Katrin Werner Mitglied des Deutschen Bundestages Behindertenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Berlin Platz der Republik 1 11011 Berlin Telefon 030 227 – 74335 Fax 030 227 – 76337 E-Mail: [email protected] Katrin Werner, MdB • Platz der Republik 1 • 11011 Berlin Grußwort an die BAG Selbstbestimmte Behindertenpolitik -0- Wahlkreisbüro Katrin Werner, Paulinstraße 1-3, 54292 Trier, Tel. (0651) 1459225, Fax: (0651)1459227,e-mail: [email protected] -1- Katrin Werner Mitglied des Deutschen Bundestages Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, ich begrüße Euch zu Eurer heutigen Tagung recht herzlich. Es ist für mich ein sehr faszinierendes und aufregendes behindertenpolitisches Jahr. Vor knapp drei Wochen beobachtete ich mit Spannung die Staatenprüfung zur Umsetzung der UN-BRK in Deutschland, deren 'Concluding Observations' ich jetzt mit großer Neugierde erwarte. Die Beobachtung des Entstehungsprozesses des Bundesteilhabegesetzes und die Teilnahme an den regelmäßigen Inklusionsdialogen, in denen die behindertenpolitischen SprecherInnen aller Fraktionen über die Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz unterrichtet werden, ist für mich genauso wichtig. Wenn ich an die bevorstehende Evaluation und Novellierung des Bundesgleichstellungsgesetzes denke, freue ich mich sehr, Eure Interessen im Bundestag vertreten zu dürfen. Die Anhörung zur Umsetzung der UN-BRK in Deutschland durch den UNFachausschuss in Genf hat mir noch einmal verdeutlicht, welchen Standpunkt die deutsche Regierung in Sachen Behindertenpolitik vertritt. In knapp sechs Stunden bekam die Regierung über 100 Fragen gestellt, die aufgrund der geringen Zeit leider nur zum Teil und auch nur recht vage beantwortet werden konnten. Dennoch reichte die Anzahl der Antworten aus, um die Betrachtungsweisen der Regierung hinsichtlich der Umsetzung der UN-BRK sichtbar zu machen. Die Differenzen in den Betrachtungsweisen des international besetzten Ausschusses und der Verantwortlichen zur Umsetzung der UN-BRK in Deutschland waren groß. Besonders deutlich wurde dies durch die Frage durch den UN-Ausschuss: „(…) Integration und Inklusion? Hat der Vertragsstaat denn eigentlich die Philosophie, die hinter der UN-BRK steckt, überhaupt verstanden?“ Diese Frage brachte es meiner Ansicht nach auf den Punkt: Deutscher Behindertenpolitik fehlt es weiterhin an der Menschenrechtsperspektive! Die Rechtfertigungen des Innenministeriums, Menschen, die unter Betreuung in allen Angelegenheiten stehen, vom Wahlrecht auszuschließen ist für mich genauso wenig hinnehmbar wie die unzureichende ärztliche Versorgung aufgrund eines Mangels barrierefreier Arztpraxen oder verhinderte Partizipation für Menschen mit Behinderung, z.B. aufgrund unzureichender Gebärdendolmetschung für gehörlose Menschen oder dem -2- Katrin Werner Mitglied des Deutschen Bundestages Fehlen Leichter Sprache. Hier gibt es für DIE LINKE viel zu tun, auch im Punkt Bewusstseinsbildung. Angefangen beim bereits genannten Wahlrechtsausschluss über die Sonderwelten im Bildungs- und Arbeitssystem bis hin zu fehlenden Unterstützungs- und Präventionsmaßnahmen zur Gewalterfahrung für Frauen mit Behinderungen, all dies machte ersichtlich, dass Deutschland sechs Jahre nach der Ratifizierung der UN-BRK noch weit von deren Umsetzung entfernt ist. Das Ergebnis finde ich schwach und genau an diesen Schwachstellen beginnen meine Aufgaben als behindertenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Deutschen Bundestag, nämlich immer wieder zusammen mit Euch und anderen Selbstvertretungsorganisationen nach dem Motto „Nichts über uns ohne uns“ hartnäckig auf diese Stellen hinzuweisen. Ich bin sehr neugierig, auf die abschließenden Bemerkungen des Ausschusses am 13. April zur Behindertenpolitik in Deutschland. Die daraus erfolgenden Diskussionen und Fragestellungen werden unsere derzeitige Arbeit im Bundestag ergänzen. Themen, auf die wir uns derzeit neben Bürgeranfragen aus den verschiedensten Bereichen schwerpunktmäßig konzentrieren und die wir durch verschiedene Initiativen begleiten sind: die Evaluierung des 3. Conterganstiftungsgesetzes (Fachgespräch, Kleine Anfrage), gute Arbeit für Menschen mit Behinderungen (Antrag), Auswertung der abschließenden Bemerkungen der Prüfungskommission zur Staatenprüfung, Gewalt an Frauen mit Behinderungen, der §179 StGB, Familie und Inklusion, Menschen mit Behinderungen im Ehrenamt und nicht abschließend die Evaluation des Bundesgleichstellungsgesetzes. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen endlich auch innerhalb des Bundestages und auch der Bundestagsfraktion DIE LINKE selbst allgegenwärtig im Bewusstsein sind und „Behinderung“ an sich stets als Querschnittsaufgabe mitgedacht wird. Ich freue mich sehr, dass Ihr Euch entschieden habt, das Bundesteilhabegesetz in den Mittelpunkt dieser Veranstaltung zu stellen. Meine zentrale Forderung lautet, den Anspruch auf bedarfsgerechte, einkommens- und vermögensunabhängige persönliche Assistenz in jeder Lebenslage und -phase sowie in jedem gesellschaftlichen Bereich festzuschreiben. -3- Katrin Werner Mitglied des Deutschen Bundestages Werden den Kommunen Aufgaben übertragen, müssen die entsprechenden finanziellen Mittel auch durch den Bund bereitgestellt werden. Nicht erst durch das „gebrochene Versprechen“, die Kommunen über die Reformierung der Eingliederungshilfe zu entlasten, ist zu befürchten, dass das Verfahren der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetzes zu einer Pseudobeteiligung verkommt. Das gesamte Vorhaben war von Beginn an unter Kostenvorbehalt gestellt. Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung Ansprüche und Verpflichtungen aus einer Menschenrechtskonvention – der UN-Behindertenrechtskonvention – weiterhin unter Kostenvorbehalt stellt. Dafür möchte ich mit Euch u.a. auch dieses Jahr am 5. Mai kämpfen! Für Eure Unterstützung und tatkräftiges Engagement danke ich Euch recht herzlich. Gemeinsam werden wir als Teil der LINKEN wesentlich zu einer inklusiven Gesellschaft beitragen, in der jeder Mensch egal ob mit Behinderung oder ohne gleichberechtigt leben kann. Für Eure heutige Tagung wünsche ich Euch jetzt viel Erfolg! Mit freundlichen Grüßen
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