltung gegenüber Eltern und Angehörige und ein verstärkt systemischfamilientherapeutisches Arbeiten in der Praxis entsprechend dem Stand der evidenzbasierten Forschung zu fordern . Anerkennung durch Kostenträger! Fachliche Einschätzung zur Diskussion um Cannabisregulierung Generelles Cannabisverbot erzeugt mehr Schaden als Nutzen für Konsumierende bei geringem (general-) präventiven Effekt im Sinne des Jugendschutzes erschwert offene Auseinandersetzung über individuelle Risiken in Familien, Schulen, Jugendhilfe und erhöht damit Schwelle für Zugang zur Frühintervention Sozial benachteiligt werden bereits marginalisierte Gruppen (USA Erfahrung/INCANT) Glaubwürdigkeitsproblem durch unterschiedliche Risikobewertung /Doppelmoral verstärkt Reaktanz bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen und erzeugt Unsicherheit bei Eltern Die neue Elterngeneration: Ja was denn nun? …und führe uns in der Versuchung!
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