Oberflächenaktivierung von Kunststoffen mittels Plasma zur Haftvermittlung Dr. Uwe Stöhr∗ 1 Einleitung fen und von Kunststoffen auf Metallen/Metalllegierungen. Die Haftung bei der Metallisierung von Kunststoffen wird nicht behandelt, da die dabei auftretenden Effekte andere sind und deren Beschreibung über den Rahmen eines Überblicks hinausgehen würden. Es wird diesbezüglich auf entsprechende Literatur verwiesen: [1, 2]. In vielen Bereichen ist eine Haftung zwischen zwei Materialien notwendig. Dabei soll diese auf der kompletten Grenzfläche auch ohne eine mechanische Verbindung gegeben sein. Dafür lassen sich die physikalischen Effekte der Adhäsion und Kohäsion nutzen. Bei einigen Materialien kann man zudem schweißen oder löten. Bei Kunststoffen sind hohe Temperaturen jedoch nicht immer möglich. Großflächige Plasmabehandlungen bieten hingegen die Möglichkeit chemisch kovalente Bindungen zwischen zwei Materialien bei Temperaturen kleiner als 50 °C zu erzeugen. Plasmabehandlungen erzeugen entweder reaktive Schichten auf der Oberfläche, chemisch funktionelle Gruppen oder Radikale in der Oberfläche. Damit lassen sich Metalle mit Kunststoffen sowie Kunststoffe mit Kunststoffen chemisch verbinden. 2 Haftung von Kunststoff auf Kunststoff Der Großteil der technischen Kunststoffe ist unter Normalbedingungen gegenüber den meisten Chemikalien inert. Das heißt, dass man die meisten Kunststoffe an- oder sogar auflösen kann, die Polymerketten aber keine chemischen Reaktionen eingehen. So lässt sich beispielsweise Polyethylen (PE) nur aufwändig kleben und ist gegen Säuren und Basen resistent. Im Vergleich dazu lässt sich Polyamid aufgrund der im Polymer vorhandenen chemischen reaktiven Gruppen relativ einfach kleben. Hat man in den Polymerketten reaktive, sogenannte funktionelle Gruppen, kann man mit ihnen eine chemisch feste Verbindung und damit optimale Haftung zum Kunst- Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Chemie und Praxis von Plasmabehandlungen für Haftung und Aktivierung. Der Fokus liegt dabei auf der Haftung von Kunststoffen auf Kunststof∗ Für Kontaktdaten siehe das Ende des Dokuments. 1 stoff herstellen. Durch Energie aus einem Plasma werden chemische Bindungen im Polymer von Kunststoffen aufgebrochen. Die offenen Bindungen können mit chemischen Substanzen (zum Beispiel Klebstoffe) reagieren oder es können an sie im Plasma chemisch funktionelle Gruppen angebunden werden. Abbildung 2: Mögliche Reaktionen der Oberfläche von PP durch UV-Strahlung während einer Plasma-Behandlung. Bild Die einfachste Möglichkeit einen Kunstaus [3]. stoff chemisch zu aktivieren, ist die Verwendung eines Argon-Plasmas. Dabei wird die im Plasma erzeugte elektromagnetidas Bauteil in eine Vakuumkammer gesche Strahlung eine genügend große Enerlegt und diese mit dem Edelgas Argon gegie, Bindungen im Polymer aufzubrechen. füllt. Durch das Anlegen einer elektrischen Durch Anregung der Atome und MoleküSpannung an eine Elektrode in der Kamle im Plasma entsteht Strahlung in eimer, wird ein Teil der Argonatome ioninem Bereich von Infrarot bis UV. Die UVsiert und damit ein Plasma gezündet. Die Strahlung ist dabei der Anteil, der enerArgonionen im Plasma sind bestrebt, wiegiereich genug ist, um die Bindungen zu der elektrisch neutral zu werden, sich also brechen. Die möglichen Reaktionen sind wieder ein Elektron zu holen. Die Reaktiviam Beispiel von Polypropylen (PP) in tät der Ionen ist so stark, dass Elektronen Abbildung 2 dargestellt. aus chemischen Bindungen im Polymer des Kunststoffs entfernt werden. Das Ergebnis Plasmabehandlungen mit Argon haben den sind offene Bindungen (ungepaarte binden- Vorteil, dass die Oberflächenchemie des de Elektronen) in der Kunststoffoberfläche, Bauteils nicht verändert wird. Der Nachteil ist, dass die offenen Bindungen relativ siehe Abbildung 1. schnell wieder rekombinieren. Um auch eiZusätzlich zu den Ionen im Plasma, hat nige Stunden nach der Aktivierung noch genügend offene Bindungen in der OberAr H fläche zu haben, muss daher relativ lange Ar (mehrere Minuten) aktiviert werden. AuH H H H H H H C C C C C C C C ßerdem kommt es bei unvernetzten PolyPolymer Polymer meren durch die Rekombination von BinAbbildung 1: Effekt von Argon-Ionen auf dungen zwischen einzelnen Polymerketten PE. Es werden nicht nur C-H-Bindungen zu Quervernetzungen. Dieser Effekt kann sondern auch C-C-Bindungen angegrif- gezielt eingesetzt werden um beispielsweifen. (Das Wasserstoffion kann im Plas- se die Shore-Härte von Elastomeren an der ma mit einem Elektron reagieren oder Oberfläche zu erhöhen. sich anderweitig an eine Oberfläche an- Dadurch bleibt das Bauteil insgesamt so lagern.) elastisch wie vor der Plasma-Behandlung, 2.1 Aktivierung mit Edelgas * * 2 O O O2 + CH2 C CH2 CH2 CH2 CH3 CH3 OH O H O CH2 CH2 CH3 C O CH2 CH2 CH3 CH2 CH3 C CH2 CH3 Abbildung 3: Erzeugung von Hydroxygruppen auf PP in einem Sauerstoff-Plasma. Bild gemäß [4]. die Oberfläche hat jedoch eine geringere Oberflächenenergie, so dass die Bauteile weniger zusammenkleben und weniger Partikel aus der Umgebung an ihnen hängen bleiben. Bei einigen Kunststofftypen, die besonders stark auf UV-Strahlung reagieren, wie z. B. Polymethylmethacrylat (PMMA), kann es durch die Plasmabehandlung zu langfristigen, ungewollten Veränderungen im Material kommen. Je nach möglicher Eindringtiefe der Strahlung kann es zu Rissbildungen oder Verfärbungen kommen. Da die Veränderungen von der Strahlendosis abhängt, sollten diese Materialien möglichst kurz aktiviert und anschließend auf Veränderungen im Material überprüft werden. halb von Sekunden) Hydroxygruppen (OHGruppen) in die Oberfläche einbringen lassen. Abbildung 3 zeigt die dabei ablaufenden Reaktionen. Bei zu langer Plasmabehandlung mit Sauerstoff wird hingegen der Kunststoff oxidiert. Die Oberfläche wird dann also nicht nur aktiviert, sondern auch geätzt. Die Hydroxygruppen in der Oberfläche sind in der Lage mit anderen chemischen Gruppen in der Oberfläche des zweiten Materials zu einer kovalenten Bindung zwischen beiden Materialien zu reagieren. OHGruppen sind z. B. in der Lage mit NH2 Gruppen (Aminogruppen) unter Abspaltung von Wasser in einer sogenannten Kondensationsreaktion zu reagieren. Man kann nun annehmen, dass man also nur beide Materialien im Plasma aktivieren muss und sie dann zusammen eine Bindung eingehen. Ausgehend von Abbildung 3 zeigt Abbildung 4 die theoretisch ablaufende Reaktion: Es würde eine O-O Bindung (Peroxid) gebildet. Diese Bindung ist jedoch nicht stabil und es kommt zu keiner dauerhaften chemischen Verbindung zwischen den Materialien. Man benötigt daher eine Art „Abstandhalter” 2.2 Aktivierung mit Reaktivgas Wird ein Plasma verwendet, das Moleküle enthält, ist es möglich wie beim Edelgas-Plasma offene chemische Bindungen zu erzeugen, diese aber zusätzlich mit chemisch funktionellen Gruppen zu belegen. Eines der am häufigsten zur Kunststoffaktivierung eingesetzten Gase ist Sauerstoff, da sich damit schnell (inner- 3 C Polymer C H C C H H C H H C H O O C H H C C Polymer C C C H H H O H H C C C C O + gas verzichtet werden. Dieses Abscheideverfahren ist als „Plasmaunterstützte chemische Gasphasenabscheidung” (PECVD) bekannt. Das Haftvermittler-Molekül kann sich an eine im Plasma erzeugte, offene Bindung chemisch anbinden. Bei den Beispielen in Abbildung 5 wird beim Anbinden gasförmiges Methan erzeugt, das abgepumpt werden kann. Es stehen nach der Plasmabehandlung auf der Oberfläche die funktionellen Gruppen des Haftvermittlers für chemische Reaktionen zur Verfügung. Wird nun Kunststoff aufgespritzt, kann es durch die Temperatur beim Spritzen zur Reaktion mit den funktionellen Gruppen kommen und es entsteht eine chemische Bindung zwischen beiden Polymeren. Der Vorteil bei den in Abbildung 5 gezeigten Reaktionen der funktionellen Gruppen ist, dass dabei keine weiteren Reaktionsprodukte wie Wasser entstehen. H Polymer Polymer Abbildung 4: Theoretische Reaktion von zwei aktivierten PE-Oberflächen. zwischen den Polymeren beider Materialien. Dies sind Moleküle, die zwischen beide Polymere eingebaut und deswegen als Haftvermittler bezeichnet werden. Eine typische Anwendung ist z. B. das Aufspritzen von Elastomeren auf andere Kunststoffteile. Nachdem die Oberfläche aktiviert wurde, gibt es 3 Möglichkeiten, um eine Haftung zu erreichen: • Man bringt direkt im Plasma einen Haftvermittler auf und spritzt dann das Elastomer darauf. Ein Beispiel für den zweiten Fall ist in • Man bringt außerhalb des Plasmas Abbildung 6 gezeigt. Dabei wurde der einen Haftvermittler auf und spritzt Kunststoff im Plasma mit Hydroxygrupdann das Elastomer darauf. pen versehen und dann außerhalb des Plas• Man spritzt das Elastomer direkt auf. mas ein Haftvermittler nasschemisch aufgeDies setzt voraus, dass dem Spritzguss- bracht. Dieser enthält an beiden „Enden” material bereits ein Haftvermittler bei- jeweils Amino- und Hydroxygruppen, die gemischt ist, der während der Polyme- mit den chemischen Gruppen des aktivierten Materials reagieren können. Im Beispiel risation reagiert. enthält der aufgespritzte Kunststoff AmiZwei Beispiele für den ersten Fall sind in nogruppen, die mit der Hydroxygruppe des Abbildung 5 gezeigt. In diesem Fall wird Haftvermittlers reagieren können. als Haftvermittler ein Molekül verwendet, das als funktionelle Gruppe eine Doppel- Anhand der Beispiele sieht man, dass für eibindung bzw. eine Aminogruppe enthält. ne Haftung mittels chemischer Bindung die Zum Aufbringen der Moleküle wird kein Oberflächenchemie beider Materialien beSauerstoff benötigt, sondern es wird ein kannt sein muss. Da jeder Kunststoff aus Plasma in einer Gasmischung aus einem einem Polymer und Zusätzen wie TrennTrägergas (meist Stickstoff oder Argon) mitteln, Antistatika, Farbstoffen usw. beund dem Beschichtungsgas (das aus den steht, die Haftung aber nur per chemischer Haftvermittlermolekülen besteht) gezün- Bindung zum Polymer gewährleistet ist, ist det. Bei einigen Beschichtungsgasen kann der chemische Aufbau des Polymers für die auch auf die Mischung mit einem Träger- Auswahl des Haftvermittlers und der Che- 4 CH2 Elastomer Elastomer CH2 CH2 CH CH2 CH2 CH3 O Si O CH3 O CH3 H C H H H C C C CH Plasma CH4 CH3 O Si O CH3 O H H H C C C C Polymer CH2 Aufspritzen Temperatur CH3 O Si O CH3 O H H H C C C C Polymer Polymer (a) Haftvermittlung für ein Elastomer. Kunstharz NH2 Kunstharz O OH CH3 O Si O CH3 O CH3 H H H H C C C C NH2 NH Plasma CH4 CH3 O Si O CH3 O H H H C C C C Polymer Aufspritzen Temperatur CH O Si O CH 3 3 O H C H C C Polymer H C Polymer (b) Haftvermittlung für ein Kunstharz. Abbildung 5: Beispiel für im Plasma aufgebrachte Haftvermittler. Kunststoff OH H2N H2N F F F F F F Nasschemie NH2 H OH H O H H C C C C Polymer OH H C NH H2N F F F F NH2 OH F Kunststoff F F F H 2O F Aufspritzen Temperatur NH H C C Polymer H C F OH H C F H 2O F NH C H C H C Polymer Abbildung 6: Beispiel für einen Haftvermittler, der nicht im Plasma auf eine plasmaaktivierte Oberfläche aufgetragen wird. 5 Tabelle 1: Chemische Reaktionen von häufig eingesetzten funktionellen Gruppen. Reaktion Hydroxy + Amino Hydroxy + Epoxy Hydroxy + Carboxy Hydroxy + Vinyl Ergebnis R1 NH2 + OH R2 R1 OH R1 OH R1 OH + + HC O HO O R1 NH R2 + H 2O OH CH R2 R1 O CH2 CH R2 O C R2 + CH2 CH R2 R1 O C R2 + H 2O R1 O CH2 CH2 R2 O Hydroxy + Isocyanat Amino + Epoxy Amino + Carboxy Amino + Vinyl R1 OH +O R1 NH2 + R1 NH2 + R1 NH2 HC O HO O C N R2 R1 O C NH R2 OH CH R2 R1 NH CH2 CH R2 O C R2 + CH2 CH R2 R1 NH C R2 + H 2O R1 NH CH2 CH2 R2 O Amino + Isocyanat Vinyl + Thiol R1 NH2 + O C N R2 R1 SH + CH2 CH R2 6 R1 NH C NH R2 R1 S CH2 CH2 R2 mie der Plasmabehandlung entscheidend. auch für gering oder nicht vernetzte Polymere ausnutzen, indem man auf die Kunststoffoberfläche ein stark vernetztes Plasmapolymer aufbringt. Dabei wird das Polymer in einem ersten Schritt im Plasma aktiviert und dann ein Plasma in einem Gas aus sogenannten Precursormolekülen gezündet. Abbildung 9 zeigt das Prinzip der Plasmapolymerisation. Die Precursormoleküle werden im Plasma fragmentiert und ionisiert. Kommen die Fragmente und Ionen mit der aktivierten Oberfläche in Berührung, werden sie chemisch an die Oberfläche gebunden. Aus den Molekülfragmenten entsteht dadurch eine Schicht Plasmapolymer. Die so aufgebrachten Plasmapolymere sind stark vernetzt und es gibt darin keine sich definiert wiederholenden atomaren Einheiten. Dadurch haben z. B. Plasmapolymere auf Silikonbasis andere Eigenschaften als kettige Silikonpolymere. Aktiviert man nun die aufgebrachte Plasmapolymerschicht, hat man quasi eine dünne Schicht Duroplast aktiviert und die Aktivierung ist lange nutzbar. Tabelle 1 listet die chemischen Reaktionen von oft zur Haftvermittlung eingesetzten chemischen Gruppen auf. Aufgrund der Kunststoffzusätze muss jedoch immer im Einzelfall getestet werden, welche Funktionalisierung und welcher Haftvermittler in der Praxis einsetzbar ist. 2.3 Einfluss der Polymerketten auf die Aktivierung Für die Plasmabehandlung von Kunststoffen ist in der Praxis ein wichtiger Punkt zu beachten: Kettige Polymere sind beweglich. Die Ketten können rotieren, so dass funktionelle Gruppen, die im Plasmaprozess an das Polymer angehängt wurden, nach einiger Zeit nicht mehr aus der Oberfläche ragen. Dadurch sind sie für Reaktionen auf der Oberfläche nicht mehr verfügbar. Eine direkte Aktivierung von Polymeren ist somit zeitlich nicht stabil. Z. B. ist bei gängigen Polyethylen-Typen eine Aktivierung mit Sauerstoff meist nur einige Stunden bis Plasmapolymerschichten sind jedoch nicht 2 Tage nutzbar. Abbildung 7 illustriert den in jedem Fall für eine lange nutzbare AkEffekt der Rotation von aktivierten Polytivierung notwendig. Wird z. B. im Plasma merketten. oder direkt nach der Plasmaaktivierung ein H Haftvermittler aufgebracht, der aus großen H H H H H H H O H H C C C C C Molekülen besteht, können diese sich aufC C C C C Zeit H H O H H H H H H H grund ihrer Größe nicht komplett in das H Abbildung 7: Prinzip der Rotation von aktivierten Polymerketten. NH2 NH2 Zeit CH3 O Si O CH3 CH3 O Si O CH3 O O H H H H H H Bei vernetzten Polymeren ist die innere C C C C C C C C Beweglichkeit des Polymers stark eingePolymer Polymer schränkt, da die Kettenabschnitte sehr kurz sind. Bei stark vernetzten Polymeren, den Abbildung 8: Beispiel für ein auf die Kunststoffoberfläche aufgebrachtes MoDuroplasten, ist die Vernetzung so stark, lekül, dass sich wegen seiner Größe nicht dass eine Aktivierung bis hin zu Wochen komplett in das Polymer drehen kann. nutzbar ist. Diesen Umstand kann man 7 CH3 CH3 CH3 H Si O Si H CH3 CH3 CH3 H CH3 H Si O Si H CH3 H O Si CH3 H H H H C C C C CH2 H Si CH3 CH2 Plasma H C Polymer H2 CH2 Si CH3 Si O H CH3 CH3 H H C C Plasma H C Polymer CH4 CH2 CH CH2 Si Si O CH2 CH2 Si CH2 O H H C C C C Polymer Abbildung 9: Prinzip der Plasmapolymerisation. Polymer hineindrehen, siehe Abbildung 8. der relativ teuren Prozessgase benötigt. Im Atmosphärendruckbereich sind Gasflüsse von Litern/Minute notwendig während man im Niederdruckbereich (0,1 – 10 Pa) je nach Größe der Vakuumkammer nur Flüsse im Bereich cm3/Minute benötigt. Müssen 3D-geformte Oberflächen aktiviert werden, kommt man zudem mit der DBD an geometrische Grenzen, da für eine definierte Spaltbreite eine gleich geformte Elektrode benötigt wird. Dies macht die parallele Aktivierung mehrerer Teile schwierig. In einer Vakuumkammer können hingegen auch verschiedene, komplex geformte Teile parallel aktiviert werden, da das komplette Volumen der Kammer mit Plasma gefüllt ist. Dadurch und durch die geringen Gasflüsse ist eine Aktivierung bei Niederdruck trotz der erforderlichen Vakuumausrüstung bei nicht-planaren Oberflächen meist kostengünstiger. 2.4 Einfluss des Prozessdrucks auf die Aktivierung Die Aktivierung von Kunststoffoberflächen und auch das Aufbringen von Haftvermittlern durch Plasmaprozesse kann bei Atmosphärendruck oder im Niederdruck/Vakuum erfolgen. Die Plasmabehandlung bei Atmosphärendruck erfordert weniger Anlagenequipment als bei Niederdruck. Bei der Aktivierung bei Atmosphärendruck kommt meist das Verfahren der Dielektrischen Barrierenentladung (DBD) zum Einsatz. Dabei fungiert das zu aktivierende Teil als Dielektrikum in einem Kondensatoraufbau, bei dem eine Elektrode mit Wechselspannung beaufschlagt wird, während die andere Elektrode auf Erdpotential ist. Für eine homogene Aktivierung ist ein konstante Spaltbreite zwischen Elektrode und Teil erforderlich. Dies ist bei der Aktivierung von ebenen Flächen wie z. B. bei Folien oder Außenwänden von Joghurtbechern der Fall. Bei der DBD können auch spezielle Gase Haftvermittler eingesetzt werden. Es können viele, jedoch nicht alle Kunststofftypen im Niederdruck aktiviert werden. Kurzkettige Kohlenwasserstoffe wie z. B. Wachse sind bei Atmosphärendruck fest und werden im Niederdruck flüssig. Dadurch migrieren diese Substanzen in der Vakuumkammer an die Oberfläche des Kunststoffs. Es wird dann effektiv einen Flüssigkeitsfilm auf dem Polymer aktiviert Ein Nachteil von Atmosphärendruck zum und nicht das Polymer. Die Haftung zum Niederdruck ist, dass man große Mengen Polymer ist dadurch nicht gewährleistet. 8 NH2 CH3 CH3 CH3 O Si O CH3 O CH3 H Si O Si H CH3 CH3 CH3 CH3 H Si O Si H CH3 O H O Fe CH3 O Stahl O Fe Plasma CH2 Si CH2 CH O CH Si Si 2 O O Fe Fe O O Stahl NH2 CH2 O Si O CH3 CH2 Si CH2 O CH O Plasma O Si O Fe CH2 Si O O Fe Stahl Abbildung 10: Prinzip der Haftvermittlung von Kunststoff auf Metallen und Metalllegierungen. In diesem Sinne problematische Kunststof- 4 Zusammenfassung fe sind die PE-Typen LLD-PE, LD-PE und Copolymere aus PE und PP. Bei diesen Die Plasmabehandlung von Kunststoffen Kunststoffen muss daher zunächst getestet ermöglicht eine chemisch feste Verbinwerden, ob sie vakuumtauglich sind. dung zwischen Kunststoff und der Beschichtung. Im Plasma werden Bindungen in der Kunststoffoberfläche aufgebrochen. Diese offenen Bindungen stehen danach für 3 Haftung von Kunststoff chemische Reaktionen zur Verfügung; der Kunststoff ist somit aktiviert worden. Man auf Metall und kann aktivierte Kunststoffe durch verschiedenste Verfahren verkleben, bedrucken und Metalllegierungen beschichten. Während der Plasmabehandlung können auf die aktivierten Oberflächen direkt Beschichtungen oder Haftvermittler aufgebracht werden. Alle Metalle (mit wenigen Ausnahmen wie Gold) und Metalllegierungen besitzen auf der Oberfläche eine native Oxidschicht, die auch Hydroxygruppen enthält. Diese Schicht kann zur Haftvermittlung genutzt werden, indem man ein Plasmapolymer auf die Oxidschicht aufbringt. Je nach Material des Substrats ist es hilfreich, die Oberfläche in einem Sauerstoffplasma vorher gezielt weiter zu oxidieren. Das Plasmapolymer ist dann kovalent an das Substrat gebunden und man kann nun die Techniken zur Haftung von Kunststoff auf Kunststoff einsetzen, die oben beschrieben wurden. Abbildung 10 illustriert das Vorgehen. Für eine erfolgreiche Plasmabehandlung ist es wichtig, die Oberflächenchemie des Substrats und der gewünschten Beschichtung genau zu kennen um eine auf die Chemie zugeschnittene Behandlung durchzuführen. Durch Plasmapolymerisation kann eine Haftung für Metallsubstrate erreicht werden. Bei der Plasmaaktivierung bei Atmosphärendruck kann auf Vakuumausrüstung ver- 9 zichtet werden, der Geometrie der zu aktivierenden Teile werden aber Grenzen gesetzt. Die Aktivierung im Niederdruck erlaubt hingegen auch Teile mit komplexer Geometrie und reduziert den Verbrauch und die Kosten für die Aktivierungs/Beschichtungsgase. Die längere Behandlungszeit durch das Erzeugen des Vakuums wird in der Praxis durch die mögliche gleichzeitige Behandlung mehrerer Teile meist mehr als egalisiert. Kontakt PLASMA ELECTRONIC GmbH Otto-Lilienthal-Str. 2 D - 79395 Neuenburg Tel: +49 (0)7631 7017 - 0 Fax: +49 (0)7631 7017 – 20 [email protected] Literatur [1] Jörn Großmann. Einfluß von Plasmabehandlungen auf die Haftfestigkeit vakuumtechnisch hergestellter Polymer-Metall-Verbunde. Dissertation, University Erlangen-Nürnberg, 2009, http://opus4.kobv.de/opus4fau/files/940/JoernGrossmann_Dissertation.pdf. [2] Richard Suchentrunk. KunststoffMetallisierung. Eugen G. Leuze Verlag, Bad Saulgau, 3. Auflage, 2006. [3] Uwe Stöhr. Development and applications of stamps for area-selective plasma treatment and plasma-enhanced coating. Dissertation, University of Freiburg, 2010, www.freidok.unifreiburg.de/volltexte/7469/. [4] R. Dorai and M. J. Kushner. A model for plasma modification of polypropylene using atmospheric pressure discharges. J. Phys. D: Appl. Phys, 36(6): 666 – 685, 2003, http://dx.doi.org/10.1088/00223727/36/6/309. 10
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