Unter Strom

Das
Klassik
& Jazz
Magazin
2/2015
HILLE PERL
Unter
Strom
Bryan Hymel
und Piotr Beczała:
Zeit für Helden
Frank Peter
­Zimmermann:
Feilen am
perfekten Klang
François Leleux:
Seelenbohrer
Pierre Boulez:
Maître der Moderne
Immer samstags aktuell
www.rondomagazin.de
Foto: Shervin Lainez
Foto: Rankin
7. bis
16. mai
2015
Lizz Wright
www.jazzfest-bonn.de
Foto: Stephen Freiheit
Nigel Kennedy
Foto: Ferrigato
jazzfest
bonn
Schirmherr:
Oberbürgermeister
Jürgen Nimptsch
Karten an allen
VVK-Stellen
und unter
www.bonnticket.de
Marilyn Mazur
Wolfgang Muthspiel
Do 7.5. Post Tower
Pat Martino Trio
Ulita Knaus
Mo 11.5. Brotfabrik
Peter Evans – Zebulon Trio
Hanno Busch Trio
Fr 8.5. LVR-LandesMuseum Bonn
Anke Helfrich Trio
Norbert Gottschalk Quintett
Di 12.5. Haus der Geschichte
Wolfgang Muthspiel Trio
Efrat Alony Trio
Sa 9.5. Universität Bonn
Lizz Wright
Stefan Schultze – Large Ensemble
Mi 13.5. Bundeskunsthalle
Marilyn Mazur‘s Celestial Circle
Frederik Köster – Die Verwandlung
So 10.5. Volksbank-Haus
Michael Schiefel & David Friedman
Michael Heupel
Do 14.5. Beethoven-Haus Bonn
Enrico Rava meets
Gianluca Petrella & Giovanni Guidi
Julia Kadel Trio
Fr 15.5. Bundeskunsthalle
Franco Ambrosetti Sextet
feat. Terri Lyne Carrington, Greg Osby, Buster Williams
WDR Big Band & Erik Truffaz
Sa 16.5. Telekom Forum
Nigel Kennedy plays Jimi Hendrix
Rebecca Treschers Ensemble 11
2
Themen
Pasticcio:
Meldungen und Meinungen
aus der Musikwelt
4
Regional ist erste Wahl
Leserreise:
Versailles
5
Vielfalt auf
Hille Perl:
Unter Strom
6
Fanfare:
Proben, Pleiten und
Premieren aus Oper
und Konzert
Französische Tenöre:
Zeit für Helden
Pierre Boulez:
Der Maître der Moderne
Montforthaus:
8
10
Frank Peter Zimmermann:
Feilen am perfekten Klang
14
Comic:
Momente der
Musikgeschichte
Alice Sara Ott &
Ólafur Arnalds:
Vintage-Chopin
Andreas Ottensamer:
Die nackte
Gulasch-Kanone
Tianwa Yang:
Forever Yang
16
18
19
20
22
24
26
Cécile McLorin Salvant:
Französische
Afro-Amerikanerin
28
32
Oper, Festival,
Konzerte
Jazzfest Bonn:
Endlich wieder Hauptstadt
30
Café Imperial:
Zu Gast im
Musiker-Wohnzimmer
36
33
38
40
41
CDs, Bücher &
Sammlerboxen
was auf die Ohren
42
Klassik-CDs
mit „CD des Monats“
43
Jazz-CDs
mit dem „Meilenstein“
52
Bücher:
Musik für Leseratten
56
Magazin:
Schätze für
den Plattenschrank
Bunte Klassik
Musik-Krimi:
Doktor Stradivari
8
Französische Tenöre:
Zeit für Helden
RONDO-CD:
Abonnenten kriegen
6
Über 50.000
Veranstaltungen.
Karten unter:
www.reservix.de
Hille Perl:
Unter Strom
Da Capo:
Gezischtes Doppel
Boulevard:
Hörtest – Schumann:
Violinkonzert d-Moll
Svjatoslav Richter:
Hundert Jahre Einsamkeit
höchstem Niveau
der RONDO-Opernkritik
12
Blind gehört:
Fabrice Millischer
34
Movimentos:
Hausbesuch – Versailles:
Es lebe der König!
François Leleux:
Der Seelenbohrer
Fotos: Johannes Gontarski; Dario Acosta/Warner Classics; Georg Thum/Sony; Lars Borges/Mercury Calssics; Friedrun Reinhold
Musikstadt:
St. Petersburg
Lust auf
Klassik?
16
14.05. – 25.05.2015
Internationale HändelFestspiele Göttingen
Göttingen und Umgebung
François Leleux:
Der Seelenbohrer
57
58
59
Termine
Termine:
Opernpremieren
60
Termine:
Konzerte Klassik
62
Termine:
Konzerte Jazz
66
Impressum
66
Zugabe:
Nettigkeiten von
den Hinterbühnen
dieser Welt
67
22
25.07. – 02.08.2015
Sommerliche Musiktage
Hitzacker
Hitzacker
Andreas Ottensamer: Die
nackte Gulasch-Kanone
24
19.06. – 02.08.2015
Festspiele Europäische
Wochen Passau
Passau und Umgebung
Tianwa Yang:
Forever Yang
33
Pasticcio
Meldungen und Meinungen der Musikwelt
Qualität trotz Gegenwind
Unbeirrt:
Valery Gergiev
Valery Gergiev kann anscheinend nicht anders. Sobald er auf den russischen Präsidenten angesprochen wird, gibt er sich nicht etwa zugeknöpft. Das genaue Gegenteil ist jetzt wieder während eines Interviews
mit der „Deutschen Welle“ passiert. Als Gergiev über das musikalische
Interesse des Staatsoberhaupt befragt wurde, meinte er: „Wissen Sie,
Präsident Putin ist einmalig: Er interessiert sich für Kinderchöre und hat
Zeit dafür!“ Mit dieser Ultranähe zum vielfach geschmähten Putin hat
sich Gergiev zwar nicht nur Freunde gemacht, doch hat zumindest seine Reputation darunter nicht gelitten. Gerade dirigierte er die Berliner
in der restlos ausverkauften Philharmonie (ein Kritiker mutmaßte tatsächlich, ob der Publikumszuspruch mit Gergievs Äußerungen zusammenhängen könnte). Und als neuer Organisationschef des Tschaikowski-Wettbewerbs hat er für die diesjährige Ausgabe im Juni die einzelnen
Jurys äußert prominent besetzen können – etwa mit Leonidas Kavakas,
Misha Maisky, Denis Matsuev, Thomas Quasthoff und Julia Varady. gf
Gaga machts möglich
Salzburger Nockerln:
Ehrenbürgerschaft
für Lady Gaga?
Als kürzlich die Oscar-Feierlichkeiten weltweit übertragen wurden, rieb
sich Leo Bauernberger prompt die Hände. Denn der Salzburger Tourismus-Manager ist sich absolut sicher, dass der Auftritt von Popsängerin
Lady Gaga einen für die Region einträglichen Effekt haben wird. In einem Medley hatte Gaga Songs aus dem erfolgreichen Musicalfilm „The
Sound of Music“ geträllert, der vor genau 50 Jahren auch im Salzburger
Land gedreht wurde. Schon heute reisen jährlich rund 300.000 Besucher
an, um die Originalschauplätze aufzusuchen. Doch nun dürfte der Hype
um die verfilmte Geschichte der österreichischen Trapp-Familie, die in
den USA quasi zur amerikanischen Kelly-Family wurde, schwindelerregende Höhen erreichen. Darauf spekulieren Geschäftsleute wie Leo Bauernberger nach Lady Gagas Auftritt. Und schon jetzt denkt mancher darüber nach, ob man nicht vorübergehend auf Gaga statt auf Mozart als
Zugpferd setzen und ihr dafür schon mal vorsorglich die Salzburger Ehrenbürgerschaft verleihen soll. rl
Nachwuchsschub
Mehr Nachwuchs:
Aufwärtstrend bei
den Musikschulen
Man hätte es nicht für möglich gehalten. Aber der Trend widerspricht
den Schwarzmalern, die sich immer wieder über den Kulturverfall aufregen. Laut einer von der Nachrichtenagentur dpa durchgeführten Umfrage zur aktuellen Situation von Musikschulen in vier ostdeutschen
Bundesländern und in Berlin ist der Andrang von Schülern stetig wachsend. So haben sich etwa in Berlin 2014 mehr als 52.000 Musikinteressierte an den 12 öffentlichen Musikschulen angemeldet. Ähnlich erfreulich sind die Zahlen in Brandenburg oder Thüringen – wobei nur ausreichend geschultes Fachpersonal fehlt. Mit einem außergewöhnlichen
Projekt richten sich dafür auch die ARD-Anstalten an den klassikinteressierten Nachwuchs. Nach dem letztjährigen Dvořàk-Experiment, bei
dem Schulklassen sich auf ein live übertragenes Konzert auf vielfältige
Weise vorbereiten konnten, steht jetzt das „Gershwin-Experiment“ ins
Haus. Die besten Schulprojekte werden online auf www.schulkonzert.
ard.de und im Rahmen der Abschlussveranstaltungen in München und
ausgewählten Landesrundfunkanstalten vorgestellt. gf
Leserbriefe
Zum Artikel „Dabeisein ist alles“ in
RONDO 01/2015
Auf der Klangwolke
„Lieber Herr Kornemann,
[…] Ihr Text zu Sokolov hat mir sehr gut gefallen. Er spielt in anderen Sphären. Und so,
in eben diesen anderen Sphären, habe ich ihn
vor langen Jahren in Basel erlebt. Ich verliess
den Konzertsaal wie auf einer Wolke. Ebenso auf einer Wolke sitzend, habe ich seine
Goldbergvariationen von 1982 angehört. Und
er war/ist der Einzige, der sich neben Glenn
Gould einreihen kann.
Nochmals Salzburg: Ich habe mich doch sehr
gewundert, dass er im Fono Forum nur 4,5
Sterne erhalten hat. Nun: ich bin ein musikalisch geprägter Laie und kein Profi.“
KASPAR N. WILDBERGER, RIEHEN
„Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für den Sokolov-Beitrag Ihres
Herrn Kornemann in Rondo 1/2015.
Treffsicherer und raffinierter läßt sich die aktuelle Stimmungslage in Sachen Sokolov
wohl nicht einfangen. Ihr stets interessierter
Leser,“
JAN ROXIN, PER EMAIL
Zur CD des Monats in RONDO 01/2015
Große Kunst, direkt in die Seele
„Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie die
neue CD von Tabea Zimmermann zur CD des
Monats gekürt haben. Schon mehrere Male
durfte ich diese Bratschistin im Konzert erleben, zum Beispiel beim Spannungen-Festival
in Heimbach. Sie wirkte immer sehr sympathisch auf mich, humorvoll und zugleich bescheiden, dazu ihre Ernsthaftigkeit im Umgang mit der Musik. Am meisten hat mich
aber ihr voller, warmer Ton auf der Bratsche
beeindruckt, die Musik ging mir direkt in die
Seele. Für mich war das Konzert mit Frau Zimmermann ganz große Kunst.“
HELGA SCHERNACK, DÜREN
Zum Hörtest „Telemann – Noveaux Quatuors“
in RONDO 01/2015
Musik-Metropolen
„Mit Vergnügen habe ich die lebhafte Schilderung von Telemanns Paris-Besuch im letzten
Hörtest gelesen. Da ich auch gerne die Musikstädte verfolge, die sie vorstellen, hatte ich
die Idee, ob man nicht auch mal Musik-Metropolen der Vergangenheit porträtieren könnte? Zum Beispiel würde mich ein ‚Besuch‘ in
Mailand zur Zeit des jungen Mozart bei Padre
Martini oder ein Abstecher ins Dresden Augusts des Starken und seiner Hofkapelle interessieren.“
WALTER RONNACHER, BAD REICHENHALL
4
30. INTERNATIONALES MUSIKFESTIVAL
19. JUNI – 19. JULI 2015
Cecilia Bartoli
Grigory Sokolov
Leserreise Versailles
19.06. Eröffnungskonzert
05.07.
Deutsches SymphonieOrchester Berlin
D: Andrey Boreyko
S: Sol Gabetta (Violoncello)
Saint-Saëns · Tschaikowsky
25.06. Christine Schäfer mit
Musiker der Berliner
Philharmoniker
Concerto Melante
Gallo · Händel u. a.
Barocke Oper und neue Philharmonie
Fotos: WikiCommons
V
ersailles: Das ist ein
beeindruckender
Barockbau – und
zweifellos einer
der Höhepunkte der europäischen Palastarchitektur. Kein
Wunder, dass das unter dem
Schutz der UNESCO stehende
Schloss zu den meistbesuchten
Denkmälern der Welt zählt. Doch
während die meisten Touristen
sich mit einem Rundgang durch
den berühmten Spiegelsaal und
einige andere museal hergerichtete Räume zufrieden geben, tauchen wir tiefer in die Epoche und
deren Kultur ein: Ein Höhepunkt
dieser speziell für RONDO-Leser
ausgearbeiteten 5-tägigen Reise ist der Opernbesuch im historischen Schlosstheater, der Opéra Royale.
Erleben Sie Leonardo Vincis
„Catone in Utica“ in einer historischen Besetzung – also mit vier
Countertenören, darunter Franco
Fagioli, Valer Sabadus und Max
Emmanuel Cencic. Das Spitzenensemble Pomo d‘oro unter der
Leitung von Riccardo Minasi wird
die historische Bühne im Schloss
von Versailles in die Brillanz und
den Klangfarbenzauber einer vergangenen Epoche tauchen. Nur
selten gibt es die Gelegenheit,
Oper in solch hochkarätiger Besetzung in der intimen Raumgröße einer originalen Barockbühne
zu erleben!
26.06.
Reisezeitraum:
Do, 18. Juni bis
Mo., 22. Juni
Preis: ab 1495 Euro
p. P./DZ inkl Bahnfahrt, bzw. 1595 Euro
p. P./DZ inkl Flug
Neugierig
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Fordern Sie
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unter fernweh@
rondomagazin.de
oder postalisch
­unter RONDO,
­Kurfürstendamm 211,
10719 Berlin – Ihre
Kontaktdaten bitte
nicht vergessen.
Wir freuen uns
auf Sie!
Es versteht sich von selbst,
dass wir auch das Schloss und
den gewaltigen Schlosspark
kennen lernen werden. Doch
auch Paris steht auf dem Programm, mit einer Rundfahrt
zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, wie der Kathedrale Notre-Dame oder dem Eiffelturm. Höhepunkt hierbei ist der
Konzertbesuch in der neuen Philharmonie, wo Sie ein Meisterwerk
der französischen Romantik und
eins der größtbesetzten Chorwerke überhaupt hören werden
– das „Te Deum“ von Hector Berlioz. Unter der Leitung des Musikdirektors des SWR-SO Baden-Baden und Freiburg und designierten Kölner GMD François-Xavier
Roth erwartet Sie eine Spitzenbesetzung; neben seinem Orchester
Les Siècles und der Kantorei Maîtrise de Radio France sind mehr
als ein halbes Dutzend weitere
Gesangsensembles mit dabei.
Die Reise ist – abhängig vom
Wohnort – mit Bahnfahrt oder
Flug von Deutschland, Österreich und der Schweiz buchbar.
Sie wohnen in einem charmanten, zentral in Versailles gelegenen Hotel, nur wenige Gehminuten vom Schloss entfernt. Es
begleiten Sie eine professionelle deutschsprachige Reiseleitung
und RONDO-Chefredakteur Carsten Hinrichs.
5
27.06.
28.06.
01.07.
02.07.
04.07.
© Dario Acosta
© Decca Uli Weber
Spieglein,
Spieglein:
Macht und
Herrschaft in
Versailles
Daniil Trifonov
Sonntagskonzert
Copenhagen
Philharmonic Orchestra
D: Lawrence Foster
S: Alisa Weilerstein
(Violoncello)
Julian Jia - Gewinner
KlavierOlymp 2014
Dvoˇrák · Mozart u.a.
08.07. Festliche Operngala
Budapest Philharmonic
Orchestra
Sabine Meyer und
D: Johan Arnell
Waltraud Meier
S: Genia Kühmeier
Nationalphilharmonie
(Sopran)
Warschau
Vesselina Kasarova
D: Jacek Kaspszyk
(Mezzosopran)
Strauss · Mozart · Brahms
Dmitry Korchak (Tenor)
Arien und Duette
Missa Solemnis
„Le Nozze di Figaro“,
Tschech. Philharmonie/
„Don Giovanni“ u. a.
Philharm. Chor Prag
D: Jiˇrí Bˇelohlávek/Chor- 10.07. Gala Frank Peter
leiter: Lukás Vasilek
Zimmermann
S: Genia Kühmeier
Bamberger Symphoniker
Bayerische Staatsphilharmonie
(Sopran)
D: Ádám Fischer
Marianne Crebassa
Mozart · Brahms
(Mezzosopran)
Arturo Chacón-Cruz
11.07. Gala Cecilia Bartoli
(Tenor)
„St. Petersburg“
Daniel Kotlinski
I Barocchisti
(Bassbariton)
D: Diego Fasolis
Prager
12.07.
Notte italiana
Virtuosenkonzert
Münchner
Tschech. Philharmonie
Rundfunkorchester
D: James Gaffigan
D: Jacek Kaspszyk
S: Midori (Violine)
S: Norma Fantini (Sopran)
Dvoˇrák · Schumann
Marianne Crebassa
(Mezzosopran)
Promskonzert
Arturo Chacón-Cruz
BBC Symphony Orchestra
(Tenor)
London
Daniel Kotlinski
D: Sakari Oramo
(Bassbariton)
S: Igor Levit (Klavier)
Arien und Duette aus
Grieg · Beethoven u. a.
„Tosca“, „Aida“,
Simone Kermes
„Norma“, „Werther“ u. a.
zwischen Barock, Bernstein & Mackie Messer 14.07. Klavierabend
Grigory Sokolov
Ensemble Metamorfosi
Bach · Beethoven u. a.
Andreas Schmidt (Bariton)
Bernstein · Rossini u. a.
15.07. „From Russia
Violinsoiree mit
with Love“
Brahms und Dvoˇrák
Orchester des Mariinsky
Symphonieorchester des
Theaters St. Petersburg
Bayerischen Rundfunks
D: Valery Gergiev
D: Andris Nelsons
S: Daniil Trifonov (Klavier)
S: Lisa Batiashvili (Violine)
Chopin · Tschaikowsky u. a.
Programm & Tickets KISSINGER SOMMER
Ticket-Tel. 0971 8048-444 · Mo - Fr 8:30 - 20 · Sa/So 10 - 14 Uhr
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Landkreis
Bad Kissingen
Hille Perl Unter Strom
Alte Musik im Sound von Rockballaden –
mit ihrem Album „Born To Be Mild“ schlägt
die Star-Gambistin unerwartete Töne an. Und
­Genregrenzen zu überschreiten ist gerade
schwer angesagt. Von G u i d o F i s c h e r
A
lles hat mit einer Frage und der sofort nachgelieferten Antwort begonnen. „Glauben Sie, Bach dreht
sich im Grabe herum?“, so Paul Hin-
demith einmal. „Er denkt nicht daran. Wenn
Bach heute lebte, vielleicht hätte er den Shimmy erfunden oder zum mindesten in die anständige Musik aufgenommen.“ Schon in den
Goldenen Zwanzigern erkannte Hindemith
als erster in der Musikgeschichte, was für ein
Jazz-Potenzial in der sogenannten Alten Musik
und speziell in der von Johann Sebastian Bach
steckt. Und prompt machte Hindemith die Probe aufs Exempel, als er eine Bach-Fuge in einem knackigen, noch nicht mal vierminütigen
Ragtime für Orchester verarbeitete.
Damals rümpften die Gralshüter des
abendländischen Klassik-Erbes über so eine
musikalische Frechheit natürlich gehörig die
Nase. Fast ein Jahrhundert später hingegen hat
sich die Lage zwischen den Lagern längst tiefenentspannt. Denn mittlerweile sind es nicht
nur Spezialisten aus der Alten Musik-Szene
wie Christina Pluhar, die die Ostinato-Basslinien einer Passacaglia oder einer Chaconne gehörig grooven lassen. Umgekehrt entdecken
auch Jazzfachleute wie der französische Tubist
und passionierte Serpentspieler Michel Godard die Musik etwa eines Claudio Monteverdi für sich. Schließlich, so Monsieur, „gibt es
unglaublich viele Ähnlichkeiten zwischen einem Musiker des 16., beginnenden 17. Jahrhunderts und einem Jazzmusiker von heute.“
Für Godard bildet da vor allem die Improvisa-
Foto: Johannes Gontarski
Verstärkung:
Die Familie
Perl-Santana,
jetzt auch mit
E-Gambe
6
tion das einende Band. Zudem sind sich die für
die Barockmusik typischen Ostinato-Bässe mit
den jazzigen Walking-Bässen ebenfalls nicht
wesenfremd.
E-Musik, wörtlich genommen
Einen etwas anderen Weg ist aber jetzt die
Gamben-Flüsterin Hille Perl gegangen, um
mögliche Schnittpunkte zwischen fernen Jahrhunderten und den jeweiligen Klangmoden
auszumachen. Wie der an den SteppenwolfKlassiker „Born To Be Wild“ angelehnte Titel ihres Albums „Born To Be Mild“ andeutet,
flirtet Perl da immerhin mit dem Rock-Idiom.
Zahlreiche Repertoire-Klassiker von „Greensleeves“ über eine „Musette“ vom französischen
Gamben-Maître Marin Marais bis hin zu Stücken von Tobias Hume erklingen jetzt im Stile
von instrumentalen Rockballaden. Da sorgen
Hille Perl und ihre Tochter Marthe auf ihren EGamben für schillernde Wahwah-Effekte und
Klangverzerrungen. Und Lee Santana, der nor-
Zwischendurch
kommt es innerhalb eines Stückes
plötzlich zu Dialogen zwischen Jobims „Desafinado“
und einer Toccata
von Kapsberger
– ein Moment von
wahrhaft glücksspendendem Flow.
malerweise sein musikhistorisches Stilempfinden auf Lauten in allen Größen exzellent
auszuspielen versteht, sorgt nun auch an einer E-Gitarre durchweg für zart fluoreszierende Klangflächen. Ob in der eigens komponierten „Pascals Gaillard“ oder im Arrangement
von „Silence“, dieser Ode aus der Feder des legendären, 2014 verstorbenen Jazz-Bassisten
Charlie Haden.
Dass sich der kleine Perl-Clan so unerwartet neu vor allem mit Klängen aus der Renaissance und dem Barock beschäftigt hat, mag
den Außenstehenden überraschen. Für Hille
Perl war dieser Schritt jedoch unvermeidlich:
„Vor einigen Jahren hatten mein Musik- und Lebensbegleiter Lee Santana und ich nur zum
Spaß eine Rockband mit ins Leben gerufen:
die Dead Poets. Ein bunter Haufen Musikbegeisterter mit einem ebenso bunten Programm.
Singer-Songwriter-Stücke unserer seligen Ju-
gendtage, handfeste Rock’n Roll-Evergreens –
Noch passgenauer arbeiten bei ihren Genaber auch Stücke von John Dowland und ande- re- und Repertoiregrenzübertritten aber zwei
Musiker, die aus völlig gegensätzlichen Richren Meistern der sogenannten Alten Musik. Die
Dead Poets genossen in dieser Zeit einen sehr
tungen kommen. Es sind der Jazz-Saxofonist
guten Ruf – und das weit über die Grenzen un- Hugo Siegmeth und der Lautenist Axel Wolf,
die auf ihrem Album „Flow“ einen erstaunseres Heimatdorfes Winkelsett hinaus. Ob in
Beckeln, Harpstedt, Colnrade oder sogar in der
lich gemeinsamen Atem unter Beweis gestellt
Kreisstadt Wildeshausen – immer freute sich
haben. Dabei ist das Programm auf den erseine ebenso treue wie stetig wachsende Fange- ten Blick mehr als nur kunterbunt geraten.
Neben John Dowland und Claudio Montevermeinde auf unser jährliches Konzert.“
Und mit dem Erfolg wuchs auch
der Anspruch an’s Instrumentarium.
„Um seinerzeit mit phonstarken Elektroklampfen und voluminösem Rockschlagwerk wetteifern zu können, legte ich mir schließlich eben jene elektroakustische Gambe zu, die nicht nur
Monteverdi mit Swing: Auf Christina Pluhars Alverstärkt werden konnte, sondern de- bum „Teatro d’amore“ gibt sich Counterboy Philippe
ren Klang ich auch durch den Ein- Jaroussky in der Monteverdi-Arie „Ohimè ch’io cado“
satz elektronischer Effekte verändern
extrem cool und swingend.
konnte. Und da das Instrument nun
Zeitloses Gipfeltreffen: Mit ihrem Album „Timeless“
einmal da war, dauerte es auch nicht
hat die auf die Alte Musik spezialisierte Lautten Comlange und ich begann damit zu expe- pagney Berlin eine erstaunliche Nähe zwischen dem
rimentieren und für mich und mein
Italiener Tarquinio Merula (1595 – 1665) und dem amevornehmlich ja als Alte Musik katego- rikanischen Minimalisten Philip Glass ausgemacht.
risiertes Repertoire neue Klangräume
Luftsäulenheilige: Die Besetzung ist mit Schalmei,
und -welten zu erschließen. Eine Liai- Akkordeon und Countertenor schon exotisch. Trotzson mit Folgen – an deren Ende die Idee
dem ist es dem Duo Mixtura zusammen mit Kai Wesfür diese CD mit diesem Programm
sel auf der CD „Sibylla“ gelungen, das Erbe des Renaisstand.“
sance-Fürsten Orlando di Lasso in den zeitgenössischen Kompositionen etwa von Karin Haußmann und
Die barock-brasilianische
Annette Schlünz sinn- und ohrenfällig zu machen.
Die besten
Brückenschläge
swingin‘ Dancefloor-Oper
Raus aus den Schubladen – dieses Motto schreiben sich überhaupt immer mehr Musiker auf die Fahnen, um für sich neue Klanghorizonte zu entdecken. In diese Riege hat
sich erst kürzlich wieder die bereits erwähnte Christina Pluhar eingereiht. „Music For A
While” nannte sie ihre Hommage an Henry Purcell und holte dafür neben engen Musikerfreunden wie Philippe Jaroussky und
dem italienischen Jazz-Klarinettisten Gianluigi Trovesi auch den österreichischen Gitarristen Wolfgang Muthspiel ins Team. „Wir wollen
die erstaunliche Aktualität von Henry Purcells
Musik unterstreichen, indem wir uns in den
Improvisationen harmonisch und stilistisch
konstant zwischen den Jahrhunderten bewegen“, so Pluhar. „Dieser musikalische Stilwechsel vollzieht sich oftmals auch im selben Stück
innerhalb eines einzigen Taktes. Der Zuhörer
befindet sich in einem zeitlosen Musikraum.“
Ganz in diesem Sinne hat sich gerade mit
der Musik Purcells, aber auch mit Höhepunkten aus Opern von Monteverdi und Händel die
Mezzosopranistin Theresa Kronthaler beschäftigt und diese mit ihren beiden Trio-Kompagnons Kalle Kalima (Gitarre) und Oliver Potratz (Kontra- und E-Bass) ins zeitgenössische
Rock- und Pop-Idiom übersetzt. Passend dazu
ist der Titel der Trio-CD gewählt: „The Living
Loving Maid“. Immerhin heißt fast genau so
auch ein Song der Rockband Led Zeppelin.
di tauchen George Gershwin („Summertime“)
und Thelonious Monk („Round Midnight“) auf.
Und zwischendurch kommt es innerhalb eines
Stückes gar zu scheinbar gewagten Dialogen
zwischen Carlos Jobims „Desafinado“ und einer Toccata von Giovanni Girolamo Kapsberger
oder zwischen einem Frescobaldi-Stück und
„Budo“ von Miles Davis. Doch Hugo Siegmeth
und Axel Wolf switchen nicht einfach hin und
her. Sie schaffen es tatsächlich, beide Klangsphären nahezu deckungsgleich miteinander
zu verschmelzen und daraus eine dritte, neue
Klangwelt zu schaffen. Am Reißbrett lassen
sich solche musikalischen Kernfusionen aber
selten entwerfen. Manchmal hängen die bisher ungehörten und glücksspendenden Ereignisse einfach nur vom richtigen Flow ab.
Neu erschienen: Hille und Marthe Perl, Lee
Santana: „Born To Be Mild“, dhm/Sony Classical
Abonnenten-CD: Track 9
Axel Wolf und Hugo Siegmeth: „Flow – Jazz
and Renaissance From Italy To Brasil“, Oehms/
Naxos
Erscheint Mitte April:
Kronthaler: „The Living Loving Maid“, Sony
Classical
Abonnenten-CD: Track 16
7
Und heute? „Guillaume Tell“ ist kürzlich in
Turin, Amsterdam, Pesaro, München, Bad Wildbad, Graz, Monte-Carlo und Cardiff mehr als nur
anständig gespielt worden. Warschau, London
und New York werden folgen. Denn allein mit
Juan Diego Flórez, John Osborne, Michael Spyres und Bryan Hymel steht ein noch nie dagewesenes Kleeblatt von vier Spitzentenören für diese
Wahnsinnspartie bereit.
Und nicht nur das. Floréz hat jüngst mit
„L’amour“ bei der Decca eine hinreißende Sammlung französischer Tenorarien vorgelegt, und
jetzt ziehen gleichzeitig sein polnischer Kollege
Piotr Beczała sowie eben der Amerikaner Bryan
Hymel mit zwei Soloalben nach.
Bryan Hymel, dessen Karriere eben durch
die Sängerdecke geht, studierte in Philadelphia
und begann seine Karriere im Alter von 19 Jahren als Preisträger der Verdi Aria Competition
1998 in Aspen. In Folge sang er fleißig Puccini an
kleineren Häusern. Doch bald schon folgten Engagements in Mailand, Glyndebourne, New York,
München und Amsterdam. Der 35-Jährige, der
vor allem in London bekannt wurde als Einspringer für Flórez (die Titelrolle in Meyerbeers „Robert le diable“) und Kaufmann (Énée in „Les troyens“ von Berlioz) und damit auch gleich zweimal zu DVD-Ehren kam (gerade erscheint zudem
Verdis „Les vêpres siciliennes“), startet selbstbewusst seine erste Solo-CDs „Héroïque“ mit dem
Arnold. Der Name ist wirklich und zu Recht Programm. Denn Hymel ist tatsächlich die seltene,
prächtig entwickelte Spezies eines französischen
Heldentenors.
Hochgerüstete
Attacke: Bryan
Hymel kann
sein strahlendes Timbre mit
Stolz präsentieren
Französische Tenöre Zeit für Helden
Die Sparte schien schon fast ausgestorben –
doch nun werfen Bryan Hymel und Piotr
Beczała gleichzeitig neue, tolle Arien-CDs in den
Klassikring. Von M at t h i a s S i e h l e r
N
ehmen wir zum Beispiel Gioachino Rossinis „Wilhelm Tell“ als Indikator. Vor einigen Jahren war diese
erste aller Grand Opéras im Repertoire nicht vorhanden. Vor allem, weil die Tenorrolle des Arnold nicht besetzt werden konn-
8
te. Ständig hängt der in der tenoralen Stratosphäre zwischen dem a und dem hohen c, das
vom Sänger über die ganze Oper hinweg 19
Mal erwischt werden muss. Auf CD ist selbst
Luciano Pavarotti nur ein Kompromiss, einzig
Nicolai Gedda schien dieser Partie gewachsen.
Er singt Arnolds große, fast 13 Minuten dauernde Soloszene „Asile héréditaire“ nicht nur
mit 10 Sekunden langem Final-c, sondern mit
Kraft, Geschmeidigkeit, furchtloser Höhenattacke und ziemlich einzigartiger Schwere. Hier
klingt ein richtiger Stimmkerl, kein Tenorino, sondern einer, der seine Waffen stolz vorzeigen kann. Die Stimme ist aber dennoch flexibel genug, weiß genau Kopf- und Brustresonanzen zu mischen. Hymel kann laut werden,
aber immer mit angenehmem Bauchkribbeln.
Sein Forte hat bisweilen einen metallischen, minimal grellen Beigeschmack, doch
trägt diese Farbe wiederum zur Unverwechselbarkeit seines eher dunklen, aber schön fokussiert strahlenden Timbres bei. Sein Französisch ist nicht makellos, doch im Toleranzbereich. Zudem hat ihm Warner für diese erste,
mit elf, teilweise sehr langen Arien gefüllte Silberscheibe die allerbeste Behandlung spendiert. Mit der Prager Philharmonie und dem
Chor der Brünner Philharmonie hat er ein sehr
gutes orchestrales und Vokalkollektiv-Fundament zur Verfügung. Am Pult agiert kenntnisreich Emmanuel Villaume.
Denn gerade im französischen Repertoire
ist es wichtig, dass die Psychologie der Opernhelden in ausführlicheren Ausschnitten er-
Foto: Dario Acosta/Warner Classics
Nicht bloß gefällige Häppchen
© Paul Bourke
fahrbar wird, man sich nicht nur auf Wunschkonzert-Melodien beschränkt. Hymel betätigt sich als Raritätensammler und deckt mehr
als hundert kreative Jahre französischer Oper
ab. Neben Rossini sind Berlioz („La damnation de Faust“, „Les troyens“), Verdi („Jérusalem“
und „Vêpres“), Gounod (mit dem hinreißend
heldischen „Inspirez-moi, race divine!“ aus „La Reine de Saba“), Meyerbeer („L’Africaine“), Massenet („Hérodiade“) vertreten,
aber auch halb vergessene
Namen wie Ernest Reyer
mit seinem post-wagnerischen „Sigurd“, Alfred
Bruneau mit „L’attaque
du moulin“ und Henri Rabaud mit einem Ausschnitt aus dem 1934 uraufgeführten „Rolande et le
mauvais garçon“.
Auf dem Medienmarkt ist Beczała mit vielen Opern-DVDs bestens vertreten, zwei Soloalben für Orfeo mit slawischem sowie italienisch-französischem
Standardrepertoire
fanden großen Beifall. Als Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon begann er
als Quereinsteiger mit einer hübsch operettigen, freilich ein wenig verhaltenen Richard-Tauber-Hommage.
Und
jetzt folgt Französisches – in
möglichst breiter Fächerung. „The French Collection“ wird auch sehr luPiotr
xuriös wie idiomatisch
Beczała
gekonnt
instrumental
begleitet vom Orchestre de l´Opéra national
de Lyon unter Alain Altinoglou. Da gibt es Bekanntes von Massenet („Werther“,
„Le cid“, „Manon“), Berlioz („La
damnation de Faust“), Gounod („Roméo et Juliette“, „Faust“), Bizet und Rares wie Verdis französischen Don Carlos, Aubers „La dame blanche“, Berlioz’
„Béatrice et Bénédict“ oder Donizettis
„Dom Sébastien, roi de Portugal“.
Dass Beczałas CD keinerlei ReperDie Franzosen sind auch vokal immer einen Sonderweg gegangen. Kastraten beispielsweise mochten
toire-Überschneidungen mit der von
Hymel hat (wenn sie auch beide „Damsie gar nicht, so entwickelte sich in der Barockzeit am
nation de Faust“-Ausschnitte singen),
Hofe Ludwigs XIV. der Haute-Contre-Tenor, der mit
zeigt deutlich, wie unterschiedlich
sehr viel Kopfstimme sang. Als die Oper dramatischer
die Stimmen gelagert sind. Beczała
wurde und der italienische Einfluss nicht mehr zu
ist ein Lyriker, der inzwischen im Zwistoppen war, triumphierte etwa der durch die französische Rossini-Schule gegangene erste „Tell“-Arnold
schenfach angekommen, ist mit Auber
und Roméo seine jugendliche HöhenAdolphe Nourrit. Er wurde verdrängt durch Gilbert
leuchtkraft beweisen will; manchmal
Duprez, der als erster das hohe c mit Bruststimme
aber wirkt die inzwischen ein wenig
sang. Auf ihn, wie auf den polnischen Metropolitanerkämpft. Doch ist er ein feiner Stilist,
Opera-Liebling, Jean de Reszke, den baritonal grunder das souverän mit feinen Pianolidierten George Thill und schließlich Nicolai Gedda
nien überspielt. Nicht nur im schmelberuft sich Bryn Hymel. Jean de Reszke ist natürlich
zenden „Manon“-Duett mit Diana
auch für den Polen Piotr Beczała ein Vorbild, desgleiDamrau macht er gezielt die Gefühlschen Jussi Björling und wiederum Nicolai Gedda als
schleusen auf und hat sich doch stets
moderne Stilbeispiele.
geschmacklich im Griff.
Eine gute Zeit für die französische
Lyriker contra Heldentenor
Oper also. Hoffentlich reagieren Markt und BeWährend Hymel auf seiner CD sein Unvertrieb entsprechend darauf.
wechselbarstes, Bestes und auch Einzigartigstes präsentiert, legt der schon weit erfahreneNeu erschienen: Piotr Beczała: The French
Collection, mit Damrau, Orchestre de l’Opéra
re, im Betrieb abgeklärtere Kollege Beczała mit
seiner jüngste CD einfach nur einen bestimmnational de Lyon, Altinoglou, DG/Universal
ten Ausschnitt seiner Repertoirepallette vor.
Bryan Hymel: „Héroïque“ , mit Prager
Der 1966 geborene Beczała startete seine
Philharmonie, Villaume, Warner
Weltkarriere von Kattowitz mit festen Enga Abonnenten-CD: Track 12
gements in Linz (1992–1997) und Zürich (ab
1997) und seinen ersten internationalen AufDie nächsten Konzerte mit Piotr Beczała:
tritten als Tamino bei den Salzburger Festspie30.5.
Wien (A), Burgtheater
len (1997). Heute gehört er zu den führenden
12.6.
Graz (A), Musikverein für Steiermark
Vertretern des lyrischen Tenorfachs, gefragt
15.6.
Wien (A), Konzerthaus
an allen bedeutenden Opernorten. Gleich22.6.
Schwarzenberg (A), Schubertiade
wohl hat er eben seinen ersten Lohengrin un25.6.
Ingolstadt, Audi Sommerkonzerte
ter Christian Thielemann für 2016 in Dresden
angekündigt.
Foto: Johannes Ifkovits/DG
Frankreichs hohe
Männer
9
SAISON
2015/16
FESTIVALS
ABONNEMENTS
KONZERTE
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n!
Karte
SIR SIMON RATTLE
VLADIMIR JUROWSKI
YEFIM BRONFMAN
MARTIN GRUBINGER
LONDON SYMPHONY ORCHESTRA
ANDREAS STAIER
MÜNCHNER PHILHARMONIKER
JONAS KAUFMANN
MONTEVERDI CHOIR
CHRISTIAN THIELEMANN
PIOTR ANDERSZEWSKI
JORDI SAVALL
KONINKLIJK CONCERTGEBOUWORKEST
IGOR LEVIT
MAHLER CHAMBER ORCHESTRA
PATRICIA KOPATCHINSKAJA
BERLINER PHILHARMONIKER
SIR ANDRÁS SCHIFF
SOL GABETTA
MICHAEL WOLLNY
LONDON PHILHARMONIC ORCHESTRA
MITSUKO UCHIDA
MAGDALENA KOŽENÁ
WIENER PHILHARMONIKER
PIERRE-LAURENT AIMARD
SIR JOHN ELIOT GARDINER
LANG LANG
CHRISTIAN TETZLAFF
ANNETTE DASCH
IVÁN FISCHER
UND VIELE ANDERE
10% Frühbucher-Rabatt
für Abonnenten
TICKETS
069 13 40 400
www.alteoper.de
Pierre Boulez Der
­Maître der Moderne
Vor genau 90 Jahren wurde der Komponist, Dirigent
und Kulturpolitiker Pierre Boulez geboren. Ein Grund,
Bewunderer und Kollegen dieses Jahrhundertmusikers
zu bitten, ihn hochleben zu lassen. Von G u i d o F i s c h e r
Wolfgang Rihm
„Das Phänomen Boulez macht seine Präsenz in der Dreiheit Komponist-Dirigent-Schriftsteller aus. Darüber hinaus seine Fähigkeit, In-
stitutionen zu schaffen und durch
lange Zeit zu motivieren. Was hingegen die Frage nach dem BoulezWerk betrifft: Wirkliche Kunstwerke sind naturgemäß unerschöpflich und zeigen immer wieder
neue Aspekte. Ebenso können sie
sich unvermittelt verschließen. So
geht es mir mit allen Boulez-Werken. Wobei zu dem ‚Phänomen‘
Boulez gehört, dass es eigentlich ein einziges labyrinthisches
Werk-Ganzes gibt, dem er selbst
immer wieder neue Aspekte und
Verschlossenheiten abgewonnen
hat. Und was möchte ich ihm wünschen? Den ungeschmälerten Genuss der Würde seines Alters. Das
Menschen-Mögliche also.“
(Wolfgang Rihm, Komponist)
Carolin Widmann
„Was mein Lieblingsstück von Boulez angeht, bin ich als Geigerin
natürlich sehr subjektiv. Aber ‚Anthèmes 2‘ ist eines meiner Lieblingsstücke der Moderne. Es ist
wirklich wunderschöne Musik,
mit ständig wechselnden Charakteren und der Elektronik als
gleichwertigem Kammermusikpartner mit der Violine.“
(Für die Violinistin Carolin Widmann haben u. a. Wolfgang
Rihm und ihr Bruder Jörg Widmann komponiert)
Irvine Arditti
Stammvater:
Pierre Boulez hat
immer auch jungen
Komponisten und
Musikern auf ihrem
eigenen Weg geholfen
„Boulez ist einmalig, als Dirigent
und als Komponist. Ich erinnere mich an eine Probe mit ihm
in London. Der zweite Satz seines „Livre pour quatuor“ war wegen des Tempos und musikalischen Atems schwierig zu spielen, weil er nicht zum Metrum
zu passen schien. Ich bat Boulez,
ob er nicht dazu dirigieren könne, damit ich mich auf mein Spiel
konzentrieren kann. Er antwortete zwar, dass er darauf eigentlich
nicht vorbereitet sei. Aber zwei
Minuten später spielten wir – mit
Maestro Boulez, der uns perfekt
durch alles navigierte.“
(Irvine Arditti, Gründer des englischen Arditti Quartet)
„In seinem Roman über den französischen König Henri IV. bezeichnet Heinrich Mann diesen als einen ‚Mächtigen des Guten‘. Das
könnte man auch über Pierre
Boulez sagen. Die bedeutende
Wirkungsmacht von Pierre Boulez ist evident und unstrittig. Sie
scheint sich mir nicht nur aus der
Vielfalt seiner stets mit höchster
Kompetenz ausgeübten Tätigkeit
als Komponist, Dirigent, Organi-
10
Foto: Harald Hoffmann/DG
York Höller
sator und Kunstdenker zu ergeben, sondern auch aus der – recht
kontinuierlich medial vermittelten – Unverwechselbarkeit seiner
Persönlichkeit, die in ihrer spezifischen Ausstrahlung letztlich unerklärlich bleibt. Diese Wirkungsmacht hat Pierre Boulez aber nie
ausschließlich für sich selbst genutzt. Während meiner Jahrzehnte langen persönlichen und
kennenzulernen. Er überschüttete mich geradezu mit seinem Vertrauen. Boulez ist sehr ernsthaft
und geht keine Kompromisse ein.
Zugleich geht er mit einem stets
sehr respektvoll um. Seitdem ist
Boulez für mich ein wichtiger Referenzpunkt in meinem musikalischen Leben. Und was seine
Kompositionen angeht: Seine ‚Notations‘ für Orchester gehören zu-
Ein Leben für die Musik
Miles Davis und von Boulez! Und
die Faszination an seiner Musik
hat nie nachgelassen. Man nehme allein das Werk ‚Rituel‘. Wenn
man einmal in seiner Gong-Welt
gefangen ist, wird man alle Vorurteile von Dogmatismus vergessen.
Es ist ein Klangstück par excellence. Und hätte Boulez nur dieses eine Stück geschrieben, er hätte damit bereits seinen Platz auf
dem Musikolymp sicher.“
Geboren wurde Pierre Boulez am 26. März 1925 in Montbrison (Loire). Nach seinen Studien bei Olivier Messiaen und René Leibowitz wurde er zusammen
mit Stockhausen und Nono zu den Wortführern der Nachkriegsavantgarde. In
den 1960er Jahren begann er zudem seine Dirigententätigkeit. So wurde er
1970 Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker und hat seitdem alle großen Spitzenorchester geleitet. Außerdem brachte er 1976 in Bayreuth mit Patrice Chéreau den „Jahrhundert-Ring“ heraus. Zu seinen kulturpolitischen Meriten zählen die Gründung des Pariser Musikinstituts IRCAM, des Ensemble intercontemporain sowie der Lucerne Festival Academy. 2015 wurde Boulez zum
Ehrenbürger von Baden-Baden ernannt, wo er seit 50 Jahren lebt, und mit einem „Grammy“ für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
künstlerischen
Bekanntschaft
habe ich – aber natürlich nicht
nur ich – beobachten können, wie
sehr er sich immer wieder für von
ihm geschätzte Komponistenkollegen und Interpreten eingesetzt
hat und einsetzt. Ohne seine Förderung wären einige meiner bekannteren Werke nicht nur nicht
entstanden, sondern auch nicht
so kompetent (mehrfach durch
ihn selbst) zur Aufführung gebracht worden.“
(Der Komponist York Höller arbeitete u. a. an dem von Boulez
gegründeten Pariser IRCAM-Institut)
Philippe Manoury
„Boulez ist, wie Debussy, eine komplexe Mischung aus Freiheit und
Unbedingtheit.“
(Die Werke des Franzosen Philippe Manoury wurden von Boulez
u. a. in der New Yorker Carnegie
Hall dirigiert)
Pablo Heras-Casado
„Es war für mich eine unschätzbare Erfahrung, 2007 Pierre Boulez
im Rahmen der Lucerne Academy
sammen mit Strawinskis ‚Le sacre‘,
Varèses ‚Amériques‘und Stockhausens ‚Gruppen‘ zu den zentralen Werken des 20. Jahrhunderts.“
(Pablo Heras-Casado gewann
2007 den Dirigentenwettbewerb
des Luzern-Festivals)
Jörg Widmann
„Ich kann mich natürlich noch lebhaft an meine erste Begegnung
mit ihm bzw. seiner Musik erinnern, da sie wirklich mein Leben
verändert hat. Noch als Schüler
bin ich nach Straßburg zum Musica-Festival gefahren, wo Boulez sein Ensemble intercontemporain dirigierte. Und tatsächlich
hatte ich nie zuvor solch einen
Rausch an Klangfarben gehört,
ja erlebt. Aufgeführt wurde auch
sein Klarinettenstück ‚Dialogue
de l’ombre double‘, das ich später selber sehr viel gespielt und
mit Boulez erarbeitet habe, und
vor allem sein Werk ‚Répons‘. Ein
Raumstück, in dem Marimbafone
und Vibrafone im Raum herumzuschwirren schienen und mit
der Elektronik auf wunderbare
Weise verbunden waren. Damals
hing übrigens gleichberechtigt
über meinem Bett ein Poster von
(Vom Klarinettisten und
Komponisten Jörg Widmann hob Boulez 2007
mit den Wiener Philharmonikern das Orchesterwerk „Armonica“ aus
der Taufe)
Louwrens Langevoort
Was macht für Sie das
Phänomen „Boulez“ aus?
„Die Kombination aus einem Komponisten, einem Dirigenten und einem Kulturpolitiker, der ganz andere Denk- und Sichtweisen über
Musik, gerade der zeitgenössischen, etabliert hat. Und das sowohl bei seiner Generation als
auch bei den nachkommenden.
Seine pointierten Aussagen von
oftmals politischer Relevanz treffen ins Schwarze und dürfen sich
so der öffentlichen Aufmerksamkeit sicher sein.“
Welches Boulez-Werk packt
Sie weiterhin?: „‚Pli selon pli‘, ‚Dérive 2‘, ‚Sur incises‘ – um mal drei
Werke zu nennen – sind Kompositionen, die mich jedes Mal aufs
Neue faszinieren. Boulez fordert
irres technisches Können und
Perfektion von seinen Musikern
und gibt ihnen dafür spannungsvolle Partituren, die eine enorme
Sensualität haben, wenn man sie
richtig interpretiert.“
Was wünschen Sie Pierre
Boulez?: „Mit 90 Jahren hat ein
Mensch schon ein langes Leben
hinter sich. Ich wünsche ihm und
uns, dass seine Werke noch ein
langes Leben vor sich haben und
unverzichtbar im Repertoire vieler Konzerthäuser werden.“
(Louwrens Langevoort, Intendant der Kölner Philharmonie)
Herr der 1000 Klangfarben
Schon im Vorfeld des Neunzigsten
vo n B o u l e z w u rd e s e i n d i s kografischer Output von zwei
schwergewichtigen Top-Boxen
dokumentiert . „The Complete
Columbia Album Collection”
spiegelt seine Arbeit mit Spitzenorchestern aus New York, Cleve­
land und London aus dem Zeit­
raum 1966–1995 wider. „20th
Century” bündelt dagegen Aufnahmen von Werken u. a. Weberns,
Debussys, Strawinskis, Bartóks
und Birtwistles, die Boulez für die
Deutsche Grammophon bis 2010
eingespielt hat. Brandneu hinzugekommen sind nun „The Complete
Erato Recordings”, auf denen
Boulez auch beeindruckende
Plädoyers für Komponistenkol­
legen wie Kurtág, Grisey, Ferney­
hough und Höller hält. Leider
hat es die großartige, von Daniel
Barenboim dirigierte Erato-Aufnahme u. a. von „Rituel“ nicht in
die Box geschafft. Dagegen ist die
Dokumentation der von Boulez
initiierten Pariser Konzertreihe
„Domaine Musical“ endlich auch
hier erhältlich. Neben Originalaufnahmen aus den Jahren 1956–
1967, in denen Boulez u. a. Werke
von Stockhausen, der Zweiten
Wiener Schule und Kagel dirigiert,
findet sich auf einer der beiden
Bonus-CDs ein Gespräch mit Boulez
über „Domaine Musical“ – sowie
die überhaupt allererste Aufnahme
seines Neue Musik-Klassikers „Le
marteau sans maître“.
Wer zudem den Dirigenten,
Pädagogen und Menschenfreund
Pierre Boulez ausführlich live und
in Farbe kennenlernen bzw. immer
wieder bestaunen will, der hat
dazu dank der DVD-Box „Emotion &
Analysis“ ausreichend Gelegenheit.
Bon Anniversaire!
20th Century, 44 CDs, DG/Universal
The Complete Columbia
Album Collection, 67 CDs, Sony
Classical
The Complete Erato Recordings,
14 CDs, Erato/Warner
Le Domaine Musical 1958–1967,
10 CDs, Accord/Universal
Pierre Boulez Emotion &
Analysis, 10 DVDs, EuroArts/
Naxos
11
Hausbesuch – ­
Versailles Es lebe der
König !
Das Barockmusikherz Frankreichs
schlägt bis heute in und um das
Schloss von Versailles. Prächtige
Klangperspektiven bietet daher auch
die viertägige RONDO-Leserreise.
Von G u i d o F i s c h e r
I
n den ersten Mai-Tagen des
Jahres 1664 platzte die noch
im Bau befindliche Schlossanlage von Versailles aus allen Nähten. Der zukünftige Hausherr Louis XIV. hatte zu einer ein-
12
wöchigen Party geladen. Und um
die mit großem Gefolge angereisten Blaublüter nach allen Regeln
royaler Kunst zu unterhalten, ließ
Louis sich von seinem Haus- und
Hofpersonal wie Komponist Lully,
Dichter Molière und Choreograf
Beauchamp ein einziges Gesamtkunstwerkspektakel inszenieren.
Unter dem Namen „Les Plaisirs
de l’Ile Enchantée” ist dieses Festival in die Geschichte eingegangen, bei dem auch all die Brunnen,
Kaskaden und Wasserspeier zur
bewunderten Attraktion wurden.
Bis der französische Allmächtige mit seinem ganzen Hofstaat
endgültig nach Versailles ziehen konnte, sollte es zwar noch
bis 1682 dauern. Aber bereits
mit dem glanzvollen Fest anno
1664 bewies Louis nicht nur Geschmack, sondern unterstrich seine absolute Liebe zur Musik. Und
wer diente nicht alles unter ihm.
An vorderster Front stand natürlich Jean-Baptiste Lully, der mit
seinen Opern auch das französische Modell der „Trágedie lyrique“
salonfähig machte. Hinzu kamen
etwa der Zaubergambist Marin
Marais, der Lautenist Robert de
Visée sowie die Kirchenmusiker
Marc-Antoine Charpentier und
Michel-Richard Delalande, die für
die täglichen Messen von Louis
XIV. in der Königlichen Kapelle zu
komponieren hatten.
Auch nach dem Tod des Herrschers im Jahr 1715 blieb Versailles unter dem Nachfolger
Louis XV. eine musikalische
Hochburg. Wobei unter ihm bisweilen ein Inszenierungspomp
gepflegt wurde, der selbst herrlichste Klänge in den Schatten
stellte. Exemplarisch dafür stand
die Aufführung der Huldigungsmusik „La princesse de Navarre“, die Rameau 1745 zu Ehren
der Vermählung von Maria Theresia von Spanien mit dem Sohn
von Ludwig XV. komponiert hatte. Über 40 Tänzer, 40 Sänger und
180 Darsteller waren dafür engagiert worden. Doch wie der düpierte Librettist und Ohrenzeuge
Voltaire später bezeugte, wirkten
die Darsteller „unter dem mächtigen Gewölbe wie Pygmäen. Und
zu hören waren sie überhaupt
nicht.“
Abseits des prunkvollen Spektakels und höfischen Zeremoniells entspannte sich der Versailler Adel aber stets auch gerne
bei geselligen Festen unter freiem Himmel. Da wurde in zumeist
ländlichen Kostümen geplaudert
und geflirtet. Und bei den musikalischen Divertissements erklangen nicht selten Blockflöte, Dudelsack und Drehleier, die als die
Instrumente der „musique champêtre“ (ländlichen Musik) galten.
Und wer heute entlang der Kanäle und über das Grand und Petit
Trianon bis in den entferntesten
Foto: Petronela Cretu
Hereinspaziert:
Bei der RONDOLeserreise öffnen
sich für die
Teilnehmer auch
exklusive königliche Separées
Gartenwinkel von Versailles promeniert, wird in eine ganz andere,
eben ländliche Welt eintauchen,
mit der Marie Antoinette diesem
Lebensgefühl auch optisch Ausdruck gegeben hatte. Denn statt
barocker und klassizistischer Repräsentationsarchitektur erwartet den Flaneur nun eine bäuerliche Idylle mit kleinem See und
Häusern im normannischen Stil.
Zwischen 1783 und 1788 hatte sich die Gattin von Ludwig XVI.
dieses dörfliche Paradies erbauen
lassen. Und gemäß dem von JeanJacques Rousseau ausgerufenen
Motto „Zurück zur Natur“ frönte Madame dem idealisiert einfachen Dasein und war sich selbst
nicht zu fein, die Kühe zu melken. Das friedvolle Landleben sollte aber abrupt beendet werden.
1789 stand das aufgebrachte Volk
vor der Pforte, um das Königspaar
zum Umzug nach Paris zu drängen. Damit verstummte vorerst
auch Versailles für immer.
konzertant die neuesten Notenschätze ganzjährig im Versailler
Schloss.
Zwischendurch werden aber
auch regelmäßig Einladungen an
Kollegen ausgesprochen, mit exquisiten Repertoire-Ausgrabungen in der Königlichen Oper zu
gastieren. So erlebt diesen Sommer die 1728 uraufgeführte Oper
„Catone in Utica“ des Italieners
Leonardo Vinci in Versailles ihre
französische Erstaufführung. Und
dieses Ereignis kann man jetzt im
Rahmen einer viertägigen RONDO-Reise in einer Allstar-Besetzung live miterleben! Immerhin
sind einige Partien mit den göttlichen Countertenorstimmen von
Franco Fagioli, Max Emanuel Cencic und Valer Sabadus besetzt. Außerdem dirigiert Riccardo Minasi
das phänomenale Alte Musik-Ensemble Il Pomo d’Oro.
Doch diese Aufführung ist
selbstverständlich nur einer von
vielen Höhepunkten bei diesem
außergewöhnlichen
Versailles-Trip.
So
steht auch ein Tagesausflug nach Paris
auf dem Programm,
nebst Konzertbesuch
in der neuen PhilharMehr zum Programm der RONDO-Leserreise
monie, die mit Bernach Versailles erfahren Sie auf Seite 3
lioz’ „Te Deum“ sozusagen im Stresstest
einer
spätromantischen Exzess-Besetzung in Augen- und
Ohrenschein genommen werden kann.
Wieder zurück im
einstigen Machtzentrum
Frankreichs,
kann man aber nicht
Dass man hier jedoch mittler- nur durch die herrlichen Gärten
von Versailles spazieren und den
weile wieder Barockmusik vom
Feinsten hören kann, ist nicht zu- Wasserspielen lauschen. Zu Ehletzt dem Centre de Musique Ba- ren des vor genau 300 Jahren verroque de Versailles (CMBV) zu
storbenen Sonnenkönigs dürfen
verdanken. Seit 1987 hat es sich
selbst eingefleischte Republikadas Institut zur Aufgabe gemacht,
ner vor seinem übergroßen Reinicht nur jenen unüberschau- terstandbild durchaus für einen
baren Partiturennachlass abzu- Moment andächtig verweilen.
arbeiten, der sich innerhalb eines Jahrhunderts unter den drei
Neu erschienen: Charpentier,
Regenten Ludwig XIV., XV. und
Delalande, Rameau: „Te Deum –
XVI. aufgetürmt hat. Experten für
Festliche Musik am Hof von Verdie historische Aufführungspra- sailles“, mit Musiciens du Louxis wie William Christie, Christo- vre, Minkowski, English Baroque
phe Rousset und Olivier Schnee- Soloists, Gardiner, Paillard u. a.,
beli arbeiten eng mit dem CMBV
Erato/Warner
zusammen und präsentieren
Robert
Schumann
pur
Foto: El-Bosso/fotocommunity (u.)
Foto Stefan Lippert
Neugierig
geworden?
1 CD
CD HMC 902196
± DVD
ntsc
Das Violinkonzert
live aus der Berliner
Philharmonie
Violinkonzert
Klaviertrio Nr. 3
Isabelle Faust Violine
Jean-Guihen Queyras Violoncello
Alexander Melnikov Klavier
Freiburger Barockorchester
Pablo Heras-Casado
Diese erste Folge einer Trilogie sämtlicher Konzerte und Klaviertrios
von Schumann vereint zwei späte und zu Unrecht vernachlässigte Werke.
Die Initiatoren des Projekts, Isabelle Faust, Alexander Melnikov und
Jean-Guihen Queyras, verfechten ihre Sache mit Überzeugungskraft
und auf Originalinstrumenten, die die ursprünglich zarte Transparenz
und Feinheit der Faktur wieder zum Vorschein bringen. Eine
Aufnahme, in der von Anfang bis Ende der Dichter spricht …
harmoniamundi.com13
Auch auf Ihrem Smart- und iPhone
Frank Peter
­Zimmermann ­Feilen am
perfekten Klang
Die ultimative Geige hat er längst gefunden.
Nur er selbst, so glaubt der Violinist, müsse sich
unbedingt weiter verbessern – wie für seinen
neuen Mozart. Von R aou l Mörc h e n
V
iele Jahre hat er gebraucht, um sie
wirklich zu verstehen, ihre Stärken zu entdecken und mit ihren
Launen auszukommen. Jetzt will
er sie nicht mehr missen, seine „Lady Inchiquin“, jene berühmte Stradivari von 1711 aus
der sogenannten „goldenen Periode“ des Cremoneser Meisters. „Als ich dieses Instrument
bekam, habe ich mein ganzes Repertoire noch
einmal neu einstudieren müssen, jede einzelne Note wieder überdacht. Diese Geige verkehrt die Seiten: Sie zeigt mir, wie sie behandelt werden möchte. Sie verfeinert mein Spiel.“
Sicher, es gibt auch andere wunderbare Instrumente, und Zimmermann ist sich auch
ziemlich sicher, dass er wieder eines bekäme.
„Aber das wäre so, als würde man mir sagen:
Mensch, da draußen sind noch so viele andere
schöne Frauen. Warum verlässt du nicht deine?“
14
Frank Peter Zimmermann kann noch lachen, immerhin. Sonst schweigt er lieber zur
aktuellen Causa, die das Zeugs zum Drama hat.
Seit der Pleite von Zimmermanns Sponsor, der
WestLB, die einst die „Lady Inchiquin“ kaufte, verscherbelt eine Nachfolgegesellschaft das
Tafelsilber der Bank. Die beiden Warhols, die
im Herbst für über 100 Millionen versteigert
wurden, waren der Anfang. Da ist es tatsächlich einstweilen besser, gute Miene zum bösen
Spiel zu machen und die letzten Chancen nicht
noch zu versauen durch eine unvorsichtige Äußerung. Anderes Thema also.
Wie wär’s mit Mozart? Wunderbar. Man
muss Frank Peter Zimmermann erst gar nicht
fragen, warum er die Konzerte gerade noch
einmal aufnimmt. So viel dynamischer, agiler,
vitaler, jünger, so viel besser klingen sie jetzt.
Das liegt natürlich nicht einfach an der besse-
„Bei Mozart kann
man im Grunde
alle Striche nehmen, die er in sein
Manuskript eingezeichnet hat. Dann
ist agogisch schon
alles richtig.“
Grunde alle Striche nehmen, die er in sein Manuskript eingezeichnet hat. Dann ist agogisch
schon alles richtig. Ich achte heute viel genauer auf solche Sachen als früher. Und das hat
dann auch die Konzerte verändert – die sind eigentlich ja Kammermusik.“
Bald Bach
Es ist am Ende mehr als bloß eine Frage von
Lesart und Urtext: Zimmermann ist mit Anfang 50 hörbar freier und lockerer als mit Anfang 20. Und man hat den Eindruck, dass in
dieser Hinsicht sogar noch Platz nach oben
ist, dass sich noch mehr bewegen könnte in
den nächsten Jahren, wenn endlich das Vorhaben umgesetzt werden soll, das Zimmermann
schon seit einer Ewigkeit vor sich herschiebt:
die Solosonaten von Bach. „Ich hatte vor Bach
immer Berührungsängste. Das lag vielleicht
Foto: Harald Hoffmann/haenssler CLASSIC
Demut
und Größe:
Frank Peter
Zimmermann
ren Stradivari. Zimmermann hat dazu gelernt.
Wer die ganz frühen Aufnahmen kennt, die Capricen von Paganini oder die Solosonaten von
Ysaÿe, der weiß, dass rein technisch im Grunde schon vor 30 Jahren der Höhepunkt erreicht
war. Zimmermanns Paganini und Ysaÿe sind
noch heute der Maßstab, an dem sich alle anderen messen müssen. Und doch hat sich so
viel noch bewegt seitdem. „Ich bin mit Mozart
aufgewachsen, wie ihn David Oistrach gespielt
hat.“ So in etwa klingt denn auch die Gesamteinspielung von 1984-87: gut gegeigt, aber aus
heutiger Sicht altmodisch und hüftsteif. „Ich
hab später natürlich auch Harnoncourt gehört,
die historische Aufführungspraxis kennen gelernt. Aber der eigentliche Knackpunkt war
mein Trio.“ 2007 hat er es gegründet, mit Antoine Tamestit und Christian Poltéra, das Trio
Zimmermann, als Wiederauflage der Hausmusik aus Duisburger Kindertagen, als der Vater
Cello spielte, ein Kollege von den Duisburger
Sinfonikern die Bratsche und der junge Frank
Peter auf diesem Wege Beethovens op. 9 kennen lernte und die Divertimenti von Mozart.
„Im Trio sollte man erst einmal ganz einfach
die Fingersätze auswählen und sich die Phrasierung angucken. Bei Mozart kann man im
auch an meinen Lehrern. Die hatten mir nie einen Zugang zu Bach eröffnet, wohl auch, weil
sie diese Stücke selbst immer noch in einer Art
50er-Jahre-Stil interpretiert haben.“ Die Auf-
Beethoven wird’s auf alle Fälle noch einmal geben. Auch dessen Konzert hat er sehr
jung schon eingespielt, mit 22. Und ein zweiter Brahms kommt auch. Die beiden Konzerte
von Schostakowitsch sind fest geplant, das erste mit dem NDR-Sinfonieorchester bereits aufgenommen, die beiden von Bartók stehen
im Terminkalender. Nicht findet
Die Geschichte beginnt mit einem Kredit über 220.000
man darin nach wie vor: „unterMark. Damit finanziert der 16-jährige Frank Peter Zimrichten“ und „Quartett spielen“. Da
mermann eine Geige von Pietro Guarneri. 1988 kauft die
ist er wieder, der alte Zauderer. Redamalige WestLB für ihn die erste Stradivari, die 1684 gefertigte „ex-Croall“. Doch erst die „Maria Teresia“ bringt
det von Verantwortung und Hingabe und davon, dass man das nur
ihn auf den Geschmack: Sechs Wochen lässt ihn Nathan
ganz oder gar nicht machen könne.
Milstein darauf spielen – dann muss sie Zimmermann
Ja, auch das Quartett spielen. „Die
wieder zurück geben. Die ab 1992 zur Verfügung gestellbesten Ensembles betreiben über
te „The Hilton“ kann ihn über den Entzug ebenso weJahre hinweg regelrecht Inzucht,
nig hinweg trösten wie später die „Dragonetti“. Dafür
um richtig zusammen zu kommen.
braucht es 2002 den Kauf einer vierten Strad, der „Lady
Da kann ich nicht einfach mal an
Inchiquin“ aus dem früheren Besitz Fritz Kreislers.
einem Wochenende mit Kollegen
Im Streit um die Verkäufe von Kulturgütern aus dem Bedrauf los spielen. Das wäre nicht
sitz der WestLB durch Rechtsnachfolger „Portigon“ ist
fair.“
auch die „Lady Inchiquin“ in die Schlagzeilen geraten.
Dann lieber weiter feilen am eiZimmermann musste sie schweren Herzens zurückgeben, nachdem seine Kaufofferte den Eigentümer als zu
genen Spiel und dem perfekten Ton.
So viele tolle junge Geiger es heute
niedrig angesetzt erschien. Kultusministerin Ute Schäfer
auch gäbe, die wenigsten, so klagt
lässt derzeit die Einstufung etlicher Schätze der WestLB,
Zimmermann, haben einen chadarunter drei Stradivari-Streicher, als „national wertvolles Kulturgut“ prüfen, so lange gilt bereits Ausfuhrsperrakteristischen Klang. „Hören Sie
mal die gleichen Takte erst von Heire. Ein Verkauf der Instrumente in’s Ausland ist demnach
fetz, dann von Francescati, dann
bereits abgewendet.
von Milstein und Oistrach. Die klingen alle anders.“ Heute wirke so vienahme der Violine-Cembalo-Sonaten mit En- les geglättet und stereotyp. „Das ist schade. Gerico Pace von 2009 war ein erster Schritt. Zim- rade die Geige erlaubt es, eine eigene Stimme
zu finden.“
mermann hat den Weg seitdem fortgesetzt.
„Ich habe mein Spiel weiter ausgedünnt und
versuche immer mehr, meinen eigenen Stil
Neu erschienen: Mozart: Violinkonzerte
mit der sogenannten authentischen Auffüh- Nr. 1, 3 und 4, Rondo KV 373, Adagio KV 261,
rungspraxis zu verbinden.“ Eigentlich bräuch- mit dem Kammerorchester des Symphoniete er sein ganzes Leben dafür, sagt Zimmer- orchesters des Bayerischen Rundfunks, Szulc,
mann, doch „bis zu einer gewissen Zeit muss
hänssler CLASSIC/Naxos
man den Bach endlich gemacht haben. Sonst
Abonnenten-CD: Track 5
ist der Zug abgefahren.“
Die nächsten Konzerte mit
Demut statt Dekolleté
Frank Peter Zimmermann:
Frank Peter Zimmermann ist das glatte Ge- 27.3.
Bielefeld (Brahms, Violinkonzert)
genteil von einem Draufgänger, war er im- 16./17.4. München (Brahms, Violinkonzert)
mer schon. Deswegen ist er auch nie der Star
19.4.
Wien (A), Musikverein (Brahms,
geworden, der die fast gleichaltrige Anne-SoViolinkonzert)
phie Mutter geworden ist. Das liegt nicht nur
27./28.4. Augsburg (Schostakowitsch,
am Marketing, an Karajan und am Dekolleté.
2. Violinkonzert)
Manchmal fehlt ihm einfach der Killerinstinkt,
14./15.5. Leipzig (Brahms, Violinkonzert)
den es braucht, um zumindest die großen, sin- 7./8.6.
Darmstadt (Mozart,
fonischen Konzerte als Solist fest zu verklamViolinkonzerte)
mern, ein Problem, mit dem – auf andere Wei- 17.6.
Heilbronn (Mozart, Sinfonia
se – ja auch der dritte im Generationenbunde,
concertante mit Antoine Tamestit)
Christian Tetzlaff, zu kämpfen hat. Anderer- 5.7.
München, Prinzregententheater
seits gibt’s da halt diesen Paganini, den Ysaÿe
(Mozart, Sinfonia concertante mit
und so vieles andere, weswegen man sich, vor
Antoine Tamestit)
die Wahl gestellt, doch gerne für Zimmermann
entscheiden möchte, und jetzt auch den Mozart. Und vielleicht bald auch Bach?
21.03.–25.04.15
internationales
musikfestival
Vier Strads zum Glück
15
Deutsches SymphonieOrchester Berlin
Christian Tetzlaff
Sabine Meyer
Kammer orchester Basel
Piotr Anderszewski
Ian Bos tridge
Sir András Schiff
Thomas Hampson
Die Deutsche Kammer philharmonie Bremen
Igor Levit
Bundesjugendballett
Jörg Widmann
Veronika Eberle
Salome Kammer
Roma und Sinti Philharmoniker
Janice Dixon
Stuttgarter Saloniker
Hanna- Elisabeth Müller
Thomas Quasthoff
Denis Scheck
Francesco Tristano
Alice Sara Ott
Christina Pluhar
Rafał Blech acz
Fazıl Say
amarcord
Orpheus Chamber Orchestra
Grigory Sokolov
Gautier Capuçon
WDR Sinfonie or chester
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Gründungspartner:
François Leleux Der Seelenbohrer
Mit den „Esterházy-Konzerten“ gelingt dem
Oboisten ein köstlicher Urknall für sein
­Instrument – im Verein mit Emmanuel Pahud.
Von Robe rt F r au n hol z e r
W
as finden die Leute bloß am
piekenden, staksigen, irgendwie ostinaten Ton der Oboe?!
„Die Zuhörer lieben, so sagen
sie mir, den sinnlichen Ton der Oboe: einen
Ton, der die Seele öffnet“, so François Leleux.
Die Oboe schaffe es, tiefer einzudringen in die
menschliche Psyche als dies anderen Instrumenten vergönnt sei. „Man kann sehr frech,
auch lustig sein mit der Oboe, und fast gleichzeitig lyrisch und innig.“
Tatsächlich – mittlere Temperaturen wie
bei der Flöte oder der Klarinette sind dem In-
16
strument eher fremd. Es ist extremer. Und bei
der Tiefenbohrung in der Seele so erfolgreicher. Trotzdem hat das Instrument erst in den
letzten Jahren wahre Publikumslieblinge hervorgebracht. Als Stammvater des Aufstiegs
darf der großartige Heinz Holliger gelten. Doch
ein echter, populärer Star – als Interpret ohne
kompositorische Nebenambition – wurde erst
Albrecht Mayer und ebenso der sechs Jahre
jüngere François Leleux.
Der 1971 ganz im Norden Frankreichs (in
Croix) geborene Solist, verheiratet mit der Geigerin Lisa Batiashvili, sieht zwar ganz nor-
mal aus – und gehört zu den freundlichsten,
kommunikativsten Musikern der Branche.
Doch in Wirklichkeit hat Leleux seit Kindertagen alle Preise abgeräumt und alle Angebote erhalten, die der Beruf hergibt. Mit 6 Jahren kam er aufs Konservatorium (ab 14 in
Paris). Im Alter von 18 Jahren wurde er erster Solo-Oboist an der Bastille-Oper (da hatte
er Abbados Youth Orchestra of the European
Community sowie das Orchestre National de
France sogar schon hinter sich). Ein geborener
Senkrechtstarter.
1992 konnte sich das Symphonieorchester
des Bayerischen Rundfunks glücklich schätzen, diesen Super-Oboisten für eine Solo-Stelle
geangelt zu haben. Unter Maazel und Jansons
blieb er zwölf Jahre. Danach übernahm er in
München eine Professur, die er noch innehat.
Und baute seine Solisten-Karriere aus. „Weil
ich das Orchesterspiel liebe“, so Leleux, blieb
er auch dann noch zehn Jahre beim Chamber
Orchestra of Europe, das er erst im vergangenen Jahr verließ. Jetzt dirigiert er mehr. Der
Mann, der sich selbstredend auch um die Erziehung der beiden Kinder kümmert (und
zwar nicht zu knapp), ist ein Arbeitstier, das
immer Zeit hat. „Rufen Sie jederzeit an, wenn
Sie noch etwas brauchen“, wird er am Ende
sagen. Leleux ist wohl das, was Frauen einen
„Traum-Mann“ nennen.
Man würde denken, dass Leleux in die
Oboen-Szene den französischen Klang seines Instruments zurückgebracht hat, wie er
ihm auch entspricht. „Alle Oboen, die heutzutage gespielt werden, sind französische Instrumente“, so Leleux. „Alle von Marigaux“. Es
gebe auch, während sich die nationalen Schulen immer mehr mischen, durchaus noch eine
französische Art zu spielen. Sie besteht darin,
den Ton brillanter, heller und ein wenig härter
anzusetzen. „Die deutsche Schule dagegen“, so
Leleux, „ist weicher und dunkler“. So weit, so
übersichtlich.
Nur: „Ich bin ein Beispiel für die französische Oboenschule mit deutschem Klang!“, so
Leleux. „Denn ich habe den dunklen Klang
immer sehr geliebt.“ Dies sei, als er ins BR-Orchester gekommen sei, auch sogleich erkannt
worden. „Die Kollegen damals haben direkt gesagt, ich spiele deutscher als mein deutscher
Orchester-Kollege.“ So ist also François Leleux
ein französischer Oboist mit deutschem Klang.
Und Albrecht Mayer, nebenbei, ein deutscher
Oboist mit französischem Klang. „Albrecht“, so
sagt Leleux, „klingt viel französischer als ich!“
Albrecht Mayer, wie schon angedeutet, hat
für die Oboe enorm viel bewirkt; und das neben seiner Vollzeitstelle bei den Berliner Philharmonikern. „Ich finde ihn toll“, räumt Leleux ein. „Albrecht hat ein Konzept, das hundertprozentig zu ihm passt“. Neben Holliger ist
er es, der eine Art Durchbruch für die Oboe bewirkt hat. Denn einen Klassiker der Mono-Ära
gibt es bei diesem Instrument nicht recht.
Foto: wildundleise.de/Georg Thum
Stilsicher:
François
Leleux ist ein
französischer
Oboist mit
deutschem
Klang
Zwar existierten auch früher prominente Oboisten, zu denen Pierre Pierlot, der Lehrer Leleux’, ebenso wie Maurice Bourgue und
genes Instrument komponierte, ist in Berlin
die Fahrrad-Manufaktur eines weiteren SoloOboisten der Berliner Philharmoniker, Christoph Hartmann, benannt. Besonders breit und faktenreich ist die
Erfolgsgeschichte der Oboe eigentlich nicht.
Wenn man sich fragt, was hier
den Umschwung bewirkt hat, so
findet man die Erklärung hauptNicht zu verwechseln sind Schloss Esterházy in Eisensächlich in der Eigeninitiative, der
stadt (im österreichischen Burgenland) und Schloss EsPersönlichkeit und einem gewissen
terháza (auf ungarischer Seite). Mit beiden war Joseph
Unternehmertum von Solisten, die
Haydn als Hofkapellmeister eng verbunden. Von 1761
es wissen wollten. Bearbeitungsbis 1790, fast dreißig Jahre lang, komponierte er für die
freude, viele Aufträge und die pakunstliebenden Fürsten das Gros seiner Werke. Im (nicht
tente Zusammenarbeit mit Agenerhaltenen) Theater von Schloss Esterháza führte er zahlreiche seiner Opern auf. Außerhalb der Wintermonaturen und Ensembles haben gezeigt, dass in der Oboe ‚Musik drin
te fielen bis zu 150 Aufführungen an, die Haydn leitete.
ist’. Leleux etwa legt Wert darauf, in
Von dem im Rokokostil erbauten Landschloss ist heute
jedem Jahr „zwei neue Werke“ der
ein Teil wieder als Museum zugänglich. In Eisenstadt, wo
Öffentlichkeit vorzustellen. „Dafür
es auf Schloss Esterházy ein Haydn-Festival gibt, ist der
muss ich am besten ein Gast-DiriKomponist auch begraben.
gat bei einem Orchester innehaben,
und das ist ein Grund dafür, dass
ich so gern dirigiere.“
Léon Goossens gehörten. Doch wer kennt
Derweil werden Solo-Konzerte in normadie?! Wilhelm Mühlfeld schaffte es – zur Zeit
des Impressionismus – immerhin auf ein Por- len Orchester-Programmen immer seltener.
Nicht einmal Mozarts Oboenkonzert ist regelträt von Pierre-Auguste Renoir. Nach Antonio
Pasculli, der einige Konzerte auch für sein ei- mäßig zu hören. „Wir bleiben außen vor“, be-
Haydn und die
­Esterházys
klagt auch Leleux. „Es ist immer dasselbe“, erzählt er. „Veranstalter glauben, es gäbe nicht
genug Repertoire. Wenn man dann einmal mit
ihnen ins Gespräch kommt, ist nach kürzester
Zeit der Punkt erreicht, wo sie mir sagen: ‚Aufschreiben! Das ist ja so viel, das kann ich mir
gar nicht alles merken!’“
Mit den „Esterházy-Konzerten“, also
Haydns Oboen-Konzert und den für Oboe und
Flöte bearbeiteten Konzerten für zwei Lyren
(F-Dur und G-Dur) kann Leleux die Fülle von
Meisterwerken, die er meint, souverän belegen. Diese Konzerte, ebenso wie die Oboen-Variationen von Johann Nepomuk Hummel, sind
köstlich frische Sachen ohne Staub und pudrige Zöpfe. Mit Emmanuel Pahud hat Leleux den
zurzeit besten Flötisten mit im Boot. Und das
Münchener Kammerorchester spielt, als hätte es ein Leben lang nichts anderes gemacht.
Köstlich! Bitte mehr davon.
Neu erschienen: „Esterházy Concertos“ mit
Pahud, Münchener Kammerochester, Sony
Abonnenten-CD: Track 7
Die nächsten Konzerte mit François Leleux:
19.4.
Berlin, Jüdisches Museum Berlin
13.5.
Ravensburg, Konzerthaus
13.6.
Stuttgart, Liederhalle
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17
Zweigleisig:
Fabrice Millischer
genießt den
Wechsel zwischen
solistischem und
Orchesterspiel
Blind gehört mit
­Fabrice Millischer „Die Posaune ist
­meine Leidenschaft“
Er gewann als erster Posaunist überhaupt
einen 1. Preis beim ARD-Wettbewerb, und seit
dem Echo Klassik 2014 ist Fabrice Millischer
auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Der
29-Jährige war von 2008 bis 2013 Solo-Posaunist der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken–Kaiserslautern, spielt regelmäßig in
Jordi Savalls Le Concert des Nations und bildet
mit Studienkollegen das Posaunenquartett
Quartbone. Seit 2013 unterrichtet er als
Professor in Freiburg, zuvor war er vier Jahre
an der Hochschule in Saarbrücken. Fabrice Millischer wuchs in Toulouse auf und wohnt im
Elsass, woher auch seine Großeltern stammen
– daher der deutsche Familienname.
Von Arnt Cobbers
Diverse
Pavana El todesco, aus: Leitfaden
durch die historischen Instrumente (Ensemble La Fenice)
Ricercar/Note 1
Das erinnert mich an meinen ersten Posaunenlehrer, Daniel Lasalle,
der ein berühmter Barockposaunist ist und mich sehr früh mit der
Barockposaune vertraut gemacht
hat. Ich habe ja mit sechs Jahren angefangen,
Cello zu spielen, und mit 14 kam dann die Po-
18
saune hinzu, weil ich unbedingt in einer Bigband spielen wollte. Parallel zur Bigband habe
ich eine klassische Posaunenklasse besucht
und bis zum Ende meines Studiums, mit 23,
habe ich gleichermaßen Cello und Posaune gespielt. Ich schätze das Cello nach wie vor sehr
und spiele es auch ab und zu im Konzert. Während die Cellisten ein sehr breites Repertoire
vom 16. Jahrhundert bis heute haben, sah das
bei den Posaunisten ganz anders aus. Daniel
Lasalle hat mit seinem Ensemble „Les Sacqueboutiers de Toulouse“ wirklich Pionierarbeit
geleistet und viel alte Literatur entdeckt und
damit das Repertoire beträchtlich erweitert. In
der Renaissancezeit haben die Komponisten
die Besetzungen meist offen gelassen, und das
eröffnet uns sehr viele Möglichkeiten. Abgesehen davon ist es einfach schöne Musik.
L. Mozart
1. Allegro, aus: Konzert D-Dur (van
Rijen, Combattimento Consort
Amsterdam, de Vriend, 2007)
Channel Classics/New Arts International
Diese Einspielung kenne ich nicht.
Ich habe das Stück gerade erst aufgenommen, aber mit einer modernen Altposaune. Zum einen, weil
die Musiker im Orchester moderne Instrumen-
te spielten. Zum anderen, weil nicht viele Posaunisten Barockposaune spielen, und die Zuhörer nicht an den Barockposaunenklang gewöhnt sind. In einem Konzert, wo man die
Instrumente sieht, finde ich es sehr interessant, aber auf Aufnahmen möchte ich den
Menschen erst einmal den schönen Klang der
modernen Posaune vorstellen. Eins nach dem
anderen.
Die Posaune hat sich im Laufe der Zeit
nicht sehr verändert. Die moderne Posaune
ist lauter, damit sie sich im großen Orchester durchsetzen kann. Sie ist größer, vom Rohr,
vom Schallbecher, vom Mundstück her. Dafür
kann man auf einer Barockposaune feiner artikulieren und differenzieren. Ich spiele oft im
gleichen Konzert Barockmusik mit Barockposaune und romantische Musik mit moderner
Posaune. Ich mag es, Musik aus verschiedenen Epochen zu kombinieren, um dem Publikum das ganze Spektrum der Möglichkeiten
auf dem Instrument zu zeigen. Das ist Jörgen
van Rijen? Er ist Soloposaunist im Concertgebouworkest, ich kenne ihn sehr gut. So ähnlich wird auch meine neue CD aussehen. Es
ist natürlich ein Problem, dass wir alle dasselbe Repertoire spielen. Für die Besetzung Posaune und Streichorchester haben wir zurzeit
nur drei oder vier Konzerte. Man kann Konzerte für andere Instrumente bearbeiten – oder
man beauftragt Komponisten, neue Werke zu
komponieren. Ich denke, das ist unsere Aufgabe als Posaunisten: neues Repertoire zu entwickeln. Daran arbeite ich, gemeinsam mit Komponisten wie Maxime Aulio, Jean-Pascal Beintus oder Gilles Colliard.
Mussorgski
7. Limoges und 8. Die Katakomben,
aus: Bilder einer Ausstellung
(Lindberg, Pöntinen, 1998)
BIS/Klassik Center Kassel
Das muss Christian Lindberg sein,
nur er spielt solche Arrangements.
Er hat keine Angst zu experimentieren. Als Posaunist muss man
sich schon bei ihm bedanken, er hat viel für
das Instrument getan. Wenn es hundert CDs
mit Posaune gibt, stammen 50 von Christian
Lindberg. Es gibt aber auch andere sehr gute
Posaunisten aus dieser Generation: Michel
Becquet aus Frankreich, Branimir Slokar, mein
Vorgänger als Professor in Freiburg, oder Enrique Crespo von German Brass. Lindberg ist der
bekannteste, weil er permanent mit 200 km/h
unterwegs ist. Er dirigiert und komponiert
und hat Tausende Projekte gleichzeitig, er ist
immer in Bewegung.
Konzert Nr. 1 für Bassposaune und
Klavier (Schulz, Sawano, 2008)
BIS/Klassik Center Kassel
Das ist schön gespielt, ist das Stefan Schulz von den Berliner Philharmonikern? Ich muss als Professor auch Bassposaunisten unterrichten, aber selbst spiele ich sie nicht, das ist
ein anderes Instrument. Zwischen Tenor- und
Altposaune ist dagegen kein großer Unterschied. Die Altposaune spielt sich in der Höhe
leichter und ist obertonreicher, aber mit der
Tenorposaune kommt man genauso hoch.
Mahler
1. Satz (Posaunensolo), aus: Sinfonie Nr. 3 (Klein, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Nagano;
1999)
Teldec/Warner
Das ist unser schönstes Solo überhaupt, neben dem Bolero. Ich mag
Mahler sehr. Da gibt es fürs Blech
unglaublich schöne, ausdrucksvolle Stellen. Leider habe ich dieses Solo nie
gespielt. Diese Sinfonie setzt ein Orchester nur
alle zwanzig Jahre aufs Programm. Wir haben
das einmal mit dem Saarbrücker Orchester gespielt, aber in Kooperation mit einem anderen
Orchester, und das Solo hat der Kollege vom
anderen Orchester gespielt. Er war älter und
wir haben gesagt, dass ich in Zukunft sicherlich noch das Glück haben werde, diese Sinfonie zu spielen. Ich hoffe sehr, dass das eines
Tages auch passiert. Dass ich die feste Stelle
aufgegeben habe, bereue ich nicht. Nächste
Woche spiele ich „Also sprach Zarathustra“ mit
dem Orchestre national de France, das Orchesterspiel macht mir immer noch viel Spaß.
Strauss, Mahler, Bruckner, Wagner, Berlioz,
Brahms – es gibt schon eine ganze Menge
schöner Stimmen.
Ich spiele auch das Mozart-Requiem mit
dem „Tuba mirum“ sehr gern, überhaupt spielen die Posaunen im Repertoire mit Chor eine
große Rolle, zum Beispiel in den Messen von
Schubert. Aber wir spielen auch viele Werke,
wo wir nur ab und zu etwas Farbe hinzu geben.
Da spielt man ein paar Töne und hat dann zwei
Sätze Pause, das kann ziemlich langweilig werden. Eine feste Orchesterstelle mit einer Solokarriere zu kombinieren, ist schwer. Als Professor habe ich eine ganz andere Freiheit. Außerdem freuen sich die Hochschuldirektoren,
wenn ein Professor als Solist Erfolg hat, weil
davon auch die Hochschule profitiert. Und ich
mag die Arbeit mit den Studenten sehr. Ich
kenne keinen einzigen Posaunisten, der als Solist leben kann. Das wäre mir auch zu einsam.
Ich finde den permanenten Wechsel zwischen
Unterricht und Orchester, Solo und Kammermusik perfekt. Hauptsache, es kommt keine
Routine auf. Routine ist der größte Feind des
Menschen.
TIANWA YANG
Bauer
„Aus der Tiefe“, aus: Der gelbe
Klang (Solo m. Elektronik, 2007)
jazzwerkstatt/Naxos
Interessant. Das erinnert mich an
Spektralmusik, es klingt wie ein
Didgeridoo mit den Doppelklängen und der Zirkularatmung, das
ist schon sehr besonders. Was ist das für ein
Ensemble? Das ist nur ein Posaunist? Dann
spielt er mit einem Loop-Gerät. Zirkularatmung ist auf der Posaune natürlich viel
schwieriger als auf dem Fagott oder auf der
Oboe, weil wir viel mehr Luft brauchen. Ich
selbst habe sie nie gebraucht. Aber wenn ein
Komponist mir ein Stück schreibt, für das ich
sie brauche, werde ich sie lernen.
Nils Wogram’s Nostalgia
“Jazz Ain’t What It Used To Be”,
aus: Daddy’s Bones (Wogram,
Ross, Terzic; 2004)
intuition/New Arts International
8.573153
Ich mag diesen Stil sehr, die Orgel
klingt fantastisch. Ich habe mich
auf Klassik spezialisiert, aber im
Hintergrund lauert nach wie vor
meine Liebe zum Jazz. Beides intensiv und gut
zu machen, ist schwer. Technisch ist das alles
machbar. Aber für Jazz muss man improvisieren können, das muss man üben und entwickeln. Ebenso den Klang. Vielleicht ist in der
Klassik deutlicher definiert, wie eine Posaune
klingen muss, aber auch da hat jeder Posaunist seinen ganz eigenen Klang. Ich kann mich
gut erinnern: Als ich das erste Mal eine Posaune gehört habe, hat mich das sofort berührt.
Ihr Klang ist der menschlichen Stimme ähnlich. Ich finde, man kann auf der Posaune
wirklich singen. Und wenn Sie mich nach meiner Mission fragen: der Posaune endlich den
verdienten Platz zu schaffen. Die Posaune ist
meine Leidenschaft, die will ich teilen mit dem
Publikum.
Zuletzt erschienen: Tomasi, Burgan,
­Guillou: Französische Posaunenkonzerte, mit der Deutschen Radiophilharmonie
­Saarbrücken Kaiserslautern, Kern, PercPro/
Klassik Center Kassel
19
WELTERSTEINSPIELUNG
CASTELNUOVO-TEDESCO
Violinkonzert Nr. 2 Die Propheten,
Concerto Italiano
SWR Sinfonieorchester BadenBaden und Freiburg, Pieter-Jelle
de Boer, Tianwa Yang
ECHO-Preisträgerin Tianwa Yang
spielt mit den beiden Violinkonzerten von Castelnuovo-Tedesco
zwei der schönsten Werke für dieses Instrument. Das neue fantastische Album der AusnahmeViolinistin!
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Foto: Friedrun Reinhold
Lebedev
DIE GANZE
WELTDER
KLASSIK
GROSSE MOMENTE DER MUSIKGESCHICHTE (45)
JEAN-BAPTISTE VUILLAUME, 1798–1875, war die zentrale Persönlichkeit im französischen Geigenbau des 19. Jahrhunderts. Er war fasziniert
von den Werken der cremonesischen Meister und versuchte, ihr
Geheimnis zu ergründen. Er kaufte alte Möbel in den Schweizer
Bergen und experimentierte in jeder Hinsicht; tatsächlich gehören
seine Instrumente und vor allem seine Bögen bis heute zu den begehrtesten. Als Paganini sein Lieblingsinstrument mit Namen Il Cannone,
gebaut 1742 von Giuseppe Guarneri, zur Reparatur brachte, nutzte er
die Gelegenheit und baute sie nach. Paganini konnte Il Cannone nicht
identifizieren; den Nachbau erwarb sein Schüler Camillo Sivori.
20
Prost:
Ott und
­Arnalds
­haben
­Chopin neu
für sich
­entdeckt
Alice Sara Ott &
Ólafur Arnalds:
Vintage-Chopin
Auf ihrem neuesten Duo-Album spüren Alice
Sara Ott und der isländische Pop-Musiker Ólafur
Arnalds dem Melancholiker Chopin nach.
Von G u i d o F i s c h e r
Foto: Heddin Eriksson
E
s war 2012, als sich ein etwas anderes Duo-Gespann von seinem Klangtrip nach Island zurückmeldete. Die
amerikanische Stargeigerin Hilary Hahn hatte zusammen mit dem deutschen
Indie-Pop-Pianisten Hauschka im rauen Norden Stücke aufgenommen, die nicht nur von
romantischer Empfindsamkeit geprägt waren.
Gerade Hauschka bekannte sich frank und frei
zum Einfluss von Chopin und seiner „speziellen Traurigkeit, Melancholie“.
Auf dem Album „Silfra“ von Hahn/Hauschka konnte man dieses Chopin-Gefühl durchaus erahnen. Drei Jahre später bringt aber nun
ein anderes Doppel genau das auf den Punkt,
was Hauschka meinte. Zusammen mit dem isländischen Multiinstrumentalisten und Komponisten Ólafur Arnalds hat die deutsch-japanische Pianistin Alice Sara Ott Klavierstücke
von Chopin ebenfalls in Arrangements aufgenommen, denen jetzt ein spannungsvoller
Zauber und ein Ton sanftester Nostalgie inne
wohnt. In Slow-Motion erklingt da – ergänzt
von zusätzlichen Streichern und elektronischen Sounds – das cis-Moll-Nocturne Nr. 20
wie eine Ambient-Ballade. Das nur von Alice
Sara Ott gespielte g-Moll-Nocturne besitzt ein
aufnahmetechnisch historisch anmutendes
Antlitz. Und auch einen Hauch von Einsamkeit
und Tragik atmet Ólafur Arnalds´ Stück „Verses“, das er über das berühmte Rechte-HandMotiv aus dem Largo der 3. Klaviersonate im
Minimal Music-Stil komponiert hat.
Salonduell in Reykjavík
„The Chopin Project“ hat dieses nur in der Papierform ungleiche Paar Ott & Arnalds sein
Album getauft. Wobei die Idee von ihm kam:
„Ich habe mich stets gefragt, warum Chopin
auf dieselbe Art gespielt wird. Ich habe daher
immer auf jemanden gewartet, der einen anderen Weg einschlägt. Und eines Tages, während eines langen Flugs von Melbourne nach
New York, dachte ich mir: Warum versucht
Du es nicht selber.“ Mit Alice Sara Ott konnte er dafür nicht nur eine Pianistin gewinnen,
die schon 2010 mit ihrer Gesamteinspielung
der Chopin-Walzer bewiesen hatte, dass sie
das ideale Gespür für das Wehmütige in dieser Musik besitzt. Die gebürtige Münchnerin
gilt spätestens seit ihrem vierhändigen Strawinski- und Techno-Duell mit Pianistenkolle-
ge Francesco Tristano als extrem neugierig bis
wagemutig.
Statt eines riesigen Flügels, an dem sie inzwischen Konzerte in aller Welt gibt, standen
Ott aber jetzt bei den Aufnahmen alte Klaviere
zur Verfügung, die man in den Bars von Reykjavík aufgetrieben hat. „Ich liebe es, auf verstimmten Bar-Pianos zu spielen, und Chopins
Musik passt meiner Meinung nach sehr gut
in eine solche Umgebung“, so Ott. „Er schrieb
für kleine, vertraute Räume, für Wohnzimmer,
und er liebte es zu improvisieren. Und Improvisation findet man besonders an diesen Orten, an denen viele Dinge passieren, auf die ein
Musiker dann gut reagieren kann. Tatsächlich
haben wir dann auch einige Aufnahmen in
Anwesenheit von Gästen gemacht.“
Nachtstücke auf dem Bar-Klavier
Doch heraus gekommen ist eben kein Chopin
im schicken Lounge-Stil, sonder eher im leichten Vintage-Klang, der das urromantische Lebens- und Leidensgefühl poetisch, in sich ruhend und doch leicht aufschäumend einfängt.
Und wenn sich zwischendurch etwa der Sound
eines Synthesizers hineinschlängelt, hat auch
das nichts mit den nur an der Oberfläche bleibenden Classic-Remix-Projekten zu tun. Vielmehr glückt Ólafur Arnalds auch damit die
Antwort auf die selbstgestellte Frage: „Warum
sollen wir eigentlich nicht alle klangtechnischen Möglichkeiten als Teil der Interpreta­tion
nutzen?“
Neu erschienen: „The Chopin Project“, ­
Mercury/Universal
Alice Sara Ott im Konzert:
15.4.
Heidelberg, Altes Hallenbad
16.4.
Heidelberg, Stadthalle
17.4.
Berlin, Philharmonie
20.4.
Duisburg, Landschaftspark-Nord
7.5.
München
11.7.
Johannisberg, Schloss
8.8.
Hamburg, Lokschuppen der S-Bahn
9.8.
Altenkrempe, Scheune Hasselburg
26.9.
Mönchengladbach, Kunstwerk
21
Andreas Ottensamer Die nackte
­Gulasch-Kanone
Der Solo-Klarinettist der Berliner Philharmoniker
serviert auf seinem neuen Brahms-Album ein
schmackhaftes Zigeunergulasch –
mit prominenter Koch-Crew.
Von Robe rt F r au n hol z e r
I
Klarinettendynastie – sowohl Vater wie Bruder sind Solo-Klarinettisten bei den Wiener
Philharmonikern –, wurde bei Erscheinen
seines Debüt-Albums vor zwei Jahren zu
Recht als Shooting-Star gefeiert. Sein Ton
ist rund und voluminös und von spektakulärer Präsenz. Sein Spiel besitzt tollen Drive und Drill, ohne dass er den Ton
überspitzt. Dahinter steht eine spezifisch
Wiener Klang-Auffassung – und ein Wiener
Instrument, das seine Besonderheiten hat.
„Die Wiener Klarinette ist dickwandiger und hat eine breitere Bohrung“, erklärt
Ottensamer mit der Beflissenheit eines Automechanikers. „Das führt dazu, dass man
mehr Luft braucht, und das wiederum fördert einen breiteren, gedeckteren, gewölbten Klang.“ Die Wiener Klarinettentradition,
die mit der deutschen gut kompatibel ist,
begünstigt also den dunklen, voluminösen
Klang, mit dem die Klarinette als Ensembleinstrument in der Mitte des Orchesters verortet
wird. Spitz hervorzustechen ist deren Ziel nicht.
„Bei den Berliner Philharmonikern bin ich bei
weitem nicht der erste österreichische Klarinettist “, erklärt Ottensamer weiter. „Bereits Karl
Leister, obwohl er aus einer anderen Schule kam,
hat unter Karajan einen schlanken, runden und
klaren Klang favorisiert, dem alles Schrille und
Kantige fehlte.“ Darin habe Leister sozusagen
Kammermusik per SMS
So weit, so gut gefachsimpelt. Dass Ottensamer so auskunftsfähig ist, hängt natürlich mit
einem spezifisch österreichischen Sendungsbewusstsein zusammen, das auf Weitergabe
der Klangtradition erpicht ist. Und damit, dass
im Hause Ottensamer Musik an erster Stelle stand. „Im Haus, das wir bewohnten, konnte man gottlob üben, ohne einander wahnsinnig zu stören“, meint Ottensamer. „Tatsächlich
haben mein Bruder und ich manchmal vorm
Fernseher gesessen
und gesagt: ‚Ich
üb’ jetzt nicht,
Wurzel-Behandlung: Andreas
Ottensamer
stammt selbst aus
einer österreichungarischen
Musikerfamilie
Foto: Lars Borges/Mercury Classics
nzwischen hat sich die Aufregung um ‚Schlüpfergate’, also die Unterhosenfotos von Andreas Ottensamer, wieder gelegt. Obwohl
die Abzüge – die zu machen ihm in einem
Schwimmbad angeboten wurde –, auf einzelnen
Internet-Blogs immer noch zu sehen sind. Wer
suchet, der findet. Auch den Spitznamen „Die
nackte Klarinette“ hat der demnächst 26-Jährige
vermutlich ein für alle Male weg. Macht nichts!
Und schließlich, ob die lustige Affaire dem Exklusiv-Schallplattenvertrag bei der Deutschen Grammophon hinderlich oder in Wirklichkeit vielleicht
förderlich war, das sind große Fragen, die wir in
diesem Leben nicht mehr lösen werden.
Ottensamer spielt offen mit seiner Attraktivität. Obwohl er nach Bekanntwerden der Fotos einige Tage hochgeschlossen in der Philharmonie
erschienen sein soll – er ist Solo-Klarinettist der
Berliner Philharmoniker –, befinden sich im Booklet der neuen CD unter den sage und schreibe
12 Porträt-Fotos auch solche, auf denen einem
auffällt, dass Ottensamer zwischenzeitlich ganz
schön zu ‚pumpen’ angefangen hat. „Ich will ja
nicht behaupten, dass ich nicht manchmal Liegestütze mache“, relativiert er im Café-Interview
in Berlin-Kreuzberg. „Aber ins Fitnessstudio gehe
ich kaum.“ Tennis, Fußball, Golf und Ski sind seine Hobbys.
All diese Äußerlichkeiten sind tatsächlich unwichtig. Ottensamer, Spross einer Wiener
die Vorlage für die heutige Klangkultur gegeben.
Und einen Punkt definiert, in dem sich die Ästhetik der beiden großen Wiener und Berliner Orchester berührt und durchdringt.
22
und dafür übst du auch nicht!’“ Noch häufiger
habe es freilich die Situation gegeben, wo man
einander textete, man wolle noch eine halbe
Stunde für sich üben, bevor man einander für
ein Duo trifft.
Wie die Eltern das Kunststück hinbekamen,
gleich beiden Söhnen das Instrument des Vaters
schmackhaft zu machen, darf als Triumph gelungener Erziehung gefeiert werden. „Ach was!“,
protestiert Andreas Ottensamer. Im Hause des
Geigers Christoph Koncz und seines Bruders, des
Cellisten Stephan Koncz (beide mit auf der neuen
CD vertreten), sei es nicht anders gewesen. Eher
österreichische Verhältnisse also. Trotzdem beneidenswert.
„Die Wiener Klarinettentradition begünstigt den dunklen, voluminösen
Klang.“
Da Mutter Ottensamer – sie heißt Cecilia, Cello-Professorin am Wiener Konservatorium – halbe Ungarin ist, trägt die neue CD den Titel „The Hungarian Connection“ nicht zu Unrecht.
Bei den Gebrüdern Koncz sieht es ähnlich halbungarisch aus. „Das ist nicht unwichtig, denn
beim ungarischen Idiom gibt es musikalische Regeln zu beachten ähnlich wie beim Wiener Walzer“, so Ottensamer. Genau: Beim Dreivierteltakt ist es bedeutsam, den zweiten Schlag nicht
zu spät und den dritten nicht zu früh zu bringen.
„Und im ungarischen Repertoire kommt es darauf
an, dass der Akzent zwar auf dem ersten, die Emphase aber auf dem zweiten Schlag liegt“. Jessas!
Wer immer dies verstehen mag, hält den NotenSchlüssel zur österreichisch-ungarischen Monarchie in Händen.
Vorlagen zurückgegriffen – und die Instrumentation um ein Cimbalom ergänzt. Bei „Két Tétel“ von Leo Weiner, einer Schlüsselfigur der ungarischen Dirigentengeneration um Solti, Reiner, Szell und all die anderen, ist das Cimbalom
ohnehin vorgesehen. Gespielt wird es von Oszkár Ökrös, dem amtierenden Urviech und Hohepriester des dreifüßigen Hackbretts.
Ungeahnt narkotisch und geradezu in Trance
versetzend – während man hellwach bleibt! – ist
das Klarinettenquintett mit einer all star-Besetzung unter Anführung von Leonidas Kavakos und
Antoine Tamestit. „Ich habe keinen ausgeprägten
Kontakt zu bestehenden Quartetten, so dass mir
die Lösung mit einzelnen, großartigen Musikern
näher lag“, so Ottensamer. Dick, räkelig und flaumig wie ein Molch, zieht Ottensamer seine Klarinettenspur dabei durch die folkloristisch edlen
Gefilde dieser Freundesrunde.
Ein transsilvanisches Traditional rundet das
Zigeunergulasch ab. Ein köstlich gelungenes Album, bei dem sich zeigt, dass hübsche Musiker
in der Klassik keineswegs zum Misstrauen verleiten müssen. Übrigens, hässliche Klassik-Stars hat
es zu allen Zeiten kaum welche gegeben. Auch
Bernstein, Karajan und die Callas sahen zu ihrer
Zeit unschlagbar gut aus. Da ist der Andi in bestaussehender Gesellschaft.
MARIINSKY
ST. PETERSBURG
Anna Netrebko
Plácido Domingo
Valery Gergiev
Neu erschienen: „Brahms – The Hungarian Connection“ mit Kavakos, Koncz, Tamestit,
DG/Universal
Abonnenten-CD: Track 14
Die nächsten Konzerte mit Andreas Ottensamer:
28.3. Baden-Baden, Festspielhaus
12.4.
Essen, Philharmonie
9.5.
Berlin, Philharmonie
14.5.
Berlin, Philharmonie
DVD: 102213
Blu-ray: 108153
Mit den
WELTSTARS
der Oper
Das Who is Who der klassischen
Musik feierte am 2. Mai 2013
die Wiedereröffnung des
imposanten Mariinsky-Theaters
in St. Petersburg.
Hackbrett für den pikanten
Schmelz
Um es besonders magyarisch klingen zu lassen,
hat man für die Arrangements von Brahms’ Ungarischen Tänzen Nr. 1 und 7 auf die originalen
ANNA NETREBKO
PLÁCIDO DOMINGO
RENÉ PAPE
OLGA BORODINA
YEVGENY NIKITIN
YURI BASHMET
DIANA WISHNEVA
u.v.a.
Ballett, Chor & Orchester des
Mariinsky Theaters St. Petersburg
Leitung: Valery Gergiev
23
Im Vertrieb der
NAXOS DEUTSCHLAND GmbH
www.naxos.de · www.naxosdirekt.de
Sarasate bei Naxos gilt als beispielhafte Pionierarbeit. Ihren Ysaÿe-Sonaten wird allerhöchste Erzählkraft attestiert. Tianwa Yangs
Qualität ist nicht bloß Folge technischer SuperBrillanz, und ihre musikalische Identität lässt
sich nicht mit dem Hinweis auf Finger-Akrobatik und Hyper-Virtuosität beantworten. Selten
freilich hat sich ein Super-Talent dem Markt so
sehr von seinen Rändern her genähert.
Zuhause: Ihre
Liebe zur Kammermusik führte
Tianwa Yang
zum Studium
nach Karlsruhe
Ich habe mir
­Bücher aufs
­Notenpult gelegt,
denn ich interessierte mich mehr
für ­chinesische
­Literatur.“
Sie gilt Kennern als „beste Geigerin der Welt“ –
und könnte die erste sein, die mit Naxos-Vertrag
die Welt erobert. Warum auch nicht?
Von Robe rt F r au n hol z e r
W
enn sie nach Peking zurückkehrt, so erzählt Tianwa Yang,
dann sei sie „jedes Mal krank“.
Die hohe Luftverschmutzung
macht’s aus – so schlimm, dass die Sonne hinter dem Smog wie durch eine Milchglasscheibe hindurch erscheint. Trotzdem fährt die
demnächst 28-Jährige jedes Jahr. Um ihre Familie zu treffen. Gewiss ist der expandierende
24
chinesische Klassikmarkt auch nicht unwichtig, so sehr aber nun auch wieder nicht. Tianwa Yang wird in Deutschland von etlichen
Kammermusik-Kennern tatsächlich als „beste
Geigerin der Welt“ gefeiert.
Sie bekam jüngst den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik, ebenso den ECHO
als Nachwuchskünstlerin des Jahres. Ihre Gesamtaufnahme der Violinwerke von Pablo de
Weltklasse – mit Luft nach oben
Yang könnte die erste internationale Künstlerin werden, die mit ihrem Naxos-Vertrag in
der Tasche die Welt erobert. Frühere Exklusiv-Künstler des Billig-Labels, etwa Maria Kliegel, Idil Biret oder Jenö Jandó, spielten im Konzertleben großer Säle und Orchester kaum eine
Rolle. Man mied sie. Auch bei Tianwa Yang besteht in Bezug auf Orchester, mit denen sie auftritt, noch ‚Luft nach oben‘. „Dieses Jahr bin ich
sehr zufrieden“, sagt sie. Es stehen Debüts bei
der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, in
Vancouver, Malmö und beim London Philharmonic Orchestra an. So bescheiden ist die ‚beste Geigerin der Welt‘. Berlin, Stockholm, Philadelphia und Paris sind für sie immer noch
nicht in Sicht …
Wäre vermutlich schneller gegangen, wenn
die Einladung, die Isaac Stern an sie aussprach,
noch wahr geworden wäre. Der legendäre Geiger saß 1999 in seinem Hotelzimmer in Peking,
als er im Fernsehen die Übertragung eines Konzertes mit Tianwa Yang aus dem unweiten Poly-Theater sah. Stern war begeistert, bat darum,
die Künstlerin kennenzulernen. Yang war nicht
Foto: Friedrun Reinhold
Tianwa Yang Forever Yang
Perfekt Deutsch sprechend, präsentiert
sich die in Karlsruhe bei Jörg-Wolfgang Jahn
ausgebildete, in Kassel lebende Musikerin als
das, was man früher eine ‚junge Dame‘ nannte:
aufrecht, höflich, ein bisschen reserviert. Und
sehr ehrlich. Sie habe, um entdeckt zu werden,
ein Bewerbungs-Band zu Naxos geschickt, eine
in China höchst renommierte Firma. „Bei der
Deutschen Grammophon hätte ich es nicht gewagt“, lacht sie. Naxos-Chef Klaus Heymann
(beraten von seiner geigenden Ehefrau) griff
zu. Und lässt Yang weitgehend freie Hand bei
der Auswahl ihres Repertoires. Auch das Mendelssohn-Konzert mit ihr gibt es schon.
auffindbar. So führte Sterns Einladung nach
New York zwar zur Vorbereitung der Ausreisepapiere, dann aber starb der weltberühmte
Mann. In dem Barock-Cellisten Anner Bylsma
fand sie später einen Mentor und eine Quelle
der Inspiration. Zum Umstieg auf die Barockgeige animierte er sie freilich nur episodisch.
Auf die Frage, ob sie glaube, dass es in ihrem Spiel etwas Chinesisches gebe, wehrt sie
erschrocken ab. „Was soll das heißen?!“ Eine
richtige chinesische Schule gebe es nicht. „Chinesisch“ beziehe sich meist auf leere Virtuosität, das schätze sie nicht. So indes hatten wir
die Frage nicht gemeint. Im Ton von Tianwa
Yang, im Ansatz und im Vibrato, existiert eine
leichte Schwingung, ein melodiöses Sirren
und Kirren, wie man es aus der traditionellen
chinesischen Musik kennt. „Ach so! Das kann
sche Ausbildung beinhalte tatsächlich „Drill“,
das sei zutreffend. Schwierigkeiten mit der
harmonischen, vertikalen Organisation der
westlichen Musik habe sie nicht gehabt. „Ich
war schließlich nur zwei Mal im Leben in der
Peking-Oper“, erklärt sie. An asiatischen Studenten freilich merke sie gewisse Akklimatisierungsschwierigkeiten manchmal schon.
„Ich war ein besonderer Fan des Streichquartetts“, meint sie rückblickend. Spielen tue sie
trotzdem in keinem. Denn das sei „ein ganz eigener Beruf.“
Klassik, Filmmusik, Chanson & mehr
Saint-Saëns, Mendelssohn, Mussorgsky
Piazzolla, Bernstein, Gulda
Ihr Vorbild: Die noble, alte
Schule
„Ich bin wegen der Kammermusik nach
Deutschland gekommen“, so Tianwa Yang
schlicht. Ihr großes musikalisches Vorbild: das
Busch-Quartett. Auch bei den Solisten bewundert sie die alten,
zum Teil ganz alten: Josef Szigeti, Myra Hess, Pablo Casals. „Heute mag man über altes Vibrato disMillionen fleißiger Klavierschüler in China können nicht
kutieren, was mir völlig gleichumsonst geübt haben. Neben Lang Lang und Yundi Li bevölkern zahlreiche chinesische Supertalente den Markt.
gültig ist. Die Intensität, die diese
Musiker gehabt haben: großartig!“
Yuja Wang läuft ihren männlichen Klavier-Kollegen den
Auch der frühe und mittlere, weRang ab. Es rücken nach Hai’ou Zhang, Zhang Zuo und
niger der späte Michael Rabin sei
Tony Yun und – von der Altmeister-Front: Zhu Xiao-Mei.
„ein großes Genie“ gewesen. „BesAn der Geige: Ziyu He, Li Chuan Yun, Ning Feng und Jiafeng Chen. China hat deutlich aufgeholt nach einem Rückser als in seinen Aufnahmen der
50er Jahre geht es nicht.“
gang der japanischen und koreanischen Talente. Freilich,
Mit dem 2. Violinkonzert von
so viele asiatische Gesichter es auch gibt: Viele stammen
Mario Castelnuovo-Tedesco eröffin Wirklichkeit aus Amerika wie etwa Midori oder Kit Armstrong. Kein Zufall auch, dass die bekanntesten chinesinet Tianwa Yang jetzt eine neue,
als Gesamtaufnahme angelegschen Solisten immer die waren, deren Name am Besten
te Entdeckungs-Serie bei Naxos.
zu merken ist …
Das Konzert wurde für Heifetz geschrieben (und von diesem eingesein …“, räumt sie sofort ein. Sei auch gut so.
spielt). „Für derlei habe ich Lust mich einzuEin leichter Ingwer-Ton, eine Geschmacksspur
setzen.“ Anschließen soll sich eine Gesamteinnur, aber doch unverwechselbar, ist dem Spiel
spielung der Werke für Violine und Orchester
dieser Wunderfrau zu eigen.
von Saint-Saëns. Dann Lalo.
Aus der Fülle asiatischer Talente könnGedichte auf dem Notenpult
te Tianwa Yang, geboren am 8. April 1987 in
Peking, die erste Geigerin sein, welche ein
Um das Übliche nicht zu vergessen: Dass sie
im Alter von vier Jahren mit der Violine be- Fenster in die Zukunft direkt neben demjenigann, hält sie für nichts Besonderes. „Es war in
gen von Lang Lang öffnet. Ihr Ingwer-Ton verMode damals, und da ich in einen Musik-Kin- strömt den vielleicht faszinierendsten Duft der
letzten Jahre. Und das Beste: Parfüm ist das
dergarten ging, wo man in diesem Alter ein
nicht. Sondern reine Natur.
Instrument in die Hand gedrückt bekam, war
nur die Frage: welches?“ Zunächst entschied
sie sich für Klavier. Die Eltern – der Vater Au- Neu erschienen: Castelnuovo-Tedesco: Viotomechaniker, die Mutter in der Buchhaltung
linkonzert Nr. 2, Concerto italiano op. 31,
– hatten das Geld für ein solches Instrument
mit dem SWR-Sinfonieorchester Baden-Banicht. Inzwischen war aber das absolute Ge- den und Freiburg, de Boer, Naxos
hör des Mädchens entdeckt worden. Man entschied sich für die Geige. „Es hat sich körper- Die nächsten Konzerte von Tianwa Yang:
lich sofort ganz natürlich angefühlt“, so Yang.
26.3. Karlsruhe, Wolfgang-Rihm-Forum
Bis sie zehn war, übte sie zwei bis zwei- 27.3. Mannheim, Christuskirche
einhalb Stunden täglich; zur Not auch ‚einge- 7.4.
Köln, Kammermusiksaal der HfMT Köln
sperrt’ unter gewissem Druck. „Ich habe mir
19.4. Stuttgart, Liederhalle
heimlich Bücher aufs Notenpult gelegt, denn
20.4. Stuttgart, Liederhalle
ich interessierte mich damals mehr für chine- 21.4. Kassel, Musikakademie
sische Geschichte und Literatur.“ Die chinesi-
Wie hieß nochmal … ?
25
Das neue Album
Tour
22.3. Brunsbüttel 15.4. Wolfsburg
26.3. Elmshorn
19.4. Nienburg
27.3. Münster
26.4. Bonn
Weitere Termine
salut-salon.com
Keine gute
Figur: Joseph
Joachim war
schließlich
gegen die
Veröffentlichung des
Violinkonzerts
(Zeichnung
von Adolph
Menzel, 1853)
geisterung für das Werk von Seiten Claras und
Joachims weicht allerdings der Skepsis. Joachim wird zunächst von den immensen technischen Schwierigkeiten kalt erwischt – bei
einem Durchspiel Anfang 1854 gibt er keine
gute Figur ab. Während Robert in die „Irrenanstalt“ des Doktor Richarz eingeliefert wird,
wachsen bei Clara Zweifel an der Qualität dieses letzten vollendeten Orchesterwerks. Mit
Joachim beratschlagt sie eine mögliche Überarbeitung, beauftragt den Geiger sogar mit einem neuen Finale. Am Ende entscheiden sich
die beiden nicht nur gegen eine Aufführung –
sie nehmen das Konzert nicht einmal auf in
die Gesamtausgabe. Das Autograf verschwindet in Joachims Nachlass. Dort wird es erst 25
Jahre nach Joachims Tod wieder ausgegraben,
angeblich dank einer Séance, in deren Verlauf der britischen Geigerin Jelly d’Arnyi, einer Großnichte Joachims, der Aufbewahrungsort der Partitur offenbart wird. Tatsächlich
war der eigentlich nie wirklich geheim gewesen (die Preußische Staatsbibliothek), doch der
Spuk ließ in der Öffentlichkeit die Wellen so
hoch schlagen, dass das Werk schließlich, trotz
eines Aufführungsverbots von Joachims Sohn,
zur Premiere eingerichtet wurde.
Arischer Aufführungsmurks
Hörtest – Schumann Violinkonzert d-Moll
Clara Schumann fand „Makel, wo man über alles
liebt“. Noch heute stellt das letzte Orchesterwerk
Schumanns seine Interpreten vor erhebliche
Probleme. Von R aou l Mörc h e n
W
ahnsinn und Genie sind, dem
Klischee zum Trotz, kein gutes Team, zumal nicht in der
Musik. Mag der eine auch
noch sabbernd mit großer Geste den Pinsel
über die Leinwand führen und dabei Wunder vollbringen – die Materie des Komponieren ist zu komplex für lädierte Geister. Wann
die Grenze allerdings überschritten ist, jenseits derer die Kunst das Nachsehen hat, darüber lässt sich im Einzelfall trefflich streiten.
Im Falle Robert Schumanns, sagen die einen,
war die Grenze der Sprung in den Rhein, andere trauen ihm auch in den beiden Endenicher Jahren noch Großes zu, wieder andere se-
26
hen bereits frühere Werke von Krankheit beschädigt.
Um keine andere Partitur wurde dabei so
sehr gestritten wie um das Violinkonzert. 1853,
im letzten Düsseldorfer Jahr entstanden, in einem für Schumann damals so typischen manischen Arbeitsschub, der unmittelbar folgte auf
einen (vermuteten) Schlaganfall und die vernichtende ärztliche Diagnose einer „Gehirnerweichung“. Dank der Begegnung mit dem jungen Geiger Joseph Joachim hat sich Schumann
in dieser Zeit verstärkt der Geige zugewendet.
Nach den beiden Sonaten entstehen eine große „Phantasie“ mit Orchesterbegleitung und
schließlich das Konzert. Die anfängliche Be-
Die hätte Yehudi Menuhin spielen sollen, doch
da waren die Nazis vor. Menuhin selbst hatte Goebbels mit einer unbedachten Äußerung
das Stichwort geliefert. Nach einer Durchsicht
des Manuskripts bejubelte der Geiger das „fehlende Bindeglied zwischen Beethoven und
Brahms“ und überging damit geflissentlich
Mendelssohn – für dessen „jüdisches“ Violinkonzert die Deutschen nun endlich einen „arischen“ Ersatz gefunden hatten. So spielte am
Ende auch nicht der Jude Menuhin die Uraufführung am 26. November 1937, sondern der
Deutsche Georg Kulenkampff, flankiert von allerlei Propaganda-Getöse. Doch selbst die Nazis misstrauten dem Werk: Der regimefreundliche Musikwissenschaftler Georg Schünemann ließ die Solostimme vor der Premiere
still und heimlich von Paul Hindemith bearbeiten – sie schien immer noch zu schwer und
undankbar. Erst Menuhin nahm das Konzert
im folgenden Jahr bei der USA-Premiere (ungefähr) so, wie es Schumann hinterlassen hatte –
und legte an der Seite von John Barbirolli und
der Philharmonic Symphony of New York eine
Referenzeinspielung vor.
Exzentriker und Individualisten
Diese Einspielung von Yehudi Menuhin, obwohl ästhetisch deutlich dem Geist der Vorkriegszeit verhaftet, ist tatsächlich noch heute das Maß der Dinge. Denn mit vermeintlicher
Werktreue ist diesem Konzert nicht beizukommen. Wer den vielen Wiederholungen, der motivischen Entwicklungsarmut, der Vernachlässigung des Orchesters, wer den offenkundi-
gen kompositorischen Schwächen der Partitur
nicht offensiv entgegen arbeitet, kann hier keinen Blumentopf gewinnen. So zeigt sich im
Vergleich des guten Dutzends Einspielungen,
die heute vorliegen, dass vor allem Exzentriker und Individualisten die Nase vorne haben:
Interpreten mit Mut zu einem eigenen Standpunkt und den Nerven, den dann auch in jedem Takt zu vertreten.
Menuhin etwa spielt, als gäb‘s nur ihn und
Schumann. Die Musik hat einen fantastischen
Drive und der Ton eine solche Intensität, dass
man selbst über dicke Schnitzer der Partitur
wie die achttaktige, dabei gänzlich modulationsfreie Tonleiterpassage des Finales einfach
hinweg hört. Ähnliches gilt für Gidon Kremers
Geniestreich von 1994, trotz des geradezu konträren Vorgehens. Mit Harnoncourt an der Seite wird einerseits das beste auch aus dem Orchesterpart herausgeholt (der klingt in der Eröffnung und im Finale unglaublich barock,
mit pompösen Pauken), andererseits bohrt
sich Kremer so tief in jede Phrase, dass man
wie angewurzelt dasitzt und gar nicht anders
kann als weiterhören. Allenfalls der dritte Satz
macht Sorgen, wo die streng befolgte Tempovorgabe (Viertel = 63) die Musik beinahe paralysiert – selbst Wissenschaftler neigen dazu,
hier eine Fehleinschätzung Schumanns zu
unterstellen. Bei anderen Aufnahmen ist spätestens hier wirklich Schluss. Schmerzlich ist
das vor allem bei der Neuaufnahme von Isabelle Faust, die mit dem Freiburger Barockorchester an der eigenen Vorsicht scheitert. Statt
die Partitur energisch zu fassen, hält Faust sie
hoch wie ein wertvolles Stück Porzellan. Doch
das hat eben tiefe Risse und liegt schließlich in
Scherben auf dem Boden.
Bedauerlich, dass die starke Aufnahme
von Thomas Zehetmair momentan nicht verfügbar ist. Sie beweist, wie ja schon die von
Kremer, dass der „werktreue“ Ansatz nicht notwendigerweise scheitern muss – er braucht in
diesem besonderen Fall nur ein schweres Gegengewicht. Bedauerlich auch, dass von Christian Tetzlaff bisher nur eine unbefriedigende
Live-Aufnahme vorliegt: Vom Naturell her ist
er eigentlich prädestiniert für dieses Konzert.
Doch Paavo Järvi und das hr-Sinfonieorchester wirken allzu lähmend auf Tetzlaffs Unruhegeist und lassen ihn am Schluss des ersten
Satzes sogar ganz unverhofft hadern mit einer (allerdings wirklich denkbar schwierigen)
Doppelgriffpassage. Erst im Laufe des zweiten
Satzes schwimmt sich Tetzlaff frei und zeigt
schließlich im fulminanten dritten, was unter
besseren Bedingungen möglich wäre.
Apropos technische Schwierigkeiten: Hindemiths Bearbeitung, obwohl beim SchottVerlag veröffentlicht, fand nach Georg Kulenkampff offenbar keine Liebhaber mehr. Auch
dessen Aufnahme (mit den Berlinern unter
Schmidt-Isserstedt) ist leider nicht mehr erhältlich. Für Enthusiasten lohnt das Stöbern
an der Reste-Rampe: nicht nur wegen Kulenkampff, der sich stellenweise durchaus tapfer
schlägt (und doch dem jungen Menuhin nicht
das Wasser reichen kann), sondern eben der
ziemlich grotesken Resultate wegen, die Hindemiths Eingriffe zeitigen. Sie betreffen vor allem Oktavierungen in eine höhere, vermeintlich brillantere Lage und die Entschärfung
komplizierter, doch wirkungsarmer Doppelgriffe. Einiges erinnert an die bekannten Anpassungen des (Bassett-)Klarinettenkonzerts
von Mozart, anderes lässt nur den Kopf schütteln – zumal die besten Geiger das Original
(siehe Menuhin) ja auch damals schon bewältigt haben.
Bloß haben sich das nur wenige getraut.
Henryk Szeryng war einer von ihnen. Seine
jetzt erstmals auf CD veröffentlichte SWR-Aufnahme von 1957 unter Hans Rosbaud ist ein
willkommener Ersatz für die vergriffene Einspielung mit Dorati. Auch wenn das Team Szeryng/Rosbaud nach hinten leicht abbaut: Ihre
Interpretation ist zielstrebig, schnörkellos und
konzentriert, nirgends lassen die beiden locker,
doch verkrampfen sie auch nicht. Im Gegenteil
– selbst wenn diese Version kein solcher Selbstläufer ist wie die von Menuhin: Sie zeichnet
sich aus durch geradezu sportliche Eleganz.
Dasselbe gilt, wenngleich auf ganz andere Weise, für eine Aufnahme, die vielleicht die
klassischste ist von den wirklich guten: Renaud Capuçon liest den Solopart so differenziert, wie man es sich nur wünschen kann, mit
Eigensinn und Courage, doch ohne die Extravaganz eines Gidon Kremer. Besonders gut gelingt hier die sonst so kritische (weil kompositorisch unterentwickelte) Zusammenarbeit
mit dem Ensemble: mit Daniel Harding und
dem Mahler Chamber Orchestra.
Und plötzlich schnurrt das
Finale!
Die ist im Übrigen ein Trumpf auch bei zwei
echten Außenseitern im Spitzenfeld. Da ist
zum einen die US-Amerikanerin Rachel Barton Pine. Sie spielt, wie die besten Kollegen vor
50 Jahren gespielt haben: wuchtig, führungsstark und selbstbewusst, mit schwerem Vibrato und breitem Bogen – und das funktioniert.
Auch, weil das Göttinger Symphonie Orchester ganz offenbar beträchtliche Probenarbeit in
diese Aufnahme investiert hat, sich blendend
mit der Solistin versteht und klangliche Defizite mit Leidenschaft kompensiert. Zum anderen ist da der Schwede Ulf Wallin, vielleicht
der Geheimtipp überhaupt für’s SchumannKonzert. Wallin gelingt gemeinsam mit der
Chemnitzer Robert-Schumann-Philharmonie
eine Interpretation, die so lyrisch ist und rhapsodisch frei wie keine zweite. Das störrische Finale, das andere mit Mühen niederringen oder
gleich verloren geben, streichelt Wallin ganz
liebevoll. Und siehe da: Es schnurrt!
Favoriten
Yehudi Menuhin, Philharmonic Symphony of
New York, John Barbirolli, 1938, Naxos
Gidon Kremer, Chamber Orchestra of Europe,
Nikolaus Harnoncourt, 1994, Teldec/Warner
Alternativen
Henryk Szeryng, SWR Sinfonieorchester
­Baden-Baden und Freiburg, Hans Rosbaud,
1957, hänssler CLASSIC/Naxos
Renaud Capuçon, Mahler Chamber Orchestra,
Daniel Harding, 2004, Virgin Classics/Warner
Ulf Wallin, Robert-Schumann-Philharmonie
Chemnitz, Frank Beermann, 2009, BIS/Klassik
Center Kassel
Schöne Überraschung
Rachel Barton Pine, Göttinger Symphonie
Orchester, Christoph-Matthias Mueller, 2012,
Cedille/Naxos
Durchwachsen
Joshua Bell, Cleveland Orchestra, Christoph
von Dohnányi, 1996, Decca (nur als Download)
Thomas Albertus Irnberger, Spirit of Europe,
Martin Sieghart, 2008, Gramola/Naxos
Christian Tetzlaff, hr-Sinfonieorchester, Paavo Järvi, 2011, Ondine/Naxos
Anthony Marwood, BBC Scottish Symphony Orchestra, Douglas Boyd, 2011, Hyperion/
Note 1
Isabelle Faust, Freiburger Barockorchester,
Pablo Heras Casado, 2014, harmonia mundi
Abonnenten-CD: Track 13
Blässlich
Ilya Kaler, Bournemouth Symphony ­
Orchestra, Pietari Inkinen, 2007, Naxos
Lena Neudauer, Deutsche Radio Philharmonie, Pablo González, 2010, hänssler CLASSIC/
Naxos
Baiba Skride, Danish National Symphony ­
Orchestra, John Storgards, 2011, Orfeo
27
Cécile McLorin
­Salvant Französische
Afro-Amerikanerin
Clarté und Frische im schwarzen Jazzgesang
bringt diese Sängerin zur Perfektion.
Von T hom a s F i t t e r l i ng
S
ie ist so etwas wie die Oscar-Verleihung im Jazz,
die jährliche internationale Kritikerumfrage des
DownBeat, der wohl renommiertesten Jazzpublikation weltweit.
Im vergangenen Jahr dominierte
eine 25-jährige Sängerin die Ergebnisse. Gleich in vier Kategorien fiel die Wahl auf sie.
Ein gutes Jahr zuvor war diese
Sängerin mit dem anglofranzösischen Namen Cécile McLorin Salvant noch weitgehend unbekannt
gewesen, obschon sie den 2010
für Sängerinnen ausgeschriebenen, prestigeträchtigen Thelonious Monk Wettbewerb gewonnen
hatte. In der Folge war sie schließlich zum Mack Avenue Label ge-
28
kommen, und das veröffentlichte 2013 ihr amerikanisches Debüt,
„WomanChild“. Mit dem vorzüglichen, um den Gitarristen James
Chirillo erweiterten, modernen
Mainstream-Trio des Pianisten
Aaron Diehl mit Rodney Whitaker am Bass und Herlin Riley am
Schlagzeug interpretiert sie neun
Songs aus der schwarzen amerikanischen Tradition, die zum Teil
weit ins 20. Jahrhundert zurückreichen, zwei Originals und eine eigene Vertonung eines tief bewegenden Gedichts der haitianischen
Dichterin Ida Faubert. Aaron Diehl
erweist sich dabei als ein idealtypischer Pianist vom Range eines
Tommy Flanagan, dem jahrelangen Begleiter von Ella Fitzgerald.
Von Null auf Eins
Dieses „WomanChild“ betörte die
internationale Kritikerriege des
DownBeat. Sie kürten die CD zum
Jazz-Album des Jahres und platzierten Cécile McLorin Salvant
gleich zwei Mal auf Platz eins
der Sängerinnen. Sie bekam eine
Mehrheit in der uneingeschränkten Kategorie der Vokalistinnen,
aber auch eine als Rising Star Vocalist; außerdem wurde sie zum
Rising Star Jazz Artist gewählt.
Die Begeisterung der Kritiker
kommt nicht von ungefähr: Betörend trägt Cécile McLorin Salvant alte und auch ungewöhnliche Songs mit einer ungeheuren Frische und Natürlichkeit vor
und gestaltet sie aus einer gründ-
In’s Glück geschubst
Soweit, so gut. Es ist aber noch
keine Jazz-Sängerin vom Himmel
gefallen. „Bevor ich nach Frankreich ging, wusste ich sehr wenig über Jazz. In Miami konnte ich mir als Teenager nicht vorstellen, dass jemand noch Jazz
Foto: John Abbott
Und jetzt –
barock?
Cécile McLorin
Salvant bleibt
ihren Wurzeln
treu
lichen Auseinandersetzung mit
dem Material, ohne Rückgriffe auf
Scat-Effekte. Sie verfügt über eine
warme, absolut intonationssichere Stimme, die immer wieder an
Sarah Vaughan erinnert. Es ist da
etwas, was Cécile McLorin Salvant
anders klingen lässt als all die
jungen amerikanischen Sängerinnen, und das hat etwas mit ihrer
Sozialisation zu tun. In einem offenen, lockeren Gespräch mit dem
Autor zeichnete sie diese nach.
Als Tochter eines Arztes aus
Haiti und einer französischen
Mutter, deren Wurzeln in die Gegend von Toulouse reichen, wurde
Cécile in Miami, Florida, geboren,
wo sie auch aufwuchs. Zuhause
wurde Französisch gesprochen.
Entscheidend für ihren Werdegang wurde ihre Mutter, die eine
französischsprachige Schule betreibt. „Meine Mutter ist in Tunesien geboren. Sie ist immer viel
gereist. Von überall brachte sie
Musik nach Hause, und Jazz gehörte dazu. Von Kind an hörte
ich die großen Jazzsängerinnen,
vor allem Mamas Liebling, Sarah
Vaughan. Aber mein Kindheitstraum war, klassische Sängerin
zu werden. Sängerin zu sein, das
stellte ich mir fantastisch und unglaublich spektakulär vor. Meine Mutter erkannte, dass ich verschiedene Talente hatte, aber
nichts mit ihnen anfing. In bin
nämlich eine sehr passive Person
und ergreife nicht gern die Initiative. Das tat dann sie für mich. Als
ich ungefähr vier war, sorgte sie
dafür, dass ich Klavierunterricht
bekam und zwang mich durchzuhalten, bis ich 18 war. Als ich 13
war, organisierte sie meinen ersten Gesangsunterricht, und als
ich zum Studium nach Frankreich
ging, hieß sie mich, neben meinen Vorkursen in Politologie und
Jura, Jazz zu belegen und schleppte mich zum Jazzdozenten. Sie
sorgte auch dafür, dass ich 2010
am Thelonious Monk Wettbewerb
teilnahm.“
spielte – vielleicht gerade noch
Smooth Jazz oder Fusion, aber
swingenden straight ahead Jazz?
Nein. Schon allein deswegen war
Jazzgesang für mich keine Option, aber ich wollte ohnehin klassische Sängerin werden. Das änderte sich mit meinem Jazzlehrer
Jean-François Bonnel in Aix-enProvence. Er weckte meine Neugier für Jazz, und weil ich ja wie
gesagt oft geschubst werden
muss, sagte er mir einfach, was
ich gefälligst zu hören habe, und
so entdeckte ich all die alten und
zum Teil vergessenen Sängerinnen. Jura und Politologie gab ich
schließlich auf und ging nur noch
aufs Konservatorium. Dort wid-
schees aus heutiger Sicht nicht
immer politisch korrekt erscheinen und vor allem in Amerika
mitunter Stirnrunzeln auslösen,
meint sie: „Ich glaube, das hat weniger mit meiner europäischen
Erfahrung zu tun. Ich habe schon
immer Sachen gemocht, die etwas verschroben oder absurd sind.
In meiner Familie haben wir alle
Simone Kermes
einen Sinn für das Absurde, und
manche dieser sogenannten poliGemma Bertagnolli &
tisch inkorrekten Sachen sind so
Dorothee Oberlinger
überdreht, dass sie wieder grotesk
und komisch sind.“
Peter Härtling
Auf ihre Zukunft angesproDorothee Mields &
chen erwähnt Cécile McLorin Salvant, dass sie jetzt in New York, in
Stefan Temmingh
Harlem lebe, und dann schwärmt
Daniel Behle &
sie von dem Album, dessen Veröffentlichung noch
Martin Walser
ansteht und das im August
und viele mehr
2014 mit einem Trio um
den großartigen Pianisten
Aaron Diehl aufgenommen
wurde, der auch schon auf
„WomanChild“ eine Schlüs„Als ich nach Frankreich kam, war ich erselrolle spielte. „Die meisstaunt über die Jazzfestivals, die im Gegensatz zu den sogenannten Jazzfestiten Songs drehen sich um
die Liebe; es sind etliche
vals in Amerika tatsächlich Jazz im ProSongs von mir dabei. Das
gramm haben. In Amerika treten bei
ganze Album ist etwas perdiesen Festivals Leute wie Elton John
sönlicher, und es wird im
auf; wie sollen da Heranwachsende erBooklet viele Zeichnungen
fahren, was Jazz ist? In Frankreich gibt
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3/2/2015
von mir geben. Die Trioes außerdem all die Clubs, die Jazz präBesetzung mit Sängerin ist
sentieren; dann spielt Jazz im Radio
ja eine meiner Lieblingseine wichtige Rolle. Jazz gehört viel
formationen und zu Recht
mehr zum Mainstreambewusstsein als
ein Klassiker. Ja, und dann
in den USA. Dort wird Jazz nicht sehr
will ich in Zukunft mehr
ernst oder zu ernst genommen, wird als
komponieren, mehr über
lanweilig oder zu intellektuell angeseMusik lernen, über Harhen. Zwar gibt es auch in Amerika leiGefördert durch:
monielehre. Ich will eine
denschaftliche Jazzanhänger, aber es
bessere Pianistin werden,
sind nicht sehr viele.“
mir das Handwerk des Arrangierens aneignen, ich
will mehr zeichnen und malen.
mete ich mich aber neben dem
Und ich träume immer noch den
Jazz weiter meiner alten Liebe,
der klassischen Musik. Französi- Traum, Barockmusik professiosche Barockmusik ist meine gro- nell singen zu können, ohne meiße Leidenschaft. In meinem Klas- ne Jazzkarriere aufgeben zu müssikgesangsunterricht wurde mir
sen. Jedenfalls nehme ich jetzt
klar gemacht, wie wichtig es ist,
wieder Gesangsstunden. Und
jedes Wort, jeden Satz selber ge- dann will ich auch selber unternau zu verstehen und dann auch
richten, will das, was ich gelernt
JUNI
für die Hörer genau zu artikulie- habe, aus Dank anderen weiterren. Ich denke, das hat auch auf
geben, vor allem jenen, die keinen
meinen Angang im Jazzgesang
Zugang zum Jazz haben, ihn nicht
abgefärbt.“
mögen, weil sie ihn nie kennenIm Zusammenhang mit ih- lernen konnten.“
rem Repertoire, das auch Songs
JUNI
aus dem Anfang des letzten Jahr- Neu erschienen: WomanChild,
hunderts enthält, die mit ihren
Mack Avenue/In-Akustik
2015
64. Internationale Orgelwoche Nürnberg – Musica Sacra
implizierten rassistischen Kli-
5
© Gregor Hohenberg
20. Juni – 2. August 201
© Marco Borggreve
Jazz-Land
Frankreich
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3:28
Jazzfest Bonn Endlich wieder
Hauptstadt
Provinzielles Provisorium war gestern:
Mit seinem Jazzfest wirkt Bonn plötzlich
ganz ­weltstädtisch. Von Jo s e f E nge l s
E
s ist schon verrückt: Als Bonn noch
improvisierter Regierungssitz war,
gab die Stadt ausgerechnet der improvisierten Musik kaum eine Chance. Staatstragende Repräsentationskultur war
Trumpf im Hauptstadt-Provisorium, alles andere wurde mehr oder minder stiefmütterlich
behandelt. Das hat sich 15 Jahre nach dem Berlin-Umzug der Behörden gehörig geändert:
Während die etablierte Kultur in der ehemaligen Bundeshauptstadt überregional eher für
Kopfschütteln sorgt – Stichwort: Beethoven-
30
Festspielhaus –, entwickelt sich der Jazz gerade
zum weit über die Stadtgrenzen hinaus sichtbaren Aushängeschild. Verantwortlich dafür
ist das seit 2010 existierende Jazzfest Bonn,
das sich spätestens im vergangenen Jahr mit
Auftritten von US-Stars wie Saxofonlegende
Wayne Shorter oder Sängerin Dianne Reeves in
die Hauptstadt-Riege der deutschen Jazzfestivals spielte.
Unmittelbar verantwortlich für diesen
Schub sind die in Bonn ansässigen Konzerne Telekom und Deutsche Post, die gemein-
sam mit anderen Sponsoren den Großteil des
Jazzfest-Budgets schultern. Aber auch indirekt spielen die Geldgeber, die ähnlich wie die
nach Bonn gekommenen UN-Einrichtungen
das neue Gesicht der Stadt prägen, eine wichtige Rolle: „Da gibt es jetzt eine große Weltoffenheit und einen Hunger nach Kultur“, sagt Peter
Materna, künstlerischer Leiter des Bonner Jazzfests. Der Zuspruch gibt ihm recht: Die Konzerte
des Festivals sind mit schöner Regelmäßigkeit
kurz nach dem Vorverkaufsstart bereits ausverkauft.
Aufgrund seiner guten persönlichen Kontakte gelingt es dem Kurator, der selbst ein
namhafter Saxofonist ist, immer wieder, Acts
nach Bonn zu lotsen, die früher einen großen
Bogen um die Stadt machten. Zudem hat Materna ein feines Gespür für Nachwuchstalente, die vor dem Sprung nach oben stehen. „Als
Musiker arbeitet man ein Leben lang an inhaltlicher Qualität. Wenn man vor diesem Hintergrund ein Programm zusammenstellt, stellt
man diese Ansprüche auch an die Kollegen.
Das entsteht dann nicht am Reißbrett, sondern
man fragt sich: Was ist so berührend, dass ich
dafür selbst ins Konzert gehen würde?“, sagt
Materna.
Einen zusätzlichen Anreiz für Festivalbesucher und Künstler gleichermaßen stellen die
verschiedenen Veranstaltungsorte dar, an denen sich das Bonner Jazzfest präsentiert. Wie
in den Vorjahren finden die Konzerte des vom
7. bis zum 15. Mai gehenden Festivals unter anderem in der Bundeskunsthalle, dem Haus der
Geschichte oder im Beethovenhaus statt – mithin alles Orte, die ohnehin auf dem Pflichtprogramm jedes Bonn-Besuchers stehen sollten.
Auch der Jazzfest-Jahrgang 2015 wartet
wieder mit einer klugen Mischung aus internationalen Stars und Newcomern auf. Auf den
Auftakt mit Gitarristen-Altmeister Pat Martino
folgen Konzerte von bekannten Namen wie Enrico Rava, Franco Ambrosetti, Lizz Wright oder
Erik Truffaz, der mit der WDR Big Band auftritt.
Zum Abschluss gibt es dann eine Weltpremiere
in Bonn: Der Geiger Nigel Kennedy präsentiert
erstmalig sein neues Jimi-Hendrix-Programm.
Materna freut sich sehr darüber, den quirligen Brückenschläger zwischen vermeintlich gegensätzlichen musikalischen Welten als Jazzfest-Höhepunkt verpflichtet zu haben. Eine veränderte Genre-Wahrnehmung
ist schließlich auch das erklärte Ziel des Festivalleiters: „Es geht darum, dem Jazz den Stellenwert der Klassik zu geben.“ Im ehemaligen
Hochkultur-Repräsentationsstandort
Bonn
fährt man sehr gut mit dieser Devise.
Jazzfest Bonn
7. bis 15. Mai
Programm auf www.jazzfest-bonn.de
Tickets: www.bonnticket.de oder
Tel +49 (02 28) 50 20 10
Foto: Jimmy Katz
Stilvolle Größe:
Pat Martino
kommt auch
nach Bonn
F E S T W O C H E N D E R A U TO S TA DT
I N
W O L F S B U R G
10 . A P R I L ―17. M A I 2 015
FRIEDEN
KONZERTE
LESUNGEN & SCHAUSPIEL
Natalie Cole
Joshua Redman Trio · Hailey Tuck · AJ Brown
Omer Klein Trio · Ibrahim Maalouf
Lizz Wright · Eliane Elias
Get Well Soon · All We Are
Buttering Trio · Iskandar Widjaja
Simon Klavzar · Alessia Park
Annika Treutler · Stefan Hussong
Harriet Krijgh · Magda Amara
Matthias Goerne · Alexander Schmalcz
Christiane Karg · Gerold Huber
Nicolas Altstaedt · José Gallardo
William Youn · Isabelle Vilmar
Dover Quartet
Klenke Quartett · Tobias Koch
Kit Armstrong · Annelien Van Wauwe
Boris Aljinovic
Caroline Peters · Martin Brambach
Alexander Scheer · Robert Stadlober
Suzanne von Borsody · Ulrich Noethen
Peter Simonischek
Birgit Minichmayr · Lars Eidinger
Imogen Kogge · Richy Müller
Margarita Broich
Maria Schrader · Samuel Finzi
Wolfram Koch
Lavinia Wilson · Siegfried W. Kernen
Thomas Sarbacher
Iris Berben · Katharina Schüttler
Shenja Lacher · Thomas Thieme
Claudia Michelsen · Sylvester Groth
Klaus Maria Brandauer
WEITERE
INFORMATIONEN:
0 8 0 0 2 8 8 6 78 2 3 8 ODER
W W W. MOVIMENTOS.DE
Stand: 27. Januar 2015; Änderungen vorbehalten
TA N Z
Sydney Dance Company
GöteborgsOperans Danskompani
Shaun Parker & Company
Kibbutz Contemporary Dance Company
Les Ballets de Monte-Carlo
Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan
KULTURPARTNER:
31
Svjatoslav Richter Hundert Jahre
­Einsamkeit
Der Pianist, der vor einhundert Jahren geboren
wurde, sagte einmal von sich, er spiele nur, was
in den Noten stehe. Dann aber hatte er verdammt
geniale Augen. Von M at t h i a s Kor n e m a n n
E
iner der längsten Alpträume der
Menschheitsgeschichte war es, in
den Svjatoslav Richter am 20. März
1915 fast unmittelbar hineingeboren wurde. Schon wenige Jahre später sollte
es die kleine deutsche Welt in dem westukrainischen Städtchen, der sein Vater – ein begabter Pianist und Pädagoge – entstammte, ebenso wenig mehr geben wie die turgenjewhafte
Landadelssphäre, aus der seine Mutter kam.
Die Spannungen, die eine Seele in dieser düsteren Unendlichkeit zwischen Revolution und
32
dem Tode Stalins zu ertragen hatte, können
wir uns kaum vorstellen, viele vernarbte Biografien lassen es zumindest erahnen. 1941
wurde sein Vater denunziert und erschossen,
da studierte er schon in Moskau. 1952 empfing er den Stalin-Preis. In seinen von Bruno
Monsaingeon aufgezeichneten Erinnerungen
– einem der bewegendsten Musikbücher überhaupt! – schildert Richter diese Jahre in einer
verstörenden Mischung aus mildem Spott und
Melancholie. Er wich den zerstörenden Kräften
mit der gespielten Narretei eines Hamlet aus,
scheint es. Seine Kunst folgte anderen Gesetzen, ohne doch eine lichte Gegenwelt öffnen zu
wollen.
Die unerhört aggressive Attacke des jungen Richter auf das Instrument ist noch auf
den rauschendsten Bändern beeindruckend,
aber auch verstörend. Da schreien schlecht gewartete Flügel, man hört Saiten reißen. Wer
so spielt, will keinem Publikum gefallen. Das
wurde dafür in eine geradezu fanatische Wahrheitssuche hineingerissen, die in den Tiefen
eines Werkes Wesentliches aufspürte und herausriss, um es in Pranken zu halten wie einen
glühenden Kern. Unbedeutendes verdampfte,
und das konnte schon einmal ein ganzes Nocturne seines erklärten Lieblingskomponisten
Chopin sein – und die russische Klaviertradition gleich mit.
Die Spannung, unter die er sich und sein
Klavierspiel gesetzt hatte, erreichte 1960 mit
seinem Debüt in der Carnegie Hall ein Maß,
das kein Musiker und kein Auditorium auf
Dauer hätte ertragen können. So eröffnete ein
unmerkliches Nachlassen sein goldenes Jahrzehnt, so fragwürdig die Vorstellung auch sein
mag, diese eigenwillige Kunst lasse sich in ordentliche Stilphasen einfangen. Wer den Schumann dieser Jahre hört, die Fantasie op. 17
oder die Fantasiestücke, tritt in einen „traumeswirren“, überschwänglichen Kosmos ein,
wie ihn nur einer schildern kann, der hinter
den Noten die Abgründe und hinter den Masken die manischen Fratzen wirklich gesehen
hat, mag er auch noch so oft behauptet haben,
er spiele nur, was dastehe. Den äußersten Pol
einer Ausdrucksintensität, die nicht mehr rasende Überspannung sucht, sondern die fernsten Winkel eisig-depressiver Räume, erreichte
er mit der Aufnahme der letzten Schubertsonate. Für einen „normalen“ Künstler hätte es
keine Rückkehr von diesem Ort gegeben (aber
er wäre auch nicht so weit gelangt …). Richter
aber trat noch fast ein Vierteljahrhundert lang
auf, nur ein blasses Leselämpchen ließ die zusammengekrümmte Riesengestalt wahrnehmen, deren Klavierspiel sich allen Erwartungen und Beschreibungsversuchen entzog. Von
dürrem Haydn-Blattspiel über kalte Explosionen Chopinscher Etüden bis zum hauchzarten
Debussy-Pastell war alles möglich. Eine Freude war es selten, Größe aber hatte es. So trat er
ab als ein Unfasslicher, an dem alle routinierten Jubiläumselogen abperlen werden. Eine
Gestalt zu groß für unsere Zeit.
CD-Tipps:
Das Sofia-Recital, 1958 / Rachmaninow: Klavierkonzert Nr. 2, beide enthalten in: Svjatoslav
Richter – Complete Decca, Philips & DGRecordings, Universal
Schumann: Fantasie op. 17, enthalten in: The
Master Pianist, Icon-Serie, Warner Classics
Schubert: Sonate B-Dur D960, & A-Dur D664;
SACD, Praga/harmonia mundi
Foto: Sony Classical
Keine
Lorbeern:
Svjatoslav
Richter blieb
ein Einzelgänger
Café Imperial
Unser Stammgast im
Wiener Musiker-Wohnzimmer:
Robe rt F r au n hol z e r
Fotos: ENina Stemme (l.u.); Holger Hage/DG (r.o.); Molina Visuals (r.M.); Marco Borggreve (r.u.)
Die nächste
„Elektra“:
Nina Stemme
kommt zur MärzPremiere an die
Staatsoper
Herbe Kritiken musste Edita Gruberova nach
ihrer Premiere als „Straniera“ am Theater an
der Wien einstecken. Als „Triumph des Willens” wurde ihre Leistung von einem Kollegen apostrophiert – und sie selbst als „Eiserne Lady” der Opernszene. Harte Worte. Wie
größenwahnsinnig sich die 68-Jährige mit ihrer geplant letzten Hauptrolle übernommen
hat, das konnte ermessen, wer die alternierende Besetzung der Produktion erlebt hat. Selbst
Marlis Petersen nämlich, auf der Höhe ihres
Könnens, kommt bei der Virtuosa-Rolle der
„Fremden” ins Schwitzen. Zur Inszenierung,
obwohl Christof Loy das Stück der Gruberova
vorgeschlagen hatte (für Zürich), ist dem Regisseur wenig eingefallen. Hauptsächlich eine
Holzverschalung, die jeder Gothic-Pizzeria zur
Zierde gereichen würde. Wie man hört, hat
die Beziehung Gruberovas zu ihrem erklärten
„Lieblingsregisseur” durch die Arbeit nachhaltig Schaden gelitten. Obwohl: Nehmt nur die
gute Absicht doch für die Tat! Das Werk, einst
von Renata Scotto, Montserrat Caballé und Patrizia Ciofi gesungen, ist gar nicht übel. Man
muss auch nicht zu anspruchsvoll sein!
In unser bevorzugtes Café Imperial zieht
allmählich auch wieder Normalität ein – und
mehr Publikum. Auch in diesem Punkt haben wir unsere Ansprüche ein bisschen ermäßigt. Wie sagte schon die große Christa Ludwig sehr realistisch (in diesem Blatt): „Ich mag
eigentlich keine Opern, aber ich gehe abends
gerne mal weg.“ Das finden wir auch. Deswegen gehen wir am 29. März vom Café Imperial aus direkt zur Premiere der neuen Staatsopern-„Elektra“ mit Nina Stemme. Am 10.
April dann zur „Anna Bolena“ mit Anna Netrebko. Und am 2. Mai zu „Don Pasquale“ mit
Juan Diego Flórez. Wir mögen bescheiden sein;
nehmen aber stimmlich trotzdem nur das Al-
lerteuerste mit. Die interessanteste Wiederentdeckung der Saison folgt danach ab 8. Mai im
Theater an der Wien in Gestalt von Darius Milhauds „La mère coupable“. Es ist die dritte
Beaumarchais-Vertonung der Spielzeit (nach
Paisiellos „Barbier“ und Mozarts „Figaro“). Das
Werk folgt dem Stück „L’autre Tartuffe“ und erzählt die Handlung des „Figaro“ zwanzig Jahre
später weiter.
Im Musikverein ist das weitaus Interessanteste ein dreitägiges Gastspiel der Tschechischen Philharmonie (mit böhmisch-mährischen Programmen, Dirigent: Jiří Bělohlávek,
19., 21., 22.3.). Das Bayerische Staatsorchester
gastiert unter dem anspruchsvollen Kirill Petrenko (20.4., mit Ravel, Hartmann und Berlioz’ unvermeidlicher „Symphonie fantastique“). Von Petrenko wird erzählt, er sei am Tag
vor seinem letzten, geplanten Gastspiel bei
den Berliner Philharmonikern beim Pförtner
des Hauses erschienen und habe dem gesagt,
er möge doch kurz oben anrufen und sagen, er
komme nicht. Nun, das dürfte den Traum seiner möglichen Rattle-Nachfolge in Berlin zum
Zerplatzen bringen. Auch Petrenko, wie wir
sehen, ist genügsam geworden. Zurück zum
Musikverein. Hier zeigt Anna Prohaska einen Ophelia-Liederabend (23.4.). Daniel Barenboim führt seine Erstbegegnung (!) mit elf
Schubert-Sonaten vor, wie auf CD bereits sehr
schön nachzuhören (5., 8., 10., 12.5.). Christian
Thielemann führt die Staatskapelle Dresden
aus (20., 21.5.).
Im Wiener Konzerthaus dürften die Gastspiele des Cuarteto Casals (25., 26.3.) sowie
von Robin Ticciati mit dem Scottish Chamber
Orchestra (22., 23.3.) einsame Höhepunkte bilden. Ticciati kehrt kurz danach noch einmal zu
den Wiener Symphonikern zurück (21., 22.4.,
mit Christian Tetzlaff beim Schumann-Violinkonzert). Das wird unbescheiden gut. Hoffentlich. Ober, zahlen!
Ophelia für
einen Abend:
Anna Prohaska
gibt ein Recital
Aufgekratzt:
Das Cuarteto
Casals spielt mit
gepfefferter
Leidenschaft
Von wegen
kleinkariert: Robin
Ticciati kommt erst
mit dem Scottish
Chamber Orchestra,
dann nochmal für
Schumann
33
Musikstadt St. Petersburg
2300 UNESCO-geschützte Gebäude, alter Zarenglanz und neue Musiktheatertechnik: Großfürst
Gergiev und die Ballett-Eleganz von St. Petersburg. Von M at t h i a s S i e h l e r
D
ie – historisch gewordene – kulturelle Vielfalt dieser Stadt ist einzigartig.
Da sitzt man im rosa Licht der Weißen Nächte im französisch zurecht
geschnippelten Sommergarten unter einer
von lila Flieder umrahmten Griechengöttin, einen echten Cappuccino im Pappbecher, hinter
sich den Sommerpalast Peters des Großen mit
Schlüter-Reliefs und Delfter Kacheln, vor sich
das klassizistische Ingenieursschloss, in dem
Zar Paul I. von einem Leibgardisten erwürgt
wurde, und lauscht einem Jugendorchester,
das – flankiert von zwei steinernen Genien –
das Violinkonzert von Vieuxtemps probiert.
34
Ja, das und nur das ist St. Peterburg. Stein
gewordene Stadtvision Peters des Großen. Gegründet 1703, schnell angelegt, über Jahrhunderte verfeinert. Später auch Petrograd und
Leningrad geheißen. Ort aller nur möglichen
eklektischen Baustile von Barock bis Jugendstil, Empire bis Neue Sachlichkeit, Neorokoko
bis russische Nationalromantik und holländischen Backsteinen. Und ein paar ägyptische
Sphingen stehen auch herum.
Elegant. Verspielt. Dottergelb. Cremeweiß.
Kirschblütenrosa. Pistaziengrün. Mit prachtvollen Schlössern, mächtigen Kirchen, grandiosen Boulevards, schönen Plätzen und Gär-
„Franz Liszt,
­Clara Schumann,
­Richard Wagner,
Peter Tschaikowski, Modest Mussorgski und Nikolai
Rimski-Korsakow
– sie alle traten in
der Philharmonie
auf.“
Seine Heimat war die heute noch am Platz
der Akademie gelegene Philharmonie. 1802
entstand in St. Petersburg die erste Philharmonische Gesellschaft Europas. Der Konzertsaal mit über 1500 Sitzplätzen wurde 1839
nach dem Entwurf des Architekten Paul Jacot
errichtet; die Fassaden wurden von Carlo Rossi
entworfen. Ursprünglich war das Gebäude für
die Versammlung der Adligen bestimmt. Doch
schon im 19. Jahrhundert traten hier Franz
Liszt, Anton Rubinstein, Clara Schumann, Richard Wagner, Pauline Viardot-García, Peter
Tschaikowski, Modest Mussorgski und Nikolai
Rimski-Korsakow auf.
Foto: Ingvar-fed/WikiCommons (o.); WikiCommons (u.); Valentin Baranovsky (r.)
Noch immer
Kristall:
Der Große
Saal der Philharmonie in
St. Petersburg
ten. Leicht bröckelig, aber immer noch die europäischste Stadt des Ostens. Mit Kanälen und
dem Newa-Fluss. Mit fünf Millionen Einwohnern und doch intim. Mit klirrklaren Wintern
und den magischen Weißen Nächten, während derer niemand zu schlafen scheint, alle
wie in Trance durch die ewige Dämmerung
wandeln.
Eine Stadt der Vergangenheit, mit allergrößter kulturgeschichtlicher Historie. Die
2300 schützenswerten Gebäude sind längst
schon UNESCO Weltkulturerbe. St. Petersburg
war Zarensitz und Regierungsort während
200 Jahren. Erst haben hier Italiener wie Paisiello und Domenico Cimarosa auf Einladung
von Katharina der Großen den Opernton angegeben, später die Nationalkomponisten des
Mächtigen Häuflein, dann Dmitri Schostakowitsch.
Während der Leningrader Blockade, am
brierend warmen Akustik. Nach innen zeigt
innen eisvogelblau, cremeweiß und golden, es ist
9. August 1942 wurde Schostakowitschs Siesich hier gewandte Schlichtheit, doch zielsilängst nicht mehr zeitgemäß. Für den expandiebente „Leningrader“ Sinfonie aufgeführt.
cheres Geltungsbewusstsein.
renden Gergiev, der sein Opern- und BalletttheaHeute sind hier die Sankt Petersburger PhilAuf der Bühne standen bei der ersten Gala
ter seit 1888 als Chefdirigent und seit 1996 auch
im Mai 2013 Plácido Domingo, Anna Netrebko
als Intendant zu einer weltweit angesehenen, deharmoniker mit ihrem Chefdirigenten Juri
und der deutsche Bass René Pape. Und natürTemirkanow sowie das Akademische Sinfonievisenbringenden Marke geformt hat, ist es eher
eine Bürde.
orchester der Sankt-Petersburger Philharmolich neben dem hervorragenden, von Gergiev geDeshalb türmt sich jetzt zehnstöckig entlang
nie unter Alexandr Dmitrjew zu Hause.
formten Orchester, auf wohlgeformten Beinen
der Dekabristenstraße diese neue,
Nicht weit weg davon stehen das Operetunproportioniert monströse Juratentheater und das Mikhailovsky Theater. Es
ist nach jahrzehntelanger Vernachlässigung
stein-, Stahl- und Glaskiste, die für
als „Maly“ – Kleines Theater – ein Haus mit
über 534 Millionen Euro zu den
bedeutender Vergangenheit und gesicherteuersten Theaterbauten der Welt
zählt. Ermöglicht mit russischen
ter Gegenwart. Hier brachten nach der EröffStaatsgeldern – von gleich zwei Zanung 1833 französische und deutsche Theatertruppen unter Protektion des Großfürsten
ren, namens Vladimir und Valery.
Michael den Westen nach Petersburg,
Gergiev führt mit den beiden
Das Festival „Stars of the White Nights“ wird zu
hier wurde Schostakowitschs
Opernhäusern sowie dem nahen,
den besten Klassikfesten der Welt gezählt, es
„Nase“ uraufgeführt und von
ebenfalls Musiktheater anbietengehört zu den beliebtesten und vielfälMariinsky II –
hier aus trat auch destigsten
Musikveranstaltungen
in
Russden
Mariinsky-Konzertsaal im 2003
das wohl teuerste
abgebrannten historischen Kulissen „Lady Macbeth von
land. Valery Gergiev gründete es
Opernhaus
der Welt
Mzensk“ ihren Siegessenlager gleich drei Bühnen; hinzu
1993 als „musikalisches Geschenk
kommt das Rimsky-Korsakow-Konzug an, bis Stalin dieder Solisten des Mariinsky Theaters an die Stadt“. Über die letzsem Erfolg mit dem
servatorium, wo auch Gergiev stuin der sowjetischen
ten 20 Jahre hat es sich von 10 Tadiert hat, mit einem weiteren TheaMusikgeschichte begen Dauer auf einen Zeitraum
ter. Über 2500 Mitarbeiter herrscht
er, allein das Orchester wird jetzt
rüchtigten Prawdavon bis zu drei Monaten ausgeauf 250 feste Musiker aufgestockt,
Artikel „Chaos statt
dehnt. 2015 wird es vom 28. Mai
die vier Aufführungen gleichzeitig
Musik“ ein Ende mabis zum 31. Juli reichen. Das genaue
meistern sollen.
chen ließ.
Programm wird Ende März/Anfang
Doch das ist längst nicht alHeute lässt hier der
April veröffentlicht.
russische
Obstimporteur
les. Oper und Ballett gibt es auch
Jedes Jahr präsentiert das Festival die
Nummer eins, Wladimir Kekhman,
im historischen, amphitheatralibesten Opern- und Ballettaufführungen des
dessen Leidenschaft auf die Oper gerichschen Eremitage-Theater. Und wer
Mariinsky Theaters, das gesamte Spektrum des sinfoniGlück hat, bekommt Karten für das
schen Repertoires, Meisterwerke der Kammermusik und
tet ist, den Rubel rollen. Das Haus glänzt wiegar nicht weit weg vom Mariinsky
der golden und samtig rot. Vor allem sein BalTheaterpremieren. Über viele Jahre gab es auch große Zygelegene Privattheater im Yussuklen wie Wagners „Ring“, Sinfonien von Sergei Prokofjew,
lett macht im Ausland mit teuer eingekauften
Stars Furore. Kekhman ist hier nicht nur ofpov-Palais an der Moika. Dort lässt
Dmitri Schostakowitsch und Gustav Mahler, die Konzersich das Gruseln über die Wachste von Ludwig van Beethoven, Opern, Ballette und sinfonifiziell Intendant, sondern auch sein eigener
Hauptsponsor, der den 14 Millionen Dollar
sche Musik von Peter Tschaikowski. Ableger gibt es inzwifiguren-Schau, die die Ermordung
Etat aufstockt, wenn es nötig ist. Und er verRasputins im dortigen Keller zeigt,
schen auch in Moskau und in den Städten des nordwestliam besten bei einem Arienabend
chen Russlands; zusätzlich finden Open-Air-Konzerte statt.
sucht trotzig, dem heutigen Operngroßfürsten
auf der goldglänzenden MinibühValery Gergiev Paroli zu bieten. Das aber ist
schwierig. Denn dessen Imperium ist längst
ne vergessen. Russland war eben
riesengroß.
immer schon beides: Schönheit
und Grausamkeit. Und die liegen auch im kultudas Juwel des Hauses – das Ballett. Auch wähIranischer Onyx, brasilianischer
rend der Sowjetzeit gefeiert für seinen reinen
rell verfeinerten St. Petersburg ziemlich eng beiMarmor, deutsche Buche
Stil, seine feinen Linien, seine poetische Eleganz.
sammen.
Und das alles im größten, produktivsten MuVor zwei Jahren hat Gergiev zudem mit Theatertechnik auf der Höhe der Zeit den prestigesiktheaterkomplex der Welt. Vor zwei Dekaden
www.philharmonia.spb.ru
hätte in Russland keiner von einem Opernhaus
www.mariinsky.ru/en
trächtigsten kulturellen Neubau seit der Zawie diesem zu träumen gewagt. Denn das alte
ren-Ära eröffnet: Das Mariinksy II mit 4000
Mariinsky Theater, das Zar Alexander II. 1860 zu
Quadratmeter iranischem, von LED-Technik
Ehren seiner deutschen Frau Marie von Hessenhinterleuchtetem Onyx, brasilianischem MarDarmstadt errichten ließ, vielfach umgemodelt,
mor, Buche aus Deutschland, ebenso einer vi-
Stars of the White
Nights
35
Transparent und
wohlgerundet:
Das Montforthaus in Feldkirch lädt zu
ausgefuchsten
Musik-Wochenenden
Alte Musik in zeitgemäßem Design:
Das Feldkircher Montforthaus will
klassische Konzerte fit machen für
das 21. Jahrhundert.
Von C a r s t e n N i e m a n n
I
ch glaube an Amerika“, sagt
eine Stimme aus dem Off.
Dann taucht wie ein Mond
die Glatze eines Mannes auf
der Kinoleinwand auf, und während er weiter redet gibt die Kamera sehr langsam den Blick auf
den Typen frei, dem er gegenüber
sitzt – Marlon Brando, der die
36
Hauptrolle in Coppolas „Der Pate“
spielt. Doch nun fällt helles Tageslicht auf die Leinwand: Jemand
hat die Kinotür geöffnet und wir
nutzen den Augenblick, um nach
draußen zu gehen, wo sich uns
eine ganz andere Szenerie öffnet
– der malerische Marktplatz des
vorarlbergischen Städtchens Feld-
architektonisch und inhaltlich
zur Identität der Stadt passt.
Nachhaltigkeit als
planerischer Orgelton
Elegant fügt sich nun der vom
Architektenbüro Hascher Jehle entworfene Bau mit seiner fließenden Fassade aus weißem Juramarmor und seinem offen einsehbaren, galeriegesäumten Foyer
in die Altstadt unterhalb der mittelalterlichen Schattenburg ein.
Ehrgeizig ist das Thema „Nachhaltigkeit“ durchgeführt – von der
Heizung auf Grundwasserbasis
über die aus regionalem Birnenholz gefertigte Außenverkleidung
des Saals bis hin zu den bunt gemusterten Westen des Garderobenpersonals, die aus recycelten
Malerkitteln hergestellt wurden.
Die „Zwischentöne“, die unter jeweils einem eigenen Themenschwerpunkt an drei verlängerten Wochenenden des Jahres
stattfinden, sind die einzige Eigenveranstaltung des Hauses, das
seine Räume ansonsten überwiegend für Kongresse und Tagungen vermietet. Die Aufgabe, diese Lücke sinnvoll mit regionalem
Bezug und überregionaler Ausstrahlungskraft zu gestalten, liegt
Foto: Dietmar Mathis
Montforthaus Regional ist
erste Wahl
kirch. Wir sind nicht hierher gereist, um uns nur einen Filmklassiker anzuschauen. Was wir sahen, war die Zusammenstellung
einiger der berühmtesten und originellsten Eröffnungssequenzen
der Filmgeschichte. Die nonstop
laufende Filmrolle, die der Vorarlberger Autor Wolfgang Mörth
zusammengestellt hat, ist dabei
nur eine von vielen unkonventionellen Ideen, mit denen die Stadt
Feldkirch ihrerseits einen Anfang
feiert – die Eröffnung des neu erbauten Kultur- und Kongresszentrums Montforthaus und den
Start der Veranstaltungsreihe
„Montforter Zwischentöne“, deren
erste Staffel unter dem Motto „anfangen – über das Beginnen“ steht.
Das neue Haus verdankt die
Stadt einer Bausünde der 70er
Jahre. Eilig war nach einem Brand
ein multifunktionelles Kultur-,
Kongress- und Freizeitzentrum
von beeindruckender Hässlichkeit aus dem Boden gestampft
worden. Dieses erwies sich bald
als so marode, dass ein Neubau
effizienter als eine Renovierung
erschien: Für die 34.000-Einwohnerstadt und ihr ehrgeiziges
Stadtmarketingteam die beste Gelegenheit, ein Haus zu planen, das
in den Händen von Hans-Joachim
Gögl und Folkert Uhde. Die künstlerischen Leiter eint der Wille, erstarrte Formate aufzubrechen:
Intensiv hat sich Gögl als Kurator und Kommunikationsberater
mit der Frage auseinandergesetzt,
wie man öde Kongresssettings
zen sie, wenn sie die Besucher in
moderierten „Speak-Datings“ ins
Gespräch bringen oder sie dazu
animieren, Musiker zu „Salons“ in
ihre Eigenheime und WGs einzuladen.
Nicht jedes Konzept geht vollständig auf: Mozarts Jupitersinfonie will sich in der Aufführung durch das Vorarlberger Symphonieorchester
noch nicht zwingend mit
den interpolierten „spacigen“ Klängen von Ligeti und Sciarrino sowie
dem Auftritt eines WissenAuf den Anfang folgt der Streit: Denn
schafts-Slammers zum Essay über die Entstehung
„streiten – Zum Glück Konflikt?!“ lautet
des Kosmos verbinden.
das Motto der zweiten „Montforter ZwiZum Vorzeigeprojekt wird
schentöne“, die vom 1. bis 5. Juli stattdafür das Abschlusskonfinden. Mit dabei sind auch die Gewinzert: Man begnügte sich
ner des HUGO, einem nach dem Minnenicht damit, die Sammlung
sänger Hugo von Montfort benannten
von barocken LiebeslieStudierenden-Wettbewerb um die beste Konzertidee: Sie wird als Preis im
dern, die die Sängerin Dorothee Mields und das EnSchwurgerichtssaal des Feldkircher
semble „The Age of Passion“
Landgerichts umgesetzt. Neue Wege
mitbrachten, als isoliertes
der Streit- wie Veranstaltungskultur
und auch anderswo reprosucht auch das „Konzert für Akkordeon,
duzierbares FestivalhighNonne, Historiker und Konfliktforscher“
light auszustellen. Stattdesaufzudecken, bevor das erste Jahr zwisen schickte man ein Team
schen dem 16. und 29. November mit
von Geschichtensammlern
dem Thema „glauben – Zwischen Zweiin die Region, das die unfel und Offenbarung“ ausklingt.
RZ_RSF_Rondo_109x150mm_Tik.indd 1
terschiedlichsten
Liebespaare dazu animierte, vor
in „erzählende Räume“ verwan- der Kamera von den ersten Momit Nikolaus Harnoncourt,
delt, während Folkert Uhde mit
menten ihrer Beziehung zu erzähConcentus Musicus Wien, Jordi Savall,
dem Berliner Radialsystem be- len. Die Zuhörer, die mit den MuMichael
Hofstetter, Valer Sabadus u. v. a. m.
reits einen Konzertort für innova- sikern auf der zugleich intimen
wie exponierten Bühne sitzen,
tive Konzertformate initiierte und
für sich auch gleich noch den Be- erleben nun, wie sich die lustig,
schüchtern, bewegt oder einfach
ruf des „Konzertdesigners“ schuf.
überschäumend verliebt vorgetraKreativinsel statt
genen Erzählungen mit den zeitTournee-Einerlei
los wirkenden Liedern verbinden:
Der gängigen Praxis im Festival- sensibel integriert durch eine unwie Kongressbereich, bei der re- aufdringliche Lichtregie, impronommierte Spitzenkräfte ein- visierte Vor- und Nachspiele und
geflogen und „wie vom Helikop- sogar eigene Kompositionen des
Lautenisten Lee Santana über
ter“ über dem Veranstaltungsort
Verse der Feldkircher Dichterin
abgeworfen werden, um danach
spurlos zur nächsten Veranstal- Paula Ludwig. Die Gesichter der
verliebten Vorarlberger prägen
tung zu enteilen, setzen Gögl und
sich tief ein. Marlon Brando wird
Uhde ein Feuerwerk an eigenen
Ideen entgegen. In einer „gro- es schwer haben.
ßen Hausmusik“ lassen sie Musiker, Wissenschaftler und Erzäh- Montforter Zwischentöne
ler das gesamte Haus von der Gar- „streiten – Zum Glück Konflikt?!“,
derobe bis zur Galerie in Beschlag
1. – 5. Juli
nehmen und locken die Feldkir- www.montforter-zwischentoene.
cher scharenweise zu Sonnenauf- at
gangskonzerten ins Dachcafé. Auf
Teilhabe statt Repräsentanz set-
Zweifelnde
Nonnen, findige
Minnesänger
37
www.styriarte.com • Tel: 0043.316.825 000
Hotelinformation: www.graztourismus.at
10.02.1
Originale der besten Choreografen von heute:
­Damit gastiert die GöteborgsOperans Dans­
kompani bei den Movimentos Festwochen.
Von Rol a n d M ac k e s
E
in gekachelter Raum, weiß, aseptisch – irgendwo zwischen Waschküche, Krankenzimmer und Gummizelle. Müllkörbe und verstreuter Abfall verweisen auf den ansteigenden Konsum,
der die Sehnsucht nach bleibenden Werten
nicht stillen kann. Dynamisch und beklemmend zugleich klingt die Musik der Band Stray
Unstillbarer
Hunger nach
Werten:
„Wasteland“
mit der GöteborgsOperans
Danskompani
Dogs, deren Album „Wasteland“ aus dem Jahr
2013 die gleichnamige Vorstellung vorantreibt.
Dunkle Cellotöne und elektronisch generierte Klänge ergeben ein sprechendes Klangbild für diese dynamische, aber auch verrätselte Choreografie, die ihre Protagonisten immer mehr in die Verödung und den Wahnsinn
wirbelt.
Movimentos Festwochen
„Frieden“, 10. April – 17. Mai 2015
www.movimentos.de
„Wasteland“, 15. – 17. April, je 20 Uhr
GöteborgsOperans Danskompani
38
Foto: Bengt Wanselius/med
Movimentos Vielfalt,
auf höchstem Niveau
Mit „Wasteland“ stellt sich bei den renommierten Movimentos Festwochen, die die Autostadt Wolfsburg nun schon zum 13. Mal ausrichtet, keine neue, aber eine sehr veränderte
Tanztruppe aus Schweden vor: die GöteborgsOperans Danskompani. Das Ensemble war
zwar bereits 2008 mit drei Choreografien zu
Ravels „Boléro“ im ehemaligen VW Kraftwerk
am Mittellandkanal zu erleben. Die neue Bezeichnung macht nun auch nach außen deutlich, dass sie sich bereits seit den 2000er Jahren
von einem renommierten klassischen Ballettensemble zu einem der experimentierfreudigsten Ensembles des zeitgenössischen Tanzes
entwickelt hat. Doch nicht nur durch tänzerisches Können gelingt es, die individuellen Charakteristika der Arbeiten unterschiedlichster
berühmter Choreografen – darunter etwa Sidi
Larbi Cherkaoui, Saburo Teshigawara und Marie Chouinard – erlebbar zu machen. Zugleich
füllt das Ensemble auch abstrakte Formensprachen mit leidenschaftlicher Expressivität.
Vielfalt auf höchstem Niveau, das ist das
Ziel der seit August 2011 in der zweitgrößten
Stadt Schwedens als Tanzchefin amtierenden
Adolphe Binder. Die gebürtige Rumänin ist in
Deutschland aufgewachsen und bekannt für
ihre Arbeit in Berlin, wo sie als künstlerische
Direktorin des Berlin Balletts an der Komischen Oper sowie als Ballettdramaturgin der
Deutschen Oper fungierte. Neben ihrem Engagement in zahlreichen Gremien und Jurys war
sie als Kuratorin und Programmdirektorin für
internationale Tanzfestivals wie auch für die
Expo 2000 in Hannover verantwortlich.
In Göteborg teil sie sich das mächtige,
1994 eröffnete und von dem Architekten Jan
Izikowitz in Bezug zu dem Hafen, den Schiffen,
Segeln und Kränen gestellt Opernhaus mit der
Musiktheater-Kompagnie, die auch regelmäßig große Musicals spielt. Adolphe Binder aber
schaut nur nach vorn, ihr ist es ernst mit einem Bekenntnis zur Zeitgenossenschaft. Deshalb lädt sie berühmte Choreografen für Uraufführungen ein und gastiert mit diesen einzigartigen Novitäten dann anderswo.
So jetzt auch Inger Johannessen für „Wasteland“ Die norwegische Tanzschöpferin studierte am Oslo National College of Performing
Arts, wo sie heute Choreografie unterrichtet.
Seit 1992 hat sie Arbeiten für zahlreiche Tanzensembles entwickelt, darunter Les Ballets
de Monte Carlo und das Cullberg Ballet. 1996
gründete Johannessen das Ensemble Zero Visibility Corp., das bei den Movimentos Festwochen 2011 mit „Now She Knows“ in der Choreografie seiner künstlerischen Leiterin zu erleben war.
AKTUELLE NEUHEITEN
BEI SONY MUSIC
LAVINIA MEIJER
VOYAGE
NURIA RIAL
& ARTEMANDOLINE
SOSPIRI D’AMANTI
HILLE PERL
BORN TO BE MILD
Hille Perl, ihre Tochter Marthe und Lee
Santana spielen und improvisieren über
Werke aus sieben Jahrhunderten von
Marais, Hume, Forqueray bis Charlie
Haden – es entsteht eine neue Klangwelt, denn sie spielen mit elektronisch
verstärken Gamben und E-Gitarre.
Nuria Rial und das Ensemble
Artemandoline präsentieren Musik von
österreichischen und italienischen Höfen
des 18. Jahrhunderts: prachtvolle Arien,
Kantaten und Mandolinenkonzerte von
Hasse, Fux, Bononcini, Händel u.a.
Auf ihrem neuen Album spielt Lavinia
Meijer französische Werke von Debussy,
Ravel, Satie und Yann Tiersen (Amélie)
auf der Harfe – eine inspirierende Reise
durch die französische Musik.
www.laviniameijer.com
Erhältlich ab 27.3.15 www.nuriarial.com
www.hillenet.net
VERDIS NABUCCO
MIT PLÁCIDO DOMINGO
LORIN MAAZEL
VERDIS REQUIEM
Die Live-Aufnahme von Verdis
berühmtem Requiem mit den Münchner
Philharmonikern unter Lorin Maazel
entstand wenige Monate vor Maazels
überraschendem Tod im Juli 2014.
Mit Anja Harteros, Georg Zeppenfeld,
Daniela Barcellona und Wookyung Kim.
LANG LANG
THE CHOPIN DANCE PROJECT
Eine gelungene Verbindung: Bei dieser
einmaligen Performance im Théâtre des
Champs-Élysées in Paris spielte Pianist
Lang Lang Werke von Frédéric Chopin
und eines der besten Ballett-Ensembles
aus Amerika, das Houston Ballet, interpretierte Chopins Musik tänzerisch.
Verdis Nabucco aus dem Royal Opera
House in London in der hochgelobten
Inszenierung von Daniele Abbado.
Mit Plácido Domingo als Nabucco,
Liudmyla Monastyrska, Andrea Carè,
Marianna Pizzolato u.a.
Erhältlich als DVD und Blu-ray
www.placidodomingo.com
Erhältlich als DVD & Blu-ray ab 10.4.15
www.langlang.com
Erhältlich ab 27.3.15
www.sonymusicclassical.de
www.facebook.com/sonyclassical
39
Proben, Pleiten und Premieren:
Höhepunkte in Oper und Konzert
Von Rol a n d M ac k e s
Basler Arkadien:
Strauss’ „Daphne“
mit Zachary Altman (Schäfer),
Agneta Eichenholz
­(Daphne), Tänzer,
Chor des
Theater Basel
40
In BA SEL liegt Arkadien in Garmisch-Partenkirchen, denn Richard Strauss’ „Daphne“ ist
in jener Zeit angesiedelt, in der sie geschrieben
wurde: 1938. So will es Frauenregisseur Christof Loy, dem es glückt, jener „bukolischen Tragödie“ Leben einzuhauchen.
Während es in Erwartung des dionysischen „Fests der Paarung“ zwischen den halbnackten Arbeitern sinnlich dampft, zieht
sich die von ihrem Vater wohl missbrauchte,
von der Mutter (grandiose Schlampe: Hanna
Schwarz) verführte Daphne in Gestalt der irisierende Sopranhöhen durchmessenden Agneta Eichenholz in sich zurück.
Loy gelingt es spielend, Opernpappkameraden zu szenisch griffigem Leben zu erwecken. Das gilt auch für das ambivalente Verhältnis zu Leukippos, den der intensive Rolf
Romei als langmähnigen Dorf-Softie charakterisiert. Nur zum strahlenden, auch grausamen
Apoll (mit mancher gefälschten Höhe: Marco
Jentzsch) fällt Christof nichts ein. Er motiviert
den Übertritt der Daphne in eine andere Welt
mit Lorbeerblättern im Haar. So wird sie nicht
zum Baum, sondern zur mordenden Wahnsinnigen, eine griechische Lucia aus Lammermoor. Dazu lässt es Hans Drewanz noch einmal in den Streichern grünen, blühen, aufrauschen.
In ZÜRICH stand ebenfalls ein Stück von
1938 auf dem Programm: Bohuslav Martinůs
„Juliette“. Der polyglotte Martinů stand bis
jetzt zwischen den Stilen und Stühlen. Plötzlich beginnt man, sich nachhaltiger für diesen
Züricher „Juliette“
mit Magritte-­
Remineszensen:
Joseph Kaiser
(Michel), Anette
Dasch (Juliette)
Steife Ausgrabung
– die Stuttgarter
„Berenike“ mit
Sophie Marilley
(Vologeso),
Ana Durlovski
­(Berenice), Thembinkosi Mgetyengana, Thomas Elwin
(kaiserliche Diener),
Sebastian Kohlhepp
(Lucio Vero), Mitglieder des Staatsorchesters Stuttgart
Fotos: Monika Rittershaus/Theater Basel (l.o.); Monika Ritterhaus (r.o.); A. T. Schaefer
Fanfare
eleganten Träumer zu interessieren. Martinůs
Originalität ist besonders in seinem surrealpoetischen Musiktheaterhauptwerk „Juliette
oder der Schlüssel der Träume“ zu erleben.
Erzählt wird da von der Fixierung eines
Mannes auf das Bild einer Frau, die er vor drei
Jahren gesehen hat. Als er in die Stadt zurückkehrt, die so namenlos ist wie ihre Bewohner,
um Juliette wiederzufinden, stellt er fest, dass
hier alle ihre Erinnerung verloren haben. Auch
er, der glaubt, seine Juliette neuerlich zu haben, verschwindet immer mehr im Strudel von
Sein und Schein.
Martinůs Musik packt sofort. Fabio Luisi am Pult der Zürcher Philharmonia setzt
das feinsinnig, dynamisch souverän um. Dem
Bühnengeschehen aber geht schnell die Luft
aus. Christian Schmidt stellt zum wiederholten Mal einen sich spiegelnden Bibliothekseinheitsraum auf die Drehbühne. Durch den rauschen – angefangen mit einer Lokomotive –
René-Magritte-Reminiszenzen, doch Andreas
Homokis realismusnahe Regie passt nicht. Sie
banalisiert mit Wiederholungen ein Stück, das
(alb-)traumhafte Winkelzüge schlagen müsste.
Immerhin fasziniert Joseph Kaiser in der gewaltigen Tenorhauptrolle. Annette Dasch gibt
Juliettes kühl brennender Sopran-Emotionalität Stimme und Statur.
In S TUT TGART ist man erleichtert, den
in „Berenike“ umgetauften „Vologeso“ wieder
ins Kellerregal legen zu können. Der als bedeutendster Komponist seiner Zeit engagierte Niccolò Jommelli schrieb hier von 1754 bis 1769
Musikgeschichte. Mögen bei dieser unvermeidlichen Ausgrabung zum 300. Geburtstag
Philologen Glückstränen in den Augen haben,
was hilft es, wenn diese klanglich kein theatralisches Leben mehr atmet, die Intrigen- und
Liebesgeschichte auf der Stelle tritt? Jommellis
Musik wirkt bei aller Sturm-und-Drang-Innovation im Detail steif und unpersönlich.
Dem hat selbst ein Regieteam wie Jossi Wieler und Sergio Morabito nichts entgegenzusetzen. Der koloraturgewandte Tenor Sebastian Kohlhepp singt mit viel Druck den
weichlichen Kaiser Lucio Vero. Ana Durlovski
als hochvirtuose armenische Königin ermüdet
mit Sopranlarmoyanz. Aber die grandiose Helene Schneiderman trotzt als Lucilla wundervoll Alter und Bestimmung.
Seidige Klänge
im sepiabraunen
Wohnzimmer:
Paisiellos „Barbiere di Siviglia“
mit Pietro Spagnoli (Bartolo),
Fulvio Bettini
(Don Basilio)
Da Capo
Gezischtes Doppel: Premieren­
notizen der RONDO-Opernkritik
Sinnliches im Seniorenwohnzimmer
Fotos: Herwig Prammer
Wien (A), Theater an der Wien
Giovanni Paisiello: „Der Barbier
von Sevilla“
Ein Greis möchte sein reiches Mündel heiraten. Das ist eine der ältesten Komödienhandlungen der Welt. Gioachino Rossini hat daraus
1816 seinen Buffa-Erfolg „Der Barbier von Sevilla“ verfertigt. Der freilich geht zurück auf ein
1772 verfasstes, im vorrevolutionären Frankreich aufmüpfig die Befindlichkeit des bürgerlichen Standes thematisierendes Theaterstück
des Dichters und Lebemanns Pierre-Augustin
Caron de Beaumarchais (1732–1799). Welches
wiederum zehn Jahre später auf Befehl von Zarin Katharina der Großen von dem am St. Petersburger Hof weilenden Neapolitaner Giovanni Paisiello (1740–1816) vertont worden war.
Diese sanftere, tiefsinnigere Version – und nicht
den koloraturquietschigen Rossini-Hit – stellte jetzt Theater an der Wien-Intendant Roland
Geyer an den Beginn seiner dort die nächsten
Monate gezeigten Beaumarchais-Trilogie. Geyer plant gern in Dreiteilern, und er versucht den
Mainstream zu meiden. „Kaum ein anderer Autor zeigt, wie sehr Theater Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann“, findet er. „Und mit der
Figur des Figaro hat Beaumarchais das Theater verändert und geprägt.“ Deshalb der TripelBeaumarchais. Da folgt am 11. April Mozarts
Fortsetzung der Familiengeschichte von Figaro und dem gräflichen Paar Almaviva mit Marc
Minkowski, seinen Les Musiciens du Louvre
und dem TV-Regisseur Felix Breisach. Ab dem
8. Mai wird dann die auch im Theater kaum
mehr gespielte „Schuldige Mutter“ gezeigt, die
die Saga zu einem melancholisch-sinistren Abschluss führt und die erst 1966 von Darius Milhaud vertont wurde. Beim Paisiello-Auftakt
wurde freilich deutlich: Auch im Theater an der
Wien regiert zuerst die Musik. René Jacobs und
das Freiburger Barockorchester sind wunderbar
beredte Klanganwälte dieser heiter-sinnlichen
Musik mit vielen Mozart-Parallelen. Auch Andrè Schuen ist ein erdig proletarischer Glücksgriff in der Titelrolle. Ebenso Pietro Spagnioli,
der den hier aufgewerteten Dottore Bartolo, der
am Schluss statt Rosina immerhin einen Dackel
bekommt, jenseits aller Komödienklischees
charakterisiert. Dafür tritt der szenische Humor
des Regieduos Moshe Leiser & Patrice Caurier
im sepiabraunen Seniorenwohnzimmer eines
franquistischen Sevilla auf der Stelle. Da rollt oft
nur die Mottenkugel. Roland Mackes
Exportweltmeister
in Elefantendung
Mailand (I), Teatro alla Scala
Giuseppe Verdi: „Aida”
Dass sich Italien seine „Aida“ aus Deutschland
bestellt, hätte man nie erwartet! Anja Harteros und Jonas Kaufmann sind die teutonischen
Stars in Antonio Pappanos hinreißender konzertanter Aufführung in Rom (ab Oktober auch
auf CD), die wir nur so nebenbei mitnehmen.
Harteros muss sich ein vereinzeltes, hartnäckiges Buh am Ende zwar gefallen lassen (während Kaufmann die Blumensträuße gar nicht
alle tragen kann, die man ihm kredenzt). Tat-
sächlich zeichnet sie aber ein so seelenvolles, warm timbriertes und niemals aggressives Bild der äthiopischen Sklavin, wie dies in
der Schallplattengeschichte ohne Beispiel ist.
Himmlisch! Auch Jonas Kaufmann singt nur
zu Anfang mit der leidigen stimmlichen Dauererregung; findet dann aber zu einer sensationellen Freiheit des Tons und der Gefühlsentäußerung, so dass man die immer hexenhaftere
Ekaterina Semenchuk (Amneris) und den von
Testosteron strotzenden Erwin Schrott (Ramfis) gern in Kauf nimmt.
Wir wollten eigentlich an die Mailänder
Scala reisen, wo die aus Moskau übernommene Inszenierung von Peter Stein läuft. Dort indes ist Zubin Mehta nur ein pragmatischer,
indolenter Taktierer ohne Sinn für die Tempo- und Temperamentswechsel Verdis. Kristin Lewis’ mädchenhafte Aida hat gegen die
überragende Anita Rachvelishvili (die beste
Amneris seit Fiorenza Cossotto) keine Chance.
Matti Salminen als Ramfis verfügt (im Unterschied zu Erwin Schrott) zwar über die richtigen Tonhöhen; aber nicht mehr über die Töne.
Er wird nach Strich und Faden ausgebuht. Was
alles in allem ein lebendiges Bild des Opernlandes Italien gibt – und auch des Unterschiedes zwischen Rom und Mailand.
Einzig wer sich von der Regie Peter Steins
etwas erhofft hatte, wird herb enttäuscht. Die
abstrakten Schemen des Bühnenbildes von
Ferdinand Wögerbauer kann jeder italienische
Konfektionär besser. Eine Interpretation fehlt
gänzlich. Über den Käfig der Zisterne, in welcher Aida und Radamès (Fabio Sartori) sterben,
wird am Ende ein abdichtender Klumpen geschoben, der aussieht wie ein in Bronze gegossenes Stück fossilen Elefantenauswurfs. Dafür hätte man sich keinen deutschen Regisseur
holen müssen. Robert Fraunholzer
41
Das
Klassik
& Jazz
Magazin
2/2015
plus
12
Kein Heft
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1
Jan Kobow, Gotthold
Schwarz, Kammerchor
& Barockorchester Stuttgart,
­Frieder Bernius
Bach: Osteroratorium, Himmelfahrtsoratorium
(Note 1/Carus),
Osteroratorium,
„Kommt, eilet und laufet“ — 4:41
2
Blandine Staskiewicz,
Les Ambassadeurs, Alexis
Kossenko
Händel, Vivaldi:
Tempesta (Note 1/
Glossa), Vivaldi:
„La verità in cimento“, „Io son fra
l’onde“ aus — 3:54
42
7
3
Emmanuel Pahud,
Kammerorchester Basel,
­Giovanni Antonini
Revolution (Warner), Pleyel: ­
Flötenkonzert
C-Dur B. 106, ­
Rondo (Allegro
molto) — 4:50
4
Valer Sabadus, recreation
- Großes Orchester Graz,
Michael Hofstetter
Mozart Castrato
Arias (Naxos/
Oehms), „La finta
giardiniera“ KV
196, „Se l’augellin
sen fugge“ — 4:13
5
Frank Peter Zimmermann,
Kammerorchester des
Symphonieorchester des BR,
Radoslaw Szulc
Zimmermann,
Mozart (NAXOS/
hänssler CLASSIC),
Mozart: Adagio
E-Dur KV 261 —
6:48
6
Sunhae Im, Akademie für
Alte Musik Berlin
Orfeo(s): Italienische und französische Kantaten
(harmonia mundi),
Clérambault: ­
„Orphée“, „Chantez la victoire
éclatante“ — 2:16 (Ausschnitt)
François Leleux, ­Emmanuel
Pahud, Münchener
­Kammerorchester
Esterházy Concertos (Sony/dhm),
Haydn: Konzert für
2 Liren Nr. 4 F-Dur
Hob. VIIh:4 (arr. für
Flöte, Oboe und Orchester), ­
Finale. Presto — 4:01 (Auszug)
8
Sophie Karthäuser,
­Ensemble Correspondances, Sébastien Daucé
Delalande: „Leçons de ténèbres“
(hm), „Jerusalem,
convertere ad
Dominum“ — 1:59
9
Hille Perl, Lee Santana
Born To Be Mild
(Sony/dhm), O’Carolan: „Molly Halfpenny“ („Carolan’s
Dream“) 3:02
Bryan Hymel, Pražská
Komorní Filharmonie,
Emmanuel Villaume
Héroïque: French
Opera Arias ­
(Warner), Gounod:
„La reine de Saba“,
„Faiblesse de la
race humaine! … Inspirez-moi,
race divine!“ — 5:29
13
Isabelle Faust, Freiburger
Barockorchester, Pablo
Heras-Casado
Schumann: ­
Violinkonzert
d-Moll WoO 1 (hm),
I. In kräftigem,
nicht zu schnellem
Tempo — 5:50 (Auszug)
14
Andreas Ottensamer,
Leonidas Kavakos,
­Antoine Tamestit u. a.
Brahms: The ­
Hungarian ­
Connection ­
(Universal/DG),
Traditional: Tänze
aus Transsylvanien — 6:42
10
15
11
16
Avi Avital, Mahan
Esfahani, Ophira Zakai,
Patrick Sepec
Avi Avital: Vivaldi
(Universal/DG),
Vivaldi: Triosonate
C-Dur RV 82, Larghetto — 3:29
Hilary Hahn, Deutsche
Kammerphilharmonie
Bremen, Paavo Järvi
Mozart, Vieuxtemps: Violinkonzerte ­
(Universal/DG),
Vieuxtemps: Violinkonzert d-Moll op. 31, Adagio
religioso — 6:16
Henrik Schwarz, Tokio
Secret Orchestra
Henrik Schwarz:
Instruments
(Sony), Schwarz:
„Cloud Three“ —
3:15
Theresa Kronthaler, Kalle
Kalima, Oliver Potratz
Kronthaler: The
Living Loving Maid
(Sony), Purcell:
„The Fairy Queen“,
„One Charming
Night“ — 4:07
K
KLASSI K
Johann Sebastian Bach
Neue Oboen-Sonaten
●●●○○
Ramón Ortega
Quero, Tamar
Inbar, Luise Buchberger, Peter
Kofler
Berlin Classics/Edel
(53 Min, 1/2014)
Oboensonaten von Bach? In seiner geistlichen Musik darf die
Oboe oftmals als instrumentales Pendant zur „Vox Christi“, vielleicht sogar als Sinnbild für den
zu Gott erhöhten Christus nach
seiner Auferstehung gelten. Aber
kammermusikalisch blieb für
die Oboe aus Bachs Feder leider
nichts erhalten. Hier schuf Oboist
Ramón Ortega Quero auf kompetente Weise Abhilfe: In Anlehnung
an die Bearbeitungspraxis Bachs
und seiner Zeitgenossen widmete
er eine Reihe von Werken des Thomaskantors – darunter die Gambensonate G-Dur BWV 1039, die
teilweise auch als Orgelbearbeitung existiert, und die Flötensonate BWV 1034 – für die Oboe als Soloinstrument um.
Ramón Ortega Quero präsentiert auf dieser CD die neu für sein
Instrument gewonnene Musik
Bachs mit leidenschaftlicher Zuneigung zum Repertoire und, fast
familiär, auch zu seinen Mitspielern. Seine Frau Tamar Inbar spielt
die andere Oboe in der Triosonate, und der Münchner Michaelskirchen-Organist Peter Kofler begleitet das gesamte Programm am
Cembalo; hinzu kommt in einigen
Stücken die Cellistin Luise Buchberger. All diese Musiker verbindet
ihre gemeinsame Konzerttätigkeit:
Man ist hörbar gut aufeinander
eingespielt, man liebt und schätzt
dieses großartige Repertoire.
Dennoch gibt es ein nicht zu
überhörendes Problem, mit dem
sich auch der Rezensent dieser
mit so viel persönlichem Engagement verwirklichten CD herumquält: Es bleibt ein klanglicher Graben bestehen zwischen
dem Klang bzw. der Spielweise
der modernen Oboen einerseits
und der historisierend ausgerichteten Continuogruppe andererseits. Allzu zuckrig ist das Oboentimbre, allzu glatt und homogen präsentiert sich die gesamte
Tonskala der mit modernem Klappensystem vervollkommneten Instrumente. Die unendliche Weichheit im Ein- und Ausschwingen
eines jeden Tones, die völlige Unterschiedslosigkeit in der Ansprache durch sämtliche Lagen und
Tonarten hindurch ist so weit entfernt von allem, was historische
Rohrblattinstrumente hervorzubringen vermögen, dass man weder den von Christine Schornsheim geschulten Cembalisten Peter Kofler noch vor allem die auch
barock kompetente und hier auf
einem barocken Cello spielende
Luise Buchberger beneidet: Ihre
Aufgabe, zwischen den grundlegend verschiedenen Klangwelten zu vermitteln, ist alles andere als einfach. Wohlgemerkt: Es
geht hier nicht um kleinliche Erbsenzählerei, sondern um eine
ganz grundsätzliche Diskrepanz,
die die Oboen beim besten Willen nicht wegartikulieren können.
Letztendlich bleibt es dem Hörer
überlassen, ob er dieses Sandkorn
im Getriebe des Ensembles als inspirierend oder als störend empfindet.
Michael Wersin
Johann Sebastian Bach
u. a.
Constantin Emanuel
singt aus dem SchemelliGesangbuch
●●●●○
Constantin
Ema­nuel, Ton
Koopman
Challenge Classics
(55 Min., 9/2014)
Ton Koopman hat einen herausragenden Knabensopran entdeckt,
und er präsentiert ihn mit einem
Bald weg:
Alan Gilbert
verlässt das
NYP
Klassik-CD des Monats
Carl Nielsen
Sinfonien Nr. 5 & 6
●●●●● Alan Gilbert, New York Philharmonic
Dacapo/Naxos 6220625
(SACD, 71 Min., 10/2014)
Ein Glamourpaar werden Alan Gilbert und
die New York Philharmonic wohl weiterhin
nicht abgeben bis zum gerade verkündeten
Beziehungsschluss, den man für 2017 anvisiert hat. Trotzdem hat man gerade bei den
gemeinsamen Europatourneen nicht nur
Klasse bewiesen, sondern auch im klassischen Repertoire so manches weit übertroffen, was Gilberts Vorgänger Masur und
Maazel mit den New Yorkern rückblickend eher halbherzig ausprobiert
haben. Jetzt liegt die erste und wahrscheinlich zugleich auch einzige Gesamteinspielung eines sinfonischen Konvoluts vor. Und mit der Fünften
sowie Sechsten des Dänen Carl Nielsen bestätigen Gilbert & Friends das
wahrhaft überragende Leistungsvermögen der ersten beiden Einspielungen.
Aber möglicherweise kommt diesem Top-Orchester eben eine Klangsprache besonders zugute, die in ihrer zerklüfteten und collageartigen
Unberechenbarkeit extrem an die von Charles Ives erinnert. Und zum
absoluten Höhepunkt gerät der Finalsatz der frecherweise als „Sinfonia
semplice“ bezeichneten Sechsten, bei der die Streicher sich ins WalzerVergnügen stürzen und dabei von den Blechbläsern und der Percussion
aufs apotheotische Parkett gelockt werden. Da brummt der gesamte Orchesterapparat aus allen Poren – und dennoch hält Alan Gilbert derart
geschickt die Zügel in den Händen, dass man das gesamte Farben- und
Rhythmusspektrum von Nielsen bestaunen kann. Nicht weniger ungehemmt und polystilistisch geht es natürlich auch in der vorletzten von
Nielsens insgesamt sechs Sinfonien zu, die er zwischen 1892 und 1925
geschrieben hat. Hier versteht es Gilbert mit der nötigen Ruhe und Umsicht, das hymnische (Mahler-)Potential dieser Musik weihevoll, aber so
ganz ohne zuckersüßen Kitsch dahinschweben zu lassen. Dann legt er
wieder den Schalter um und treibt das Orchester in Hochspannungsbereiche hinein, deren Wucht und Kühnheit sich auch dank der phänomenalen Aufnahmetechnik nahezu eins zu eins vermitteln. 2015 ist übrigens Nielsen-Jahr (150. Geburtstag). Gelungener konnte es gar nicht eingeläutet werden.
Guido Fischer
43
Klass i k
Programm, das Koopmann’scher
nicht sein könnte: Fast ausschließlich Gesänge aus Bach-Schemelli singt Constantin Emanuel, ein
15-jähriger Schweizer, zu Koopmans gewohnt umtriebigen Continuo-Begleitungen, und Koopman ergänzt die Liederfolge um
kleine Orgelpretiosen von Bach,
Buxtehude, Scarlatti und Locatelli. Koopmans stupende Fingerfertigkeit – das gesamte Programm
ist orgelmäßig „nur“ eine Manualiter-Angelegenheit – ist natürlich
ein wesentlicher Reiz dieser CD:
Seine nervös-präzise Artikulationskunst, seine unstillbare Improvisationslust und Verzierungsfreudigkeit begeistern vom ersten
bis zum letzten Moment.
Aber der junge Sänger hat
ebenfalls Großartiges zu bieten: Sein Timbre ist kein typisches Knabentimbre der durchschnittlichen Art, – unausgewogen, leicht überlüftet, wie man es
oft hört – sondern es hat durchaus
Anklänge an einen CountertenorStimmklang. Constantin Emanuel
verfügt über ein angenehm prägnantes „Metall“ in seiner obertonreichen Stimme, er führt sie mit
großer Sicherheit und hält sich
stets nahe am Text, ohne dabei jemals die Melodielinie zu vernachlässigen. Viele interpretatorische
Nuancen, die für andere Knabensolisten nicht selbstverständlich
sind, beherrscht er bereits aus
dem Handgelenk, und man darf
sich angesichts seines „fortgeschrittenen“ Alters schon jetzt
fragen, was er später in Männerstimmlage aus diesen besonderen Fähigkeiten zu machen in der
Lage sein wird. Michael Wersin
zuschieben. Dieser Trend scheint
sich jetzt auch bei Klassikaufnahmen durchzusetzen. Hatten im
vergangenen Herbst Paavo Järvi und die Kammerphilharmonie
Bremen zu den Beethoven-Sinfonien die Ouvertüren nachgelegt,
so gönnen jetzt Riccardo Chailly und das Gewandhausorchester
den Fans ihres Brahms-Zyklus mit
den Serenaden eine Zugabe.
Chailly serviert die beiden frühen Werke mit Mendelssohnscher
Spritzigkeit, unterstreicht durch
delikate Leichtfüßigkeit die HaydnNähe, arbeitet die Beethoven-Anleihen klangprächtig heraus – und
lässt zugleich keinen Zweifel daran, dass hier schon unüberhörbar der ganze Brahms drinsteckt.
Beweglich und transparent, aber
auch mächtig und ausladend
kommt diese überrumpelnde neue
Referenzaufnahme daher, gerade die fließenden Übergänge zwischen Kammermusik und großer
Sinfonie in der D-Dur-Serenade geraten den Leipzigern perfekt.
Der Maestro schlägt gleich im
umfangreichen Eingangssatz sehr
flotte Töne an, nimmt ihn wirklich
„Allegro molto“ und setzt damit
nicht nur die Klangschönheit und
-opulenz des Orchesters ins vorteilhafteste Licht, sondern auch
dessen Virtuosität, von der auch
der fulminant gespielte Schlusssatz geprägt ist. Im deutlich „serenadigeren“ Schwesterwerk in ADur, das den Musikern nicht minder überzeugend gerät, verdienen
die ganz wunderbaren Bläser im
langsamen Satz ein dickes Extralob. Eine tolle Idee also, dieses Sequel, das eigentlich ein Prequel
ist.
Michael Blümke
Johannes Brahms
André Caplet, Claude
Debussy, Gabriel Fauré,
Charles Trenet u. a.
Serenade Nr. 1 D-Dur op.
11 & Serenade Nr. 2 ADur op. 16
●●●●●
Gewandhausorchester, Riccardo
Chailly
Decca/Universal
(65 Min., 5/2014)
Bei erfolgreichen Filmen ist es
schon länger üblich, ein Sequel
oder auch ein Prequel hinterher-
44
„Green“ (Mélodies
franҫaises sur des
poèmes de Verlaine)
●●●●●
Philippe Jaroussky, Quatuor
Ébène, Nathalie
Stutzmann,
Jérôme Ducros; Erato/Warner
(2 CDs, 112 Min., 6 & 10/2014)
„Musik vor allen anderen Dingen“ – mit diesen Worten zur Dominanz der Musik beginnt eines
von Paul Verlaines bekenntnisreichsten Gedichten „Art poétique“. Denn hier breitete er in
schönsten und stimmungsvollsten Farben und Bildern quasi
das Programm jener symbolistischen Dichtkunst aus, mit der
sich in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts französische Poeten ihre eigene Welt wundersam
einrichteten und zauberhaft ausmalten. Und wie die Sprache dabei von der Musik, von ihren dahingleitenden und -schwebenden
Zügen an die Hand genommen
werden kann, ja sollte, hat Verlaine auch mit so manchen Gedichten unterstrichen, die er in Anlehnung an Mendelssohn einfach als
„Lieder ohne Worte“ bezeichnete. Dass Verlaines klangsinnliche
Lyrik viele seiner bekannten Zeitgenossen wie Chabrier, Debussy
und Fauré wie Nektar angezogen
und zu Vertonungen inspiriert
hat, ist natürlich keine Neuigkeit.
Doch wie reich und groß der Verlaine’sche Liederreigen tatsächlich ist, davon bekommt man erst
jetzt eine Ahnung. So hat Philippe
Jaroussky insgesamt 43 Vertonungen für seine Verlaine-Hommage
„Green“ aufgenommen, die nach
einem Gedicht des 1896 elendig
in Paris Verstorbenen benannt ist.
Die Komponistenriege umfasst aber nicht nur bekannte Namen wie Chausson, Massenet,
Koechlin und Florent Schmitt,
sondern gleichermaßen heute leicht vergessene Fin de SiècleTonsetzer wie Déodat de Séverac
und Charles Bordes. Und auch an
solche legendären Chansonniers
wie Charles Trenet, Léo Ferré und
Georges Brassens erinnert Frankreichs Countertenor Nr. 1 mal nur
mit seinem Klavierpartner Jérôme Ducros, mal mit den Streichern des Quatuor Ébène. Der besondere Reiz dieser musikalisch
herrlich stimmungsvollen wie abwechslungsreichen Verlaine-Tour
liegt aber immer wieder in den
Quervergleichen eines mehrfach
vertonten Gedichts. Zur ausgelassenen Hymne ans Leben gerät
Caplets Fassung von „Green“, während Gabriel Fauré romantische
Wonnen anschlägt und Debussy
eher ins Nachdenkliche verfällt.
Arthur Honegger und Edgard Varèse fahren in „Un grand sommeil
noir“ seelenbedrückende Farben
auf. Und zwischendurch gibt Jaroussky ein Empfehlungsschreiben für ein mögliches OffenbachEngagement ab – in Chabriers
„Air de Fisch-Ton-Kann“. Überhaupt hört man diesem Recital
an, dass es für Jaroussky eine Herzensangelegenheit gewesen ist,
sich nach seinem Erfolgsalbum
„Opium“ einmal mehr mit dieser
Epoche zu beschäftigen. Und das
Erstaunliche ist, dass Jaroussky
trotz eines mächtig angestiegenen Arbeitspensums wieder völlig unverbraucht und nahtlos auf
seine sängerischen Wunderwaffen von 2009 zurückgreifen konnte. Dazu gehören artikulatorische
Subtilität, emotionale Unmittelbarkeit und nicht zuletzt eine Ausdrucksfinesse, die dem symbolistischen Denken und Fühlen ganz,
ganz nahe kommt. Guido Fischer
Emilio de Cavalieri
Rappresentatione di
Anima et di Corpo
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Marie-Claude
Chappuis, Johannes Weisser,
Gyula Orendt,
Mark Milhofer, Marcos Fink,
Staatsopernchor Berlin, Concerto Vocale, Akademie für Alte
Musik Berlin, René Jacobs
harmonia mundi
(2 CDs, 93 Min., 5/2014)
Emilio de Cavalieris „Rappresentatione di Anima et di Corpo“, die
im Jahre 1600 uraufgeführt wurde, ist gattungsgeschichtlich so etwas wie der Neandertaler der Musikgeschichte: Auf der einen Seite gehört sie der ausgestorbenen
Spezies des Mysterienspiels an,
doch auf der anderen Seite hat sie
mit ihrem modernen Deklamationsstil wichtige Gene an die Oper
wie auch das Oratorium weitergegeben. 2012 hat René Jacobs das
Werk zusammen mit dem Regisseur Achim Freyer an der Staatsoper Berlin als circensisches Welttheater aufgeführt, und die äußere Opulenz überträgt sich auch auf
die musikalische Ausgestaltung.
Cavalieri ließ den Interpreten insbesondere in der Instrumentalbesetzung nämlich beträchtliche
Freiräume – und Jacobs zieht alle
Register: Die Akademie für Alte
Musik ist in mehrere Klanggruppen aufgeteilt, die teils als „Himmelsorchester“ aus der Ferne, teils
mit „irdischen“ Klängen von Gamben, Zinken oder Posaunen von
der Seitenbühne spielen. Auch der
Chor wechselt effektvoll zwischen
Soli und Tuttibesetzung. Die moderne Seite der Partitur betonend
setzt Jacobs die Instrumente nicht
nur als Farbe ein, sondern lässt sie
auch motivisch ein Wörtchen in
den Soli mitreden – etwa, wenn
zum Wort „Reichtum“ ein ganzes
Bläserensemble einsetzt oder die
Instrumente zum Schluss mit der
verklärten Seele, die sich gegen
den Körper durchgesetzt hat, in einer Himmelsleiter nach oben steigen. All das ist in seinem Klangreichtum, seiner Präzision und
intelligenten Deklamation herrlich anzuhören. Im Vergleich mit
Christina Pluhars früherer, in
den Rezitativen schlanker besetzten Einspielung, die auch die Einflüsse von volkstümlichen spirituellen Gesängen stärker betonte,
wirkt Jacobs‘ Interpretation allerdings auch eine Spur schwerfälliger: Während er die Zuhörer mit
Himmel und Hölle beeindruckt,
wissen Pluhars Protagonisten
auch mal mit bloßem Charme von
ihrer Heilsgewissheit zu erzählen.
Carsten Niemann
Marc-Antoine Charpentier, Antonio Caldara,
Heinrich Ignaz Franz
Biber u. a.
Krieg & Frieden
1614 – 1714
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Hespèrion XXI,
Le Concert des
Nations, La
Capella Reial de
Catalunya, Jordi
Savall
Alia Vox/harmonia mundi
(2 SACDs, 154 Min., 1996 – 2014)
Wenn die Zeiten von Tag zu Tag
unruhiger werden und die Sendezeit der Abendnachrichten schon
fast nicht mehr ausreicht, um all
die Konfliktherde dieser Erde aufzulisten, kann man sich immerhin noch in die Musik flüchten.
Doch ganz so einfach macht es
Jordi Savall nicht. Der 2008 von
der UNESCO zum „Artist of Peace“
ausgerufene Gambist, Dirigent,
Ensemble-Gründer und CD-Labeleigener versucht mit nahezu
jeder Einspielung stets Brücken
zwischen verschiedensten Kulturen zu bauen. Und speziell mit den
dickleibigen und glänzend editierten CD-Büchern formuliert Savall
in Essays und zusammen mit befreundeten Gelehrten schon mal
Manifeste gegen aktuelle Unterdrückung, Ausbeutung und
Kriegstreibereien.
Ein ganzes, von Grausamkeiten, Überfällen und brüchigen
Friedensabkommen geprägtes
Jahrhundert hat Jordi Savall nun
mit seinen drei Ensembles musikalisch porträtiert. Angefangen
beim Jahr 1614, in dem die Osmanen einmal mehr nach Europa griffen und die Juden in Frankfurt zum Freiwild wurden, bis hin
zur Belagerung Barcelonas 1714
reicht die Chronik des Projekts
„Krieg & Frieden“. Um anhand
der passenden, stets kunstvollen
Noch viel mehr
Rezensionen auf
rondomagazin.de
Tänze, Märsche, Fanfaren, Jubelchöre und Lamenti die mahnende Geschichte einer blutigen Epoche zu erzählen, hat Savall nicht
nur auf neuestes Tonmaterial zurückgegriffen, sondern sich in seinem eigenen riesigen Schallarchiv bedient. Doch da die Musikfiletstücke etwa eines Marc-Antoine
Charpentier, wie die Krönungs-„Chaconne“ von Georg Muffat oder
die katalanische Hymne auf gewohnt höchstem Savall-Niveau
erklingen, fährt einem bei diesem historischen Klangspiegelbild nicht etwa der Schrecken in
die Glieder. Vielmehr stellt sich
schneller als gedacht der pure Genuss ein.
Guido Fischer
Vokal total von Michael Blümke
Gute Zeiten für Raritätenjäger. Von Giovanni Maria Casini werden die meisten noch nicht einmal den Namen,
geschweige denn irgendein Werk gehört haben. Auf CD
findet man lediglich einige Orgelstücke des 1652 geborenen Florentiners, der sich nicht nur als Komponist und
Literat hervortat, sondern mit Anfang 20 auch zum Priester weihen
ließ. „Il viaggio di Tobia“ ist das erste seiner vier Oratorien (alle in den
1690er Jahren auf eigene Libretti entstanden), von denen allerdings
nur zwei erhalten sind. Bei Diego Fasolis und seinen Barocchisti ist das
Werk in zuverlässigen und erfahrenen Händen, zudem bieten die fünf
Gesangssolisten Laura Antonaz, Claudine Ansermet, Mya Fracassini,
Jeremy Ovenden und Sergio Foresti eine souveräne Leistung, was bei
den beachtlichen Anforderungen ihrer Parts nicht selbstverständlich
ist. Dynamic/Naxos
Schon in der letzten Ausgabe gab es eine lohnenswerte
Caldara-Ersteinspielung zu vermelden, der sich jetzt mit
„Morte e sepoltura di Christo“ eine weitere hinzugesellt. Das Werk entstand 1724 für den Wiener Hof, an
dem in der Fastenzeit traditionell Kreuzigungs-Oratorien
– und zwar bis zu sechs verschiedene! – erklangen. Fabio Biondi nimmt
sich dieser Trouvaille mit der ihm eigenen Hingabe an, warum er meinte, jedem der beiden Teile noch eine Motette voranstellen und Instrumentalstücke einfügen zu müssen, bleibt sein Geheimnis. Auf Vokalseite gibt es zwei Soprane (Maria Grazia Schiavo & Silvia Frigato) mit
nicht sonderlich attraktiven Stimmen zu vermelden, die sich aber immerhin als sichere und ausdrucksintensive Stilistinnen erweisen. Dazu
gesellen sich Martina Bellis interessanter, etwas gaumiger Alt, der
leicht ansprechende lyrische Tenor von Anicio Zorzi Giustiniani und
Ugo Guagliardos resonanzreicher, beweglicher Bass. Glossa/Note 1
Auf bekannteren Pfaden wandelt Laurence Cummings,
der nach seinem ebenfalls als Mitschnitt erhältlichem
„Joshua“ vom London Handel Festival 2008 das Oratorium im vergangenen Jahr auch in Göttingen aufführte
und nun mit zwei CD-Versionen auf dem Markt vertreten
ist. Den Vorzug kann man ohne Zögern dieser neueren Veröffentlichung geben, allein schon wegen Kenneth Tarver in der Titelrolle. Doch
auch Anna Dennis, Renata Pokupić (mit leichten Abstrichen) und Tobias
Berndt sowie der hervorragende NDR Chor, dem ein Großteil der knapp
zwei Stunden Musik zufällt, überzeugen auf ganzer Linie. Accent /
Note 1
4 × Händel und 4 × Vivaldi mit einem Schuss Porpora
und Pergolesi – so heißen die Zutaten von „Tempesta“,
dem neuen Recital von Blandine Staskiewicz. Auch wenn
es der Titel suggeriert, wird hier natürlich nicht nur getobt und gewütet, der Sturm legt sich dazwischen auch
wieder, um dann von neuem aufzubrausen. Das gut zusammengestellte Programm profitiert nicht zuletzt von der Beteiligung des Ensembles
„Les Ambassadeurs“ unter Alexis Kossenko, das wirklich weiß, was
Klangrede bedeutet und der Französin ein inspirierender Partner ist.
Die tieferen Lagen ihres Mezzosoprans sind noch ausbaufähig, ansonsten bringt sie stimmlich alles mit, was man sich für ein solches Programm wünscht. Mit der Exuberanz und ultimativen Furchtlosigkeit einer Simone Kermes kann sie es zwar nicht aufnehmen, doch liefert
Blandine Staskiewicz mit „Tempesta“ zweifellos eine beeindruckende
Visitenkarte ab. Glossa/Note 1
Abonnenten-CD: Track 2
45
Klass i k
Franҫois Devienne, Luigi Gianella, Christoph
Willibald Gluck, Ignaz
Pleyel
„Revolution“ (Flötenkonzerte)
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Emmanuel Pahud,
Kammerorchester
Basel, Giovanni
Antonini
Warner
(73 Min., 7/2014)
Nach seiner letzten Einspielung,
die zu einer musikalisch gelungenen Würdigung vom „Flöten“Fritz geriet, bricht Emmanuel Pahud in eine Stadt und Zeit auf, die
auch für Friedrich den Großen
kein Zuckerschlecken geworden
wäre. Denn die französischen Revolutionäre hätten auch mit diesem Vertreter des preußischen
Absolutismus kurzen Prozess gemacht. Doch wenngleich auf Pahuds vierteiliger Konzertsammlung „Revolution“ draufsteht und
die eingespielten Komponisten allesamt etwas mit Paris zu tun haben, wird man hier nicht Ohrenzeuge eines radikal neuen Klangzeitalters. Vielmehr strahlen und
atmen die vier ausgewählten Konzerte, die mehr oder weniger im
Umkreis von 1789 entstanden
sind, eher eine wohlige Vertrautheit aus.
Ein erst 1941 veröffentlichtes
Flötenkonzert von Christoph Willibald Gluck macht aus dem mitschwingenden, nun einschmeichelnd galanten Barockerbe keinen Hehl. Das mit klassischem
Schwung aufgeladene Konzert des
in Paris ansässigen Haydn-Schülers Ignaz Pleyel war ursprünglich für Klarinette geschrieben
worden, bevor es 1799 eben auch
in der Fassung für Flöte erschien.
Und zeitgleich sollen der Italiener
Luigi Gianella sowie der Franzose
Franҫois Devienne das Pariser Publikum mit ihren Flötenkünsten
begeistert haben. Aber auch diese jetzt aufgenommenen Flötenkonzerte haben ihren Reiz: Während Devienne einen selbst mit
seinem leicht burschikosen Elan
einnimmt, kommen dem Opus
von Gianella belcantistische Züge
zugute. Eine Revolution wird man
46
wie gesagt zwar mit keinem der
vier Werke anzetteln können. Dafür sind sie allzu sehr Kinder des
18. Jahrhunderts. Dass man trotzdem keine beliebigen Leichtgewichte geboten bekommt, liegt an
Pahud und seinen hellwach agierenden Mitstreitern, an dem von
Giovanni Antonini mal angefeuerten und dann wieder wohldosiert
an die Zügel genommenen Kammerorchester Basel. Pahuds ungemein natürlich wirkendes Spiel
erweist sich dabei als höchst eloquent und nuancenreich, als fulminant im Zügigen sowie als groß
im lyrischen Ton. Auf diesem Niveau gespielt, war diese Musik damals zu Recht mit sich im Reinen.
Guido Fischer
Abonnenten-CD: Track 3
äußeren Reichtums dieser Musik angeht. Roth leuchtet die Gedanken der Choräle und Gebete
mit Finesse und Zauber aus. Zugleich weiß er um die kammermusikalische Delikatesse sowie
die schwungvoll dahinströmenden Züge einer Orgelmusik, die
bei nur einem Funken spieltechnischer Anstrengung sofort ihre
ganzen Reize verlieren würde.
Dass sie jetzt in allen herrlichsten
Farben erblühen kann, spricht daher für Roths Kunst und die Qualität dieser nur vom Aufnahmedatum her leicht historischen, nun
erstmals in gebündelter CD-Box
veröffentlichten Aufnahmen.
Guido Fischer
Luca Marenzio
César Franck
Orgelwerke
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Daniel Roth
Motette/harmonia mundi
(3 CDs, 219 Min)
Wer wie Daniel Roth auf einem
der traditionsreichsten Orgelthrone Frankreichs sitzt, in der Pariser Kirche Saint-Sulpice, der muss
zwangsläufig schon früh das Erbe
der muttersprachlichen Orgelmusik verinnerlicht haben. Immerhin
schlugen vor ihm Charles-Marie
Widor und Marcel Dupré die Cavaillé-Coll-Orgel. Der französische Orgelbaurevolutionär war aber eben
im Laufe seines Lebens nicht nur in
Paris fleißig, sondern entwarf etwa
ein Instrument auch für die Kirche
im baskischen San Sebastián sowie
für die Kathedrale im bretonischen
Saint-Brieuc. Und so startete Roth
bereits in den 1990er Jahren zu einer kleinen Cavaillé-Coll-Pilgertour, um an insgesamt drei Instrumenten sich dem Orgelschaffen
von César Franck zu widmen, der
erstmals die technisch und klanglich epochalen Erneuerungen von
Cavaillé-Coll auf eine Belastungsprobe gestellt hatte.
Die drei zeitlos großen Orgeln
von San Sebastián, Saint-Brieuc
und Saint-Sulpice lassen denn
auch keine Wünsche offen, was
die Darstellung des inneren und
Quinto libro di madrigali
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La Compagnia del
Madrigale
Glossa/Note 1
74 Min., 2, 6,
9/2011 & 9/2014
Ebenso edel und geschmackvoll
wie die Aufmachung dieses Albums ist nicht allein die darin enthaltene Musik, sondern auch ihre
Darbietung durch „La Compagnia
del Madrigale“. Dieses Ensemble
gehört – neben der teilweise identisch besetzten Gruppe „La Venexiana“ – zu den derzeit allerfeinsten
Interpreten der ungezählten Schätze aus dem Reich der Madrigale.
Mit dem „Quinto libro“ von
Marenzio haben sich die Sänger
ein Repertoire ausgesucht, das
noch nicht von Chromatik, gewagten Sprüngen und frei eintretenden Dissonanzen durchzogen ist
wie später die Madrigale Gesualdos, Pallavicinos und auch Monteverdis, welche den ereignisreichen Übergang in die Barockzeit
widerspiegeln. Dennoch war auch
am Ende des 16. Jahrhunderts –
Marenzio starb 1599 – das Madrigal schon Experimentierfeld für
eine besonders textnahe Art des
Komponierens, mittels derer die
verschiedenen Affekte der hochemotionalen italienischen Lyrik überaus plastisch auch in der
Musik zu erleben sind. Entsprechend bewegt und schwelgerisch
sind die in üppige Sechsstimmigkeit gefassten Sätze Marenzios –
sie sind Steilvorlagen für die Entfaltung der jugendlichen Timbres
mit biegsamen, leicht ansprechenden Stimmen, mit denen die
Interpreten einmal mehr jene alten Partituren auf zauberhafte
Weise zum Höreindruck machen.
Wir hoffen auf viele weitere Alben
dieser Art.
Michael Wersin
Marianna Martines
La tempesta
●●●●○
Anna Bonitatibus, La Floridiana, Nicoleta
Paraschivescu
deutsche harmonia mundi/Sony
(66 Min., 2/2014)
Hildegard von Bingen im 12., Barbara Strozzi und Elisabeth Jacquet
de la Guerre im 17. Jahrhundert –
das war‘s auch schon mit den Geschlechtsgenossinnen, die es vor
ihr als Komponistinnen zu einiger
Bekanntheit gebracht haben. Bei
Marianna Martines, 1744 in Wien
geboren, spielte die richtige Nachbarschaft sicher eine nicht ganz unwichtige Rolle. Tür an Tür mit Metastasio in jenem berühmten Haus
direkt neben der Michaelerkirche lebend, bekam sie bereits als
10-Jährige Klavierunterricht von
Haydn, der zufällig auch im Haus
wohnte und wurde außerdem Gesangsschülerin von Porpora.
Kein Wunder also, dass die
junge Dame sowohl als Sängerin wie auch als Cembalistin und
Komponistin sehr angesehen
war und Kaiserin Maria Theresia
sie häufig zum Musizieren in die
gleich gegenüber liegende Hofburg rief. Mit 29 Jahren wurde Marianna Martines als erste Frau in
die ehrwürdige Accademia Filarmonica in Bologna aufgenommen. Mehr Ruhm geht also fast
nicht – und doch kennt sie heutzutage keiner mehr.
Das hat sich selbst mit der
wunderschönen ersten CD, die Nicoleta Paraschivescu mit ihrem
Ensemble La Floridiana vor drei
Jahren veröffentlicht hat, nicht
wirklich geändert. Jetzt legen die
Musiker erfreulicherweise noch
einmal nach, kombinieren wiederum Vokal- mit Cembalowerken
der Wienerin. Nach der liebreizenden Nuria Rial stellt sich dieses
Mal die unwiderstehliche Anna
Bonitatibus in den Dienst an Martines` Sache. Ihre Werke haben
die Aufmerksamkeit zweifelsohne
verdient. Und ganz bestimmt keinen Geschlechterbonus nötig.
Michael Blümke
Wolfgang Amadeus
Mozart
Castrato Arias
●●●○○
Valer Sabadus,
Recreation –
Großes Orchester
Graz, Michael
Hofstetter
Oehms/Naxos
(50 Min., 12/2013)
Nach dem eher lauwarm geratenen Gluck-Debüt beim neuen Exklusiv-Partner Sony im vergangenen Herbst stand Valer Sabadus‘
ehemaligem Label Oehms, das
ihm die Chance zu seinen ersten
Recitals geboten hatte, noch eine
Veröffentlichung zu. Diese Option löst es jetzt mit einem – sehr
kurz geratenen – Programm ein,
auf dem einige von Mozarts für
Kastraten geschriebene Arien versammelt sind. Und dabei zeigt
sich wie auch auf „Le belle immagini“ überdeutlich, dass die gestalterischen, interpretativen Möglichkeiten des jungen Rumänen
begrenzt sind.
Seine Stimme zeichnet sich
durch eine einnehmende Weichheit und Süße aus, die eine gewisse Unschuld, fast schon Naivität
evoziert. Diese Grundprägung, die
ja gerade seinen Reiz ausmacht,
kann er nicht negieren, lässt sich
nicht abstreifen. Sie passt zu einigen Charakteren besser als zu anderen, generell aber ist das Ausdrucksspektrum dadurch eingeschränkt. Durch seine virtuosen
Fähigkeiten – man denke nur an
seine bewundernswert sauberen
und ebenmäßigen schnellen Läufe
– bringt er eine zusätzliche Farbe
ins Spiel. Die lässt er hier aber, wie
schon auf der Gluck-CD, weitgehend beiseite, wählt eher ruhige-
re Arien, die seine Cantabile-Qualitäten in den Vordergrund rücken.
Die beiden Ramiro-Arien aus
„La finta giardiniera“ bekommt
man wohl selten so exquisit gesungen zu hören, Cecilio („Lucio
Silla“) liegt ihm nicht so gut in der
Stimme, mit dem gar nicht für einen Kastraten komponierten Cherubino hinterlässt er einen sehr
guten Eindruck, Idamante gerät ihm nicht so vorteilhaft, Sesto
hingegen gelingt sehr gut. Michael Hofstetters langsame Tempi tragen nicht unbedingt zu größerer
Expressivität bei, befördern vielmehr eine gewisse Larmoyanz.
Vollauf beglückend ist dieser Abschied von Oehms also nicht. Mal
sehen, was sich Sony für ihn ausgedacht hat.
Michael Blümke
Abonnenten-CD: Track 4
Wolfgang Amadeus
Mozart
Keyboard Music Vol. 7 (9
Variationen über „Lison
dormait“ KV 264, Sonate
a-Moll KV 310, 6 Variationen über „Mio caro
Adone“ KV 180, Sonate
D-Dur KV 284)
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Kristian Bezuidenhout
harmonia mundi
(73 Min., 9/2011)
Die siebte Folge von Kristian Bezuidenhouts Gesamteinspielung
des Mozart‘schen Klavierwerks
führt uns unter anderem nach Paris. Hier, wo sich der Komponist
vergeblich um eine Anstellung bemühte und den Tod seiner Mutter
miterlebte, entstanden die Sonate a-Moll KV 310 und die großangelegten Variationen über „Lison
dormait“ aus Nicholas Dezèdes
Oper „Julie“. Die romantische Projektion, nach der Mozart den Tod
der Mutter unmittelbar in der aMoll-Sonate gespiegelt hätte, bedient Bezuidenhout nicht – jedenfalls nicht, indem er den düsteren
Beginn dramatisch aufrauen würde. Dennoch gewinnt die Sonate bei aller begeisterten, freundlichen, verliebten Eleganz, die Bezuidenhouts Verhältnis zu Mozart
charakterisiert, eine ganz eige-
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30. Mai – 14. Juni 2015 in Halle (Saale)
Franco Fagioli · Philippe Jaroussky
Christine Schäfer · Nathalie Stutzmann
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www.haendelhaus.de | 0345 565 27 06 (Mo – Fr: 7 – 19 Uhr)
bundesweit an allen CTS-Eventim-Vorverkaufsstellen
Klass i k
ne Tiefe: eine Schönheit, die nicht
mehr ganz von dieser Welt zu sein
scheint. Ihr Drama liegt bereits in
den tief geatmeten Seufzerfiguren, die in der Höhe zärtlich verglühen und in dem intelligenten
Spiel mit Helldunkelkontrasten.
Besonders schlagend sind letztere im abschließenden Presto, das
Bezuidenhout nicht einfach in ein
aufgewühltes Sturm- und DrangStück verwandelt, sondern dessen
Duraufhellungen er mit Hilfe der
Moderator-Dämpfung in ein unwirkliches Licht (ent-)rückt.
Bezuidenhouts gänzlich unangestrengte Virtuosität, sein
Klangfarbensinn, unaufdringliche Rubati und sein genuines Erzähltalent machen sowohl die eigenständigen Variationswerke als
auch den ausgedehnten Variationssatz der D-Dur Sonate KV 284
zum Ereignis. Der von ihm verwendete Nachbau eines 1805 erbauten Hammerflügels von Walter und Sohn – der einen Hauch
runder und voller klingt als die
vom jüngeren Mozart bevorzugten Stein-Flügel – wirkt für diese
visionäre Musik gänzlich adäquat
und dürfte auch dem hartnäckigsten Steinway-Fan eine Brücke zum
vollständigen Genuss dieser hervorragenden Einspielung bauen.
Carsten Niemann
Wolfgang Amadeus
Mozart
Sämtliche Violinkonzerte, Sinfonia concertante
K364
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Rachel Barton
Pine, Matthew Lipman,
Academy of St.
Martin in the Fields, Sir Neville
Marriner
Avie/Edel
(2 CDs, 147 Min., 8 & 9/2013)
Ginge es bloß um Mozart, bräuchte es diese Neueinspielung seiner Violinkonzerte schwerlich.
Entscheidend Neues zu den Werken hat auch Rachel Barton Pine
nicht zu sagen – was schade ist,
denn von der auch in der Alten
Musik bewanderten jungen Interpretin hätte man sich gewünscht,
48
dass sie den Werkzyklus des nicht
einmal 20-jährigen Komponisten
vielleicht einmal aus der Perspektive des galanten oder „frühklassischen“ Stils entdecken würde.
Stattdessen entscheiden sich
Pine und Marriner dafür, Mozart
als einen frühvollendeten Klassiker zu zeigen: Trotz Aufmerksamkeit für Details und sensibel
erfasster Molleintrübungen gehen sie die empfindsamen Stimmungsumschwünge und formalen Überraschungen in den
Schlusssätzen mit heiterer Gelassenheit an, wobei sie die Schönheit des Moments bisweilen zu
Lasten des Erzählflusses betonen.
Was für die Interpretation einnimmt, sind vor allem Barton Pines zwar nicht übermäßig kantabler, aber edel sonorer und zugleich
schlank beweglicher Ton sowie die
Intonationsreinheit und Trennschärfe, mit der sie virtuose Passagen meistert. Ein weiteres Plus
bedeuten Barton Pines selbst erfundene Kadenzen, in denen sie
auch ihre Liebe zu Doppelgriffen
mit Geschmack auslebt. Ein ähnliches Spannungsniveau erreicht
die Einspielung in der Sinfonia
concertante: Im Zusammenspiel
mit dem Bratschisten Matthew
Lipman, der hier sein CD-Debüt gibt und mit seiner Viola den
Klang von Pines Guarneri in hervorragender Weise ergänzt, entsteht eine Unmittelbarkeit des
musikalischen Dialogs, nach welcher der junge Mozart einfach verlangt.
Carsten Niemann
Modest Mussorgski,
Dmitri Schostakowitsch, Sergei Prokofjew, Peter Tschaikowski
Bilder einer Ausstellung,
Nacht auf dem kahlen
Berge, Suite für VarietéOrchester, Romeo und
Julia (Suite) op. 64,
Nussknacker-Suite
op. 71a
●●●●○
german hornsound 8.1
Genuin/Note 1
(75 Min., 4/2014)
Zusammenrottungen von Spielern einzelner Stimmgruppen des
Orchesters haben Konjunktur.
Nachdem schon Flöten und Geigen auf den einst von den 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker in Bewegung gesetzten Zug
aufgesprungen sind, mischen
jetzt auch die Hörner mit: Für sein
neues Projekt hat sich das Hornquartett „german hornsound“ dafür mit vier weiteren Hornisten
zusammengetan. Gemeinsam
mit Simon Rössler, der den weichen Hornklang mit Schlagzeug,
Klavier und Celesta um markantere rhythmische Akzente bereichert, stellen sie ihre Version von
Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ vor. Zwischen die Bilder
hängen sie weitere, meist populäre und teilweise ebenfalls bildhafte Stücke von Schostakowitsch,
Prokofjew und Tschaikowski.
Klanglich wie programmatisch geht das Konzept auf. Mit Erstaunen stellt man fest, wie stark
doch der Hornklang den klassisch-romantischen Orchestersound prägt: Mit ihrem äußerst
modulationsreichen und stets
blitzsauberen Ton haben die Musiker jedenfalls weder Schwierigkeiten, den warmen, weichen
Streicherklang zu ersetzen, noch
zarteste Kantilenen hinzulegen
oder sich in die Höhen der Holzbläser aufzuschwingen – und
mit Hilfe einer Wagnertuba erreichen sie auch die dunkelsten Kellergewölbe von Mussorgskis altem Schloss. Mit der Entscheidung, Mussorgskis Sinfonische
Dichtung nicht en suite zu spielen, beugen die Musiker ebenfalls
wirkungsvoll der Gefahr klanglicher Eintönigkeit vor, so dass die
Spannung die vollen 75 Minuten
der CD aufrechterhalten bleibt.
Hübsch sind auch die Illustrationen, die sich das Hornsound-Mitglied Sebastian Schnorr zu Mussorgskis Ausstellung hat einfallen
lassen: In ihrer Verbindung von
romantischem Scherenschnitt
mit Comic- und russischer Buchillustrationsästhetik führen sie
die harmonischen deutsch-russischen Beziehungen, die in diesem
Album herrschen, auch auf visueller Ebene erfolgreich fort.
Carsten Niemann
Johann Pachelbel
Geistliche Festmusik
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Johann Rosenmüller Ensemble,
Arno Paduch
Christophorus/
Note 1
67 Min., 8/2002
Die eine oder andere Motette, der
eine oder andere Chorsatz in einschlägigen Sammlungen, außerdem natürlich immer und immer wieder „der“ Kanon – darüber hinaus wird dem seinerzeit
berühmten barocken Komponisten und Kirchenmusiker Johann Pachelbel nur selten wirklich Ehre zuteil. Diese CD, eingespielt schon im Jahr 2002, bietet
hingegen einen breiten Überblick
über sein geistliches Vokalschaffen: Am Anfang steht eine repräsentative Vertonung des hochmusikablen Psalms 150, in der alle
im Text genannten Instrumente
(und noch einige mehr) tatsächlich erklingen. Die folgende Kantate über Luthers Choral „Christ
lag in Todesbanden“ regt zum Vergleich mit Bachs ähnlich angelegtem Werk an. Kunstvolle fünfstimmige Motettenpracht bietet
„Der Herr ist König und herrlich
geschmückt“, ehe eine Suite für
Theorbe solo den stillen, höchst
atmosphärischen Mittelpunkt des
Programms bildet. Zwei geistliche
Concerti schließen sich an.
Realisiert wird Pachelbels abwechslungsreiche Musik auf vokaler Ebene von einer stets solistischen Sängerbesetzung, deren
Protagonisten hin und wieder ein
wenig einsam wirken in der direkten Gegenüberstellung mit der instrumentalen Wucht von Bläsern
und Streichern. Allerdings mischt
sich ihr Timbre auch hervorragend mit dem selten zu hörenden
Klang einer Harfe als Continuoinstrument – dieses Miteinander gehörten zu den schönsten Eindrücken dieser insgesamt sehr hörenswerten CD.
Michael Wersin
Robert Parsons, Matthew Locke, William
Byrd, Augustine
­Bassano u. a.
Coronation Music For
Charles II
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Oltremontano,
Psallentes, Wim
Becu
Accent/Note 1
66 Min., 7/2014
Die 1661 erfolgte Wiedereinführung der Stuart-Monarchie in Gestalt König Charles‘ II. ist nur der
Beginn einer weiteren Episode innerhalb der überaus bewegten englischen Geschichte des 17.
Jahrhunderts. Vorausgegangen
war die wenig erquickliche Herrschaft des „Lordprotektors“ Oliver Cromwell, die besonders für
die vielen hochkarätigen Musiker des Königreiches wenig Grund
zur Freude bot: Cromwell hatte
als Puritaner das gesamte öffentliche Kulturleben, darunter auch
die Hofmusik, auf ein Minimum
zurückgefahren; von den Knaben der „Chapel Royal“ etwa waren nur noch zwei übriggeblieben.
Umso glücklicher konnte man zumindest aus dieser Perspektive sein, als mit Charles II. wieder
ein prachtliebender Poetentat an
die Macht kam, und entsprechend
reichhaltig fiel die musikalische
Gestaltung der Feierlichkeiten zu
seiner Einsetzung aus.
Offenbar lässt sich diese Festmusik aus den zeitgenössischen
Quellen recht gut rekonstruieren,
und so haben sich Wim Becu und
seine Musiker darangemacht, ein
möglichst plastisches Bild davon
zu erstellen – einschließlich sogenannter „Soundscapes“, mit denen die Geräuschkulisse – Stimmengewirr, Bläserfanfaren etc.
– der Außenszenen dem Hörer nahegebracht werden sollen. Prächtig und edel ist vor allem die wundervolle Bläsermusik u. a. aus den
Federn von Matthew Locke und
Augustine Bassano, eindrucksvoll sind aber auch die – leider wenigen – Gesänge aus dem Gottesdienst in Westminster Abbey, darunter ein „Te Deum“ von Pelham
Humfrey und das durch machtvolle Orgelklänge eingeleitete „O
Lord, Grant The King A Long Life“
von William Child. Eine CD, die
durchaus gefangen nehmen kann
– vor allem, wenn man den kompetenten Beihefttext studiert und
sich vielleicht darüber hinaus
auch anregen lässt, sich ein wenig
in die aufregende Geschichte jenes Jahrhunderts zu vertiefen.
Michael Wersin
Francis Poulenc
Dialogues des
Carmelites
●●●●○
Patricia Petibon,
Sophie Koch,
Véronique Gens,
Sandrine Piau,
Rosalind Plowright, Philharmonia Orchestra, Choeur du
Théâtre des Champs-Élysées,
Jérémie Rhorer, Olivier Py
Erato/Warner Classics
2 DVDs oder Bluray, 166 Min.,
12/2013
Francis Poulencs Meisterwerk
„Dialogues des Carmelites“ nach
einem Stück von Georges Bernanos (das wiederum auf einer Novelle von Gertrud von le Fort beruht) ist eine der europaweit besonders viel gespielten Opern
– und das, obwohl ihr radikal
durchgeführtes Sujet im säkularen 21. Jahrhundert sicher bei vielen Menschen auch Kopfschütteln
hervorruft. Dass die Karmeliterinnen am Ende für ihren Glauben,
dem sie auch unter dem massiven
Druck der revolutionären Kräfte
nicht abschwören wollen, auf dem
Schafott sterben und dass auch
die angstkranke Blanche am Ende
den Mut findet, ihren ehemaligen Ordensschwestern in den Tod
zu folgen, dürfte indes jeden Hörer dieser Oper bewegen – zumal
Poulenc für diese erschütternde
Schlussszene eine mit dem „Salve
Regina“-Text kombinierte Todesmarsch-Musik komponiert hat,
die zielsicher unter die Haut geht.
Fernab von allen Versuchen,
diesen radikalen Schluss zu relativieren (in München scheiterte vor Jahren ein derartiger Versuch an einer Verfügung der Erben Poulencs), fand Regisseur
Olivier Py für diese Produktion
eine Lösung, deren Symbolik unmittelbar auf die christliche Botschaft verweist, ohne jedoch platt
realistisch oder gar blutrünstig
zu sein. Ein Glücksfall ist neben
der hervorragenden Personenführung weitgehend auch das Personal selbst: An der Spitze der AllStar-Besetzung brilliert Patricia
Petibon, hervorragend bei Stimme, mit einer nuancierten Darstellung des komplexen Charakters von Blanche de La Force. Topi
Lehtipuu als ihr Vater gibt seiner
Figur jene etwas holzschnittartige
Bodenständigkeit, die ihr wohl zukommt. Sandrine Piau hätte vielleicht vor zehn Jahren noch eine
authentischere Sœur Constance
abgegeben – mittlerweile ist ihre
Stimme beinahe zu schwer für
diesen doch ganz unbeschwerten, kindlichen Charakter. Rosalind Plowright als qualvoll sterbende alte Priorin erfüllt leider
das Klischee, dass diese Rolle häufig mit stimmlichen Ruinen besetzt wird; die Priorin klingt dann
zwar alt und gebrechlich, aber die
zahllosen zu tiefen oder scheppernden Töne sind sicher nicht in
Poulencs Sinn. Erfreulicher macht
sich Véronique Gens in der Rolle der neuen Priorin Madame Lidoine – freilich eine Besetzung,
die auf das mittlerweile deutliche
gereifte Material dieser Interpretin verweist. Mère Marie schließlich, dieser Ausbund an Selbstbeherrschung und Ehrgefühl, könnte man sich auch vokal hier und
da etwas fokussierter vorstellen,
aber im Großen und Ganzen reüssiert Sophie Koch in dieser Partie. Kurzum: eine sehr sehenswerte Produktion! Michael Wersin
Francis Poulenc, Camille Saint-Saëns, Claude
Debussy, André Bloch,
Gabriel Pierné, Darius
Milhaud
La clarinette française
●●●●○
Lisa Shklyaver,
Jos van Immerseel
Zig-Zag Territoires/Note 1
(66 Min, 6/2014)
Wie elegant und charmant eine
Klarinette klingen kann, demonstriert Lisa Shklyaver auf dieser
reizvollen CD mit einem ungeheuer ansprechenden französischen Programm: Einer der „positiven“ Nebeneffekte der französisch-deutschen Erbfeindschaft
war ja, dass die wichtigen französischen Komponisten sich bald
nach 1870/71 vom „Wagnérisme“
losgesagt und sich stattdessen auf
ein eigenes musikalisches Idiom
besonnen haben. Infolge dieser
Eigenständigkeit konnte auch ein
Francis Poulenc bis weit ins 20.
Jahrhundert seinem ebenso eklektizistischen wie hochindividuellen Salon-Stil treu bleiben, unbekümmert von dem Umstand, dass
er deshalb schon bald nicht mehr
zur Avantgarde gerechnet wurde.
Hohe Kunst und kurzweilige
Unterhaltung verbinden die Interpreten dieses Programms – Frau
Shklyaver wird begleitet von Jos
van Immerseel – auf erfrischend
zwanglose Weise: Technisch ist
das, was hier präsentiert wird, oftmals alles andere als einfach, aber
es klingt eben dennoch niemals
bemüht. Nicht nur ist Lisa Shklyaver eine brillante Klarinettistin;
sie ist auch mit Jos van Immerseel nach zahlreichen gemeinsamen Kammermusikabenden perfekt zusammengespielt. Dass beide auf historischen Instrumenten
musizieren, macht die Sache nur
noch interessanter: Gerade in
puncto Klavierklang kann ja der
Verzicht auf den hochgetunten,
oftmals über-brillanten und penetrant durchschlagskräftigen modernen Konzertflügel sehr wohltuend wirken, gerade in der Kammermusik. Immerseels Bechstein
von 1870 harmoniert erstklassig
mit Shklyavers französischer Klarinette aus den 30er Jahren.
Nach so viel Lob aus vollem
Herzen sei abschließend aber
doch auch noch ein kleines Fragezeichen gesetzt: Ein Hauptmerkmal von Frau Shklyavers Klarinettenklang ist seine unbestechliche
Geradheit. So flexibel und biegsam sie in dynamischer Hinsicht
agiert, so unbarmherzig ebenmäßig gestaltet sie die stets makellos
reine, nebengeräuschfreie Klangproduktion ihres Instruments.
Man höre zum Vergleich etwa die
Klarinettensonate von Poulenc in
49
Klass i k
Michel Portals Einspielung, die
1973 (nur zehn Jahre nach der Fertigstellung des Stücks) entstanden ist: Portal erlaubt sich oft einen lebendiger ausschwingenden
Ton, und auch kleine Unreinheiten im Klang scheint er als Bereicherung des Spektrums einzusetzen. Deshalb sei die Frage erlaubt,
wie sehr sich der Interpret eines
Fin de siècle- und 20.-Jahrhundert-Programms in Sachen Vibrato denn beschränken muss, um
seine Darbietung historisierend
nennen zu dürfen …
Michael Wersin
Johann Hermann
Schein u. a.
Ich will schweigen
(Geistliche Werke)
●●●●●
Alice Foccroulle,
Béatrice MayoFelip, Reinoud
Van Mechelen,
InAlto, Lambert Colson
Ramée/Note 1
(62 Min., 1/2014)
Die Liebe des Rezensenten gehört
CDs wie der vorliegenden: Johann
Hermann Schein, ein großer Meister der protestantischen Kirchenmusik, der etwa einhundert Jahre
vor Bach an denselben Wirkungsstätten wie dieser – Weimar und
Leipzig – tätig war, wird auf hochkompetente Weise geehrt. Ein hervorragendes barockes Bläserensemble mit Zinken, Posaunen und
Dulzian erinnert klangprächtig an
die Leipziger Stadtpfeifer-Tradition: Es erklingen etwa eine große Canzon, eine Paduana und eine
Suite aus Scheins Feder, dazu u. a.
erstaunlich originelle Kompositionen jenes Stadtpfeifers Gottfried
Reiche, der J. S. Bach in Leipzig oft
spektakulär als Trompetenvirtuose zu Dienste stand und 1734 einen Tag nach der Aufführung einer weltlichen Kantate Bachs vom
Schlag getroffen wurde. Der Bläserklang wird gelegentlich durch
allerlei Schlagwerk ergänzt.
Dem Bläser-Programm wird
wirkungsvoll eine Reihe vokaler Nummern gegenübergestellt,
entnommen den „Opella nova“
Johann Hermann Scheins, jener
50
Sammlung von geistlichen Concerti, die die frühbarocke Blüte der
protestantischen Kirchenmusik
aufs ausdrucksstärkste repräsentieren. Alice Foccroulle und Béatrice Mayo-Felip liefern gemeinsam mit Reinoud Van Mechelen
die nötige vokale Kompetenz: textnahe Gestaltung der verschlungenen vokalen Linien, die hier meistens allein generalbassbegleitet sind. In „Mach dich auf, werde
Licht“ treten zu den Sängern dann
allerdings obligate Bläserstimmen
hinzu – ein Fest barocker Klangzauberei, mischen sich doch die
Zinken und die Sängerstimmen
auf faszinierende Weise.
Michael Wersin
Franz Schubert
Fantaisie (Klaviersonate
G-Dur D 894 „Fantasie“,
Ungarische Melodie
h-Moll D 817, Fantasie fMoll D 940 für Klavier zu
vier Händen u. a .)
●●●●○
David Fray,
Jacques Rouvier
Erato/Warner
(79 Min., 11/2014)
Unendlich zart, halb tastend, halb
träumerisch seufzend und in den
feinen Schimmer eines glöckchenhellen Diskants gehüllt lässt
David Fray den Anfang von Schuberts „Fantasie“-Sonate erklingen. Ein starker Beginn, der den
Hörer sofort für den 1981 geborenen französischen Pianisten einnimmt und die Bereitschaft erweckt, sich für die volle himmlische Länge der Sonate auf seinen
versonnenen Interpretationsansatz einzulassen. Begibt man sich
beim Hören auch selbst in einen
träumenden Dämmerzustand,
dann wird einem das Album, das
Schubert ganz aus dem Blickwinkel des weltentrückten Fantasierers betrachtet, auch bis zum
Schluss tiefen Genuss bereiten.
So individualistisch wie man
denken mag, ist Frays Ansatz dabei nicht: Mit seiner PianissimoKultur und besonders auch seiner Farbgebung im Diskant gelingt ihm letztlich oft nur das
Kunststück, Klangqualitäten his-
torischer Flügel auf dem modernen Instrument neu zu entdecken. Besonders positiv macht
sich dies auch in den vierhändigen Kompositionen bemerkbar,
die Fray zusammen mit seinem
Lehrer Jacques Rouvier interpretiert, denn deren Klangbild wirkt
ungewöhnlich elegant und von
allem Massiven und Rumpeligen
befreit. Wer allerdings auch an
den Dramatiker Schubert glaubt,
bei den vierhändigen Werken vor
allem am kontroversen Dialog der
Partner interessiert ist und die
Anklänge an ungarische Volksmusik nicht immer nur als verklärtes
Echo, sondern auch mal als deftiges Zitat erleben will, mag sich
von der faszinierenden, aber auch
sehr dominierenden Katzenpfötigkeit dieses bemerkenswerten
Albums auf Dauer etwas genervt
fühlen. Carsten Niemann
Igor Strawinski, Claude
Debussy, Ferrucio
Busoni
1913. Au carrefour
de la modernité (Les
musiciens et la Grande
Guerre Vol. 2)
●●●●○
Jean-Sébastien
Dureau, Vincent
Planès
Hortus/Note 1
(76 Min., 7/2014)
Es ist eine klavierbautechnische
Spezialität, die den Aufhänger für
dieses Programm ausmacht: Zwischen 1897 und 1943 hat die französische Firma Pleyel insgesamt
48 Doppel-Flügel gebaut, die zwei
gegenüberliegende Klaviaturen
sowie zwei komplette Saitensätze in nur einem Corpus vereinen.
Das Konzept spart einerseits Platz,
andererseits ist eine vollkommenere klangliche Harmonie für das
Piano-Duett-Spiel kaum denkbar
– kommt der gesamte Sound aus
einem Klangkörper, dann spielen
die beiden Pianisten quasi an einem Instrument, ohne sich allerdings in die Quere zu kommen wie
beim vierhändigen Spiel an einer
Klaviatur.
Die Pianisten Jean-Sébastien
Dureau und Vincent Planès de-
monstrieren den oben beschriebenen Effekt auf dieser CD durchaus
eindrucksvoll – und verweisen damit gleichzeitig auch auf die Grenzen der Idee: Vergleicht man die
Piano-Duett-Version von Strawinskis „Sacre“ mit Einspielungen,
bei denen tatsächlich zwei Flügel auf der Bühne standen, dann
zeigt sich, dass gerade die räumliche Trennung der Klangkörper für größere Plastizität bei der
pianistischen Wiedergabe dieser komplexen Orchesterpartitur sorgt. Kleinere technische Unebenheiten tun ein Übriges dazu,
dass man am Ende doch etwa die
von Martha Argerich plus Partner
greifbaren Darbietungen bevorzugt.
Dies schmälert allerdings
nicht das Interesse am Rest des
Programms: Debussys Trilogie
„En blanc et noir“, komponiert
im Jahre 1915 unter ironischer
Verwendung des Luther-Chorals
„Ein feste Burg“ zum Ärgernis für
die „Austro-Boches“, ist ein ebenso hörenswertes Werk wie Busonis „Fantasia Contrappuntistica
pour deux pianos“: Geradezu besessen wandelt Busoni hier mit
modernen harmonischen Mitteln
auf den Spuren Johann Sebastian
Bachs, indem er nicht nur die Musikalisierung von dessen Namen,
sondern auch den Choral „Allein
Gott in der Höh sei Ehr“ in einem
ansonsten kontrapunktisch faszinierend dichten Satz als omnipräsente musikalische Chiffren verwendet.
Michael Wersin
Jan Pieterszoon
­Sweelinck
Sämtliche Werke für
Tasteninstrumente
●●●●○
Léon Berben
Aeolus/Note 1
(6 CDs, 443 Min,
2009 – 2011)
Welche Werke der Niederländer
Jan Pieterszoon Sweelinck nun
für sein Instrument, die Orgel, geschrieben hat und welche möglicherweise für das Cembalo – diese Frage muss trotz einer eifrigen
Forschergemeinde wohl weiterhin unbeantwortet bleiben. Und
so ist es dem jeweiligen Interpreten überlassen, aus dem dank fleißiger Notenarchivwürmer ständig größer werdenden Repertoire
von Sweelinck sich jene Stücke herauszupicken, die möglicherweise
für den damaligen Hausgebrauch
bzw. für Sweelincks Arbeitsplatz
in der Amsterdamer Oude Kerk
geschrieben wurden. Wie sich
die Verhältnisse zwischen Orgel
und Cembalo verschieben können, verdeutlicht die aktuelle Gesamteinspielung des Clavierwerks
von Sweelinck durch Léon Berben. Hatte einer seiner Lehrer, Ton
Koopman, vor rund dreißig Jahren bei seiner Aufnahme sämtlicher Tastenwerke sich recht ausführlich mit dem vermeintlichen
Cembaloschaffen von Sweelinck
beschäftigt, nimmt bei seinem
niederländischen Landsmann
Berben jetzt die Orgel den absoluten Löwenanteil ein. Und wie Berben den faszinierenden, aktuell 85
Tastenstücke umfassenden Klangkosmos von Sweelinck da an drei
historischen Instrumenten ausmisst, die für die niederländische,
u. a. vom legendären Niehoff geprägte Orgelbautradition stehen,
muss man ihn zu seiner Wahl beglückwünschen.
An der Renaissance-Orgel im
niederländischen Oosthuizen, an
der Eglise Saint-Jacques-Orgel im
belgischen Lüttich sowie an der
Hans Scherer-Orgel (1624) in der
St. Stephanskirche in Tangermünde weiß Berben das kunstvolle Geflecht sowie die visionären Gedanken geradezu nachschöpferisch zu
gestalten und zu offenbaren. Ob es
nun die geistvolle Strenge auch in
den Psalmen ist oder die Kühnheiten in den Echo-Fantasien, ob die
packende Größe in den Toccaten
oder das Heitere und Gelöste in
den Choralsätzen. Ähnliche Erlebniswelten tun sich aber selbstverständlich ebenfalls in den Tanzsätzen und Volkslied-Variationen
auf, die Berben auf einem Cembalo spielt. Und dass es ihm hier
ausschließlich um die Einzigartigkeit dieser Musik ging und nicht
um die aufführungspraktischen
Dogmen der Alte Musik-Szene,
unterstreicht seine Wahl des Instruments. Statt ein in Colmar
beheimatetes, laut Berben aber
klanglich eher dürftiges RuckersCembalo von 1624 zu bespielen,
entschied er sich für einen Nachbau aus der Werkstatt von Keith
Hill. Und diese Entscheidung erwies sich rückblickend als goldrichtig. Denn Berben kann nun
auch mit grandiosem Schwung
zum Ballett oder zur Allemande
einladen.
Guido Fischer
Georg Philipp Telemann, Carl Philipp
Emanuel Bach
Bürgerkapitänsmusiken
(1736/1780)
●●●●○
La Stagione
Frankfurt, Michael Schneider
deutsche harmonia mundi/Sony
(2 CDs, 141 Min., 3/2014)
Telemann und auch C. P. E. Bach
bleiben – ach ja – irgendwie doch
immer Geschmackssache. Man
kann an ihnen sicher großes musikwissenschaftliches Interesse
fassen oder sich als Interpret von
der professionell flüssigen und
kurzweiligen Textur ihrer Werke
mitreißen lassen, aber vergleicht
man ihre Kantaten, wie sie hier
zu hören sind, mit denen des (einerseits) Zeitgenossen und (andererseits) Vaters Johann Sebastian
Bach, dann vermisst man beim
Durchstehen der endlosen Folgen
von Rezitativen und Arien doch
das, was beim alten Bach eigentlich in jeder Kantate passiert: Irgendeine Idee, betreffe sie die Melodik, die Harmonik oder auch die
Besetzung, lässt immer elektrisiert aufhorchen und zieht einen
dann oft nachhaltig in den Bann.
Wenngleich Telemann und
sein Nachfolger C. P. E. Bach bei
ihren Hamburger „Bürgerkapitänsmusiken“ – komponiert zum
alljährlichen Festtag der 57 Kompanien und fünf Regimenter der
Hamburgischen Bürgerwache –
mit unvergänglichen musikalischen Geistesblitzen nicht aufwarten können, so ist dieses Defizit dennoch umzuwandeln in
ein großes Lob für das hier musizierende Ensemble: Wenn überhaupt diese Stücke spielen, dann
so. Michael Schneider konnte für
das große Projekt ein erstklassi-
ges Sängerteam gewinnen, das,
historisch vollkommen korrekt,
gleichzeitig einen Doppelchor bildet und auch die Soli übernimmt.
Gotthold Schwarz, gerade frischgebackener Thomaskantor ad interim, beglückt geradezu mit der
Schönheit und Geschmeidigkeit
seiner unverwechselbaren, tadellos geführten Bassstimme, und
die Sopranistin Kateryna Kasper
liefert reizvoll dunkles Timbre bei
guter Textverständlichkeit. Letztere ist übrigens auch nötig, denn
man hat auf den Abdruck der Texte im Beiheft verzichtet, und es
findet sich auch keinerlei Hinweis
auf eine Internetquelle. Das ist
sehr schade, denn so wenig großartig diese Libretti in literarischer
Hinsicht vermutlich sind, so sehr
würde eine genauere Kenntnisnahme doch zu einer gewinnbringenden Beschäftigung mit dieser
speziellen Festmusik-Gattung beitragen.
Die großartigen Leistungen
der beiden pars pro toto für die gesamte Crew benannten Gesangskräfte werden getragen durch ein
beachtlich gut zusammengespieltes Orchester unter der Leitung
des erfahrenen Dirigenten und
Blockflötisten Michael Schneider.
Er bringt scheinbar mühelos die
Kraft auf, besonders Telemanns
langes Stück spannungsvoll zusammenzuhalten. Interpretatorisch eine große Leistung.
Michael Wersin
Henri Vieuxtemps,
Eugène Ysaÿe
Cellokonzerte Nr. 1 aMoll op. 46 & Nr. 2 h-Moll
op. 50, Méditation op. 16
& Sérénade op. 22
●●●●○
Alban Gerhardt,
Royal Flemish
Philharmonic,
Josep CaballéDomenech
Hyperion/Note 1
(65 Min., 4/2013)
ders für den Eigengebrauch. Dass
der Belgier aber auch zwei Cellokonzerte komponierte, ist weniger bekannt. Was nicht weiter verwundert, denn mit Ausnahme einer fast 30 Jahre alten Einspielung
von Heinrich Schiff waren die beiden Werke auf Tonträgern bislang
nicht präsent, und auch im Konzertsaal sind sie kaum je zu hören.
Was ebenso schade wie ungerecht
ist, wie auch diese neue Einspielung wieder vor Ohren führt.
Das erste Konzert in a-Moll,
ursprünglich als Sonate konzipiert, entstand gut zwei Jahre nach Vieuxtemps‘ Rückzug
vom Konzertpodium wegen eines Schlaganfalls, der zu einer
Konzentration auf seine Karriere
als Komponist führte. Gleich der
Einstieg lässt an eine Opernszene denken, der Protagonist startet mit einem herrlichen Solo, bevor es zum Gedankenaustausch
mit dem Orchester kommt. Die
für diesen Satz charakteristischen
schnellen Läufe, hoch und tief im
unmittelbaren Wechsel, geraten
Alban Gerhardt etwas schlampig,
ein altes Problem von ihm, seinem (durchaus einnehmend) lässigen Spiel geschuldet. Ansonsten
punktet der Berliner mit der großartigen Kantabilität seines Spiels
und seiner emotionalen Hingabe, für die man ihm die schon erwähnte, immer wieder durchscheinende Nonchalance gerne
nachsieht.
Schwer nachzuvollziehen, warum dieses melodisch ungeheuer
reizvolle, sehr raffiniert gearbeitete Werk, das die ganze technische
wie expressive Bandbreite des
Cellos ausschöpft, und sein nicht
minder gelungenes, erst kurz vor
Vieuxtemps‘ Tod fertiggestelltes
Schwesterwerk in h-Moll nicht
zum festen Konzertrepertoire zählen – an der Publikumswirksamkeit kann es definitiv nicht liegen!
Doch zumindest wird der eine
oder andere nun künftig beim Namen des Komponisten auch an
das Cello denken.
Michael Blümke
Bei Henri Vieuxtemps denkt man
für gewöhnlich an die Geige. Als
gefeierter Violinvirtuose schrieb
er sieben effektvolle Konzerte für
sein Instrument, auch und beson-
51
Ja z z
J
Ja z z
Avishai Cohen Trio
From Darkness
●●●○○
Razdaz/Warner
(42 Min., 5/2014)
Er hatte sich einen Namen in den
90er Jahren als höchst fingerfertiger Bassist an der Seite von Chick
Corea gemacht und schon eine
Reihe beachtlicher Aufnahmen
unter eigenem Namen vorgelegt.
Aber seinen richtigen Durchbruch
feierte Avishai Cohen 2008 mit
seiner Trio-Einspielung „Gently
Disturbed“, die sich weltweit über
100.000 Mal verkaufte.
Sieben Jahre und einige Alben
später, die Cohen mal als Sänger,
mal als Orchestrator größerer Besetzungen zeigten, wagt sich der
Israeli wieder an eine Trio-Einspielung heran. Zwei junge Landsmänner stehen nun an Cohens Seite:
der Schlagzeuger Daniel Dor und
der Pianist Nitai Hershkovits, der
seinen Einstand im Cohen-Universum schon 2012 mit der Duo-Platte „Duende“ gegeben hatte.
Es ist höchst spannend, wenn
man nun „Gently Disturbed“ mit
„From Darkness“ vergleicht. Da
sind immer noch die krummen
Metren und die nahöstlich inspirierten Kadenzen, die bestimmend
für Cohens Stil sind, und auch
Hershkovits zeigt sich ähnlich
stark von der Klassik beeinflusst
wie sein Vorgänger Shai Maestro.
„From Darkness“ wirkt freilich
raffinierter und feiner justiert in
seinen eigenwilligen Songaufbauten, die auf erkennbare Themen
als Fundament verzichten und bevorzugt mit Akkord-Turnarounds,
Latin-Grooves und quirligen Klavier-Ostinati als Kittmasse arbei-
52
ten. Auch wenn die drei Musiker
mit erstaunlicher Sensibilität vor
dem Hintergrund der rhythmisch
komplexen Fingerübungen agieren – bestes Beispiel dafür ist Dors
wunderbares, die Stille als starkes Ausdrucksmittel nutzendes
Schlagzeug-Solo in „Ballad For An
Unborn“ – so berührt einen die Musik des Trios überraschend selten.
Der Album-Rausschmeißer,
Charlie Chaplins „Smile“, zeigt
das Problem deutlich: Das an sich
so simpel herzerwärmende Stück
wird mit salonmusikhaftem Debussy-Schmelz und 5/4-Takt-Augenzwinkern geradezu überfrachtet. Das kann man beeindruckend
und schlau finden, in seiner gänzlichen Ironiefreiheit jedoch auch
irgendwie arrogant. Vielleicht hat
„Gently Disturbed“ die Latte für
Cohens Trio-Musik einfach zu
hoch gelegt. Josef Engels
Georg Breinschmid
Double Brein
●●●●○
Preiser Records/
Naxos
(2 CDs, 152 Min.,
4/2010 – 9 /2014)
Der Mann ist ein Original. Georg
Breinschmid, 1996 bis 1999 Mitglied der Wiener Philharmoniker, bringt zusammen, was nach
landläufigen Vorstellungen nicht
zusammenpasst. Er singt in der
Tradition der Liedermacher und
Kaffeehausmusiker Stücke mit
skurrilen Texten, er verwandelt
Franz Liszts „Mephistowalzer“ in
einen wilden Parforceritt für Klavier, Geige und Kontrabass und
für „Brein’s Knights“ rockt er mit
zwei Geigern, einem Cellisten und
dem eigenen Kontrabass wild und
kunstvoll los. Seine Version des
zweiten Satzes aus Johann Sebastian Bachs a-Moll-Violinkonzert
groovt mit Kontrabass, Vibrafon
und Klavier, und seine Version der
Verdi-Arie „La Vecchia“ bezieht
neben einem Geiger einen Akkordeonisten ein.
Zwei Discs umfasst das Album, die eine eher von klassischen Themen geprägt und die
andere mit Trompeter, Saxofonisten und Vibrafonisten als Part-
nern etwas näher am Jazz. Klassik,
Jazz, Balkanfolklore, Samba, Klezmer, Walzer, Blues, Gipsy-Swing
und Rock: Das sind nur einige Bestandteile der Breinschmid’schen
Welt und gleichzeitig ein Spiegel
seiner musikalischen Biografie
nach dem Ausscheiden aus dem
Weltklasseorchester. Die führte ihn unter anderem ins Vienna Art Orchestra und die Weinrich Group. Dabei macht er sich
mit wechselnden Besetzungen einen Spaß daraus, den Stücken mit
überraschenden Brüchen eine
vorab kaum zu ahnende neue
Richtung zu geben, ins Burschikose abzudriften, Klischees zu zitieren, zu überhöhen und zu verwerfen, Melodienseligkeit durch
Kratzgeräusche auf dem Kontrabass zu zerstören. Die Fülle der Stilzitate schafft eine falsche Vertrautheit, doch der Breinschmid’sche Klanganarchismus
verscheucht jedes Gefühl der Heimeligkeit. Das alles klappt nur,
weil Breinschmid ein solch exzellenter Kontrabassist ist, dass auch
die wildesten Brüche nie zu Unsicherheiten oder ins unkontrollierte Chaos führen. Das macht das
2010 bis 2014 bei Konzerten und
in diversen Studios aufgenommene Doppelalbum zu einem Riesenspaß.
Werner Stiefele
Jack DeJohnette
Made In Chicago
●●●●○
ECM/Universal
(78 Min., 8/2013)
Es war so etwas wie ein Klassentreffen. Der Schlagzeuger Jack DeJohnette, damals noch Pianist,
und die Saxofonisten Roscoe Mitchell und Henry Threadgill hatten 1962 zusammen am Wilson
Junior College studiert. Und gejammt. In der Free-Periode des
Jazz: Der Nukleus der „Association for the Advancement of Creative Musicians“ (AACM) wurde
dort gegründet. Rund fünfzig Jahre später nutzte Jack DeJohnette,
mittlerweile Schlagzeuger, eine
Wild Card des Chicago Jazz Festival, trommelte die alten Freun-
de zusammen, ergänzte noch den
Pianisten Muhal Richard Abrams
und den Bassisten Larry Gray und
ließ die alten Zeiten der freien Improvisationen, der überraschenden Wendungen, der ungewöhnlichen Klangkonstellationen wieder aufleben. Sie probten sechs
Stücke – jedes weit entfernt von
den üblichen Chorusstrukturen,
jedoch auf klar erkennbaren Themen und Kooperationskonzepten
basierend. Einzig die Zugabe, die
fünfminütige Nummer „Ten Minutes“, verlässt dieses Grundprinzip zu Gunsten einer völlig freien
Kollektivimprovisation. Der siebzehnminütige „Chant“ wandelt
sich von hornissenartig schwirrenden Bläsersounds in eine Fülle
von Begegnungen, das vierzehnminütige „Jack Five“ ist über weite
Passagen gelassener, bringt aber
auch eruptive Momente und stellt
DeJohnette ins Zentrum. Fast zerbrechlich wirken die zwölf Minuten des leisen, von Flöten geprägten „This“, während das dreizehnminütige „Museum Of Time“ aus
dichten Klavier-Clustern über eine
mystisch klagende Phase zu einem pulsierenden, fast swingenden Finale führt. Das zehnminütige „Leave Don’t Go Away“ vereint
schließlich vergnügt pulsierenden
Free Jazz mit einem ungestümen
Zwischenspiel. Wie ein Museumsbesuch wirkt die Disc, und sie erinnert daran, dass es eine Phase
in der Jazzgeschichte gab, in der
Musiker ihr Genre von der Wurzel
her neu fassen wollten. Im Grunde ist diese Reminiszenz aktueller
und für die Fortentwicklung des
Genres wichtiger als all die netten
Crossover-Produkte mit Jazzanteilen.
Werner Stiefele
Jürgen Friedrich
Reboot
●●●●●
Nwog/Edel
(57 Min., 4/2013 &
1/2014)
Auch mit seinem neuen Trio verfolgt Jürgen Friedrichs konsequent
sein Ideal des intimen offenen
Musizierens. Wie der Mittvierziger Friedrich selber kommen auch
Bassist David Helm und Schlagzeuger Fabian Arends aus der Kölner Szene – und sind zwanzig Jahre jünger. Der Pianist kennt sie von
ihren ersten Gehversuchen an; sie
wiederum wurden in ihrer musikalischen Sozialisation von ihm
geprägt. Ideale Voraussetzungen
also für die schlafwandlerische
Empathie, wie sie für Friedrichs
Musik essentiell ist, vollzieht sich
diese doch in reaktiven Prozessen,
die im Wesentlichen vom Klavier
angestoßen werden.
Offenheit ist dabei eine
Schlüsselkategorie. Eine Offenheit, die auf das Wagnis einer interaktiven Improvisation setzt, die
sich an einem Minimum an Absprachen orientiert, ohne sich dabei in tonale oder rhythmische
Beliebgkeit zu verlieren, sondern
vielmehr einem Spiel mit harmonisch ausgebufften Klängen und
einer rhythmischen Freiheit, die
doch immer jazztypisch pulsierenden Flow impliziert, verpflichtet ist. So kann ein Blues etwa in
ganz neuem Licht erstrahlen, oder
ein Klavierstück von Schönberg
eine faszinierend stimmige Jazzanverwandlung erfahren. Friedrich geht die Wege weiter, die einst
ein Paul Bley oder ein Bob Degen
mit dem späteren ECM-Chef Manfred Eicher am Bass erkundet haben. Man denkt auch an den jungen Eberhard Weber, der mit
Wolfgang Dauner ebenfalls dieses Terrain explorierte und für die
Agogik auch im Jazz eintrat. Hier
wird seine Forderung beglückende Wirklichkeit: Faszinierend verund entflechten sich sinnliche
Klanglichkeit des Klaviers, höchste
Klangsensibilität des Schlagzeugs
und sanghaft warmtönende Basslinien.
Thomas Fitterling
Esther Kaiser
Learning How To Listen
●●●●○
GLM/Soulfood
(63 Min., 9/2012 &
6/2013)
Auf den ersten Blick haben sie eigentlich nicht allzu viel gemein:
auf der einen Seite die 2010 ver-
storbene Sängerin Abbey Lincoln
mit ihrer tiefen, emotionsgeladenen Stimme, die wie kaum eine
andere die afroamerikanische Leidensgeschichte zu artikulieren
vermochte. Auf der anderen Seite
die 1975 geborene Esther Kaiser,
die mit ihrem durch und durch
weißen, bestens ausgebildeten
Gesang auf ihren bisherigen Veröffentlichungen zwischen Jazz,
Pop und Country wandelte.
Der Hörer wird dann auch
prompt mit den ersten Tönen
auf Kaisers neuer CD in die Falle gelockt: Eine akustische Gitarre klimpert freundlich, dazu
singt die Wahl-Berlinerin ein wenig im Norah-Jones-Stil und geht
irgendwann zu diesen nonverbalen Koloraturlauten über, die an
Jazzhochschulen gerne gelehrt
werden. Wer hier allerdings nur
auf die Musik und seine Vorurteile achtet, macht einen Fehler.
„Learning How To Listen“ heißen
das Eröffnungsstück und das Album nicht von ungefähr: Zuhören
muss man. Und das gilt vor allem
für die Texte.
Das Bindeglied zwischen Lincoln und Kaiser liegt zweifellos
in der gemeinsamen Liebe für
Worte, für Geschichten, für Lyrik. Deswegen ist der Untertitel
des Albums – „The Music Of Abbey Lincoln – auch nicht ganz akkurat. Kaiser stellt die dichterischen Qualitäten ihres Vorbildes
ins Zentrum ihrer Bearbeitungen
der von Abbey Lincoln geschriebenen oder betexteten Songs. „The
Words Of Abbey Lincoln“ träfe die
Sache besser.
Vor diesem Hintergrund ergibt es auch einen tieferen Sinn,
dass das um Marimba und Akkordeon erweiterte Jazz-Quartett von
Kaiser stilistisch immer wieder in
die unterschiedlichsten Regionen
geschickt wird, mal zur Musette
(„Love Has Gone Away“), mal zum
Tango („The Music Is The Magic“),
mal zum Chanson („Being Me“),
mal in die Americana-Richtung
à la Bill Frisell („Learning How To
Listen“): Dieser fein gespielte und
blitzsauber gesungene Hintergrund lässt die Pracht der Texte
noch viel deutlicher hervortreten.
Geschickt führen die übers Album verteilten Happen von Lincolns Lyrics über Thelonious
Monks „Blue Monk“ zu der Kern-
Aussage der CD: Sei du selbst. Also
genau das, was Abbey Lincoln immer predigte.
Josef Engels
Kilimanjaro Dub &
Riddim Society
Dance For Peace
●●●○○
Boomslang/
Broken Silence
(50 Min., 10/2013)
Legt eure Waffen nieder und
tanzt. Das ist die simple Aufforderung der „Kilimanjaro Dub & Riddim Society“, kurz KDR Society, an
den Hörer. Dabei handelt es sich
keineswegs um ein naives Lippenbekenntnis: Die multinationale Formation exerziert schließlich
vor, wie das mit dem Weltfrieden
ganz gut klappen könnte. Musiker aus dem Senegal, aus Ghana, aus Großbritannien, aus den
USA und aus Österreich machen
da munter gemeinsame Sache –
und finden problemlos einen gemeinsamen Nenner, der nichts
mit Ethno-Zwangsbespaßung und
verkrampfter Weltmusik-Romantik zu tun hat.
Die KDR Society bezieht sich
in ihrer Tanzmusik explizit auf
den Funkjazz der 70er Jahre, der
in Fela Kuti auch einen würdigen
Vertreter in Afrika hatte. Mit ihrer
historisch korrekten Aufführungspraxis, die in puncto Klangtechnik
und dem Einsatz von E-Bass, Rhodes-Piano, gestopfter Trompete
und quirligen Rhythmusgeflechten auf jegliche Modernismen verzichtet, klingt „Dance For Peace“
wie eine Rare-Groove-Scheibe, die
ein Vinyl-Archäologe durch Zufall
in einem verstaubten Plattenstapel gefunden hat.
Die Retro-Stücke des US-Keyboarders Peter Madsen geben den
Instrumentalisten reichlich Gelegenheit, sich in verschiedenen,
gut sitzenden Seventies-Anzügen
zu präsentieren. Der senegalesische Gitarrist Herve Samb zeigt
sich da beispielsweise mal als aufmerksamer Begleiter mit messerscharfen Afrofunk-Singlenotes,
mal als Solist im angezerrten Jazzrock-Idiom à la John MacLaughlin.
Und der österreichische Schlagzeuger Alfred Vogel, der sich mit
seiner CD-Reihe „Vogelperspektive“ in den vergangenen Jahren
als freiheitsliebender Improvisationspartner unterschiedlichster
Musiker-Persönlichkeiten einen
Namen machen konnte, zeigt im
Verbund mit seinem ghanaischen
Perkussionspartner Kofi Quarshie, dass er sich auch bestens in
der schlagwerkerischen Welt eines Tony Allen auskennt. Denken
wir also nicht viel über die modale Einfalt der Musik nach, sondern
tanzen wir.
Josef Engels
Uli Lenz
Dance Mañana!
●●●●●
HGBS/Fenn
(60 Min., 8/2014)
Uli Lenz ist so etwas wie ein einsamer Wolf unter Deutschlands
Jazzpianisten. Der Anfangssechziger lernte von Kindesbeinen an
Klavier, Harmonielehre und die
Regeln der Improvisation. Von
Earl Hines und Duke Ellington fasziniert kam er zum Jazz und wurde dann im Berlin der 80er Jahre nachhaltig musikalisch sozialisiert. Soloauftritte gehören von
Anfang an zu seinen Aktivitäten.
Geprägt ist sein Spiel dabei von einer Bewunderung für den Traditionsstrang der von Monk ausgehenden schwarzen Pianisten bis
hin zu McCoy Tyner und darüber
hinaus; dazu kommt eine Verehrung für kraftvoll fließende polyrhythmische Intensität. Sein virtuoses Solospiel ist weit entfernt
von der Neuen Innerlichkeit oder
Jarrett’scher Hymnik. Affirmativ
ziseliert er seinen Diskurs aus linearer motivischer Entwicklung
und exquisiter harmonischer Ausdeutung, dabei kommt seiner
kräftig zupackenden linken Hand
eine eminent wichtige Rolle zu.
Friedhelm Schulz von HGBS,
dem Saba/MPS-Nachfolgelabel,
hat nun dem Solisten Lenz die
einmalige Chance eröffnet, auf
dem legendären Grand Imperial
Flügel von Bösendorfer – dem mit
den zusätzlichen Bässen – im un-
53
Ja z z
ter Denkmalschutz stehenden
MPS-Studio ein Soloalbum zu realisieren. Laut Lenz bestimmte die
Herausforderung des Instruments
die sensibel abwechslungsreiche Auswahl der sieben Originals
und fünf Standards – darunter „So
What“ und „Summertime“. Mit
höchster Konzentration macht
sich Lenz das mitunter als Monster apostrophierte Instrument zu
eigen, entfaltet ganz ohne Bombast, dafür aber mit umso stimmigerer Intensität seine hohe Improvisationskunst. Der Klang der
Aufnahme macht sie zu einem audiophilen Highlight, das auch die
oft vernachlässigte Reputation
von Lenz ins rechte Licht rücken
möge.
Thomas Fitterling
Lyambiko
Muse
●●●●○
Sony
(61 Min., 9/2013)
Ausdrucksreich, wandlungsfähig,
emotional, präzis, schnörkellos,
gefühlvoll, textorientiert, warm,
nüchtern, beweglich: Das sind
nur einige Adjektive, die zu Lyambikos Stimme und Interpretationen passen. Die Berlinerin, 1978
im thüringischen Greiz geboren,
zählt völlig zu Recht zu den besten
deutschen Jazzsängerinnen, zumal dann, wenn man den Begriff
des Jazz so weit dehnt, dass auch
Soul und das weite stilistische
Spektrum der Singer-Songwriter einbezogen werden. Sie kann
greinen und trällern, die Grande Dame oder die verständnisvolle beste Freundin geben, sie kann
trocken berichten und bis in die
letzte Faser mitfühlen. Dies alles
und mehr vermittelt sie – je nach
Notwendigkeit – in den vierzehn
Songs des Albums „Muse“. Dreizehn davon stammen von Frauen,
und einer, „Goodbye Pork Pie Hat“,
von einem der Obermachos des
Jazz, dem Kontrabassisten Charles
Mingus. Diesen Nachruf auf den
Träger des „Pork Pie Hat“, den Saxofonisten Lester Young hatte allerdings 1978 die Sängerin Joni
Mitchell in eine liebevolle Hommage verwandelt. Mitchells Text
dient nun als Grundlage für einen einfühlsamen Blues zu Ehren eines der engsten musikalischen Partner der Sängerin Billie
Holiday. Für „Horacio“ hat sie mit
Fumi Udo einen Text geschrieben.
Zusammen mit Jutta Hipps Thema entsteht daraus eine boppische Vocalese-Nummer im Stil der
1950er Jahre – also jener Zeit, in
denen die exzellente Pianistin Jutta Hipp beim Versuch, sich in den
USA zu etablieren, nach drei Alben
Meilenstein
Billie Holiday
Clark Terry
Color Changes
Candid CCD 79009
(Verschiedene
CD- und LP-Ausgaben mit unterschiedlichen
Bestellnummern)
(11/1960, 42 Min.)
Clark Terry, der Mann mit dem vielleicht
glücklichsten Sound, der je einem Blechblasinstrument entlockt wurde, hat am 21. Februar 2015 für immer seine Instrumente aus der
54
an der Männerwelt des Jazz und
dem Alkohol scheiterte. Neben
Coverversionen von Songs wie
Anne Ronells „Willow Weep For
Me“, Consuelo Velázquez‘ „Besame Mucho“, Stevie Nicks „Landslide“, Erykah Baduhs „On and On“
oder Abbey Lincolns „And How I
Hoped For Your Love“ umfasst das
Album auch Songs, für die sie sich
Texte zu Themen Berliner Pianistinnen schreiben ließ: „I Went To
Heaven“ zu einem Song von Julia
Hülsmann und „Looking For Love“
nach einem von Aki Takase. Für
„Spring“ verfasste sie Musik und
Text selbst. Bei all dem schafft sie
mit ihrem Trio keinen neuen Stil,
sondern bedient sich souverän in
dem Vokabular des Jazz seit den
1950ern. Ihre klaren, weitgehend
von Verzierungen freie Melodieführung und die auf Wesentliches
konzentrierten Arrangements
spiegeln Kraft, Energie, Empfindsamkeit und ein souveränes Stilempfinden.
Werner Stiefele
Rudresh Mahanthappa
Bird Calls
●●●●●
ACT/Edel
(62 Min., 8/2014)
Hand gelegt. Durch seine originelle Phrasierung war der stets swingende Künstler mit
dem Lachen in der Trompete schon nach wenigen Tönen aus Tausenden herauszuhören.
Clark Terry konnte allein schon durch seinen Lippenansatz verblüffend viele Artikulationsnuancen erreichen und erweiterte seine Klangpalette auch noch durch geschickten Umgang mit Dämpfern und Ventilen. Als
er 1951 – 1959 im Orchester des Klangmagiers
Duke Ellington zum Star wurde, waren Terry
die schon brillant ausgeloteten Möglichkeiten der Trompete zu wenig und er machte das
Flügelhorn zu seinem Zweitinstrument. Nur
wenige hatten es zuvor im Jazz gespielt und
keiner mit solchem Einfallsreichtum. Clark
Terry trug mehr wie jeder andere zu seiner
Verbreitung bei.
In Terrys Meisterwerk „Color Changes“ beschränkt sich Terrys klangliche Raffinesse
nicht auf die beiden eigenen Instrumente. Na-
Seine Musik sei ein Brückenschlag
zwischen Jazz und der nicht-westlichen Musik, sagt der amerikanische Altsaxofonist Rudresh Mahanthappa. Konkret: Den Nachfahren indischer Einwanderer
interessiert vor allem die Verbindung von Jazz und indischer Musik. Dabei geht er weit über das
hinaus, was seit den 1970ern an
weltmusikalischen Projekten entstand: Sein Quintett ist kein Ensemble der Begegnung, sondern
ein ganzheitlicher Klangkörper,
der die melodische Bogenstruktur
der indischen Musik mit komplexen, nicht geografisch gebundenen Rhythmen und der Harmonik
des Jazz so homogen verschmilzt,
dass die Frage nach der Herkunft
der Elemente dieses dichten Gebräus kaum zu beantworten ist.
Das Album „Bird Calls“ hat
Mahanthappa dem Ahnvater des
modernen Jazz, dem Altsaxofonisten Charlie „Bird“ Parker, gewidmet. Auch hier besteht ein Unterschied zu den gängigen Tributes
oder Hommagen, denn Mahanthappas Quintett spielt keine einzige Parker-Nummer. Wohl aber
beziehen sich einzelne Kompositionen auf Stücke Parkers, indem Mahanthappa auf Bruchstücke aus Parkers Themen oder Improvisationen zurückgreift, diese
jedoch völlig neu gruppiert und
letztendlich nur als Inspirationsquelle für Neues verwendet. Aber
hezu orchestrale Wirkungen und eine kaleidoskopartige Mischung an Farben und Stimmungen holte er hier mit einem kleinen Stab
von Arrangeuren aus einem Oktett heraus
und schuf sich 1960 in Miniatur einen opulenten Rahmen, wie er ihn noch eben bei Ellington gehabt hatte, aber dann in seinen vielen,
eher in flüchtiger Jam Session-Manier produzierten Alben entbehrte. Brillant eingesetzt
wurden Fähigkeiten von Individualisten, die
zum Teil im Jazz eher Soloinstrumente bliesen. Jimmy Knepper (Posaune), Julius Watkins
(Horn), Seldon Powell (Tenorsax, Flöte), Tommy Flanagan bzw. Budd Johnson (Klavier), Joe
Benjamin (Bass) und Ed Shaughnessy (Schlagzeug) und vor allem Yusef Lateef (Oboe, Englischhorn, Tenorsaxofon, Flöte), der als zweiter
Hauptakteur orientalisierende Elemente und
sein beeindruckendes Bluesfeeling einbrachte, während Terry in euphorisierend fröhlichen Kompositionen in Paris-Erinnerungen
Marcus A. Woelfle
schwelgte. gerade dieses Forschende, auf Zitate verzichtende Herangehen
entspricht dem Entdeckergeist
Parkers. […]
In dem 20-jährigen Trompeter
Adam O’Farrill hat Mahanthappa
einen ebenbürtigen Bläser neben
sich – beide verbinden ein grandioses Formgefühl mit überbordender Improvisationslust. Der
Pianist Matt Mitchell, der Kontrabassist François Moutin und der
Schlagzeuger Rudy Royston bereiten ihnen eine strukturierende Basis und führen die freie Entwicklung an markanten Wendepunkten auf einprägsam arrangierte
Passagen zurück. Ob Rudresh Mahanthappa die von indischer Musik beeinflussten Stücke des Altsaxofonisten Charlie Mariano
kennt? Manchmal scheint es so,
aber vielleicht liegt die Verwandtschaft nur daran, dass sich beide
intensiv mit indischer Musik beschäftigt haben und den Jazz um
die Tonsprache dieses Subkontinents erweitern. Nachdem er mit
der Scheibe „Gamak“ 2012 bereits
ein Meisterwerk vorgelegt hat,
lässt Rudresh Mahanthappa mit
„Bird Calls“ ein weiteres Album
mit dem Potenzial zum Klassiker
folgen. Werner Stiefele
Marius Neset
Pinball
Saxophone“ den augenfälligen Beweis. Mit perkussiven Atemgeräuschen und pointiertem Klappenklappern wird Neset gewissermaßen zu einem Teil von Anton Egers
Schlagzeugset. Aber auch in den
anderen Kompositionen, die Streicher und Flöten in den Sound einer um Vibrafon und Marimba erweiterten Jazz-Combo integrieren,
zeigt der Norweger seine Liebe
fürs Schlagzeugspiel: Das Rhythmische ist die Antriebsfeder, mit
der der im Albumtitel heraufbeschworene Flipperautomat zum
Leben erweckt wird.
Mit krummen Metren, irrwitzigen Verschachtelungen und eigentümlichen Synkopen schießt
Neset seine Flipper-Kugeln auf
eine unberechenbare Reise. Mal
streifen sie die Weltmusik, rufen
dabei Assoziationen zur afrikanischen Polyrhythmik oder indischen Ragas hervor, mal sammeln
sie Bonuspunkte bei der Klassik
und der Minimal Music, mal umkreisen sie die skandinavische
Volksmusik.
Alles auf „Pinball“ ist gleichzeitig wildes Spiel und gut durchdachte Strategie. Wenn Neset, der
Pinball Wizard im Geiste Michael Breckers, so weitermacht, wird
er bald dem alten Jarrett-Weggefährten Jan Garbarek den Rang als
wichtigster Saxofonist des hohen
Nordens abgelaufen haben.
Josef Engels
●●●●○
ACT/Edel
(62 Min., 6/2014)
Jason Seizer
Cinema Paradiso
Es ist sicherlich noch zu früh, den
norwegischen Saxofonisten Marius Neset mit einem so Übergroßen
wie Keith Jarrett zu vergleichen.
Aber in einem Punkt sind sich der
amerikanische Piano-Star und der
30-jährige Skandinavier, der von
Album zu Album souveräner mit
seinen persönlichen, höchst virtuosen Ausdrucksmöglichkeiten
umgeht, sehr ähnlich: Wie Jarrett
könnte auch Neset von sich behaupten, dass er sein Leben lang
eigentlich nur Schlagzeug gespielt
habe. Und zwar auf dem Saxofon.
„Pinball“, Nesets neue Einspielung, liefert dafür mit dem
Duo-Stück „Music For Drums and
●●●●○
Pirouet/NRW
(52 Min., 8/2014)
zogen wird, setzt Seizer mit seinem Quartett ganz auf eigenständige Nachschöpfung. Mit seinen
Mitteln legt er die rein musikalischen Grundgedanken der ganz
unterschiedlichen Themen frei,
verleiht ihnen klischeefreien, von
Bildern unterstützender Funktion
befreiten Ausdruck. Er spielt dabei
ausschließlich Tenorsaxofon, das
bei ihm zuweilen mit der Sanglichkeit eines Soprans erklingt,
ohne dass dabei allerdings dessen
manchmal sanglich näselnde Penetranz aufscheint.
Seine Variationen dienen stets
der Verdeutlichung des thematischen Grundmaterials. Sie vollziehen sich vor und mit den faszinierenden Voicings und ideenreichen Komplementärstimmen
des Pianisten Pablo Held. Dessen
Spiel hat hier viel von der feinsinnig offenen Ausdeutung des Bill
Evans‘schen Kosmos, wie sie das
junge Wolfgang-Dauner-Trio zur
Zeit und am Ort von Seizers Geburt betrieb. Wie damals spielen
auch auf „Cinema Paradiso“ offene Strukturen und gegenseitiges,
im abwartenden Hinhören ergänzend entwickeltes Zusammenspiel eine ebenso große Rolle wie
die Improvisation und Komposition bruchlos verbindenden Arrangements. Das feingliedrige und oft
rubatierende Schlagzeug von Fabian Arends und der warmtönende Kontrabass von Matthias Pichler sind dabei ebenso konstituierend wie Saxofon und Klavier.
Eine tief berührende Hommage
an die großen Meister der Filmmusik ist diesem Quartett hier gelungen.
Thomas Fitterling
Kenny Wheeler
Songs For Quintet
Der 50-jährige Saxofonist Jason
Seizer ist ein Mann der entschiedenen Klarheit und des genauen
und geduldigen Hinhörens. Für
sein eigenes Label Pirouet hat er
im vergangenen Jahr ein Album
mit neun klassischen Filmmusikthemen eingespielt und sich so einem Programm zugewandt, das
immer wieder Jazzmusiker zur eigenen Interpretation gereizt hat.
Doch wo vielfach der Wiedererkennungseffekt ins Kalkül einbe-
●●●●○
ECM/Universal
(53 Min., 12/2013)
Die zu seinem 85. Geburtstag
geplante Veröffentlichung der
„Songs For Quintet“ erlebte Kenny
Wheeler nicht mehr mit: Im September des vergangenen Jahres,
kurz nach den letzten Abmischarbeiten an der Aufnahme, ver-
stummte eine der eigenständigsten Stimmen der Jazzszene für immer.
Man muss schon ein Herz aus
Granit haben, wenn einen dieses Album kaltlässt. Hörbar mit
letzter Kraft flüstert Wheeler da
auf seinem Flügelhorn noch einmal Schönheit in die Welt. Brüchig und matt klingt das Instrument – und doch ist da noch alles
vorhanden, was Kenny Wheeler
einst ausmachte: die flüssige Eleganz seiner Linien, seine melodische Unbeirrbarkeit vor jedem stilistischen Hintergrund und nicht
zuletzt sein gigantisches kompositorisches Geschick. „Songs For
Quintet“, das neben den schon
früher einmal eingespielten Nummern „The Long Waiting“ und
„Nonetheless“ hauptsächlich aus
neuen Stücken Wheelers besteht,
gibt dafür noch einmal einige bemerkenswerte Beispiele.
Stellvertretend sei mit „Sly
Eyes“ eine vergleichsweise unkomplexe Komposition angeführt. Sie beginnt mit marschartigen Paradiddles von Schlagzeuger
Martin France und bewegt sich
im weiteren Verlauf rhythmisch
in Richtung Tango. Dennoch hat
man nie das Gefühl, dass hier ein
Genre zitiert oder gar parodiert
wird. Zu eigentümlich ist das unter Wheeler, Saxofonist Stan Sulzman und Gitarrist John Parricelli
klug aufgeteilte Thema, zu untypisch sind die solistischen Beiträge. Diese Klischeevermeidung
durchzieht das ganze Album; ob
hardboppig Modales („Old Time“),
Krypto-Afrikanisches („Canter
No.1“) oder sogar freie Improvisation („1076“) – immer scheint die
Person Wheelers durch.
Natürlich: Man hört förmlich,
wie den 84-Jährigen die Kräfte verlassen. Und so ist es geradezu rührend, wie die im vollen Saft stehenden Mitmusiker ihren schwachen Chef sanft durch die Stücke
geleiten. Man könnte fast heulen,
mit wie viel Liebe und Behutsamkeit Sulzmans Tenorsax auf das
sterbensmatte Flügelhorn im Thementeil von „Pretty Liddle Waltz“
antwortet. Wheelers letzte Songs
sind von einer unorthodoxen Jenseitigkeit, in die ihnen ihr Komponist vorangegangen ist.
Josef Engels
55
B
Bücher
zierpraxis zur Zeit Gustav Mahlers“
unter die Lupe genommen hat
und dabei zum Schluss kommt,
dass heute eigentlich sogar Spezialisten für Barockmusik dessen
Sinfonien spielen könnten!
GUIDO FISCHER
Edition Text + Kritik, 192 S., 32,00 €
Christian Gerhaher
Lena-Lisa Wüstendörfer
(Hg.)
Mahler-Interpretation
heute
2010 war Gustav
Mahler, dieser lange
auch vom Konzertbetrieb so Missverstandene und Geschmähte, in aller
musikwissenschaftlicher Munde.
Anlässlich des 150. Geburtstags
wurden er und sein Werk noch
einmal intensiv beleuchtet und
durchdiskutiert. Trotzdem blieben
noch manche Fragen offen. Weshalb bereits 2012 an der Uni Basel
eine Reihe unter dem Titel „Mahler-Interpretationen heute“ veranstaltet wurde. Unter Federführung
der Musikwissenschaftlerin und
ehemaligen Abbado-Assistentin
Lena-Lisa Wüstendörfer konzentrierten sich Mahler-Kenner auf
die Geschichte und den Wandel
der Mahler-Rezeption. Jens Malte
Fischer beschäftigte sich mit dem
Spannungsfeld Mahler/Antisemitismus und wies noch mal darauf
hin, dass es in Wien zwar zahllose
Denkmäler zu Ehren des einstigen
antisemitischen Bürgermeisters
gibt, aber eben kein Mahler-Denkmal. Und in den Beiträgen von Sigfried Schibli (Mahler-Renaissancen ohne Ende) und Wolfgang
Schreiber (Gustav Mahlers Dirigenten), aber auch in den beiden
im persönlichen Ton gehaltenen
Podiumsdiskussionen spürt man
dem Imagewandel Mahlers hin zu
einem Komponisten nach, der allein auf dem CD-Markt längst eine
erste Geige spielt. Besonders die
historischen Aufführungspraktiker dürfte aber das Referat von
Reinhold Kubik interessieren, der
die „Musikinstrumente und Musi-
56
„Halb Worte sind´s, halb
Melodie“
Wenn Musiker von
der Prominenz eines
Christian Gerhaher
auf halber Wegstrecke ihrer Laufbahn einen Zwischenstopp
einlegen, um zurückzublicken,
kommt meistens nur eine hübsche Anekdotensammlung heraus. Weil der Bariton aus Niederbayern aber eben nicht nur blitzgescheit ist, sondern sich ständig
hinterfragt, musste der jetzt erschienene Gesprächsband zwischen ihm und der Journalistin
Vera Baur ganz anders ausfallen.
Das verdeutlicht allein schon das
eigentlich obligatorische, aber
nun fehlende Namensregister, mit
dem Gerhaher hätte stolz zeigen
können, mit wem er schon alles
musiziert hat. Die Liste der für ihn
wichtigen Persönlichkeiten von
Rattle bis Harding arbeitet er
schnell im Vorwort ab – um sich
danach ausreichend Zeit zu nehmen bei seinen Gedankengängen
über den Beruf als Sänger (zu viele Konzerte schmälern die Lebensqualität), über Regie-Konzepte (in die er sich oft einbringen
will und kann) sowie über die
Liedheiligen Schubert, Schumann
und Mahler, denen er sich mit seinem pianistischen Seelenverwandten Gerald Huber genauso
widmet wie Liedern, die Zeitgenossen wie Holliger und Rihm für
ihn schreiben. Was die Substanz
der ernsten Gespräche, aber auch
dazwischen immer wieder die ungeschminkt ablehnenden Worte
über Sport und Eventkultur angeht, lernt man eine weitere Facette dieses ganz außergewöhnlichen Künstlers kennen.
GUIDO FISCHER
Henschel/Bärenreiter, 192 S., 22,95 €
Ratko Delorko
„Profi-Tipps für Pianisten
und solche, die es werden wollen“
Dieses lebens- und
erfahrungspralle
Buch ist ein einzigartiges Vademekum für all die aus
der kuschligen Vollbetreuung der Musikhochschulen
ausgestoßenen Jungpianisten, die
ihre Stücke perfekt eingedrillt bekommen haben, aber eigentlich
nichts wissen vom Musikerleben
oder von der Funktionsweise ihres Flügels. Und was man alles erfahren kann von Delorko! Wie
meistert man nahezu jede kleine
oder große Katastrophe mit der
Technik des Flügels, was isst man
am Konzerttag, wie beleuchtet
man die Tastatur, wie benimmt
man sich den Orchestermusikern
gegenüber oder wie meidet man
die Fallstricke der Vertragsgestaltung – der Autor hilft nicht nur in
fast jeder Lebenslage, er tut es
auch mit viel Humor. In vielen der
Kapitel blickt Delorko über die Tücken des Alltags weit hinaus. Nur
selten überspannt ein Autor einmal jenen immer noch unüberwindlichen Graben zwischen
Kunstpraxis und Musikwissenschaft – hier gelingt das. Liest
man seine Ausführungen über
historische Lehrwerke, erfährt
man eben nicht nur etwas über
die Genealogien des NonlegatoSpiels oder des Rubatos, sondern
auch über interpretatorische
Wandlungen und Schludrigkeiten.
Mit Delorko lernt man, über ästhetische Wirkungsmechanismen
nachzudenken. Etwa: Was muss
ich über mein Publikum wissen,
um eine gelungene Programmfolge zusammenzustellen? Seine Typologie der Konzertgänger ist
dann von grimmigem Witz, die
Hiebe auf das verkommene Wettbewerbssystem sind es nicht minder. Mag er gelegentlich mit mildresignativer Lebensklugheit den
Unerfahrenen vor überflüssigem
Anecken in diesen Gebieten bewahren, lenkt er ihn doch letztlich
auf eine mutige, selbstkritische
und allen flachen Konventionen
ausweichende Bahn: Lerne, Dei-
nem Instrument und Dir selber
zuzuhören, und zwar mit ungeahnter Gründlichkeit. Und so ist
dieser höchst gelungene Band
nicht nur für angehende Profis
auch eine regelrechte Schule des
Hörens geworden.
Matthias Kornemann
Staccato Verlag, 432 S., 32,00 €
Peter Szendy
Höre(n) – Eine Geschichte unserer Ohren
1853 zog ein gewisser
Graf Tadeusz Tyszkiewicz vor den französischen Kadi, um gegen
ein Attentat auf seine
Ohren zu prozessieren. Er hatte in Paris die Aufführung eines völlig verstümmelten
„Freischütz“ miterleben müssen.
Und da Tyszkiewicz Webers Oper
nur allzu genau kannte, fühlte er
sich bzw. seine Ohren geschädigt.
Das Gericht sah das anders und
wies die Klage ab. Auch mit solchen Geschichten hat sich der
französische Musikphilosoph Peter Szendy in seinem Essay mit
dem Prozess des Hörens auseinandergesetzt. Denn das Hören ist
von vielen Faktoren abhängig.
Von Erinnerungen und Gewohnheiten, wie im Fall des gepeinigten Grafen. Oder von Tonträgern
wie Vinyl-Platte oder CD, die bis
heute den Grundsatzstreit zwischen Audiophilen anheizen. Und
was hat speziell die im romantischen Zeitalter aufkommende
Mode des Arrangements (für die
Szendy vor allem Robert Schumann als Kronzeugen nennt)
nicht mit den Hörgewohnheiten
und damit dem Wesen eines
Werks angestellt? Als eine „Geschichte unserer Ohren“ hat Szendy in bester Tradition des französischen Strukturalismus seine
Spurensuche angelegt, die über
Wilhelm Furtwänglers Modell des
„Fernhörens“ bis ins 21. Jahrhundert und die DJ-Kultur reicht. Und
dabei tun sich für das eigene Hören mehr als nur interessante, diskussionswürdige Perspektiven
auf. GUIDO FISCHER
W. Fink, 180 S., 29,90 €
M
M ag a zin
Ein Franzose in Chicago
Jean Martinon gehört natürlich in die
Reihe großer französischer Dirigenten. Doch mit seinem allzu frühen Tod (1976 verstarb er im Alter von
gerade einmal 66 Jahren) verblasste erstaunlich
schnell auch sein Nachruhm.
Dabei konnten sich Martinons
Chefdirigentenstationen schon früh
sehen lassen. Nach dem Pariser Orchestre Lamoureux (ab 1951) leitete er ab 1957
das Israel Philharmonic Orchestra. Und 1963 übernahm er
von Fritz Reiner das Chicago Symphony Orchestra, das er
fünf Jahre lang auf Weltklassekurs hielt. Denn wie die in jenen Jahren entstandenen und jetzt endlich gebündelt vorliegenden Aufnahmen belegen, war der Perfektionist und
Soundfetischist Martinon aus einem ähnlichen Holz geschnitzt wie sein Vorgänger Reiner und sein unmittelbarer
Nachfolger Georg Solti. Was bei den insgesamt zehn Alben
zudem auffällt, war Martinons großes Herz für die Musik
des 20. Jahrhunderts. Bis auf die beiden Klarinettenkonzerte von Weber, die Martinon 1967/68 mit Mr. Clarinet Benny
Goodman einspielte, steht vor allem die klassische Moderne mit Ravel (u. a. Rhapsodie espagnole), Bartók (Der wunderbare Mandarin) und Carl Nielsen (4. Sinfonie) im Mittelpunkt. Aber nicht nur diese Werke ging Martinon mit
einem sagenhaften Schwung und einer überwältigenden
Wucht an. Auch das selten zu hörende Concerto für sieben
Bläser des Schweizers Frank Martin setzt das Dreamteam
Martinon/CSO genauso unter Starkstrom wie jene farbenreiche 4. Sinfonie, mit der der Maestro sein eigenes kompositorisches Geschick unter Beweis stellte.
GUIDO FISCHER
“Jean Martinon – The Complete Recordings”: mit
Chicago Symphony Orchestra, 10 CDs, RCA/Sony
FFRR ist top!
Manchmal ist das Militär doch zu etwas
gut. Im 2. Weltkrieg bekam die englische
Decca von der heimischen Luftwaffe den
Auftrag, eine Hifi-Technik zu entwickeln,
mit der man die Frequenzen zwischen
englischen und deutschen U-Booten unterscheiden konnte. Decca-Toningenieur Arthur Haddy erfüllte den
Job nicht nur zur Zufriedenheit, sondern legte gleich noch
den Grundstein für den legen-
dären Decca-Sound namens „Full Frequency Range Recordings“ (FFRR). 1945 stellte man dieses einspurige Aufnahmeverfahren offiziell vor. Und fortan wurden Schallplatten
mit berühmten bzw. heute leicht in Vergessenheit geratenen Stars und Könnern produziert, die auch vom Klangbild
her weiterhin faszinieren. Eine großartige Dokumentation
jener bis 1956 reichenden Mono-Jahre ist daher die Box mit
zahllosen erstmals auf CD veröffentlichten Einspielungen.
Und was und wen kann man nicht alles wiederentdecken.
Der wunderbare Mischa Elman spielt zusammen mit Georg
Solti das Beethoven-Violinkonzert und Clifford Curzon mit
dem Amadeus Quartett Klavierkammermusik von Mozart.
Und neben Erich Kleiber (Beethovens 9.); Knappertsbusch
(Bruckner) und Ernest Ansermet (Strawinski) erlebt man
nicht nur großartige Solisten und Ensembles wie den Geiger Alfredo Campoli und das Griller String Quartet. Das Repertoire entpuppt sich als eine tolle Fundgrube, die von den
Streichquartetten von Ernest Bloch über William Waltons
bizarre „Façade“ bis zu Roussels „Le festin de l´araignée“
reicht. GUIDO FISCHER
„Decca Sound – The Mono Years“: 53 CDs, Decca/
Universal
Queen Emma I.
Sie ist so etwas wie die Mutter aller Alte Musik-Sängerinnen. Wer aber glaubt, dass die Stimme der englischen Sopranistin Emma Kirkby im Laufe der nunmehr 40-jährigen Karriere etwas an Nachtigall-Süße eingebüßt hätte, der
kann sich weiterhin vom Gegenteil überzeugen. Denn Kirkby ist auch nach über
hundert Einspielungen und
wahrscheinlich mehr als
tausend Konzerten immer
noch ohne Fehl und Tadel aktiv. Das schon fast zeitlose Erfolgsrezept der 2007 von der
Queen Elisabeth II. zur „Dame
Commander of the Order of
the British Empire“ ernannten
Sängerin liegt in ihrer absoluten Natürlichkeit. Ohne große
Gesten und überschwängliche Emotionen kommt Kirkby aus und durchmisst nicht
nur den Barockkanon von Dowland und Purcell bis Händel und Bach klar, rein und mit einer Haltung, bei der immer auch etwas Naives und ausschließlich Dienendes mitschwingt. Gleiches gilt für die Mozart-Interpretin etwa
der großen Motetten wie „Exultate, jubilate“ oder Konzertarien wie „Ah, lo previdi!“. Auch diese Mozart-Wonnen finden sich in der Box mit sämtlichen für das französische Label „Editions de L‘Oiseau-Lyre“ eingesungenen Recitals aus
dem Zeitraum 1978 – 1997. Und selbstverständlich begegnet man Kirkby stets in vertrauter Runde, zu der Christopher Hogwood und seine Academy of Ancient Music genauso gehören wie Lautenist Anthony Rooley und The Consort
of Musicke.
GUIDO FISCHER
“Emma Kirkby – The Complete Recitals“: 12 CDs,
Editions de L’Oiseau–Lyre/Universal
57
Boulevard
Ein Schuss Jazz, eine Prise Film, ein
Löffel Leichtigkeit: Bunte Klassik
Vorgestellt von Ol i v e r Bu s l au
vis, der sein Stück aus mathematischen Krümmungsberechnungen entwickelt hat. Andere bleiben der Illustration treu – etwa Randy
Newman in einem „Family Album“, das an die
Beschreibungskunst alter Stummfilm-Musiken erinnert.
Gloria Cheng: Montage. Great Film Composers and The Piano, harmonia mundi
Hypnose am Klavier
Zuletzt hat die Pianistin Valentina Lisitsa mit
der Interpretation großer Klavierkonzerte auf
sich aufmerksam gemacht. Nun sorgt sie für
einen großen Kontrast. Die Musik von Philip
Glass am Klavier zu spielen – wer würde sich
das wirklich zutrauen, und dann auch noch in
einem zwei CDs umfassenden Programm? Die
schier endlosen, nur scheinbar immer gleichen, sich aber in Feinheiten verändernden
Akkord- und Motivabfolgen in stetiger Spannung vorzutragen, in keiner Sekunde ins Mechanische zu verfallen, und das in Kompositionen, die durchaus eine knappe halbe Stunde
dauern können – Valentina Lisitsa gelingt das
wunderbar.
Valentina Lisitsa Plays Philip Glass: The
Hours, Mad Rush, The Truman Show, Metamorphosis u. a., 2 CDs, Decca/Universal
Nach Glass und
­Einaudi nun
­französische Impressionisten:
Lavinia Meijer
Von Debussy bis Amélie
Die Harfenistin Lavinia Meijer sorgt ja schon
seit Jahren für eine Erweiterung des Harfenrepertoires in Richtung Minimalismus. So hat
sie den vielen Saiten ihres Engelsinstruments
schon die Klangkaskaden eines Philip Glass
oder Ludovico Einaudi anvertraut. Die Repertoireauswahl ihres neuen Albums kommt im
Vergleich dazu geradezu klassisch daher – mit
Werken des französischen Impressionismus,
also von Ravel, Debussy und Satie. Doch dazu
gibt es stilistisch passende Einsprengsel aus
der Feder des Filmkomponisten Yann Tiersen,
dem Schöpfer des Soundtracks „Die fabelhafte
Welt der Amélie“.
Lavinia Meijer: Voyage, Sony
Filmmusikmeister mal ohne
Film
Man kennt ihre Namen aus den Abspännen
berühmter Filme: John Williams, Alexandre
Desplat oder Randy Newman. Aber sie komponieren hin und wieder auch, ohne einer Vorgabe bewegter Bilder zu folgen. Die Pianistin
Gloria Cheng stellt auf diesem Album Klavierwerke der großen Soundtrack-Schöpfer vor. Da
geht es zum Teil durchaus avantgardistisch zu
– wie etwa in „Surface Tension“ von Don Da-
58
Einfühlsamer Piazzolla
Astor Piazzolla, der große Meister des Tango
Nuevo, ist ja längst selbst ein großer Klassiker geworden, und seine Tangos haben ebenso
wenig mit Tanzmusik zu tun wie zum Beispiel
Bachs Orchestersuiten. Das zeigt einmal mehr
das neue Album des Akkordeonisten Daniel
Mille, der – auch selbst Schöpfer neuer Musik
für sein Instrument – zusammen mit einem
kleinen Streicherensemble Piazzollas berühmteste Titel zelebriert.
Daniel Miller: Astor Piazzolla. Cierra tus ojos,
Sony
Ton-Meister:
Techno-Produzent
Henrik Schwarz mit
Orchester
Fotos: Stefan Vanfleteren/Sony Classical (l. o.); Ben Meier/Sony Classical (M. r.)
Henrik Schwarz unplugged
Eigentlich steht sein Name für ausgefeilte
Techno-Produktionen, aber nun hat der Komponist und Produzent Henrik Schwarz
mal ganz auf den Strom verzichtet und
setzt zum ersten Mal in seiner Karriere ganz und gar auf ein „Unplugged
Ensemble“ – sprich: ein klassisch besetztes Kammerorchester. Die mal
weicher, mal rhythmischer gestalteten Kreise aus sich stetig wiederholenden Mustern wirken in dieser Version des „Tokio Secret Orchestra“ vielleicht nicht ganz so aufregend, zwingen
aber dazu, besser die Ohren zu spitzen, den
Farben nachzulauschen.
Henrik Schwarz: Instruments, Sony
Abonnenten-CD: Track 15
Klavier-Festival Ruhr
Die Pianisten der Welt beflügeln
Europas neue Metropole
Doktor Stradivari Musik-Krimi
17. April – 04. Juli 2015
Info | Ticket: 01806 - 500 80 3*
www.klavierfestival.de
*(0,20 €/Anruf aus dem dt. Festnetz, Mobil max. 0,60 €/Anruf)
Grafik: zcool.com.cn
Folge 14: Begegnung im Hotel
„Herr Dr. Stradivari?“, fragte eine Frauenstimtellobby, wo er sich einen ruhigen Platz zum
Telefonieren suchte. Dann rief er seinen Beme, und als er sich umdrehte, stand da eine
Blondine um die dreißig – elegant gekleidet
kannten, den Kriminalkommissar Reuter an.
und dezent geschminkt. „Ent„Sie suchen doch seit Monaschuldigen Sie“, fuhr sie fort, „ich
ten diese Betrügerin, die in allen
habe ein wenig mit dem Mann
möglichen Verkleidungen unter
an der Rezeption geplaudert, und
falschem Namen mit allein reier hat mir verraten, dass Sie ein
senden Herren in Hotels flirtet
großer Musikkenner sind. Ich bin
und ihnen dann Bargeld stiehlt?“
selbst ein Klassik-Fan. Ach, ich
Reuter lachte. „Allerdings.
habe mich noch gar nicht vorgeEinmal hat sie sogar den Autostellt. Mein Name ist Bea Berger.“
schlüssel ihres Opfers genommen
Sie nahm neben Dr. Stradivari
und eine teure Limousine gestohan der Hotelbar Platz und orderte
len. Leider haben wir keine gute
einen Prosecco.
Beschreibung. Sie trägt wohl PeDOKTOR ­
„Haben Sie beruflich mit MuSTRADIVARI ­
rücken. Sie ist etwa dreißig und
ERMITTELT – und Sie
informiert sich über die Herren,
sik zu tun?“, fragte er.
an die sie sich heranmacht, vor„Es ist nur eine Liebhaberei.
können gewinnen!
Ich spiele ein wenig Klavier, aber
her immer sehr gut. Um sie in ein
Wenn Sie die Lösung
ich habe eine sehr große MusikGespräch zu verwickeln, gibt sie
wissen, schreiben Sie
vor, sie habe mit ihnen etwas gesammlung. Auch viele Vinylplatsie an stradivari@ronten. Die habe ich von meinen Eldomagazin.de oder
meinsam. Ein Interessensgebiet.
Darin ist sie sehr raffiniert.“
tern geerbt. Ich selbst bin ja eher
postalisch an RONDO,
„So raffiniert auch nicht. Es
mit der CD aufgewachsen. Aber
Kurfürstendamm 211,
könnte sein, dass sie mich gerawenn man noch einen guten Plat10719 Berlin – bitte
tenspieler hat … So eine Mahlerde auserkoren hat. Könnten Sie
auch Ihre Kontaktdaten
jemanden herschicken, der sie
sinfonie unter Bernstein oder Monicht vergessen! Unter
überprüft, während ich sie noch
zart mit Karl Böhm auf Vinyl – das
allen Zuschriften verlost
eine Weile hinhalte?“
ist schon was.“ Sie kam weiter ins
RONDO drei Exemplare
Warum ist die angebliche Bea
Plaudern. „Meine Mutter war eine
der neuen „JohannesBerger für Doktor Stradivari vergute Geigerin. Sie hat sogar drei
Passion“ der Berliner
Jahre bei den Berliner Philhardächtig?
Philharmoniker unter
monikern gespielt. Zweite Geige,
Sir Simon ­Rattle – als
aber immerhin. Doch dann lernwww.oliverbuslau.de
sowohl DVD & ­Bluray
te sie meinen Vater kennen, wurim prachtvollen Leinende schwanger und gab ihren Beschuber.
ruf auf.“
Einsendeschluss ist der
„Und dann kamen Sie auf die
8. Mai. Viel Glück!
Welt?“, fragte Dr. Stradivari.
Sie lachte und strich sich eine
Haarsträhne zur Seite. „Nein, mein Bruder. Er
Auflösung aus Magazin 6/2014:
ist zehn Jahre älter als ich. Aber aus ihm ist
Herr Katenburg wusste zwar mit dem Repertoire
auch kein Musiker geworden. Er hat eine Comdes Abends für sich zu überzeugen, mit der Schilputerfirma gegründet. Ich selbst arbeite als
derung des Konzerts schon weniger. Wäre er wirkfreie Reisejournalistin.“ Sie sah Dr. Stradivari
lich im Saal gewesen, wäre ihm nicht entgangen,
tief in die Augen. „Ein schöner Beruf, aber die
worin er sich nun in seinem Lobpreis des Pianiseinsamen abendlichen Stunden an der Hotelten verhedderte – dass es sich bei den Werken
nämlich um Sonaten für vierhändiges Klavier,
bar sind nichts für mich …“
also zwei Spieler handelte. Pech gehabt!
„Würden Sie mich einen Moment entschuldigen?“, fragte Dr. Stradivari. Er ging in die Ho-
59
Piotr Anderszewski & Matthias Goerne (Bariton) |
Martha Argerich & Mischa Maisky (Violoncello) |
Daniel Barenboim | Rafał Blechacz | Khatia
Buniatishvili | Michel Camilo | Frank Chastenier
Trio & Thomas Quasthoff (Vocal) | Chick
Corea & Herbie Hancock | Hélène Grimaud |
Marc-André Hamelin | Lang Lang | Eric Legnini
Trio | Igor Levit | Denis Matsuev | Gabriela
Montero | Maria João Pires & Antonio Meneses
(Violoncello) | Mikhail Pletnev | Rantala –
Danielsson – Erskine „Super Trio“ | Grigory
Sokolov | Yaara Tal & Andreas Groethuysen |
Daniil Trifonov | Arcadi Volodos | Yundi u.v.a.
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Sie sic ickets!
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Kulturpartner
Medienpartner
Kommunikationspartner
Medienpartner
T er m i n e Oper
oper
JAY ALEXANDER: Der Opern-Tenor Jay Alexander ist seit Kindertagen mit der Kirchenmusik vertraut. Diese Liebe spiegelt sich auch
im Programm seiner neuesten CD „Geh aus,
mein Herz“ wider, mit dem er ab März 2015
auf Tournee in deutschen Kirchen sein wird.
Zu den Kirchenliedern, die ihm besonders ans
Herz gewachsen sind, gehören etwa „Näher,
mein Gott, zu Dir“ sowie „Von guten Mächten
wunderbar geborgen“. Bei den Konzerten wird
Alexander von Harmonium, Gitarre, Cello und
Oboe begleitet.
www.jayalexander.de
Aachen
TH EATE R
(02 41) 4 78 42 44
Janáček
Jenůfa (22.3.2015),
ML: Kazem Abdullah, R: Michael Helle
Händel
Orlando (24.5.2015),
ML: Justus Thorau,
R: Jarg Pataki
AltenburgGera
TH EATE R
(0 34 47) 58 51 61
Flotow
Martha (31.5.2015),
ML: Thomas Wicklein, R: Anette Leistenschneider
LUCERNE FESTIVAL 2015: Das Traditionsmusikfestival steht in diesem Jahr unter dem
Motto „Humor“ (14.8.–13.9.). Und bevor sich
Top-Dirigenten wie Andris Nelsons und Simon
Rattle mit ihren Orchestern diesem Thema
auch über Haydn und Strauss nähern, hält der
verschmitzte Alfred Brendel den Eröffnungsvortrag. Einen Schwerpunkt beim Lucerne Festival bildet aber auch der 90. Geburtstag von
Boulez, dem dazu in elf Konzerten u. a. vom Ensemble intercontemporain gratuliert wird.
www.lucernefestival.ch
Tickets: +41 (0 41) 2 26 44 80
Basel (CH)
TH EATE R
+41 (61) 2 95 11 33
Britten
The Rape of Lucretia
(29.3.2015), ML: David Cowan, R: Ulrike Jühe
Mozart
Così fan tutte
(23.4.2015), ML:
Ryusuke Numajiri/Giuliano Betta, R:
Calixto Bieito
Berlin
D EU T SCH E O PE R
(0 30) 3 43 84 01
Berlioz
Roméo und Juliette (18.4.2015), ML:
Donald Runnicles, R:
Sasha Waltz
„LA FILLE MAL GARDÉE“: Jean Daubervals
romantischer Ballettklassiker, die Komödie
„La fille mal gardée“, begeistert in der Choreografie von Frederick Ashton das Londoner
Publikum schon seit sage und schreibe über
50 Jahren. Aber schließlich gehören ja auch
neben einem verliebten Paar tanzende Hühner
und ein Shetlandpony zum Ensemble. Diese
legendäre Choreografie präsentiert jetzt die
UCI Kinowelt in brillantem HD als Live-Übertragung aus dem Londoner Royal Opera House
(5.5., 20.15 Uhr).
Infos und Tickets: www.uci-kinowelt.de
60
KOM I S CH E O PE R
(0 30) 47 99 74 00
Piazzolla
María de Buenos
Aires (konzertant)
(20.3.2015), ML: Per
Arne Glorvigen
Schönberg
Moses und Aron
(19.4.2015), ML:
Vladimir Jurowski,
R: Barrie Kosky
Mozart
Lucio Silla (konzertant) (9.5.2015), ML:
Kristiina Poska
Händel
Giulio Cesare in
Egitto (31.5.2015),
STA AT S O PE R I M
S CH I LLE RTH E ATE R
(0 30) 20 35 45 55
Wagner
Parsifal (28.3.2015),
ML: Daniel Barenboim, R: Dmitri
Tcherniakov
Krenek
Tarquin (19.4.2015),
ML: Max Renne, R:
Mascha Pörzgen
Telemann
Emma und Eginhard
(26.4.2015), ML:
René Jacobs, R: EvaMaria Höckmayr
DüsseldorfDortmund
TH E ATE R
(02 31) 5 02 72 22
Händel
Saul (25.4.2015),
ML: Motonori Kobayashi, R: Katharina Thoma
Dresden
SÄCH S I S CH E
STA AT S O PE R
(03 51) 4 91 17 05
Bielefeld
Weber
Der Freischütz
(1.5.2015), ML:
Christian Thielemann, R: Axel Koehler
TH E ATE R
(05 21) 51 25 02
Essen
Lloyd Webber
Sunset Boulevard
(20.3.2015), ML: William Ward Murta, R:
Thomas Winter
A ALTO TH E ATE R
(02 01) 8 12 22 00
Kampe
Dächer. Plätze. Wege. Leute.
(29.4.2015), ML: Godon Kampe, R: Ivan
Bazak
Händel
Xerxes (3.5.2015),
ML: Merijn van
Driesten, R: Maximilian von Mayenburg
Wagner
Tannhäuser
(31.5.2015), ML: Alexander Kalajdzic, R:
Jochen Biganzoli
Bonn
O PE R N H AU S
(02 28) 77 80 00
Anderson
Thebans (3.5.2015),
ML: Johannes Pell,
R: Pierre Audi
Bremen
TH E ATE R
(04 21) 36 53 33 33
Bizet
Carmen (21.3.2015),
ML: Markus Poschner, R: Anna-Sophie Mahler
Darmstadt
Dvořák
Rusalka (23.5.2015),
ML: Tomáš Netopil,
Yannis Pouspourikas, R: Lotte de Beer
Frankfurt/
Main
O PE R
(0 69) 21 24 94 94
Weber
Euryanthe
(5.4.2015), ML: Roland Kluttig, R: Johannes Erath
Strauss
Die ägyptische Helena (1.5.2015), ML:
Stefan Soltesz, R: Tilman Michael
Strauss
Der Rosenkavalier
(24.5.2015), ML: Sebastian Weigle, R:
Claus Guth
Navok
An unserem Fluss
(31.5.2015), ML: Sebastian Zierer, R: Corinna Tetzel
Martinů
Julietta (21.6.2015),
ML: Sebastian Weigle, R: Florentine
Klepper
Görlitz
STA AT STH E ATE R
(0 61 51) 2 81 16 00
G E R H ART H AU P TMAN N-TH E ATE R
(0 35 81) 47 47 21
Mussorgski
Boris Godunow
(25.4.2015), ML: Will
Humburg, R: Immo
Karaman
Korngold
Die tote Stadt
(18.4.2015), ML: Andrea Sanguineti, R:
Klaus Arauner
Genf (CH)
GRAN D TH ÉÂTRE
+41 (22) 4 18 31 30
Cherubini
Medea (9.4.2015),
ML: Marko Letonja,
R: Christof Loy
Beethoven
Fidelio (10.6.2015),
ML: Pinchas Steinberg, R: Matthias
Hartmann
Hagen
TH EATER
(0 23 31) 2 07 32 18
Beethoven
Fidelio (28.4.2015),
ML: Florian Ludwig,
R: Gregor Horres
Puccini
Madama Butterfly
(6.6.2015), ML: David Marlow, R: Norbert Hilchenbach
Halle
OPERN H AU S
(03 45) 2 05 02 22
Abraham
Ball im Savoy
(9.5.2015), ML: Andreas Henning, R:
Tobias Bonn
Händel
Lucio Cornelio Silla
(5.6.2015), ML: Enrico Onofri, R: Stephen Lawless
Hamburg
HAMBU RGI SCH E
STA AT SO PER
(0 40) 35 68 68
Korngold
Die tote Stadt
(22.3.2015), ML: Simone Young, R: Karoline Gruber
Hannover
STA AT SO PER
(05 11) 99 99 11 11
Strauß
Die Fledermaus
(29.4.2015), ML:
Benjamin Reiners, R:
Martin G. Berger
Massenet
Werther (22.5.2015),
ML: Anja Bihlmaier,
R: Bernd Mottl
Kassel
STA AT STH EATER
(05 61) 1 09 40
Puccini
Turandot (28.3.2015),
ML: Patrik Ringborg,
R: Markus Dietz
Berio
Un re in ascolto
(22.5.2015), ML: Alexander Hannemann,
R: Paul Esterházy
Fotos: ap music; P. Ketterer/Lucernefestival; UCI
O
ML: Konrad Junghänel, R: Lydia Steier
Köln
München
Pforzheim
OPE R
(02 21) 22 12 84 00
Zimmermann/Dallapiccola
Ich wandte mich/
Il prigioniero
(27.3.2015), ML: Gabriel Feltz, R: Markus Bothe
Strauss
Arabella (25.4.2015),
ML: Stefan Soltesz, R:
Renaud Doucet
BAYER I SCHE
STAAT SOPER
(0 89) 21 85 19 20
Berg
Lulu (25.5.2015),
ML: Kirill Petrenko, R: Dmitri Tcherniakov
Valtinoni
Pinocchio
(5.6.2015), ML: Stellario Fagone, R: Axel
Ranisch
TH EATER
(0 72 31) 39 24 40
Wagner
Lohengrin
(6.6.2015), ML: Markus Huber, R: Wolf
Widder
Koblenz
THE ATER
(92 61) 1 29 28 70
Britten
Peter Grimes
(30.5.2015), ML:
Carlos Wagner, R:
Markus Dietze
Lausanne (CH)
OPÉ RA
+41 (21) 3 10 16 00
Rossini
Tancredi (20.3.2015),
ML: Ottavio Dantone, R: Emilio Sagi
Fujikura
Solaris (24.4.2015),
ML: Erik Nielsen, R:
Saburo Teshigawara
Fotos: J Marco Borggreve ; üd. Museum/Intonations; Dario Acosta/Deutsche Grammophon
Lübeck
THE ATER
(04 51) 7 45 52
Puccini/Dallapiccola
Suor Angelica/Il prigioniero
(11.4.2015), ML: Andreas Wolf, R: Pascale-Sabine Chevroton
Donizetti
L’elisir d’amore (22.5.2015), ML:
Ryusuke Numajiri,
R: Cordula Däuper
Leipzig
OPE R
(03 41) 1 26 12 61
Wagner
Siegfried
(12.4.2015), ML: Ulf
Schirmer, R: Rosamund Gilmore
Getty
The Canterville
Ghost (9.5.2015),
ML: Matthias Foremny, R: Anthony Pilavachi
Luzern (CH)
THE ATER
+41 (41) 2 10 66 18
Strauss
Ariadne auf Naxos
(19.4.2015), ML: Howard Arman, R: Holger Müller-Brandes
STAAT STH EATER
AM GÄRTNER PL AT Z
(0 89) 21 85 19 60
Hervé
Le petit Faust
(16.5.2015), ML: Michael Brandstätte,
R: Rudolf Frey
Mozart
Così fan tutte
(13.6.2015), ML: Michael Brandstätter,
R: Olivier Tambosi
Münster
TH EATER
(02 51) 5 90 91 00
Händel
Ariodante
(28.3.2015), ML: Fabrizio Ventura, R:
Kobie van Rensburg
Puccini
La bohème
(16.5.2015), ML: Fabrizio Ventura, R:
Pavel Fieber
Meiningen
TH EATER
(0 36 93) 45 12 22
Donizetti
Don Pasquale
(24.4.2015), ML: Arturo Alvarado, R:
Knut Weber
Neustrelitz
L AND ESTH EATER
M ECK LENB UR G
(0 39 81) 20 64 00
Verdi
La traviata
(21.3.2015), ML:
Jörg Pitschmann, R:
Fabian von Matt
Oldenburg
STAAT STH EATER
(04 41) 2 22 51 11
Dove
Pinocchios Abenteuer (22.3.2015), ML:
Carlos Vazquez, R:
Jens Kerbel
Boieldieu
La dame blanche
(16.5.2015), ML:
Vito Cristofaro, R:
Nadja Loschky
Saarbrücken
SAAR L ÄN D I S CH E S
STAAT STH E ATE R
(06 81) 3 22 04
Verdi
Ein Maskenball
(13.6.2015), ML: Nicholas Milton, R:
Dagmar Schlingmann
Salzburg (A)
L AND ESTH E ATE R
+43 (6 62) 87 15 12 21
Beethoven
Fidelio (18.4.2015),
ML: Adrian Kelly, R:
Andreas Gergen
Mahmoud
Tahrir (17.5.2015),
ML: Mirga Gražinyte-Tyla, R: Yekta
Kara
Stuttgart
STAAT STH E ATE R
(07 11) 20 20 90
Mozart
Così fan tutte
(31.5.2015), ML: Sylvain Cambreling, R:
Yannis Houvardas
Benjamin
Into The Little Hill
(11.6.2015), ML: Nicholas Kok, R: Jenke
Nordalm
Verdi
Rigoletto
(28.6.2015), ML: Sylvain Cambreling, R:
Jossi Wieler, Sergio
Morabito
Ulm
TH EATER
(07 31) 1 61 44 44
Mozart
Così fan tutte
(26.3.2015), ML:
Timo Handschuh, R:
Antje Schupp
Britten
Peter Grimes
(7.5.2015), ML: Daniel Montané, R:
Matthias Kaiser
Weimar
NATI ONALTH E ATE R
(0 36 43) 75 53 34
Mozart
Die Zauberflöte
(26.4.2015), ML: Stefan Solyom/Martin
Hoff, R: Nina Gühlstorff
Vollmer
Lola rennt
(13.6.2015), ML:
Martin Hoff, R: Michael Dissmeier,
Christian Wiehle
Wien (A)
STA AT S O PE R
+43 (1) 5 14 44 22 50
Strauss
Elektra (29.3.2015),
ML: Franz WelserMöst, R: Uwe Eric
Laufenberg
Donizetti
Don Pasquale
(26.4.2015), ML: Jesús López-Cobos, R:
Irina Brook
Adès
The Tempest
(14.6.2015), ML:
Thomas Adès, R: Robert Lepage
TH E ATE R AN D E R
WI E N
+43 (1) 5 88 85
Mozart
Le nozze di Figaro (11.4.2015), ML:
Marc Minkowski, R:
Felix Breisach
Milhaud
La mere coupable
(8.5.2015), ML: Leo
Hussain, R: Herbert
Föttinger
Wuppertal
BÜHNEN
(02 02) 5 63 76 00
Strauss
Salome (17.4.2015),
ML: Toshiyuki Kamioka, R: Michiel
Dijkema
Bach
Johannes-Passion (22.5.2015), ML:
Jörg Halubek, R: Philipp Harnoncourt
INTERNATIONALES BODENSEEFESTIVAL:
Der großen Musiklandschaft Böhmen widmet
sich das Internationale Bodenseefestival und
hat dafür illustre Gäste eingeladen (25.4.–
25.5.). Dazu zählen die Tschechische Philharmonie, die Ballettcompagnie der Staatsoper
Prag sowie Countertenor Damien Guillon.
Von der Barockmusik eines Zelenka bis zum
zeitgenössischen Jazz reicht der musikalische
Bogen, bei dem auch das Pavel Haas Quartett
als „Ensemble in Residence“ zu bestaunen ist.
www.bodenseefestival.de
Tickets: +49 (0 75 41) 2 03 33 00
INTONATIONS: „Kammermusik ist die Seele
der Musik“ – so lautet das Credo der großartigen Pianistin Elena Bashkirova. Daher organisiert sie seit 2012 im Berliner Jüdischen Museum auch das außergewöhnliche Kammermusikfestival „intonations“. Fast eine Woche
lang musizieren berühmte Musiker und junge
Ausnahmetalente in einer äußerst entspannten
Atmosphäre auf Weltklasse-Niveau. Mit dabei
sind jetzt u. a. Isabelle Faust, Carolin Widmann,
Robert Holl und Radu Lupu (18.–23.4.).
www.jmberlin.de
Tickets: +49 (0 30) 25 99 34 83
Zürich (CH)
O PE R N H AU S
+41 (44) 2 68 64 00
Verdi
La traviata
(18.4.2015), ML:
Marco Armiliato, R:
David Hermann
Vivaldi
La verita in cimento (25.5.2015), ML:
Ottavio Dantone, R:
Jan Philipp Gloger
Bellini
Capuleti e Montecchi (21.6.2015),
ML: Fabio Luisi, R:
Christof Loy
KLAVIER-FESTIVAL RUHR: Auch bei der 27.
Ausgabe des Klavier-Festivals Ruhr gastiert
von Argerich über Hamelin und Levit bis hin
zu Barenboim die Weltelite (17.4.–4.7.). Und ihr
einziges gemeinsames Deutschland-Konzert
geben gar die beiden Jazz-Ikonen Chick Corea
& Herbie Hancock. Wie jedes Jahr widmet
man sich zudem diesjährigen runden Geburts- bzw. Todestagen von Komponisten wie
Sibelius und Skrjabin. Der Festival-Preis geht
diesmal übrigens an Madame Grimaud.
www.klavierfestival.de
Tickets: (0 18 06) 50 08 03
61
T er m i n e K l a ssi k
K l a ssi k
HEIDELBERGER FRÜHLING: Der „Heidelberger Frühling“ 2015 steht unter dem Motto
„Freiheit wagen“ und umfasst über 100 Veranstaltungen, bei denen auch Thomas Hampson
und Igor Levit wieder mit spannenden Konzertprojekten allgegenwärtig sind. So wird
Hampson mit Kumpel Thomas Quastoff Jazz
singen. Levit spielt hingegen Bachs „GoldbergVariationen“ und mit András Schiff vierhändig. Außerdem gastieren u.a. Grigory Sokolov,
Christian Tetzlaff und Fazıl Say (21.3. - 25.4.).
www.heidelberger-fruehling.de
Tickets: +49 (0 62 21) 5 84 00 44
MOZARTFEST WÜRZBURG: Vom 22. Mai bis
28. Juni fragt das Mozartfest Würzburg: „Mozart
– Was heißt hier Klassik?“ Die Antworten geben
internationale Top-Stars in ihren Sinfonie- und
Kammerkonzerten im Kaisersaal der Residenz
(UNESCO-Weltkulturerbe). Dazu gehören der
französische Stargeiger Renaud Capuçon als
„Artiste étoile“, die Sopranistin Diana Damrau,
Pianist Rafał Blechacz sowie Chansonnier Dominique Horwitz. Ein Augenmerk gilt auch dem
„MozartLabor“ u. a. mit Wolfgang Rihm.
www.mozartfest.de
Tickets: +49 (09 31) 37 23 36
MUSIKFESTSPIELE POTSDAM SANSSOUCI:
Die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci verbinden Hörgenuss mit dem Blick auf Potsdams
Gärten. Nun widmet man sich diesem harmonischen Miteinander auf verschiedenen Pfaden
(12.–28.6.). Englische oder japanische Gartenkultur spiegelt sich in der Musik von Händel
und Cage wider. Pianistin Julia Hülsmann präsentiert „Jazz im Rosengarten“. Ebenfalls rosig
geht es bei der spanisch-lateinamerikanischen
Barockoper „La púrpura de la rosa“ zu.
www.musikfestspiele-potsdam.de
Tickets: +49 (03 31) 2 88 88 28
62
ATOS Trio
20.3.Berlin,
Heimathafen
Neukölln
17.4.Berlin,
Heimathafen
Neukölln
26.4. St. Gallen
(CH), Tonhalle
Artemis Quartett
30.4.Stuttgart,
Liederhalle
6.5.Papendorf,
Villa Papendorf
7.5.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
13.5.Kempen,
Kulturforum
Franziskanerkloster
17.5.Lörrach, Burghof
19.5.München,
Herkulessaal
Pierre-Laurent
Aimard
16.4.Köln, WDR
Funkhaus
2.6. Wien (A),
Konzerthaus
8.8. Salzburg (A),
Mozarteum
Piotr Anderszewski
24.3.Heidelberg,
Stadthalle
26.4. Wien (A),
Konzerthaus
28.4. Wien (A),
Konzerthaus
29.4. Linz (A),
Brucknerhaus
26.5.Schwetzingen,
Rokokotheater
30.5. Wien (A),
Konzerthaus
Avi Avital
9.5. Hohenems (A),
Schubertiade
25.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
18.6.Dortmund,
Konzerthaus
26.7. Verbier (CH),
Festival
31.7. Verbier (CH),
Festival
Daniel Barenboim
27.3.Berlin, Philharmonie
28.3.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
Cecilia Bartoli
22.5. Salzburg (A),
Haus für Mozart
23.5. Salzburg (A),
Haus für Mozart
25.5. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
11.7. Bad Kissingen,
Kissinger
Sommer
31.7. Salzburg (A),
Haus für Mozart
3.8. Salzburg (A),
Haus für Mozart
6.8. Salzburg (A),
Haus für Mozart
8.8. Salzburg (A),
Haus für Mozart
19.8. Salzburg (A),
Haus für Mozart
22.8. Salzburg (A),
Haus für Mozart
24.8. Salzburg (A),
Haus für Mozart
26.8. Salzburg (A),
Haus für Mozart
28.8. Salzburg (A),
Haus für Mozart
Lisa Batiashvili
23.5.Köln, Philharmonie
26.5.Berlin, Konzerthaus
28.5.Dortmund,
Konzerthaus
1.6. Wien (A),
Musikverein
4.7. Bad Kissingen,
Kissinger
Sommer
Piotr Beczała
30.5. Wien (A),
Burgtheater
12.6. Graz (A), Musikverein für
Steiermark
15.6. Wien (A),
Konzerthaus
22.6.Schwarzenberg (A), Schubertiade
25.6.Ingolstadt,
Audi Sommerkonzerte
Daniel Behle
21.3.München, Nationaltheater
23.4.Ingolstadt,
Stadttheater
5.5.Berlin, Philharmonie
7.5.Berlin, Philharmonie
Belcea Quartet
1.5.Schwetzingen,
Schloss
6.5. Hohenems (A),
Schubertiade
8.5.Hamburg,
Laeiszhalle
11.5. Wien (A),
Konzerthaus
12.5. Wien (A),
Konzerthaus
Bennewitz Quartett
26.4.München,
AllerheiligenHofkirche
Kolja Blacher
1.4.Duisburg,
Theater am
Marientor
2.4.Duisburg,
Theater am
Marientor
19.4.Duisburg,
Theater am
Marientor
17.5.Bochum,
Schauspielhaus
Rafał Blechacz
24.4.Heidelberg,
Stadthalle
27.4.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
4.6. Genf (CH), Victoria Hall
Marc Bouchkov
19.3.DüsseldorfDuisburg,
Deutsche Oper
am Rhein
21.3.DüsseldorfDuisburg,
Deutsche Oper
am Rhein
25.3.DüsseldorfDuisburg,
Deutsche Oper
am Rhein
1.4.DüsseldorfDuisburg,
Deutsche Oper
am Rhein
5.4.DüsseldorfDuisburg,
Deutsche Oper
am Rhein
12.4.DüsseldorfDuisburg,
Deutsche Oper
am Rhein
Joseph Calleja
29.6.Berlin, Deutsche Oper
3.7.Berlin, Deutsche Oper
Giuliano
Carmignola
31.3.Münster,
Theater
1.4.Münster,
Theater
1.6.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Cuarteto Casals
25.3. Wien (A),
Konzerthaus
26.3. Wien (A),
Konzerthaus
30.3.Köln, Philharmonie
10.5. Hohenems (A),
Schubertiade
13.5.Berlin, Konzerthaus
Fotos: Heidelberger Frühling; Mozartfest Würzburg; Stefan Gloede
K
29.3.Berlin, Philharmonie
31.3.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
2.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
3.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
4.4.Berlin, Philharmonie
5.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
6.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
12.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
13.4.Berlin, Philharmonie
14.4.Berlin, Konzerthaus
18.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
24.4. Basel (CH),
Stadtcasino
25.4.München,
Philharmonie
5.5. Wien (A),
Musikverein
8.5. Wien (A),
Musikverein
10.5. Wien (A),
Musikverein
12.5. Wien (A),
Musikverein
26.5.Berlin, Philharmonie
27.5.Berlin, Konzerthaus
5.6.Berlin, Philharmonie
6.6.Berlin, Philharmonie
7.6.Berlin, Philharmonie
16.6.Düsseldorf,
Tonhalle
28.6.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
29.6.Berlin, Philharmonie
30.6.Berlin, Konzerthaus
12.8. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
13.8. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
14.8. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
15.8.Berlin, Waldbühne
T H E R O YA L O P E R A
Max Emanuel Cencic
21.4. Wien (A),
Theater an der
Wien
9.5.Bonn, Opernhaus
30.5.Wiesbaden,
Hessisches
Staatstheater
6.6. Bad Lauchstädt, Goethe
Theater
8.6. Bad Lauchstädt, Goethe
Theater
Riccardo Chailly
19.3.Leipzig, Gewandhaus
20.3.Leipzig, Gewandhaus
26.3.Leipzig, Gewandhaus
27.3.Leipzig, Gewandhaus
28.3.Leipzig, Gewandhaus
4.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
11.6.Leipzig, Gewandhaus
12.6.Leipzig, Gewandhaus
18.6.Leipzig, Gewandhaus
19.6.Leipzig, Gewandhaus
Plácido Domingo
10.5. Wien (A),
Staatsoper
14.5. Wien (A),
Staatsoper
18.5. Wien (A),
Staatsoper
22.5. Wien (A),
Staatsoper
Gustavo Dudamel
5.6.München,
Philharmonie
6.6.München,
Philharmonie
11.6.Berlin, Philharmonie
12.6.Berlin, Philharmonie
13.6.Berlin, Philharmonie
24.6. Zürich (CH),
Tonhalle
25.6. Zürich (CH),
Tonhalle
26.6. Zürich (CH),
Tonhalle
Isabelle Faust
19.3.Brüssel, Palais
des BeauxArts
26.3.Hamburg,
Laeiszhalle
28.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
18.4.Eisenstadt
(A), Schloss
Esterházy
30.4. Basel (CH),
Stadtcasino
17.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
25.5.Ludwigsburg,
Schloss
Julia Fischer
21.4. Zürich (CH),
Tonhalle
22.4. St. Gallen
(CH), Tonhalle
23.4. Genf (CH), Victoria Hall
6.5. Wien (A),
Musikverein
7.5. Wien (A),
Musikverein
8.5. Linz (A),
Brucknerhaus
9.5.München,
Philharmonie
11.5.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
13.5.Berlin, Philharmonie
14.5.Köln, Philharmonie
21.5.Regensburg,
Aula der Universität
12.6. Zürich (CH),
Tonhalle
18.6. Grafenegg (A),
Wolkenturm
19.6. Grafenegg (A),
Wolkenturm
Scharoun Ensemble
5.5.Erlangen,
Heinrich-Lades
Halle
Juan Diego Flórez
26.4. Wien (A),
Staatsoper
29.4. Wien (A),
Staatsoper
2.5. Wien (A),
Staatsoper
5.5. Wien (A),
Staatsoper
8.5. Wien (A),
Staatsoper
11.5. Wien (A),
Staatsoper
25.5. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
2.8. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
Mojca Erdmann
25.3. Wien (A),
Musikverein
29.3.Berlin, Philharmonie
4.4.Berlin, Philharmonie
11.4.Essen, Philharmonie
Elīna Garanča
6.4. Wien (A),
Staatsoper
9.4. Wien (A),
Staatsoper
12.4. Wien (A),
Staatsoper
15.4. Wien (A),
Staatsoper
Kirill Gerstein
21.3.Papendorf,
Villa Papendorf
16.4.Reutlingen,
Stadthalle
Vadim Gluzman
19.3.Saarbrücken,
Congresshalle
20.3.Brüssel, Palais
des BeauxArts
22.3.Brüssel, Palais
des BeauxArts
21.4.Hamburg,
Hamburgische
Staatsoper
23.4.Hamburg,
Hamburgische
Staatsoper
24.4.Hamburg,
Hamburgische
Staatsoper
Hélène Grimaud
20.3.Regensburg,
Aula der Universität
23.3. Wien (A),
Musikverein
8.5. Luzern (CH),
KKL
11.5.Freiburg,
Konzerthaus
19.5.Leipzig, Gewandhaus
21.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
23.5.Osnabrück,
Osnabrückhalle
26.5.Köln, Philharmonie
28.5.Essen, Philharmonie
31.5. St. Gallen
(CH), Theater
3.6.Bremen, Die
Glocke
5.6.Braunschweig,
Stadthalle
7.6.Hannover,
Sendesaal des
NDR
8.6.Hamburg,
Laeiszhalle
RISE AND FALL OF THE CITY OF
Fulljames aufregende Neuinszenierung
der beliebten Oper nach Bertolt Brecht
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Aus dem Royal Opera House London
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Benjamin Grosvenor
24.3. Genf (CH), Victoria Hall
Martin Grubinger
3.7.Berlin, Philharmonie
6.7.München,
Philharmonie
7.7.München,
Philharmonie
Hagen Quartett
24.4.Hamburg,
Laeiszhalle
27.4. Wien (A),
Konzerthaus
2.5. Zürich (CH),
Tonhalle
3.5. Zürich (CH),
Tonhalle
63
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DRESDNER MUSIKFESTSPIELE: 2015 setzt
Jan Vogler als Intendant der Dresdner Musikfestspiele auf Kontraste (13.5.–7.6.) „Feuer Eis“ lautet
das Motto, das sich in den unterschiedlichsten
Klangtemperaturen darstellt. Orchestrale Hitze
erzeugt das Philadelphia Orchestra (Yannick
Nézet-Séguin). Kent Nagano und das Ensemble
Modern feiern Lenny Bernstein. Und selbstverständlich zeigt sich Vogler von seiner Cello-Klasse – etwa im Duo mit Hélène Grimaud.
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Tickets: +49 (03 51) 65 60 67 00 bzw.
www.reservix.de
Hilary Hahn
6.5.Hamburg,
Laeiszhalle
7.5.Bremen, Die
Glocke
8.5.Bremen, Die
Glocke
9.5.Bremen, Die
Glocke
10.5.Dortmund,
Konzerthaus
Thomas Hampson
24.3.München,
Philharmonie
28.3.Heidelberg,
Stadthalle
19.4. Wien (A),
Musikverein
Pablo Heras-Casado
23.3.Freiburg,
Konzerthaus
64
24.3.Stuttgart,
Liederhalle
9.5.Köln, Philharmonie
22.5.Baden-Baden,
Festspielhaus
25.5.Baden-Baden,
Festspielhaus
29.5.Baden-Baden,
Festspielhaus
19.6.Baden-Baden,
Festspielhaus
21.6.Baden-Baden,
Festspielhaus
Daniel Hope
25.4. Zürich (CH),
Tonhalle
26.4. Bern (CH), Zentrum Paul Klee
21.5.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
11.6.Hamburg,
Laeiszhalle
Janine Jansen
27.5.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
28.5. Luzern (CH),
KKL
29.5. Zürich (CH),
Tonhalle
30.5. Genf (CH), Victoria Hall
31.5. Bern (CH), Kulturcasino
Gidon Kremer
21.3.Berlin, Komische Oper
12.5.Braunschweig,
Stadthalle
Philippe Jaroussky
19.3.Bielefeld,
Rudolf Oetker
Halle
24.5. Salzburg (A),
Haus für Mozart
Jerusalem Quartet
23.4.München,
Herkulessaal
30.4.Amsterdam
(NL), Concertgebouw
2.5.Amsterdam
(NL), Concertgebouw
5.5. Hohenems (A),
Schubertiade
7.5. Wien (A),
Konzerthaus
Jonas Kaufmann
15.4.Köln, Philharmonie
17.4.Dortmund,
Konzerthaus
19.4.Stuttgart,
Liederhalle
22.4.Hamburg,
Laeiszhalle
26.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
18.5.Berlin, Philharmonie
20.5.Hannover,
Kuppelsaal im
HCC
Leonidas Kavakos
19.3.Leipzig, Gewandhaus
20.3.Leipzig, Gewandhaus
10.4. Wien (A),
Musikverein
16.4. Salzburg (A),
Mozarteum
17.4. Linz (A),
Brucknerhaus
18.4. Wien (A),
Musikverein
29.4. Genf (CH), Victoria Hall
1.5. Genf (CH), Victoria Hall
Magdalena Kožená
27.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
30.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
2.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
6.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
Lang Lang
15.4.Leipzig, Gewandhaus
26.4.Hannover,
Kuppelsaal im
HCC
François Leleux
19.4.Berlin, Jüdisches Museum
Berlin
13.5.Ravensburg,
Konzerthaus
13.6.Stuttgart,
Liederhalle
Julia Lezhneva
21.4. Wien (A),
Theater an der
Wien
20.5. Zürich (CH),
Tonhalle
Jan Lisiecki
24.4.München,
Prinzregententheater
24.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
14.6.Dortmund,
Konzerthaus
15.6.Köln, Philharmonie
27.6.Berlin, Philharmonie
2.7.Wiesbaden,
Kurhaus
Louis Lortie
12.5.Berlin, Konzerthaus
Mischa Maisky
15.4.München,
Philharmonie
29.4.Köln, Philharmonie
16.6. Wien (A),
Musikverein
Mandelring
Quartett
15.4.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
16.4.Bayreuth,
Stadthalle
19.4. Neustadt an
der Weinstraße, Saalbau
29.5.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
Alexander Melnikov
8.4.Papendorf,
Villa Papendorf
11.4.Amsterdam
(NL), Concertgebouw
4.5.Berlin, Konzerthaus
10.5.Berlin, Konzerthaus
13.5.Schwetzingen,
Schloss
Minetti Quartett
16.4. Graz (A), Musikverein für
Steiermark
25.4. Wien (A),
Konzerthaus
7.5. Hohenems (A),
Schubertiade
Anne-Sophie Mutter
15.6.Berlin, Philharmonie
17.6.Köln, Philharmonie
18.6.Freiburg,
Konzerthaus
22.6.Hamburg,
Laeiszhalle
29.6.Bonn, Beethoven Halle
5.7.Mannheim,
Congress
Center Rosengarten
7.7. Zürich (CH),
Tonhalle
8.7. Genf (CH), Victoria Hall
Yannick
Nézet-Séguin
23.5.Köln, Philharmonie
24.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
26.5.Berlin, Konzerthaus
27.5.Dortmund,
Konzerthaus
28.5.Dortmund,
Konzerthaus
1.6. Wien (A),
Musikverein
2.6. Wien (A),
Musikverein
13.6.Dortmund,
Konzerthaus
14.6.Dortmund,
Konzerthaus
15.6.Köln, Philharmonie
25.6.München,
Herkulessaal
26.6.München,
Herkulessaal
Anna Netrebko
20.3. Zürich (CH),
Opernhaus
24.3. Zürich (CH),
Opernhaus
29.3. Zürich (CH),
Opernhaus
2.4. Zürich (CH),
Opernhaus
10.4. Wien (A),
Staatsoper
13.4. Wien (A),
Staatsoper
17.4. Wien (A),
Staatsoper
20.4. Wien (A),
Staatsoper
25.5. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
15.6. Luzern (CH),
KKL
Georg Nigl
24.4. Wien (A),
Konzerthaus
Alice Sara Ott
16.4.Heidelberg,
Stadthalle
17.4.Berlin, Philharmonie
20.4.Duisburg,
Gebläsenhalle
Landschaftspark Duisburg-Nord
11.7.Johannisberg,
Schloss
Andreas
Ottensamer
28.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
12.4.Essen, Philharmonie
9.5.Berlin, Philharmonie
14.5.Berlin, Philharmonie
René Pape
29.5.Dortmund,
Konzerthaus
Hille Perl
18.4.Freiburg, Ensemblehaus
20.4.Stuttgart,
Liederhalle
21.4.Berlin, Philharmonie
Kammermusiksaal
22.4.Köln, Philharmonie
17.5.Göttingen,
Internationale
Händel-Festspiele
27.5. Wien (A),
Musikverein
1.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
2.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
3.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
5.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
6.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
Anna Prohaska
27.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
28.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
30.3.Baden-Baden,
Festspielhaus
2.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
Fotos: Peter Creig; Dresdner Musikfestspiele
MOVIMENTOS FESTWOCHEN: In Wolfsburg
stellt man jährlich mit den „Movimentos Festwochen“ ein vielseitiges Programm auf künstlerischem Spitzenniveau auf die Beine. Diesmal
lautet das Motto „Frieden“, dem man sich mit
Lesungen und Schauspiel, aber auch über internationale Ballettgastspiele nähert (Kibbutz
Contemporary Dance Company, Les Ballets de
Monte-Carlo). Zu den musikalischen Top-Acts
zählen Saxofonist Joshua Redman und Grammy-Preisträgerin Natalie Cole (10.4.–17.5.).
www.movimentos.de
Tickets: (08 00) 2 88 67 82 38
20.6.Dresden,
Frauenkirche
3.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
6.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
9.4.Berlin, Philharmonie
15.4. Zürich (CH),
Tonhalle
16.4. Zürich (CH),
Tonhalle
17.4. Zürich (CH),
Tonhalle
23.4. Wien (A),
Musikverein
25.4.Dortmund,
Konzerthaus
1.5.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
7.5.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
15.5.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
21.5.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
Quatuor Ébène
13.4. Luzern (CH),
KKL
17.4.Baden-Baden,
Festspielhaus
3.5.Schweinfurt,
Theater
4.5.Göppingen,
Stadthalle
7.5. Hohenems (A),
Schubertiade
8.5.Gauting, Bosco Kulturhaus
10.5.Leipzig, Gewandhaus
30.5.Hamburg,
Laeiszhalle
Esa-Pekka Salonen
21.5. Zürich (CH),
Tonhalle
30.5.Essen, Philharmonie
31.5.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
2.6. Wien (A),
Konzerthaus
4.6. Zürich (CH),
Tonhalle
2.7. Zürich (CH),
Tonhalle
3.7. Zürich (CH),
Tonhalle
Lee Santana
16.4.Stuttgart,
Liederhalle
18.4.Freiburg,
Konzerthaus
21.4.Berlin, Philharmonie
9.5.Stuttgart,
Liederhalle
10.5.Freiburg,
Konzerthaus
17.5.Göttingen,
Internationale
Händel-Festspiele
27.5. Wien (A),
Musikverein
19.6.Baden-Baden,
Festspielhaus
21.6. Zürich (CH),
Tonhalle
1.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
2.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
3.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
4.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
5.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
6.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater
3.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
6.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
17.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
18.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
20.5. Wien (A),
Musikverein
21.5. Wien (A),
Musikverein
23.5.Baden-Baden,
Festspielhaus
24.5.Baden-Baden,
Festspielhaus
Andreas Scholl
9.5. Hohenems (A),
Schubertiade
23.5. Salzburg (A),
Haus für Mozart
5.8.Wiesbaden,
Lutherkirche
6.8.Wiesbaden,
Kurhaus
Francesco Tristano
16.4.Heidelberg,
Stadthalle
17.4.Berlin, Philharmonie
Grigory Sokolov
27.3.München,
Herkulessaal
10.4. Zürich (CH),
Tonhalle
13.4.Hamburg,
Laeiszhalle
20.4.Berlin, Philharmonie
22.4.Heidelberg,
Heidelberger
Frühling
27.4.Köln, Philharmonie
21.6.Fürth, Stadttheater
Bryn Terfel
16.7.Baden-Baden,
Festspielhaus
19.7.Baden-Baden,
Festspielhaus
Christian
Thielemann
28.3. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
30.3. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
31.3. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
2.4. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
3.4. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
4.4. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
6.4. Salzburg (A),
Großes Festspielhaus
1.5.Dresden,
Sächsische
Staatsoper
Mitsuko Uchida
9.5.Berlin, Konzerthaus
10.5.Berlin, Konzerthaus
27.5. Wien (A),
Staatsoper
31.5.Köln, Philharmonie
19.8.Wiesbaden,
Hessisches
Staatstheater
21.8. Salzburg (A),
Haus für Mozart
Rolando Villazón
28.3.München, Nationaltheater
31.3.München, Nationaltheater
4.4.München, Nationaltheater
23.4.Berlin, Deutsche Oper
30.4.Berlin, Deutsche Oper
3.5.Berlin, Deutsche Oper
16.7.Baden-Baden,
Festspielhaus
19.7.Baden-Baden,
Festspielhaus
Yuja Wang
16.4. Salzburg (A),
Mozarteum
18.4. Wien (A),
Musikverein
23.4.Hamburg,
Laeiszhalle
24.4.Hamburg,
Laeiszhalle
25.4.Lübeck, Musik- und Kongresshalle
6.5.München,
Philharmonie
7.5.München,
Philharmonie
8.5.München,
Philharmonie
14.5.Berlin, Philharmonie
15.5.Berlin, Philharmonie
65
16.5.Berlin, Philharmonie
22.5.Essen, Philharmonie
24.6. Zürich (CH),
Tonhalle
25.6. Zürich (CH),
Tonhalle
Alisa Weilerstein
9.5.Weiden, MaxReger-Halle
10.5.Friedrichshafen, Graf
Zeppelin Haus
4.7.Berlin, Konzerthaus
5.7. Bad Kissingen,
Regentenbau
14.8.Wiesbaden,
Kurhaus
Pieter Wispelwey
29.5.Papendorf,
Villa Papendorf
Axel Wolf
21.3.München,
AllerheiligenHofkirche
3.4.München,
Philharmonie
17.5. St. Ottilien,
Erzabtei St.
Ottilien
Tianwa Yang
26.3.Karlsruhe,
WolfgangRihm-Forum
27.3.Mannheim,
Christuskirche
7.4.Köln, Kammermusiksaal der
HfMT Köln
19.4.Stuttgart,
Liederhalle
20.4.Stuttgart,
Liederhalle
21.4.Kassel, Musikakademie
Sonya Yoncheva
6.4. Zürich (CH),
Opernhaus
11.4. Zürich (CH),
Opernhaus
16.4. Zürich (CH),
Opernhaus
19.4. Zürich (CH),
Opernhaus
22.4. Zürich (CH),
Opernhaus
25.4. Zürich (CH),
Opernhaus
Yundi
28.4.Berlin, Konzerthaus
Krystian Zimerman
1.5.Baden-Baden,
Festspielhaus
Frank Peter
Zimmermann
27.3.Bielefeld,
Rudolf Oetker
Halle
16.4.München,
Philharmonie
17.4.München,
Philharmonie
19.4. Wien (A),
Musikverein
27.4.Augsburg,
Theater
28.4.Augsburg,
Theater
9.5.Berlin, Philharmonie
10.5.Berlin, Philharmonie
14.5.Leipzig, Gewandhaus
15.5.Leipzig, Gewandhaus
7.6.Darmstadt,
Staatstheater
8.6.Darmstadt,
Staatstheater
5.7.München,
Prinzregententheater
Xv international tchaikovsky competition
15 June — 3 July 2015
moscow and st. petersburg
russia
Berliner
Philharmoniker
piano
cello
violin
voice
Moscow
Moscow
st. Petersburg
st. Petersburg
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Herausgeberin: Verena von der Goltz
Chefredakteur: Carsten Hinrichs (ch)
Redaktionsassistentin: Anna Vogt
Autoren dieser Ausgabe: Michael Blümke
(mb), Arnt Cobbers (ac), Oliver Buslau, Josef
Engels (joe), Guido Fischer (gf), Thomas Fitterling (tf), Robert Fraunholzer (rfr), Matthias
Kornemann (mk), Reinhard Lemelle (rl), Roland Mackes, Carsten Niemann (cn), Matthias
Siehler, Werner Stiefele (ws), Michael Wersin
(mw), Marcus A. Woelfle
Bildredaktion: Oliver Tenhoven
Termine: Anna Vogt
Art Director: Arndt Knieper
Produktion: Rüdiger Kern
Abo + Vertrieb: Susanne Lanzinger
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Anzeigen Tonträger: Marike Hasler
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Ulrike Oertel
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Druck: ADV Schoder, Augsburger Druck- u.
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RONDO erscheint sechsmal jährlich.
Abonnement für ein Jahr: Deutschland u.
Österreich 28 €, weiteres Ausland 32 € – bitte bei Bestellung Bank­verbindung für Lastschrifteinzug mit BIC und IBAN angeben.
Das nächste RONDO erscheint am
Donnerstag, 21. Mai 2015.
66
Avishai Cohen Trio
25.3.Heidelberg,
Stadthalle
21.4. Innsbruck (A),
Treibhaus
23.4. Zürich (CH),
Moods
24.4. Zürich (CH),
Moods
Bernard Allison
28.3.Freiburg, Jazzhaus
Götz Alsmann
20.3.Ludwigshafen,
Feierabendhaus der BASF
21.3.Ludwigshafen,
Feierabendhaus der BASF
25.3.Dresden,
Albertinum
28.3.Chemnitz,
Städtische
Theater
29.3.Leipzig, Gewandhaus
15.4.Düsseldorf,
Savoy Theater
16.4.Düsseldorf,
Savoy Theater
24.4.Leverkusen,
Bayer KulturForum
25.4.Berlin, Admiralspalast
26.4.Berlin, Admiralspalast
11.5.Hamburg,
Laeiszhalle
12.5.Oldenburg,
Staatstheater
15.5.Ravensburg,
Konzerthaus
3.6.Gelsenkirchen, Musiktheater im
Revier
13.6.Bamberg,
Konzert- und
Kongresshalle
Maria Baptist
1.4.Berlin, Kunstfabrik Schlot
9.4.Berlin, Piano
Salon Christophori
16.4.Berlin, B-flat
6.5.Berlin, Kunstfabrik Schlot
21.5.Berlin, B-flat
3.6.Berlin, Kunstfabrik Schlot
Beady Belle
21.4.München,
Jazzclub Unterfahrt
25.4.Minden, Jazz
Club
Johanna Borchert
21.4.Kiel, KulturForum
23.4.Flensburg, Orpheus Theater
Till Brönner
27.3.Kassel, Staatstheater
19.4.Leipzig, Gewandhaus
16.5.Ludwigsburg,
Schlossfestspiele
17.5.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Popa Chubby
26.4.Freiburg, Jazzhaus
Chick Corea
9.6. Villach (A),
Congresscenter
Randy Crawford
4.5.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
Caroline Henderson
29.5.Potsdam,
Nikolaisaal
Julia Hülsmann
27.3. Neuburg a. d.
Donau, Birdland Jazz Club
29.3.Freiburg, Jazzhaus
31.3.Elmau, Schloss
Jacob Karlzon
19.3.Kiel, KulturForum
29.3.Regensburg,
Theater
Joachim Kühn
24.4.Singen, Jazz
Club
25.4.Dortmund,
Domicil
20.6.Worms, Jazz &
Joy
Klazz Brothers
24.3.Berlin, Tipi am
Kanzleramt
25.3.Berlin, Tipi am
Kanzleramt
26.3.Berlin, Tipi am
Kanzleramt
8.6.Mannheim,
Alle Termine auch auf
rondomagazin. de
6.5.Düsseldorf,
Tonhalle
8.5.Dortmund,
Konzerthaus
9.5.Hamburg,
Laeiszhalle
Silke Eberhard
24.3.Berlin, B-flat
31.3.Berlin, Admiralspalast
10.4.Wuppertal,
Skulpturenpark
14.4.Köln, Loft
Chilly Gonzales
11.5.Berlin, Philharmonie
28.5.Frankfurt/
Main, Alte
Oper
21.6.München,
Philharmonie
29.6.Hamburg,
Laeiszhalle
Nationaltheater
13.6.Düsseldorf,
Savoy Theater
Alexandra Lehmler
Quintett
5.4.Stuttgart,
Theaterhaus
Lyambiko
19.3.Mannheim,
Alte Feuerwache
21.3.Frankfurt/
Main, Brotfabrik
22.3.Bonn, Harmonie
Rita Marcotulli
23.4.Bonn, Beethovenhaus
25.4.Wuppertal,
Skulpturenpark
27.4.Koblenz, Café
Hahn
30.4. Basel (CH),
Gare du Nord
(Bahnhof nur
Neue Musik)
Natalia Mateo
20.3.Frankfurt/
Main, Fabrik
28.3.Hamburg, Fabrik
17.4.München,
Jazzclub Unterfahrt
Silje Nergaard
12.4.Bonn, Harmonie
14.4.Koblenz, Café
Hahn
16.4.Karlsruhe,
Tollhaus
22.4.Hamburg,
Laeiszhalle
29.4.München,
Jazzclub Unterfahrt
30.4.Elmau, Schloss
Quadro Nuevo
20.3.Mannheim,
Alte Feuerwache
21.3.Karlsruhe,
Tollhaus
14.4.Bonn, Harmonie
15.4.Bonn, Harmonie
21.4.Fürth, Stadttheater
Gregory Porter
6.5.Rottweil, Jazzfest
3.7.München, Tollwood
9.7.Stuttgart, Jazz
Open
25.7.Lübeck,
SchleswigHolstein Musik
Festival
Curtis Stigers
19.3.Karlsruhe,
Tollhaus
25.3.München,
Prinzregententheater
Viktoria Tolstoy
5.5.Pullach, Bürgerhaus
6.5.Fürstenfeldbruck, Veranstaltungsforum
8.5. Innsbruck (A),
Treibhaus
Tingvall Trio
8.5.Bonn, Harmonie
26.6.Tübingen,
Sudhaus
Michael Wollny
21.3.Burghausen,
Jazzwoche
6.5.Berlin, Philharmonie
Zugabe
Fotos: Ruben Martin/Sony Classical (l. o.); Esther Haase/DG (l.u.); Marie Staggert/DG (r. o.); Gregor Hohenberg /Sony Classical (r. u.)
Namen, Nachrichten, Nettigkeiten:
Neues von der Hinterbühne
Von Robe rt F r au n hol z e r
Kein Mann fürn
Mond: Plácido
Domingo lässt
künftig ab vom
Grafen Luna
Kennt sich aus:
Alice Sara Ott liebt
Single Malts
Plácido Domingo zieht Konsequenzen aus
den verheerenden Kritiken seines Graf Luna
in Verdis „Trovatore“ und singt die Rolle ab sofort nicht mehr. In Berlin, Mailand und Salzburg muss nun umbesetzt werden. Als nächstes Rollendebüt Domingos ist Puccinis „Gianni
Schicchi“ geplant – in Madrid und Los Angeles.
Pianist und Dirigent Daniel Barenboim
hält die deutsche Pegida für etwas, für das
man sich „nur schämen“ kann. „Als Jude habe
ich mich vor vielen Jahren dafür entschieden,
in Berlin zu leben, und zwar ganz bewusst“,
sagte er dem Berliner „Tip“. „Denn ich war voller Bewunderung dafür, wie in Deutschland sowohl die Politik wie auch die Bevölkerung sich
mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt
hatten. Schauen Sie sich andere Länder wie Japan, Spanien oder Italien an“, so Barenboim,
„wo fast nichts in dieser Hinsicht unternommen wurde. In der jetzigen Situation finde ich
das Phänomen Pegida – und alle seine Ableger
– traurig.“
Die japanisch-deutsche Pianistin Alice
Sara Ott ist privat Whiskey-Liebhaberin. Das
erzählte sie in Berlin. Von den japanischen Sorten bevorzuge sie Nikka Taketsuru, den sogenannten „Bambus-Kranich“. Von den schottischen Single Malts seien „Tallisker“ und
„Laphroaig“ ihre Favoriten.
Die Intendantin der Oper Valencia, Helga
Schmidt, ist von ihren Funktionen mit sofortiger Wirkung suspendiert worden, nachdem
zuvor die Polizei das Palau de les Arts durchsucht und die Wienerin vorübergehend fest-
genommen hatte. Bei der Akquise von Sponsorengeldern soll sich die Intendantin um mehr
als eine halbe Million Euro bereichert haben.
Das geht aus der Aussage eines früheren Mitarbeiters hervor. Schon vor Jahren war aufgrund eines Informationslecks im eigenen
Hause Schmidts Plan vereitelt worden, Riccardo Chailly als Nachfolger für Lorin Maazel zu
gewinnen. (Chailly zog sich zurück, verpflichtet wurde Omer Meir Wellber.) Das Opernhaus
leidet unter einem drastischen Einbruch der
Subventionen. Der als Nachfolger verpflichtete neue Intendant, Davide Livermore, bezieht
indes, so berichtet die „Opernwelt“, ein garantiertes Monatsgehalt von runden 67.000 Euro.
Kirill Petrenko, der Chefdirigent der Bayerischen Staatsoper, ist doch ein Mensch! Während bislang persönliche Beziehungen des gebürtigen Russen nicht bekannt waren, wurde
in München unlängst eine anscheinende Herzensbeziehung zu der Sopranistin Anja Kampe registriert; diese ist indes schon wieder vorüber. Jetzt ist Petrenko, so hört man, mit einer
Orchestermusikerin zusammen.
Geiger Nemanja Radulović versteckt sich
beim Auftreten gern hinter einer Springflut
von Haaren, wie er auch schon RONDO erzählte. Richtig verstecken – so wie Martha Argerich dies tut – kann er sich hinter dem HaarVorhang aber nicht. Denn dann fällt die Matte
über die Geige. „Ich arbeite mit Clips“, so Radulović.
Der Komponist Charles Kálmán, Sohn von
Emmerich Kálmán, starb in München im Alter von 85 Jahren. Er vollendete die „Arizona
Lady“ seines Vaters, als dieser 1953 starb. Außerdem komponierte er Musicals, Filmmusik
und Schlager.
Die von einigen Beobachtern als ‚neue Netrebko‘ gehandelte Sonya Yoncheva glaubt,
von ihren Erfahrungen mit Alter Musik nur
profitiert zu haben. Sie verwende „intimere Farben“ und glaube, „dass man für Monteverdi einen beinahe jazzigen Sound braucht“,
so Yoncheva in Berlin. „Keine voce bianca! Die
kann ich auch gar nicht.“ Für Berlin bereitet die
Sopranistin Traviata und Desdemona vor.
Puschelklassik:
Nemanja Radulovic
muss sich clippen
Keine Voce bianca:
Sonia Yoncheva
profitierte von
Barock-Partien
67
erlebnis klassik.
THE 5 COUNTERTENORS
ARMONIA ATENEA, GEORGE PETROU
PIOTR BECZALA
THE FRENCH COLLECTION
BIZET, BERLIOZ, MASSENET, GOUNOD, VERDI
AVI AVITAL
VIVALDI
VENICE BAROQUE ORCHESTRA,
JUAN DIEGO FLÓREZ
ÓLAFUR ARNALDS & ALICE SARA OTT
THE CHOPIN PROJECT
HILARY HAHN
MOZART 5, VIEUXTEMPS 4
PAAVO JÄRVI
ANDREAS OTTENSAMER
BRAHMS
THE HUNGARIAN CONNECTION
68
www.klassikakzente.de