Schutzgebühr Euro 4,80 | Februar 2015 | 2. Jahrgang
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Leben mit Rheuma
Rheuma:
Risiko für Herz und Gefäße
Fettstoffwechsel
Rheumamedikamente
und Blutfette
In Bewegung bleiben
Der positive Einfluss von
Bewegung ist unersetzlich
PFIZER
editorial
inhalt
Liebe Leserin,
lieber Leser,
bestimmte rheumatische Erkrankungen gehen mit
einem erhöhten Risiko für Herz und Gefäße einher.
Obwohl dies im Allgemeinen bekannt ist, kommt eine
systematische Risikoabfrage in vielen Fällen noch
immer zu kurz. In der aktuellen Ausgabe der Rheumavision möchten wir daher auf den Zusammenhang
zwischen Rheuma und kardiovaskulären Problemen
eingehen. So etwa, auf die noch wenig bekannte
vorzeitige und akzelerierte Atherosklerose der großen
Gefäße, die Prof. Meinertz ab Seite 9 beschreibt.
Lebensrettend kann die rechtzeitige Diagnosik möglicher Schlaganfall-Risiken sein. Durch moderne Gefäßdiagnostik lassen sich gefährliche Ablagerungen
rechtzeitig erkennen und behandeln. Das berichtet
Prof. Arning ab Seite 14.
Nicht zuletzt geht es, u.a. in einem Interview mit
Prof. Ulrich Beil um Fettstoffwechselstörungen und
das Erreichen günstiger Cholesterinwerte. Dabei
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spielt auch die Bewegung eine nicht unbedeutende
Rolle. Ein ausgewogenes und regelmäßiges Maß an
körperlicher Aktivität kann den Krankheitsverlauf
nachweislich positiv beeinflussen und hat überdies
einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden.
Praxis Portrait
Ihre Rheumatologische Praxis stellt sich vor
News
Titelthema: Herz und Gefäße
Kardiovaskuläre Komplikationen bei Rheuma
Schlaganfall
Rheumapatienten haben ein höheres Risiko
Fettstoffwechsel
Die Rolle der Blutfettwerte
Interview
Mit Prof. Dr. Ulrich Beil
In Bewegung bleiben
Die Bedeutung körperlicher Bewegung
Gut zu wissen
Tipps, Veranstaltungen, Infos,
Wissenwertes rund um Ihre Therapie
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Vorschau
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Apotheken Portrait
Mehr dazu lesen Sie auf Seite 23.
Wir hoffen, Ihnen wieder eine informative und
spannende Lektüre zusammengestellt zu haben und
freuen uns auch weiterhin auf Ihre Anregungen,
Beiträge und Kritik.
Ihr
Dr. K. Ahmadi-Simab | Redaktion RHEUMAVISION
IMPRESSUM
Verlag: Florian Schmitz Kommunikation GmbH
Herausgeber: Florian Schmitz (V.i.S.d.P.)
Redaktion: Dr. Keihan Ahmadi-Simab,
Prof. Angelika Costard-Jäckle, Prof. Thomas Meinertz,
Prof. Christian Arning, Prof. Ulrich Beil, Tanja Fuchs
Gestaltung: Peter Schumacher
Redaktionsanschrift:
Florian Schmitz Kommunikation | Tanja Fuchs
Wichmannstrasse 4 / Haus 12, 22607 Hamburg
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Diagnostik
klinikportrait
Ihre Gesundheit ist unser Ziel:
Klinikum Stephansplatz Hamburg - Zentrum für
Innere Medizin und Autoimmunkrankheiten
Interdisziplinär, modern, innovativ: Gesundheit und Wohlbefinden
verbunden mit höchster medizinischer Kompetenz, modernster
Medizintechnik und einer innovativen Organisationsform – das erwartet
den Patienten im Klinikum Stephansplatz.
Medizinische Vielfalt
Das Zentrum für Innere Medizin verfügt über ein Ambulatorium, eine Tagesklinik und eine stationäre Einheit.
Erfahrene und renommierte Ärzte aus über 15 verschiedenen Fachgebieten arbeiten hier interdisziplinär zusammen. Dieses breite fachärztliche Spektrum in Kombination mit umfangreichen diagnostischen Möglichkeiten,
garantiert eine kompetente Betreuung und ermöglicht
die unmittelbare Einleitung einer individualisierten
Therapie.
Der Patient im Mittelpunkt
Die medizinische Versorgung, das seelische Wohlergehen
und die individuellen Bedürfnisse der Patienten stehen im
Zentrum unserer Bemühungen. Ärzte und Mitarbeiter, die
sich Zeit nehmen, sind ebenso selbstverständlich, wie eine
gut organisierte Terminvergabe und kurze Wartezeiten.
Rheumatologie, Klinische Immunologie
Erfahrene Rheumatologen sind in der Lage, durch eine
spezifische Anamnese und genaue zielorientierte körperliche Untersuchungen, eine erste Diagnose zu erstellen,
die dann durch weitere bildgebende Verfahren und Laboruntersuchungen bestätigt oder ausgeschlossen werden
kann. Dies ermöglicht eine rasche Orientierung und entsprechende Beratung.
Diagnostik
• Gelenk-, Sehnen- und Weichteilultraschall
• Ultraschallgesteuerte Gelenkpunktion
• Blut-/Urinuntersuchung
inkl. Bestimmung genetischer Marker
• Kapillarmikroskopie
• Röntgen-Untersuchungen
• Computertomographie (CT)
• Magnetresonanztomographie (MRT)
• Organscreening bei Autoimmunkrankheiten
• Knochendichtemessung (DXA)
• Endoskopie (Magen-, Darm-, Lungenspigelung)
• Diagnostische Organpunktion bei Autoimmukrankheiten
• Rheumascan
Fotos: Klinikum Stephansplatz Hamburg
links: Das interdisziplinäre Ärzte-Team.
rechts: Im eindrucksvollen Gebäude der
alten Oberpostdirektion findet sich eine
Vielfalt von akademisch ausgerichteten
Zentren für Gesundheit, Life Sciences,
Medizin und naturwissenschaftliche
Forschung.
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klinikportrait
Therapeutischen Leistungen
• Aufstellen und Anpassen eines Therapieplans
• Infiltrationstherapie
• Ultraschallgesteuerte Gelenkpunktion zur
Medikamentenapplikation
• Infusionstherapie
• Spezifische Schmerztherapie
• Physiotherapie in Kooperation
• Biologika-Therapie
Kassenärztliche Rheumatologie
Für die Versorgung gesetzlich versicherter Patienten wurde im November 2014 das Rheumazentrum HamburgMitte in den Räumlichkeiten des Klinikums Stephansplatz
gegründet. Die Leitung übernimmt Dr. Margarete Kern.
KLINIKUM STEPHANSPLATZ HAMBURG
Stephansplatz 3 I 20354 Hamburg | Fax: 040 320 88 31-30
E-Mail: sekretariat@ks-hamburg-de
www.klinikum-stephansplatz.de
TERMIN
VERGA
BE:
040 32
0 88 31
-0
ie
Ärzte, Fachgebiete und Spezialsprechstunden
Dr. med. K. Ahmadi-Simab | Ärztlicher Direktor | Facharzt für
Innere Medizin, Rheumatologie, Klinische Immunologie,
Gastroenterologie
Dr. med. Nikolay Tzaribachev
Facharzt für Kinderrheumatologie, Kinder- und Jugendmedizin
Dr. med. Angela von Elling | Oberärztin | Fachärztin für
Innere Medizin, Rheumatologie und Nephrologie
Dr. med. Christoph Weinhardt
Facharzt für Rheumaorthopädie, Orthopädie, Unfallchirurgie und Chirotherapie
Dr. med. Margarete Kern | Oberärztin | Fachärztin für
Innere Medizin, Rheumatologie, Klinische Immunologie
Prof. Dr. F. Ulrich Beil | Facharzt für
Innere Medizin und Endokrinologie
Prof. Dr. med. Angelika Costard-Jäckle | Fachärztin für
Innere Medizin, Kardiologie
Prof. Dr. Fritz Jänicke | Facharzt für Gynäkologie
Prof. Dr. med. Helgo Magnussen | Facharzt für
Innere Medizin, Pneumologie , Allergologie, Schlafmedizin
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz | Facharzt für
Innere Medizin, Kardiologie, Pharmakologie
Dr. med. Ursula Strate | Fachärztin für
Chirurgie und Viszeralchirurgie, Schwerpunkt.Endoskopie
Prof. Dr. med. Volker Wening | Facharzt für
Orthopädie, spezielle Unfallchirurgie, Sporttraumatologie und Chirurgie
Prof. Dr. med. Josef Aldenhoff | Facharzt für
Psychiatrie und Psychotherapie
Prof. Dr. med. Christian Arning
Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
Dr. med. Dr. rer. nat. Lothar Hagenberg
Facharzt für Innere Medizin und Hämato-Onkologie
Dr. med. Vinzenz Graf von Kageneck
Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie
Priv.-Doz. Dr. Wolf-Hartmut Meyer-Moldenhauer
Facharzt für Urologie
Dr. med. Eckhard Stein
Facharzt für Innere Medizin
Weitere Fachgebiete und Spezialsprechstunden:
•
•
•
•
•
•
•
Interdisziplinäres Zentrum für Autoimmunkrankheiten
Interdisziplinäre Sprechstunde für Lungenhochdruck
Interdisziplinäre Sprechstunde für Osteoporose
Präventivmedizin, Vorsorge und Check-up
Radiologie
Labormedizin
Kooperation mit Dermatologen, Augen- und HNO-Ärzten
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news
Arzneimittel:
Zuzahlungsbefreiung
für 2015
Verkaufsstopp:
Rheuma-Medikamente
nicht betroffen
Kursangebot
Übersteigt die finanzielle Belastung zwei Prozent des jährlichen
Bruttoeinkommens (bei chronisch
Kranken ein Prozent), können gesetzlich Krankenversicherte bei ihrer
Krankenkasse eine Befreiung von der
Zuzahlung zu bestimmten Gesundheitsleistungen wie beispielsweise
die Arzneimittelgabe beantragen. Der
Antrag auf Befreiung muss jedoch
jedes Jahr neu gestellt werden, teilte
die ABDA (Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) mit. Wer
sich unsicher ist, ob eine Befreiung
von der Zuzahlung in Frage kommt,
der findet auf www.aponet.de einen
Zuzahlungsrechner mit dem sich
ermitteln lässt, ob die entsprechende
Belastungsgrenze schon überschritten wurde. Chronisch Kranke können
zudem eine Prognose für das kommende Jahr erstellen lassen und erfahren so, ob die Grenze im Laufe des
Jahres überschritten wird.
Anfang des Jahres machte ein Verkaufsstopp für 80 Medikamente von
verschiedenen Herstellern Schlagzeilen. Betroffen sind nationale Zulassungen von Generika, für die GVK
Biosciences zwischen 2008 und 2014
Bioäquivalenzstudien durchgeführt
hat. Hinweise auf Gesundheitsgefahren für Patienten gibt es momentan nicht.
www.rheuma-liga-hamburg.de
(Quelle: rheuma-online, abda.de)
Die Deutsche Rheuma-Liga hat
die bisher veröffentlichte Liste
der Präparate geprüft. Sie enthält
keine Rheumamedikamente oder
bei Rheumabetroffenen gängige
Schmerzmittel. Allerdings sind verschiedene Mittel gegen Bluthochdruck und Protonenpumpenhemmer aufgelistet. Ärzte verordnen
diese Präparate auch Rheumatikern.
Nach Aussage des BfArMs liegt jedoch kein Hinweis auf Gefährdung
der Patientensicherheit vor. Betroffene Patienten müssen die Präparate daher nicht zurückbringen.
„Wer ein solches Präparat gerade
einnimmt, sollte es nicht eigenmächtig absetzen“, betont Prof. Dr.
Erika Gromnica-Ihle, internistische
Rheumatologin und Präsidentin der
Deutschen Rheuma-Liga. „Sprechen
Sie möglichst bald mit Ihrem Arzt
oder Apotheker über die Verordnung
eines nicht vom Verkaufsstopp betroffenen Präparates. Es gibt meist
mehrere Alternativen“, betont die
Ärztin. Die Informationen des BfArM
sowie die aktuelle Liste der betroffenen Arzneimittel können Sie unter
dem folgenden Link abrufen:
Fotos: iStockphoto
www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/
DE/RV_STP/stp-gvk-bioscience.html
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Neue Trockengymnastik-Kurse:
Wir planen neue TrockengymnastkKurse in folgenden Stadtteilen:
• Neuwiedenthal, Rehrstieg 44
• Behinderten Sporthalle, Alsterdorf
• Rissen, Asklepios Westklinikum
Interessenten werden gebeten,
sich in der Geschäftsstelle bei Frau
Farrell zu melden:
Tel.: 040/669 07 65 16
E-Mail: [email protected]
Oder mit dem Kontaktformular
unserer Homepage.
news
Lysetherapie bei Schlaganfall:
Auch ältere Patienten profitieren
I
n Deutschland erleiden jedes
Jahr etwa 260 000 Menschen
einen Schlaganfall. Da dieser
für den Betroffenen in der Regel schmerzlos ist, kommen immer
noch viele Patienten zu spät auf
eine Schlaganfall-Spezialstation, die
sogenannte Stroke Unit. Aber: Die
Behandlung muss schnellstmöglich
beginnen, um bleibende neurologische Ausfälle oder gar den Tod zu
verhindern.
Je früher die sogenannte Lysetherapie einsetzt, desto besser sind
die Behandlungsergebnisse für die
Patienten. Dies geht aus einer MetaAnalyse aller größeren Therapiestudien hervor, die jetzt in der Fachzeitschrift The Lancet erschienen ist.
Die Untersuchung bestätigte, dass
die Lysebehandlung im Zeitfenster
von 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall und auch bei älteren Menschen
effektiv ist. Derzeit sind viele Ärzte
bei älteren Patienten noch zurückhaltend mit der Lysetherapie. „Die
Angst vor Komplikationen ist weit
verbreitet“, sagt Prof. Dr. med. Joachim Röther, Pressesprecher der DSG
und Chefarzt der Neurologischen
Klinik an der Asklepios Klinik Altona. Da 1.729 Teilnehmer der Studien
älter als 80 Jahre waren, liefert die
aktuelle Meta-Analyse hier erstmals
zuverlässige Ergebnisse. „Die Erfolgsrate der Lysetherapie war bei Hoch-
betagten keineswegs schlechter, die
Ergebnisse waren tendenziell sogar
besser“, berichtet Professor Röther.
Auch hinsichtlich des Blutungsrisikos sieht der Experte bei älteren
Patienten keine Probleme.
Vier von fünf Schlaganfällen werden durch ein Blutgerinnsel in
einer Hirnarterie ausgelöst, das bei
einem Teil der Patienten durch eine
Infusion mit dem Enzym Alteplase,
der sogenannten Lysebehandlung,
aufgelöst werden kann. „Die Wirksamkeit der Lysetherapie wurde vor
beinahe 20 Jahren erstmals in einer
klinischen Studie belegt, und mittlerweile ist die Lyse auf allen zertifizierten Stroke Units in Deutschland
fest etabliert“, erklärt Prof. Dr. med.
Hans-Christoph Diener, Direktor
der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen. Durchgeführt werde
die Lyse jedoch nur bei etwa 10
Prozent der Schlaganfallpatienten
in Deutschland. „Dies liegt vor allem daran, dass nur etwa 30 bis 40
Prozent der Schlaganfallpatienten
rechtzeitig die Klinik erreichen“, fügt
der Pressesprecher der DGN hinzu.
In einigen europäischen Ländern,
nicht jedoch in Deutschland, werde
zudem bei leichten oder aber besonders schweren Schlaganfällen sowie
bei Menschen über 80 Jahren von
der Behandlung abgeraten.
(vgl. Gemeinsame Presseinformation
der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft
(DSG) und der Deutschen Gesellschaft für
Neurologie (DGN))
Jede Minute zählt. Wer rechtzeitig in
eine Stroke Unit kommt, verringert die
Gefahr schwerer bleibender Folgen.
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herzkreislauf
Foto: iStockphoto
Elastische Blutgefäße ohne Ablagerungen können alle Organe optimal
versorgen. Sind die Gefäße jedoch
starr, spröde und durch Ablagerungen
eingeschränkt (Atherosklerose), steigt
das Risiko für Herzinfarkt oder
Schlaganfall.
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herzkreislauf
Rheuma:
Gefahr für Herz und Gefäße
Seit langem weiß man, dass bestimmte rheumatische Erkrankungen mit
typischen Veränderungen am Herzen und an den Gefäßen einhergehen.
Weniger bekannt ist dagegen, dass es bei vielen dieser Erkrankungen zu
einer vorzeitigen und akzelerierten Atherosklerose der großen Gefäße
kommt. Dies ist klinisch besonders relevant, da dieser Typ von Atherosklerose
eine eingeschränkte Lebenserwartung zur Folge hat. In diesem Beitrag
sollen die kardiovaskulären Komplikationen häufiger rheumatischer
Krankheiten dargestellt werden: Rheumatoide Arthritis, systemischer
Lupus Erythematodes, ankylosierende Spondylitis, systemische Sklerose,
Riesenzellarteriitis und Osteoarthritis.
Text von
Prof. Dr. Angelika Costard-Jäckle und Prof. Dr. Thomas Meinertz
V
orzeitige Atherosklerose und
kardiovaskuläres Risiko? Gibt es
einen einheitlichen Mechanismus dafür?
Obwohl ein letztlicher Beweis hierfür
aussteht, spricht vieles dafür, dass der
Mechanismus, der sich für die vorzeitige Atherosklerose bei den verschiedenen rheumatischen Erkrankungen
verantwortlich zeigt, weitgehend
einheitlich ist. Dabei handelt es sich
keineswegs um ein Epiphänomen;
vielmehr scheint die erhöhte entzündliche Aktivität kausal für die vorzeitige und fortschreitende (akzelerierte) Atherosklerose verantwortlich
zu sein. Dafür spricht auch, dass z.B.
die Progression der Atherosklerose
mit der Erhöhung der entzündlichen
Aktivität einhergeht.
Stark vereinfacht kann man sich
diesen Prozess folgendermaßen vorstellen: Wie bekannt, spielt beim
Wachstum und beim Aufbrechen
des atherosklerotischen Plaque, die
Invasion von Entzündungszellen und
die vermehrte Expression von Adhäsionsmolekülen und Zytokinen eine
Schlüsselrolle. Der Atherosklerose
und den rheumatischen Erkrankungen gemeinsam, ist eine gesteigerte
Expression von Zytokinen (vor allem TNF-alpha und IL-6) und Adhäsionsmolekülen, eine verstärkte
Invasion von Makrophagen, T-ZellAktivierung sowie erhöhte Aktivität
extrazellulärer Matrix-Metalloproteinasen.
Klinische Warnzeichen
Naturgemäß werden Beschwerden
und klinische Symptome des Patienten von der rheumatischen Grundkrankheit bestimmt. Diese Beschwerden stehen meist so im Vordergrund,
dass weder Arzt noch Patient daran
denken, eine weitere, lebensbedrohliche Erkrankung in Betracht zu ziehen. Insbesondere deshalb, weil diese
häufig asymptomatisch verläuft. Da
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herzkreislauf
es keine klinischen Warnzeichen für
vorzeitige Atherosklerose und kardiovaskulären Tod bei diesen Patienten gibt, muss man auch bei kardial
asymptomatischen Patienten mit
rheumatischen Erkrankungen, gezielt
nach einer Gefährdung fahnden.
Autoren
Rheumatoide Arthritis (RA)
Prof. Dr. Thomas Meinertz
KLINIKUM STEPHANSPLATZ
HAMBURG
Facharzt für Innere Medizin,
Kardiologie, Pharmakologie
Prof. Dr. Angelika Costard-Jäckle |
KLINIKUM STEPHANSPLATZ
HAMBURG
Fachärztin für Innere Medizin,
Kardiologie
Tel.: 040 / 320 88 310
E-Mail: [email protected]
Tel.: 040 / 320 88 310
E-Mail: [email protected]
Eine kardiale Beteiligung gehört zu
den lehrbuchbekannten Manifestationen dieser Krankheit: Perikarditis,
unspezifische Veränderungen an der
Aorten- und Mitralklappe sowie endokardial lokalisierte Rheumaknoten.
In der Regel verlaufen diese Veränderungen asymptomatisch und werden
lediglich als Zufallsbefund oder durch
eine Autopsie diagnostiziert. Für die
Prognose des Patienten haben sie
keine Bedeutung. Anders dagegen die
vorzeitige und voranschreitend verlaufende Atherosklerose. Da sie aus
oben genannten Gründen meist spät
diagnostiziert wird, ist der Krankheitsverlauf fortgeschritten und die
kardiovaskulären Komplikationen
gravierender als bei Patienten ohne
rheumatoide Arthritis. Patienten mit
dieser Erkrankung und gleichzeitiger
Koronarkrankheit haben ein höheres
Risiko, vorzeitig zu sterben oder kardiovaskuläre Komplikationen zu erleiden als solche mit alleiniger Koronarkrankheit. Ursache hierfür sind neben
der fortschreitenden Atherosklerose,
die atypische kardiale Symptomatik,
die größere Häufigkeit einer diastolischen Dysfunktion und Herzinsuffizienz. Ob zusätzliche Erregungsleitungsstörungen oder Störungen
des autonomen Nervensystems eine
Rolle spielen, ist nicht gesichert.
Lassen sich Patienten mit
rheumatoider Arthritis und
besonders hohem kardiovaskulären Risiko
charakterisieren?
Fotos: iStockphoto
Patienten, die aufgrund ihrer rheumatischen Krankheit nicht
genügend belastbar sind, gehen jeglicher Belastung aus dem Weg.
Dadurch entwickeln sie mitunter erst gar keine Angina pectorisBeschwerden oder Belastungsdyspnoe – das Fehlen typischer
Beschwerden einer koronaren Herzkrankheit, bleibt aus.
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Prädiktoren eines solchen Risikos
scheinen zu sein: Hohe entzündliche
Aktivität (sichtbar z.B. durch deutlich
erhöhte CRP-Werte und eine massive BSG-Erhöhung), klinische Marker
eines schweren Verlaufes der rheumatoiden Arthritis und das Vorhan-
herzkreislauf
Wie werden kardiovaskuläre Komplikationen durch die Therapie beeinflusst?
Bei schwerem klinischen Verlauf und/oder ausgeprägter entzündlicher Aktivität müssen alle therapeutischen Maßnahmen
eingesetzt werden, um das Krankheitsbild in den Griff zu bekommen. Dabei kommen unter Umständen auch Medikamente
zur Anwendung, die kardiovaskuläre Komplikationen begünstigen können.
Glukokortikoide:
Diese Substanzgruppe hat – wie seit langem bekannt – ungünstige Auswirkungen auf das kardiovaskuläre Risikoprofil:
Sie steigert den Blutzucker, erhöht den Blutdruck, wirkt sich
ungünstig auf das Lipidprofil aus und erhöht das Körpergewicht.
(siehe auch Seite ..) Andererseits sind Glukokorticoide potente
antiinflammatorische Wirkstoffe. Über diesen Mechanismus
wird die entzündliche fortschreitende Atherosklerose am wirksamsten beeinflusst und damit auch kardiovaskulären Komplikationen vorgebeugt. Diese ambivalenten Effekte können sich
beim einzelnen Patienten mit dieser Erkrankung unterschiedlich
auswirken. Studienergebnisse zeigen, dass selbst eine langdauernde Therapie mit Glukokortikoiden das kardiovaskuläre Risiko
erniedrigt und kardiovaskuläre Ereignisse verhindert. Allerdings
sollten diese Studienergebnisse den Arzt nicht verleiten, Glukokortikoide „großzügig“ einzusetzen. Wegen der potentiell
schwerwiegenden Nebenwirkungen gilt auch weiter: Nur so
niedrig dosiert und kurzdauernd wie möglich, um die erwünschten therapeutischen Wirkungen zu erreichen.
Methotrexat (MTX):
Nach einer aktuellen Metaanalyse kann MTX die Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse vermindern. In zwei Kohortenstudien
wurde der Einfluss einer MTX-Therapie auf die Mortalität durch
kardiovaskuläre Erkrankungen untersucht. In einer dieser Studien, in der Patienten mit rheumatoider Arthritis über sechs Jahre
densein extraartikulärer Manifestationen sowie eine lange Verlaufsdauer
der Erkrankung (z.B. >10 Jahre). Auch
das Vorliegen einer, für die rheumatoide Arthritis typischen, Vaskulitits
und ein entsprechender Lungenbefall
ist von prognostischer Bedeutung. Bei
diesen Patienten ist das Risiko eines
vorzeitigen kardiovaskulären Todes
um etwa das 2-2,5fache gesteigert.
Daneben spielen die anderen traditionellen Risikofaktoren und Risikokrankheiten für die Gefährdung des
Patienten eine Rolle.
nachverfolgt wurden, war die kardiovaskuläre Sterblichkeit der
Patienten, die zu irgendeinem Zeitpunkt MTX erhalten hatten,
um 70% reduziert. Diese Wirkung lässt sich am ehesten dadurch
erklären, dass MTX keinen systemischen Einfluss auf kardiovaskuläre Risikofaktoren hat und man annehmen muss, dass die
antiinflammatorische Aktivität von MTX hierfür verantwortlich
ist. Durch MTX wird die inflammatorisch induzierte akzelerierte
Atherosklerose günstig beeinflusst.
TNF-alpha-Inhibitoren:
Diese Medikamente reduzieren nach neueren Studiendaten
die Gesamtsterblichkeit bei der rheumatoiden Arthritis. Die
günstige Wirkung der TNF-alpha-Inhibitoren ist am ehesten
auf deren Einfluss auf die Entstehung und das Fortschreiten der
Atherosklerose zurückzuführen: Verbesserung der Endothelfunktion, Verminderung der Gefäßsteifigkeit und Abnahme der
Insulinresistenz. Gleichzeitig werden inflammatorische Prozesse
der Grundkrankheit günstig beeinflusst. Es ist plausibel, dass
diese Effekte mögliche ungünstige Begleiterscheinungen einer
solchen Therapie (z.B. Entstehung einer Herzinsuffizienz) ausgleichen bzw. überkompensieren können.
Statine:
Sie gehören nicht zu den Medikamenten, die die Grundkrankheit günstig beeinflussen. In einer kürzlich durchgeführten
Studie (TARA, -Trial of Atorvastatin bei rheumatoider Arthritis)
konnte allerdings gezeigt werden, dass 40 mg Atorvastatin täglich nicht nur die inflammatorische Situation verbessert – gemessen an der CRP-Reduktion – sondern auch die klinische Aktivität dieses Krankheitsbildes günstig beeinflusst. Es erscheint
möglich, ist aber bis heute nicht bewiesen, dass auch über die
antientzündliche Aktivität Statine die kardiovaskulären Komplikationen der rheumatoiden Arthritis mindern können.
Unser Herz
Das Herz ist unser wichtigster Muskel. Siebzig- bis
achtzigmal in einer Minute schlägt es. 100.000
Mal am Tag, mehr als 2,5 Milliarden Mal in 70
Jahren! Rund fünf Liter Blut werden jede Minute
durch den Körper gepumpt und gelangen über die
Gefäße zu den Organen, Muskeln, Nerven... Erkranken das Herz oder die damit verbundenen Gefäße,
ist das Leben in Gefahr. Herzinfarkt, Koronare
Herzkrankheit und Herzschwäche drohen.
11
herzkreislauf
Mit welchen kardiovaskulären Komplikationen
muss man rechnen?
Die kardiovaskulären Komplikationen und Todesursachen sind bei
Patienten mit und ohne rheumatoide
Arthritis, ähnlich wie bei koronarer
Herzkrankheit. Zu den häufigsten
Ursachen mit Todesfolge gehören
der akute Myokardinfarkt, plötzlicher Herztod und Herzinsuffizienz. Im
Vergleich zu Koronarkranken haben
Patienten mit rheumatoider Arthritis
und Koronarkrankheit ein um mehr
als 50% erhöhtes Risiko.
Systemischer Lupus
Erythematodes (SLE):
Eine klinisch manifeste Herzbeteiligung findet sich bei etwa 50% der
Patienten im Verlauf der Erkrankung.
Autoptische Befunde zeigen, dass
praktisch sämtliche Strukturen des
Herzens beteiligt sein können. Dabei
gibt es auch unerwartete Hinweise
für eine klinisch stumme koronare
Herzkrankheit.
Häufiger findet sich eine seröse Perikarditis, meist im Rahmen einer
generalisierten Polyserositis mit Pleuraerguss und Aszites-Bildung.
Bei mehr als 50% der Patienten finden
sich echokardiographische Veränderungen an der Mitral- und/oder
Aortenklappe. Verantwortlich für
eine erhöhte Sterblichkeit ist aber
die fortschreitende und vorzeitige
Atherosklerose der großen Gefäße
einschließlich der Herzkranzgefäße.
Die hierdurch bedingten kardiovaskulären Komplikationen betreffen
vor allem jüngere Patienten mit langbestehender Erkrankung. So finden
sich bei 6-10% der Patienten Hinweise
für eine klinisch stumme koronare
Herzkrankheit. Ursache hierfür sind
die bei diesen Patienten vermehrt
nachweisbaren traditionellen Risikofaktoren (Hypertonie, Zigarettenrauchen, Fettstoffwechselstörung,
lexikon
Autoptisch:
Serös:
Perikarditis:
Aortenklappe:
Mitralklappe:
Endokardial:
CRP:
BSG:
Extraartikulär:
Aortendissektion:
Perikarderguss:
Aszites-Bildung:
Fotos: iStockphoto
Polyserositis:
Matrix-Metalloproteinasen:
12
mit Hilfe der Autopsie
zum Blutserum gehörig, Körperflüssigkeiten, die als Ultrafiltrat
die gleiche Konsistenz wie das Serum aufweisen
Herzbeutelentzündung
eine der vier Herzklappen, direkt am Ursprung der Aorta aus der
linken Herzkammer. Sie verhindert den Rückfluss des Blutes zu
Beginn der Erschlaffungsphase (Diastole) des Herzens.
Eine der vier Klappen (Segelklappe) im linken Herzen.
Die innere Schicht des Herzens betreffend
ein Protein, das zur Familie der Pentraxine zählt. CRP wird in der
Leber gebildet und ins Blut abgegeben.
Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit
außerhalb eines Gelenks
Aufspaltung der Wandschichten der Hauptschlagader (Aorta),
meist verursacht durch einen Einriss der inneren Gefäßwand
mit nachfolgender Einblutung zwischen den Schichten
eine Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel
Bauchwassersucht, krankhafte Flüssigkeitsansammlung in der
freien Bauchhöhle
gleichzeitige entzündl. Reaktion der Serosaauskleidung
mehrerer Körperhöhlen (Peritoneum, Pleura, Perikard), meist als
Teilerscheinung einer Allgemeinerkrankung
Enzyme, die Proteine unter Bindung an Metallkatione spalten
können
Diabetes mellitus, Übergewicht) und
die vermehrte entzündliche Aktivität (messbar z.B. an der deutlichen
CRP-Erhöhung). Außerdem werden
gehäuft Antiphospholipid-Antikörper
sowie Antikörper gegen oxydierte
LDL-Partikel als kardiovaskuläre Risikomarker identifiziert. Bis heute
existieren keine kontrollierten Studien dahingehend, welche Therapie bei
dieser Erkrankung, die Häufigkeit kardiovaskulärer Komplikationen günstig beeinflusst.
Ankylosierende Spondylitis:
Typische kardiovaskuläre Symptome
werden sichtbar als Erkrankung der
Aortenklappe und der Aorta ascendens (Anfangsteil der Aorta). Die Entzündung der Aorta ascendens führt
zur Erweiterung und Verformung
des Aortenklappenringes mit Gewebeveränderung (Fibrosierung) der
Aortenklappensegel und unmittelbar
nachfolgender Aortenklappeninsuffizienz (Schwäche). Reicht die Fibrose bis in den Mitralklappenapparat,
kann dies zur begleitenden Mitralklappeninsuffizienz führen.
Nicht selten wird auch eine Vergrößerung des linken Herzmuskels sichtbar
(linksventrikuläre Dysfunktion und
Dilatation). Die Häufigkeit kardiovaskulärer Komplikationen nimmt mit
der Dauer der Erkrankung zu, Männer
sind häufiger betroffen als Frauen.
Die auf die Entzündung bezogenen
Risikomarker für eine koronare Herzkrankheit (z.B. CRP) sind bei ankylosierender Spondylitis deutlich erhöht.
Es erscheint daher plausibel, dass
über diese Mechanismen die Atherosklerose der großen Gefäße beschleunigt wird. Die krankhaften Veränderungen an der Aorta und an der Aortenklappe sowie die fortschreitende
Atherosklerose der Koronargefäße
dürften für die gesteigerte kardiovaskuläre Sterblichkeit bei dieser Erkrankung verantwortlich sein.
Systemische Sklerose (SSc)
Nach Autopsie finden sich bei 3080% der Patienten mit systemischer
Sklerose eine myokardiale Gewebe-
herzkreislauf
veränderung sowie ein Perikarderguss. Klinisch imponieren Zeichen
einer myokardialen Ischämie, Perikarditis sowie ein erhöhter Blutdruck
im Lungenkreislauf. Diese pulmonale Hypertonie (10% aller Patienten
mit systemischer Sklerose) findet
sich nicht nur bei einer klinisch fassbaren Lungenbeteiligung der Grundkrankheit, sondern auch bei klinisch
unauffälligem Lungenbefund. Ursache sind Veränderungen durch
Gewebewucherungen im Bereich der
pulmonalarteriellen Widerstandsgefäße. Während die Grundkrankheit
heutzutage praktisch nicht zu beeinflussen ist, lässt sich die pulmonale und systemische Hypertonie
erfolgreich behandeln. Entsprechend
sind in der heutigen Zeit die kardiovaskulären Komplikationen der
systemischen Sklerose meist nicht
lebenslimitierend.
Riesenzellarteriitis
Gehäuft finden sich kardiale sowie
peripher vaskuläre Komplikationen,
ebenso wie auch eine Aortendissek-
tion. Zentraler Pathomechanismus
(Ablauf eines Krankheitsprozesses) ist
die fokale Vaskulitis, die zu Gefäßverschluss, Gefäßaufspaltung und Aneurysmabildung führen kann. Zigarettenrauchen spielt für die Riesenzellarteriitis selbst, aber auch für deren
kardiovaskuläre Komplikationen eine
Schlüsselrolle als Risikofaktor. Durch
Behandlung der Riesenzellarteriitis mit Kortikosteroiden sollen nicht
nur die Grundkrankheit gebessert,
sondern auch deren kardiovaskuläre
Komplikationen günstig beeinflusst
werden.
Osteoarthritis
Nach einigen Studien haben Patienten mit Osteoarthritis ein ausgeprägteres kardiovaskuläres Risikoprofil als
Patienten ohne Osteoarthritis. Ebenso
ungünstig im Sinne eines erhöhten
kardiovaskulären Risikos könnte sich
die mangelnde körperliche Aktivität dieser Patienten auswirken. Man
weiß, dass durch körperliche Inaktivität die Lebenserwartung bedeutsam
eingeschränkt wird.
Die Folgen:
Für Patienten mit rheumatoider Arthritis:
• Für ein deutlich erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei rheumatoider Arthritis
spricht: Erhebliche entzündliche Aktivität,
klinisch „schwerer“ Verlauf, extraartikuläre
Manifestation, gleichzeitiges Vorliegen einer
Vaskulitits und langdauernder Krankheitsverlauf.
• Bezüglich der kardiovaskulären Begleitkrankheit sind diese Patienten häufig
asymptomatisch.
• Diagnostisch weiterführend sind die CTUntersuchung bezüglich Koronarkalk, die
CT-Angiographie der Herzkranzgefäße und
die Stress-Echokardiographie bzw. die MRTStress-Untersuchung mit pharmakologischer Belastung.
• Vieles spricht dafür, dass eine antiinflammatorische Therapie mit MTX oder mit TNFalpha-Hemmstoffen das kardiovaskuläre
Risiko dieser Patienten günstig beeinflussen.
Für Patienten mit systemischem Lupus
Erythematodes:
• An erster Stelle steht die Kontrolle der
konventionellen Risikofaktoren und
Risikokrankheiten.
Zigarettenrauchen spielt für die
Riesenzellarteriitis selbst, aber
auch für deren kardiovaskuläre
Komplikationen eine Schlüsselrolle als Risikofaktor
• Die „antientzündliche“ Therapie der Grundkrankheit sollte möglichst effektiv durchgeführt werden – selbst dann, wenn Medikamente eingesetzt werden müssen, die
potentiell das koronare Risiko erhöhen
(z.B. Glukokortikoide).
• Aufgrund ihrer Plaque-stabilisierenden
Wirkung könnten Statine von Nutzen sein,
ohne dass hierfür bislang Ergebnisse
kontrollierter klinischer Studien vorliegen.
13
herzkreislauf
Hauptaufgabe der Gefäße im
menschlichen Körper ist der
Transport von Blut und Nährstoffen, angetrieben durch das
Herz. Bei einer Atherosklerose
bilden sich Ablagerungen an den
Innenwänden der Blutgefäße,
wodurch diese enger werden.
Gefäßdiagnostik und
Schlaganfallrisiko
Fotos: iStockphoto
Obwohl die Ursachen der Atherosklerose noch nicht vollständig geklärt
sind, gibt es bereits wirksame Behandlungsmöglichkeiten. Eine gezielte
Therapie kann aber erst einsetzen, wenn klare Befunde vorliegen, deshalb
sollten Gefäßveränderungen durch Atherosklerose frühzeitig erkannt
werden.
14
herzkreislauf
autor
Text von Prof. Dr. Christian Arning
B
ei Rheumapatienten ist die Früherkennung der Atherosklerose
besonders wichtig, da die Arterien
zusätzlich durch entzündliche Veränderungen der Gefäßwand (Vaskultis)
geschädigt werden können. Wenn neben einer Atherosklerose gleichzeitig
eine Vaskultis vorliegt, erhöht sich das
Risiko eines Schlaganfalls oder anderer
Durchblutungsstörungen beträchtlich.
Ultraschall: Methode der
ersten Wahl
Die Atherosklerose manifestiert sich
nicht in allen Arterien des Körpers
in gleicher Weise, es gibt bevorzugte
Lokalisationen, z.B. die Halsarterien.
Diese Arterien liegen dicht unter der
Haut und sind mit Ultraschall sehr
gut beurteilbar. Ultraschall hat im
Vergleich mit anderen bildgebenden
Verfahren die höchste räumliche Auflösung und ist, auch nach Empfehlung aktueller Leitlinien, die Methode
der ersten Wahl zur Diagnostik der
Atherosklerose an den Halsarterien.
Allerdings ist die Qualität der Ultraschalldiagnostik sehr von der Erfahrung des Untersuchers abhängig.
Nach Leitlinienempfehlung sollte bei
allen Menschen mit Gefäß-Risikofaktoren eine Screening-Untersuchung
der Halsarterien erfolgen. Neben den
bekannten Risikofaktoren Nikotin,
Bluthochdruck, Diabetes mellitus
und Hypercholesterinämie ist auch
das familiäre Risiko zu beachten, das
Vorkommen von Herzinfarkt oder
Schlaganfall bei Blutsverwandten.
Auch starker Alkoholkonsum und das
Schlaf-Apnoe-Syndrom sind Risikofaktoren für die Gefäße.
Die atherosklerotische
Plaque
Atherosklerotische Plaques entstehen
im Rahmen eines chronischen Ent-
Plaque noch gering, deshalb ist auch
die Einnahme von ASS zur Thrombozytenfunktionshemmung nicht erforderlich. Die Behandlung soll aber nach
Möglichkeit verhindern, dass sich aus
der atherosklerotischen Plaque eine
gefährliche Gefäßstenose entwickelt.
Prof. Dr. Christian Arning
KLINIKUM STEPHANSPLATZ
HAMBURG
Facharzt für Neurologie und
Psychiatrie
Tel.: 040 / 320 88 310
E-Mail: [email protected]
zündungsprozesses der Gefäßwand,
dieser Prozess wird durch erhöhte
Konzentration von LDL-Cholesterin
im Blut gefördert. (Abb. 1 (s.16) zeigt
eine Plaque an der A. carotis-Bifurkation, der Aufzweigung der Halsarterie in die (innere) Hirnarterie und die
(äußere) Gesichtsarterie.) Atherosklerotische Plaques entstehen vor allem
in Blutgefäßabschnitten, in denen
Strömungsveränderungen auftreten
und Scherkräfte auf die Gefäßwand
einwirken, z.B. im Bereich von Gefäßkrümmungen oder Gefäßaufzweigungen. Für Ultraschall-Verlaufskontrollen wird eine Messung der maximalen Länge und Dicke der Plaque
durchgeführt, jeweils in der Schnittebene, die die Plaque in ihrer größten
Ausdehnung zeigt. Ergänzend erfolgt
mit Farb-Doppler die Darstellung des
Strömungsbildes (Abb. 1b, S. 16). Wenn
die Ultraschalldiagnostik eine Plaque
an der A. carotis nachweist, prüft der
Arzt sorgfältig, welche Gefäß-Risikofaktoren zu behandeln sind. Besonders wichtig ist hier das Cholesterin:
abhängig von den Blutwerten für das
LDL-Cholesterin ist oft die Verordnung
eines Cholesterinsenkers indiziert.
Wenn Verlaufsuntersuchungen eine
rasche Größenzunahme der Plaque
zeigen, kann eine hoch dosierte Cholesterinsenkung notwendig sein.
Zwar ist das Schlaganfallrisiko der
A. carotis-Stenose
Wenn das Screening eine Stenose
nachweist (Abb. 2a und 2b), ist zunächst einmal wie bei einer Plaque
zu prüfen, welche Risikofaktoren (z.B.
Bluthochdruck, Cholesterin, Diabetes mellitus) noch intensiver therapiert werden müssen. Anders als bei
Plaques besteht bei Stenosen auch
grundsätzlich die Indikation zur Behandlung mit einem Thrombozytenfunktionshemmer, z.B. ASS. Für die
Frage der Behandlung durch OP oder
Stent-Implantation muss eine sorgfältige Abschätzung der Risiken erfolgen, denn auch die aktive Behandlung
durch OP oder Stenting ist mit Risiken verbunden. Wesentliches Kriterium für die Therapieentscheidung ist
der Stenosegrad. Deutschlandweiter
Standard für die Ultraschall-Graduierung von Karotisstenosen sind die
Kriterien der Deutschen Gesellschaft
für Ultraschall in der Medizin (Arning
C et al., Ultraschall Med. 2010;31:251).
Ein hohes Schlaganfallrisiko geht
von rasch progredienten Stenosen
aus: die Zunahme des Stenosegrades
wird mit den o.g. Ultraschallkriterien
sehr gut erfasst. Deshalb sollten die
Befunde bei Patienten mit Karotisstenosen regelmäßig überprüft werden.
Die Leitlinien empfehlen jährliche
Kontrollen; bei Progredienz sind die
Intervalle zu verkürzen, auch die erste
Kontrolluntersuchung sollte bereits
nach 6 Monaten erfolgen (da ja noch
keine Aussage über die Dynamik des
Befundes möglich ist). Bei Stenosen,
die sich im Verlauf nicht verändern,
ist das Schlaganfallrisiko gering; wir
kennen Stenosebefunde, in denen
15
herzkreislauf
1a
1b
Karotisbifurkation mit atherosklerotischer Plaque am Abgang der A. carotis interna.
1a: Ultraschall-B-Bild, das die Wandverdickung durch die Plaque zeigt.
1b: Farb-Doppler-Bild mit Nachweis einer ungestörten Strömung (keine lokale Strömungsbeschleunigung, keine Strömungsstörungen).
2a
2b
Stenosen am Abgang der A. carotis interna.
2a: Mittelgradige Stenose (50%) mit mäßig ausgeprägter lokaler Strömungsbeschleunigung.
2b: Hochgradige Stenose (80%) mit erheblicher lokaler Strömungsbeschleunigung und ausgeprägten Strömungsstörungen.
Fotos: Klinikum Stephansplatz
sich ein Stenosegrad von 70% über 20
Jahre nicht verändert hat, wobei die
Stenose durchgehend asymptomatisch geblieben ist. Wenn der Stenosegrad bereits bei der ersten ScreeningUntersuchung extrem hoch ist, kann
eine Verlaufsbeobachtung nicht verantwortet werden und es ergibt sich
meist die Indikation zur Beseitigung
der Stenose durch OP oder Stenting.
Intima-Media-Dicke
Die Bestimmung der Intima-MediaDicke an der A. carotis communis
dient der Risikoabschätzung bei
Herz- und Gefäßerkrankungen. Es
besteht ein Zusammenhang zwi-
16
schen Intima-Media-Dicke und kardiovaskulärer Erkrankung, und die
Messung der Intima-Media-Dicke
verbessert die Aussage über das Risiko einer koronaren Herzkrankheit.
Die Messung ist geeignet als ergänzender Test im Rahmen differenzierter kardiologischer Diagnostik, aber
nicht als Screening-Parameter, zumal sich bei allgemein praktischer
Anwendung Probleme mit der Messgenauigkeit ergeben.
Fazit für die Praxis
Die Ultraschalldiagnostik der Halsarterien ist eine wichtige Methode zur
Schlaganfallprävention. Bei Nach-
weis atherosklerotischer Plaques
oder Gefäßstenosen besteht die
Möglichkeit, das Fortschreiten der
Erkrankung durch konsequente Kontrolle und Therapie vaskulärer Risikofaktoren günstig zu beeinflussen.
Auch kann die Abbildung eines real
vorhandenen (und nicht nur theoretisch möglichen) Gefäßrisikos die
Motivation betroffener Patienten zur
Nikotinabstinenz wirksam verstärken. Bei Nachweis einer Karotisstenose muss ein erfahrener Untersucher den Patienten sorgfältig beraten
und für ihn den Weg mit dem geringsten Risiko finden – das kann im
Einzelfall eine Operation sein, in den
meisten Fällen aber die konsequente
konservative Behandlung unter sonographischer Kontrolle.
herzkreislauf
Fettstoffwechselstörungen bei Patienten
mit Rheumatoider Arthritis
Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) haben ein sehr hohes
kardio-vaskuläres Risiko, das in etwa dem Risiko von Patienten mit
einem Diabetes mellitus entspricht. Obwohl also Herzinfarkt und
Schlaganfall die Haupttodesursachen sind, findet in der Rheuma- Praxis
meistens keine systematische Risikoabfrage statt. Bei einer großen
Anzahl von Rheumapatienten wird trotz bestehender Indikation keine
cholesterinsenkende Therapie durchgeführt.
Text von Prof. Dr. Ulrich Beil
D
ie einfach durchzuführende Einschätzung des basalen kardiovaskulären Risikos schließt neben Alter und Geschlecht folgende Faktoren
ein:
1. Rauchen
2. Blutdruck
3. Familiengeschichte von
frühzeitigem Schlaganfall oder
Herzinfarkt
4. Bereits durchgemachter
Herzinfarkt oder Schlaganfall
beim Patienten selbst
5. Diabetes mellitus
6. „Cholesterin“.
Unter „Cholesterin“ ist eine Bestimmung von Gesamtcholesterin, Triglyzeriden, LDL-Cholesterin, HDLCholesterin zu verstehen. Aus diesen
erhobenen Parametern kann ein
basales„kardiovaskuläres Risiko“ ermittelt werden, das in der Regel angegeben wird als „Wahrscheinlichkeit
für Herzinfarkt oder Schlaganfall in
den nächsten 10 Jahren“:
Geringes Risiko
Mittleres Risiko
Hohes Risiko
< 10 %
10 – 20 %
> 20 %
Es wurde vorgeschlagen, für Patienten mit rheumatoider Arthritis den
so festgestellten Wert noch einmal
mit dem Faktor 1,5 zu multiplizieren,
um das „wahre Risiko“ des Rheumapatienten zu erfassen. Das würde z.B.
für eine Rheuma-Patientin mit einem
geringen Risiko von z. B. 8 % dann ein
Risiko von 12 % (mittleres Risiko) bedingen.
Fettstoffwechselstörungen
bei Patienten mit
entzündlichen Gelenkerkrankungen
Die im Blut gemessenen Cholesterinspiegel sind durch Vererbungsfaktoren und die Ernährung bestimmt.
In den letzten Jahren wurden viele
Studien durchgeführt, die einen bedeutsamen Einfluss der Vererbungsfaktoren belegen. So wurden mehr als
70 Genorte identifiziert, die die Cholesterinwerte lebenslang bestimmen.
Dies erklärt auch die große Schwankung der Cholesterinspiegel in einer
gegebenen Bevölkerung. So kann der
Cholesterinspiegel zwischen 100 und
300 mg/dl schwanken, mit einem
mittleren Cholesterinwert von etwa
220 mg/dl im 45. Lebensjahr in Westeuropa. Die Bedeutung der Ernährung
wird daraus ersichtlich, dass der mittlere Cholesterinspiegel in Teilen Asiens bei 150 mg/dl liegt.
In einer kürzlich publizierten genetischen Studie wurde bei Personen
mit hohem genetischen Risikoscore
für Rheuma, ein erniedrigter LDL-Cholesterinspiegel festgestellt. Das heißt,
je größer das Risiko für eine rheumatoide Arthritis, umso niedriger ist der
LDL-Cholesterinspiegel. In einer anderen Studie wurde dagegen berichtet,
dass 10 Jahre vor Diagnosestellung
einer rheumatoiden Arthritis die Cholesterin- und Triglyceridwerte höher
waren als bei entsprechenden Kontrollen. Weiterhin ist bemerkenswert,
dass bei Patienten mit „Rheuma und
hoher unbehandelter Krankheitsaktivität“ niedrigere LDL-Cholesterinwerte bestanden, die sich nach Einleitung
einer Basistherapie wieder „normalisierten“. Umgekehrt fanden sich bei
hoher Krankheitsaktivität niedrige
HDL-Cholesterinspiegel und erhöhte
Triglyceride, die sich benach Einleitung
einer Therapie „normalisierten“.
17
herzkreislauf
wissen
HDL: High-Density-Lipoprotein, weist eine hohe chemische Dichte auf
LDL: Low-Density-Lipoprotein, weist eine niedrige chemische Dichte auf
Cholesterin ist als Bestandteil sämtlicher Zellmembranen des Körpers unverzichtbar für den menschlichen Organismus. Beide Verbindungen transportieren das Cholesterin von der Leber zu den verschiedenen Geweben beziehungsweise von dort zur Leber zurück. LDL bezeichnet Vertreter einer Klasse von Lipoproteinen und dient als Transportvehikel
für die im Blutplasma wasserunlöslichen Substanzen wie Cholesterin, Cholesterinester, Triglyceride, Fettsäuren und
Phospholipide sowie von den fettlöslichen Vitaminen Vitamin E und Vitamin A. Zuviel LDL-Cholesterin im Blut, kann
sich negativ auswirken. Dieses Cholesterin gilt als das Blutfett, das maßgeblich für die Entwicklung einer Gefäßverkalkung verantwortlich ist.
HDL übernimmt eine zentrale Rolle im Rahmen des Cholesterinstoffwechsels im menschlichen Körper. Hauptaufgabe
ist es, überschüssiges Cholesterin aus den peripheren Geweben, zum Beispiel aus den Wänden von Blutgefäßen, zurück
zur Leber zu transportieren, wo es in Gallensäuren umgewandelt und so über die Gallenflüssigkeit ausgeschieden werden. Dieser Cholesterintransport ist essentiell, um den Cholesterinstoffwechsel im Gleichgewicht zu halten. Dem HDLCholesterin hat man eine gefäßschützende Wirkung zugeschrieben.
Zusammenfassend kann also gesagt
werden, dass Patienten mit rheumatoider Arthritis der Allgemeinbevölkerung vergleichbare Cholesterinwerte
haben, die wie bei allen anderen auch
„niedrig“ oder „hoch“ sein können und
dann entsprechend therapiert werden
sollten. Bei unbehandelter Krankheitsaktivität finden sich geringfügig niedrigere LDL- und HDL-Cholesterinwerte
sowie leicht erhöhte Triglyzeridwerte.
Diese Effekte können auch durch das
genetische „Rheumarisiko“ bedingt
sein. Belegt wird diese Schlussfolge-
rung auch durch eine große, kürzlich
durchgeführte retrospektive Kohortenstudie. Darin zeigte sich, dass LDLCholesterinwerte zwischen 70 und
100 mg/dl (1.5-2.5 mmol/l) mit dem
geringsten Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall verbunden
sind. LDL-Cholesterinwerte > 160 mg/
dl (> 4 mmol/l) sind bei Patienten
mit und Rheuma gleichermaßen mit
deutlich erhöhtem kardiovaskulärem
Risiko verbunden. Sehr niedrige LDLCholesterinwerte < 70 mg/dl sind
in dieser Kohorte allerdings wieder
Fotos: iStockphoto
Hinsichtlich der Risikofaktoren für Herz-KreislaufKrankheiten wird ein
hoher LDL-Cholesterinwert
als ungünstig angesehen.
Ob das HDL-Cholesterin
ausnahmslos „gutes Cholesterin“ genannt werden
kann, wird gegenwärtig
unter Experten diskutiert.
18
herzkreislauf
mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko verbunden, sodass es zunächst bei
folgenden Zielwerten für den Risikofaktor LDL cholesterin bleiben sollte
(Patienten mit „Rheuma“):
Walnüsse haben es in sich: Sie enthalten mehr Omega-3-Fettsäuren
als Fisch. Und den gesunden Kernen werden noch weit mehr positive Wirkungen zugeschrieben. Eine Handvoll täglich kann möglicherweise präventive Wirkung haben.
Geringes Risiko:
< 5 %,
Vernünftige Ernährung
Mittleres Risiko:
5-20 %
LDL-Cholesterin 70-100 mg/dl
(< 2,5 mmol/l)
Hohes Risiko:
>20%
LDL-Cholesterin 70-100 mg/dl
(< 1,5 mmol/l)
Der Einfluss von
„Rheumamitteln“ auf die
Cholesterinspiegel
Es ist seit langem bekannt, dass eine
Therapie mit Glukocorticotiden in
hoher Dosis (Prednison >30mg täglich) zu erhöhten Cholesterinwerten
führt. Dies ist bedingt durch eine
Erhöhung der VLDL-, IDL- und LDLCholesterinwerte im Blut. Die Effekte
auf den HDL-Stoffwechsel sind unterschiedlich, es kann sowohl zu erniedrigten als auch viel häufiger zu sehr
hohen HDL-Cholesterinwerten führen. Wenn große Gruppen von Rheumakranken mit starker Krankheitsaktivität mit Glukocorticoiden therapiert werden, ist in der Summe ein
leichter Anstieg (Normalisierung des
LDL-Cholesterins) zu beobachten und
ein Anstieg des HDL-Cholesterins.
mit einem hohen Anteil an Gemüse
und Obst (ca. 5 – 7 Portionen pro Tag),
regelmäßiger Konsum von Seefisch
(mindestens zwei große Portionen
pro Woche), mäßiger Fleischkonsum
mit Bevorzugung „weißer Fleischarten“, Verwendung von Pflanzenölen
und Reduktion von stark zuckerhaltigen Softdrinks.
Dieses Gesamtkonzept hat sich in
großen Interventionsstudien (DASH,
PREDIMED) sowie Populationsuntersuchungen bewährt. Es ist anzunehmen, dass sich diese Ernährungseffekte auch bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen günstig auf
das kardiovaskuläre Risiko auswirken.
Es muss hier allerdings eingeschränkt
gesagt werden, dass die meisten diätetischen Empfehlungen bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen sich auf die Beeinflussung der
Krankheitsaktivität fokussieren.
Ernährungsempfehlungen
bei Lipidstoffwechselstörungen und Rheuma
Ist eine Therapie mit
Statinen bei Rheumakranken
auch klinisch relevant?
Grundsätzlich gelten die Empfehlungen einer gesunden Ernährung, wie
sie in vielen internationalen Empfehlungen dargelegt sind. Schwerpunkte
der Ernährung sind eine am Körpergewicht orientierte Kalorienzahl, die
Verwendung frischer Lebensmittel
Bis zum jetzigen Zeitpunkt liegen zu
diesem Thema keine großen Studien
vor. Eine Studie in die 4000 Patienten mit rheumatoider Arthritis eingeschlossen sind, wurde begonnen;
die Ergebnisse sind für das Jahr 2016
zu erwarten. In einer retrospekti-
info
Mittelmeerdiät
Die Mittelmeerdiät mit viel Olivenöl und Nüssen wirkt kardioprotektiv, das hat die prospektive
PREDIMED-Studie kürzlich gezeigt.
„Es ist die erste große prospektive
multizentrische Studie, die die Auswirkungen der mediterranen Kost
bei über 7.400 Personen mit erhöhtem Risiko (30% Diabetiker und
40% mit Statin-Behandlung), aber
ohne Gefäßerkrankung untersucht
hat. Sicherlich ist die Gesamtwirkung der mediterranen Kost
nicht auf einen einzelnen Stoff
zurückzuführen“, so Prof. Gohlke,
Kardiologe und Vorstandsmitglied
der Deutschen Herzstiftung. Es sei
das Gesamtpaket der einzelnen
Ernährungskomponenten der Mittelmeerdiät. Dazu gehört auch:
mehr Obst und Gemüse, weniger
rotes Fleisch. In Griechenland werden z.B. am Tag 815 g Gemüse pro
Kopf verzehrt, in Deutschland sind
es nur 258 g.
19
herzkreislauf
info
Statin
Als Statin wird im allgemeinen
medizinischen Sprachgebrauch
ein Arzneistoff bezeichnet, welcher der pharmakologischen Substanzklasse der 3-Hydroxy-3-Methylglutaryl-Coenzym-A-Reduktase-Inhibitoren angehört. Statine
werden bislang hauptsächlich
bei Fettstoffwechselstörungen
als Cholesterinsenker eingesetzt.
Von allen Medikamenten, die den
Lipidstoffwechsel beeinflussen,
weisen sie die höchste Potenz
auf. Statine sind auch unter dem
Begriff CSE-Hemmer (Cholesterinsyntheseenzymhemmer) bekannt. (Quelle: wikipedia)
Triglyceride
Triglyceride sind natürlich vorkommende Fette, die wir mit dem
Essen aufnehmen. Sie schwimmen, gebunden an Lipoproteine,
durch die Blutgefäße zu den
Fettdepots. Deshalb kann man
die Konzentration der Fette im
Blutserum messen. Als Energiespeicher sind sie für den Körper
unverzichtbar. Erhöhte Werte
können allerdings ein Risiko für
eine „Gefäßverkalkung“ (Atherosklerose) anzeigen. Seltene
Stoffwechselkrankheiten führen
manchmal zu extrem hohen Triglyceridwerten.
links
Fotos: iStockphoto
Risikoeinschätzung und Infos:
www.herzstiftung.de
www.escardio.org
www.framinghamheartstudy.org
www.bnk.de
www.cardiosource.de
20
ven Analyse der IDEAL und TNT Studie mit mehr als 18.000 Patienten,
davon 199 mit Rheuma RA, 46 mit
M.Bechterew AS und 35 mit PsoriasisArthritis konnte gezeigt werden, dass
im Vergleich zu Kontrollpatienten
eine ähnliche Lipidsenkung erreicht
werden kann und dass diese Senkung
der Cholesterinwerte mit einer vergleichbaren Reduktion von Herzinfarkt und Schlaganfall verbunden ist.
begünstigt wird. In jedem Falle sollte
vor Einleitung einer lipidsenkenden
Therapie mit Statinen der Vitamin
D-Spiegel optimal sein (Vitamin DSpiegel > 30 µg/l). Selbstverständlich
sind andere Faktoren für Muskelbeschwerden wie Salzarmut, Magnesiummangel, Schilddrüsenfunktionsstörungen auszuschliessen.
Die Therapieüberwachung hinsichtlich der Effektivität und Sicherheit der
Statintherapie folgt üblichen Regeln:
Lipidziele erreichen
1. Lipidwerte nach 4 – 6 Wochen,
zusätzlich ein Leberwert und ein
CK-Wert.
2. Bei Nebenwirkungen: Statinpause
für 2-4 Wochen und dann Neustart
mit einer niedrigen Statindosis
(10 mg), möglicherweise
mit einem anderen Statin.
3. Zusatztherapie mit Ezetrol 10 mg
täglich bei ungenügenden
Therapieeffekten: Die Kombinatinstherapie Statin plus Ezetrol
hat sich in einer kürzlich
vorgetragenen Studie als klinisch
wirksam und sicher erwiesen.
Neben einer vernünftigen Ernährung
stehen hier in erster Linie sogenannte Statine zur Verfügung, deren Wirkungsprofil und Nebenwirkungsprofile ja allgemein bekannt sind. Durch
eine Statintherapie lässt sich in der
Regel eine Senkung der LDL Cholesterinwerte um 50 % erreichen, in
üblicher mittlerer Dosis um 30 %. Es
scheint aber so zu sein, dass die möglichen Nebenwirkungen wie Muskelsymptome (Myalgien) bei Rheumapatienten häufiger auftreten als bei
Nicht-Rheuma-Patienten. Dies ist bei
der Therapieplanung von vornherein
zu berücksichtigen, der Patient ist
darüber zu informieren. Es ist nicht
ganz klar, ob diese höhere Nebenwirkungsrate durch die Erkrankung per
se oder durch andere Faktoren wie
eine begleitende Cortisontherapie
Ein halber Liter Cola, ein Eimer voll
Popcorn? Riesige Mengen sind oft
preisgünstiger als kleine. Es ist sicher
nichts dagegen einzuwenden, mal
eine Cola zu trinken oder Popcorn zu
essen. Von den häufig angebotenen
übetriebenen Mengen, sollte man sich
distanzieren.
herzkreislauf
info
Interview
mit Prof. Dr. F. Ulrich Beil,
Facharzt für Innere Medizin und Endokrinologie
Klinikum Stephansplatz
Prof. Dr. F. Ulrich Beil
KLINIKUM STEPHANSPLATZ
HAMBURG
Facharzt für Innere Medizin und
Endokrinologie
Tel.: 040 / 320 88 310
E-Mail: [email protected]
Herr Prof. Beil, Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) haben ein
sehr hohes kardiovaskuläres Risiko,
das wahrscheinlich hauptsächlich
mit den entzündlichen Prozessen in
der Arterienwand zusammenhängt.
Müsste in der Rheuma- Praxis eine
systematische Risikoabfrage stattfinden?
So ist es. Vielen Rheumatologen ist
das aber nicht bekannt. Das liegt
auch daran, dass es bislang keine
Studie gibt, die wirklich erklärt, warum Rheumapatienten ein höheres
Risiko haben. Unser Ziel in der interdisziplinären Klinik ist es, das Risiko
so gering wie möglich zu halten. Bei
einem Rheumapatienten sollten also
wenigstens alle anderen Risikofaktoren adäquat angegangen werden. Das
heißt, die Blutfettwerte (Cholesterin, Triglyceride) sollten regelmäßig
überprüft werden, der Patient sollte
nicht rauchen und sich nach Möglichkeit regelmäßig bewegen.
Komplexe Fettstoffwechselstörungen
stellen ein Problem dar. Können sie
immer gleich diagnostiziert und behandelt werden?
Ja, das lässt sich durch ein Blutbild
festellen und kann dann auch behandelt werden.
Auch eine Therapie mit Glukocorticotiden in höherer Dosis führt oft zu
erhöhten Cholesterinwerten. Macht
es Sinn, bei Beginn der Therapie sogleich präventiv etwas dagegen zu
tun, statt abzuwarten, bis diese negative Nebenwirkung eintritt?
Erst in höherer Dosis sind die Effekte der Glukocorticotide am Cholesterinspiegel sichtbar. Daher würde ich erst einmal abwarten und
schauen, was eine Dosisreduktion
von Glukokortikoiden bringt und
erst dann eine Statintherapie bei
anhaltend hohen Cholesterinwerten einleiten.
Eine cholesterinsenkende Therapie
mit Statinen ist aber oftmals durchaus angebracht. Was kann man tun,
wenn Medikamentennebenwirkungen hinzutreten, z.B. eine Statinunverträglichkeit? Die therapeutischen
Möglichkeiten zum Erreichen von
LDL-Cholesterin Zielwerten sind
dann beschränkt.
Man macht dann erstmal eine Therapiepause und prüft bestimmte Bedingungen, die zu einer Statinunverträglichkeit führen können. Dazu gehören
ein zu niedriger Vitamin-D-Spiegel
und Schildrüsenfunktionsstörungen.
Auch der Cortisolspiegel muss überprüft werden, da ein hoher Cortisolgehalt mit einer Statinunverträglichkeit
verbunden ist.
Man kann sagen, dass Statinunverträglichkeit sich in 60 Prozent der
Fälle auflöst, wenn ganz genau hingeschaut wird und die eben genannten
Bedingungen stimmen.
Vitamin D ist immer wieder ein Thema. Wird das regelhaft überprüft?
Ja, in unserem Zentrum ist das so. Bestenfalls sollte, vor Einleitung einer lipidsenkenden Therapie mit Statinen,
der Vitamin D-Spiegel optimal sein.
Das hat folgenden Grund: Unsere
Muskeln haben auch Rezeptoren für
Vitamin D, dass also auch den Muskelstofwechsel beeinflusst. Statine
können ebenfalls den Muskelstoffwechsel beeinflussen und zu Muskelschmerzen führen. Daher ist es wichtig, dass genug Vitamin D und Kalzi-
21
herzkreislauf
Omega-3-Fettsäuren
Alles in Maßen. Es gibt zwei seriöse
Studien zum Einfluss der Ernährung:
die DASH- und die PREDIMED-Studie.
Das Konzept, dass sich nachweislich
als positiv erwiesen hat, ist die sogenannte mediterrane Diät mit viel Gemüse, Olivenöl, Nüssen, wenig Fleisch
und dem Verzehr von fettem Fisch
zweimal wöchentlich.
Haben Vegetarier weniger Probleme
mit Fettstoffwechselstörungen?
Ist eine vegane Ernährung empfehlenswert?
Dass der Verzehr von fettem Fisch
positive Effekte hat, ist nachgewiesen, ob die Einnahme von
Fischöl-Kapseln dieselbe Wirkung
hat, dafür fehlen stichhaltige Belege. Möglicherweise ist dies abhängig von der gleichzeitigen Nahrungsaufnahme, so Professor Dr.
Clemens von Schacky, Kardiologe
und Experte auf dem Gebiet der
Omega -3Fettsäuren. Fetter Fisch,
wie Makrele, Sardine, Lachs, Hering und Forelle, weist einen hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren
auf. Eine bis zwei Fischmahlzeiten
pro Woche scheinen bereits die
volle Schutzwirkung zur Verhütung
des Herzinfarkts zu entfalten.
Fotos: iStockphoto
um in den Muskel und auch in den
Knochen gelangen, um Osteoporose
vorzubeugen bei einer begleitenden
Cortisontherapie.
Welche Rolle spielt die Ernährung?
Es heißt, Arachidonsäuren können
sich ungünstig auswirken, da sie
Entzündungen fördern. Sie sind vor
allem in tierischen Fetten enthalten. Diese können sich gleichzeitig
ungünstig auf die Cholesterinwerte
auswirken. Empfehlen Sie den Verzicht auf Fleisch?
22
Ja. Die vegetarische Diät ist durchaus
sinnvoll. Solange man auf mögliche
Defizite, wie Zink, Eisen, Vitamin B12
achtet, ist das durchaus förderlich für
die Blutfettwerte. Vegetarier haben
meist ein besseres Profil.
Wie verhät es sich mit veganer
Ernährung?
Bei einer veganen Diät muss noch
mehr auf mögliche Defizite geachtet
werden. Eine streng vegane Ernährung muss mit Verstand erfolgen,
nicht ideologisch.
Generell bereitet die Umstellung auf
eine andere, gesundheitsfördernde
Lebensweise (Ernährung und Bewegung) vielen Menschen Schwierigkeiten. Haben Sie Tipps, wie dies
gelingen kann?
Ja, das geht nur innerhalb von Familien. Ich lasse daher keine Ernährungsberatung ohne den Partner machen.
Wenn die ganze Familie sich umstellt,
funktioniert es meist ganz gut. Und
man muss es natürlich wollen. Die Industrie hat einen sehr großen Einfluss.
Man muss sich selber überlegen, wie
und was man die nächsten 20 Jahre
essen will. Man kann sich auch mental darauf einstellen, bestimmte Dinge
nicht mehr zu essen. Oder bewusster zu essen. Und wenn es unbedingt
Fleisch sein muss, dann wirklich ein
gutes Stück, dass man ggf. schnetzelt
und über einen Salat gibt.
Wie gefährlich ist Alkohol? Ein Glas
am Abend ist für viele normal...
Auch hier komt es auf das Maß an.
Gegen ein Glas Bier oder Rotwein am
Abend ist nichts einzuwenden. Wer
am Abend eine ganze Flasche trinkt
schadet seinem Körper. Es geht dabei
auch um Lebensqualität. Den Patienten immer wieder zu sagen, was sie
nicht dürfen, ist nicht zielführend.
Welche Rolle spielen Nahrungsergänzungsmittel wie Selen oder Vitamin E?
Nahrungsergänzungsmittel empfehle ich nicht. Es sei denn, es handelt
sich um Hochleistungssportler oder
Schwangere.
Und die viel umstrittenen Omega 3
Fettsäuren? Die meisten Menschen
schaffen es nicht, 2x wöchentlich
fetten Fisch zu verzehren.
Das ist ein weitreichendes Thema.
Fakt ist, dass den Omega-3-Fettsäuren
viele positive Effekte zugeschrieben
werden. Sie wirken entzündungshemmend, verringern die Klebrigkeit
der Blutplättchen und wirken sich
günstig auf die Funktion der Innenschicht der Arterien aus.
Für weitere Informationen weise ich
auf die Ergebnisse von Prof. Dr. Clemens von Schacky hin: www.medscapemedizin.de/artikel/4901083
Herr Professor Beil, ich danke Ihnen
für das Gespräch.
herzkreislauf
In Bewegung bleiben
Bewegung ist wichtig. Das ist längst kein
Geheimnis mehr. Unabhängig davon, ob man
kerngesund oder chronisch erkrankt, jung oder
alt ist, ob man noch nie sportlich war und auch
dann, wenn man sich eigentlich gar nicht dazu
in der Lage sieht, Sport zu treiben.
Text von Tanja Fuchs
B
ereits moderate Bewegung in
leichter Form (Spazierengehen) kann erheblichen positiven Einfluss haben. Auf den Blutdruck
und das Gewicht ebenso wie auf die
Bildung und den Verlauf von Artherosklerose, auf den Stoffwechsel und
auf den Verlauf einer rheumatischen
Erkrankung. Nicht selten haben Menschen mit Rheuma die Befürchtung,
Bewegung könne ihre Gelenke noch
mehr schädigen, den Körper zu sehr
belasten und erschöpfen oder gar zu
Schüben führen.
Sicher: die falsche Art von Bewegung
oder auch übertriebener Leistungssport, können negative Auswirkungen haben. Ebenso wie bei gesunden
Menschen auch. Aus diesem Grund,
so die Sportwissenschaftlerin Karin
Garrido Gajardo, sei es wichtig, dass
insbesondere Menschen mit einer
chronischen Erkrankung wie Rheuma, ihre individuelle Belastbarkeit
im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung feststellen lassen. Vor allem
Menschen, die lange keinen Sport
mehr gemacht haben, sollten es zunächst langsam angehen lassen. Auch
wenn es anfangs vielleicht „nur“ für
einen zügigen Spaziergang zweimal
in der Woche reicht. Denn, so Karin
Garrido weiter: „Es ist in jedem Fall
immer besser, das zu tun was möglich
ist, als gar nichts zu tun.“
Dass regelmäßige Bewegung, das
Fortschreiten einer Erkrankung im
positiven Sinne beeinflussen könne,
ist in vielen Studien nachgewiesen
worden. Mehr noch: wer sich regelmäßig bewegt, reduziert das Risiko,
kardiovaskuläre Erkrankungen zu
entwickeln. So ist es offenbar das
Zusammenspiel verschiedener Para-
Neuere Untersuchungen haben ergeben, dass übergewichtige Menschen,
die sich regelmäßig bewegen, eine
geringere Mortalität (Sterblichkeit)
aufweisen, als schlanke Menschen, die
sich überhaupt nicht bewegen.
Schwimmen eignet sich besonders gut, um trotz M. Bechterew
beweglich zu bleiben. Es belastet nicht die Gelenke und trainiert
Herz-Kreislauf-System und Muskeln gleichermaßen.
meter, auf denen die positive Gesamtwirkung beruht: Blutdruck, Fettstoffwechsel, Muskelaufbau, Ausdauer
und nicht zuletzt die Psyche spielen
eine Rolle.
Um die individuelle Belastbarkeit eines Patienten zu testen, werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt. Bei Karin Garrido, im Klinikum
am Stephansplatz, kommt neben einem Belastungs-EKG, auch die Spiroergometrie zum Einsatz. Durch dieses
Verfahren kann, durch Messung von
Atemgasen während körperlicher Belastung, die Reaktion von Herz, Kreislauf, Atmung und Stoffwechsel sowie
die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit qualitativ und quantitativ bewertet werden.Auf der Basis der Ergebnisse werden dann Empfehlungen
ausgesprochen. In regelmäßigen sich
anschließenden Untersuchungen
können Fortschritte gemessen und
die Intensität der Belastung ggf. erhöht werden.
Zu den wichtigen Zielen gehört, dass
die Patieneten wieder das Gefühl für
den eigenen Körper erlangen. Wer
sich selber spürt, lernt die eigene
Grenzen besser einzuschätzen und
kann langfristig versuchen, sich näher an diese Grenzen heranzutasten.
Leistungsdiagnostik
Auch wenn die Untersuchungen im
Rahmen der sogenannten Leistungsdiagnostik erfolgen – es gehe, so
Garrido, nicht um Leistung sondern
um Belastbarkeit. Um die individuelle Bealstbarkeit auszuloten, müssen
verschiedene Faktoren mit berücksichtigt werden, u.a. :
• Gewicht
• Alter
• evtl. Schmerzen
• Blutdruck
• Evtl. Herzrhythmusstörungen
• Medikamente
• Krankheitsstadium und
bisheriger Verlauf
• hat der Patient vor der Diagnose
Sport gemacht
• Motivation
23
Unter Spannung stehen
gut zu wissen
Bewegung:
Verordnung von
Funktionstraining
Fotos: iStockphoto
Ein spezielles Bewegungsprogramm
für Rheumakranke hilft, die Gelenkbeweglichkeit zu erhalten. Ärzte sollten
darauf achten, Betroffenen das bewährte Funktionstraining zu verordnen. Darauf weist die Deutsche Rheuma-Liga hin. So könnten Betroffene
auch viel selbst dafür tun, um ein bestmögliches Leben mit ihrer Erkrankung
zu führen, betonte Rotraut SchmaleGrede, Vizepräsidentin der Deutschen
Rheuma-Liga. „Dazu gehören nicht nur
Medikamente und eine ausgewogene
Ernährung, sondern auch die richtige
Bewegung.“ Allgemeine Bewegungsprogramme und –angebote, etwa in
Fitness-Studios oder Sportvereinen,
können rheumakranke Menschen
überfordern. „Häufig steht bei solchen
allgemeinen Ausdauer- und Kräftigungsübungen die sportliche Leistung
im Vordergrund. Rheumakranke können aufgrund ihrer Schmerzen und
Bewegungseinschränkungen oft nicht
mithalten. Es besteht die Gefahr, dass
sie entmutigt aufgeben“, mahnt Rotraut Schmale-Grede.
Das Funktionstraining dagegen eignet
sich für Betroffene mit rheumatischen
Erkrankungen aller Altersstufen: Physiotherapeuten mit einer vorgeschriebenen speziellen Zusatzausbildung
leiten dabei eine Gruppe Betroffener
zu speziellen Übungen für die betroffenen Gelenke an – in warmem Wasser oder als Trockengymnastik. Dabei
nehmen die Therapeuten Rücksicht
auf individuelle Einschränkungen und
geben Betroffenen Tipps und Hilfestellungen, wenn jemand aufgrund
der Erkrankung eine Übung nicht korrekt durchführen kann. Zudem sei das
Funktionstraining als Hilfe zur Selbsthilfe gedacht: Die Übungen sind so
angelegt, dass Betroffene sie täglich
zu Hause in Eigenregie durchführen
können. Die Ziele von Trocken- und
Warmwassergymnastik sind iden-
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Bestenfalls sollten die Übungen
zusätzlich zu Hause in Eigenregie
durchgeführt werden
tisch: Förderung der Beweglichkeit,
Kräftigung der Muskulatur und die
Schmerzlinderung. Zwar fällt die Bewegung im warmen Wasser vielen Betroffenen leichter, wird aber aber von
Teilnehmern nicht ganz so effektiv
erlebt, wie Trockengymnastik. Zudem
ist das Wiederholen der Übungen zu
Hause, eher bei der Trockengymnastik möglich. Nicht zuletzt kann die
Rheuma-Liga An Orten, an denen es
keinen Zugang zu einem geeigneten
Bewegungsbad gibt, nur Trockengymnastik anbieten.Die Kosten für das
Funktionstraining übernehmen die
Sozialleistungsträger. Die Verordnung
erfolgt durch den Arzt auf dem Verordnungsvordruck Muster 56, dabei
muss zwischen Rehabilitationssport
und Funktionstraining unterschieden
werden. Für Betroffene mit entzündlichen und degenerativen Gelenk- und
Wirbelsäulenerkrankungen, Osteoporose und Fibromyalgie eignet sich das
Funktionstraining, das die Selbsthilfeorganisationen vor Ort anbieten. Das
Funktionstraining wird nicht auf die
Richtgrößen bei der Heilmittelverordnung angerechnet.
(Quelle: Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.)
Psoriasis:
Orales Arzneimittel
zugelassen
Das orale Arzneimittel Otzela, das
den Wirkstoff Apremilast enthält, erhält von der Europäischen Kommission für die Behandlung von Patienten
mit Psoriasis und Psoriasis-Arthritis
eine Zulassung. Damit wird ein se-
lektiver Phosphodiesterase-4 (PDE4)Inhibitor als erste orale Therapie zur
Behandlung der Psoriasis seit 20 Jahren und zur Behandlung der PsoriasisArthritis seit 15 Jahren zugelassen.
(Quelle und weitere Infos: www.rheuma-online.de)
gut zu wissen
Servicestellen:
Vorsorge:
Regelung der
Terminvergabe
bei Fachärzten
Jährlich zum
Herz-Kreislauf-Check
Für viele gesetzlich Krankenversicherte ist es ein immer wiederkehrendes
Ärgernis: Wer einen Termin bei einem
Facharzt benötigt, der muss sich in
Geduld üben. Vor allem auf dem Land
warten Patienten oft wochenlang auf
einen Termin. Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz will Bundesgesundheitsminister Herman Gröhe nun Abhilfe schaffen. Das Versorgungsstärkungsgesetz soll den Verantwortlichen
vor Ort mehr Möglichkeiten einräumen, stärkere Anreize für eine Niederlassung in unterversorgten oder strukturschwachen Gebieten zu schaffen.
Praxen in überversorgten Gebieten
werden künftig nur nachbesetzt, wenn
es für die Patienten sinnvoll ist.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen
werden verpflichtet, Terminservicestellen einzurichten. Versicherte mit einer
Überweisung sollen so innerhalb von
vier Wochen einen Termin bei einem
Facharzt vermittelt bekommen. Mehr
Wahlrechte werden Patienten zudem
künftig bei Rehabilitationsfragen zugestanden. Weitere Informationen
zum Versorgungsstärkungsgesetz:
www.bmg.bund.de/krankenversicherung/gkv-versorgungsstaerkungsgesetz.html.
Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine
systemische Erkrankung und erfordert
ein besonderes Augenmerk auf das Herzkreislaufsystem. Bereits bei jungen RAPatienten mit milder Krankheitsaktivität
und ohne klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren kann eine endotheliale Dysfunktion erkannt und eine Intima-MediaVerdickung gemessen werden. Daher
sollte bei RA-Patienten von Anfang an das
kardiovaskuläre Risiko im Auge behalten
werden. (Quelle: ärtztezeitung.de)
INFO
Das Endothel ist eine dünne Schicht
aus Endothelzellen, die das Innere
von Blutgefässen auskleidet. Es
dient als Barriere zum Gewebe,
produziert aber z.B. auch Stickstoffmonoxid, welches der Regulation
im Herz-Kreislauf-System dient.
Der endothelialen Dysfunktion
wird eine große Bedeutung bei
Prozessen der Arteriosklerose zugesprochen. Die Intima und Media
bezeichnen die innere und mittlere
Schicht der Gefäßwand einer
Arterie
Durch den jährlichen
Herz-Kreislauf-Check
können Risiken
frühzeitig erkannt und
behandelt werden.
(Quelle: Rheuma-online)
vorschau Die nächste RHEUMAVISION erscheint im Mai 2015
Rheuma und Psyche
Welchen Einfluss hat eine chronische rheumatische Erkrankung auf das Seelenleben und welche Rolle spielt umgekehrt die
Psyche bei der Krankheitsbewältigung und dem Umgang mit der Erkrankung. Kann eine stabile Psyche sich positiv auf den
Verlauf rheumatischer Leiden auswirken? Was kann der Patient selber tun, um Ängste zu reduzieren und wie lassen sich Depressionen in den Griff bekommen? Mit diesen und anderen Fragen wollen wir uns in der kommenden Ausgabe der Rheumavision beschäftigen.
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Apothekenportrait
Die Apotheke am Dermatologikum:
Ihr Ansprechpartner in Sachen
Gesundheit und Wohlbefinden
Rheumatologie – ein Schwerpunkt in unserer
Apotheke
Die medizinisch korrekte Bezeichnung
für Rheuma ist „Krankheiten des rheumatischen Formenkreises“ unter der
man etwa 400 verschiedene Erkrankungen zusammenfasst, die durch
Entzündungen hervorgerufen werden.
Sie können Menschen in allen Altersklassen betreffen und sind häufig mit
Schmerzen verbunden. Rheumatologische Erkrankungen bedeuten daher
oftmals eine große Belastung für die
betroffenen Patienten.
Die Apotheke am Dermatologikum hat
sich auf die Betreuung von RheumaPatienten spezialisiert, um genau Ihren
Bedürfnissen gerecht zu werden. Aus
diesem Grund können die Mitarbeiter
der Apotheke am Dermatologikum den
Patienten eine Beratung zukommen
lassen, die wirklich umfassend ist. Unser Rundum-Service mit individueller
Belieferung umfasst alle verschreibungspflichtigen und freiverkäuflichen Rheumamedikamente.
Ihre Vorteile
• Permanente Verfügbarkeit Ihrer
erforderlichen Medikamente
• Kostenlose Rezeptzusendung
• Kostenlose Lieferung der Medikamente an die genannte Adresse
oder direkt in die betreuende
Arztpraxis
• Telefonische Patientenbetreuung
während der Öffnungszeiten der
Apotheke
• Ganzheitliche pharmakologische
Begleitung mit Interaktionschecks
und Unverträglichkeitsprüfung
Ihrer gesamten Medikation
• Doppelte Bonuspunkte (bis zu 8%
Rabatt) bei allen Bestellungen
rezeptfreier Medikamente in
unserer Online-Apotheke unter
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Wir freuen uns auf Sie!
Mit einem der leistungsstärksten
Kommissionier-Automaten in Norddeutschland und vielen Regal-Metern
Fläche bieten wir mit über 20.000 stets
vorhandenen Artikeln eines der umfangreichsten Apotheken-Sortimente
im gesamten Norden. Wir haben was
Sie brauchen!
APOTHEKE AM DERMATOLOGIKUM
Stephansplatz 1-5 | 20354 Hamburg
Tel: 040 819 71 96 0
[email protected]
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Fotos: Apotheke am Dermatologikum
Öffnungszeiten:
Mo - Fr 8:00 – 19:00 Uhr
Sa 9:00 – 15:00 Uhr
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vorgestellt
Die Deutsche Rheuma-Liga.
Gemeinsam mehr bewegen.
I
n Deutschland leidet etwa ein Viertel der Bevölkerung an Funktionseinschränkungen durch muskuloskelattale Erkrankungen. Rund 10 Mio. Menschen sind hierzulande erfasst, wenn
es um eine klinisch manifeste, behandlungsbedürftige und chronische Erkrankung des Stütz- und Bewegungsapparates geht. Ganz gleich, ob es um
schwere Rückenschmerzen, Kniegelenksarthrose oder eine Polyarthrose in
den Händen geht. Ob eine entzündlichrheumatische Erkrankung Schmerzen
verursacht oder ob das eigene Kind an
Rheuma leidet. Die Rheuma-Liga (RL) ist
für alle diese Menschen da. „Wir helfen
jedem der zu uns kommt,“ so Christel
Kalesse, Vorsitzende der RL Hamburg.
Mit ca. 280.000 Mitgliedern ist die RL
der größte Selbsthilfeverband im Gesundheitswesen. 16 Landes- und drei
Mitgliedsverbände beraten und informieren, frei von kommerziellen Interessen. Angebote der Hilfe und Selbsthilfe,
die Aufklärung der Öffentlichkeit und
die Interessenvertretung Rheumakranker gegenüber Politik, Gesundheitswesen und Öffentlichkeit sind vorrangige
Aufgaben der Organisation. (*Quelle:
Deutsche Rheuma-Liga, Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie)
Beratung – Begegnung – Bewegung
Wie in allen Geschäftsstellen steht
auch in Hamburg ein gut geschultes
Team allen Rheumakranken zur Verfügung. Persönlich oder am Telefon. Die
Beratung ist umfassend: Ob es um Soziales geht oder um den Behindertenausweis, Fragen zur Rente, Hilfsmittel
oder die Unterstützung von Eltern
rheumakranker Kinder und Jugendlicher. Auch in Bezug auf Ergotherapie
kann die Rheuma-Liga weiterhelfen.
Neben Info-Veranstaltungen zu verschiedensten Themen, gibt es auch Patientenschulungen, ärztliche Vorträge,
Workshops und Seminare sowie vielfältige Veranstaltungen und Ausflüge.
Nicht zuletzt bewegt die Rheuma-Liga:
Mit Bewegungsangeboten in Gruppen
und unter physiotherapeutischer Leitung. Auf der Matte und im Wasser.
Funktionstraining kann vom Arzt verordnet und von der Krankenkasse bezahlt werden. Darüber hinaus besteht
die Möglichkeit, Kurse als Sebstzahler
zu belegen. Alle Angebote der Rheuma-Liga sollen dazu dienen, die Eigeninitiative der Betroffenen zu stärken.
Veranstaltung
Die Deutsche Rheuma-Liga,
LV Hamburg e. V. lädt ein zur
Vortragsveranstaltung:
„Ernährung bei rheumatischen
Erkrankungen – neue Erkenntnisse“
Datum: 27. Mai 2015
Ort: Logenhaus, Welckerstr. 8,
20354 Hamburg (gegenüber
der Staatsoper)
Beginn: 15:00 Uhr
Einlass: ab 14:30 Uhr
Referentin: Dr. Anne Fleck,
Rheumatologin und Fachärztin für
Ernährungsmedizin
Rheumagerechte Ernährung und
neueste Erkenntnisse der Forschung dazu, sind Thema auf der
Veranstaltung im April.
Wir bitten um rechtzeitige
Anmeldung: Tel.-Nr. 040-6690765-0
oder [email protected].
Die Veranstaltung ist barrierefrei
und kostenlos.
Auftrag Gesundheit
Über 800.000 Menschen leiden in Deutschland
an Rheumatoider Arthritis – eine Erkrankung, die
ein normales Leben extrem erschwert.
Wir haben die Entzündungsprozesse erforscht
und neue Angriffspunkte gefunden. Eine klare
Perspektive für viele Betroffene, die neue Lösungen brauchen.
Und wir forschen weiter.