Weder Akademisierungswahn noch Sterben der Berufsausbildung Sondern 'Systemhaus für Talent' bauen Thomas Sattelberger MINT-Tag, Berlin, 30.04.2015 Moderne Talent-Begrifflichkeit & Talentphilosophie Statt Mär vom 'Akademisierungswahn': Reform beruflicher & akademischer Bildung überfällig Zwiebelschalen-Modell der Reform: Das 'Systemhaus' ist zentral Digitale Revolution ist Reformtreiber 2 Wegweisungen in der Ära von Talentmangel und Diversity • Der Begriff 'Talent' ändert sich: weniger elitär-aussondernd & weniger normiert - mehr individuell • Fachkräfte-Mangel treibt Talent-Diversity / fehlende Talent-Diversity treibt Fachkräfte-Mangel • Lebens-, Arbeits- und Bildungsbiographien werden diverser & komplexer: Diversität wird Normalität. Unternehmen müssen Komplexität des Talentmarktes mit Vielfalt der Lösungen matchen • Normierung, Standardisierung, Passung in tradierte Strukturen (hoch)schulischer und beruflicher Bildung mit fixierten Eintrittsbarrieren und altersmäßigen Grenzen kollektivierten Durchlaufprozessen uniformen Lehr- und Lernprozessen neigt sich dem Ende • Pädagogen, Ausbilder, Professoren und Führungskräfte werden mehr und mehr Begleiter / Coach individueller Lern- und Entwicklungsprozesse • (Aus)Bildung wird Biotop statt Pipeline 3 Deutschlands 'Sortier-Maschine' & Kastengesellschaft für junge Menschen aufbrechen 14% der 15-20-Jährigen mit Migrationshintergrund ohne Schulabschluss (2% Deutsche) 5,7% der Jugendlichen verlassen die Schule ohne Hauptschulabschluss, (56% davon kommen aus Förderschulen) 1,3 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 29 (13,1%, d.h. jeder 8.) ohne Berufsausbildung, davon mehr als jeder 2. mit Migrationshintergrund Starke Variation nach Bundesland (4,5% in Bayern und Hamburg bis 10,3% in Mecklenburg-Vorpommern) In Betrieben mit bis zu 50 Mitarbeitern bekommen 27% der Bewerbungen mit deutschem Absender Einladungen, aber nur 9% derer mit türkischem Absender In Großstädten 70% (mittelgroße 60%, kleine 41%) der Schüler mit Migrationshintergrund in segregierten Schulen Nur 15% aller Ausbildungsbetriebe (ca. 70.000 Unternehmen) bilden Jugendliche mit Migrations-hintergrund aus, 60% haben noch nie einen für die Ausbildung angenommen Fast die Hälfte der deutschen Unternehmen (46,8%) gibt an, dass das Thema kulturelle Vielfalt aktuell keine Relevanz besitzt. Bayerische Akademikerkinder 6x so häufig auf dem Gymnasium wie Kinder aus bildungsfernem Milieu Der Anteil der Arbeiterkinder auf Gymnasien würde sich von 19,5% auf 28,5% erhöhen, wenn Lehrer bei gleicher Leistung nicht ungleich benoten und Eltern nicht über Zugang entscheiden würden 77% aller Kinder aus Akademikerfamilien starten Hochschulstudium, 23% aus NichtAkademiker-Haushalten, 17% aus Arbeiterfamilien Azubis mit Studienberechtigung von 17,7% (2005) auf 25,3 (2013), mit HS-Abschluss von 33,1% in 2009 zu 29,5% in 2013 – fast 2/3 der Hauptschüler erfüllen nicht formale Abschlussanforderungen Geringe Bereitschaft von Unternehmen zu Abstrichen bei Bewerberqualifikation: 8% (2010), 12% (2011), 16% (2012) " Willkommen in der Ständegesellschaft 2.0" SZ, 02./03.04.2015 4 Ist der Hauptschul-Abschluss nichts mehr wert? • 29,5% (ca. 410.000) der rund 1,4 Mio Azubis mit Hauptschulabschluss (2009: 33,1%) • Gesunkener Anteil der Auszubildenden mit Hauptschul-Abschluss nach Branchen innerhalb von 10 Jahren: • Kfz-Azubis: von 50% auf 38,5% • Elektroniker-Azubis: von 46,1% auf 35,1% • Einzelhändler: von 37,2% auf 33,5% • Ausschluss von Bewerbungen mit Hauptschul-Abschluss: • 60% Hotel- / Gastronomiegewerbe • 85% Mechatroniker • 47% Zerspanungsmechaniker • 95% Büroberufe Welche Scheinheiligkeit, welches Pharisäertum! Wie will man den Trend zur Akademisierung stoppen? • Indem Arbeiter- und Migrantenkinder nicht mehr studieren dürfen? • Indem die Hochschule eine Institution von und für Bildungsbürger bleibt? • Indem 50% der Hauptschüler auf der Strecke bleiben? • Und wieviel Druck auf gute Lehre und Hochschulreform wird dadurch aus den Hochschulen genommen? Quellen: DGB, 2015: 'Kein Anschluss mit diesem Abschluss?' DGB-Expertise zu den Chancen von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss auf dem Ausbildungsmarkt' Bundesministerium für Bildung & Forschung, 2015: Berufsbildungsbericht 2015 5 Talentphilosophie komplett neu denken – 'Resourceful Humans' statt Human Resources Heute: Elitäre Spur („Goldfischteich“) mit gläsernen Decken 6 Moderne Talent-Begrifflichkeit & Talentphilosophie Statt Mär vom 'Akademisierungswahn': Reform beruflicher & akademischer Bildung überfällig Zwiebelschalen-Modell der Reform: Das 'Systemhaus' ist zentral Digitale Revolution ist Reformtreiber 7 Nachwuchslücke bei beruflicher Bildung bedrohlich Altbekannt: Nur durch 1. höhere Attraktivität beruflicher Ausbildung & Personalentwicklung 'oben' und 2. potentialorientierte Öffnung am 'unteren Ende' beeinflussbar 750.000 740.961 650.000 Ausbildungsplatzbewerber 559.431 550.000 498.924 450.000 350.000 Studienanfänger 417.647 356.076 Jugendarbeitslosigkeit 250.000 150.000 2005 Junge Menschen im Übergangssystem 2006 2007 2008 2009 Quellen: Statistisches Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, KMK, BIBB (Stand 03 / 2015) 2010 2011 2012 2013 258.301 258.026 2014 2015 8 Gravierende Systemdefizite deutscher Berufsausbildung 'oben': Akademikerschwemme' ist mein Unwort des Jahres • 'Akademiker-Schwemme' und Austrocknen der Berufsausbildung 'oben' – von Unternehmen mit verursacht: Das Produkt ist nicht mehr attraktiv genug. • Eltern und Kinder sind rationale 'Mikroökonomen': Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung ist Worthülse bei Bildungsrendite / Einkommen, Karriereperspektive und Sicherheit des Arbeitsplatzes • Stop der Akademisierung zementiert die soziale Undurchlässigkeit unseres Hochschul-Systems & die soziale Homogenisierung der Berufsausbildung Staatsminister a.D. Prof. Nida-Rümelin muss aufpassen, dass er nicht zum Bildungs-Sarrazin der SPD wird 9 Gravierende Systemdefizite deutscher Berufsausbildung 'unten' • Nicht nur am oberen, sondern auch am unteren Ende des Qualifikationskontinuums • Und... die Arbeitsbedingungen in Teilen der Sozial- bzw. Pflegebranche sowie in der Lebensmittel-, Hotel- und Gaststättenbranche sind bekanntermaßen miserabel • 64% aller jungen berufstätigen Menschen fühlten sich falsch oder unzureichend bzgl. ihrer späteren Berufswahl informiert. Nur jeder 3. würde sich noch einmal für die gewählte Ausbildung entscheiden • Nur 56% aller Schüler fühlen sich ausreichend über ihre beruflichen Möglichkeiten informiert • 54% der Schüler wissen nicht, welche Berufe gute Zukunftsaussichten bieten • Die Zahl der unbesetzten Lehrstellen steigt, bei gleichzeitig vielen unversorgten Bewerbern • Ausbilder KMU / Handwerk haben häufig keine Sozialpädagogik-Kompetenz* • Hohe Ausbildungsabbruchsquote (Hauptgrund: Konflikte mit Ausbildern, Meistern...) Hinter der Rhetorik: Reformstarre in Bildungssystem und praktischer Ausbildung Quellen: Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), wissenschaftliche Begleitforschung zum Pilotprojekt M+E-Einstieg, April 2014 *McKinsey & Company: Education to employment: Getting Europe´s Youth into Work. http://www.mckinsey.com/insights/social_sector/converting_education_to_employment_in_europe. Institut für Demoskopie Allensbach, 2014: Schule, und dann? file:///Users/isabellehoyer/Downloads/VSD_PM_Studie_Berufsorientierung_14_11.pdf 10 Massives Ausscheiden und teilweise drastische Unterdeckung an Lehrkräften Lehrkräfte mit Lehrbefähigung in MINT-Fächern (NRW) nach Altersgruppen % Bestand 2025/26 zu 2012/13 49 46 52 47 49 47 MINT-Lehrkräfte: Einstellungsbedarf und Bestand in NRW (2020 / 2025) + + ... und Berufsschulen sind das Stiefkind der Schulpolitik (fehlende Qualitätskontrollen, knappeste Ressourcenzuteilung und größter Lehrermangel. Die 'Welt' fordert: PISA für Berufsschulen. Quellen: Klemm, Klaus / Deutsche Telekom Stiftung, 2014: Lehrerinnen und Lehrer der MINT-Fächer: Zur Bedarfs- und Angebotsentwicklung in den allgemein bildenden Schulen der Sekundarstufen I un II am Beispiel Nordrhein-Westfalens: http://www.telekom-stiftung.de/dts-cms/sites/default/files/dts-library/body-files/rechte-spalte/05_Impulse/sonstiges/MINTLehrerbedarf_Studie_gesamt.pdf IQB-Ländervergleich 2012, Pant u.a. (Hrsg.): Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen am Ende der Sekundarstufe, Münster 2013, S. 375 11 Prozentualer Anteil der Lehrkräfte ohne Lehrbefähigung in ihrem Fach Quelle: IQB-Ländervergleich 2012, Pant u.a. (Hrsg.): Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen am Ende der Sekundarstufe, Münster 2013, S. 375 12 Moderne Talent-Begrifflichkeit & Talentphilosophie Statt Mär vom 'Akademisierungswahn': Reform beruflicher & akademischer Bildung überfällig Zwiebelschalen-Modell der Reform: Das 'Systemhaus' ist zentral Digitale Revolution ist Reformtreiber 13 Bankrott-Erklärung der Aufklärung zur Berufswelt • • • • • • Nur jeder 3. würde sich noch einmal für die von ihm gewählte Ausbildung entscheiden* Ich übe meinen Wunschberuf aus!** 48% der jungen Erwerbstätigen wechselt nach Ausbildung den Job. Fast 10% in ein komplett anderes Feld, bei Handwerk sogar 20%**** 64 % aller jungen berufstätigen Menschen fühlten sich falsch oder unzureichend bzgl. ihrer späteren Berufswahl informiert* Mehr als 50% der Sekundarschüler fühlen sich unzureichend über Ausbildungswege informiert, 2/3 der Gymnasiasten über Studiengänge** 43% deutscher Arbeitgeber sind skeptisch bzgl. schulischer Berufsvorbereitung – 83% deutscher Bildungseinrichtungen hingegen positive Beurteilung (höchste Wahrnehmungsdiskrepanz in der EU)* Einzelhandel IT Handwerk Kaufmännisch Medien 49% Naturwissenschaften Technik Gesundheit Gastronomie Nur 49% üben ihren Wunschberuf aus*** Quellen: *McKinsey & Company: Education to employment: Getting Europe´s Youth into Work. http://www.mckinsey.com/insights/social_sector/converting_education_to_employment_in_europe. Datenbasis: 8000 Jugendliche, Bildungsanbieter und Arbeitgeber in acht europäischen Ländern **Institut für Demoskopie Allensbach, 2014: Schule, und dann? file:///Users/isabellehoyer/Downloads/VSD_PM_Studie_Berufsorientierung_14_11.pdf ***Ausbildung.de / Employour GmbH: Azubi-Report 2014. http://www.ausbildung.de/azubi-reportt. Datenbasis: 1006 Auszubildende in Deutschland **** Umfrage BIBB und Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Spiegel Online, 21.04.2015 14 Ein Desaster für all unsere Bemühungen: Frauenanteil an neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen in technischen Ausbildungsberufen Quelle: DGB, 2015: arbeitsmarkt aktuell. Frauen in nichtakademischen MINT-Berufen – Analyse ihrer Stellung am Arbeitsmarkt und ihrer Arbeitsbedingungen 15 Ich würde wieder das gleiche Fach studieren! Befragung von Hochschulabsolventen Magister & Diplom: Werte auf einer 5-stufigen Skala 1 = „auf jeden Fall“ bis 5 = „auf keinen Fall“, in Prozent 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Durchschnitt: 67% IW, MINT-Frühjahrsreport 2012, S.26 22222222 16 Zwiebelschalen-Modell der Reform: Potential statt Normierung Systemischer Ansatz: Berufsorientierungskompetenz der Schüler, der Eltern, der Lehrer Potentialbasiertes Matching Tiefenbohrung statt Schnuppern: Das erfahrungsorientierte Erleben von Berufsfeldern im Fächerkanon (z.B. Polytechnik) Der Abschied von Noten Die Nutzung persönlichkeitsorientierter, nicht nur wissensbasierter Diagnostik 17 Ziele, Auswahl, Matching & Toolbox 'neu denken' Wichtige Orchester der Welt... ... suchen anonym nach Spitzentalent Was tun wir gegen soziale Undurchlässigkeit (Diskriminierung, Abgrenzung bzw. Ausschluss)? Egal ob bei Menschen aus bildungsärmerem Milieu, Migranten, Nerds, Gescheiterten, Frauen in der Führung, Querdenkern, oder generell bei 'Fremdartigkeit'. 18 Zwiebelschalen-Modell der Reform Bildungs- & Arbeitskultur Systemhaus Bildung & Karriere Potentialbasiertes Matching mit Talentphilosophie der Vielfalt & Potentialentfaltung 19 Alternative Szenarien beruflicher Bildung – Hybride Formate überfällig • Traditionelle, geregelte Berufs- und Fortbildungsabschlüsse unter Druck: Trend zur Ent-Institutionalisierung von Bildung • Fokus auf Entwicklung von Individuen statt auf Abschlüsse • Identifizierung und Dokumentation von nicht-formalem bzw. informellem Lernen bedingt durch Ent-Örtlichung und EntZeitlichung des Lernens ("Competent Bodies") • Trend zu hybriden Bildungspfaden: Aufbrechen/Diffusion der Systeme beruflicher und akademischer Bildung an den Grenzen des (hoch-)schulischen Bildungssystems zu 'Dritten Orten' der Bildung Fokus auf Brücken, Übergänge und Türen zur Aufhebung des historischen Bildungsschismas zwischen beruflicher und akademischer sowie formeller und informeller Bildung IHKs: Dienstleister zur Beratung bei Bildungspfaden und InstrumenteStandards statt Agitator gegen 'Akademiker-Schwemme' Quelle: Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Gestaltung des Verhältnisses von beruflicher und akademischer Bildung, 15.04.2014 20 Systemhaus Talententwicklung Systemhaus Bildung • Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer / Allgemein-Bildung • Hybridisierung von Aus- und Weiterbildung • Modularisierung von Bildung • Dualisierung von Bildung • (Ab-)Brüche zu Brücken machen • "Bunte Bildung": Crossdisziplinäres Patchwork • Bildung als Biotop (unabhängig von Alter, Geschlecht, kulturellem Hintergrund...) Systemhaus Karriere Potentialorientiertes Matching statt FrühSelektion • Durchlässiges vertikales Karrieresystem für beruflich Qualifizierte • Offenes Fördersystem für akademisch wie beruflich Qualifizierte • (Horizontale) Expertenkarrieren in Service, Produktion u.a. • Karriere als Biotop (unabhängig von Alter, Geschlecht, Abschluss, kulturellem Hintergrund u.a.) • Bunte Karriere (gehobene Dienstleistung, gehobenes Handwerk / Manufaktur...) 21 Quelle: DGB, 2015: arbeitsmarkt aktuell. Frauen in nichtakademischen MINT-Berufen – Analyse ihrer Stellung am Arbeitsmarkt und ihrer Arbeitsbedingungen 22 Zwiebelschalen-Modell des Wandels Bildungs- & Arbeitskultur Systemhaus Bildung & Karriere Potentialbasiertes Matching mit Talentphilosophie der Vielfalt & Potentialentfaltung 23 Schwächen bei innnovationsförderlicher Arbeitskultur: Unvorbereitet für Freiheitspotentiale der Digitalisierung 24 Hartmann, E. & Wischmann, S., Autonomik für die Industrie 4.0, Münchner Kreis Expertenworkshop, 23. Juli 2014 Qualität der Führung ist weit unterdurchschnittlich: In Handwerk, Mittelstand wie in Konzernen Deutschlands Spitzenreiter Internet / Multimedia 3,87 Beratung / Consulting 3,80 Schlussgruppe Industrie 2,94 Handel / Konsum 2,93 Nahrungsmittel / Land- / Forstwirtschaft 2,90 Maschinen-/ Anlagenbau 2,88 Druck / Papier / Verpackung 2,88 Verkehr / Transport / Logistik 2,86 Handwerk 2,78 Textilbranche 2,69 Quelle: Online Magazin "XING Spielraum" 2014 / 11: Die Branchen mit den schlechtesten Mitarbeiterbewertungen in puncto Vorgesetztenverhalten (kununu-Auswertung Durchschnitt 3,21 auf Skala 1-5) 25 Unternehmen & Bildungseinrichtungen in Deutschland: Effizienz- und Sortiermaschinen statt kreativer Biotope? Kollaboration, Entdeckung und Potential Wettbewerb, Normierung und Trimmen 'Anders' statt nur 'mehr, höher, schneller, weiter' 26 Moderne Talent-Begrifflichkeit & Talentphilosophie Statt Mär vom 'Akademisierungswahn': Reform beruflicher & akademischer Bildung überfällig Zwiebelschalen-Modell der Reform: Das 'Systemhaus' ist zentral Digitale Revolution ist Reformtreiber 27 Wie Zwillinge: Vier Stufen der Industriellen Revolution & der Arbeitswelten Ende des 18. Jhdt. 1. Industrielle Revolution Erster mechanischer Webstuhl 1784 Beginn des 20. Jhdt. 2. Industrielle Revolution Beginn der 70er Jahre 3. Industrielle Revolution Erstes Fließband in den Schlachthöfen von Cincinnati1870 Erste Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS), Modicon 1969 heute 4. Industrielle Revolution Cyber-physische Systeme (Industrie 4.0) und Internet der Dinge (Smart Services) Arbeitswelt 4.0 Arbeitswelt 2.0 Arbeitswelt 1.0 Mechanisierung der Arbeit Fordismus / Fliessarbeit Arbeitswelt 3.0 Humanisierung Computerisierung & Demokratisierung vs. der Arbeit / Digitaler Taylorismus Toyotismus In Anlehnung an: Picot, Arnold, 2014: Arbeiten in der digitalen Welt – ein Überblick, Münchner Kreis Expertenworkshop, BMW, 23. Juli 2014 28 Diese Trends kennen wir alle... Soziale Trends Wertewandel Demografie Machtveränderung am Arbeitsmarkt Talentwanderung ('Brain Gain & Drain') Migrationsbewegungen Druck von Zivilgesellschaft & Politik Arbeitswelt 29 ... diese Trends tauchen in der Populär-Diskussion nicht auf! TechnologieTrends Soziale Trends Arbeitswelt & Führung Digitalisierung & Roboterisierung Disruptive BasisInnovationen statt Effizienz-Innovationen Smart Services als soziale Innovation (mittels digitaler Geschäftsmodelle) Global greifende Technologie-Kompetenz Chinas 30 Selbsteinschätzung 300 deutscher Industrieunternehmen (Nov. 2014): Herausforderungen der Digitalisierung noch nicht angenommen Fehlende Auseinandersetzung 45% Schwach bis mittel 45 Prozent haben Implikationen der Digitalisierung bisher nicht intensiv untersucht. Auseinandersetzung in Großunternehmen deutlich intensiver als in KMUs 43% 32% Kostenreduzierung Neue Geschäftsmodelle Geringe digitale Reife 67% Gering bis mittel Zwei Drittel mit geringer bis mittlerer digitaler Reife. Großunternehmen deutlich besser Primärfokus auf Effizienz Kosteneffekte meist im Fokus. Suche nach Erlöspotentialen aus neuen Geschäftsmodellen nur in Großunternehmen ähnlich relevant Quelle: Strauch, Georg (BDI): Die digitale Revolution und ihre Konsequenzen für den Standort Deutschland, 31.03.2015 Roland Berger, Die digitale Transformation der Industrie, Berlin 2015 31 Hat Handwerk Zukunft? Kommt drauf an! Roboter-Koch mit 2 Händen als Teil einer vollautomatisierten Küche Edelfleisch-Online-Shop „Click-and-Grill“ der Landmetzgerei Lindner mit länderübergreifendem Versand in Styroporbox mit Einweg-Kühlakku 32 Tsunami an Arbeitsmärkten? Wahrscheinlichkeit der Computerisierung verschiedener Berufe Niedrig (33%) Mittel (19%) Hoch (47%) Wahrscheinlichkeit Quelle: Frey / Osborne, 2013, zitiert in: A. Picot, Arbeiten in der digitalen Welt – ein Überblick, Münchner Kreis Expertenworkshop, 23. Juli 2014 33 Industrie 4.0 braucht Lernen 4.0 jenseits der Fachkompetenz Employability-Kompetenz Selbstlernkompetenz Selbst- statt fremdreguliertes Lernen • • • • • Metakognition und Selbstreflexion Selbstmotivation Lernstrategien Problemlöse- und Entscheidungskompetenz Lernen im Prozess der Arbeit Medienkompetenz Nutzung und Akzeptanz neuer Medien • Umgang mit mobilen Endgeräten • Suche und Bewertungen von Informationen Neue (digitale) Lernformen • E-Learning • Mobile und Micro Learning • Intelligente AssistenzSysteme Lern- und Kompetenzförderliche Arbeitsgestaltung • Handlungsspielraum Problemhaltigkeit • Vollständigkeit der Handlung • (Selbst-)Reflexivität Lernberatung und –begleitung In Anlehnung an: Prof. Dr. Angelika C. Bullinger-Hoffmann, TU Chemnitz, 7. MINT Tag 2014, Leipzig • Lernprozessberatung und –Begleitung • Coaching • Mentoring • Wachsende Bedeutung informellen Lernens für Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz 34 • Zertifizierung informeller Kompetenzen 34 Hausaufgaben der Bildungsarbeit • Digitale & personale Bildung entlang der gesamten Bildungskette • 'Digital Divide' vermeiden in den Belegschaften • Traditions-Unternehmen fit machen für die 'Digital Generation' in all ihren Eigenheiten • Unternehmer- und Gründer-Kultur treiben • Radikale Führungsreform, wenn unser Management nicht sozial- und technologie-kompetent im Umgang mit der Digital Revolution ist 35
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