Das Klassik & Jazz Magazin 2/2015 HILLE PERL Unter Strom Bryan Hymel und Piotr Beczała: Zeit für Helden Frank Peter Zimmermann: Feilen am perfekten Klang François Leleux: Seelenbohrer Pierre Boulez: Maître der Moderne Immer samstags aktuell www.rondomagazin.de Foto: Shervin Lainez Foto: Rankin 7. bis 16. mai 2015 Lizz Wright www.jazzfest-bonn.de Foto: Stephen Freiheit Nigel Kennedy Foto: Ferrigato jazzfest bonn Schirmherr: Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch Karten an allen VVK-Stellen und unter www.bonnticket.de Marilyn Mazur Wolfgang Muthspiel Do 7.5. Post Tower Pat Martino Trio Ulita Knaus Mo 11.5. Brotfabrik Peter Evans – Zebulon Trio Hanno Busch Trio Fr 8.5. LVR-LandesMuseum Bonn Anke Helfrich Trio Norbert Gottschalk Quintett Di 12.5. Haus der Geschichte Wolfgang Muthspiel Trio Efrat Alony Trio Sa 9.5. Universität Bonn Lizz Wright Stefan Schultze – Large Ensemble Mi 13.5. Bundeskunsthalle Marilyn Mazur‘s Celestial Circle Frederik Köster – Die Verwandlung So 10.5. Volksbank-Haus Michael Schiefel & David Friedman Michael Heupel Do 14.5. Beethoven-Haus Bonn Enrico Rava meets Gianluca Petrella & Giovanni Guidi Julia Kadel Trio Fr 15.5. Bundeskunsthalle Franco Ambrosetti Sextet feat. Terri Lyne Carrington, Greg Osby, Buster Williams WDR Big Band & Erik Truffaz Sa 16.5. Telekom Forum Nigel Kennedy plays Jimi Hendrix Rebecca Treschers Ensemble 11 2 Themen Pasticcio: Meldungen und Meinungen aus der Musikwelt 4 Regional ist erste Wahl Leserreise: Versailles 5 Vielfalt auf Hille Perl: Unter Strom 6 Fanfare: Proben, Pleiten und Premieren aus Oper und Konzert Französische Tenöre: Zeit für Helden Pierre Boulez: Der Maître der Moderne Montforthaus: 8 10 Frank Peter Zimmermann: Feilen am perfekten Klang 14 Comic: Momente der Musikgeschichte Alice Sara Ott & Ólafur Arnalds: Vintage-Chopin Andreas Ottensamer: Die nackte Gulasch-Kanone Tianwa Yang: Forever Yang 16 18 19 20 22 24 26 Cécile McLorin Salvant: Französische Afro-Amerikanerin 28 32 Oper, Festival, Konzerte Jazzfest Bonn: Endlich wieder Hauptstadt 30 Café Imperial: Zu Gast im Musiker-Wohnzimmer 36 33 38 40 41 CDs, Bücher & Sammlerboxen was auf die Ohren 42 Klassik-CDs mit „CD des Monats“ 43 Jazz-CDs mit dem „Meilenstein“ 52 Bücher: Musik für Leseratten 56 Magazin: Schätze für den Plattenschrank Bunte Klassik Musik-Krimi: Doktor Stradivari 8 Französische Tenöre: Zeit für Helden RONDO-CD: Abonnenten kriegen 6 Über 50.000 Veranstaltungen. Karten unter: www.reservix.de Hille Perl: Unter Strom Da Capo: Gezischtes Doppel Boulevard: Hörtest – Schumann: Violinkonzert d-Moll Svjatoslav Richter: Hundert Jahre Einsamkeit höchstem Niveau der RONDO-Opernkritik 12 Blind gehört: Fabrice Millischer 34 Movimentos: Hausbesuch – Versailles: Es lebe der König! François Leleux: Der Seelenbohrer Fotos: Johannes Gontarski; Dario Acosta/Warner Classics; Georg Thum/Sony; Lars Borges/Mercury Calssics; Friedrun Reinhold Musikstadt: St. Petersburg Lust auf Klassik? 16 14.05. – 25.05.2015 Internationale HändelFestspiele Göttingen Göttingen und Umgebung François Leleux: Der Seelenbohrer 57 58 59 Termine Termine: Opernpremieren 60 Termine: Konzerte Klassik 62 Termine: Konzerte Jazz 66 Impressum 66 Zugabe: Nettigkeiten von den Hinterbühnen dieser Welt 67 22 25.07. – 02.08.2015 Sommerliche Musiktage Hitzacker Hitzacker Andreas Ottensamer: Die nackte Gulasch-Kanone 24 19.06. – 02.08.2015 Festspiele Europäische Wochen Passau Passau und Umgebung Tianwa Yang: Forever Yang 33 Pasticcio Meldungen und Meinungen der Musikwelt Qualität trotz Gegenwind Unbeirrt: Valery Gergiev Valery Gergiev kann anscheinend nicht anders. Sobald er auf den russischen Präsidenten angesprochen wird, gibt er sich nicht etwa zugeknöpft. Das genaue Gegenteil ist jetzt wieder während eines Interviews mit der „Deutschen Welle“ passiert. Als Gergiev über das musikalische Interesse des Staatsoberhaupt befragt wurde, meinte er: „Wissen Sie, Präsident Putin ist einmalig: Er interessiert sich für Kinderchöre und hat Zeit dafür!“ Mit dieser Ultranähe zum vielfach geschmähten Putin hat sich Gergiev zwar nicht nur Freunde gemacht, doch hat zumindest seine Reputation darunter nicht gelitten. Gerade dirigierte er die Berliner in der restlos ausverkauften Philharmonie (ein Kritiker mutmaßte tatsächlich, ob der Publikumszuspruch mit Gergievs Äußerungen zusammenhängen könnte). Und als neuer Organisationschef des Tschaikowski-Wettbewerbs hat er für die diesjährige Ausgabe im Juni die einzelnen Jurys äußert prominent besetzen können – etwa mit Leonidas Kavakas, Misha Maisky, Denis Matsuev, Thomas Quasthoff und Julia Varady. gf Gaga machts möglich Salzburger Nockerln: Ehrenbürgerschaft für Lady Gaga? Als kürzlich die Oscar-Feierlichkeiten weltweit übertragen wurden, rieb sich Leo Bauernberger prompt die Hände. Denn der Salzburger Tourismus-Manager ist sich absolut sicher, dass der Auftritt von Popsängerin Lady Gaga einen für die Region einträglichen Effekt haben wird. In einem Medley hatte Gaga Songs aus dem erfolgreichen Musicalfilm „The Sound of Music“ geträllert, der vor genau 50 Jahren auch im Salzburger Land gedreht wurde. Schon heute reisen jährlich rund 300.000 Besucher an, um die Originalschauplätze aufzusuchen. Doch nun dürfte der Hype um die verfilmte Geschichte der österreichischen Trapp-Familie, die in den USA quasi zur amerikanischen Kelly-Family wurde, schwindelerregende Höhen erreichen. Darauf spekulieren Geschäftsleute wie Leo Bauernberger nach Lady Gagas Auftritt. Und schon jetzt denkt mancher darüber nach, ob man nicht vorübergehend auf Gaga statt auf Mozart als Zugpferd setzen und ihr dafür schon mal vorsorglich die Salzburger Ehrenbürgerschaft verleihen soll. rl Nachwuchsschub Mehr Nachwuchs: Aufwärtstrend bei den Musikschulen Man hätte es nicht für möglich gehalten. Aber der Trend widerspricht den Schwarzmalern, die sich immer wieder über den Kulturverfall aufregen. Laut einer von der Nachrichtenagentur dpa durchgeführten Umfrage zur aktuellen Situation von Musikschulen in vier ostdeutschen Bundesländern und in Berlin ist der Andrang von Schülern stetig wachsend. So haben sich etwa in Berlin 2014 mehr als 52.000 Musikinteressierte an den 12 öffentlichen Musikschulen angemeldet. Ähnlich erfreulich sind die Zahlen in Brandenburg oder Thüringen – wobei nur ausreichend geschultes Fachpersonal fehlt. Mit einem außergewöhnlichen Projekt richten sich dafür auch die ARD-Anstalten an den klassikinteressierten Nachwuchs. Nach dem letztjährigen Dvořàk-Experiment, bei dem Schulklassen sich auf ein live übertragenes Konzert auf vielfältige Weise vorbereiten konnten, steht jetzt das „Gershwin-Experiment“ ins Haus. Die besten Schulprojekte werden online auf www.schulkonzert. ard.de und im Rahmen der Abschlussveranstaltungen in München und ausgewählten Landesrundfunkanstalten vorgestellt. gf Leserbriefe Zum Artikel „Dabeisein ist alles“ in RONDO 01/2015 Auf der Klangwolke „Lieber Herr Kornemann, […] Ihr Text zu Sokolov hat mir sehr gut gefallen. Er spielt in anderen Sphären. Und so, in eben diesen anderen Sphären, habe ich ihn vor langen Jahren in Basel erlebt. Ich verliess den Konzertsaal wie auf einer Wolke. Ebenso auf einer Wolke sitzend, habe ich seine Goldbergvariationen von 1982 angehört. Und er war/ist der Einzige, der sich neben Glenn Gould einreihen kann. Nochmals Salzburg: Ich habe mich doch sehr gewundert, dass er im Fono Forum nur 4,5 Sterne erhalten hat. Nun: ich bin ein musikalisch geprägter Laie und kein Profi.“ KASPAR N. WILDBERGER, RIEHEN „Sehr geehrte Damen und Herren, vielen Dank für den Sokolov-Beitrag Ihres Herrn Kornemann in Rondo 1/2015. Treffsicherer und raffinierter läßt sich die aktuelle Stimmungslage in Sachen Sokolov wohl nicht einfangen. Ihr stets interessierter Leser,“ JAN ROXIN, PER EMAIL Zur CD des Monats in RONDO 01/2015 Große Kunst, direkt in die Seele „Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie die neue CD von Tabea Zimmermann zur CD des Monats gekürt haben. Schon mehrere Male durfte ich diese Bratschistin im Konzert erleben, zum Beispiel beim Spannungen-Festival in Heimbach. Sie wirkte immer sehr sympathisch auf mich, humorvoll und zugleich bescheiden, dazu ihre Ernsthaftigkeit im Umgang mit der Musik. Am meisten hat mich aber ihr voller, warmer Ton auf der Bratsche beeindruckt, die Musik ging mir direkt in die Seele. Für mich war das Konzert mit Frau Zimmermann ganz große Kunst.“ HELGA SCHERNACK, DÜREN Zum Hörtest „Telemann – Noveaux Quatuors“ in RONDO 01/2015 Musik-Metropolen „Mit Vergnügen habe ich die lebhafte Schilderung von Telemanns Paris-Besuch im letzten Hörtest gelesen. Da ich auch gerne die Musikstädte verfolge, die sie vorstellen, hatte ich die Idee, ob man nicht auch mal Musik-Metropolen der Vergangenheit porträtieren könnte? Zum Beispiel würde mich ein ‚Besuch‘ in Mailand zur Zeit des jungen Mozart bei Padre Martini oder ein Abstecher ins Dresden Augusts des Starken und seiner Hofkapelle interessieren.“ WALTER RONNACHER, BAD REICHENHALL 4 30. INTERNATIONALES MUSIKFESTIVAL 19. JUNI – 19. JULI 2015 Cecilia Bartoli Grigory Sokolov Leserreise Versailles 19.06. Eröffnungskonzert 05.07. Deutsches SymphonieOrchester Berlin D: Andrey Boreyko S: Sol Gabetta (Violoncello) Saint-Saëns · Tschaikowsky 25.06. Christine Schäfer mit Musiker der Berliner Philharmoniker Concerto Melante Gallo · Händel u. a. Barocke Oper und neue Philharmonie Fotos: WikiCommons V ersailles: Das ist ein beeindruckender Barockbau – und zweifellos einer der Höhepunkte der europäischen Palastarchitektur. Kein Wunder, dass das unter dem Schutz der UNESCO stehende Schloss zu den meistbesuchten Denkmälern der Welt zählt. Doch während die meisten Touristen sich mit einem Rundgang durch den berühmten Spiegelsaal und einige andere museal hergerichtete Räume zufrieden geben, tauchen wir tiefer in die Epoche und deren Kultur ein: Ein Höhepunkt dieser speziell für RONDO-Leser ausgearbeiteten 5-tägigen Reise ist der Opernbesuch im historischen Schlosstheater, der Opéra Royale. Erleben Sie Leonardo Vincis „Catone in Utica“ in einer historischen Besetzung – also mit vier Countertenören, darunter Franco Fagioli, Valer Sabadus und Max Emmanuel Cencic. Das Spitzenensemble Pomo d‘oro unter der Leitung von Riccardo Minasi wird die historische Bühne im Schloss von Versailles in die Brillanz und den Klangfarbenzauber einer vergangenen Epoche tauchen. Nur selten gibt es die Gelegenheit, Oper in solch hochkarätiger Besetzung in der intimen Raumgröße einer originalen Barockbühne zu erleben! 26.06. Reisezeitraum: Do, 18. Juni bis Mo., 22. Juni Preis: ab 1495 Euro p. P./DZ inkl Bahnfahrt, bzw. 1595 Euro p. P./DZ inkl Flug Neugierig geworden? Fordern Sie noch heute die detaillierten Reiseunterlagen an unter fernweh@ rondomagazin.de oder postalisch unter RONDO, Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin – Ihre Kontaktdaten bitte nicht vergessen. Wir freuen uns auf Sie! Es versteht sich von selbst, dass wir auch das Schloss und den gewaltigen Schlosspark kennen lernen werden. Doch auch Paris steht auf dem Programm, mit einer Rundfahrt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, wie der Kathedrale Notre-Dame oder dem Eiffelturm. Höhepunkt hierbei ist der Konzertbesuch in der neuen Philharmonie, wo Sie ein Meisterwerk der französischen Romantik und eins der größtbesetzten Chorwerke überhaupt hören werden – das „Te Deum“ von Hector Berlioz. Unter der Leitung des Musikdirektors des SWR-SO Baden-Baden und Freiburg und designierten Kölner GMD François-Xavier Roth erwartet Sie eine Spitzenbesetzung; neben seinem Orchester Les Siècles und der Kantorei Maîtrise de Radio France sind mehr als ein halbes Dutzend weitere Gesangsensembles mit dabei. Die Reise ist – abhängig vom Wohnort – mit Bahnfahrt oder Flug von Deutschland, Österreich und der Schweiz buchbar. Sie wohnen in einem charmanten, zentral in Versailles gelegenen Hotel, nur wenige Gehminuten vom Schloss entfernt. Es begleiten Sie eine professionelle deutschsprachige Reiseleitung und RONDO-Chefredakteur Carsten Hinrichs. 5 27.06. 28.06. 01.07. 02.07. 04.07. © Dario Acosta © Decca Uli Weber Spieglein, Spieglein: Macht und Herrschaft in Versailles Daniil Trifonov Sonntagskonzert Copenhagen Philharmonic Orchestra D: Lawrence Foster S: Alisa Weilerstein (Violoncello) Julian Jia - Gewinner KlavierOlymp 2014 Dvoˇrák · Mozart u.a. 08.07. Festliche Operngala Budapest Philharmonic Orchestra Sabine Meyer und D: Johan Arnell Waltraud Meier S: Genia Kühmeier Nationalphilharmonie (Sopran) Warschau Vesselina Kasarova D: Jacek Kaspszyk (Mezzosopran) Strauss · Mozart · Brahms Dmitry Korchak (Tenor) Arien und Duette Missa Solemnis „Le Nozze di Figaro“, Tschech. Philharmonie/ „Don Giovanni“ u. a. Philharm. Chor Prag D: Jiˇrí Bˇelohlávek/Chor- 10.07. Gala Frank Peter leiter: Lukás Vasilek Zimmermann S: Genia Kühmeier Bamberger Symphoniker Bayerische Staatsphilharmonie (Sopran) D: Ádám Fischer Marianne Crebassa Mozart · Brahms (Mezzosopran) Arturo Chacón-Cruz 11.07. Gala Cecilia Bartoli (Tenor) „St. Petersburg“ Daniel Kotlinski I Barocchisti (Bassbariton) D: Diego Fasolis Prager 12.07. Notte italiana Virtuosenkonzert Münchner Tschech. Philharmonie Rundfunkorchester D: James Gaffigan D: Jacek Kaspszyk S: Midori (Violine) S: Norma Fantini (Sopran) Dvoˇrák · Schumann Marianne Crebassa (Mezzosopran) Promskonzert Arturo Chacón-Cruz BBC Symphony Orchestra (Tenor) London Daniel Kotlinski D: Sakari Oramo (Bassbariton) S: Igor Levit (Klavier) Arien und Duette aus Grieg · Beethoven u. a. „Tosca“, „Aida“, Simone Kermes „Norma“, „Werther“ u. a. zwischen Barock, Bernstein & Mackie Messer 14.07. Klavierabend Grigory Sokolov Ensemble Metamorfosi Bach · Beethoven u. a. Andreas Schmidt (Bariton) Bernstein · Rossini u. a. 15.07. „From Russia Violinsoiree mit with Love“ Brahms und Dvoˇrák Orchester des Mariinsky Symphonieorchester des Theaters St. Petersburg Bayerischen Rundfunks D: Valery Gergiev D: Andris Nelsons S: Daniil Trifonov (Klavier) S: Lisa Batiashvili (Violine) Chopin · Tschaikowsky u. a. Programm & Tickets KISSINGER SOMMER Ticket-Tel. 0971 8048-444 · Mo - Fr 8:30 - 20 · Sa/So 10 - 14 Uhr [email protected] · www.kissingersommer.de [email protected] Sparkasse Bad Kissingen Ihr verlässlicher Partner vor Ort. förderverein Landkreis Bad Kissingen Hille Perl Unter Strom Alte Musik im Sound von Rockballaden – mit ihrem Album „Born To Be Mild“ schlägt die Star-Gambistin unerwartete Töne an. Und Genregrenzen zu überschreiten ist gerade schwer angesagt. Von G u i d o F i s c h e r A lles hat mit einer Frage und der sofort nachgelieferten Antwort begonnen. „Glauben Sie, Bach dreht sich im Grabe herum?“, so Paul Hin- demith einmal. „Er denkt nicht daran. Wenn Bach heute lebte, vielleicht hätte er den Shimmy erfunden oder zum mindesten in die anständige Musik aufgenommen.“ Schon in den Goldenen Zwanzigern erkannte Hindemith als erster in der Musikgeschichte, was für ein Jazz-Potenzial in der sogenannten Alten Musik und speziell in der von Johann Sebastian Bach steckt. Und prompt machte Hindemith die Probe aufs Exempel, als er eine Bach-Fuge in einem knackigen, noch nicht mal vierminütigen Ragtime für Orchester verarbeitete. Damals rümpften die Gralshüter des abendländischen Klassik-Erbes über so eine musikalische Frechheit natürlich gehörig die Nase. Fast ein Jahrhundert später hingegen hat sich die Lage zwischen den Lagern längst tiefenentspannt. Denn mittlerweile sind es nicht nur Spezialisten aus der Alten Musik-Szene wie Christina Pluhar, die die Ostinato-Basslinien einer Passacaglia oder einer Chaconne gehörig grooven lassen. Umgekehrt entdecken auch Jazzfachleute wie der französische Tubist und passionierte Serpentspieler Michel Godard die Musik etwa eines Claudio Monteverdi für sich. Schließlich, so Monsieur, „gibt es unglaublich viele Ähnlichkeiten zwischen einem Musiker des 16., beginnenden 17. Jahrhunderts und einem Jazzmusiker von heute.“ Für Godard bildet da vor allem die Improvisa- Foto: Johannes Gontarski Verstärkung: Die Familie Perl-Santana, jetzt auch mit E-Gambe 6 tion das einende Band. Zudem sind sich die für die Barockmusik typischen Ostinato-Bässe mit den jazzigen Walking-Bässen ebenfalls nicht wesenfremd. E-Musik, wörtlich genommen Einen etwas anderen Weg ist aber jetzt die Gamben-Flüsterin Hille Perl gegangen, um mögliche Schnittpunkte zwischen fernen Jahrhunderten und den jeweiligen Klangmoden auszumachen. Wie der an den SteppenwolfKlassiker „Born To Be Wild“ angelehnte Titel ihres Albums „Born To Be Mild“ andeutet, flirtet Perl da immerhin mit dem Rock-Idiom. Zahlreiche Repertoire-Klassiker von „Greensleeves“ über eine „Musette“ vom französischen Gamben-Maître Marin Marais bis hin zu Stücken von Tobias Hume erklingen jetzt im Stile von instrumentalen Rockballaden. Da sorgen Hille Perl und ihre Tochter Marthe auf ihren EGamben für schillernde Wahwah-Effekte und Klangverzerrungen. Und Lee Santana, der nor- Zwischendurch kommt es innerhalb eines Stückes plötzlich zu Dialogen zwischen Jobims „Desafinado“ und einer Toccata von Kapsberger – ein Moment von wahrhaft glücksspendendem Flow. malerweise sein musikhistorisches Stilempfinden auf Lauten in allen Größen exzellent auszuspielen versteht, sorgt nun auch an einer E-Gitarre durchweg für zart fluoreszierende Klangflächen. Ob in der eigens komponierten „Pascals Gaillard“ oder im Arrangement von „Silence“, dieser Ode aus der Feder des legendären, 2014 verstorbenen Jazz-Bassisten Charlie Haden. Dass sich der kleine Perl-Clan so unerwartet neu vor allem mit Klängen aus der Renaissance und dem Barock beschäftigt hat, mag den Außenstehenden überraschen. Für Hille Perl war dieser Schritt jedoch unvermeidlich: „Vor einigen Jahren hatten mein Musik- und Lebensbegleiter Lee Santana und ich nur zum Spaß eine Rockband mit ins Leben gerufen: die Dead Poets. Ein bunter Haufen Musikbegeisterter mit einem ebenso bunten Programm. Singer-Songwriter-Stücke unserer seligen Ju- gendtage, handfeste Rock’n Roll-Evergreens – Noch passgenauer arbeiten bei ihren Genaber auch Stücke von John Dowland und ande- re- und Repertoiregrenzübertritten aber zwei Musiker, die aus völlig gegensätzlichen Richren Meistern der sogenannten Alten Musik. Die Dead Poets genossen in dieser Zeit einen sehr tungen kommen. Es sind der Jazz-Saxofonist guten Ruf – und das weit über die Grenzen un- Hugo Siegmeth und der Lautenist Axel Wolf, die auf ihrem Album „Flow“ einen erstaunseres Heimatdorfes Winkelsett hinaus. Ob in Beckeln, Harpstedt, Colnrade oder sogar in der lich gemeinsamen Atem unter Beweis gestellt Kreisstadt Wildeshausen – immer freute sich haben. Dabei ist das Programm auf den erseine ebenso treue wie stetig wachsende Fange- ten Blick mehr als nur kunterbunt geraten. Neben John Dowland und Claudio Montevermeinde auf unser jährliches Konzert.“ Und mit dem Erfolg wuchs auch der Anspruch an’s Instrumentarium. „Um seinerzeit mit phonstarken Elektroklampfen und voluminösem Rockschlagwerk wetteifern zu können, legte ich mir schließlich eben jene elektroakustische Gambe zu, die nicht nur Monteverdi mit Swing: Auf Christina Pluhars Alverstärkt werden konnte, sondern de- bum „Teatro d’amore“ gibt sich Counterboy Philippe ren Klang ich auch durch den Ein- Jaroussky in der Monteverdi-Arie „Ohimè ch’io cado“ satz elektronischer Effekte verändern extrem cool und swingend. konnte. Und da das Instrument nun Zeitloses Gipfeltreffen: Mit ihrem Album „Timeless“ einmal da war, dauerte es auch nicht hat die auf die Alte Musik spezialisierte Lautten Comlange und ich begann damit zu expe- pagney Berlin eine erstaunliche Nähe zwischen dem rimentieren und für mich und mein Italiener Tarquinio Merula (1595 – 1665) und dem amevornehmlich ja als Alte Musik katego- rikanischen Minimalisten Philip Glass ausgemacht. risiertes Repertoire neue Klangräume Luftsäulenheilige: Die Besetzung ist mit Schalmei, und -welten zu erschließen. Eine Liai- Akkordeon und Countertenor schon exotisch. Trotzson mit Folgen – an deren Ende die Idee dem ist es dem Duo Mixtura zusammen mit Kai Wesfür diese CD mit diesem Programm sel auf der CD „Sibylla“ gelungen, das Erbe des Renaisstand.“ sance-Fürsten Orlando di Lasso in den zeitgenössischen Kompositionen etwa von Karin Haußmann und Die barock-brasilianische Annette Schlünz sinn- und ohrenfällig zu machen. Die besten Brückenschläge swingin‘ Dancefloor-Oper Raus aus den Schubladen – dieses Motto schreiben sich überhaupt immer mehr Musiker auf die Fahnen, um für sich neue Klanghorizonte zu entdecken. In diese Riege hat sich erst kürzlich wieder die bereits erwähnte Christina Pluhar eingereiht. „Music For A While” nannte sie ihre Hommage an Henry Purcell und holte dafür neben engen Musikerfreunden wie Philippe Jaroussky und dem italienischen Jazz-Klarinettisten Gianluigi Trovesi auch den österreichischen Gitarristen Wolfgang Muthspiel ins Team. „Wir wollen die erstaunliche Aktualität von Henry Purcells Musik unterstreichen, indem wir uns in den Improvisationen harmonisch und stilistisch konstant zwischen den Jahrhunderten bewegen“, so Pluhar. „Dieser musikalische Stilwechsel vollzieht sich oftmals auch im selben Stück innerhalb eines einzigen Taktes. Der Zuhörer befindet sich in einem zeitlosen Musikraum.“ Ganz in diesem Sinne hat sich gerade mit der Musik Purcells, aber auch mit Höhepunkten aus Opern von Monteverdi und Händel die Mezzosopranistin Theresa Kronthaler beschäftigt und diese mit ihren beiden Trio-Kompagnons Kalle Kalima (Gitarre) und Oliver Potratz (Kontra- und E-Bass) ins zeitgenössische Rock- und Pop-Idiom übersetzt. Passend dazu ist der Titel der Trio-CD gewählt: „The Living Loving Maid“. Immerhin heißt fast genau so auch ein Song der Rockband Led Zeppelin. di tauchen George Gershwin („Summertime“) und Thelonious Monk („Round Midnight“) auf. Und zwischendurch kommt es innerhalb eines Stückes gar zu scheinbar gewagten Dialogen zwischen Carlos Jobims „Desafinado“ und einer Toccata von Giovanni Girolamo Kapsberger oder zwischen einem Frescobaldi-Stück und „Budo“ von Miles Davis. Doch Hugo Siegmeth und Axel Wolf switchen nicht einfach hin und her. Sie schaffen es tatsächlich, beide Klangsphären nahezu deckungsgleich miteinander zu verschmelzen und daraus eine dritte, neue Klangwelt zu schaffen. Am Reißbrett lassen sich solche musikalischen Kernfusionen aber selten entwerfen. Manchmal hängen die bisher ungehörten und glücksspendenden Ereignisse einfach nur vom richtigen Flow ab. Neu erschienen: Hille und Marthe Perl, Lee Santana: „Born To Be Mild“, dhm/Sony Classical Abonnenten-CD: Track 9 Axel Wolf und Hugo Siegmeth: „Flow – Jazz and Renaissance From Italy To Brasil“, Oehms/ Naxos Erscheint Mitte April: Kronthaler: „The Living Loving Maid“, Sony Classical Abonnenten-CD: Track 16 7 Und heute? „Guillaume Tell“ ist kürzlich in Turin, Amsterdam, Pesaro, München, Bad Wildbad, Graz, Monte-Carlo und Cardiff mehr als nur anständig gespielt worden. Warschau, London und New York werden folgen. Denn allein mit Juan Diego Flórez, John Osborne, Michael Spyres und Bryan Hymel steht ein noch nie dagewesenes Kleeblatt von vier Spitzentenören für diese Wahnsinnspartie bereit. Und nicht nur das. Floréz hat jüngst mit „L’amour“ bei der Decca eine hinreißende Sammlung französischer Tenorarien vorgelegt, und jetzt ziehen gleichzeitig sein polnischer Kollege Piotr Beczała sowie eben der Amerikaner Bryan Hymel mit zwei Soloalben nach. Bryan Hymel, dessen Karriere eben durch die Sängerdecke geht, studierte in Philadelphia und begann seine Karriere im Alter von 19 Jahren als Preisträger der Verdi Aria Competition 1998 in Aspen. In Folge sang er fleißig Puccini an kleineren Häusern. Doch bald schon folgten Engagements in Mailand, Glyndebourne, New York, München und Amsterdam. Der 35-Jährige, der vor allem in London bekannt wurde als Einspringer für Flórez (die Titelrolle in Meyerbeers „Robert le diable“) und Kaufmann (Énée in „Les troyens“ von Berlioz) und damit auch gleich zweimal zu DVD-Ehren kam (gerade erscheint zudem Verdis „Les vêpres siciliennes“), startet selbstbewusst seine erste Solo-CDs „Héroïque“ mit dem Arnold. Der Name ist wirklich und zu Recht Programm. Denn Hymel ist tatsächlich die seltene, prächtig entwickelte Spezies eines französischen Heldentenors. Hochgerüstete Attacke: Bryan Hymel kann sein strahlendes Timbre mit Stolz präsentieren Französische Tenöre Zeit für Helden Die Sparte schien schon fast ausgestorben – doch nun werfen Bryan Hymel und Piotr Beczała gleichzeitig neue, tolle Arien-CDs in den Klassikring. Von M at t h i a s S i e h l e r N ehmen wir zum Beispiel Gioachino Rossinis „Wilhelm Tell“ als Indikator. Vor einigen Jahren war diese erste aller Grand Opéras im Repertoire nicht vorhanden. Vor allem, weil die Tenorrolle des Arnold nicht besetzt werden konn- 8 te. Ständig hängt der in der tenoralen Stratosphäre zwischen dem a und dem hohen c, das vom Sänger über die ganze Oper hinweg 19 Mal erwischt werden muss. Auf CD ist selbst Luciano Pavarotti nur ein Kompromiss, einzig Nicolai Gedda schien dieser Partie gewachsen. Er singt Arnolds große, fast 13 Minuten dauernde Soloszene „Asile héréditaire“ nicht nur mit 10 Sekunden langem Final-c, sondern mit Kraft, Geschmeidigkeit, furchtloser Höhenattacke und ziemlich einzigartiger Schwere. Hier klingt ein richtiger Stimmkerl, kein Tenorino, sondern einer, der seine Waffen stolz vorzeigen kann. Die Stimme ist aber dennoch flexibel genug, weiß genau Kopf- und Brustresonanzen zu mischen. Hymel kann laut werden, aber immer mit angenehmem Bauchkribbeln. Sein Forte hat bisweilen einen metallischen, minimal grellen Beigeschmack, doch trägt diese Farbe wiederum zur Unverwechselbarkeit seines eher dunklen, aber schön fokussiert strahlenden Timbres bei. Sein Französisch ist nicht makellos, doch im Toleranzbereich. Zudem hat ihm Warner für diese erste, mit elf, teilweise sehr langen Arien gefüllte Silberscheibe die allerbeste Behandlung spendiert. Mit der Prager Philharmonie und dem Chor der Brünner Philharmonie hat er ein sehr gutes orchestrales und Vokalkollektiv-Fundament zur Verfügung. Am Pult agiert kenntnisreich Emmanuel Villaume. Denn gerade im französischen Repertoire ist es wichtig, dass die Psychologie der Opernhelden in ausführlicheren Ausschnitten er- Foto: Dario Acosta/Warner Classics Nicht bloß gefällige Häppchen © Paul Bourke fahrbar wird, man sich nicht nur auf Wunschkonzert-Melodien beschränkt. Hymel betätigt sich als Raritätensammler und deckt mehr als hundert kreative Jahre französischer Oper ab. Neben Rossini sind Berlioz („La damnation de Faust“, „Les troyens“), Verdi („Jérusalem“ und „Vêpres“), Gounod (mit dem hinreißend heldischen „Inspirez-moi, race divine!“ aus „La Reine de Saba“), Meyerbeer („L’Africaine“), Massenet („Hérodiade“) vertreten, aber auch halb vergessene Namen wie Ernest Reyer mit seinem post-wagnerischen „Sigurd“, Alfred Bruneau mit „L’attaque du moulin“ und Henri Rabaud mit einem Ausschnitt aus dem 1934 uraufgeführten „Rolande et le mauvais garçon“. Auf dem Medienmarkt ist Beczała mit vielen Opern-DVDs bestens vertreten, zwei Soloalben für Orfeo mit slawischem sowie italienisch-französischem Standardrepertoire fanden großen Beifall. Als Exklusivkünstler der Deutschen Grammophon begann er als Quereinsteiger mit einer hübsch operettigen, freilich ein wenig verhaltenen Richard-Tauber-Hommage. Und jetzt folgt Französisches – in möglichst breiter Fächerung. „The French Collection“ wird auch sehr luPiotr xuriös wie idiomatisch Beczała gekonnt instrumental begleitet vom Orchestre de l´Opéra national de Lyon unter Alain Altinoglou. Da gibt es Bekanntes von Massenet („Werther“, „Le cid“, „Manon“), Berlioz („La damnation de Faust“), Gounod („Roméo et Juliette“, „Faust“), Bizet und Rares wie Verdis französischen Don Carlos, Aubers „La dame blanche“, Berlioz’ „Béatrice et Bénédict“ oder Donizettis „Dom Sébastien, roi de Portugal“. Dass Beczałas CD keinerlei ReperDie Franzosen sind auch vokal immer einen Sonderweg gegangen. Kastraten beispielsweise mochten toire-Überschneidungen mit der von Hymel hat (wenn sie auch beide „Damsie gar nicht, so entwickelte sich in der Barockzeit am nation de Faust“-Ausschnitte singen), Hofe Ludwigs XIV. der Haute-Contre-Tenor, der mit zeigt deutlich, wie unterschiedlich sehr viel Kopfstimme sang. Als die Oper dramatischer die Stimmen gelagert sind. Beczała wurde und der italienische Einfluss nicht mehr zu ist ein Lyriker, der inzwischen im Zwistoppen war, triumphierte etwa der durch die französische Rossini-Schule gegangene erste „Tell“-Arnold schenfach angekommen, ist mit Auber und Roméo seine jugendliche HöhenAdolphe Nourrit. Er wurde verdrängt durch Gilbert leuchtkraft beweisen will; manchmal Duprez, der als erster das hohe c mit Bruststimme aber wirkt die inzwischen ein wenig sang. Auf ihn, wie auf den polnischen Metropolitanerkämpft. Doch ist er ein feiner Stilist, Opera-Liebling, Jean de Reszke, den baritonal grunder das souverän mit feinen Pianolidierten George Thill und schließlich Nicolai Gedda nien überspielt. Nicht nur im schmelberuft sich Bryn Hymel. Jean de Reszke ist natürlich zenden „Manon“-Duett mit Diana auch für den Polen Piotr Beczała ein Vorbild, desgleiDamrau macht er gezielt die Gefühlschen Jussi Björling und wiederum Nicolai Gedda als schleusen auf und hat sich doch stets moderne Stilbeispiele. geschmacklich im Griff. Eine gute Zeit für die französische Lyriker contra Heldentenor Oper also. Hoffentlich reagieren Markt und BeWährend Hymel auf seiner CD sein Unvertrieb entsprechend darauf. wechselbarstes, Bestes und auch Einzigartigstes präsentiert, legt der schon weit erfahreneNeu erschienen: Piotr Beczała: The French Collection, mit Damrau, Orchestre de l’Opéra re, im Betrieb abgeklärtere Kollege Beczała mit seiner jüngste CD einfach nur einen bestimmnational de Lyon, Altinoglou, DG/Universal ten Ausschnitt seiner Repertoirepallette vor. Bryan Hymel: „Héroïque“ , mit Prager Der 1966 geborene Beczała startete seine Philharmonie, Villaume, Warner Weltkarriere von Kattowitz mit festen Enga Abonnenten-CD: Track 12 gements in Linz (1992–1997) und Zürich (ab 1997) und seinen ersten internationalen AufDie nächsten Konzerte mit Piotr Beczała: tritten als Tamino bei den Salzburger Festspie30.5. Wien (A), Burgtheater len (1997). Heute gehört er zu den führenden 12.6. Graz (A), Musikverein für Steiermark Vertretern des lyrischen Tenorfachs, gefragt 15.6. Wien (A), Konzerthaus an allen bedeutenden Opernorten. Gleich22.6. Schwarzenberg (A), Schubertiade wohl hat er eben seinen ersten Lohengrin un25.6. Ingolstadt, Audi Sommerkonzerte ter Christian Thielemann für 2016 in Dresden angekündigt. Foto: Johannes Ifkovits/DG Frankreichs hohe Männer 9 SAISON 2015/16 FESTIVALS ABONNEMENTS KONZERTE rn Siche zt ch jet Sie si e t es n die b n! Karte SIR SIMON RATTLE VLADIMIR JUROWSKI YEFIM BRONFMAN MARTIN GRUBINGER LONDON SYMPHONY ORCHESTRA ANDREAS STAIER MÜNCHNER PHILHARMONIKER JONAS KAUFMANN MONTEVERDI CHOIR CHRISTIAN THIELEMANN PIOTR ANDERSZEWSKI JORDI SAVALL KONINKLIJK CONCERTGEBOUWORKEST IGOR LEVIT MAHLER CHAMBER ORCHESTRA PATRICIA KOPATCHINSKAJA BERLINER PHILHARMONIKER SIR ANDRÁS SCHIFF SOL GABETTA MICHAEL WOLLNY LONDON PHILHARMONIC ORCHESTRA MITSUKO UCHIDA MAGDALENA KOŽENÁ WIENER PHILHARMONIKER PIERRE-LAURENT AIMARD SIR JOHN ELIOT GARDINER LANG LANG CHRISTIAN TETZLAFF ANNETTE DASCH IVÁN FISCHER UND VIELE ANDERE 10% Frühbucher-Rabatt für Abonnenten TICKETS 069 13 40 400 www.alteoper.de Pierre Boulez Der Maître der Moderne Vor genau 90 Jahren wurde der Komponist, Dirigent und Kulturpolitiker Pierre Boulez geboren. Ein Grund, Bewunderer und Kollegen dieses Jahrhundertmusikers zu bitten, ihn hochleben zu lassen. Von G u i d o F i s c h e r Wolfgang Rihm „Das Phänomen Boulez macht seine Präsenz in der Dreiheit Komponist-Dirigent-Schriftsteller aus. Darüber hinaus seine Fähigkeit, In- stitutionen zu schaffen und durch lange Zeit zu motivieren. Was hingegen die Frage nach dem BoulezWerk betrifft: Wirkliche Kunstwerke sind naturgemäß unerschöpflich und zeigen immer wieder neue Aspekte. Ebenso können sie sich unvermittelt verschließen. So geht es mir mit allen Boulez-Werken. Wobei zu dem ‚Phänomen‘ Boulez gehört, dass es eigentlich ein einziges labyrinthisches Werk-Ganzes gibt, dem er selbst immer wieder neue Aspekte und Verschlossenheiten abgewonnen hat. Und was möchte ich ihm wünschen? Den ungeschmälerten Genuss der Würde seines Alters. Das Menschen-Mögliche also.“ (Wolfgang Rihm, Komponist) Carolin Widmann „Was mein Lieblingsstück von Boulez angeht, bin ich als Geigerin natürlich sehr subjektiv. Aber ‚Anthèmes 2‘ ist eines meiner Lieblingsstücke der Moderne. Es ist wirklich wunderschöne Musik, mit ständig wechselnden Charakteren und der Elektronik als gleichwertigem Kammermusikpartner mit der Violine.“ (Für die Violinistin Carolin Widmann haben u. a. Wolfgang Rihm und ihr Bruder Jörg Widmann komponiert) Irvine Arditti Stammvater: Pierre Boulez hat immer auch jungen Komponisten und Musikern auf ihrem eigenen Weg geholfen „Boulez ist einmalig, als Dirigent und als Komponist. Ich erinnere mich an eine Probe mit ihm in London. Der zweite Satz seines „Livre pour quatuor“ war wegen des Tempos und musikalischen Atems schwierig zu spielen, weil er nicht zum Metrum zu passen schien. Ich bat Boulez, ob er nicht dazu dirigieren könne, damit ich mich auf mein Spiel konzentrieren kann. Er antwortete zwar, dass er darauf eigentlich nicht vorbereitet sei. Aber zwei Minuten später spielten wir – mit Maestro Boulez, der uns perfekt durch alles navigierte.“ (Irvine Arditti, Gründer des englischen Arditti Quartet) „In seinem Roman über den französischen König Henri IV. bezeichnet Heinrich Mann diesen als einen ‚Mächtigen des Guten‘. Das könnte man auch über Pierre Boulez sagen. Die bedeutende Wirkungsmacht von Pierre Boulez ist evident und unstrittig. Sie scheint sich mir nicht nur aus der Vielfalt seiner stets mit höchster Kompetenz ausgeübten Tätigkeit als Komponist, Dirigent, Organi- 10 Foto: Harald Hoffmann/DG York Höller sator und Kunstdenker zu ergeben, sondern auch aus der – recht kontinuierlich medial vermittelten – Unverwechselbarkeit seiner Persönlichkeit, die in ihrer spezifischen Ausstrahlung letztlich unerklärlich bleibt. Diese Wirkungsmacht hat Pierre Boulez aber nie ausschließlich für sich selbst genutzt. Während meiner Jahrzehnte langen persönlichen und kennenzulernen. Er überschüttete mich geradezu mit seinem Vertrauen. Boulez ist sehr ernsthaft und geht keine Kompromisse ein. Zugleich geht er mit einem stets sehr respektvoll um. Seitdem ist Boulez für mich ein wichtiger Referenzpunkt in meinem musikalischen Leben. Und was seine Kompositionen angeht: Seine ‚Notations‘ für Orchester gehören zu- Ein Leben für die Musik Miles Davis und von Boulez! Und die Faszination an seiner Musik hat nie nachgelassen. Man nehme allein das Werk ‚Rituel‘. Wenn man einmal in seiner Gong-Welt gefangen ist, wird man alle Vorurteile von Dogmatismus vergessen. Es ist ein Klangstück par excellence. Und hätte Boulez nur dieses eine Stück geschrieben, er hätte damit bereits seinen Platz auf dem Musikolymp sicher.“ Geboren wurde Pierre Boulez am 26. März 1925 in Montbrison (Loire). Nach seinen Studien bei Olivier Messiaen und René Leibowitz wurde er zusammen mit Stockhausen und Nono zu den Wortführern der Nachkriegsavantgarde. In den 1960er Jahren begann er zudem seine Dirigententätigkeit. So wurde er 1970 Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker und hat seitdem alle großen Spitzenorchester geleitet. Außerdem brachte er 1976 in Bayreuth mit Patrice Chéreau den „Jahrhundert-Ring“ heraus. Zu seinen kulturpolitischen Meriten zählen die Gründung des Pariser Musikinstituts IRCAM, des Ensemble intercontemporain sowie der Lucerne Festival Academy. 2015 wurde Boulez zum Ehrenbürger von Baden-Baden ernannt, wo er seit 50 Jahren lebt, und mit einem „Grammy“ für sein Lebenswerk ausgezeichnet. künstlerischen Bekanntschaft habe ich – aber natürlich nicht nur ich – beobachten können, wie sehr er sich immer wieder für von ihm geschätzte Komponistenkollegen und Interpreten eingesetzt hat und einsetzt. Ohne seine Förderung wären einige meiner bekannteren Werke nicht nur nicht entstanden, sondern auch nicht so kompetent (mehrfach durch ihn selbst) zur Aufführung gebracht worden.“ (Der Komponist York Höller arbeitete u. a. an dem von Boulez gegründeten Pariser IRCAM-Institut) Philippe Manoury „Boulez ist, wie Debussy, eine komplexe Mischung aus Freiheit und Unbedingtheit.“ (Die Werke des Franzosen Philippe Manoury wurden von Boulez u. a. in der New Yorker Carnegie Hall dirigiert) Pablo Heras-Casado „Es war für mich eine unschätzbare Erfahrung, 2007 Pierre Boulez im Rahmen der Lucerne Academy sammen mit Strawinskis ‚Le sacre‘, Varèses ‚Amériques‘und Stockhausens ‚Gruppen‘ zu den zentralen Werken des 20. Jahrhunderts.“ (Pablo Heras-Casado gewann 2007 den Dirigentenwettbewerb des Luzern-Festivals) Jörg Widmann „Ich kann mich natürlich noch lebhaft an meine erste Begegnung mit ihm bzw. seiner Musik erinnern, da sie wirklich mein Leben verändert hat. Noch als Schüler bin ich nach Straßburg zum Musica-Festival gefahren, wo Boulez sein Ensemble intercontemporain dirigierte. Und tatsächlich hatte ich nie zuvor solch einen Rausch an Klangfarben gehört, ja erlebt. Aufgeführt wurde auch sein Klarinettenstück ‚Dialogue de l’ombre double‘, das ich später selber sehr viel gespielt und mit Boulez erarbeitet habe, und vor allem sein Werk ‚Répons‘. Ein Raumstück, in dem Marimbafone und Vibrafone im Raum herumzuschwirren schienen und mit der Elektronik auf wunderbare Weise verbunden waren. Damals hing übrigens gleichberechtigt über meinem Bett ein Poster von (Vom Klarinettisten und Komponisten Jörg Widmann hob Boulez 2007 mit den Wiener Philharmonikern das Orchesterwerk „Armonica“ aus der Taufe) Louwrens Langevoort Was macht für Sie das Phänomen „Boulez“ aus? „Die Kombination aus einem Komponisten, einem Dirigenten und einem Kulturpolitiker, der ganz andere Denk- und Sichtweisen über Musik, gerade der zeitgenössischen, etabliert hat. Und das sowohl bei seiner Generation als auch bei den nachkommenden. Seine pointierten Aussagen von oftmals politischer Relevanz treffen ins Schwarze und dürfen sich so der öffentlichen Aufmerksamkeit sicher sein.“ Welches Boulez-Werk packt Sie weiterhin?: „‚Pli selon pli‘, ‚Dérive 2‘, ‚Sur incises‘ – um mal drei Werke zu nennen – sind Kompositionen, die mich jedes Mal aufs Neue faszinieren. Boulez fordert irres technisches Können und Perfektion von seinen Musikern und gibt ihnen dafür spannungsvolle Partituren, die eine enorme Sensualität haben, wenn man sie richtig interpretiert.“ Was wünschen Sie Pierre Boulez?: „Mit 90 Jahren hat ein Mensch schon ein langes Leben hinter sich. Ich wünsche ihm und uns, dass seine Werke noch ein langes Leben vor sich haben und unverzichtbar im Repertoire vieler Konzerthäuser werden.“ (Louwrens Langevoort, Intendant der Kölner Philharmonie) Herr der 1000 Klangfarben Schon im Vorfeld des Neunzigsten vo n B o u l e z w u rd e s e i n d i s kografischer Output von zwei schwergewichtigen Top-Boxen dokumentiert . „The Complete Columbia Album Collection” spiegelt seine Arbeit mit Spitzenorchestern aus New York, Cleve land und London aus dem Zeit raum 1966–1995 wider. „20th Century” bündelt dagegen Aufnahmen von Werken u. a. Weberns, Debussys, Strawinskis, Bartóks und Birtwistles, die Boulez für die Deutsche Grammophon bis 2010 eingespielt hat. Brandneu hinzugekommen sind nun „The Complete Erato Recordings”, auf denen Boulez auch beeindruckende Plädoyers für Komponistenkol legen wie Kurtág, Grisey, Ferney hough und Höller hält. Leider hat es die großartige, von Daniel Barenboim dirigierte Erato-Aufnahme u. a. von „Rituel“ nicht in die Box geschafft. Dagegen ist die Dokumentation der von Boulez initiierten Pariser Konzertreihe „Domaine Musical“ endlich auch hier erhältlich. Neben Originalaufnahmen aus den Jahren 1956– 1967, in denen Boulez u. a. Werke von Stockhausen, der Zweiten Wiener Schule und Kagel dirigiert, findet sich auf einer der beiden Bonus-CDs ein Gespräch mit Boulez über „Domaine Musical“ – sowie die überhaupt allererste Aufnahme seines Neue Musik-Klassikers „Le marteau sans maître“. Wer zudem den Dirigenten, Pädagogen und Menschenfreund Pierre Boulez ausführlich live und in Farbe kennenlernen bzw. immer wieder bestaunen will, der hat dazu dank der DVD-Box „Emotion & Analysis“ ausreichend Gelegenheit. Bon Anniversaire! 20th Century, 44 CDs, DG/Universal The Complete Columbia Album Collection, 67 CDs, Sony Classical The Complete Erato Recordings, 14 CDs, Erato/Warner Le Domaine Musical 1958–1967, 10 CDs, Accord/Universal Pierre Boulez Emotion & Analysis, 10 DVDs, EuroArts/ Naxos 11 Hausbesuch – Versailles Es lebe der König ! Das Barockmusikherz Frankreichs schlägt bis heute in und um das Schloss von Versailles. Prächtige Klangperspektiven bietet daher auch die viertägige RONDO-Leserreise. Von G u i d o F i s c h e r I n den ersten Mai-Tagen des Jahres 1664 platzte die noch im Bau befindliche Schlossanlage von Versailles aus allen Nähten. Der zukünftige Hausherr Louis XIV. hatte zu einer ein- 12 wöchigen Party geladen. Und um die mit großem Gefolge angereisten Blaublüter nach allen Regeln royaler Kunst zu unterhalten, ließ Louis sich von seinem Haus- und Hofpersonal wie Komponist Lully, Dichter Molière und Choreograf Beauchamp ein einziges Gesamtkunstwerkspektakel inszenieren. Unter dem Namen „Les Plaisirs de l’Ile Enchantée” ist dieses Festival in die Geschichte eingegangen, bei dem auch all die Brunnen, Kaskaden und Wasserspeier zur bewunderten Attraktion wurden. Bis der französische Allmächtige mit seinem ganzen Hofstaat endgültig nach Versailles ziehen konnte, sollte es zwar noch bis 1682 dauern. Aber bereits mit dem glanzvollen Fest anno 1664 bewies Louis nicht nur Geschmack, sondern unterstrich seine absolute Liebe zur Musik. Und wer diente nicht alles unter ihm. An vorderster Front stand natürlich Jean-Baptiste Lully, der mit seinen Opern auch das französische Modell der „Trágedie lyrique“ salonfähig machte. Hinzu kamen etwa der Zaubergambist Marin Marais, der Lautenist Robert de Visée sowie die Kirchenmusiker Marc-Antoine Charpentier und Michel-Richard Delalande, die für die täglichen Messen von Louis XIV. in der Königlichen Kapelle zu komponieren hatten. Auch nach dem Tod des Herrschers im Jahr 1715 blieb Versailles unter dem Nachfolger Louis XV. eine musikalische Hochburg. Wobei unter ihm bisweilen ein Inszenierungspomp gepflegt wurde, der selbst herrlichste Klänge in den Schatten stellte. Exemplarisch dafür stand die Aufführung der Huldigungsmusik „La princesse de Navarre“, die Rameau 1745 zu Ehren der Vermählung von Maria Theresia von Spanien mit dem Sohn von Ludwig XV. komponiert hatte. Über 40 Tänzer, 40 Sänger und 180 Darsteller waren dafür engagiert worden. Doch wie der düpierte Librettist und Ohrenzeuge Voltaire später bezeugte, wirkten die Darsteller „unter dem mächtigen Gewölbe wie Pygmäen. Und zu hören waren sie überhaupt nicht.“ Abseits des prunkvollen Spektakels und höfischen Zeremoniells entspannte sich der Versailler Adel aber stets auch gerne bei geselligen Festen unter freiem Himmel. Da wurde in zumeist ländlichen Kostümen geplaudert und geflirtet. Und bei den musikalischen Divertissements erklangen nicht selten Blockflöte, Dudelsack und Drehleier, die als die Instrumente der „musique champêtre“ (ländlichen Musik) galten. Und wer heute entlang der Kanäle und über das Grand und Petit Trianon bis in den entferntesten Foto: Petronela Cretu Hereinspaziert: Bei der RONDOLeserreise öffnen sich für die Teilnehmer auch exklusive königliche Separées Gartenwinkel von Versailles promeniert, wird in eine ganz andere, eben ländliche Welt eintauchen, mit der Marie Antoinette diesem Lebensgefühl auch optisch Ausdruck gegeben hatte. Denn statt barocker und klassizistischer Repräsentationsarchitektur erwartet den Flaneur nun eine bäuerliche Idylle mit kleinem See und Häusern im normannischen Stil. Zwischen 1783 und 1788 hatte sich die Gattin von Ludwig XVI. dieses dörfliche Paradies erbauen lassen. Und gemäß dem von JeanJacques Rousseau ausgerufenen Motto „Zurück zur Natur“ frönte Madame dem idealisiert einfachen Dasein und war sich selbst nicht zu fein, die Kühe zu melken. Das friedvolle Landleben sollte aber abrupt beendet werden. 1789 stand das aufgebrachte Volk vor der Pforte, um das Königspaar zum Umzug nach Paris zu drängen. Damit verstummte vorerst auch Versailles für immer. konzertant die neuesten Notenschätze ganzjährig im Versailler Schloss. Zwischendurch werden aber auch regelmäßig Einladungen an Kollegen ausgesprochen, mit exquisiten Repertoire-Ausgrabungen in der Königlichen Oper zu gastieren. So erlebt diesen Sommer die 1728 uraufgeführte Oper „Catone in Utica“ des Italieners Leonardo Vinci in Versailles ihre französische Erstaufführung. Und dieses Ereignis kann man jetzt im Rahmen einer viertägigen RONDO-Reise in einer Allstar-Besetzung live miterleben! Immerhin sind einige Partien mit den göttlichen Countertenorstimmen von Franco Fagioli, Max Emanuel Cencic und Valer Sabadus besetzt. Außerdem dirigiert Riccardo Minasi das phänomenale Alte Musik-Ensemble Il Pomo d’Oro. Doch diese Aufführung ist selbstverständlich nur einer von vielen Höhepunkten bei diesem außergewöhnlichen Versailles-Trip. So steht auch ein Tagesausflug nach Paris auf dem Programm, nebst Konzertbesuch in der neuen PhilharMehr zum Programm der RONDO-Leserreise monie, die mit Bernach Versailles erfahren Sie auf Seite 3 lioz’ „Te Deum“ sozusagen im Stresstest einer spätromantischen Exzess-Besetzung in Augen- und Ohrenschein genommen werden kann. Wieder zurück im einstigen Machtzentrum Frankreichs, kann man aber nicht Dass man hier jedoch mittler- nur durch die herrlichen Gärten von Versailles spazieren und den weile wieder Barockmusik vom Feinsten hören kann, ist nicht zu- Wasserspielen lauschen. Zu Ehletzt dem Centre de Musique Ba- ren des vor genau 300 Jahren verroque de Versailles (CMBV) zu storbenen Sonnenkönigs dürfen verdanken. Seit 1987 hat es sich selbst eingefleischte Republikadas Institut zur Aufgabe gemacht, ner vor seinem übergroßen Reinicht nur jenen unüberschau- terstandbild durchaus für einen baren Partiturennachlass abzu- Moment andächtig verweilen. arbeiten, der sich innerhalb eines Jahrhunderts unter den drei Neu erschienen: Charpentier, Regenten Ludwig XIV., XV. und Delalande, Rameau: „Te Deum – XVI. aufgetürmt hat. Experten für Festliche Musik am Hof von Verdie historische Aufführungspra- sailles“, mit Musiciens du Louxis wie William Christie, Christo- vre, Minkowski, English Baroque phe Rousset und Olivier Schnee- Soloists, Gardiner, Paillard u. a., beli arbeiten eng mit dem CMBV Erato/Warner zusammen und präsentieren Robert Schumann pur Foto: El-Bosso/fotocommunity (u.) Foto Stefan Lippert Neugierig geworden? 1 CD CD HMC 902196 ± DVD ntsc Das Violinkonzert live aus der Berliner Philharmonie Violinkonzert Klaviertrio Nr. 3 Isabelle Faust Violine Jean-Guihen Queyras Violoncello Alexander Melnikov Klavier Freiburger Barockorchester Pablo Heras-Casado Diese erste Folge einer Trilogie sämtlicher Konzerte und Klaviertrios von Schumann vereint zwei späte und zu Unrecht vernachlässigte Werke. Die Initiatoren des Projekts, Isabelle Faust, Alexander Melnikov und Jean-Guihen Queyras, verfechten ihre Sache mit Überzeugungskraft und auf Originalinstrumenten, die die ursprünglich zarte Transparenz und Feinheit der Faktur wieder zum Vorschein bringen. Eine Aufnahme, in der von Anfang bis Ende der Dichter spricht … harmoniamundi.com13 Auch auf Ihrem Smart- und iPhone Frank Peter Zimmermann Feilen am perfekten Klang Die ultimative Geige hat er längst gefunden. Nur er selbst, so glaubt der Violinist, müsse sich unbedingt weiter verbessern – wie für seinen neuen Mozart. Von R aou l Mörc h e n V iele Jahre hat er gebraucht, um sie wirklich zu verstehen, ihre Stärken zu entdecken und mit ihren Launen auszukommen. Jetzt will er sie nicht mehr missen, seine „Lady Inchiquin“, jene berühmte Stradivari von 1711 aus der sogenannten „goldenen Periode“ des Cremoneser Meisters. „Als ich dieses Instrument bekam, habe ich mein ganzes Repertoire noch einmal neu einstudieren müssen, jede einzelne Note wieder überdacht. Diese Geige verkehrt die Seiten: Sie zeigt mir, wie sie behandelt werden möchte. Sie verfeinert mein Spiel.“ Sicher, es gibt auch andere wunderbare Instrumente, und Zimmermann ist sich auch ziemlich sicher, dass er wieder eines bekäme. „Aber das wäre so, als würde man mir sagen: Mensch, da draußen sind noch so viele andere schöne Frauen. Warum verlässt du nicht deine?“ 14 Frank Peter Zimmermann kann noch lachen, immerhin. Sonst schweigt er lieber zur aktuellen Causa, die das Zeugs zum Drama hat. Seit der Pleite von Zimmermanns Sponsor, der WestLB, die einst die „Lady Inchiquin“ kaufte, verscherbelt eine Nachfolgegesellschaft das Tafelsilber der Bank. Die beiden Warhols, die im Herbst für über 100 Millionen versteigert wurden, waren der Anfang. Da ist es tatsächlich einstweilen besser, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und die letzten Chancen nicht noch zu versauen durch eine unvorsichtige Äußerung. Anderes Thema also. Wie wär’s mit Mozart? Wunderbar. Man muss Frank Peter Zimmermann erst gar nicht fragen, warum er die Konzerte gerade noch einmal aufnimmt. So viel dynamischer, agiler, vitaler, jünger, so viel besser klingen sie jetzt. Das liegt natürlich nicht einfach an der besse- „Bei Mozart kann man im Grunde alle Striche nehmen, die er in sein Manuskript eingezeichnet hat. Dann ist agogisch schon alles richtig.“ Grunde alle Striche nehmen, die er in sein Manuskript eingezeichnet hat. Dann ist agogisch schon alles richtig. Ich achte heute viel genauer auf solche Sachen als früher. Und das hat dann auch die Konzerte verändert – die sind eigentlich ja Kammermusik.“ Bald Bach Es ist am Ende mehr als bloß eine Frage von Lesart und Urtext: Zimmermann ist mit Anfang 50 hörbar freier und lockerer als mit Anfang 20. Und man hat den Eindruck, dass in dieser Hinsicht sogar noch Platz nach oben ist, dass sich noch mehr bewegen könnte in den nächsten Jahren, wenn endlich das Vorhaben umgesetzt werden soll, das Zimmermann schon seit einer Ewigkeit vor sich herschiebt: die Solosonaten von Bach. „Ich hatte vor Bach immer Berührungsängste. Das lag vielleicht Foto: Harald Hoffmann/haenssler CLASSIC Demut und Größe: Frank Peter Zimmermann ren Stradivari. Zimmermann hat dazu gelernt. Wer die ganz frühen Aufnahmen kennt, die Capricen von Paganini oder die Solosonaten von Ysaÿe, der weiß, dass rein technisch im Grunde schon vor 30 Jahren der Höhepunkt erreicht war. Zimmermanns Paganini und Ysaÿe sind noch heute der Maßstab, an dem sich alle anderen messen müssen. Und doch hat sich so viel noch bewegt seitdem. „Ich bin mit Mozart aufgewachsen, wie ihn David Oistrach gespielt hat.“ So in etwa klingt denn auch die Gesamteinspielung von 1984-87: gut gegeigt, aber aus heutiger Sicht altmodisch und hüftsteif. „Ich hab später natürlich auch Harnoncourt gehört, die historische Aufführungspraxis kennen gelernt. Aber der eigentliche Knackpunkt war mein Trio.“ 2007 hat er es gegründet, mit Antoine Tamestit und Christian Poltéra, das Trio Zimmermann, als Wiederauflage der Hausmusik aus Duisburger Kindertagen, als der Vater Cello spielte, ein Kollege von den Duisburger Sinfonikern die Bratsche und der junge Frank Peter auf diesem Wege Beethovens op. 9 kennen lernte und die Divertimenti von Mozart. „Im Trio sollte man erst einmal ganz einfach die Fingersätze auswählen und sich die Phrasierung angucken. Bei Mozart kann man im auch an meinen Lehrern. Die hatten mir nie einen Zugang zu Bach eröffnet, wohl auch, weil sie diese Stücke selbst immer noch in einer Art 50er-Jahre-Stil interpretiert haben.“ Die Auf- Beethoven wird’s auf alle Fälle noch einmal geben. Auch dessen Konzert hat er sehr jung schon eingespielt, mit 22. Und ein zweiter Brahms kommt auch. Die beiden Konzerte von Schostakowitsch sind fest geplant, das erste mit dem NDR-Sinfonieorchester bereits aufgenommen, die beiden von Bartók stehen im Terminkalender. Nicht findet Die Geschichte beginnt mit einem Kredit über 220.000 man darin nach wie vor: „unterMark. Damit finanziert der 16-jährige Frank Peter Zimrichten“ und „Quartett spielen“. Da mermann eine Geige von Pietro Guarneri. 1988 kauft die ist er wieder, der alte Zauderer. Redamalige WestLB für ihn die erste Stradivari, die 1684 gefertigte „ex-Croall“. Doch erst die „Maria Teresia“ bringt det von Verantwortung und Hingabe und davon, dass man das nur ihn auf den Geschmack: Sechs Wochen lässt ihn Nathan ganz oder gar nicht machen könne. Milstein darauf spielen – dann muss sie Zimmermann Ja, auch das Quartett spielen. „Die wieder zurück geben. Die ab 1992 zur Verfügung gestellbesten Ensembles betreiben über te „The Hilton“ kann ihn über den Entzug ebenso weJahre hinweg regelrecht Inzucht, nig hinweg trösten wie später die „Dragonetti“. Dafür um richtig zusammen zu kommen. braucht es 2002 den Kauf einer vierten Strad, der „Lady Da kann ich nicht einfach mal an Inchiquin“ aus dem früheren Besitz Fritz Kreislers. einem Wochenende mit Kollegen Im Streit um die Verkäufe von Kulturgütern aus dem Bedrauf los spielen. Das wäre nicht sitz der WestLB durch Rechtsnachfolger „Portigon“ ist fair.“ auch die „Lady Inchiquin“ in die Schlagzeilen geraten. Dann lieber weiter feilen am eiZimmermann musste sie schweren Herzens zurückgeben, nachdem seine Kaufofferte den Eigentümer als zu genen Spiel und dem perfekten Ton. So viele tolle junge Geiger es heute niedrig angesetzt erschien. Kultusministerin Ute Schäfer auch gäbe, die wenigsten, so klagt lässt derzeit die Einstufung etlicher Schätze der WestLB, Zimmermann, haben einen chadarunter drei Stradivari-Streicher, als „national wertvolles Kulturgut“ prüfen, so lange gilt bereits Ausfuhrsperrakteristischen Klang. „Hören Sie mal die gleichen Takte erst von Heire. Ein Verkauf der Instrumente in’s Ausland ist demnach fetz, dann von Francescati, dann bereits abgewendet. von Milstein und Oistrach. Die klingen alle anders.“ Heute wirke so vienahme der Violine-Cembalo-Sonaten mit En- les geglättet und stereotyp. „Das ist schade. Gerico Pace von 2009 war ein erster Schritt. Zim- rade die Geige erlaubt es, eine eigene Stimme zu finden.“ mermann hat den Weg seitdem fortgesetzt. „Ich habe mein Spiel weiter ausgedünnt und versuche immer mehr, meinen eigenen Stil Neu erschienen: Mozart: Violinkonzerte mit der sogenannten authentischen Auffüh- Nr. 1, 3 und 4, Rondo KV 373, Adagio KV 261, rungspraxis zu verbinden.“ Eigentlich bräuch- mit dem Kammerorchester des Symphoniete er sein ganzes Leben dafür, sagt Zimmer- orchesters des Bayerischen Rundfunks, Szulc, mann, doch „bis zu einer gewissen Zeit muss hänssler CLASSIC/Naxos man den Bach endlich gemacht haben. Sonst Abonnenten-CD: Track 5 ist der Zug abgefahren.“ Die nächsten Konzerte mit Demut statt Dekolleté Frank Peter Zimmermann: Frank Peter Zimmermann ist das glatte Ge- 27.3. Bielefeld (Brahms, Violinkonzert) genteil von einem Draufgänger, war er im- 16./17.4. München (Brahms, Violinkonzert) mer schon. Deswegen ist er auch nie der Star 19.4. Wien (A), Musikverein (Brahms, geworden, der die fast gleichaltrige Anne-SoViolinkonzert) phie Mutter geworden ist. Das liegt nicht nur 27./28.4. Augsburg (Schostakowitsch, am Marketing, an Karajan und am Dekolleté. 2. Violinkonzert) Manchmal fehlt ihm einfach der Killerinstinkt, 14./15.5. Leipzig (Brahms, Violinkonzert) den es braucht, um zumindest die großen, sin- 7./8.6. Darmstadt (Mozart, fonischen Konzerte als Solist fest zu verklamViolinkonzerte) mern, ein Problem, mit dem – auf andere Wei- 17.6. Heilbronn (Mozart, Sinfonia se – ja auch der dritte im Generationenbunde, concertante mit Antoine Tamestit) Christian Tetzlaff, zu kämpfen hat. Anderer- 5.7. München, Prinzregententheater seits gibt’s da halt diesen Paganini, den Ysaÿe (Mozart, Sinfonia concertante mit und so vieles andere, weswegen man sich, vor Antoine Tamestit) die Wahl gestellt, doch gerne für Zimmermann entscheiden möchte, und jetzt auch den Mozart. Und vielleicht bald auch Bach? 21.03.–25.04.15 internationales musikfestival Vier Strads zum Glück 15 Deutsches SymphonieOrchester Berlin Christian Tetzlaff Sabine Meyer Kammer orchester Basel Piotr Anderszewski Ian Bos tridge Sir András Schiff Thomas Hampson Die Deutsche Kammer philharmonie Bremen Igor Levit Bundesjugendballett Jörg Widmann Veronika Eberle Salome Kammer Roma und Sinti Philharmoniker Janice Dixon Stuttgarter Saloniker Hanna- Elisabeth Müller Thomas Quasthoff Denis Scheck Francesco Tristano Alice Sara Ott Christina Pluhar Rafał Blech acz Fazıl Say amarcord Orpheus Chamber Orchestra Grigory Sokolov Gautier Capuçon WDR Sinfonie or chester u. v. m. freiheit wagen Bestellen Sie kostenlos unser Programm unter Tel 06221 - 584 00 12 oder www.heidelberger-fruehling.de Gründungspartner: François Leleux Der Seelenbohrer Mit den „Esterházy-Konzerten“ gelingt dem Oboisten ein köstlicher Urknall für sein Instrument – im Verein mit Emmanuel Pahud. Von Robe rt F r au n hol z e r W as finden die Leute bloß am piekenden, staksigen, irgendwie ostinaten Ton der Oboe?! „Die Zuhörer lieben, so sagen sie mir, den sinnlichen Ton der Oboe: einen Ton, der die Seele öffnet“, so François Leleux. Die Oboe schaffe es, tiefer einzudringen in die menschliche Psyche als dies anderen Instrumenten vergönnt sei. „Man kann sehr frech, auch lustig sein mit der Oboe, und fast gleichzeitig lyrisch und innig.“ Tatsächlich – mittlere Temperaturen wie bei der Flöte oder der Klarinette sind dem In- 16 strument eher fremd. Es ist extremer. Und bei der Tiefenbohrung in der Seele so erfolgreicher. Trotzdem hat das Instrument erst in den letzten Jahren wahre Publikumslieblinge hervorgebracht. Als Stammvater des Aufstiegs darf der großartige Heinz Holliger gelten. Doch ein echter, populärer Star – als Interpret ohne kompositorische Nebenambition – wurde erst Albrecht Mayer und ebenso der sechs Jahre jüngere François Leleux. Der 1971 ganz im Norden Frankreichs (in Croix) geborene Solist, verheiratet mit der Geigerin Lisa Batiashvili, sieht zwar ganz nor- mal aus – und gehört zu den freundlichsten, kommunikativsten Musikern der Branche. Doch in Wirklichkeit hat Leleux seit Kindertagen alle Preise abgeräumt und alle Angebote erhalten, die der Beruf hergibt. Mit 6 Jahren kam er aufs Konservatorium (ab 14 in Paris). Im Alter von 18 Jahren wurde er erster Solo-Oboist an der Bastille-Oper (da hatte er Abbados Youth Orchestra of the European Community sowie das Orchestre National de France sogar schon hinter sich). Ein geborener Senkrechtstarter. 1992 konnte sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks glücklich schätzen, diesen Super-Oboisten für eine Solo-Stelle geangelt zu haben. Unter Maazel und Jansons blieb er zwölf Jahre. Danach übernahm er in München eine Professur, die er noch innehat. Und baute seine Solisten-Karriere aus. „Weil ich das Orchesterspiel liebe“, so Leleux, blieb er auch dann noch zehn Jahre beim Chamber Orchestra of Europe, das er erst im vergangenen Jahr verließ. Jetzt dirigiert er mehr. Der Mann, der sich selbstredend auch um die Erziehung der beiden Kinder kümmert (und zwar nicht zu knapp), ist ein Arbeitstier, das immer Zeit hat. „Rufen Sie jederzeit an, wenn Sie noch etwas brauchen“, wird er am Ende sagen. Leleux ist wohl das, was Frauen einen „Traum-Mann“ nennen. Man würde denken, dass Leleux in die Oboen-Szene den französischen Klang seines Instruments zurückgebracht hat, wie er ihm auch entspricht. „Alle Oboen, die heutzutage gespielt werden, sind französische Instrumente“, so Leleux. „Alle von Marigaux“. Es gebe auch, während sich die nationalen Schulen immer mehr mischen, durchaus noch eine französische Art zu spielen. Sie besteht darin, den Ton brillanter, heller und ein wenig härter anzusetzen. „Die deutsche Schule dagegen“, so Leleux, „ist weicher und dunkler“. So weit, so übersichtlich. Nur: „Ich bin ein Beispiel für die französische Oboenschule mit deutschem Klang!“, so Leleux. „Denn ich habe den dunklen Klang immer sehr geliebt.“ Dies sei, als er ins BR-Orchester gekommen sei, auch sogleich erkannt worden. „Die Kollegen damals haben direkt gesagt, ich spiele deutscher als mein deutscher Orchester-Kollege.“ So ist also François Leleux ein französischer Oboist mit deutschem Klang. Und Albrecht Mayer, nebenbei, ein deutscher Oboist mit französischem Klang. „Albrecht“, so sagt Leleux, „klingt viel französischer als ich!“ Albrecht Mayer, wie schon angedeutet, hat für die Oboe enorm viel bewirkt; und das neben seiner Vollzeitstelle bei den Berliner Philharmonikern. „Ich finde ihn toll“, räumt Leleux ein. „Albrecht hat ein Konzept, das hundertprozentig zu ihm passt“. Neben Holliger ist er es, der eine Art Durchbruch für die Oboe bewirkt hat. Denn einen Klassiker der Mono-Ära gibt es bei diesem Instrument nicht recht. Foto: wildundleise.de/Georg Thum Stilsicher: François Leleux ist ein französischer Oboist mit deutschem Klang Zwar existierten auch früher prominente Oboisten, zu denen Pierre Pierlot, der Lehrer Leleux’, ebenso wie Maurice Bourgue und genes Instrument komponierte, ist in Berlin die Fahrrad-Manufaktur eines weiteren SoloOboisten der Berliner Philharmoniker, Christoph Hartmann, benannt. Besonders breit und faktenreich ist die Erfolgsgeschichte der Oboe eigentlich nicht. Wenn man sich fragt, was hier den Umschwung bewirkt hat, so findet man die Erklärung hauptNicht zu verwechseln sind Schloss Esterházy in Eisensächlich in der Eigeninitiative, der stadt (im österreichischen Burgenland) und Schloss EsPersönlichkeit und einem gewissen terháza (auf ungarischer Seite). Mit beiden war Joseph Unternehmertum von Solisten, die Haydn als Hofkapellmeister eng verbunden. Von 1761 es wissen wollten. Bearbeitungsbis 1790, fast dreißig Jahre lang, komponierte er für die freude, viele Aufträge und die pakunstliebenden Fürsten das Gros seiner Werke. Im (nicht tente Zusammenarbeit mit Agenerhaltenen) Theater von Schloss Esterháza führte er zahlreiche seiner Opern auf. Außerhalb der Wintermonaturen und Ensembles haben gezeigt, dass in der Oboe ‚Musik drin te fielen bis zu 150 Aufführungen an, die Haydn leitete. ist’. Leleux etwa legt Wert darauf, in Von dem im Rokokostil erbauten Landschloss ist heute jedem Jahr „zwei neue Werke“ der ein Teil wieder als Museum zugänglich. In Eisenstadt, wo Öffentlichkeit vorzustellen. „Dafür es auf Schloss Esterházy ein Haydn-Festival gibt, ist der muss ich am besten ein Gast-DiriKomponist auch begraben. gat bei einem Orchester innehaben, und das ist ein Grund dafür, dass ich so gern dirigiere.“ Léon Goossens gehörten. Doch wer kennt Derweil werden Solo-Konzerte in normadie?! Wilhelm Mühlfeld schaffte es – zur Zeit des Impressionismus – immerhin auf ein Por- len Orchester-Programmen immer seltener. Nicht einmal Mozarts Oboenkonzert ist regelträt von Pierre-Auguste Renoir. Nach Antonio Pasculli, der einige Konzerte auch für sein ei- mäßig zu hören. „Wir bleiben außen vor“, be- Haydn und die Esterházys klagt auch Leleux. „Es ist immer dasselbe“, erzählt er. „Veranstalter glauben, es gäbe nicht genug Repertoire. Wenn man dann einmal mit ihnen ins Gespräch kommt, ist nach kürzester Zeit der Punkt erreicht, wo sie mir sagen: ‚Aufschreiben! Das ist ja so viel, das kann ich mir gar nicht alles merken!’“ Mit den „Esterházy-Konzerten“, also Haydns Oboen-Konzert und den für Oboe und Flöte bearbeiteten Konzerten für zwei Lyren (F-Dur und G-Dur) kann Leleux die Fülle von Meisterwerken, die er meint, souverän belegen. Diese Konzerte, ebenso wie die Oboen-Variationen von Johann Nepomuk Hummel, sind köstlich frische Sachen ohne Staub und pudrige Zöpfe. Mit Emmanuel Pahud hat Leleux den zurzeit besten Flötisten mit im Boot. Und das Münchener Kammerorchester spielt, als hätte es ein Leben lang nichts anderes gemacht. Köstlich! Bitte mehr davon. Neu erschienen: „Esterházy Concertos“ mit Pahud, Münchener Kammerochester, Sony Abonnenten-CD: Track 7 Die nächsten Konzerte mit François Leleux: 19.4. Berlin, Jüdisches Museum Berlin 13.5. Ravensburg, Konzerthaus 13.6. Stuttgart, Liederhalle RZ_Anzeige Rondo_220x150_Anzeige Rondo 13.01.15 13:43 Seite 1 Akademie Musiktheater heute Stipendium 2015 – 2017 für junge Bühnen- und Kostümbildner, Dirigenten, Dramaturgen, Komponisten, Kulturmanager und Regisseure UNG ERB W E B VO M A R ANU 15. J IS B 015 AI 2 M . 1 3 www.deutsche-bank-stiftung.de Fotograf: Thomas Aurin, Deutsche Oper Berlin Wir bieten interdisziplinären Austausch, Inszenierungsbesuche, Festivalbesuche, ein breites Netzwerk Musiktheaterbegeisterter, Unterstützung bei praktischen Projekten Wir suchen junge, musiktheaterbegeisterte, aufgeschlossene Persönlichkeiten, die an Teamarbeit interessiert sind, in der Oper Verantwortung übernehmen und Erfahrungen teilen möchten 17 Zweigleisig: Fabrice Millischer genießt den Wechsel zwischen solistischem und Orchesterspiel Blind gehört mit Fabrice Millischer „Die Posaune ist meine Leidenschaft“ Er gewann als erster Posaunist überhaupt einen 1. Preis beim ARD-Wettbewerb, und seit dem Echo Klassik 2014 ist Fabrice Millischer auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Der 29-Jährige war von 2008 bis 2013 Solo-Posaunist der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken–Kaiserslautern, spielt regelmäßig in Jordi Savalls Le Concert des Nations und bildet mit Studienkollegen das Posaunenquartett Quartbone. Seit 2013 unterrichtet er als Professor in Freiburg, zuvor war er vier Jahre an der Hochschule in Saarbrücken. Fabrice Millischer wuchs in Toulouse auf und wohnt im Elsass, woher auch seine Großeltern stammen – daher der deutsche Familienname. Von Arnt Cobbers Diverse Pavana El todesco, aus: Leitfaden durch die historischen Instrumente (Ensemble La Fenice) Ricercar/Note 1 Das erinnert mich an meinen ersten Posaunenlehrer, Daniel Lasalle, der ein berühmter Barockposaunist ist und mich sehr früh mit der Barockposaune vertraut gemacht hat. Ich habe ja mit sechs Jahren angefangen, Cello zu spielen, und mit 14 kam dann die Po- 18 saune hinzu, weil ich unbedingt in einer Bigband spielen wollte. Parallel zur Bigband habe ich eine klassische Posaunenklasse besucht und bis zum Ende meines Studiums, mit 23, habe ich gleichermaßen Cello und Posaune gespielt. Ich schätze das Cello nach wie vor sehr und spiele es auch ab und zu im Konzert. Während die Cellisten ein sehr breites Repertoire vom 16. Jahrhundert bis heute haben, sah das bei den Posaunisten ganz anders aus. Daniel Lasalle hat mit seinem Ensemble „Les Sacqueboutiers de Toulouse“ wirklich Pionierarbeit geleistet und viel alte Literatur entdeckt und damit das Repertoire beträchtlich erweitert. In der Renaissancezeit haben die Komponisten die Besetzungen meist offen gelassen, und das eröffnet uns sehr viele Möglichkeiten. Abgesehen davon ist es einfach schöne Musik. L. Mozart 1. Allegro, aus: Konzert D-Dur (van Rijen, Combattimento Consort Amsterdam, de Vriend, 2007) Channel Classics/New Arts International Diese Einspielung kenne ich nicht. Ich habe das Stück gerade erst aufgenommen, aber mit einer modernen Altposaune. Zum einen, weil die Musiker im Orchester moderne Instrumen- te spielten. Zum anderen, weil nicht viele Posaunisten Barockposaune spielen, und die Zuhörer nicht an den Barockposaunenklang gewöhnt sind. In einem Konzert, wo man die Instrumente sieht, finde ich es sehr interessant, aber auf Aufnahmen möchte ich den Menschen erst einmal den schönen Klang der modernen Posaune vorstellen. Eins nach dem anderen. Die Posaune hat sich im Laufe der Zeit nicht sehr verändert. Die moderne Posaune ist lauter, damit sie sich im großen Orchester durchsetzen kann. Sie ist größer, vom Rohr, vom Schallbecher, vom Mundstück her. Dafür kann man auf einer Barockposaune feiner artikulieren und differenzieren. Ich spiele oft im gleichen Konzert Barockmusik mit Barockposaune und romantische Musik mit moderner Posaune. Ich mag es, Musik aus verschiedenen Epochen zu kombinieren, um dem Publikum das ganze Spektrum der Möglichkeiten auf dem Instrument zu zeigen. Das ist Jörgen van Rijen? Er ist Soloposaunist im Concertgebouworkest, ich kenne ihn sehr gut. So ähnlich wird auch meine neue CD aussehen. Es ist natürlich ein Problem, dass wir alle dasselbe Repertoire spielen. Für die Besetzung Posaune und Streichorchester haben wir zurzeit nur drei oder vier Konzerte. Man kann Konzerte für andere Instrumente bearbeiten – oder man beauftragt Komponisten, neue Werke zu komponieren. Ich denke, das ist unsere Aufgabe als Posaunisten: neues Repertoire zu entwickeln. Daran arbeite ich, gemeinsam mit Komponisten wie Maxime Aulio, Jean-Pascal Beintus oder Gilles Colliard. Mussorgski 7. Limoges und 8. Die Katakomben, aus: Bilder einer Ausstellung (Lindberg, Pöntinen, 1998) BIS/Klassik Center Kassel Das muss Christian Lindberg sein, nur er spielt solche Arrangements. Er hat keine Angst zu experimentieren. Als Posaunist muss man sich schon bei ihm bedanken, er hat viel für das Instrument getan. Wenn es hundert CDs mit Posaune gibt, stammen 50 von Christian Lindberg. Es gibt aber auch andere sehr gute Posaunisten aus dieser Generation: Michel Becquet aus Frankreich, Branimir Slokar, mein Vorgänger als Professor in Freiburg, oder Enrique Crespo von German Brass. Lindberg ist der bekannteste, weil er permanent mit 200 km/h unterwegs ist. Er dirigiert und komponiert und hat Tausende Projekte gleichzeitig, er ist immer in Bewegung. Konzert Nr. 1 für Bassposaune und Klavier (Schulz, Sawano, 2008) BIS/Klassik Center Kassel Das ist schön gespielt, ist das Stefan Schulz von den Berliner Philharmonikern? Ich muss als Professor auch Bassposaunisten unterrichten, aber selbst spiele ich sie nicht, das ist ein anderes Instrument. Zwischen Tenor- und Altposaune ist dagegen kein großer Unterschied. Die Altposaune spielt sich in der Höhe leichter und ist obertonreicher, aber mit der Tenorposaune kommt man genauso hoch. Mahler 1. Satz (Posaunensolo), aus: Sinfonie Nr. 3 (Klein, Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Nagano; 1999) Teldec/Warner Das ist unser schönstes Solo überhaupt, neben dem Bolero. Ich mag Mahler sehr. Da gibt es fürs Blech unglaublich schöne, ausdrucksvolle Stellen. Leider habe ich dieses Solo nie gespielt. Diese Sinfonie setzt ein Orchester nur alle zwanzig Jahre aufs Programm. Wir haben das einmal mit dem Saarbrücker Orchester gespielt, aber in Kooperation mit einem anderen Orchester, und das Solo hat der Kollege vom anderen Orchester gespielt. Er war älter und wir haben gesagt, dass ich in Zukunft sicherlich noch das Glück haben werde, diese Sinfonie zu spielen. Ich hoffe sehr, dass das eines Tages auch passiert. Dass ich die feste Stelle aufgegeben habe, bereue ich nicht. Nächste Woche spiele ich „Also sprach Zarathustra“ mit dem Orchestre national de France, das Orchesterspiel macht mir immer noch viel Spaß. Strauss, Mahler, Bruckner, Wagner, Berlioz, Brahms – es gibt schon eine ganze Menge schöner Stimmen. Ich spiele auch das Mozart-Requiem mit dem „Tuba mirum“ sehr gern, überhaupt spielen die Posaunen im Repertoire mit Chor eine große Rolle, zum Beispiel in den Messen von Schubert. Aber wir spielen auch viele Werke, wo wir nur ab und zu etwas Farbe hinzu geben. Da spielt man ein paar Töne und hat dann zwei Sätze Pause, das kann ziemlich langweilig werden. Eine feste Orchesterstelle mit einer Solokarriere zu kombinieren, ist schwer. Als Professor habe ich eine ganz andere Freiheit. Außerdem freuen sich die Hochschuldirektoren, wenn ein Professor als Solist Erfolg hat, weil davon auch die Hochschule profitiert. Und ich mag die Arbeit mit den Studenten sehr. Ich kenne keinen einzigen Posaunisten, der als Solist leben kann. Das wäre mir auch zu einsam. Ich finde den permanenten Wechsel zwischen Unterricht und Orchester, Solo und Kammermusik perfekt. Hauptsache, es kommt keine Routine auf. Routine ist der größte Feind des Menschen. TIANWA YANG Bauer „Aus der Tiefe“, aus: Der gelbe Klang (Solo m. Elektronik, 2007) jazzwerkstatt/Naxos Interessant. Das erinnert mich an Spektralmusik, es klingt wie ein Didgeridoo mit den Doppelklängen und der Zirkularatmung, das ist schon sehr besonders. Was ist das für ein Ensemble? Das ist nur ein Posaunist? Dann spielt er mit einem Loop-Gerät. Zirkularatmung ist auf der Posaune natürlich viel schwieriger als auf dem Fagott oder auf der Oboe, weil wir viel mehr Luft brauchen. Ich selbst habe sie nie gebraucht. Aber wenn ein Komponist mir ein Stück schreibt, für das ich sie brauche, werde ich sie lernen. Nils Wogram’s Nostalgia “Jazz Ain’t What It Used To Be”, aus: Daddy’s Bones (Wogram, Ross, Terzic; 2004) intuition/New Arts International 8.573153 Ich mag diesen Stil sehr, die Orgel klingt fantastisch. Ich habe mich auf Klassik spezialisiert, aber im Hintergrund lauert nach wie vor meine Liebe zum Jazz. Beides intensiv und gut zu machen, ist schwer. Technisch ist das alles machbar. Aber für Jazz muss man improvisieren können, das muss man üben und entwickeln. Ebenso den Klang. Vielleicht ist in der Klassik deutlicher definiert, wie eine Posaune klingen muss, aber auch da hat jeder Posaunist seinen ganz eigenen Klang. Ich kann mich gut erinnern: Als ich das erste Mal eine Posaune gehört habe, hat mich das sofort berührt. Ihr Klang ist der menschlichen Stimme ähnlich. Ich finde, man kann auf der Posaune wirklich singen. Und wenn Sie mich nach meiner Mission fragen: der Posaune endlich den verdienten Platz zu schaffen. Die Posaune ist meine Leidenschaft, die will ich teilen mit dem Publikum. Zuletzt erschienen: Tomasi, Burgan, Guillou: Französische Posaunenkonzerte, mit der Deutschen Radiophilharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, Kern, PercPro/ Klassik Center Kassel 19 WELTERSTEINSPIELUNG CASTELNUOVO-TEDESCO Violinkonzert Nr. 2 Die Propheten, Concerto Italiano SWR Sinfonieorchester BadenBaden und Freiburg, Pieter-Jelle de Boer, Tianwa Yang ECHO-Preisträgerin Tianwa Yang spielt mit den beiden Violinkonzerten von Castelnuovo-Tedesco zwei der schönsten Werke für dieses Instrument. Das neue fantastische Album der AusnahmeViolinistin! [email protected] www.naxos.de www.naxosdirekt.de Foto: Friedrun Reinhold Lebedev DIE GANZE WELTDER KLASSIK GROSSE MOMENTE DER MUSIKGESCHICHTE (45) JEAN-BAPTISTE VUILLAUME, 1798–1875, war die zentrale Persönlichkeit im französischen Geigenbau des 19. Jahrhunderts. Er war fasziniert von den Werken der cremonesischen Meister und versuchte, ihr Geheimnis zu ergründen. Er kaufte alte Möbel in den Schweizer Bergen und experimentierte in jeder Hinsicht; tatsächlich gehören seine Instrumente und vor allem seine Bögen bis heute zu den begehrtesten. Als Paganini sein Lieblingsinstrument mit Namen Il Cannone, gebaut 1742 von Giuseppe Guarneri, zur Reparatur brachte, nutzte er die Gelegenheit und baute sie nach. Paganini konnte Il Cannone nicht identifizieren; den Nachbau erwarb sein Schüler Camillo Sivori. 20 Prost: Ott und Arnalds haben Chopin neu für sich entdeckt Alice Sara Ott & Ólafur Arnalds: Vintage-Chopin Auf ihrem neuesten Duo-Album spüren Alice Sara Ott und der isländische Pop-Musiker Ólafur Arnalds dem Melancholiker Chopin nach. Von G u i d o F i s c h e r Foto: Heddin Eriksson E s war 2012, als sich ein etwas anderes Duo-Gespann von seinem Klangtrip nach Island zurückmeldete. Die amerikanische Stargeigerin Hilary Hahn hatte zusammen mit dem deutschen Indie-Pop-Pianisten Hauschka im rauen Norden Stücke aufgenommen, die nicht nur von romantischer Empfindsamkeit geprägt waren. Gerade Hauschka bekannte sich frank und frei zum Einfluss von Chopin und seiner „speziellen Traurigkeit, Melancholie“. Auf dem Album „Silfra“ von Hahn/Hauschka konnte man dieses Chopin-Gefühl durchaus erahnen. Drei Jahre später bringt aber nun ein anderes Doppel genau das auf den Punkt, was Hauschka meinte. Zusammen mit dem isländischen Multiinstrumentalisten und Komponisten Ólafur Arnalds hat die deutsch-japanische Pianistin Alice Sara Ott Klavierstücke von Chopin ebenfalls in Arrangements aufgenommen, denen jetzt ein spannungsvoller Zauber und ein Ton sanftester Nostalgie inne wohnt. In Slow-Motion erklingt da – ergänzt von zusätzlichen Streichern und elektronischen Sounds – das cis-Moll-Nocturne Nr. 20 wie eine Ambient-Ballade. Das nur von Alice Sara Ott gespielte g-Moll-Nocturne besitzt ein aufnahmetechnisch historisch anmutendes Antlitz. Und auch einen Hauch von Einsamkeit und Tragik atmet Ólafur Arnalds´ Stück „Verses“, das er über das berühmte Rechte-HandMotiv aus dem Largo der 3. Klaviersonate im Minimal Music-Stil komponiert hat. Salonduell in Reykjavík „The Chopin Project“ hat dieses nur in der Papierform ungleiche Paar Ott & Arnalds sein Album getauft. Wobei die Idee von ihm kam: „Ich habe mich stets gefragt, warum Chopin auf dieselbe Art gespielt wird. Ich habe daher immer auf jemanden gewartet, der einen anderen Weg einschlägt. Und eines Tages, während eines langen Flugs von Melbourne nach New York, dachte ich mir: Warum versucht Du es nicht selber.“ Mit Alice Sara Ott konnte er dafür nicht nur eine Pianistin gewinnen, die schon 2010 mit ihrer Gesamteinspielung der Chopin-Walzer bewiesen hatte, dass sie das ideale Gespür für das Wehmütige in dieser Musik besitzt. Die gebürtige Münchnerin gilt spätestens seit ihrem vierhändigen Strawinski- und Techno-Duell mit Pianistenkolle- ge Francesco Tristano als extrem neugierig bis wagemutig. Statt eines riesigen Flügels, an dem sie inzwischen Konzerte in aller Welt gibt, standen Ott aber jetzt bei den Aufnahmen alte Klaviere zur Verfügung, die man in den Bars von Reykjavík aufgetrieben hat. „Ich liebe es, auf verstimmten Bar-Pianos zu spielen, und Chopins Musik passt meiner Meinung nach sehr gut in eine solche Umgebung“, so Ott. „Er schrieb für kleine, vertraute Räume, für Wohnzimmer, und er liebte es zu improvisieren. Und Improvisation findet man besonders an diesen Orten, an denen viele Dinge passieren, auf die ein Musiker dann gut reagieren kann. Tatsächlich haben wir dann auch einige Aufnahmen in Anwesenheit von Gästen gemacht.“ Nachtstücke auf dem Bar-Klavier Doch heraus gekommen ist eben kein Chopin im schicken Lounge-Stil, sonder eher im leichten Vintage-Klang, der das urromantische Lebens- und Leidensgefühl poetisch, in sich ruhend und doch leicht aufschäumend einfängt. Und wenn sich zwischendurch etwa der Sound eines Synthesizers hineinschlängelt, hat auch das nichts mit den nur an der Oberfläche bleibenden Classic-Remix-Projekten zu tun. Vielmehr glückt Ólafur Arnalds auch damit die Antwort auf die selbstgestellte Frage: „Warum sollen wir eigentlich nicht alle klangtechnischen Möglichkeiten als Teil der Interpretation nutzen?“ Neu erschienen: „The Chopin Project“, Mercury/Universal Alice Sara Ott im Konzert: 15.4. Heidelberg, Altes Hallenbad 16.4. Heidelberg, Stadthalle 17.4. Berlin, Philharmonie 20.4. Duisburg, Landschaftspark-Nord 7.5. München 11.7. Johannisberg, Schloss 8.8. Hamburg, Lokschuppen der S-Bahn 9.8. Altenkrempe, Scheune Hasselburg 26.9. Mönchengladbach, Kunstwerk 21 Andreas Ottensamer Die nackte Gulasch-Kanone Der Solo-Klarinettist der Berliner Philharmoniker serviert auf seinem neuen Brahms-Album ein schmackhaftes Zigeunergulasch – mit prominenter Koch-Crew. Von Robe rt F r au n hol z e r I Klarinettendynastie – sowohl Vater wie Bruder sind Solo-Klarinettisten bei den Wiener Philharmonikern –, wurde bei Erscheinen seines Debüt-Albums vor zwei Jahren zu Recht als Shooting-Star gefeiert. Sein Ton ist rund und voluminös und von spektakulärer Präsenz. Sein Spiel besitzt tollen Drive und Drill, ohne dass er den Ton überspitzt. Dahinter steht eine spezifisch Wiener Klang-Auffassung – und ein Wiener Instrument, das seine Besonderheiten hat. „Die Wiener Klarinette ist dickwandiger und hat eine breitere Bohrung“, erklärt Ottensamer mit der Beflissenheit eines Automechanikers. „Das führt dazu, dass man mehr Luft braucht, und das wiederum fördert einen breiteren, gedeckteren, gewölbten Klang.“ Die Wiener Klarinettentradition, die mit der deutschen gut kompatibel ist, begünstigt also den dunklen, voluminösen Klang, mit dem die Klarinette als Ensembleinstrument in der Mitte des Orchesters verortet wird. Spitz hervorzustechen ist deren Ziel nicht. „Bei den Berliner Philharmonikern bin ich bei weitem nicht der erste österreichische Klarinettist “, erklärt Ottensamer weiter. „Bereits Karl Leister, obwohl er aus einer anderen Schule kam, hat unter Karajan einen schlanken, runden und klaren Klang favorisiert, dem alles Schrille und Kantige fehlte.“ Darin habe Leister sozusagen Kammermusik per SMS So weit, so gut gefachsimpelt. Dass Ottensamer so auskunftsfähig ist, hängt natürlich mit einem spezifisch österreichischen Sendungsbewusstsein zusammen, das auf Weitergabe der Klangtradition erpicht ist. Und damit, dass im Hause Ottensamer Musik an erster Stelle stand. „Im Haus, das wir bewohnten, konnte man gottlob üben, ohne einander wahnsinnig zu stören“, meint Ottensamer. „Tatsächlich haben mein Bruder und ich manchmal vorm Fernseher gesessen und gesagt: ‚Ich üb’ jetzt nicht, Wurzel-Behandlung: Andreas Ottensamer stammt selbst aus einer österreichungarischen Musikerfamilie Foto: Lars Borges/Mercury Classics nzwischen hat sich die Aufregung um ‚Schlüpfergate’, also die Unterhosenfotos von Andreas Ottensamer, wieder gelegt. Obwohl die Abzüge – die zu machen ihm in einem Schwimmbad angeboten wurde –, auf einzelnen Internet-Blogs immer noch zu sehen sind. Wer suchet, der findet. Auch den Spitznamen „Die nackte Klarinette“ hat der demnächst 26-Jährige vermutlich ein für alle Male weg. Macht nichts! Und schließlich, ob die lustige Affaire dem Exklusiv-Schallplattenvertrag bei der Deutschen Grammophon hinderlich oder in Wirklichkeit vielleicht förderlich war, das sind große Fragen, die wir in diesem Leben nicht mehr lösen werden. Ottensamer spielt offen mit seiner Attraktivität. Obwohl er nach Bekanntwerden der Fotos einige Tage hochgeschlossen in der Philharmonie erschienen sein soll – er ist Solo-Klarinettist der Berliner Philharmoniker –, befinden sich im Booklet der neuen CD unter den sage und schreibe 12 Porträt-Fotos auch solche, auf denen einem auffällt, dass Ottensamer zwischenzeitlich ganz schön zu ‚pumpen’ angefangen hat. „Ich will ja nicht behaupten, dass ich nicht manchmal Liegestütze mache“, relativiert er im Café-Interview in Berlin-Kreuzberg. „Aber ins Fitnessstudio gehe ich kaum.“ Tennis, Fußball, Golf und Ski sind seine Hobbys. All diese Äußerlichkeiten sind tatsächlich unwichtig. Ottensamer, Spross einer Wiener die Vorlage für die heutige Klangkultur gegeben. Und einen Punkt definiert, in dem sich die Ästhetik der beiden großen Wiener und Berliner Orchester berührt und durchdringt. 22 und dafür übst du auch nicht!’“ Noch häufiger habe es freilich die Situation gegeben, wo man einander textete, man wolle noch eine halbe Stunde für sich üben, bevor man einander für ein Duo trifft. Wie die Eltern das Kunststück hinbekamen, gleich beiden Söhnen das Instrument des Vaters schmackhaft zu machen, darf als Triumph gelungener Erziehung gefeiert werden. „Ach was!“, protestiert Andreas Ottensamer. Im Hause des Geigers Christoph Koncz und seines Bruders, des Cellisten Stephan Koncz (beide mit auf der neuen CD vertreten), sei es nicht anders gewesen. Eher österreichische Verhältnisse also. Trotzdem beneidenswert. „Die Wiener Klarinettentradition begünstigt den dunklen, voluminösen Klang.“ Da Mutter Ottensamer – sie heißt Cecilia, Cello-Professorin am Wiener Konservatorium – halbe Ungarin ist, trägt die neue CD den Titel „The Hungarian Connection“ nicht zu Unrecht. Bei den Gebrüdern Koncz sieht es ähnlich halbungarisch aus. „Das ist nicht unwichtig, denn beim ungarischen Idiom gibt es musikalische Regeln zu beachten ähnlich wie beim Wiener Walzer“, so Ottensamer. Genau: Beim Dreivierteltakt ist es bedeutsam, den zweiten Schlag nicht zu spät und den dritten nicht zu früh zu bringen. „Und im ungarischen Repertoire kommt es darauf an, dass der Akzent zwar auf dem ersten, die Emphase aber auf dem zweiten Schlag liegt“. Jessas! Wer immer dies verstehen mag, hält den NotenSchlüssel zur österreichisch-ungarischen Monarchie in Händen. Vorlagen zurückgegriffen – und die Instrumentation um ein Cimbalom ergänzt. Bei „Két Tétel“ von Leo Weiner, einer Schlüsselfigur der ungarischen Dirigentengeneration um Solti, Reiner, Szell und all die anderen, ist das Cimbalom ohnehin vorgesehen. Gespielt wird es von Oszkár Ökrös, dem amtierenden Urviech und Hohepriester des dreifüßigen Hackbretts. Ungeahnt narkotisch und geradezu in Trance versetzend – während man hellwach bleibt! – ist das Klarinettenquintett mit einer all star-Besetzung unter Anführung von Leonidas Kavakos und Antoine Tamestit. „Ich habe keinen ausgeprägten Kontakt zu bestehenden Quartetten, so dass mir die Lösung mit einzelnen, großartigen Musikern näher lag“, so Ottensamer. Dick, räkelig und flaumig wie ein Molch, zieht Ottensamer seine Klarinettenspur dabei durch die folkloristisch edlen Gefilde dieser Freundesrunde. Ein transsilvanisches Traditional rundet das Zigeunergulasch ab. Ein köstlich gelungenes Album, bei dem sich zeigt, dass hübsche Musiker in der Klassik keineswegs zum Misstrauen verleiten müssen. Übrigens, hässliche Klassik-Stars hat es zu allen Zeiten kaum welche gegeben. Auch Bernstein, Karajan und die Callas sahen zu ihrer Zeit unschlagbar gut aus. Da ist der Andi in bestaussehender Gesellschaft. MARIINSKY ST. PETERSBURG Anna Netrebko Plácido Domingo Valery Gergiev Neu erschienen: „Brahms – The Hungarian Connection“ mit Kavakos, Koncz, Tamestit, DG/Universal Abonnenten-CD: Track 14 Die nächsten Konzerte mit Andreas Ottensamer: 28.3. Baden-Baden, Festspielhaus 12.4. Essen, Philharmonie 9.5. Berlin, Philharmonie 14.5. Berlin, Philharmonie DVD: 102213 Blu-ray: 108153 Mit den WELTSTARS der Oper Das Who is Who der klassischen Musik feierte am 2. Mai 2013 die Wiedereröffnung des imposanten Mariinsky-Theaters in St. Petersburg. Hackbrett für den pikanten Schmelz Um es besonders magyarisch klingen zu lassen, hat man für die Arrangements von Brahms’ Ungarischen Tänzen Nr. 1 und 7 auf die originalen ANNA NETREBKO PLÁCIDO DOMINGO RENÉ PAPE OLGA BORODINA YEVGENY NIKITIN YURI BASHMET DIANA WISHNEVA u.v.a. Ballett, Chor & Orchester des Mariinsky Theaters St. Petersburg Leitung: Valery Gergiev 23 Im Vertrieb der NAXOS DEUTSCHLAND GmbH www.naxos.de · www.naxosdirekt.de Sarasate bei Naxos gilt als beispielhafte Pionierarbeit. Ihren Ysaÿe-Sonaten wird allerhöchste Erzählkraft attestiert. Tianwa Yangs Qualität ist nicht bloß Folge technischer SuperBrillanz, und ihre musikalische Identität lässt sich nicht mit dem Hinweis auf Finger-Akrobatik und Hyper-Virtuosität beantworten. Selten freilich hat sich ein Super-Talent dem Markt so sehr von seinen Rändern her genähert. Zuhause: Ihre Liebe zur Kammermusik führte Tianwa Yang zum Studium nach Karlsruhe Ich habe mir Bücher aufs Notenpult gelegt, denn ich interessierte mich mehr für chinesische Literatur.“ Sie gilt Kennern als „beste Geigerin der Welt“ – und könnte die erste sein, die mit Naxos-Vertrag die Welt erobert. Warum auch nicht? Von Robe rt F r au n hol z e r W enn sie nach Peking zurückkehrt, so erzählt Tianwa Yang, dann sei sie „jedes Mal krank“. Die hohe Luftverschmutzung macht’s aus – so schlimm, dass die Sonne hinter dem Smog wie durch eine Milchglasscheibe hindurch erscheint. Trotzdem fährt die demnächst 28-Jährige jedes Jahr. Um ihre Familie zu treffen. Gewiss ist der expandierende 24 chinesische Klassikmarkt auch nicht unwichtig, so sehr aber nun auch wieder nicht. Tianwa Yang wird in Deutschland von etlichen Kammermusik-Kennern tatsächlich als „beste Geigerin der Welt“ gefeiert. Sie bekam jüngst den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik, ebenso den ECHO als Nachwuchskünstlerin des Jahres. Ihre Gesamtaufnahme der Violinwerke von Pablo de Weltklasse – mit Luft nach oben Yang könnte die erste internationale Künstlerin werden, die mit ihrem Naxos-Vertrag in der Tasche die Welt erobert. Frühere Exklusiv-Künstler des Billig-Labels, etwa Maria Kliegel, Idil Biret oder Jenö Jandó, spielten im Konzertleben großer Säle und Orchester kaum eine Rolle. Man mied sie. Auch bei Tianwa Yang besteht in Bezug auf Orchester, mit denen sie auftritt, noch ‚Luft nach oben‘. „Dieses Jahr bin ich sehr zufrieden“, sagt sie. Es stehen Debüts bei der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, in Vancouver, Malmö und beim London Philharmonic Orchestra an. So bescheiden ist die ‚beste Geigerin der Welt‘. Berlin, Stockholm, Philadelphia und Paris sind für sie immer noch nicht in Sicht … Wäre vermutlich schneller gegangen, wenn die Einladung, die Isaac Stern an sie aussprach, noch wahr geworden wäre. Der legendäre Geiger saß 1999 in seinem Hotelzimmer in Peking, als er im Fernsehen die Übertragung eines Konzertes mit Tianwa Yang aus dem unweiten Poly-Theater sah. Stern war begeistert, bat darum, die Künstlerin kennenzulernen. Yang war nicht Foto: Friedrun Reinhold Tianwa Yang Forever Yang Perfekt Deutsch sprechend, präsentiert sich die in Karlsruhe bei Jörg-Wolfgang Jahn ausgebildete, in Kassel lebende Musikerin als das, was man früher eine ‚junge Dame‘ nannte: aufrecht, höflich, ein bisschen reserviert. Und sehr ehrlich. Sie habe, um entdeckt zu werden, ein Bewerbungs-Band zu Naxos geschickt, eine in China höchst renommierte Firma. „Bei der Deutschen Grammophon hätte ich es nicht gewagt“, lacht sie. Naxos-Chef Klaus Heymann (beraten von seiner geigenden Ehefrau) griff zu. Und lässt Yang weitgehend freie Hand bei der Auswahl ihres Repertoires. Auch das Mendelssohn-Konzert mit ihr gibt es schon. auffindbar. So führte Sterns Einladung nach New York zwar zur Vorbereitung der Ausreisepapiere, dann aber starb der weltberühmte Mann. In dem Barock-Cellisten Anner Bylsma fand sie später einen Mentor und eine Quelle der Inspiration. Zum Umstieg auf die Barockgeige animierte er sie freilich nur episodisch. Auf die Frage, ob sie glaube, dass es in ihrem Spiel etwas Chinesisches gebe, wehrt sie erschrocken ab. „Was soll das heißen?!“ Eine richtige chinesische Schule gebe es nicht. „Chinesisch“ beziehe sich meist auf leere Virtuosität, das schätze sie nicht. So indes hatten wir die Frage nicht gemeint. Im Ton von Tianwa Yang, im Ansatz und im Vibrato, existiert eine leichte Schwingung, ein melodiöses Sirren und Kirren, wie man es aus der traditionellen chinesischen Musik kennt. „Ach so! Das kann sche Ausbildung beinhalte tatsächlich „Drill“, das sei zutreffend. Schwierigkeiten mit der harmonischen, vertikalen Organisation der westlichen Musik habe sie nicht gehabt. „Ich war schließlich nur zwei Mal im Leben in der Peking-Oper“, erklärt sie. An asiatischen Studenten freilich merke sie gewisse Akklimatisierungsschwierigkeiten manchmal schon. „Ich war ein besonderer Fan des Streichquartetts“, meint sie rückblickend. Spielen tue sie trotzdem in keinem. Denn das sei „ein ganz eigener Beruf.“ Klassik, Filmmusik, Chanson & mehr Saint-Saëns, Mendelssohn, Mussorgsky Piazzolla, Bernstein, Gulda Ihr Vorbild: Die noble, alte Schule „Ich bin wegen der Kammermusik nach Deutschland gekommen“, so Tianwa Yang schlicht. Ihr großes musikalisches Vorbild: das Busch-Quartett. Auch bei den Solisten bewundert sie die alten, zum Teil ganz alten: Josef Szigeti, Myra Hess, Pablo Casals. „Heute mag man über altes Vibrato disMillionen fleißiger Klavierschüler in China können nicht kutieren, was mir völlig gleichumsonst geübt haben. Neben Lang Lang und Yundi Li bevölkern zahlreiche chinesische Supertalente den Markt. gültig ist. Die Intensität, die diese Musiker gehabt haben: großartig!“ Yuja Wang läuft ihren männlichen Klavier-Kollegen den Auch der frühe und mittlere, weRang ab. Es rücken nach Hai’ou Zhang, Zhang Zuo und niger der späte Michael Rabin sei Tony Yun und – von der Altmeister-Front: Zhu Xiao-Mei. „ein großes Genie“ gewesen. „BesAn der Geige: Ziyu He, Li Chuan Yun, Ning Feng und Jiafeng Chen. China hat deutlich aufgeholt nach einem Rückser als in seinen Aufnahmen der 50er Jahre geht es nicht.“ gang der japanischen und koreanischen Talente. Freilich, Mit dem 2. Violinkonzert von so viele asiatische Gesichter es auch gibt: Viele stammen Mario Castelnuovo-Tedesco eröffin Wirklichkeit aus Amerika wie etwa Midori oder Kit Armstrong. Kein Zufall auch, dass die bekanntesten chinesinet Tianwa Yang jetzt eine neue, als Gesamtaufnahme angelegschen Solisten immer die waren, deren Name am Besten te Entdeckungs-Serie bei Naxos. zu merken ist … Das Konzert wurde für Heifetz geschrieben (und von diesem eingesein …“, räumt sie sofort ein. Sei auch gut so. spielt). „Für derlei habe ich Lust mich einzuEin leichter Ingwer-Ton, eine Geschmacksspur setzen.“ Anschließen soll sich eine Gesamteinnur, aber doch unverwechselbar, ist dem Spiel spielung der Werke für Violine und Orchester dieser Wunderfrau zu eigen. von Saint-Saëns. Dann Lalo. Aus der Fülle asiatischer Talente könnGedichte auf dem Notenpult te Tianwa Yang, geboren am 8. April 1987 in Peking, die erste Geigerin sein, welche ein Um das Übliche nicht zu vergessen: Dass sie im Alter von vier Jahren mit der Violine be- Fenster in die Zukunft direkt neben demjenigann, hält sie für nichts Besonderes. „Es war in gen von Lang Lang öffnet. Ihr Ingwer-Ton verMode damals, und da ich in einen Musik-Kin- strömt den vielleicht faszinierendsten Duft der letzten Jahre. Und das Beste: Parfüm ist das dergarten ging, wo man in diesem Alter ein nicht. Sondern reine Natur. Instrument in die Hand gedrückt bekam, war nur die Frage: welches?“ Zunächst entschied sie sich für Klavier. Die Eltern – der Vater Au- Neu erschienen: Castelnuovo-Tedesco: Viotomechaniker, die Mutter in der Buchhaltung linkonzert Nr. 2, Concerto italiano op. 31, – hatten das Geld für ein solches Instrument mit dem SWR-Sinfonieorchester Baden-Banicht. Inzwischen war aber das absolute Ge- den und Freiburg, de Boer, Naxos hör des Mädchens entdeckt worden. Man entschied sich für die Geige. „Es hat sich körper- Die nächsten Konzerte von Tianwa Yang: lich sofort ganz natürlich angefühlt“, so Yang. 26.3. Karlsruhe, Wolfgang-Rihm-Forum Bis sie zehn war, übte sie zwei bis zwei- 27.3. Mannheim, Christuskirche einhalb Stunden täglich; zur Not auch ‚einge- 7.4. Köln, Kammermusiksaal der HfMT Köln sperrt’ unter gewissem Druck. „Ich habe mir 19.4. Stuttgart, Liederhalle heimlich Bücher aufs Notenpult gelegt, denn 20.4. Stuttgart, Liederhalle ich interessierte mich damals mehr für chine- 21.4. Kassel, Musikakademie sische Geschichte und Literatur.“ Die chinesi- Wie hieß nochmal … ? 25 Das neue Album Tour 22.3. Brunsbüttel 15.4. Wolfsburg 26.3. Elmshorn 19.4. Nienburg 27.3. Münster 26.4. Bonn Weitere Termine salut-salon.com Keine gute Figur: Joseph Joachim war schließlich gegen die Veröffentlichung des Violinkonzerts (Zeichnung von Adolph Menzel, 1853) geisterung für das Werk von Seiten Claras und Joachims weicht allerdings der Skepsis. Joachim wird zunächst von den immensen technischen Schwierigkeiten kalt erwischt – bei einem Durchspiel Anfang 1854 gibt er keine gute Figur ab. Während Robert in die „Irrenanstalt“ des Doktor Richarz eingeliefert wird, wachsen bei Clara Zweifel an der Qualität dieses letzten vollendeten Orchesterwerks. Mit Joachim beratschlagt sie eine mögliche Überarbeitung, beauftragt den Geiger sogar mit einem neuen Finale. Am Ende entscheiden sich die beiden nicht nur gegen eine Aufführung – sie nehmen das Konzert nicht einmal auf in die Gesamtausgabe. Das Autograf verschwindet in Joachims Nachlass. Dort wird es erst 25 Jahre nach Joachims Tod wieder ausgegraben, angeblich dank einer Séance, in deren Verlauf der britischen Geigerin Jelly d’Arnyi, einer Großnichte Joachims, der Aufbewahrungsort der Partitur offenbart wird. Tatsächlich war der eigentlich nie wirklich geheim gewesen (die Preußische Staatsbibliothek), doch der Spuk ließ in der Öffentlichkeit die Wellen so hoch schlagen, dass das Werk schließlich, trotz eines Aufführungsverbots von Joachims Sohn, zur Premiere eingerichtet wurde. Arischer Aufführungsmurks Hörtest – Schumann Violinkonzert d-Moll Clara Schumann fand „Makel, wo man über alles liebt“. Noch heute stellt das letzte Orchesterwerk Schumanns seine Interpreten vor erhebliche Probleme. Von R aou l Mörc h e n W ahnsinn und Genie sind, dem Klischee zum Trotz, kein gutes Team, zumal nicht in der Musik. Mag der eine auch noch sabbernd mit großer Geste den Pinsel über die Leinwand führen und dabei Wunder vollbringen – die Materie des Komponieren ist zu komplex für lädierte Geister. Wann die Grenze allerdings überschritten ist, jenseits derer die Kunst das Nachsehen hat, darüber lässt sich im Einzelfall trefflich streiten. Im Falle Robert Schumanns, sagen die einen, war die Grenze der Sprung in den Rhein, andere trauen ihm auch in den beiden Endenicher Jahren noch Großes zu, wieder andere se- 26 hen bereits frühere Werke von Krankheit beschädigt. Um keine andere Partitur wurde dabei so sehr gestritten wie um das Violinkonzert. 1853, im letzten Düsseldorfer Jahr entstanden, in einem für Schumann damals so typischen manischen Arbeitsschub, der unmittelbar folgte auf einen (vermuteten) Schlaganfall und die vernichtende ärztliche Diagnose einer „Gehirnerweichung“. Dank der Begegnung mit dem jungen Geiger Joseph Joachim hat sich Schumann in dieser Zeit verstärkt der Geige zugewendet. Nach den beiden Sonaten entstehen eine große „Phantasie“ mit Orchesterbegleitung und schließlich das Konzert. Die anfängliche Be- Die hätte Yehudi Menuhin spielen sollen, doch da waren die Nazis vor. Menuhin selbst hatte Goebbels mit einer unbedachten Äußerung das Stichwort geliefert. Nach einer Durchsicht des Manuskripts bejubelte der Geiger das „fehlende Bindeglied zwischen Beethoven und Brahms“ und überging damit geflissentlich Mendelssohn – für dessen „jüdisches“ Violinkonzert die Deutschen nun endlich einen „arischen“ Ersatz gefunden hatten. So spielte am Ende auch nicht der Jude Menuhin die Uraufführung am 26. November 1937, sondern der Deutsche Georg Kulenkampff, flankiert von allerlei Propaganda-Getöse. Doch selbst die Nazis misstrauten dem Werk: Der regimefreundliche Musikwissenschaftler Georg Schünemann ließ die Solostimme vor der Premiere still und heimlich von Paul Hindemith bearbeiten – sie schien immer noch zu schwer und undankbar. Erst Menuhin nahm das Konzert im folgenden Jahr bei der USA-Premiere (ungefähr) so, wie es Schumann hinterlassen hatte – und legte an der Seite von John Barbirolli und der Philharmonic Symphony of New York eine Referenzeinspielung vor. Exzentriker und Individualisten Diese Einspielung von Yehudi Menuhin, obwohl ästhetisch deutlich dem Geist der Vorkriegszeit verhaftet, ist tatsächlich noch heute das Maß der Dinge. Denn mit vermeintlicher Werktreue ist diesem Konzert nicht beizukommen. Wer den vielen Wiederholungen, der motivischen Entwicklungsarmut, der Vernachlässigung des Orchesters, wer den offenkundi- gen kompositorischen Schwächen der Partitur nicht offensiv entgegen arbeitet, kann hier keinen Blumentopf gewinnen. So zeigt sich im Vergleich des guten Dutzends Einspielungen, die heute vorliegen, dass vor allem Exzentriker und Individualisten die Nase vorne haben: Interpreten mit Mut zu einem eigenen Standpunkt und den Nerven, den dann auch in jedem Takt zu vertreten. Menuhin etwa spielt, als gäb‘s nur ihn und Schumann. Die Musik hat einen fantastischen Drive und der Ton eine solche Intensität, dass man selbst über dicke Schnitzer der Partitur wie die achttaktige, dabei gänzlich modulationsfreie Tonleiterpassage des Finales einfach hinweg hört. Ähnliches gilt für Gidon Kremers Geniestreich von 1994, trotz des geradezu konträren Vorgehens. Mit Harnoncourt an der Seite wird einerseits das beste auch aus dem Orchesterpart herausgeholt (der klingt in der Eröffnung und im Finale unglaublich barock, mit pompösen Pauken), andererseits bohrt sich Kremer so tief in jede Phrase, dass man wie angewurzelt dasitzt und gar nicht anders kann als weiterhören. Allenfalls der dritte Satz macht Sorgen, wo die streng befolgte Tempovorgabe (Viertel = 63) die Musik beinahe paralysiert – selbst Wissenschaftler neigen dazu, hier eine Fehleinschätzung Schumanns zu unterstellen. Bei anderen Aufnahmen ist spätestens hier wirklich Schluss. Schmerzlich ist das vor allem bei der Neuaufnahme von Isabelle Faust, die mit dem Freiburger Barockorchester an der eigenen Vorsicht scheitert. Statt die Partitur energisch zu fassen, hält Faust sie hoch wie ein wertvolles Stück Porzellan. Doch das hat eben tiefe Risse und liegt schließlich in Scherben auf dem Boden. Bedauerlich, dass die starke Aufnahme von Thomas Zehetmair momentan nicht verfügbar ist. Sie beweist, wie ja schon die von Kremer, dass der „werktreue“ Ansatz nicht notwendigerweise scheitern muss – er braucht in diesem besonderen Fall nur ein schweres Gegengewicht. Bedauerlich auch, dass von Christian Tetzlaff bisher nur eine unbefriedigende Live-Aufnahme vorliegt: Vom Naturell her ist er eigentlich prädestiniert für dieses Konzert. Doch Paavo Järvi und das hr-Sinfonieorchester wirken allzu lähmend auf Tetzlaffs Unruhegeist und lassen ihn am Schluss des ersten Satzes sogar ganz unverhofft hadern mit einer (allerdings wirklich denkbar schwierigen) Doppelgriffpassage. Erst im Laufe des zweiten Satzes schwimmt sich Tetzlaff frei und zeigt schließlich im fulminanten dritten, was unter besseren Bedingungen möglich wäre. Apropos technische Schwierigkeiten: Hindemiths Bearbeitung, obwohl beim SchottVerlag veröffentlicht, fand nach Georg Kulenkampff offenbar keine Liebhaber mehr. Auch dessen Aufnahme (mit den Berlinern unter Schmidt-Isserstedt) ist leider nicht mehr erhältlich. Für Enthusiasten lohnt das Stöbern an der Reste-Rampe: nicht nur wegen Kulenkampff, der sich stellenweise durchaus tapfer schlägt (und doch dem jungen Menuhin nicht das Wasser reichen kann), sondern eben der ziemlich grotesken Resultate wegen, die Hindemiths Eingriffe zeitigen. Sie betreffen vor allem Oktavierungen in eine höhere, vermeintlich brillantere Lage und die Entschärfung komplizierter, doch wirkungsarmer Doppelgriffe. Einiges erinnert an die bekannten Anpassungen des (Bassett-)Klarinettenkonzerts von Mozart, anderes lässt nur den Kopf schütteln – zumal die besten Geiger das Original (siehe Menuhin) ja auch damals schon bewältigt haben. Bloß haben sich das nur wenige getraut. Henryk Szeryng war einer von ihnen. Seine jetzt erstmals auf CD veröffentlichte SWR-Aufnahme von 1957 unter Hans Rosbaud ist ein willkommener Ersatz für die vergriffene Einspielung mit Dorati. Auch wenn das Team Szeryng/Rosbaud nach hinten leicht abbaut: Ihre Interpretation ist zielstrebig, schnörkellos und konzentriert, nirgends lassen die beiden locker, doch verkrampfen sie auch nicht. Im Gegenteil – selbst wenn diese Version kein solcher Selbstläufer ist wie die von Menuhin: Sie zeichnet sich aus durch geradezu sportliche Eleganz. Dasselbe gilt, wenngleich auf ganz andere Weise, für eine Aufnahme, die vielleicht die klassischste ist von den wirklich guten: Renaud Capuçon liest den Solopart so differenziert, wie man es sich nur wünschen kann, mit Eigensinn und Courage, doch ohne die Extravaganz eines Gidon Kremer. Besonders gut gelingt hier die sonst so kritische (weil kompositorisch unterentwickelte) Zusammenarbeit mit dem Ensemble: mit Daniel Harding und dem Mahler Chamber Orchestra. Und plötzlich schnurrt das Finale! Die ist im Übrigen ein Trumpf auch bei zwei echten Außenseitern im Spitzenfeld. Da ist zum einen die US-Amerikanerin Rachel Barton Pine. Sie spielt, wie die besten Kollegen vor 50 Jahren gespielt haben: wuchtig, führungsstark und selbstbewusst, mit schwerem Vibrato und breitem Bogen – und das funktioniert. Auch, weil das Göttinger Symphonie Orchester ganz offenbar beträchtliche Probenarbeit in diese Aufnahme investiert hat, sich blendend mit der Solistin versteht und klangliche Defizite mit Leidenschaft kompensiert. Zum anderen ist da der Schwede Ulf Wallin, vielleicht der Geheimtipp überhaupt für’s SchumannKonzert. Wallin gelingt gemeinsam mit der Chemnitzer Robert-Schumann-Philharmonie eine Interpretation, die so lyrisch ist und rhapsodisch frei wie keine zweite. Das störrische Finale, das andere mit Mühen niederringen oder gleich verloren geben, streichelt Wallin ganz liebevoll. Und siehe da: Es schnurrt! Favoriten Yehudi Menuhin, Philharmonic Symphony of New York, John Barbirolli, 1938, Naxos Gidon Kremer, Chamber Orchestra of Europe, Nikolaus Harnoncourt, 1994, Teldec/Warner Alternativen Henryk Szeryng, SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, Hans Rosbaud, 1957, hänssler CLASSIC/Naxos Renaud Capuçon, Mahler Chamber Orchestra, Daniel Harding, 2004, Virgin Classics/Warner Ulf Wallin, Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz, Frank Beermann, 2009, BIS/Klassik Center Kassel Schöne Überraschung Rachel Barton Pine, Göttinger Symphonie Orchester, Christoph-Matthias Mueller, 2012, Cedille/Naxos Durchwachsen Joshua Bell, Cleveland Orchestra, Christoph von Dohnányi, 1996, Decca (nur als Download) Thomas Albertus Irnberger, Spirit of Europe, Martin Sieghart, 2008, Gramola/Naxos Christian Tetzlaff, hr-Sinfonieorchester, Paavo Järvi, 2011, Ondine/Naxos Anthony Marwood, BBC Scottish Symphony Orchestra, Douglas Boyd, 2011, Hyperion/ Note 1 Isabelle Faust, Freiburger Barockorchester, Pablo Heras Casado, 2014, harmonia mundi Abonnenten-CD: Track 13 Blässlich Ilya Kaler, Bournemouth Symphony Orchestra, Pietari Inkinen, 2007, Naxos Lena Neudauer, Deutsche Radio Philharmonie, Pablo González, 2010, hänssler CLASSIC/ Naxos Baiba Skride, Danish National Symphony Orchestra, John Storgards, 2011, Orfeo 27 Cécile McLorin Salvant Französische Afro-Amerikanerin Clarté und Frische im schwarzen Jazzgesang bringt diese Sängerin zur Perfektion. Von T hom a s F i t t e r l i ng S ie ist so etwas wie die Oscar-Verleihung im Jazz, die jährliche internationale Kritikerumfrage des DownBeat, der wohl renommiertesten Jazzpublikation weltweit. Im vergangenen Jahr dominierte eine 25-jährige Sängerin die Ergebnisse. Gleich in vier Kategorien fiel die Wahl auf sie. Ein gutes Jahr zuvor war diese Sängerin mit dem anglofranzösischen Namen Cécile McLorin Salvant noch weitgehend unbekannt gewesen, obschon sie den 2010 für Sängerinnen ausgeschriebenen, prestigeträchtigen Thelonious Monk Wettbewerb gewonnen hatte. In der Folge war sie schließlich zum Mack Avenue Label ge- 28 kommen, und das veröffentlichte 2013 ihr amerikanisches Debüt, „WomanChild“. Mit dem vorzüglichen, um den Gitarristen James Chirillo erweiterten, modernen Mainstream-Trio des Pianisten Aaron Diehl mit Rodney Whitaker am Bass und Herlin Riley am Schlagzeug interpretiert sie neun Songs aus der schwarzen amerikanischen Tradition, die zum Teil weit ins 20. Jahrhundert zurückreichen, zwei Originals und eine eigene Vertonung eines tief bewegenden Gedichts der haitianischen Dichterin Ida Faubert. Aaron Diehl erweist sich dabei als ein idealtypischer Pianist vom Range eines Tommy Flanagan, dem jahrelangen Begleiter von Ella Fitzgerald. Von Null auf Eins Dieses „WomanChild“ betörte die internationale Kritikerriege des DownBeat. Sie kürten die CD zum Jazz-Album des Jahres und platzierten Cécile McLorin Salvant gleich zwei Mal auf Platz eins der Sängerinnen. Sie bekam eine Mehrheit in der uneingeschränkten Kategorie der Vokalistinnen, aber auch eine als Rising Star Vocalist; außerdem wurde sie zum Rising Star Jazz Artist gewählt. Die Begeisterung der Kritiker kommt nicht von ungefähr: Betörend trägt Cécile McLorin Salvant alte und auch ungewöhnliche Songs mit einer ungeheuren Frische und Natürlichkeit vor und gestaltet sie aus einer gründ- In’s Glück geschubst Soweit, so gut. Es ist aber noch keine Jazz-Sängerin vom Himmel gefallen. „Bevor ich nach Frankreich ging, wusste ich sehr wenig über Jazz. In Miami konnte ich mir als Teenager nicht vorstellen, dass jemand noch Jazz Foto: John Abbott Und jetzt – barock? Cécile McLorin Salvant bleibt ihren Wurzeln treu lichen Auseinandersetzung mit dem Material, ohne Rückgriffe auf Scat-Effekte. Sie verfügt über eine warme, absolut intonationssichere Stimme, die immer wieder an Sarah Vaughan erinnert. Es ist da etwas, was Cécile McLorin Salvant anders klingen lässt als all die jungen amerikanischen Sängerinnen, und das hat etwas mit ihrer Sozialisation zu tun. In einem offenen, lockeren Gespräch mit dem Autor zeichnete sie diese nach. Als Tochter eines Arztes aus Haiti und einer französischen Mutter, deren Wurzeln in die Gegend von Toulouse reichen, wurde Cécile in Miami, Florida, geboren, wo sie auch aufwuchs. Zuhause wurde Französisch gesprochen. Entscheidend für ihren Werdegang wurde ihre Mutter, die eine französischsprachige Schule betreibt. „Meine Mutter ist in Tunesien geboren. Sie ist immer viel gereist. Von überall brachte sie Musik nach Hause, und Jazz gehörte dazu. Von Kind an hörte ich die großen Jazzsängerinnen, vor allem Mamas Liebling, Sarah Vaughan. Aber mein Kindheitstraum war, klassische Sängerin zu werden. Sängerin zu sein, das stellte ich mir fantastisch und unglaublich spektakulär vor. Meine Mutter erkannte, dass ich verschiedene Talente hatte, aber nichts mit ihnen anfing. In bin nämlich eine sehr passive Person und ergreife nicht gern die Initiative. Das tat dann sie für mich. Als ich ungefähr vier war, sorgte sie dafür, dass ich Klavierunterricht bekam und zwang mich durchzuhalten, bis ich 18 war. Als ich 13 war, organisierte sie meinen ersten Gesangsunterricht, und als ich zum Studium nach Frankreich ging, hieß sie mich, neben meinen Vorkursen in Politologie und Jura, Jazz zu belegen und schleppte mich zum Jazzdozenten. Sie sorgte auch dafür, dass ich 2010 am Thelonious Monk Wettbewerb teilnahm.“ spielte – vielleicht gerade noch Smooth Jazz oder Fusion, aber swingenden straight ahead Jazz? Nein. Schon allein deswegen war Jazzgesang für mich keine Option, aber ich wollte ohnehin klassische Sängerin werden. Das änderte sich mit meinem Jazzlehrer Jean-François Bonnel in Aix-enProvence. Er weckte meine Neugier für Jazz, und weil ich ja wie gesagt oft geschubst werden muss, sagte er mir einfach, was ich gefälligst zu hören habe, und so entdeckte ich all die alten und zum Teil vergessenen Sängerinnen. Jura und Politologie gab ich schließlich auf und ging nur noch aufs Konservatorium. Dort wid- schees aus heutiger Sicht nicht immer politisch korrekt erscheinen und vor allem in Amerika mitunter Stirnrunzeln auslösen, meint sie: „Ich glaube, das hat weniger mit meiner europäischen Erfahrung zu tun. Ich habe schon immer Sachen gemocht, die etwas verschroben oder absurd sind. In meiner Familie haben wir alle Simone Kermes einen Sinn für das Absurde, und manche dieser sogenannten poliGemma Bertagnolli & tisch inkorrekten Sachen sind so Dorothee Oberlinger überdreht, dass sie wieder grotesk und komisch sind.“ Peter Härtling Auf ihre Zukunft angesproDorothee Mields & chen erwähnt Cécile McLorin Salvant, dass sie jetzt in New York, in Stefan Temmingh Harlem lebe, und dann schwärmt Daniel Behle & sie von dem Album, dessen Veröffentlichung noch Martin Walser ansteht und das im August und viele mehr 2014 mit einem Trio um den großartigen Pianisten Aaron Diehl aufgenommen wurde, der auch schon auf „WomanChild“ eine Schlüs„Als ich nach Frankreich kam, war ich erselrolle spielte. „Die meisstaunt über die Jazzfestivals, die im Gegensatz zu den sogenannten Jazzfestiten Songs drehen sich um die Liebe; es sind etliche vals in Amerika tatsächlich Jazz im ProSongs von mir dabei. Das gramm haben. In Amerika treten bei ganze Album ist etwas perdiesen Festivals Leute wie Elton John sönlicher, und es wird im auf; wie sollen da Heranwachsende erBooklet viele Zeichnungen fahren, was Jazz ist? In Frankreich gibt Anzeige RONDO_2015_109x150.indd 1 3/2/2015 von mir geben. Die Trioes außerdem all die Clubs, die Jazz präBesetzung mit Sängerin ist sentieren; dann spielt Jazz im Radio ja eine meiner Lieblingseine wichtige Rolle. Jazz gehört viel formationen und zu Recht mehr zum Mainstreambewusstsein als ein Klassiker. Ja, und dann in den USA. Dort wird Jazz nicht sehr will ich in Zukunft mehr ernst oder zu ernst genommen, wird als komponieren, mehr über lanweilig oder zu intellektuell angeseMusik lernen, über Harhen. Zwar gibt es auch in Amerika leiGefördert durch: monielehre. Ich will eine denschaftliche Jazzanhänger, aber es bessere Pianistin werden, sind nicht sehr viele.“ mir das Handwerk des Arrangierens aneignen, ich will mehr zeichnen und malen. mete ich mich aber neben dem Und ich träume immer noch den Jazz weiter meiner alten Liebe, der klassischen Musik. Französi- Traum, Barockmusik professiosche Barockmusik ist meine gro- nell singen zu können, ohne meiße Leidenschaft. In meinem Klas- ne Jazzkarriere aufgeben zu müssikgesangsunterricht wurde mir sen. Jedenfalls nehme ich jetzt klar gemacht, wie wichtig es ist, wieder Gesangsstunden. Und jedes Wort, jeden Satz selber ge- dann will ich auch selber unternau zu verstehen und dann auch richten, will das, was ich gelernt JUNI für die Hörer genau zu artikulie- habe, aus Dank anderen weiterren. Ich denke, das hat auch auf geben, vor allem jenen, die keinen meinen Angang im Jazzgesang Zugang zum Jazz haben, ihn nicht abgefärbt.“ mögen, weil sie ihn nie kennenIm Zusammenhang mit ih- lernen konnten.“ rem Repertoire, das auch Songs JUNI aus dem Anfang des letzten Jahr- Neu erschienen: WomanChild, hunderts enthält, die mit ihren Mack Avenue/In-Akustik 2015 64. Internationale Orgelwoche Nürnberg – Musica Sacra implizierten rassistischen Kli- 5 © Gregor Hohenberg 20. Juni – 2. August 201 © Marco Borggreve Jazz-Land Frankreich Programm & Karten: Tel. 0 26 22 - 9 26 42 50 www.rheinvokal.de Das internationale Nürnberger Musikfestival 19 28 29 Mehr Infos unter www.ion-musica-sacra.de Kartenbestellung www.reservix.de oder telefonisch 0 18 01 / 2 14 44 88 3:28 Jazzfest Bonn Endlich wieder Hauptstadt Provinzielles Provisorium war gestern: Mit seinem Jazzfest wirkt Bonn plötzlich ganz weltstädtisch. Von Jo s e f E nge l s E s ist schon verrückt: Als Bonn noch improvisierter Regierungssitz war, gab die Stadt ausgerechnet der improvisierten Musik kaum eine Chance. Staatstragende Repräsentationskultur war Trumpf im Hauptstadt-Provisorium, alles andere wurde mehr oder minder stiefmütterlich behandelt. Das hat sich 15 Jahre nach dem Berlin-Umzug der Behörden gehörig geändert: Während die etablierte Kultur in der ehemaligen Bundeshauptstadt überregional eher für Kopfschütteln sorgt – Stichwort: Beethoven- 30 Festspielhaus –, entwickelt sich der Jazz gerade zum weit über die Stadtgrenzen hinaus sichtbaren Aushängeschild. Verantwortlich dafür ist das seit 2010 existierende Jazzfest Bonn, das sich spätestens im vergangenen Jahr mit Auftritten von US-Stars wie Saxofonlegende Wayne Shorter oder Sängerin Dianne Reeves in die Hauptstadt-Riege der deutschen Jazzfestivals spielte. Unmittelbar verantwortlich für diesen Schub sind die in Bonn ansässigen Konzerne Telekom und Deutsche Post, die gemein- sam mit anderen Sponsoren den Großteil des Jazzfest-Budgets schultern. Aber auch indirekt spielen die Geldgeber, die ähnlich wie die nach Bonn gekommenen UN-Einrichtungen das neue Gesicht der Stadt prägen, eine wichtige Rolle: „Da gibt es jetzt eine große Weltoffenheit und einen Hunger nach Kultur“, sagt Peter Materna, künstlerischer Leiter des Bonner Jazzfests. Der Zuspruch gibt ihm recht: Die Konzerte des Festivals sind mit schöner Regelmäßigkeit kurz nach dem Vorverkaufsstart bereits ausverkauft. Aufgrund seiner guten persönlichen Kontakte gelingt es dem Kurator, der selbst ein namhafter Saxofonist ist, immer wieder, Acts nach Bonn zu lotsen, die früher einen großen Bogen um die Stadt machten. Zudem hat Materna ein feines Gespür für Nachwuchstalente, die vor dem Sprung nach oben stehen. „Als Musiker arbeitet man ein Leben lang an inhaltlicher Qualität. Wenn man vor diesem Hintergrund ein Programm zusammenstellt, stellt man diese Ansprüche auch an die Kollegen. Das entsteht dann nicht am Reißbrett, sondern man fragt sich: Was ist so berührend, dass ich dafür selbst ins Konzert gehen würde?“, sagt Materna. Einen zusätzlichen Anreiz für Festivalbesucher und Künstler gleichermaßen stellen die verschiedenen Veranstaltungsorte dar, an denen sich das Bonner Jazzfest präsentiert. Wie in den Vorjahren finden die Konzerte des vom 7. bis zum 15. Mai gehenden Festivals unter anderem in der Bundeskunsthalle, dem Haus der Geschichte oder im Beethovenhaus statt – mithin alles Orte, die ohnehin auf dem Pflichtprogramm jedes Bonn-Besuchers stehen sollten. Auch der Jazzfest-Jahrgang 2015 wartet wieder mit einer klugen Mischung aus internationalen Stars und Newcomern auf. Auf den Auftakt mit Gitarristen-Altmeister Pat Martino folgen Konzerte von bekannten Namen wie Enrico Rava, Franco Ambrosetti, Lizz Wright oder Erik Truffaz, der mit der WDR Big Band auftritt. Zum Abschluss gibt es dann eine Weltpremiere in Bonn: Der Geiger Nigel Kennedy präsentiert erstmalig sein neues Jimi-Hendrix-Programm. Materna freut sich sehr darüber, den quirligen Brückenschläger zwischen vermeintlich gegensätzlichen musikalischen Welten als Jazzfest-Höhepunkt verpflichtet zu haben. Eine veränderte Genre-Wahrnehmung ist schließlich auch das erklärte Ziel des Festivalleiters: „Es geht darum, dem Jazz den Stellenwert der Klassik zu geben.“ Im ehemaligen Hochkultur-Repräsentationsstandort Bonn fährt man sehr gut mit dieser Devise. Jazzfest Bonn 7. bis 15. Mai Programm auf www.jazzfest-bonn.de Tickets: www.bonnticket.de oder Tel +49 (02 28) 50 20 10 Foto: Jimmy Katz Stilvolle Größe: Pat Martino kommt auch nach Bonn F E S T W O C H E N D E R A U TO S TA DT I N W O L F S B U R G 10 . A P R I L ―17. M A I 2 015 FRIEDEN KONZERTE LESUNGEN & SCHAUSPIEL Natalie Cole Joshua Redman Trio · Hailey Tuck · AJ Brown Omer Klein Trio · Ibrahim Maalouf Lizz Wright · Eliane Elias Get Well Soon · All We Are Buttering Trio · Iskandar Widjaja Simon Klavzar · Alessia Park Annika Treutler · Stefan Hussong Harriet Krijgh · Magda Amara Matthias Goerne · Alexander Schmalcz Christiane Karg · Gerold Huber Nicolas Altstaedt · José Gallardo William Youn · Isabelle Vilmar Dover Quartet Klenke Quartett · Tobias Koch Kit Armstrong · Annelien Van Wauwe Boris Aljinovic Caroline Peters · Martin Brambach Alexander Scheer · Robert Stadlober Suzanne von Borsody · Ulrich Noethen Peter Simonischek Birgit Minichmayr · Lars Eidinger Imogen Kogge · Richy Müller Margarita Broich Maria Schrader · Samuel Finzi Wolfram Koch Lavinia Wilson · Siegfried W. Kernen Thomas Sarbacher Iris Berben · Katharina Schüttler Shenja Lacher · Thomas Thieme Claudia Michelsen · Sylvester Groth Klaus Maria Brandauer WEITERE INFORMATIONEN: 0 8 0 0 2 8 8 6 78 2 3 8 ODER W W W. MOVIMENTOS.DE Stand: 27. Januar 2015; Änderungen vorbehalten TA N Z Sydney Dance Company GöteborgsOperans Danskompani Shaun Parker & Company Kibbutz Contemporary Dance Company Les Ballets de Monte-Carlo Cloud Gate Dance Theatre of Taiwan KULTURPARTNER: 31 Svjatoslav Richter Hundert Jahre Einsamkeit Der Pianist, der vor einhundert Jahren geboren wurde, sagte einmal von sich, er spiele nur, was in den Noten stehe. Dann aber hatte er verdammt geniale Augen. Von M at t h i a s Kor n e m a n n E iner der längsten Alpträume der Menschheitsgeschichte war es, in den Svjatoslav Richter am 20. März 1915 fast unmittelbar hineingeboren wurde. Schon wenige Jahre später sollte es die kleine deutsche Welt in dem westukrainischen Städtchen, der sein Vater – ein begabter Pianist und Pädagoge – entstammte, ebenso wenig mehr geben wie die turgenjewhafte Landadelssphäre, aus der seine Mutter kam. Die Spannungen, die eine Seele in dieser düsteren Unendlichkeit zwischen Revolution und 32 dem Tode Stalins zu ertragen hatte, können wir uns kaum vorstellen, viele vernarbte Biografien lassen es zumindest erahnen. 1941 wurde sein Vater denunziert und erschossen, da studierte er schon in Moskau. 1952 empfing er den Stalin-Preis. In seinen von Bruno Monsaingeon aufgezeichneten Erinnerungen – einem der bewegendsten Musikbücher überhaupt! – schildert Richter diese Jahre in einer verstörenden Mischung aus mildem Spott und Melancholie. Er wich den zerstörenden Kräften mit der gespielten Narretei eines Hamlet aus, scheint es. Seine Kunst folgte anderen Gesetzen, ohne doch eine lichte Gegenwelt öffnen zu wollen. Die unerhört aggressive Attacke des jungen Richter auf das Instrument ist noch auf den rauschendsten Bändern beeindruckend, aber auch verstörend. Da schreien schlecht gewartete Flügel, man hört Saiten reißen. Wer so spielt, will keinem Publikum gefallen. Das wurde dafür in eine geradezu fanatische Wahrheitssuche hineingerissen, die in den Tiefen eines Werkes Wesentliches aufspürte und herausriss, um es in Pranken zu halten wie einen glühenden Kern. Unbedeutendes verdampfte, und das konnte schon einmal ein ganzes Nocturne seines erklärten Lieblingskomponisten Chopin sein – und die russische Klaviertradition gleich mit. Die Spannung, unter die er sich und sein Klavierspiel gesetzt hatte, erreichte 1960 mit seinem Debüt in der Carnegie Hall ein Maß, das kein Musiker und kein Auditorium auf Dauer hätte ertragen können. So eröffnete ein unmerkliches Nachlassen sein goldenes Jahrzehnt, so fragwürdig die Vorstellung auch sein mag, diese eigenwillige Kunst lasse sich in ordentliche Stilphasen einfangen. Wer den Schumann dieser Jahre hört, die Fantasie op. 17 oder die Fantasiestücke, tritt in einen „traumeswirren“, überschwänglichen Kosmos ein, wie ihn nur einer schildern kann, der hinter den Noten die Abgründe und hinter den Masken die manischen Fratzen wirklich gesehen hat, mag er auch noch so oft behauptet haben, er spiele nur, was dastehe. Den äußersten Pol einer Ausdrucksintensität, die nicht mehr rasende Überspannung sucht, sondern die fernsten Winkel eisig-depressiver Räume, erreichte er mit der Aufnahme der letzten Schubertsonate. Für einen „normalen“ Künstler hätte es keine Rückkehr von diesem Ort gegeben (aber er wäre auch nicht so weit gelangt …). Richter aber trat noch fast ein Vierteljahrhundert lang auf, nur ein blasses Leselämpchen ließ die zusammengekrümmte Riesengestalt wahrnehmen, deren Klavierspiel sich allen Erwartungen und Beschreibungsversuchen entzog. Von dürrem Haydn-Blattspiel über kalte Explosionen Chopinscher Etüden bis zum hauchzarten Debussy-Pastell war alles möglich. Eine Freude war es selten, Größe aber hatte es. So trat er ab als ein Unfasslicher, an dem alle routinierten Jubiläumselogen abperlen werden. Eine Gestalt zu groß für unsere Zeit. CD-Tipps: Das Sofia-Recital, 1958 / Rachmaninow: Klavierkonzert Nr. 2, beide enthalten in: Svjatoslav Richter – Complete Decca, Philips & DGRecordings, Universal Schumann: Fantasie op. 17, enthalten in: The Master Pianist, Icon-Serie, Warner Classics Schubert: Sonate B-Dur D960, & A-Dur D664; SACD, Praga/harmonia mundi Foto: Sony Classical Keine Lorbeern: Svjatoslav Richter blieb ein Einzelgänger Café Imperial Unser Stammgast im Wiener Musiker-Wohnzimmer: Robe rt F r au n hol z e r Fotos: ENina Stemme (l.u.); Holger Hage/DG (r.o.); Molina Visuals (r.M.); Marco Borggreve (r.u.) Die nächste „Elektra“: Nina Stemme kommt zur MärzPremiere an die Staatsoper Herbe Kritiken musste Edita Gruberova nach ihrer Premiere als „Straniera“ am Theater an der Wien einstecken. Als „Triumph des Willens” wurde ihre Leistung von einem Kollegen apostrophiert – und sie selbst als „Eiserne Lady” der Opernszene. Harte Worte. Wie größenwahnsinnig sich die 68-Jährige mit ihrer geplant letzten Hauptrolle übernommen hat, das konnte ermessen, wer die alternierende Besetzung der Produktion erlebt hat. Selbst Marlis Petersen nämlich, auf der Höhe ihres Könnens, kommt bei der Virtuosa-Rolle der „Fremden” ins Schwitzen. Zur Inszenierung, obwohl Christof Loy das Stück der Gruberova vorgeschlagen hatte (für Zürich), ist dem Regisseur wenig eingefallen. Hauptsächlich eine Holzverschalung, die jeder Gothic-Pizzeria zur Zierde gereichen würde. Wie man hört, hat die Beziehung Gruberovas zu ihrem erklärten „Lieblingsregisseur” durch die Arbeit nachhaltig Schaden gelitten. Obwohl: Nehmt nur die gute Absicht doch für die Tat! Das Werk, einst von Renata Scotto, Montserrat Caballé und Patrizia Ciofi gesungen, ist gar nicht übel. Man muss auch nicht zu anspruchsvoll sein! In unser bevorzugtes Café Imperial zieht allmählich auch wieder Normalität ein – und mehr Publikum. Auch in diesem Punkt haben wir unsere Ansprüche ein bisschen ermäßigt. Wie sagte schon die große Christa Ludwig sehr realistisch (in diesem Blatt): „Ich mag eigentlich keine Opern, aber ich gehe abends gerne mal weg.“ Das finden wir auch. Deswegen gehen wir am 29. März vom Café Imperial aus direkt zur Premiere der neuen Staatsopern-„Elektra“ mit Nina Stemme. Am 10. April dann zur „Anna Bolena“ mit Anna Netrebko. Und am 2. Mai zu „Don Pasquale“ mit Juan Diego Flórez. Wir mögen bescheiden sein; nehmen aber stimmlich trotzdem nur das Al- lerteuerste mit. Die interessanteste Wiederentdeckung der Saison folgt danach ab 8. Mai im Theater an der Wien in Gestalt von Darius Milhauds „La mère coupable“. Es ist die dritte Beaumarchais-Vertonung der Spielzeit (nach Paisiellos „Barbier“ und Mozarts „Figaro“). Das Werk folgt dem Stück „L’autre Tartuffe“ und erzählt die Handlung des „Figaro“ zwanzig Jahre später weiter. Im Musikverein ist das weitaus Interessanteste ein dreitägiges Gastspiel der Tschechischen Philharmonie (mit böhmisch-mährischen Programmen, Dirigent: Jiří Bělohlávek, 19., 21., 22.3.). Das Bayerische Staatsorchester gastiert unter dem anspruchsvollen Kirill Petrenko (20.4., mit Ravel, Hartmann und Berlioz’ unvermeidlicher „Symphonie fantastique“). Von Petrenko wird erzählt, er sei am Tag vor seinem letzten, geplanten Gastspiel bei den Berliner Philharmonikern beim Pförtner des Hauses erschienen und habe dem gesagt, er möge doch kurz oben anrufen und sagen, er komme nicht. Nun, das dürfte den Traum seiner möglichen Rattle-Nachfolge in Berlin zum Zerplatzen bringen. Auch Petrenko, wie wir sehen, ist genügsam geworden. Zurück zum Musikverein. Hier zeigt Anna Prohaska einen Ophelia-Liederabend (23.4.). Daniel Barenboim führt seine Erstbegegnung (!) mit elf Schubert-Sonaten vor, wie auf CD bereits sehr schön nachzuhören (5., 8., 10., 12.5.). Christian Thielemann führt die Staatskapelle Dresden aus (20., 21.5.). Im Wiener Konzerthaus dürften die Gastspiele des Cuarteto Casals (25., 26.3.) sowie von Robin Ticciati mit dem Scottish Chamber Orchestra (22., 23.3.) einsame Höhepunkte bilden. Ticciati kehrt kurz danach noch einmal zu den Wiener Symphonikern zurück (21., 22.4., mit Christian Tetzlaff beim Schumann-Violinkonzert). Das wird unbescheiden gut. Hoffentlich. Ober, zahlen! Ophelia für einen Abend: Anna Prohaska gibt ein Recital Aufgekratzt: Das Cuarteto Casals spielt mit gepfefferter Leidenschaft Von wegen kleinkariert: Robin Ticciati kommt erst mit dem Scottish Chamber Orchestra, dann nochmal für Schumann 33 Musikstadt St. Petersburg 2300 UNESCO-geschützte Gebäude, alter Zarenglanz und neue Musiktheatertechnik: Großfürst Gergiev und die Ballett-Eleganz von St. Petersburg. Von M at t h i a s S i e h l e r D ie – historisch gewordene – kulturelle Vielfalt dieser Stadt ist einzigartig. Da sitzt man im rosa Licht der Weißen Nächte im französisch zurecht geschnippelten Sommergarten unter einer von lila Flieder umrahmten Griechengöttin, einen echten Cappuccino im Pappbecher, hinter sich den Sommerpalast Peters des Großen mit Schlüter-Reliefs und Delfter Kacheln, vor sich das klassizistische Ingenieursschloss, in dem Zar Paul I. von einem Leibgardisten erwürgt wurde, und lauscht einem Jugendorchester, das – flankiert von zwei steinernen Genien – das Violinkonzert von Vieuxtemps probiert. 34 Ja, das und nur das ist St. Peterburg. Stein gewordene Stadtvision Peters des Großen. Gegründet 1703, schnell angelegt, über Jahrhunderte verfeinert. Später auch Petrograd und Leningrad geheißen. Ort aller nur möglichen eklektischen Baustile von Barock bis Jugendstil, Empire bis Neue Sachlichkeit, Neorokoko bis russische Nationalromantik und holländischen Backsteinen. Und ein paar ägyptische Sphingen stehen auch herum. Elegant. Verspielt. Dottergelb. Cremeweiß. Kirschblütenrosa. Pistaziengrün. Mit prachtvollen Schlössern, mächtigen Kirchen, grandiosen Boulevards, schönen Plätzen und Gär- „Franz Liszt, Clara Schumann, Richard Wagner, Peter Tschaikowski, Modest Mussorgski und Nikolai Rimski-Korsakow – sie alle traten in der Philharmonie auf.“ Seine Heimat war die heute noch am Platz der Akademie gelegene Philharmonie. 1802 entstand in St. Petersburg die erste Philharmonische Gesellschaft Europas. Der Konzertsaal mit über 1500 Sitzplätzen wurde 1839 nach dem Entwurf des Architekten Paul Jacot errichtet; die Fassaden wurden von Carlo Rossi entworfen. Ursprünglich war das Gebäude für die Versammlung der Adligen bestimmt. Doch schon im 19. Jahrhundert traten hier Franz Liszt, Anton Rubinstein, Clara Schumann, Richard Wagner, Pauline Viardot-García, Peter Tschaikowski, Modest Mussorgski und Nikolai Rimski-Korsakow auf. Foto: Ingvar-fed/WikiCommons (o.); WikiCommons (u.); Valentin Baranovsky (r.) Noch immer Kristall: Der Große Saal der Philharmonie in St. Petersburg ten. Leicht bröckelig, aber immer noch die europäischste Stadt des Ostens. Mit Kanälen und dem Newa-Fluss. Mit fünf Millionen Einwohnern und doch intim. Mit klirrklaren Wintern und den magischen Weißen Nächten, während derer niemand zu schlafen scheint, alle wie in Trance durch die ewige Dämmerung wandeln. Eine Stadt der Vergangenheit, mit allergrößter kulturgeschichtlicher Historie. Die 2300 schützenswerten Gebäude sind längst schon UNESCO Weltkulturerbe. St. Petersburg war Zarensitz und Regierungsort während 200 Jahren. Erst haben hier Italiener wie Paisiello und Domenico Cimarosa auf Einladung von Katharina der Großen den Opernton angegeben, später die Nationalkomponisten des Mächtigen Häuflein, dann Dmitri Schostakowitsch. Während der Leningrader Blockade, am brierend warmen Akustik. Nach innen zeigt innen eisvogelblau, cremeweiß und golden, es ist 9. August 1942 wurde Schostakowitschs Siesich hier gewandte Schlichtheit, doch zielsilängst nicht mehr zeitgemäß. Für den expandiebente „Leningrader“ Sinfonie aufgeführt. cheres Geltungsbewusstsein. renden Gergiev, der sein Opern- und BalletttheaHeute sind hier die Sankt Petersburger PhilAuf der Bühne standen bei der ersten Gala ter seit 1888 als Chefdirigent und seit 1996 auch im Mai 2013 Plácido Domingo, Anna Netrebko als Intendant zu einer weltweit angesehenen, deharmoniker mit ihrem Chefdirigenten Juri und der deutsche Bass René Pape. Und natürTemirkanow sowie das Akademische Sinfonievisenbringenden Marke geformt hat, ist es eher eine Bürde. orchester der Sankt-Petersburger Philharmolich neben dem hervorragenden, von Gergiev geDeshalb türmt sich jetzt zehnstöckig entlang nie unter Alexandr Dmitrjew zu Hause. formten Orchester, auf wohlgeformten Beinen der Dekabristenstraße diese neue, Nicht weit weg davon stehen das Operetunproportioniert monströse Juratentheater und das Mikhailovsky Theater. Es ist nach jahrzehntelanger Vernachlässigung stein-, Stahl- und Glaskiste, die für als „Maly“ – Kleines Theater – ein Haus mit über 534 Millionen Euro zu den bedeutender Vergangenheit und gesicherteuersten Theaterbauten der Welt zählt. Ermöglicht mit russischen ter Gegenwart. Hier brachten nach der EröffStaatsgeldern – von gleich zwei Zanung 1833 französische und deutsche Theatertruppen unter Protektion des Großfürsten ren, namens Vladimir und Valery. Michael den Westen nach Petersburg, Gergiev führt mit den beiden Das Festival „Stars of the White Nights“ wird zu hier wurde Schostakowitschs Opernhäusern sowie dem nahen, den besten Klassikfesten der Welt gezählt, es „Nase“ uraufgeführt und von ebenfalls Musiktheater anbietengehört zu den beliebtesten und vielfälMariinsky II – hier aus trat auch destigsten Musikveranstaltungen in Russden Mariinsky-Konzertsaal im 2003 das wohl teuerste abgebrannten historischen Kulissen „Lady Macbeth von land. Valery Gergiev gründete es Opernhaus der Welt Mzensk“ ihren Siegessenlager gleich drei Bühnen; hinzu 1993 als „musikalisches Geschenk kommt das Rimsky-Korsakow-Konzug an, bis Stalin dieder Solisten des Mariinsky Theaters an die Stadt“. Über die letzsem Erfolg mit dem servatorium, wo auch Gergiev stuin der sowjetischen ten 20 Jahre hat es sich von 10 Tadiert hat, mit einem weiteren TheaMusikgeschichte begen Dauer auf einen Zeitraum ter. Über 2500 Mitarbeiter herrscht er, allein das Orchester wird jetzt rüchtigten Prawdavon bis zu drei Monaten ausgeauf 250 feste Musiker aufgestockt, Artikel „Chaos statt dehnt. 2015 wird es vom 28. Mai die vier Aufführungen gleichzeitig Musik“ ein Ende mabis zum 31. Juli reichen. Das genaue meistern sollen. chen ließ. Programm wird Ende März/Anfang Doch das ist längst nicht alHeute lässt hier der April veröffentlicht. russische Obstimporteur les. Oper und Ballett gibt es auch Jedes Jahr präsentiert das Festival die Nummer eins, Wladimir Kekhman, im historischen, amphitheatralibesten Opern- und Ballettaufführungen des dessen Leidenschaft auf die Oper gerichschen Eremitage-Theater. Und wer Mariinsky Theaters, das gesamte Spektrum des sinfoniGlück hat, bekommt Karten für das schen Repertoires, Meisterwerke der Kammermusik und tet ist, den Rubel rollen. Das Haus glänzt wiegar nicht weit weg vom Mariinsky der golden und samtig rot. Vor allem sein BalTheaterpremieren. Über viele Jahre gab es auch große Zygelegene Privattheater im Yussuklen wie Wagners „Ring“, Sinfonien von Sergei Prokofjew, lett macht im Ausland mit teuer eingekauften Stars Furore. Kekhman ist hier nicht nur ofpov-Palais an der Moika. Dort lässt Dmitri Schostakowitsch und Gustav Mahler, die Konzersich das Gruseln über die Wachste von Ludwig van Beethoven, Opern, Ballette und sinfonifiziell Intendant, sondern auch sein eigener Hauptsponsor, der den 14 Millionen Dollar sche Musik von Peter Tschaikowski. Ableger gibt es inzwifiguren-Schau, die die Ermordung Etat aufstockt, wenn es nötig ist. Und er verRasputins im dortigen Keller zeigt, schen auch in Moskau und in den Städten des nordwestliam besten bei einem Arienabend chen Russlands; zusätzlich finden Open-Air-Konzerte statt. sucht trotzig, dem heutigen Operngroßfürsten auf der goldglänzenden MinibühValery Gergiev Paroli zu bieten. Das aber ist schwierig. Denn dessen Imperium ist längst ne vergessen. Russland war eben riesengroß. immer schon beides: Schönheit und Grausamkeit. Und die liegen auch im kultudas Juwel des Hauses – das Ballett. Auch wähIranischer Onyx, brasilianischer rend der Sowjetzeit gefeiert für seinen reinen rell verfeinerten St. Petersburg ziemlich eng beiMarmor, deutsche Buche Stil, seine feinen Linien, seine poetische Eleganz. sammen. Und das alles im größten, produktivsten MuVor zwei Jahren hat Gergiev zudem mit Theatertechnik auf der Höhe der Zeit den prestigesiktheaterkomplex der Welt. Vor zwei Dekaden www.philharmonia.spb.ru hätte in Russland keiner von einem Opernhaus www.mariinsky.ru/en trächtigsten kulturellen Neubau seit der Zawie diesem zu träumen gewagt. Denn das alte ren-Ära eröffnet: Das Mariinksy II mit 4000 Mariinsky Theater, das Zar Alexander II. 1860 zu Quadratmeter iranischem, von LED-Technik Ehren seiner deutschen Frau Marie von Hessenhinterleuchtetem Onyx, brasilianischem MarDarmstadt errichten ließ, vielfach umgemodelt, mor, Buche aus Deutschland, ebenso einer vi- Stars of the White Nights 35 Transparent und wohlgerundet: Das Montforthaus in Feldkirch lädt zu ausgefuchsten Musik-Wochenenden Alte Musik in zeitgemäßem Design: Das Feldkircher Montforthaus will klassische Konzerte fit machen für das 21. Jahrhundert. Von C a r s t e n N i e m a n n I ch glaube an Amerika“, sagt eine Stimme aus dem Off. Dann taucht wie ein Mond die Glatze eines Mannes auf der Kinoleinwand auf, und während er weiter redet gibt die Kamera sehr langsam den Blick auf den Typen frei, dem er gegenüber sitzt – Marlon Brando, der die 36 Hauptrolle in Coppolas „Der Pate“ spielt. Doch nun fällt helles Tageslicht auf die Leinwand: Jemand hat die Kinotür geöffnet und wir nutzen den Augenblick, um nach draußen zu gehen, wo sich uns eine ganz andere Szenerie öffnet – der malerische Marktplatz des vorarlbergischen Städtchens Feld- architektonisch und inhaltlich zur Identität der Stadt passt. Nachhaltigkeit als planerischer Orgelton Elegant fügt sich nun der vom Architektenbüro Hascher Jehle entworfene Bau mit seiner fließenden Fassade aus weißem Juramarmor und seinem offen einsehbaren, galeriegesäumten Foyer in die Altstadt unterhalb der mittelalterlichen Schattenburg ein. Ehrgeizig ist das Thema „Nachhaltigkeit“ durchgeführt – von der Heizung auf Grundwasserbasis über die aus regionalem Birnenholz gefertigte Außenverkleidung des Saals bis hin zu den bunt gemusterten Westen des Garderobenpersonals, die aus recycelten Malerkitteln hergestellt wurden. Die „Zwischentöne“, die unter jeweils einem eigenen Themenschwerpunkt an drei verlängerten Wochenenden des Jahres stattfinden, sind die einzige Eigenveranstaltung des Hauses, das seine Räume ansonsten überwiegend für Kongresse und Tagungen vermietet. Die Aufgabe, diese Lücke sinnvoll mit regionalem Bezug und überregionaler Ausstrahlungskraft zu gestalten, liegt Foto: Dietmar Mathis Montforthaus Regional ist erste Wahl kirch. Wir sind nicht hierher gereist, um uns nur einen Filmklassiker anzuschauen. Was wir sahen, war die Zusammenstellung einiger der berühmtesten und originellsten Eröffnungssequenzen der Filmgeschichte. Die nonstop laufende Filmrolle, die der Vorarlberger Autor Wolfgang Mörth zusammengestellt hat, ist dabei nur eine von vielen unkonventionellen Ideen, mit denen die Stadt Feldkirch ihrerseits einen Anfang feiert – die Eröffnung des neu erbauten Kultur- und Kongresszentrums Montforthaus und den Start der Veranstaltungsreihe „Montforter Zwischentöne“, deren erste Staffel unter dem Motto „anfangen – über das Beginnen“ steht. Das neue Haus verdankt die Stadt einer Bausünde der 70er Jahre. Eilig war nach einem Brand ein multifunktionelles Kultur-, Kongress- und Freizeitzentrum von beeindruckender Hässlichkeit aus dem Boden gestampft worden. Dieses erwies sich bald als so marode, dass ein Neubau effizienter als eine Renovierung erschien: Für die 34.000-Einwohnerstadt und ihr ehrgeiziges Stadtmarketingteam die beste Gelegenheit, ein Haus zu planen, das in den Händen von Hans-Joachim Gögl und Folkert Uhde. Die künstlerischen Leiter eint der Wille, erstarrte Formate aufzubrechen: Intensiv hat sich Gögl als Kurator und Kommunikationsberater mit der Frage auseinandergesetzt, wie man öde Kongresssettings zen sie, wenn sie die Besucher in moderierten „Speak-Datings“ ins Gespräch bringen oder sie dazu animieren, Musiker zu „Salons“ in ihre Eigenheime und WGs einzuladen. Nicht jedes Konzept geht vollständig auf: Mozarts Jupitersinfonie will sich in der Aufführung durch das Vorarlberger Symphonieorchester noch nicht zwingend mit den interpolierten „spacigen“ Klängen von Ligeti und Sciarrino sowie dem Auftritt eines WissenAuf den Anfang folgt der Streit: Denn schafts-Slammers zum Essay über die Entstehung „streiten – Zum Glück Konflikt?!“ lautet des Kosmos verbinden. das Motto der zweiten „Montforter ZwiZum Vorzeigeprojekt wird schentöne“, die vom 1. bis 5. Juli stattdafür das Abschlusskonfinden. Mit dabei sind auch die Gewinzert: Man begnügte sich ner des HUGO, einem nach dem Minnenicht damit, die Sammlung sänger Hugo von Montfort benannten von barocken LiebeslieStudierenden-Wettbewerb um die beste Konzertidee: Sie wird als Preis im dern, die die Sängerin Dorothee Mields und das EnSchwurgerichtssaal des Feldkircher semble „The Age of Passion“ Landgerichts umgesetzt. Neue Wege mitbrachten, als isoliertes der Streit- wie Veranstaltungskultur und auch anderswo reprosucht auch das „Konzert für Akkordeon, duzierbares FestivalhighNonne, Historiker und Konfliktforscher“ light auszustellen. Stattdesaufzudecken, bevor das erste Jahr zwisen schickte man ein Team schen dem 16. und 29. November mit von Geschichtensammlern dem Thema „glauben – Zwischen Zweiin die Region, das die unfel und Offenbarung“ ausklingt. RZ_RSF_Rondo_109x150mm_Tik.indd 1 terschiedlichsten Liebespaare dazu animierte, vor in „erzählende Räume“ verwan- der Kamera von den ersten Momit Nikolaus Harnoncourt, delt, während Folkert Uhde mit menten ihrer Beziehung zu erzähConcentus Musicus Wien, Jordi Savall, dem Berliner Radialsystem be- len. Die Zuhörer, die mit den MuMichael Hofstetter, Valer Sabadus u. v. a. m. reits einen Konzertort für innova- sikern auf der zugleich intimen wie exponierten Bühne sitzen, tive Konzertformate initiierte und für sich auch gleich noch den Be- erleben nun, wie sich die lustig, schüchtern, bewegt oder einfach ruf des „Konzertdesigners“ schuf. überschäumend verliebt vorgetraKreativinsel statt genen Erzählungen mit den zeitTournee-Einerlei los wirkenden Liedern verbinden: Der gängigen Praxis im Festival- sensibel integriert durch eine unwie Kongressbereich, bei der re- aufdringliche Lichtregie, impronommierte Spitzenkräfte ein- visierte Vor- und Nachspiele und geflogen und „wie vom Helikop- sogar eigene Kompositionen des Lautenisten Lee Santana über ter“ über dem Veranstaltungsort Verse der Feldkircher Dichterin abgeworfen werden, um danach spurlos zur nächsten Veranstal- Paula Ludwig. Die Gesichter der verliebten Vorarlberger prägen tung zu enteilen, setzen Gögl und sich tief ein. Marlon Brando wird Uhde ein Feuerwerk an eigenen Ideen entgegen. In einer „gro- es schwer haben. ßen Hausmusik“ lassen sie Musiker, Wissenschaftler und Erzäh- Montforter Zwischentöne ler das gesamte Haus von der Gar- „streiten – Zum Glück Konflikt?!“, derobe bis zur Galerie in Beschlag 1. – 5. Juli nehmen und locken die Feldkir- www.montforter-zwischentoene. cher scharenweise zu Sonnenauf- at gangskonzerten ins Dachcafé. Auf Teilhabe statt Repräsentanz set- Zweifelnde Nonnen, findige Minnesänger 37 www.styriarte.com • Tel: 0043.316.825 000 Hotelinformation: www.graztourismus.at 10.02.1 Originale der besten Choreografen von heute: Damit gastiert die GöteborgsOperans Dans kompani bei den Movimentos Festwochen. Von Rol a n d M ac k e s E in gekachelter Raum, weiß, aseptisch – irgendwo zwischen Waschküche, Krankenzimmer und Gummizelle. Müllkörbe und verstreuter Abfall verweisen auf den ansteigenden Konsum, der die Sehnsucht nach bleibenden Werten nicht stillen kann. Dynamisch und beklemmend zugleich klingt die Musik der Band Stray Unstillbarer Hunger nach Werten: „Wasteland“ mit der GöteborgsOperans Danskompani Dogs, deren Album „Wasteland“ aus dem Jahr 2013 die gleichnamige Vorstellung vorantreibt. Dunkle Cellotöne und elektronisch generierte Klänge ergeben ein sprechendes Klangbild für diese dynamische, aber auch verrätselte Choreografie, die ihre Protagonisten immer mehr in die Verödung und den Wahnsinn wirbelt. Movimentos Festwochen „Frieden“, 10. April – 17. Mai 2015 www.movimentos.de „Wasteland“, 15. – 17. April, je 20 Uhr GöteborgsOperans Danskompani 38 Foto: Bengt Wanselius/med Movimentos Vielfalt, auf höchstem Niveau Mit „Wasteland“ stellt sich bei den renommierten Movimentos Festwochen, die die Autostadt Wolfsburg nun schon zum 13. Mal ausrichtet, keine neue, aber eine sehr veränderte Tanztruppe aus Schweden vor: die GöteborgsOperans Danskompani. Das Ensemble war zwar bereits 2008 mit drei Choreografien zu Ravels „Boléro“ im ehemaligen VW Kraftwerk am Mittellandkanal zu erleben. Die neue Bezeichnung macht nun auch nach außen deutlich, dass sie sich bereits seit den 2000er Jahren von einem renommierten klassischen Ballettensemble zu einem der experimentierfreudigsten Ensembles des zeitgenössischen Tanzes entwickelt hat. Doch nicht nur durch tänzerisches Können gelingt es, die individuellen Charakteristika der Arbeiten unterschiedlichster berühmter Choreografen – darunter etwa Sidi Larbi Cherkaoui, Saburo Teshigawara und Marie Chouinard – erlebbar zu machen. Zugleich füllt das Ensemble auch abstrakte Formensprachen mit leidenschaftlicher Expressivität. Vielfalt auf höchstem Niveau, das ist das Ziel der seit August 2011 in der zweitgrößten Stadt Schwedens als Tanzchefin amtierenden Adolphe Binder. Die gebürtige Rumänin ist in Deutschland aufgewachsen und bekannt für ihre Arbeit in Berlin, wo sie als künstlerische Direktorin des Berlin Balletts an der Komischen Oper sowie als Ballettdramaturgin der Deutschen Oper fungierte. Neben ihrem Engagement in zahlreichen Gremien und Jurys war sie als Kuratorin und Programmdirektorin für internationale Tanzfestivals wie auch für die Expo 2000 in Hannover verantwortlich. In Göteborg teil sie sich das mächtige, 1994 eröffnete und von dem Architekten Jan Izikowitz in Bezug zu dem Hafen, den Schiffen, Segeln und Kränen gestellt Opernhaus mit der Musiktheater-Kompagnie, die auch regelmäßig große Musicals spielt. Adolphe Binder aber schaut nur nach vorn, ihr ist es ernst mit einem Bekenntnis zur Zeitgenossenschaft. Deshalb lädt sie berühmte Choreografen für Uraufführungen ein und gastiert mit diesen einzigartigen Novitäten dann anderswo. So jetzt auch Inger Johannessen für „Wasteland“ Die norwegische Tanzschöpferin studierte am Oslo National College of Performing Arts, wo sie heute Choreografie unterrichtet. Seit 1992 hat sie Arbeiten für zahlreiche Tanzensembles entwickelt, darunter Les Ballets de Monte Carlo und das Cullberg Ballet. 1996 gründete Johannessen das Ensemble Zero Visibility Corp., das bei den Movimentos Festwochen 2011 mit „Now She Knows“ in der Choreografie seiner künstlerischen Leiterin zu erleben war. AKTUELLE NEUHEITEN BEI SONY MUSIC LAVINIA MEIJER VOYAGE NURIA RIAL & ARTEMANDOLINE SOSPIRI D’AMANTI HILLE PERL BORN TO BE MILD Hille Perl, ihre Tochter Marthe und Lee Santana spielen und improvisieren über Werke aus sieben Jahrhunderten von Marais, Hume, Forqueray bis Charlie Haden – es entsteht eine neue Klangwelt, denn sie spielen mit elektronisch verstärken Gamben und E-Gitarre. Nuria Rial und das Ensemble Artemandoline präsentieren Musik von österreichischen und italienischen Höfen des 18. Jahrhunderts: prachtvolle Arien, Kantaten und Mandolinenkonzerte von Hasse, Fux, Bononcini, Händel u.a. Auf ihrem neuen Album spielt Lavinia Meijer französische Werke von Debussy, Ravel, Satie und Yann Tiersen (Amélie) auf der Harfe – eine inspirierende Reise durch die französische Musik. www.laviniameijer.com Erhältlich ab 27.3.15 www.nuriarial.com www.hillenet.net VERDIS NABUCCO MIT PLÁCIDO DOMINGO LORIN MAAZEL VERDIS REQUIEM Die Live-Aufnahme von Verdis berühmtem Requiem mit den Münchner Philharmonikern unter Lorin Maazel entstand wenige Monate vor Maazels überraschendem Tod im Juli 2014. Mit Anja Harteros, Georg Zeppenfeld, Daniela Barcellona und Wookyung Kim. LANG LANG THE CHOPIN DANCE PROJECT Eine gelungene Verbindung: Bei dieser einmaligen Performance im Théâtre des Champs-Élysées in Paris spielte Pianist Lang Lang Werke von Frédéric Chopin und eines der besten Ballett-Ensembles aus Amerika, das Houston Ballet, interpretierte Chopins Musik tänzerisch. Verdis Nabucco aus dem Royal Opera House in London in der hochgelobten Inszenierung von Daniele Abbado. Mit Plácido Domingo als Nabucco, Liudmyla Monastyrska, Andrea Carè, Marianna Pizzolato u.a. Erhältlich als DVD und Blu-ray www.placidodomingo.com Erhältlich als DVD & Blu-ray ab 10.4.15 www.langlang.com Erhältlich ab 27.3.15 www.sonymusicclassical.de www.facebook.com/sonyclassical 39 Proben, Pleiten und Premieren: Höhepunkte in Oper und Konzert Von Rol a n d M ac k e s Basler Arkadien: Strauss’ „Daphne“ mit Zachary Altman (Schäfer), Agneta Eichenholz (Daphne), Tänzer, Chor des Theater Basel 40 In BA SEL liegt Arkadien in Garmisch-Partenkirchen, denn Richard Strauss’ „Daphne“ ist in jener Zeit angesiedelt, in der sie geschrieben wurde: 1938. So will es Frauenregisseur Christof Loy, dem es glückt, jener „bukolischen Tragödie“ Leben einzuhauchen. Während es in Erwartung des dionysischen „Fests der Paarung“ zwischen den halbnackten Arbeitern sinnlich dampft, zieht sich die von ihrem Vater wohl missbrauchte, von der Mutter (grandiose Schlampe: Hanna Schwarz) verführte Daphne in Gestalt der irisierende Sopranhöhen durchmessenden Agneta Eichenholz in sich zurück. Loy gelingt es spielend, Opernpappkameraden zu szenisch griffigem Leben zu erwecken. Das gilt auch für das ambivalente Verhältnis zu Leukippos, den der intensive Rolf Romei als langmähnigen Dorf-Softie charakterisiert. Nur zum strahlenden, auch grausamen Apoll (mit mancher gefälschten Höhe: Marco Jentzsch) fällt Christof nichts ein. Er motiviert den Übertritt der Daphne in eine andere Welt mit Lorbeerblättern im Haar. So wird sie nicht zum Baum, sondern zur mordenden Wahnsinnigen, eine griechische Lucia aus Lammermoor. Dazu lässt es Hans Drewanz noch einmal in den Streichern grünen, blühen, aufrauschen. In ZÜRICH stand ebenfalls ein Stück von 1938 auf dem Programm: Bohuslav Martinůs „Juliette“. Der polyglotte Martinů stand bis jetzt zwischen den Stilen und Stühlen. Plötzlich beginnt man, sich nachhaltiger für diesen Züricher „Juliette“ mit Magritte- Remineszensen: Joseph Kaiser (Michel), Anette Dasch (Juliette) Steife Ausgrabung – die Stuttgarter „Berenike“ mit Sophie Marilley (Vologeso), Ana Durlovski (Berenice), Thembinkosi Mgetyengana, Thomas Elwin (kaiserliche Diener), Sebastian Kohlhepp (Lucio Vero), Mitglieder des Staatsorchesters Stuttgart Fotos: Monika Rittershaus/Theater Basel (l.o.); Monika Ritterhaus (r.o.); A. T. Schaefer Fanfare eleganten Träumer zu interessieren. Martinůs Originalität ist besonders in seinem surrealpoetischen Musiktheaterhauptwerk „Juliette oder der Schlüssel der Träume“ zu erleben. Erzählt wird da von der Fixierung eines Mannes auf das Bild einer Frau, die er vor drei Jahren gesehen hat. Als er in die Stadt zurückkehrt, die so namenlos ist wie ihre Bewohner, um Juliette wiederzufinden, stellt er fest, dass hier alle ihre Erinnerung verloren haben. Auch er, der glaubt, seine Juliette neuerlich zu haben, verschwindet immer mehr im Strudel von Sein und Schein. Martinůs Musik packt sofort. Fabio Luisi am Pult der Zürcher Philharmonia setzt das feinsinnig, dynamisch souverän um. Dem Bühnengeschehen aber geht schnell die Luft aus. Christian Schmidt stellt zum wiederholten Mal einen sich spiegelnden Bibliothekseinheitsraum auf die Drehbühne. Durch den rauschen – angefangen mit einer Lokomotive – René-Magritte-Reminiszenzen, doch Andreas Homokis realismusnahe Regie passt nicht. Sie banalisiert mit Wiederholungen ein Stück, das (alb-)traumhafte Winkelzüge schlagen müsste. Immerhin fasziniert Joseph Kaiser in der gewaltigen Tenorhauptrolle. Annette Dasch gibt Juliettes kühl brennender Sopran-Emotionalität Stimme und Statur. In S TUT TGART ist man erleichtert, den in „Berenike“ umgetauften „Vologeso“ wieder ins Kellerregal legen zu können. Der als bedeutendster Komponist seiner Zeit engagierte Niccolò Jommelli schrieb hier von 1754 bis 1769 Musikgeschichte. Mögen bei dieser unvermeidlichen Ausgrabung zum 300. Geburtstag Philologen Glückstränen in den Augen haben, was hilft es, wenn diese klanglich kein theatralisches Leben mehr atmet, die Intrigen- und Liebesgeschichte auf der Stelle tritt? Jommellis Musik wirkt bei aller Sturm-und-Drang-Innovation im Detail steif und unpersönlich. Dem hat selbst ein Regieteam wie Jossi Wieler und Sergio Morabito nichts entgegenzusetzen. Der koloraturgewandte Tenor Sebastian Kohlhepp singt mit viel Druck den weichlichen Kaiser Lucio Vero. Ana Durlovski als hochvirtuose armenische Königin ermüdet mit Sopranlarmoyanz. Aber die grandiose Helene Schneiderman trotzt als Lucilla wundervoll Alter und Bestimmung. Seidige Klänge im sepiabraunen Wohnzimmer: Paisiellos „Barbiere di Siviglia“ mit Pietro Spagnoli (Bartolo), Fulvio Bettini (Don Basilio) Da Capo Gezischtes Doppel: Premieren notizen der RONDO-Opernkritik Sinnliches im Seniorenwohnzimmer Fotos: Herwig Prammer Wien (A), Theater an der Wien Giovanni Paisiello: „Der Barbier von Sevilla“ Ein Greis möchte sein reiches Mündel heiraten. Das ist eine der ältesten Komödienhandlungen der Welt. Gioachino Rossini hat daraus 1816 seinen Buffa-Erfolg „Der Barbier von Sevilla“ verfertigt. Der freilich geht zurück auf ein 1772 verfasstes, im vorrevolutionären Frankreich aufmüpfig die Befindlichkeit des bürgerlichen Standes thematisierendes Theaterstück des Dichters und Lebemanns Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais (1732–1799). Welches wiederum zehn Jahre später auf Befehl von Zarin Katharina der Großen von dem am St. Petersburger Hof weilenden Neapolitaner Giovanni Paisiello (1740–1816) vertont worden war. Diese sanftere, tiefsinnigere Version – und nicht den koloraturquietschigen Rossini-Hit – stellte jetzt Theater an der Wien-Intendant Roland Geyer an den Beginn seiner dort die nächsten Monate gezeigten Beaumarchais-Trilogie. Geyer plant gern in Dreiteilern, und er versucht den Mainstream zu meiden. „Kaum ein anderer Autor zeigt, wie sehr Theater Einfluss auf die Gesellschaft nehmen kann“, findet er. „Und mit der Figur des Figaro hat Beaumarchais das Theater verändert und geprägt.“ Deshalb der TripelBeaumarchais. Da folgt am 11. April Mozarts Fortsetzung der Familiengeschichte von Figaro und dem gräflichen Paar Almaviva mit Marc Minkowski, seinen Les Musiciens du Louvre und dem TV-Regisseur Felix Breisach. Ab dem 8. Mai wird dann die auch im Theater kaum mehr gespielte „Schuldige Mutter“ gezeigt, die die Saga zu einem melancholisch-sinistren Abschluss führt und die erst 1966 von Darius Milhaud vertont wurde. Beim Paisiello-Auftakt wurde freilich deutlich: Auch im Theater an der Wien regiert zuerst die Musik. René Jacobs und das Freiburger Barockorchester sind wunderbar beredte Klanganwälte dieser heiter-sinnlichen Musik mit vielen Mozart-Parallelen. Auch Andrè Schuen ist ein erdig proletarischer Glücksgriff in der Titelrolle. Ebenso Pietro Spagnioli, der den hier aufgewerteten Dottore Bartolo, der am Schluss statt Rosina immerhin einen Dackel bekommt, jenseits aller Komödienklischees charakterisiert. Dafür tritt der szenische Humor des Regieduos Moshe Leiser & Patrice Caurier im sepiabraunen Seniorenwohnzimmer eines franquistischen Sevilla auf der Stelle. Da rollt oft nur die Mottenkugel. Roland Mackes Exportweltmeister in Elefantendung Mailand (I), Teatro alla Scala Giuseppe Verdi: „Aida” Dass sich Italien seine „Aida“ aus Deutschland bestellt, hätte man nie erwartet! Anja Harteros und Jonas Kaufmann sind die teutonischen Stars in Antonio Pappanos hinreißender konzertanter Aufführung in Rom (ab Oktober auch auf CD), die wir nur so nebenbei mitnehmen. Harteros muss sich ein vereinzeltes, hartnäckiges Buh am Ende zwar gefallen lassen (während Kaufmann die Blumensträuße gar nicht alle tragen kann, die man ihm kredenzt). Tat- sächlich zeichnet sie aber ein so seelenvolles, warm timbriertes und niemals aggressives Bild der äthiopischen Sklavin, wie dies in der Schallplattengeschichte ohne Beispiel ist. Himmlisch! Auch Jonas Kaufmann singt nur zu Anfang mit der leidigen stimmlichen Dauererregung; findet dann aber zu einer sensationellen Freiheit des Tons und der Gefühlsentäußerung, so dass man die immer hexenhaftere Ekaterina Semenchuk (Amneris) und den von Testosteron strotzenden Erwin Schrott (Ramfis) gern in Kauf nimmt. Wir wollten eigentlich an die Mailänder Scala reisen, wo die aus Moskau übernommene Inszenierung von Peter Stein läuft. Dort indes ist Zubin Mehta nur ein pragmatischer, indolenter Taktierer ohne Sinn für die Tempo- und Temperamentswechsel Verdis. Kristin Lewis’ mädchenhafte Aida hat gegen die überragende Anita Rachvelishvili (die beste Amneris seit Fiorenza Cossotto) keine Chance. Matti Salminen als Ramfis verfügt (im Unterschied zu Erwin Schrott) zwar über die richtigen Tonhöhen; aber nicht mehr über die Töne. Er wird nach Strich und Faden ausgebuht. Was alles in allem ein lebendiges Bild des Opernlandes Italien gibt – und auch des Unterschiedes zwischen Rom und Mailand. Einzig wer sich von der Regie Peter Steins etwas erhofft hatte, wird herb enttäuscht. Die abstrakten Schemen des Bühnenbildes von Ferdinand Wögerbauer kann jeder italienische Konfektionär besser. Eine Interpretation fehlt gänzlich. Über den Käfig der Zisterne, in welcher Aida und Radamès (Fabio Sartori) sterben, wird am Ende ein abdichtender Klumpen geschoben, der aussieht wie ein in Bronze gegossenes Stück fossilen Elefantenauswurfs. Dafür hätte man sich keinen deutschen Regisseur holen müssen. Robert Fraunholzer 41 Das Klassik & Jazz Magazin 2/2015 plus 12 Kein Heft verpassen und in die neusten CDs reinhören : mit dem RONDO-Abo! Einfach bestellen auf www.rondomagazin.de 1 Jan Kobow, Gotthold Schwarz, Kammerchor & Barockorchester Stuttgart, Frieder Bernius Bach: Osteroratorium, Himmelfahrtsoratorium (Note 1/Carus), Osteroratorium, „Kommt, eilet und laufet“ — 4:41 2 Blandine Staskiewicz, Les Ambassadeurs, Alexis Kossenko Händel, Vivaldi: Tempesta (Note 1/ Glossa), Vivaldi: „La verità in cimento“, „Io son fra l’onde“ aus — 3:54 42 7 3 Emmanuel Pahud, Kammerorchester Basel, Giovanni Antonini Revolution (Warner), Pleyel: Flötenkonzert C-Dur B. 106, Rondo (Allegro molto) — 4:50 4 Valer Sabadus, recreation - Großes Orchester Graz, Michael Hofstetter Mozart Castrato Arias (Naxos/ Oehms), „La finta giardiniera“ KV 196, „Se l’augellin sen fugge“ — 4:13 5 Frank Peter Zimmermann, Kammerorchester des Symphonieorchester des BR, Radoslaw Szulc Zimmermann, Mozart (NAXOS/ hänssler CLASSIC), Mozart: Adagio E-Dur KV 261 — 6:48 6 Sunhae Im, Akademie für Alte Musik Berlin Orfeo(s): Italienische und französische Kantaten (harmonia mundi), Clérambault: „Orphée“, „Chantez la victoire éclatante“ — 2:16 (Ausschnitt) François Leleux, Emmanuel Pahud, Münchener Kammerorchester Esterházy Concertos (Sony/dhm), Haydn: Konzert für 2 Liren Nr. 4 F-Dur Hob. VIIh:4 (arr. für Flöte, Oboe und Orchester), Finale. Presto — 4:01 (Auszug) 8 Sophie Karthäuser, Ensemble Correspondances, Sébastien Daucé Delalande: „Leçons de ténèbres“ (hm), „Jerusalem, convertere ad Dominum“ — 1:59 9 Hille Perl, Lee Santana Born To Be Mild (Sony/dhm), O’Carolan: „Molly Halfpenny“ („Carolan’s Dream“) 3:02 Bryan Hymel, Pražská Komorní Filharmonie, Emmanuel Villaume Héroïque: French Opera Arias (Warner), Gounod: „La reine de Saba“, „Faiblesse de la race humaine! … Inspirez-moi, race divine!“ — 5:29 13 Isabelle Faust, Freiburger Barockorchester, Pablo Heras-Casado Schumann: Violinkonzert d-Moll WoO 1 (hm), I. In kräftigem, nicht zu schnellem Tempo — 5:50 (Auszug) 14 Andreas Ottensamer, Leonidas Kavakos, Antoine Tamestit u. a. Brahms: The Hungarian Connection (Universal/DG), Traditional: Tänze aus Transsylvanien — 6:42 10 15 11 16 Avi Avital, Mahan Esfahani, Ophira Zakai, Patrick Sepec Avi Avital: Vivaldi (Universal/DG), Vivaldi: Triosonate C-Dur RV 82, Larghetto — 3:29 Hilary Hahn, Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Paavo Järvi Mozart, Vieuxtemps: Violinkonzerte (Universal/DG), Vieuxtemps: Violinkonzert d-Moll op. 31, Adagio religioso — 6:16 Henrik Schwarz, Tokio Secret Orchestra Henrik Schwarz: Instruments (Sony), Schwarz: „Cloud Three“ — 3:15 Theresa Kronthaler, Kalle Kalima, Oliver Potratz Kronthaler: The Living Loving Maid (Sony), Purcell: „The Fairy Queen“, „One Charming Night“ — 4:07 K KLASSI K Johann Sebastian Bach Neue Oboen-Sonaten ●●●○○ Ramón Ortega Quero, Tamar Inbar, Luise Buchberger, Peter Kofler Berlin Classics/Edel (53 Min, 1/2014) Oboensonaten von Bach? In seiner geistlichen Musik darf die Oboe oftmals als instrumentales Pendant zur „Vox Christi“, vielleicht sogar als Sinnbild für den zu Gott erhöhten Christus nach seiner Auferstehung gelten. Aber kammermusikalisch blieb für die Oboe aus Bachs Feder leider nichts erhalten. Hier schuf Oboist Ramón Ortega Quero auf kompetente Weise Abhilfe: In Anlehnung an die Bearbeitungspraxis Bachs und seiner Zeitgenossen widmete er eine Reihe von Werken des Thomaskantors – darunter die Gambensonate G-Dur BWV 1039, die teilweise auch als Orgelbearbeitung existiert, und die Flötensonate BWV 1034 – für die Oboe als Soloinstrument um. Ramón Ortega Quero präsentiert auf dieser CD die neu für sein Instrument gewonnene Musik Bachs mit leidenschaftlicher Zuneigung zum Repertoire und, fast familiär, auch zu seinen Mitspielern. Seine Frau Tamar Inbar spielt die andere Oboe in der Triosonate, und der Münchner Michaelskirchen-Organist Peter Kofler begleitet das gesamte Programm am Cembalo; hinzu kommt in einigen Stücken die Cellistin Luise Buchberger. All diese Musiker verbindet ihre gemeinsame Konzerttätigkeit: Man ist hörbar gut aufeinander eingespielt, man liebt und schätzt dieses großartige Repertoire. Dennoch gibt es ein nicht zu überhörendes Problem, mit dem sich auch der Rezensent dieser mit so viel persönlichem Engagement verwirklichten CD herumquält: Es bleibt ein klanglicher Graben bestehen zwischen dem Klang bzw. der Spielweise der modernen Oboen einerseits und der historisierend ausgerichteten Continuogruppe andererseits. Allzu zuckrig ist das Oboentimbre, allzu glatt und homogen präsentiert sich die gesamte Tonskala der mit modernem Klappensystem vervollkommneten Instrumente. Die unendliche Weichheit im Ein- und Ausschwingen eines jeden Tones, die völlige Unterschiedslosigkeit in der Ansprache durch sämtliche Lagen und Tonarten hindurch ist so weit entfernt von allem, was historische Rohrblattinstrumente hervorzubringen vermögen, dass man weder den von Christine Schornsheim geschulten Cembalisten Peter Kofler noch vor allem die auch barock kompetente und hier auf einem barocken Cello spielende Luise Buchberger beneidet: Ihre Aufgabe, zwischen den grundlegend verschiedenen Klangwelten zu vermitteln, ist alles andere als einfach. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um kleinliche Erbsenzählerei, sondern um eine ganz grundsätzliche Diskrepanz, die die Oboen beim besten Willen nicht wegartikulieren können. Letztendlich bleibt es dem Hörer überlassen, ob er dieses Sandkorn im Getriebe des Ensembles als inspirierend oder als störend empfindet. Michael Wersin Johann Sebastian Bach u. a. Constantin Emanuel singt aus dem SchemelliGesangbuch ●●●●○ Constantin Emanuel, Ton Koopman Challenge Classics (55 Min., 9/2014) Ton Koopman hat einen herausragenden Knabensopran entdeckt, und er präsentiert ihn mit einem Bald weg: Alan Gilbert verlässt das NYP Klassik-CD des Monats Carl Nielsen Sinfonien Nr. 5 & 6 ●●●●● Alan Gilbert, New York Philharmonic Dacapo/Naxos 6220625 (SACD, 71 Min., 10/2014) Ein Glamourpaar werden Alan Gilbert und die New York Philharmonic wohl weiterhin nicht abgeben bis zum gerade verkündeten Beziehungsschluss, den man für 2017 anvisiert hat. Trotzdem hat man gerade bei den gemeinsamen Europatourneen nicht nur Klasse bewiesen, sondern auch im klassischen Repertoire so manches weit übertroffen, was Gilberts Vorgänger Masur und Maazel mit den New Yorkern rückblickend eher halbherzig ausprobiert haben. Jetzt liegt die erste und wahrscheinlich zugleich auch einzige Gesamteinspielung eines sinfonischen Konvoluts vor. Und mit der Fünften sowie Sechsten des Dänen Carl Nielsen bestätigen Gilbert & Friends das wahrhaft überragende Leistungsvermögen der ersten beiden Einspielungen. Aber möglicherweise kommt diesem Top-Orchester eben eine Klangsprache besonders zugute, die in ihrer zerklüfteten und collageartigen Unberechenbarkeit extrem an die von Charles Ives erinnert. Und zum absoluten Höhepunkt gerät der Finalsatz der frecherweise als „Sinfonia semplice“ bezeichneten Sechsten, bei der die Streicher sich ins WalzerVergnügen stürzen und dabei von den Blechbläsern und der Percussion aufs apotheotische Parkett gelockt werden. Da brummt der gesamte Orchesterapparat aus allen Poren – und dennoch hält Alan Gilbert derart geschickt die Zügel in den Händen, dass man das gesamte Farben- und Rhythmusspektrum von Nielsen bestaunen kann. Nicht weniger ungehemmt und polystilistisch geht es natürlich auch in der vorletzten von Nielsens insgesamt sechs Sinfonien zu, die er zwischen 1892 und 1925 geschrieben hat. Hier versteht es Gilbert mit der nötigen Ruhe und Umsicht, das hymnische (Mahler-)Potential dieser Musik weihevoll, aber so ganz ohne zuckersüßen Kitsch dahinschweben zu lassen. Dann legt er wieder den Schalter um und treibt das Orchester in Hochspannungsbereiche hinein, deren Wucht und Kühnheit sich auch dank der phänomenalen Aufnahmetechnik nahezu eins zu eins vermitteln. 2015 ist übrigens Nielsen-Jahr (150. Geburtstag). Gelungener konnte es gar nicht eingeläutet werden. Guido Fischer 43 Klass i k Programm, das Koopmann’scher nicht sein könnte: Fast ausschließlich Gesänge aus Bach-Schemelli singt Constantin Emanuel, ein 15-jähriger Schweizer, zu Koopmans gewohnt umtriebigen Continuo-Begleitungen, und Koopman ergänzt die Liederfolge um kleine Orgelpretiosen von Bach, Buxtehude, Scarlatti und Locatelli. Koopmans stupende Fingerfertigkeit – das gesamte Programm ist orgelmäßig „nur“ eine Manualiter-Angelegenheit – ist natürlich ein wesentlicher Reiz dieser CD: Seine nervös-präzise Artikulationskunst, seine unstillbare Improvisationslust und Verzierungsfreudigkeit begeistern vom ersten bis zum letzten Moment. Aber der junge Sänger hat ebenfalls Großartiges zu bieten: Sein Timbre ist kein typisches Knabentimbre der durchschnittlichen Art, – unausgewogen, leicht überlüftet, wie man es oft hört – sondern es hat durchaus Anklänge an einen CountertenorStimmklang. Constantin Emanuel verfügt über ein angenehm prägnantes „Metall“ in seiner obertonreichen Stimme, er führt sie mit großer Sicherheit und hält sich stets nahe am Text, ohne dabei jemals die Melodielinie zu vernachlässigen. Viele interpretatorische Nuancen, die für andere Knabensolisten nicht selbstverständlich sind, beherrscht er bereits aus dem Handgelenk, und man darf sich angesichts seines „fortgeschrittenen“ Alters schon jetzt fragen, was er später in Männerstimmlage aus diesen besonderen Fähigkeiten zu machen in der Lage sein wird. Michael Wersin zuschieben. Dieser Trend scheint sich jetzt auch bei Klassikaufnahmen durchzusetzen. Hatten im vergangenen Herbst Paavo Järvi und die Kammerphilharmonie Bremen zu den Beethoven-Sinfonien die Ouvertüren nachgelegt, so gönnen jetzt Riccardo Chailly und das Gewandhausorchester den Fans ihres Brahms-Zyklus mit den Serenaden eine Zugabe. Chailly serviert die beiden frühen Werke mit Mendelssohnscher Spritzigkeit, unterstreicht durch delikate Leichtfüßigkeit die HaydnNähe, arbeitet die Beethoven-Anleihen klangprächtig heraus – und lässt zugleich keinen Zweifel daran, dass hier schon unüberhörbar der ganze Brahms drinsteckt. Beweglich und transparent, aber auch mächtig und ausladend kommt diese überrumpelnde neue Referenzaufnahme daher, gerade die fließenden Übergänge zwischen Kammermusik und großer Sinfonie in der D-Dur-Serenade geraten den Leipzigern perfekt. Der Maestro schlägt gleich im umfangreichen Eingangssatz sehr flotte Töne an, nimmt ihn wirklich „Allegro molto“ und setzt damit nicht nur die Klangschönheit und -opulenz des Orchesters ins vorteilhafteste Licht, sondern auch dessen Virtuosität, von der auch der fulminant gespielte Schlusssatz geprägt ist. Im deutlich „serenadigeren“ Schwesterwerk in ADur, das den Musikern nicht minder überzeugend gerät, verdienen die ganz wunderbaren Bläser im langsamen Satz ein dickes Extralob. Eine tolle Idee also, dieses Sequel, das eigentlich ein Prequel ist. Michael Blümke Johannes Brahms André Caplet, Claude Debussy, Gabriel Fauré, Charles Trenet u. a. Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11 & Serenade Nr. 2 ADur op. 16 ●●●●● Gewandhausorchester, Riccardo Chailly Decca/Universal (65 Min., 5/2014) Bei erfolgreichen Filmen ist es schon länger üblich, ein Sequel oder auch ein Prequel hinterher- 44 „Green“ (Mélodies franҫaises sur des poèmes de Verlaine) ●●●●● Philippe Jaroussky, Quatuor Ébène, Nathalie Stutzmann, Jérôme Ducros; Erato/Warner (2 CDs, 112 Min., 6 & 10/2014) „Musik vor allen anderen Dingen“ – mit diesen Worten zur Dominanz der Musik beginnt eines von Paul Verlaines bekenntnisreichsten Gedichten „Art poétique“. Denn hier breitete er in schönsten und stimmungsvollsten Farben und Bildern quasi das Programm jener symbolistischen Dichtkunst aus, mit der sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts französische Poeten ihre eigene Welt wundersam einrichteten und zauberhaft ausmalten. Und wie die Sprache dabei von der Musik, von ihren dahingleitenden und -schwebenden Zügen an die Hand genommen werden kann, ja sollte, hat Verlaine auch mit so manchen Gedichten unterstrichen, die er in Anlehnung an Mendelssohn einfach als „Lieder ohne Worte“ bezeichnete. Dass Verlaines klangsinnliche Lyrik viele seiner bekannten Zeitgenossen wie Chabrier, Debussy und Fauré wie Nektar angezogen und zu Vertonungen inspiriert hat, ist natürlich keine Neuigkeit. Doch wie reich und groß der Verlaine’sche Liederreigen tatsächlich ist, davon bekommt man erst jetzt eine Ahnung. So hat Philippe Jaroussky insgesamt 43 Vertonungen für seine Verlaine-Hommage „Green“ aufgenommen, die nach einem Gedicht des 1896 elendig in Paris Verstorbenen benannt ist. Die Komponistenriege umfasst aber nicht nur bekannte Namen wie Chausson, Massenet, Koechlin und Florent Schmitt, sondern gleichermaßen heute leicht vergessene Fin de SiècleTonsetzer wie Déodat de Séverac und Charles Bordes. Und auch an solche legendären Chansonniers wie Charles Trenet, Léo Ferré und Georges Brassens erinnert Frankreichs Countertenor Nr. 1 mal nur mit seinem Klavierpartner Jérôme Ducros, mal mit den Streichern des Quatuor Ébène. Der besondere Reiz dieser musikalisch herrlich stimmungsvollen wie abwechslungsreichen Verlaine-Tour liegt aber immer wieder in den Quervergleichen eines mehrfach vertonten Gedichts. Zur ausgelassenen Hymne ans Leben gerät Caplets Fassung von „Green“, während Gabriel Fauré romantische Wonnen anschlägt und Debussy eher ins Nachdenkliche verfällt. Arthur Honegger und Edgard Varèse fahren in „Un grand sommeil noir“ seelenbedrückende Farben auf. Und zwischendurch gibt Jaroussky ein Empfehlungsschreiben für ein mögliches OffenbachEngagement ab – in Chabriers „Air de Fisch-Ton-Kann“. Überhaupt hört man diesem Recital an, dass es für Jaroussky eine Herzensangelegenheit gewesen ist, sich nach seinem Erfolgsalbum „Opium“ einmal mehr mit dieser Epoche zu beschäftigen. Und das Erstaunliche ist, dass Jaroussky trotz eines mächtig angestiegenen Arbeitspensums wieder völlig unverbraucht und nahtlos auf seine sängerischen Wunderwaffen von 2009 zurückgreifen konnte. Dazu gehören artikulatorische Subtilität, emotionale Unmittelbarkeit und nicht zuletzt eine Ausdrucksfinesse, die dem symbolistischen Denken und Fühlen ganz, ganz nahe kommt. Guido Fischer Emilio de Cavalieri Rappresentatione di Anima et di Corpo ●●●●○ Marie-Claude Chappuis, Johannes Weisser, Gyula Orendt, Mark Milhofer, Marcos Fink, Staatsopernchor Berlin, Concerto Vocale, Akademie für Alte Musik Berlin, René Jacobs harmonia mundi (2 CDs, 93 Min., 5/2014) Emilio de Cavalieris „Rappresentatione di Anima et di Corpo“, die im Jahre 1600 uraufgeführt wurde, ist gattungsgeschichtlich so etwas wie der Neandertaler der Musikgeschichte: Auf der einen Seite gehört sie der ausgestorbenen Spezies des Mysterienspiels an, doch auf der anderen Seite hat sie mit ihrem modernen Deklamationsstil wichtige Gene an die Oper wie auch das Oratorium weitergegeben. 2012 hat René Jacobs das Werk zusammen mit dem Regisseur Achim Freyer an der Staatsoper Berlin als circensisches Welttheater aufgeführt, und die äußere Opulenz überträgt sich auch auf die musikalische Ausgestaltung. Cavalieri ließ den Interpreten insbesondere in der Instrumentalbesetzung nämlich beträchtliche Freiräume – und Jacobs zieht alle Register: Die Akademie für Alte Musik ist in mehrere Klanggruppen aufgeteilt, die teils als „Himmelsorchester“ aus der Ferne, teils mit „irdischen“ Klängen von Gamben, Zinken oder Posaunen von der Seitenbühne spielen. Auch der Chor wechselt effektvoll zwischen Soli und Tuttibesetzung. Die moderne Seite der Partitur betonend setzt Jacobs die Instrumente nicht nur als Farbe ein, sondern lässt sie auch motivisch ein Wörtchen in den Soli mitreden – etwa, wenn zum Wort „Reichtum“ ein ganzes Bläserensemble einsetzt oder die Instrumente zum Schluss mit der verklärten Seele, die sich gegen den Körper durchgesetzt hat, in einer Himmelsleiter nach oben steigen. All das ist in seinem Klangreichtum, seiner Präzision und intelligenten Deklamation herrlich anzuhören. Im Vergleich mit Christina Pluhars früherer, in den Rezitativen schlanker besetzten Einspielung, die auch die Einflüsse von volkstümlichen spirituellen Gesängen stärker betonte, wirkt Jacobs‘ Interpretation allerdings auch eine Spur schwerfälliger: Während er die Zuhörer mit Himmel und Hölle beeindruckt, wissen Pluhars Protagonisten auch mal mit bloßem Charme von ihrer Heilsgewissheit zu erzählen. Carsten Niemann Marc-Antoine Charpentier, Antonio Caldara, Heinrich Ignaz Franz Biber u. a. Krieg & Frieden 1614 – 1714 ●●●○○ Hespèrion XXI, Le Concert des Nations, La Capella Reial de Catalunya, Jordi Savall Alia Vox/harmonia mundi (2 SACDs, 154 Min., 1996 – 2014) Wenn die Zeiten von Tag zu Tag unruhiger werden und die Sendezeit der Abendnachrichten schon fast nicht mehr ausreicht, um all die Konfliktherde dieser Erde aufzulisten, kann man sich immerhin noch in die Musik flüchten. Doch ganz so einfach macht es Jordi Savall nicht. Der 2008 von der UNESCO zum „Artist of Peace“ ausgerufene Gambist, Dirigent, Ensemble-Gründer und CD-Labeleigener versucht mit nahezu jeder Einspielung stets Brücken zwischen verschiedensten Kulturen zu bauen. Und speziell mit den dickleibigen und glänzend editierten CD-Büchern formuliert Savall in Essays und zusammen mit befreundeten Gelehrten schon mal Manifeste gegen aktuelle Unterdrückung, Ausbeutung und Kriegstreibereien. Ein ganzes, von Grausamkeiten, Überfällen und brüchigen Friedensabkommen geprägtes Jahrhundert hat Jordi Savall nun mit seinen drei Ensembles musikalisch porträtiert. Angefangen beim Jahr 1614, in dem die Osmanen einmal mehr nach Europa griffen und die Juden in Frankfurt zum Freiwild wurden, bis hin zur Belagerung Barcelonas 1714 reicht die Chronik des Projekts „Krieg & Frieden“. Um anhand der passenden, stets kunstvollen Noch viel mehr Rezensionen auf rondomagazin.de Tänze, Märsche, Fanfaren, Jubelchöre und Lamenti die mahnende Geschichte einer blutigen Epoche zu erzählen, hat Savall nicht nur auf neuestes Tonmaterial zurückgegriffen, sondern sich in seinem eigenen riesigen Schallarchiv bedient. Doch da die Musikfiletstücke etwa eines Marc-Antoine Charpentier, wie die Krönungs-„Chaconne“ von Georg Muffat oder die katalanische Hymne auf gewohnt höchstem Savall-Niveau erklingen, fährt einem bei diesem historischen Klangspiegelbild nicht etwa der Schrecken in die Glieder. Vielmehr stellt sich schneller als gedacht der pure Genuss ein. Guido Fischer Vokal total von Michael Blümke Gute Zeiten für Raritätenjäger. Von Giovanni Maria Casini werden die meisten noch nicht einmal den Namen, geschweige denn irgendein Werk gehört haben. Auf CD findet man lediglich einige Orgelstücke des 1652 geborenen Florentiners, der sich nicht nur als Komponist und Literat hervortat, sondern mit Anfang 20 auch zum Priester weihen ließ. „Il viaggio di Tobia“ ist das erste seiner vier Oratorien (alle in den 1690er Jahren auf eigene Libretti entstanden), von denen allerdings nur zwei erhalten sind. Bei Diego Fasolis und seinen Barocchisti ist das Werk in zuverlässigen und erfahrenen Händen, zudem bieten die fünf Gesangssolisten Laura Antonaz, Claudine Ansermet, Mya Fracassini, Jeremy Ovenden und Sergio Foresti eine souveräne Leistung, was bei den beachtlichen Anforderungen ihrer Parts nicht selbstverständlich ist. Dynamic/Naxos Schon in der letzten Ausgabe gab es eine lohnenswerte Caldara-Ersteinspielung zu vermelden, der sich jetzt mit „Morte e sepoltura di Christo“ eine weitere hinzugesellt. Das Werk entstand 1724 für den Wiener Hof, an dem in der Fastenzeit traditionell Kreuzigungs-Oratorien – und zwar bis zu sechs verschiedene! – erklangen. Fabio Biondi nimmt sich dieser Trouvaille mit der ihm eigenen Hingabe an, warum er meinte, jedem der beiden Teile noch eine Motette voranstellen und Instrumentalstücke einfügen zu müssen, bleibt sein Geheimnis. Auf Vokalseite gibt es zwei Soprane (Maria Grazia Schiavo & Silvia Frigato) mit nicht sonderlich attraktiven Stimmen zu vermelden, die sich aber immerhin als sichere und ausdrucksintensive Stilistinnen erweisen. Dazu gesellen sich Martina Bellis interessanter, etwas gaumiger Alt, der leicht ansprechende lyrische Tenor von Anicio Zorzi Giustiniani und Ugo Guagliardos resonanzreicher, beweglicher Bass. Glossa/Note 1 Auf bekannteren Pfaden wandelt Laurence Cummings, der nach seinem ebenfalls als Mitschnitt erhältlichem „Joshua“ vom London Handel Festival 2008 das Oratorium im vergangenen Jahr auch in Göttingen aufführte und nun mit zwei CD-Versionen auf dem Markt vertreten ist. Den Vorzug kann man ohne Zögern dieser neueren Veröffentlichung geben, allein schon wegen Kenneth Tarver in der Titelrolle. Doch auch Anna Dennis, Renata Pokupić (mit leichten Abstrichen) und Tobias Berndt sowie der hervorragende NDR Chor, dem ein Großteil der knapp zwei Stunden Musik zufällt, überzeugen auf ganzer Linie. Accent / Note 1 4 × Händel und 4 × Vivaldi mit einem Schuss Porpora und Pergolesi – so heißen die Zutaten von „Tempesta“, dem neuen Recital von Blandine Staskiewicz. Auch wenn es der Titel suggeriert, wird hier natürlich nicht nur getobt und gewütet, der Sturm legt sich dazwischen auch wieder, um dann von neuem aufzubrausen. Das gut zusammengestellte Programm profitiert nicht zuletzt von der Beteiligung des Ensembles „Les Ambassadeurs“ unter Alexis Kossenko, das wirklich weiß, was Klangrede bedeutet und der Französin ein inspirierender Partner ist. Die tieferen Lagen ihres Mezzosoprans sind noch ausbaufähig, ansonsten bringt sie stimmlich alles mit, was man sich für ein solches Programm wünscht. Mit der Exuberanz und ultimativen Furchtlosigkeit einer Simone Kermes kann sie es zwar nicht aufnehmen, doch liefert Blandine Staskiewicz mit „Tempesta“ zweifellos eine beeindruckende Visitenkarte ab. Glossa/Note 1 Abonnenten-CD: Track 2 45 Klass i k Franҫois Devienne, Luigi Gianella, Christoph Willibald Gluck, Ignaz Pleyel „Revolution“ (Flötenkonzerte) ●●●●○ Emmanuel Pahud, Kammerorchester Basel, Giovanni Antonini Warner (73 Min., 7/2014) Nach seiner letzten Einspielung, die zu einer musikalisch gelungenen Würdigung vom „Flöten“Fritz geriet, bricht Emmanuel Pahud in eine Stadt und Zeit auf, die auch für Friedrich den Großen kein Zuckerschlecken geworden wäre. Denn die französischen Revolutionäre hätten auch mit diesem Vertreter des preußischen Absolutismus kurzen Prozess gemacht. Doch wenngleich auf Pahuds vierteiliger Konzertsammlung „Revolution“ draufsteht und die eingespielten Komponisten allesamt etwas mit Paris zu tun haben, wird man hier nicht Ohrenzeuge eines radikal neuen Klangzeitalters. Vielmehr strahlen und atmen die vier ausgewählten Konzerte, die mehr oder weniger im Umkreis von 1789 entstanden sind, eher eine wohlige Vertrautheit aus. Ein erst 1941 veröffentlichtes Flötenkonzert von Christoph Willibald Gluck macht aus dem mitschwingenden, nun einschmeichelnd galanten Barockerbe keinen Hehl. Das mit klassischem Schwung aufgeladene Konzert des in Paris ansässigen Haydn-Schülers Ignaz Pleyel war ursprünglich für Klarinette geschrieben worden, bevor es 1799 eben auch in der Fassung für Flöte erschien. Und zeitgleich sollen der Italiener Luigi Gianella sowie der Franzose Franҫois Devienne das Pariser Publikum mit ihren Flötenkünsten begeistert haben. Aber auch diese jetzt aufgenommenen Flötenkonzerte haben ihren Reiz: Während Devienne einen selbst mit seinem leicht burschikosen Elan einnimmt, kommen dem Opus von Gianella belcantistische Züge zugute. Eine Revolution wird man 46 wie gesagt zwar mit keinem der vier Werke anzetteln können. Dafür sind sie allzu sehr Kinder des 18. Jahrhunderts. Dass man trotzdem keine beliebigen Leichtgewichte geboten bekommt, liegt an Pahud und seinen hellwach agierenden Mitstreitern, an dem von Giovanni Antonini mal angefeuerten und dann wieder wohldosiert an die Zügel genommenen Kammerorchester Basel. Pahuds ungemein natürlich wirkendes Spiel erweist sich dabei als höchst eloquent und nuancenreich, als fulminant im Zügigen sowie als groß im lyrischen Ton. Auf diesem Niveau gespielt, war diese Musik damals zu Recht mit sich im Reinen. Guido Fischer Abonnenten-CD: Track 3 äußeren Reichtums dieser Musik angeht. Roth leuchtet die Gedanken der Choräle und Gebete mit Finesse und Zauber aus. Zugleich weiß er um die kammermusikalische Delikatesse sowie die schwungvoll dahinströmenden Züge einer Orgelmusik, die bei nur einem Funken spieltechnischer Anstrengung sofort ihre ganzen Reize verlieren würde. Dass sie jetzt in allen herrlichsten Farben erblühen kann, spricht daher für Roths Kunst und die Qualität dieser nur vom Aufnahmedatum her leicht historischen, nun erstmals in gebündelter CD-Box veröffentlichten Aufnahmen. Guido Fischer Luca Marenzio César Franck Orgelwerke ●●●●○ Daniel Roth Motette/harmonia mundi (3 CDs, 219 Min) Wer wie Daniel Roth auf einem der traditionsreichsten Orgelthrone Frankreichs sitzt, in der Pariser Kirche Saint-Sulpice, der muss zwangsläufig schon früh das Erbe der muttersprachlichen Orgelmusik verinnerlicht haben. Immerhin schlugen vor ihm Charles-Marie Widor und Marcel Dupré die Cavaillé-Coll-Orgel. Der französische Orgelbaurevolutionär war aber eben im Laufe seines Lebens nicht nur in Paris fleißig, sondern entwarf etwa ein Instrument auch für die Kirche im baskischen San Sebastián sowie für die Kathedrale im bretonischen Saint-Brieuc. Und so startete Roth bereits in den 1990er Jahren zu einer kleinen Cavaillé-Coll-Pilgertour, um an insgesamt drei Instrumenten sich dem Orgelschaffen von César Franck zu widmen, der erstmals die technisch und klanglich epochalen Erneuerungen von Cavaillé-Coll auf eine Belastungsprobe gestellt hatte. Die drei zeitlos großen Orgeln von San Sebastián, Saint-Brieuc und Saint-Sulpice lassen denn auch keine Wünsche offen, was die Darstellung des inneren und Quinto libro di madrigali ●●●●● La Compagnia del Madrigale Glossa/Note 1 74 Min., 2, 6, 9/2011 & 9/2014 Ebenso edel und geschmackvoll wie die Aufmachung dieses Albums ist nicht allein die darin enthaltene Musik, sondern auch ihre Darbietung durch „La Compagnia del Madrigale“. Dieses Ensemble gehört – neben der teilweise identisch besetzten Gruppe „La Venexiana“ – zu den derzeit allerfeinsten Interpreten der ungezählten Schätze aus dem Reich der Madrigale. Mit dem „Quinto libro“ von Marenzio haben sich die Sänger ein Repertoire ausgesucht, das noch nicht von Chromatik, gewagten Sprüngen und frei eintretenden Dissonanzen durchzogen ist wie später die Madrigale Gesualdos, Pallavicinos und auch Monteverdis, welche den ereignisreichen Übergang in die Barockzeit widerspiegeln. Dennoch war auch am Ende des 16. Jahrhunderts – Marenzio starb 1599 – das Madrigal schon Experimentierfeld für eine besonders textnahe Art des Komponierens, mittels derer die verschiedenen Affekte der hochemotionalen italienischen Lyrik überaus plastisch auch in der Musik zu erleben sind. Entsprechend bewegt und schwelgerisch sind die in üppige Sechsstimmigkeit gefassten Sätze Marenzios – sie sind Steilvorlagen für die Entfaltung der jugendlichen Timbres mit biegsamen, leicht ansprechenden Stimmen, mit denen die Interpreten einmal mehr jene alten Partituren auf zauberhafte Weise zum Höreindruck machen. Wir hoffen auf viele weitere Alben dieser Art. Michael Wersin Marianna Martines La tempesta ●●●●○ Anna Bonitatibus, La Floridiana, Nicoleta Paraschivescu deutsche harmonia mundi/Sony (66 Min., 2/2014) Hildegard von Bingen im 12., Barbara Strozzi und Elisabeth Jacquet de la Guerre im 17. Jahrhundert – das war‘s auch schon mit den Geschlechtsgenossinnen, die es vor ihr als Komponistinnen zu einiger Bekanntheit gebracht haben. Bei Marianna Martines, 1744 in Wien geboren, spielte die richtige Nachbarschaft sicher eine nicht ganz unwichtige Rolle. Tür an Tür mit Metastasio in jenem berühmten Haus direkt neben der Michaelerkirche lebend, bekam sie bereits als 10-Jährige Klavierunterricht von Haydn, der zufällig auch im Haus wohnte und wurde außerdem Gesangsschülerin von Porpora. Kein Wunder also, dass die junge Dame sowohl als Sängerin wie auch als Cembalistin und Komponistin sehr angesehen war und Kaiserin Maria Theresia sie häufig zum Musizieren in die gleich gegenüber liegende Hofburg rief. Mit 29 Jahren wurde Marianna Martines als erste Frau in die ehrwürdige Accademia Filarmonica in Bologna aufgenommen. Mehr Ruhm geht also fast nicht – und doch kennt sie heutzutage keiner mehr. Das hat sich selbst mit der wunderschönen ersten CD, die Nicoleta Paraschivescu mit ihrem Ensemble La Floridiana vor drei Jahren veröffentlicht hat, nicht wirklich geändert. Jetzt legen die Musiker erfreulicherweise noch einmal nach, kombinieren wiederum Vokal- mit Cembalowerken der Wienerin. Nach der liebreizenden Nuria Rial stellt sich dieses Mal die unwiderstehliche Anna Bonitatibus in den Dienst an Martines` Sache. Ihre Werke haben die Aufmerksamkeit zweifelsohne verdient. Und ganz bestimmt keinen Geschlechterbonus nötig. Michael Blümke Wolfgang Amadeus Mozart Castrato Arias ●●●○○ Valer Sabadus, Recreation – Großes Orchester Graz, Michael Hofstetter Oehms/Naxos (50 Min., 12/2013) Nach dem eher lauwarm geratenen Gluck-Debüt beim neuen Exklusiv-Partner Sony im vergangenen Herbst stand Valer Sabadus‘ ehemaligem Label Oehms, das ihm die Chance zu seinen ersten Recitals geboten hatte, noch eine Veröffentlichung zu. Diese Option löst es jetzt mit einem – sehr kurz geratenen – Programm ein, auf dem einige von Mozarts für Kastraten geschriebene Arien versammelt sind. Und dabei zeigt sich wie auch auf „Le belle immagini“ überdeutlich, dass die gestalterischen, interpretativen Möglichkeiten des jungen Rumänen begrenzt sind. Seine Stimme zeichnet sich durch eine einnehmende Weichheit und Süße aus, die eine gewisse Unschuld, fast schon Naivität evoziert. Diese Grundprägung, die ja gerade seinen Reiz ausmacht, kann er nicht negieren, lässt sich nicht abstreifen. Sie passt zu einigen Charakteren besser als zu anderen, generell aber ist das Ausdrucksspektrum dadurch eingeschränkt. Durch seine virtuosen Fähigkeiten – man denke nur an seine bewundernswert sauberen und ebenmäßigen schnellen Läufe – bringt er eine zusätzliche Farbe ins Spiel. Die lässt er hier aber, wie schon auf der Gluck-CD, weitgehend beiseite, wählt eher ruhige- re Arien, die seine Cantabile-Qualitäten in den Vordergrund rücken. Die beiden Ramiro-Arien aus „La finta giardiniera“ bekommt man wohl selten so exquisit gesungen zu hören, Cecilio („Lucio Silla“) liegt ihm nicht so gut in der Stimme, mit dem gar nicht für einen Kastraten komponierten Cherubino hinterlässt er einen sehr guten Eindruck, Idamante gerät ihm nicht so vorteilhaft, Sesto hingegen gelingt sehr gut. Michael Hofstetters langsame Tempi tragen nicht unbedingt zu größerer Expressivität bei, befördern vielmehr eine gewisse Larmoyanz. Vollauf beglückend ist dieser Abschied von Oehms also nicht. Mal sehen, was sich Sony für ihn ausgedacht hat. Michael Blümke Abonnenten-CD: Track 4 Wolfgang Amadeus Mozart Keyboard Music Vol. 7 (9 Variationen über „Lison dormait“ KV 264, Sonate a-Moll KV 310, 6 Variationen über „Mio caro Adone“ KV 180, Sonate D-Dur KV 284) ●●●●● Kristian Bezuidenhout harmonia mundi (73 Min., 9/2011) Die siebte Folge von Kristian Bezuidenhouts Gesamteinspielung des Mozart‘schen Klavierwerks führt uns unter anderem nach Paris. Hier, wo sich der Komponist vergeblich um eine Anstellung bemühte und den Tod seiner Mutter miterlebte, entstanden die Sonate a-Moll KV 310 und die großangelegten Variationen über „Lison dormait“ aus Nicholas Dezèdes Oper „Julie“. Die romantische Projektion, nach der Mozart den Tod der Mutter unmittelbar in der aMoll-Sonate gespiegelt hätte, bedient Bezuidenhout nicht – jedenfalls nicht, indem er den düsteren Beginn dramatisch aufrauen würde. Dennoch gewinnt die Sonate bei aller begeisterten, freundlichen, verliebten Eleganz, die Bezuidenhouts Verhältnis zu Mozart charakterisiert, eine ganz eige- 47 ern: is anford Jetzt grat 2015 le ie sp st der Fe rammheft lhaus.de Das Prog @haende festspiele | 2 22 45 500 90 03 HÄNDEL FASZINIERT 30. Mai – 14. Juni 2015 in Halle (Saale) Franco Fagioli · Philippe Jaroussky Christine Schäfer · Nathalie Stutzmann TICKETS: www.haendelhaus.de | 0345 565 27 06 (Mo – Fr: 7 – 19 Uhr) bundesweit an allen CTS-Eventim-Vorverkaufsstellen Klass i k ne Tiefe: eine Schönheit, die nicht mehr ganz von dieser Welt zu sein scheint. Ihr Drama liegt bereits in den tief geatmeten Seufzerfiguren, die in der Höhe zärtlich verglühen und in dem intelligenten Spiel mit Helldunkelkontrasten. Besonders schlagend sind letztere im abschließenden Presto, das Bezuidenhout nicht einfach in ein aufgewühltes Sturm- und DrangStück verwandelt, sondern dessen Duraufhellungen er mit Hilfe der Moderator-Dämpfung in ein unwirkliches Licht (ent-)rückt. Bezuidenhouts gänzlich unangestrengte Virtuosität, sein Klangfarbensinn, unaufdringliche Rubati und sein genuines Erzähltalent machen sowohl die eigenständigen Variationswerke als auch den ausgedehnten Variationssatz der D-Dur Sonate KV 284 zum Ereignis. Der von ihm verwendete Nachbau eines 1805 erbauten Hammerflügels von Walter und Sohn – der einen Hauch runder und voller klingt als die vom jüngeren Mozart bevorzugten Stein-Flügel – wirkt für diese visionäre Musik gänzlich adäquat und dürfte auch dem hartnäckigsten Steinway-Fan eine Brücke zum vollständigen Genuss dieser hervorragenden Einspielung bauen. Carsten Niemann Wolfgang Amadeus Mozart Sämtliche Violinkonzerte, Sinfonia concertante K364 ●●●○○ Rachel Barton Pine, Matthew Lipman, Academy of St. Martin in the Fields, Sir Neville Marriner Avie/Edel (2 CDs, 147 Min., 8 & 9/2013) Ginge es bloß um Mozart, bräuchte es diese Neueinspielung seiner Violinkonzerte schwerlich. Entscheidend Neues zu den Werken hat auch Rachel Barton Pine nicht zu sagen – was schade ist, denn von der auch in der Alten Musik bewanderten jungen Interpretin hätte man sich gewünscht, 48 dass sie den Werkzyklus des nicht einmal 20-jährigen Komponisten vielleicht einmal aus der Perspektive des galanten oder „frühklassischen“ Stils entdecken würde. Stattdessen entscheiden sich Pine und Marriner dafür, Mozart als einen frühvollendeten Klassiker zu zeigen: Trotz Aufmerksamkeit für Details und sensibel erfasster Molleintrübungen gehen sie die empfindsamen Stimmungsumschwünge und formalen Überraschungen in den Schlusssätzen mit heiterer Gelassenheit an, wobei sie die Schönheit des Moments bisweilen zu Lasten des Erzählflusses betonen. Was für die Interpretation einnimmt, sind vor allem Barton Pines zwar nicht übermäßig kantabler, aber edel sonorer und zugleich schlank beweglicher Ton sowie die Intonationsreinheit und Trennschärfe, mit der sie virtuose Passagen meistert. Ein weiteres Plus bedeuten Barton Pines selbst erfundene Kadenzen, in denen sie auch ihre Liebe zu Doppelgriffen mit Geschmack auslebt. Ein ähnliches Spannungsniveau erreicht die Einspielung in der Sinfonia concertante: Im Zusammenspiel mit dem Bratschisten Matthew Lipman, der hier sein CD-Debüt gibt und mit seiner Viola den Klang von Pines Guarneri in hervorragender Weise ergänzt, entsteht eine Unmittelbarkeit des musikalischen Dialogs, nach welcher der junge Mozart einfach verlangt. Carsten Niemann Modest Mussorgski, Dmitri Schostakowitsch, Sergei Prokofjew, Peter Tschaikowski Bilder einer Ausstellung, Nacht auf dem kahlen Berge, Suite für VarietéOrchester, Romeo und Julia (Suite) op. 64, Nussknacker-Suite op. 71a ●●●●○ german hornsound 8.1 Genuin/Note 1 (75 Min., 4/2014) Zusammenrottungen von Spielern einzelner Stimmgruppen des Orchesters haben Konjunktur. Nachdem schon Flöten und Geigen auf den einst von den 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker in Bewegung gesetzten Zug aufgesprungen sind, mischen jetzt auch die Hörner mit: Für sein neues Projekt hat sich das Hornquartett „german hornsound“ dafür mit vier weiteren Hornisten zusammengetan. Gemeinsam mit Simon Rössler, der den weichen Hornklang mit Schlagzeug, Klavier und Celesta um markantere rhythmische Akzente bereichert, stellen sie ihre Version von Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“ vor. Zwischen die Bilder hängen sie weitere, meist populäre und teilweise ebenfalls bildhafte Stücke von Schostakowitsch, Prokofjew und Tschaikowski. Klanglich wie programmatisch geht das Konzept auf. Mit Erstaunen stellt man fest, wie stark doch der Hornklang den klassisch-romantischen Orchestersound prägt: Mit ihrem äußerst modulationsreichen und stets blitzsauberen Ton haben die Musiker jedenfalls weder Schwierigkeiten, den warmen, weichen Streicherklang zu ersetzen, noch zarteste Kantilenen hinzulegen oder sich in die Höhen der Holzbläser aufzuschwingen – und mit Hilfe einer Wagnertuba erreichen sie auch die dunkelsten Kellergewölbe von Mussorgskis altem Schloss. Mit der Entscheidung, Mussorgskis Sinfonische Dichtung nicht en suite zu spielen, beugen die Musiker ebenfalls wirkungsvoll der Gefahr klanglicher Eintönigkeit vor, so dass die Spannung die vollen 75 Minuten der CD aufrechterhalten bleibt. Hübsch sind auch die Illustrationen, die sich das Hornsound-Mitglied Sebastian Schnorr zu Mussorgskis Ausstellung hat einfallen lassen: In ihrer Verbindung von romantischem Scherenschnitt mit Comic- und russischer Buchillustrationsästhetik führen sie die harmonischen deutsch-russischen Beziehungen, die in diesem Album herrschen, auch auf visueller Ebene erfolgreich fort. Carsten Niemann Johann Pachelbel Geistliche Festmusik ●●●●● Johann Rosenmüller Ensemble, Arno Paduch Christophorus/ Note 1 67 Min., 8/2002 Die eine oder andere Motette, der eine oder andere Chorsatz in einschlägigen Sammlungen, außerdem natürlich immer und immer wieder „der“ Kanon – darüber hinaus wird dem seinerzeit berühmten barocken Komponisten und Kirchenmusiker Johann Pachelbel nur selten wirklich Ehre zuteil. Diese CD, eingespielt schon im Jahr 2002, bietet hingegen einen breiten Überblick über sein geistliches Vokalschaffen: Am Anfang steht eine repräsentative Vertonung des hochmusikablen Psalms 150, in der alle im Text genannten Instrumente (und noch einige mehr) tatsächlich erklingen. Die folgende Kantate über Luthers Choral „Christ lag in Todesbanden“ regt zum Vergleich mit Bachs ähnlich angelegtem Werk an. Kunstvolle fünfstimmige Motettenpracht bietet „Der Herr ist König und herrlich geschmückt“, ehe eine Suite für Theorbe solo den stillen, höchst atmosphärischen Mittelpunkt des Programms bildet. Zwei geistliche Concerti schließen sich an. Realisiert wird Pachelbels abwechslungsreiche Musik auf vokaler Ebene von einer stets solistischen Sängerbesetzung, deren Protagonisten hin und wieder ein wenig einsam wirken in der direkten Gegenüberstellung mit der instrumentalen Wucht von Bläsern und Streichern. Allerdings mischt sich ihr Timbre auch hervorragend mit dem selten zu hörenden Klang einer Harfe als Continuoinstrument – dieses Miteinander gehörten zu den schönsten Eindrücken dieser insgesamt sehr hörenswerten CD. Michael Wersin Robert Parsons, Matthew Locke, William Byrd, Augustine Bassano u. a. Coronation Music For Charles II ●●●●○ Oltremontano, Psallentes, Wim Becu Accent/Note 1 66 Min., 7/2014 Die 1661 erfolgte Wiedereinführung der Stuart-Monarchie in Gestalt König Charles‘ II. ist nur der Beginn einer weiteren Episode innerhalb der überaus bewegten englischen Geschichte des 17. Jahrhunderts. Vorausgegangen war die wenig erquickliche Herrschaft des „Lordprotektors“ Oliver Cromwell, die besonders für die vielen hochkarätigen Musiker des Königreiches wenig Grund zur Freude bot: Cromwell hatte als Puritaner das gesamte öffentliche Kulturleben, darunter auch die Hofmusik, auf ein Minimum zurückgefahren; von den Knaben der „Chapel Royal“ etwa waren nur noch zwei übriggeblieben. Umso glücklicher konnte man zumindest aus dieser Perspektive sein, als mit Charles II. wieder ein prachtliebender Poetentat an die Macht kam, und entsprechend reichhaltig fiel die musikalische Gestaltung der Feierlichkeiten zu seiner Einsetzung aus. Offenbar lässt sich diese Festmusik aus den zeitgenössischen Quellen recht gut rekonstruieren, und so haben sich Wim Becu und seine Musiker darangemacht, ein möglichst plastisches Bild davon zu erstellen – einschließlich sogenannter „Soundscapes“, mit denen die Geräuschkulisse – Stimmengewirr, Bläserfanfaren etc. – der Außenszenen dem Hörer nahegebracht werden sollen. Prächtig und edel ist vor allem die wundervolle Bläsermusik u. a. aus den Federn von Matthew Locke und Augustine Bassano, eindrucksvoll sind aber auch die – leider wenigen – Gesänge aus dem Gottesdienst in Westminster Abbey, darunter ein „Te Deum“ von Pelham Humfrey und das durch machtvolle Orgelklänge eingeleitete „O Lord, Grant The King A Long Life“ von William Child. Eine CD, die durchaus gefangen nehmen kann – vor allem, wenn man den kompetenten Beihefttext studiert und sich vielleicht darüber hinaus auch anregen lässt, sich ein wenig in die aufregende Geschichte jenes Jahrhunderts zu vertiefen. Michael Wersin Francis Poulenc Dialogues des Carmelites ●●●●○ Patricia Petibon, Sophie Koch, Véronique Gens, Sandrine Piau, Rosalind Plowright, Philharmonia Orchestra, Choeur du Théâtre des Champs-Élysées, Jérémie Rhorer, Olivier Py Erato/Warner Classics 2 DVDs oder Bluray, 166 Min., 12/2013 Francis Poulencs Meisterwerk „Dialogues des Carmelites“ nach einem Stück von Georges Bernanos (das wiederum auf einer Novelle von Gertrud von le Fort beruht) ist eine der europaweit besonders viel gespielten Opern – und das, obwohl ihr radikal durchgeführtes Sujet im säkularen 21. Jahrhundert sicher bei vielen Menschen auch Kopfschütteln hervorruft. Dass die Karmeliterinnen am Ende für ihren Glauben, dem sie auch unter dem massiven Druck der revolutionären Kräfte nicht abschwören wollen, auf dem Schafott sterben und dass auch die angstkranke Blanche am Ende den Mut findet, ihren ehemaligen Ordensschwestern in den Tod zu folgen, dürfte indes jeden Hörer dieser Oper bewegen – zumal Poulenc für diese erschütternde Schlussszene eine mit dem „Salve Regina“-Text kombinierte Todesmarsch-Musik komponiert hat, die zielsicher unter die Haut geht. Fernab von allen Versuchen, diesen radikalen Schluss zu relativieren (in München scheiterte vor Jahren ein derartiger Versuch an einer Verfügung der Erben Poulencs), fand Regisseur Olivier Py für diese Produktion eine Lösung, deren Symbolik unmittelbar auf die christliche Botschaft verweist, ohne jedoch platt realistisch oder gar blutrünstig zu sein. Ein Glücksfall ist neben der hervorragenden Personenführung weitgehend auch das Personal selbst: An der Spitze der AllStar-Besetzung brilliert Patricia Petibon, hervorragend bei Stimme, mit einer nuancierten Darstellung des komplexen Charakters von Blanche de La Force. Topi Lehtipuu als ihr Vater gibt seiner Figur jene etwas holzschnittartige Bodenständigkeit, die ihr wohl zukommt. Sandrine Piau hätte vielleicht vor zehn Jahren noch eine authentischere Sœur Constance abgegeben – mittlerweile ist ihre Stimme beinahe zu schwer für diesen doch ganz unbeschwerten, kindlichen Charakter. Rosalind Plowright als qualvoll sterbende alte Priorin erfüllt leider das Klischee, dass diese Rolle häufig mit stimmlichen Ruinen besetzt wird; die Priorin klingt dann zwar alt und gebrechlich, aber die zahllosen zu tiefen oder scheppernden Töne sind sicher nicht in Poulencs Sinn. Erfreulicher macht sich Véronique Gens in der Rolle der neuen Priorin Madame Lidoine – freilich eine Besetzung, die auf das mittlerweile deutliche gereifte Material dieser Interpretin verweist. Mère Marie schließlich, dieser Ausbund an Selbstbeherrschung und Ehrgefühl, könnte man sich auch vokal hier und da etwas fokussierter vorstellen, aber im Großen und Ganzen reüssiert Sophie Koch in dieser Partie. Kurzum: eine sehr sehenswerte Produktion! Michael Wersin Francis Poulenc, Camille Saint-Saëns, Claude Debussy, André Bloch, Gabriel Pierné, Darius Milhaud La clarinette française ●●●●○ Lisa Shklyaver, Jos van Immerseel Zig-Zag Territoires/Note 1 (66 Min, 6/2014) Wie elegant und charmant eine Klarinette klingen kann, demonstriert Lisa Shklyaver auf dieser reizvollen CD mit einem ungeheuer ansprechenden französischen Programm: Einer der „positiven“ Nebeneffekte der französisch-deutschen Erbfeindschaft war ja, dass die wichtigen französischen Komponisten sich bald nach 1870/71 vom „Wagnérisme“ losgesagt und sich stattdessen auf ein eigenes musikalisches Idiom besonnen haben. Infolge dieser Eigenständigkeit konnte auch ein Francis Poulenc bis weit ins 20. Jahrhundert seinem ebenso eklektizistischen wie hochindividuellen Salon-Stil treu bleiben, unbekümmert von dem Umstand, dass er deshalb schon bald nicht mehr zur Avantgarde gerechnet wurde. Hohe Kunst und kurzweilige Unterhaltung verbinden die Interpreten dieses Programms – Frau Shklyaver wird begleitet von Jos van Immerseel – auf erfrischend zwanglose Weise: Technisch ist das, was hier präsentiert wird, oftmals alles andere als einfach, aber es klingt eben dennoch niemals bemüht. Nicht nur ist Lisa Shklyaver eine brillante Klarinettistin; sie ist auch mit Jos van Immerseel nach zahlreichen gemeinsamen Kammermusikabenden perfekt zusammengespielt. Dass beide auf historischen Instrumenten musizieren, macht die Sache nur noch interessanter: Gerade in puncto Klavierklang kann ja der Verzicht auf den hochgetunten, oftmals über-brillanten und penetrant durchschlagskräftigen modernen Konzertflügel sehr wohltuend wirken, gerade in der Kammermusik. Immerseels Bechstein von 1870 harmoniert erstklassig mit Shklyavers französischer Klarinette aus den 30er Jahren. Nach so viel Lob aus vollem Herzen sei abschließend aber doch auch noch ein kleines Fragezeichen gesetzt: Ein Hauptmerkmal von Frau Shklyavers Klarinettenklang ist seine unbestechliche Geradheit. So flexibel und biegsam sie in dynamischer Hinsicht agiert, so unbarmherzig ebenmäßig gestaltet sie die stets makellos reine, nebengeräuschfreie Klangproduktion ihres Instruments. Man höre zum Vergleich etwa die Klarinettensonate von Poulenc in 49 Klass i k Michel Portals Einspielung, die 1973 (nur zehn Jahre nach der Fertigstellung des Stücks) entstanden ist: Portal erlaubt sich oft einen lebendiger ausschwingenden Ton, und auch kleine Unreinheiten im Klang scheint er als Bereicherung des Spektrums einzusetzen. Deshalb sei die Frage erlaubt, wie sehr sich der Interpret eines Fin de siècle- und 20.-Jahrhundert-Programms in Sachen Vibrato denn beschränken muss, um seine Darbietung historisierend nennen zu dürfen … Michael Wersin Johann Hermann Schein u. a. Ich will schweigen (Geistliche Werke) ●●●●● Alice Foccroulle, Béatrice MayoFelip, Reinoud Van Mechelen, InAlto, Lambert Colson Ramée/Note 1 (62 Min., 1/2014) Die Liebe des Rezensenten gehört CDs wie der vorliegenden: Johann Hermann Schein, ein großer Meister der protestantischen Kirchenmusik, der etwa einhundert Jahre vor Bach an denselben Wirkungsstätten wie dieser – Weimar und Leipzig – tätig war, wird auf hochkompetente Weise geehrt. Ein hervorragendes barockes Bläserensemble mit Zinken, Posaunen und Dulzian erinnert klangprächtig an die Leipziger Stadtpfeifer-Tradition: Es erklingen etwa eine große Canzon, eine Paduana und eine Suite aus Scheins Feder, dazu u. a. erstaunlich originelle Kompositionen jenes Stadtpfeifers Gottfried Reiche, der J. S. Bach in Leipzig oft spektakulär als Trompetenvirtuose zu Dienste stand und 1734 einen Tag nach der Aufführung einer weltlichen Kantate Bachs vom Schlag getroffen wurde. Der Bläserklang wird gelegentlich durch allerlei Schlagwerk ergänzt. Dem Bläser-Programm wird wirkungsvoll eine Reihe vokaler Nummern gegenübergestellt, entnommen den „Opella nova“ Johann Hermann Scheins, jener 50 Sammlung von geistlichen Concerti, die die frühbarocke Blüte der protestantischen Kirchenmusik aufs ausdrucksstärkste repräsentieren. Alice Foccroulle und Béatrice Mayo-Felip liefern gemeinsam mit Reinoud Van Mechelen die nötige vokale Kompetenz: textnahe Gestaltung der verschlungenen vokalen Linien, die hier meistens allein generalbassbegleitet sind. In „Mach dich auf, werde Licht“ treten zu den Sängern dann allerdings obligate Bläserstimmen hinzu – ein Fest barocker Klangzauberei, mischen sich doch die Zinken und die Sängerstimmen auf faszinierende Weise. Michael Wersin Franz Schubert Fantaisie (Klaviersonate G-Dur D 894 „Fantasie“, Ungarische Melodie h-Moll D 817, Fantasie fMoll D 940 für Klavier zu vier Händen u. a .) ●●●●○ David Fray, Jacques Rouvier Erato/Warner (79 Min., 11/2014) Unendlich zart, halb tastend, halb träumerisch seufzend und in den feinen Schimmer eines glöckchenhellen Diskants gehüllt lässt David Fray den Anfang von Schuberts „Fantasie“-Sonate erklingen. Ein starker Beginn, der den Hörer sofort für den 1981 geborenen französischen Pianisten einnimmt und die Bereitschaft erweckt, sich für die volle himmlische Länge der Sonate auf seinen versonnenen Interpretationsansatz einzulassen. Begibt man sich beim Hören auch selbst in einen träumenden Dämmerzustand, dann wird einem das Album, das Schubert ganz aus dem Blickwinkel des weltentrückten Fantasierers betrachtet, auch bis zum Schluss tiefen Genuss bereiten. So individualistisch wie man denken mag, ist Frays Ansatz dabei nicht: Mit seiner PianissimoKultur und besonders auch seiner Farbgebung im Diskant gelingt ihm letztlich oft nur das Kunststück, Klangqualitäten his- torischer Flügel auf dem modernen Instrument neu zu entdecken. Besonders positiv macht sich dies auch in den vierhändigen Kompositionen bemerkbar, die Fray zusammen mit seinem Lehrer Jacques Rouvier interpretiert, denn deren Klangbild wirkt ungewöhnlich elegant und von allem Massiven und Rumpeligen befreit. Wer allerdings auch an den Dramatiker Schubert glaubt, bei den vierhändigen Werken vor allem am kontroversen Dialog der Partner interessiert ist und die Anklänge an ungarische Volksmusik nicht immer nur als verklärtes Echo, sondern auch mal als deftiges Zitat erleben will, mag sich von der faszinierenden, aber auch sehr dominierenden Katzenpfötigkeit dieses bemerkenswerten Albums auf Dauer etwas genervt fühlen. Carsten Niemann Igor Strawinski, Claude Debussy, Ferrucio Busoni 1913. Au carrefour de la modernité (Les musiciens et la Grande Guerre Vol. 2) ●●●●○ Jean-Sébastien Dureau, Vincent Planès Hortus/Note 1 (76 Min., 7/2014) Es ist eine klavierbautechnische Spezialität, die den Aufhänger für dieses Programm ausmacht: Zwischen 1897 und 1943 hat die französische Firma Pleyel insgesamt 48 Doppel-Flügel gebaut, die zwei gegenüberliegende Klaviaturen sowie zwei komplette Saitensätze in nur einem Corpus vereinen. Das Konzept spart einerseits Platz, andererseits ist eine vollkommenere klangliche Harmonie für das Piano-Duett-Spiel kaum denkbar – kommt der gesamte Sound aus einem Klangkörper, dann spielen die beiden Pianisten quasi an einem Instrument, ohne sich allerdings in die Quere zu kommen wie beim vierhändigen Spiel an einer Klaviatur. Die Pianisten Jean-Sébastien Dureau und Vincent Planès de- monstrieren den oben beschriebenen Effekt auf dieser CD durchaus eindrucksvoll – und verweisen damit gleichzeitig auch auf die Grenzen der Idee: Vergleicht man die Piano-Duett-Version von Strawinskis „Sacre“ mit Einspielungen, bei denen tatsächlich zwei Flügel auf der Bühne standen, dann zeigt sich, dass gerade die räumliche Trennung der Klangkörper für größere Plastizität bei der pianistischen Wiedergabe dieser komplexen Orchesterpartitur sorgt. Kleinere technische Unebenheiten tun ein Übriges dazu, dass man am Ende doch etwa die von Martha Argerich plus Partner greifbaren Darbietungen bevorzugt. Dies schmälert allerdings nicht das Interesse am Rest des Programms: Debussys Trilogie „En blanc et noir“, komponiert im Jahre 1915 unter ironischer Verwendung des Luther-Chorals „Ein feste Burg“ zum Ärgernis für die „Austro-Boches“, ist ein ebenso hörenswertes Werk wie Busonis „Fantasia Contrappuntistica pour deux pianos“: Geradezu besessen wandelt Busoni hier mit modernen harmonischen Mitteln auf den Spuren Johann Sebastian Bachs, indem er nicht nur die Musikalisierung von dessen Namen, sondern auch den Choral „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ in einem ansonsten kontrapunktisch faszinierend dichten Satz als omnipräsente musikalische Chiffren verwendet. Michael Wersin Jan Pieterszoon Sweelinck Sämtliche Werke für Tasteninstrumente ●●●●○ Léon Berben Aeolus/Note 1 (6 CDs, 443 Min, 2009 – 2011) Welche Werke der Niederländer Jan Pieterszoon Sweelinck nun für sein Instrument, die Orgel, geschrieben hat und welche möglicherweise für das Cembalo – diese Frage muss trotz einer eifrigen Forschergemeinde wohl weiterhin unbeantwortet bleiben. Und so ist es dem jeweiligen Interpreten überlassen, aus dem dank fleißiger Notenarchivwürmer ständig größer werdenden Repertoire von Sweelinck sich jene Stücke herauszupicken, die möglicherweise für den damaligen Hausgebrauch bzw. für Sweelincks Arbeitsplatz in der Amsterdamer Oude Kerk geschrieben wurden. Wie sich die Verhältnisse zwischen Orgel und Cembalo verschieben können, verdeutlicht die aktuelle Gesamteinspielung des Clavierwerks von Sweelinck durch Léon Berben. Hatte einer seiner Lehrer, Ton Koopman, vor rund dreißig Jahren bei seiner Aufnahme sämtlicher Tastenwerke sich recht ausführlich mit dem vermeintlichen Cembaloschaffen von Sweelinck beschäftigt, nimmt bei seinem niederländischen Landsmann Berben jetzt die Orgel den absoluten Löwenanteil ein. Und wie Berben den faszinierenden, aktuell 85 Tastenstücke umfassenden Klangkosmos von Sweelinck da an drei historischen Instrumenten ausmisst, die für die niederländische, u. a. vom legendären Niehoff geprägte Orgelbautradition stehen, muss man ihn zu seiner Wahl beglückwünschen. An der Renaissance-Orgel im niederländischen Oosthuizen, an der Eglise Saint-Jacques-Orgel im belgischen Lüttich sowie an der Hans Scherer-Orgel (1624) in der St. Stephanskirche in Tangermünde weiß Berben das kunstvolle Geflecht sowie die visionären Gedanken geradezu nachschöpferisch zu gestalten und zu offenbaren. Ob es nun die geistvolle Strenge auch in den Psalmen ist oder die Kühnheiten in den Echo-Fantasien, ob die packende Größe in den Toccaten oder das Heitere und Gelöste in den Choralsätzen. Ähnliche Erlebniswelten tun sich aber selbstverständlich ebenfalls in den Tanzsätzen und Volkslied-Variationen auf, die Berben auf einem Cembalo spielt. Und dass es ihm hier ausschließlich um die Einzigartigkeit dieser Musik ging und nicht um die aufführungspraktischen Dogmen der Alte Musik-Szene, unterstreicht seine Wahl des Instruments. Statt ein in Colmar beheimatetes, laut Berben aber klanglich eher dürftiges RuckersCembalo von 1624 zu bespielen, entschied er sich für einen Nachbau aus der Werkstatt von Keith Hill. Und diese Entscheidung erwies sich rückblickend als goldrichtig. Denn Berben kann nun auch mit grandiosem Schwung zum Ballett oder zur Allemande einladen. Guido Fischer Georg Philipp Telemann, Carl Philipp Emanuel Bach Bürgerkapitänsmusiken (1736/1780) ●●●●○ La Stagione Frankfurt, Michael Schneider deutsche harmonia mundi/Sony (2 CDs, 141 Min., 3/2014) Telemann und auch C. P. E. Bach bleiben – ach ja – irgendwie doch immer Geschmackssache. Man kann an ihnen sicher großes musikwissenschaftliches Interesse fassen oder sich als Interpret von der professionell flüssigen und kurzweiligen Textur ihrer Werke mitreißen lassen, aber vergleicht man ihre Kantaten, wie sie hier zu hören sind, mit denen des (einerseits) Zeitgenossen und (andererseits) Vaters Johann Sebastian Bach, dann vermisst man beim Durchstehen der endlosen Folgen von Rezitativen und Arien doch das, was beim alten Bach eigentlich in jeder Kantate passiert: Irgendeine Idee, betreffe sie die Melodik, die Harmonik oder auch die Besetzung, lässt immer elektrisiert aufhorchen und zieht einen dann oft nachhaltig in den Bann. Wenngleich Telemann und sein Nachfolger C. P. E. Bach bei ihren Hamburger „Bürgerkapitänsmusiken“ – komponiert zum alljährlichen Festtag der 57 Kompanien und fünf Regimenter der Hamburgischen Bürgerwache – mit unvergänglichen musikalischen Geistesblitzen nicht aufwarten können, so ist dieses Defizit dennoch umzuwandeln in ein großes Lob für das hier musizierende Ensemble: Wenn überhaupt diese Stücke spielen, dann so. Michael Schneider konnte für das große Projekt ein erstklassi- ges Sängerteam gewinnen, das, historisch vollkommen korrekt, gleichzeitig einen Doppelchor bildet und auch die Soli übernimmt. Gotthold Schwarz, gerade frischgebackener Thomaskantor ad interim, beglückt geradezu mit der Schönheit und Geschmeidigkeit seiner unverwechselbaren, tadellos geführten Bassstimme, und die Sopranistin Kateryna Kasper liefert reizvoll dunkles Timbre bei guter Textverständlichkeit. Letztere ist übrigens auch nötig, denn man hat auf den Abdruck der Texte im Beiheft verzichtet, und es findet sich auch keinerlei Hinweis auf eine Internetquelle. Das ist sehr schade, denn so wenig großartig diese Libretti in literarischer Hinsicht vermutlich sind, so sehr würde eine genauere Kenntnisnahme doch zu einer gewinnbringenden Beschäftigung mit dieser speziellen Festmusik-Gattung beitragen. Die großartigen Leistungen der beiden pars pro toto für die gesamte Crew benannten Gesangskräfte werden getragen durch ein beachtlich gut zusammengespieltes Orchester unter der Leitung des erfahrenen Dirigenten und Blockflötisten Michael Schneider. Er bringt scheinbar mühelos die Kraft auf, besonders Telemanns langes Stück spannungsvoll zusammenzuhalten. Interpretatorisch eine große Leistung. Michael Wersin Henri Vieuxtemps, Eugène Ysaÿe Cellokonzerte Nr. 1 aMoll op. 46 & Nr. 2 h-Moll op. 50, Méditation op. 16 & Sérénade op. 22 ●●●●○ Alban Gerhardt, Royal Flemish Philharmonic, Josep CaballéDomenech Hyperion/Note 1 (65 Min., 4/2013) ders für den Eigengebrauch. Dass der Belgier aber auch zwei Cellokonzerte komponierte, ist weniger bekannt. Was nicht weiter verwundert, denn mit Ausnahme einer fast 30 Jahre alten Einspielung von Heinrich Schiff waren die beiden Werke auf Tonträgern bislang nicht präsent, und auch im Konzertsaal sind sie kaum je zu hören. Was ebenso schade wie ungerecht ist, wie auch diese neue Einspielung wieder vor Ohren führt. Das erste Konzert in a-Moll, ursprünglich als Sonate konzipiert, entstand gut zwei Jahre nach Vieuxtemps‘ Rückzug vom Konzertpodium wegen eines Schlaganfalls, der zu einer Konzentration auf seine Karriere als Komponist führte. Gleich der Einstieg lässt an eine Opernszene denken, der Protagonist startet mit einem herrlichen Solo, bevor es zum Gedankenaustausch mit dem Orchester kommt. Die für diesen Satz charakteristischen schnellen Läufe, hoch und tief im unmittelbaren Wechsel, geraten Alban Gerhardt etwas schlampig, ein altes Problem von ihm, seinem (durchaus einnehmend) lässigen Spiel geschuldet. Ansonsten punktet der Berliner mit der großartigen Kantabilität seines Spiels und seiner emotionalen Hingabe, für die man ihm die schon erwähnte, immer wieder durchscheinende Nonchalance gerne nachsieht. Schwer nachzuvollziehen, warum dieses melodisch ungeheuer reizvolle, sehr raffiniert gearbeitete Werk, das die ganze technische wie expressive Bandbreite des Cellos ausschöpft, und sein nicht minder gelungenes, erst kurz vor Vieuxtemps‘ Tod fertiggestelltes Schwesterwerk in h-Moll nicht zum festen Konzertrepertoire zählen – an der Publikumswirksamkeit kann es definitiv nicht liegen! Doch zumindest wird der eine oder andere nun künftig beim Namen des Komponisten auch an das Cello denken. Michael Blümke Bei Henri Vieuxtemps denkt man für gewöhnlich an die Geige. Als gefeierter Violinvirtuose schrieb er sieben effektvolle Konzerte für sein Instrument, auch und beson- 51 Ja z z J Ja z z Avishai Cohen Trio From Darkness ●●●○○ Razdaz/Warner (42 Min., 5/2014) Er hatte sich einen Namen in den 90er Jahren als höchst fingerfertiger Bassist an der Seite von Chick Corea gemacht und schon eine Reihe beachtlicher Aufnahmen unter eigenem Namen vorgelegt. Aber seinen richtigen Durchbruch feierte Avishai Cohen 2008 mit seiner Trio-Einspielung „Gently Disturbed“, die sich weltweit über 100.000 Mal verkaufte. Sieben Jahre und einige Alben später, die Cohen mal als Sänger, mal als Orchestrator größerer Besetzungen zeigten, wagt sich der Israeli wieder an eine Trio-Einspielung heran. Zwei junge Landsmänner stehen nun an Cohens Seite: der Schlagzeuger Daniel Dor und der Pianist Nitai Hershkovits, der seinen Einstand im Cohen-Universum schon 2012 mit der Duo-Platte „Duende“ gegeben hatte. Es ist höchst spannend, wenn man nun „Gently Disturbed“ mit „From Darkness“ vergleicht. Da sind immer noch die krummen Metren und die nahöstlich inspirierten Kadenzen, die bestimmend für Cohens Stil sind, und auch Hershkovits zeigt sich ähnlich stark von der Klassik beeinflusst wie sein Vorgänger Shai Maestro. „From Darkness“ wirkt freilich raffinierter und feiner justiert in seinen eigenwilligen Songaufbauten, die auf erkennbare Themen als Fundament verzichten und bevorzugt mit Akkord-Turnarounds, Latin-Grooves und quirligen Klavier-Ostinati als Kittmasse arbei- 52 ten. Auch wenn die drei Musiker mit erstaunlicher Sensibilität vor dem Hintergrund der rhythmisch komplexen Fingerübungen agieren – bestes Beispiel dafür ist Dors wunderbares, die Stille als starkes Ausdrucksmittel nutzendes Schlagzeug-Solo in „Ballad For An Unborn“ – so berührt einen die Musik des Trios überraschend selten. Der Album-Rausschmeißer, Charlie Chaplins „Smile“, zeigt das Problem deutlich: Das an sich so simpel herzerwärmende Stück wird mit salonmusikhaftem Debussy-Schmelz und 5/4-Takt-Augenzwinkern geradezu überfrachtet. Das kann man beeindruckend und schlau finden, in seiner gänzlichen Ironiefreiheit jedoch auch irgendwie arrogant. Vielleicht hat „Gently Disturbed“ die Latte für Cohens Trio-Musik einfach zu hoch gelegt. Josef Engels Georg Breinschmid Double Brein ●●●●○ Preiser Records/ Naxos (2 CDs, 152 Min., 4/2010 – 9 /2014) Der Mann ist ein Original. Georg Breinschmid, 1996 bis 1999 Mitglied der Wiener Philharmoniker, bringt zusammen, was nach landläufigen Vorstellungen nicht zusammenpasst. Er singt in der Tradition der Liedermacher und Kaffeehausmusiker Stücke mit skurrilen Texten, er verwandelt Franz Liszts „Mephistowalzer“ in einen wilden Parforceritt für Klavier, Geige und Kontrabass und für „Brein’s Knights“ rockt er mit zwei Geigern, einem Cellisten und dem eigenen Kontrabass wild und kunstvoll los. Seine Version des zweiten Satzes aus Johann Sebastian Bachs a-Moll-Violinkonzert groovt mit Kontrabass, Vibrafon und Klavier, und seine Version der Verdi-Arie „La Vecchia“ bezieht neben einem Geiger einen Akkordeonisten ein. Zwei Discs umfasst das Album, die eine eher von klassischen Themen geprägt und die andere mit Trompeter, Saxofonisten und Vibrafonisten als Part- nern etwas näher am Jazz. Klassik, Jazz, Balkanfolklore, Samba, Klezmer, Walzer, Blues, Gipsy-Swing und Rock: Das sind nur einige Bestandteile der Breinschmid’schen Welt und gleichzeitig ein Spiegel seiner musikalischen Biografie nach dem Ausscheiden aus dem Weltklasseorchester. Die führte ihn unter anderem ins Vienna Art Orchestra und die Weinrich Group. Dabei macht er sich mit wechselnden Besetzungen einen Spaß daraus, den Stücken mit überraschenden Brüchen eine vorab kaum zu ahnende neue Richtung zu geben, ins Burschikose abzudriften, Klischees zu zitieren, zu überhöhen und zu verwerfen, Melodienseligkeit durch Kratzgeräusche auf dem Kontrabass zu zerstören. Die Fülle der Stilzitate schafft eine falsche Vertrautheit, doch der Breinschmid’sche Klanganarchismus verscheucht jedes Gefühl der Heimeligkeit. Das alles klappt nur, weil Breinschmid ein solch exzellenter Kontrabassist ist, dass auch die wildesten Brüche nie zu Unsicherheiten oder ins unkontrollierte Chaos führen. Das macht das 2010 bis 2014 bei Konzerten und in diversen Studios aufgenommene Doppelalbum zu einem Riesenspaß. Werner Stiefele Jack DeJohnette Made In Chicago ●●●●○ ECM/Universal (78 Min., 8/2013) Es war so etwas wie ein Klassentreffen. Der Schlagzeuger Jack DeJohnette, damals noch Pianist, und die Saxofonisten Roscoe Mitchell und Henry Threadgill hatten 1962 zusammen am Wilson Junior College studiert. Und gejammt. In der Free-Periode des Jazz: Der Nukleus der „Association for the Advancement of Creative Musicians“ (AACM) wurde dort gegründet. Rund fünfzig Jahre später nutzte Jack DeJohnette, mittlerweile Schlagzeuger, eine Wild Card des Chicago Jazz Festival, trommelte die alten Freun- de zusammen, ergänzte noch den Pianisten Muhal Richard Abrams und den Bassisten Larry Gray und ließ die alten Zeiten der freien Improvisationen, der überraschenden Wendungen, der ungewöhnlichen Klangkonstellationen wieder aufleben. Sie probten sechs Stücke – jedes weit entfernt von den üblichen Chorusstrukturen, jedoch auf klar erkennbaren Themen und Kooperationskonzepten basierend. Einzig die Zugabe, die fünfminütige Nummer „Ten Minutes“, verlässt dieses Grundprinzip zu Gunsten einer völlig freien Kollektivimprovisation. Der siebzehnminütige „Chant“ wandelt sich von hornissenartig schwirrenden Bläsersounds in eine Fülle von Begegnungen, das vierzehnminütige „Jack Five“ ist über weite Passagen gelassener, bringt aber auch eruptive Momente und stellt DeJohnette ins Zentrum. Fast zerbrechlich wirken die zwölf Minuten des leisen, von Flöten geprägten „This“, während das dreizehnminütige „Museum Of Time“ aus dichten Klavier-Clustern über eine mystisch klagende Phase zu einem pulsierenden, fast swingenden Finale führt. Das zehnminütige „Leave Don’t Go Away“ vereint schließlich vergnügt pulsierenden Free Jazz mit einem ungestümen Zwischenspiel. Wie ein Museumsbesuch wirkt die Disc, und sie erinnert daran, dass es eine Phase in der Jazzgeschichte gab, in der Musiker ihr Genre von der Wurzel her neu fassen wollten. Im Grunde ist diese Reminiszenz aktueller und für die Fortentwicklung des Genres wichtiger als all die netten Crossover-Produkte mit Jazzanteilen. Werner Stiefele Jürgen Friedrich Reboot ●●●●● Nwog/Edel (57 Min., 4/2013 & 1/2014) Auch mit seinem neuen Trio verfolgt Jürgen Friedrichs konsequent sein Ideal des intimen offenen Musizierens. Wie der Mittvierziger Friedrich selber kommen auch Bassist David Helm und Schlagzeuger Fabian Arends aus der Kölner Szene – und sind zwanzig Jahre jünger. Der Pianist kennt sie von ihren ersten Gehversuchen an; sie wiederum wurden in ihrer musikalischen Sozialisation von ihm geprägt. Ideale Voraussetzungen also für die schlafwandlerische Empathie, wie sie für Friedrichs Musik essentiell ist, vollzieht sich diese doch in reaktiven Prozessen, die im Wesentlichen vom Klavier angestoßen werden. Offenheit ist dabei eine Schlüsselkategorie. Eine Offenheit, die auf das Wagnis einer interaktiven Improvisation setzt, die sich an einem Minimum an Absprachen orientiert, ohne sich dabei in tonale oder rhythmische Beliebgkeit zu verlieren, sondern vielmehr einem Spiel mit harmonisch ausgebufften Klängen und einer rhythmischen Freiheit, die doch immer jazztypisch pulsierenden Flow impliziert, verpflichtet ist. So kann ein Blues etwa in ganz neuem Licht erstrahlen, oder ein Klavierstück von Schönberg eine faszinierend stimmige Jazzanverwandlung erfahren. Friedrich geht die Wege weiter, die einst ein Paul Bley oder ein Bob Degen mit dem späteren ECM-Chef Manfred Eicher am Bass erkundet haben. Man denkt auch an den jungen Eberhard Weber, der mit Wolfgang Dauner ebenfalls dieses Terrain explorierte und für die Agogik auch im Jazz eintrat. Hier wird seine Forderung beglückende Wirklichkeit: Faszinierend verund entflechten sich sinnliche Klanglichkeit des Klaviers, höchste Klangsensibilität des Schlagzeugs und sanghaft warmtönende Basslinien. Thomas Fitterling Esther Kaiser Learning How To Listen ●●●●○ GLM/Soulfood (63 Min., 9/2012 & 6/2013) Auf den ersten Blick haben sie eigentlich nicht allzu viel gemein: auf der einen Seite die 2010 ver- storbene Sängerin Abbey Lincoln mit ihrer tiefen, emotionsgeladenen Stimme, die wie kaum eine andere die afroamerikanische Leidensgeschichte zu artikulieren vermochte. Auf der anderen Seite die 1975 geborene Esther Kaiser, die mit ihrem durch und durch weißen, bestens ausgebildeten Gesang auf ihren bisherigen Veröffentlichungen zwischen Jazz, Pop und Country wandelte. Der Hörer wird dann auch prompt mit den ersten Tönen auf Kaisers neuer CD in die Falle gelockt: Eine akustische Gitarre klimpert freundlich, dazu singt die Wahl-Berlinerin ein wenig im Norah-Jones-Stil und geht irgendwann zu diesen nonverbalen Koloraturlauten über, die an Jazzhochschulen gerne gelehrt werden. Wer hier allerdings nur auf die Musik und seine Vorurteile achtet, macht einen Fehler. „Learning How To Listen“ heißen das Eröffnungsstück und das Album nicht von ungefähr: Zuhören muss man. Und das gilt vor allem für die Texte. Das Bindeglied zwischen Lincoln und Kaiser liegt zweifellos in der gemeinsamen Liebe für Worte, für Geschichten, für Lyrik. Deswegen ist der Untertitel des Albums – „The Music Of Abbey Lincoln – auch nicht ganz akkurat. Kaiser stellt die dichterischen Qualitäten ihres Vorbildes ins Zentrum ihrer Bearbeitungen der von Abbey Lincoln geschriebenen oder betexteten Songs. „The Words Of Abbey Lincoln“ träfe die Sache besser. Vor diesem Hintergrund ergibt es auch einen tieferen Sinn, dass das um Marimba und Akkordeon erweiterte Jazz-Quartett von Kaiser stilistisch immer wieder in die unterschiedlichsten Regionen geschickt wird, mal zur Musette („Love Has Gone Away“), mal zum Tango („The Music Is The Magic“), mal zum Chanson („Being Me“), mal in die Americana-Richtung à la Bill Frisell („Learning How To Listen“): Dieser fein gespielte und blitzsauber gesungene Hintergrund lässt die Pracht der Texte noch viel deutlicher hervortreten. Geschickt führen die übers Album verteilten Happen von Lincolns Lyrics über Thelonious Monks „Blue Monk“ zu der Kern- Aussage der CD: Sei du selbst. Also genau das, was Abbey Lincoln immer predigte. Josef Engels Kilimanjaro Dub & Riddim Society Dance For Peace ●●●○○ Boomslang/ Broken Silence (50 Min., 10/2013) Legt eure Waffen nieder und tanzt. Das ist die simple Aufforderung der „Kilimanjaro Dub & Riddim Society“, kurz KDR Society, an den Hörer. Dabei handelt es sich keineswegs um ein naives Lippenbekenntnis: Die multinationale Formation exerziert schließlich vor, wie das mit dem Weltfrieden ganz gut klappen könnte. Musiker aus dem Senegal, aus Ghana, aus Großbritannien, aus den USA und aus Österreich machen da munter gemeinsame Sache – und finden problemlos einen gemeinsamen Nenner, der nichts mit Ethno-Zwangsbespaßung und verkrampfter Weltmusik-Romantik zu tun hat. Die KDR Society bezieht sich in ihrer Tanzmusik explizit auf den Funkjazz der 70er Jahre, der in Fela Kuti auch einen würdigen Vertreter in Afrika hatte. Mit ihrer historisch korrekten Aufführungspraxis, die in puncto Klangtechnik und dem Einsatz von E-Bass, Rhodes-Piano, gestopfter Trompete und quirligen Rhythmusgeflechten auf jegliche Modernismen verzichtet, klingt „Dance For Peace“ wie eine Rare-Groove-Scheibe, die ein Vinyl-Archäologe durch Zufall in einem verstaubten Plattenstapel gefunden hat. Die Retro-Stücke des US-Keyboarders Peter Madsen geben den Instrumentalisten reichlich Gelegenheit, sich in verschiedenen, gut sitzenden Seventies-Anzügen zu präsentieren. Der senegalesische Gitarrist Herve Samb zeigt sich da beispielsweise mal als aufmerksamer Begleiter mit messerscharfen Afrofunk-Singlenotes, mal als Solist im angezerrten Jazzrock-Idiom à la John MacLaughlin. Und der österreichische Schlagzeuger Alfred Vogel, der sich mit seiner CD-Reihe „Vogelperspektive“ in den vergangenen Jahren als freiheitsliebender Improvisationspartner unterschiedlichster Musiker-Persönlichkeiten einen Namen machen konnte, zeigt im Verbund mit seinem ghanaischen Perkussionspartner Kofi Quarshie, dass er sich auch bestens in der schlagwerkerischen Welt eines Tony Allen auskennt. Denken wir also nicht viel über die modale Einfalt der Musik nach, sondern tanzen wir. Josef Engels Uli Lenz Dance Mañana! ●●●●● HGBS/Fenn (60 Min., 8/2014) Uli Lenz ist so etwas wie ein einsamer Wolf unter Deutschlands Jazzpianisten. Der Anfangssechziger lernte von Kindesbeinen an Klavier, Harmonielehre und die Regeln der Improvisation. Von Earl Hines und Duke Ellington fasziniert kam er zum Jazz und wurde dann im Berlin der 80er Jahre nachhaltig musikalisch sozialisiert. Soloauftritte gehören von Anfang an zu seinen Aktivitäten. Geprägt ist sein Spiel dabei von einer Bewunderung für den Traditionsstrang der von Monk ausgehenden schwarzen Pianisten bis hin zu McCoy Tyner und darüber hinaus; dazu kommt eine Verehrung für kraftvoll fließende polyrhythmische Intensität. Sein virtuoses Solospiel ist weit entfernt von der Neuen Innerlichkeit oder Jarrett’scher Hymnik. Affirmativ ziseliert er seinen Diskurs aus linearer motivischer Entwicklung und exquisiter harmonischer Ausdeutung, dabei kommt seiner kräftig zupackenden linken Hand eine eminent wichtige Rolle zu. Friedhelm Schulz von HGBS, dem Saba/MPS-Nachfolgelabel, hat nun dem Solisten Lenz die einmalige Chance eröffnet, auf dem legendären Grand Imperial Flügel von Bösendorfer – dem mit den zusätzlichen Bässen – im un- 53 Ja z z ter Denkmalschutz stehenden MPS-Studio ein Soloalbum zu realisieren. Laut Lenz bestimmte die Herausforderung des Instruments die sensibel abwechslungsreiche Auswahl der sieben Originals und fünf Standards – darunter „So What“ und „Summertime“. Mit höchster Konzentration macht sich Lenz das mitunter als Monster apostrophierte Instrument zu eigen, entfaltet ganz ohne Bombast, dafür aber mit umso stimmigerer Intensität seine hohe Improvisationskunst. Der Klang der Aufnahme macht sie zu einem audiophilen Highlight, das auch die oft vernachlässigte Reputation von Lenz ins rechte Licht rücken möge. Thomas Fitterling Lyambiko Muse ●●●●○ Sony (61 Min., 9/2013) Ausdrucksreich, wandlungsfähig, emotional, präzis, schnörkellos, gefühlvoll, textorientiert, warm, nüchtern, beweglich: Das sind nur einige Adjektive, die zu Lyambikos Stimme und Interpretationen passen. Die Berlinerin, 1978 im thüringischen Greiz geboren, zählt völlig zu Recht zu den besten deutschen Jazzsängerinnen, zumal dann, wenn man den Begriff des Jazz so weit dehnt, dass auch Soul und das weite stilistische Spektrum der Singer-Songwriter einbezogen werden. Sie kann greinen und trällern, die Grande Dame oder die verständnisvolle beste Freundin geben, sie kann trocken berichten und bis in die letzte Faser mitfühlen. Dies alles und mehr vermittelt sie – je nach Notwendigkeit – in den vierzehn Songs des Albums „Muse“. Dreizehn davon stammen von Frauen, und einer, „Goodbye Pork Pie Hat“, von einem der Obermachos des Jazz, dem Kontrabassisten Charles Mingus. Diesen Nachruf auf den Träger des „Pork Pie Hat“, den Saxofonisten Lester Young hatte allerdings 1978 die Sängerin Joni Mitchell in eine liebevolle Hommage verwandelt. Mitchells Text dient nun als Grundlage für einen einfühlsamen Blues zu Ehren eines der engsten musikalischen Partner der Sängerin Billie Holiday. Für „Horacio“ hat sie mit Fumi Udo einen Text geschrieben. Zusammen mit Jutta Hipps Thema entsteht daraus eine boppische Vocalese-Nummer im Stil der 1950er Jahre – also jener Zeit, in denen die exzellente Pianistin Jutta Hipp beim Versuch, sich in den USA zu etablieren, nach drei Alben Meilenstein Billie Holiday Clark Terry Color Changes Candid CCD 79009 (Verschiedene CD- und LP-Ausgaben mit unterschiedlichen Bestellnummern) (11/1960, 42 Min.) Clark Terry, der Mann mit dem vielleicht glücklichsten Sound, der je einem Blechblasinstrument entlockt wurde, hat am 21. Februar 2015 für immer seine Instrumente aus der 54 an der Männerwelt des Jazz und dem Alkohol scheiterte. Neben Coverversionen von Songs wie Anne Ronells „Willow Weep For Me“, Consuelo Velázquez‘ „Besame Mucho“, Stevie Nicks „Landslide“, Erykah Baduhs „On and On“ oder Abbey Lincolns „And How I Hoped For Your Love“ umfasst das Album auch Songs, für die sie sich Texte zu Themen Berliner Pianistinnen schreiben ließ: „I Went To Heaven“ zu einem Song von Julia Hülsmann und „Looking For Love“ nach einem von Aki Takase. Für „Spring“ verfasste sie Musik und Text selbst. Bei all dem schafft sie mit ihrem Trio keinen neuen Stil, sondern bedient sich souverän in dem Vokabular des Jazz seit den 1950ern. Ihre klaren, weitgehend von Verzierungen freie Melodieführung und die auf Wesentliches konzentrierten Arrangements spiegeln Kraft, Energie, Empfindsamkeit und ein souveränes Stilempfinden. Werner Stiefele Rudresh Mahanthappa Bird Calls ●●●●● ACT/Edel (62 Min., 8/2014) Hand gelegt. Durch seine originelle Phrasierung war der stets swingende Künstler mit dem Lachen in der Trompete schon nach wenigen Tönen aus Tausenden herauszuhören. Clark Terry konnte allein schon durch seinen Lippenansatz verblüffend viele Artikulationsnuancen erreichen und erweiterte seine Klangpalette auch noch durch geschickten Umgang mit Dämpfern und Ventilen. Als er 1951 – 1959 im Orchester des Klangmagiers Duke Ellington zum Star wurde, waren Terry die schon brillant ausgeloteten Möglichkeiten der Trompete zu wenig und er machte das Flügelhorn zu seinem Zweitinstrument. Nur wenige hatten es zuvor im Jazz gespielt und keiner mit solchem Einfallsreichtum. Clark Terry trug mehr wie jeder andere zu seiner Verbreitung bei. In Terrys Meisterwerk „Color Changes“ beschränkt sich Terrys klangliche Raffinesse nicht auf die beiden eigenen Instrumente. Na- Seine Musik sei ein Brückenschlag zwischen Jazz und der nicht-westlichen Musik, sagt der amerikanische Altsaxofonist Rudresh Mahanthappa. Konkret: Den Nachfahren indischer Einwanderer interessiert vor allem die Verbindung von Jazz und indischer Musik. Dabei geht er weit über das hinaus, was seit den 1970ern an weltmusikalischen Projekten entstand: Sein Quintett ist kein Ensemble der Begegnung, sondern ein ganzheitlicher Klangkörper, der die melodische Bogenstruktur der indischen Musik mit komplexen, nicht geografisch gebundenen Rhythmen und der Harmonik des Jazz so homogen verschmilzt, dass die Frage nach der Herkunft der Elemente dieses dichten Gebräus kaum zu beantworten ist. Das Album „Bird Calls“ hat Mahanthappa dem Ahnvater des modernen Jazz, dem Altsaxofonisten Charlie „Bird“ Parker, gewidmet. Auch hier besteht ein Unterschied zu den gängigen Tributes oder Hommagen, denn Mahanthappas Quintett spielt keine einzige Parker-Nummer. Wohl aber beziehen sich einzelne Kompositionen auf Stücke Parkers, indem Mahanthappa auf Bruchstücke aus Parkers Themen oder Improvisationen zurückgreift, diese jedoch völlig neu gruppiert und letztendlich nur als Inspirationsquelle für Neues verwendet. Aber hezu orchestrale Wirkungen und eine kaleidoskopartige Mischung an Farben und Stimmungen holte er hier mit einem kleinen Stab von Arrangeuren aus einem Oktett heraus und schuf sich 1960 in Miniatur einen opulenten Rahmen, wie er ihn noch eben bei Ellington gehabt hatte, aber dann in seinen vielen, eher in flüchtiger Jam Session-Manier produzierten Alben entbehrte. Brillant eingesetzt wurden Fähigkeiten von Individualisten, die zum Teil im Jazz eher Soloinstrumente bliesen. Jimmy Knepper (Posaune), Julius Watkins (Horn), Seldon Powell (Tenorsax, Flöte), Tommy Flanagan bzw. Budd Johnson (Klavier), Joe Benjamin (Bass) und Ed Shaughnessy (Schlagzeug) und vor allem Yusef Lateef (Oboe, Englischhorn, Tenorsaxofon, Flöte), der als zweiter Hauptakteur orientalisierende Elemente und sein beeindruckendes Bluesfeeling einbrachte, während Terry in euphorisierend fröhlichen Kompositionen in Paris-Erinnerungen Marcus A. Woelfle schwelgte. gerade dieses Forschende, auf Zitate verzichtende Herangehen entspricht dem Entdeckergeist Parkers. […] In dem 20-jährigen Trompeter Adam O’Farrill hat Mahanthappa einen ebenbürtigen Bläser neben sich – beide verbinden ein grandioses Formgefühl mit überbordender Improvisationslust. Der Pianist Matt Mitchell, der Kontrabassist François Moutin und der Schlagzeuger Rudy Royston bereiten ihnen eine strukturierende Basis und führen die freie Entwicklung an markanten Wendepunkten auf einprägsam arrangierte Passagen zurück. Ob Rudresh Mahanthappa die von indischer Musik beeinflussten Stücke des Altsaxofonisten Charlie Mariano kennt? Manchmal scheint es so, aber vielleicht liegt die Verwandtschaft nur daran, dass sich beide intensiv mit indischer Musik beschäftigt haben und den Jazz um die Tonsprache dieses Subkontinents erweitern. Nachdem er mit der Scheibe „Gamak“ 2012 bereits ein Meisterwerk vorgelegt hat, lässt Rudresh Mahanthappa mit „Bird Calls“ ein weiteres Album mit dem Potenzial zum Klassiker folgen. Werner Stiefele Marius Neset Pinball Saxophone“ den augenfälligen Beweis. Mit perkussiven Atemgeräuschen und pointiertem Klappenklappern wird Neset gewissermaßen zu einem Teil von Anton Egers Schlagzeugset. Aber auch in den anderen Kompositionen, die Streicher und Flöten in den Sound einer um Vibrafon und Marimba erweiterten Jazz-Combo integrieren, zeigt der Norweger seine Liebe fürs Schlagzeugspiel: Das Rhythmische ist die Antriebsfeder, mit der der im Albumtitel heraufbeschworene Flipperautomat zum Leben erweckt wird. Mit krummen Metren, irrwitzigen Verschachtelungen und eigentümlichen Synkopen schießt Neset seine Flipper-Kugeln auf eine unberechenbare Reise. Mal streifen sie die Weltmusik, rufen dabei Assoziationen zur afrikanischen Polyrhythmik oder indischen Ragas hervor, mal sammeln sie Bonuspunkte bei der Klassik und der Minimal Music, mal umkreisen sie die skandinavische Volksmusik. Alles auf „Pinball“ ist gleichzeitig wildes Spiel und gut durchdachte Strategie. Wenn Neset, der Pinball Wizard im Geiste Michael Breckers, so weitermacht, wird er bald dem alten Jarrett-Weggefährten Jan Garbarek den Rang als wichtigster Saxofonist des hohen Nordens abgelaufen haben. Josef Engels ●●●●○ ACT/Edel (62 Min., 6/2014) Jason Seizer Cinema Paradiso Es ist sicherlich noch zu früh, den norwegischen Saxofonisten Marius Neset mit einem so Übergroßen wie Keith Jarrett zu vergleichen. Aber in einem Punkt sind sich der amerikanische Piano-Star und der 30-jährige Skandinavier, der von Album zu Album souveräner mit seinen persönlichen, höchst virtuosen Ausdrucksmöglichkeiten umgeht, sehr ähnlich: Wie Jarrett könnte auch Neset von sich behaupten, dass er sein Leben lang eigentlich nur Schlagzeug gespielt habe. Und zwar auf dem Saxofon. „Pinball“, Nesets neue Einspielung, liefert dafür mit dem Duo-Stück „Music For Drums and ●●●●○ Pirouet/NRW (52 Min., 8/2014) zogen wird, setzt Seizer mit seinem Quartett ganz auf eigenständige Nachschöpfung. Mit seinen Mitteln legt er die rein musikalischen Grundgedanken der ganz unterschiedlichen Themen frei, verleiht ihnen klischeefreien, von Bildern unterstützender Funktion befreiten Ausdruck. Er spielt dabei ausschließlich Tenorsaxofon, das bei ihm zuweilen mit der Sanglichkeit eines Soprans erklingt, ohne dass dabei allerdings dessen manchmal sanglich näselnde Penetranz aufscheint. Seine Variationen dienen stets der Verdeutlichung des thematischen Grundmaterials. Sie vollziehen sich vor und mit den faszinierenden Voicings und ideenreichen Komplementärstimmen des Pianisten Pablo Held. Dessen Spiel hat hier viel von der feinsinnig offenen Ausdeutung des Bill Evans‘schen Kosmos, wie sie das junge Wolfgang-Dauner-Trio zur Zeit und am Ort von Seizers Geburt betrieb. Wie damals spielen auch auf „Cinema Paradiso“ offene Strukturen und gegenseitiges, im abwartenden Hinhören ergänzend entwickeltes Zusammenspiel eine ebenso große Rolle wie die Improvisation und Komposition bruchlos verbindenden Arrangements. Das feingliedrige und oft rubatierende Schlagzeug von Fabian Arends und der warmtönende Kontrabass von Matthias Pichler sind dabei ebenso konstituierend wie Saxofon und Klavier. Eine tief berührende Hommage an die großen Meister der Filmmusik ist diesem Quartett hier gelungen. Thomas Fitterling Kenny Wheeler Songs For Quintet Der 50-jährige Saxofonist Jason Seizer ist ein Mann der entschiedenen Klarheit und des genauen und geduldigen Hinhörens. Für sein eigenes Label Pirouet hat er im vergangenen Jahr ein Album mit neun klassischen Filmmusikthemen eingespielt und sich so einem Programm zugewandt, das immer wieder Jazzmusiker zur eigenen Interpretation gereizt hat. Doch wo vielfach der Wiedererkennungseffekt ins Kalkül einbe- ●●●●○ ECM/Universal (53 Min., 12/2013) Die zu seinem 85. Geburtstag geplante Veröffentlichung der „Songs For Quintet“ erlebte Kenny Wheeler nicht mehr mit: Im September des vergangenen Jahres, kurz nach den letzten Abmischarbeiten an der Aufnahme, ver- stummte eine der eigenständigsten Stimmen der Jazzszene für immer. Man muss schon ein Herz aus Granit haben, wenn einen dieses Album kaltlässt. Hörbar mit letzter Kraft flüstert Wheeler da auf seinem Flügelhorn noch einmal Schönheit in die Welt. Brüchig und matt klingt das Instrument – und doch ist da noch alles vorhanden, was Kenny Wheeler einst ausmachte: die flüssige Eleganz seiner Linien, seine melodische Unbeirrbarkeit vor jedem stilistischen Hintergrund und nicht zuletzt sein gigantisches kompositorisches Geschick. „Songs For Quintet“, das neben den schon früher einmal eingespielten Nummern „The Long Waiting“ und „Nonetheless“ hauptsächlich aus neuen Stücken Wheelers besteht, gibt dafür noch einmal einige bemerkenswerte Beispiele. Stellvertretend sei mit „Sly Eyes“ eine vergleichsweise unkomplexe Komposition angeführt. Sie beginnt mit marschartigen Paradiddles von Schlagzeuger Martin France und bewegt sich im weiteren Verlauf rhythmisch in Richtung Tango. Dennoch hat man nie das Gefühl, dass hier ein Genre zitiert oder gar parodiert wird. Zu eigentümlich ist das unter Wheeler, Saxofonist Stan Sulzman und Gitarrist John Parricelli klug aufgeteilte Thema, zu untypisch sind die solistischen Beiträge. Diese Klischeevermeidung durchzieht das ganze Album; ob hardboppig Modales („Old Time“), Krypto-Afrikanisches („Canter No.1“) oder sogar freie Improvisation („1076“) – immer scheint die Person Wheelers durch. Natürlich: Man hört förmlich, wie den 84-Jährigen die Kräfte verlassen. Und so ist es geradezu rührend, wie die im vollen Saft stehenden Mitmusiker ihren schwachen Chef sanft durch die Stücke geleiten. Man könnte fast heulen, mit wie viel Liebe und Behutsamkeit Sulzmans Tenorsax auf das sterbensmatte Flügelhorn im Thementeil von „Pretty Liddle Waltz“ antwortet. Wheelers letzte Songs sind von einer unorthodoxen Jenseitigkeit, in die ihnen ihr Komponist vorangegangen ist. Josef Engels 55 B Bücher zierpraxis zur Zeit Gustav Mahlers“ unter die Lupe genommen hat und dabei zum Schluss kommt, dass heute eigentlich sogar Spezialisten für Barockmusik dessen Sinfonien spielen könnten! GUIDO FISCHER Edition Text + Kritik, 192 S., 32,00 € Christian Gerhaher Lena-Lisa Wüstendörfer (Hg.) Mahler-Interpretation heute 2010 war Gustav Mahler, dieser lange auch vom Konzertbetrieb so Missverstandene und Geschmähte, in aller musikwissenschaftlicher Munde. Anlässlich des 150. Geburtstags wurden er und sein Werk noch einmal intensiv beleuchtet und durchdiskutiert. Trotzdem blieben noch manche Fragen offen. Weshalb bereits 2012 an der Uni Basel eine Reihe unter dem Titel „Mahler-Interpretationen heute“ veranstaltet wurde. Unter Federführung der Musikwissenschaftlerin und ehemaligen Abbado-Assistentin Lena-Lisa Wüstendörfer konzentrierten sich Mahler-Kenner auf die Geschichte und den Wandel der Mahler-Rezeption. Jens Malte Fischer beschäftigte sich mit dem Spannungsfeld Mahler/Antisemitismus und wies noch mal darauf hin, dass es in Wien zwar zahllose Denkmäler zu Ehren des einstigen antisemitischen Bürgermeisters gibt, aber eben kein Mahler-Denkmal. Und in den Beiträgen von Sigfried Schibli (Mahler-Renaissancen ohne Ende) und Wolfgang Schreiber (Gustav Mahlers Dirigenten), aber auch in den beiden im persönlichen Ton gehaltenen Podiumsdiskussionen spürt man dem Imagewandel Mahlers hin zu einem Komponisten nach, der allein auf dem CD-Markt längst eine erste Geige spielt. Besonders die historischen Aufführungspraktiker dürfte aber das Referat von Reinhold Kubik interessieren, der die „Musikinstrumente und Musi- 56 „Halb Worte sind´s, halb Melodie“ Wenn Musiker von der Prominenz eines Christian Gerhaher auf halber Wegstrecke ihrer Laufbahn einen Zwischenstopp einlegen, um zurückzublicken, kommt meistens nur eine hübsche Anekdotensammlung heraus. Weil der Bariton aus Niederbayern aber eben nicht nur blitzgescheit ist, sondern sich ständig hinterfragt, musste der jetzt erschienene Gesprächsband zwischen ihm und der Journalistin Vera Baur ganz anders ausfallen. Das verdeutlicht allein schon das eigentlich obligatorische, aber nun fehlende Namensregister, mit dem Gerhaher hätte stolz zeigen können, mit wem er schon alles musiziert hat. Die Liste der für ihn wichtigen Persönlichkeiten von Rattle bis Harding arbeitet er schnell im Vorwort ab – um sich danach ausreichend Zeit zu nehmen bei seinen Gedankengängen über den Beruf als Sänger (zu viele Konzerte schmälern die Lebensqualität), über Regie-Konzepte (in die er sich oft einbringen will und kann) sowie über die Liedheiligen Schubert, Schumann und Mahler, denen er sich mit seinem pianistischen Seelenverwandten Gerald Huber genauso widmet wie Liedern, die Zeitgenossen wie Holliger und Rihm für ihn schreiben. Was die Substanz der ernsten Gespräche, aber auch dazwischen immer wieder die ungeschminkt ablehnenden Worte über Sport und Eventkultur angeht, lernt man eine weitere Facette dieses ganz außergewöhnlichen Künstlers kennen. GUIDO FISCHER Henschel/Bärenreiter, 192 S., 22,95 € Ratko Delorko „Profi-Tipps für Pianisten und solche, die es werden wollen“ Dieses lebens- und erfahrungspralle Buch ist ein einzigartiges Vademekum für all die aus der kuschligen Vollbetreuung der Musikhochschulen ausgestoßenen Jungpianisten, die ihre Stücke perfekt eingedrillt bekommen haben, aber eigentlich nichts wissen vom Musikerleben oder von der Funktionsweise ihres Flügels. Und was man alles erfahren kann von Delorko! Wie meistert man nahezu jede kleine oder große Katastrophe mit der Technik des Flügels, was isst man am Konzerttag, wie beleuchtet man die Tastatur, wie benimmt man sich den Orchestermusikern gegenüber oder wie meidet man die Fallstricke der Vertragsgestaltung – der Autor hilft nicht nur in fast jeder Lebenslage, er tut es auch mit viel Humor. In vielen der Kapitel blickt Delorko über die Tücken des Alltags weit hinaus. Nur selten überspannt ein Autor einmal jenen immer noch unüberwindlichen Graben zwischen Kunstpraxis und Musikwissenschaft – hier gelingt das. Liest man seine Ausführungen über historische Lehrwerke, erfährt man eben nicht nur etwas über die Genealogien des NonlegatoSpiels oder des Rubatos, sondern auch über interpretatorische Wandlungen und Schludrigkeiten. Mit Delorko lernt man, über ästhetische Wirkungsmechanismen nachzudenken. Etwa: Was muss ich über mein Publikum wissen, um eine gelungene Programmfolge zusammenzustellen? Seine Typologie der Konzertgänger ist dann von grimmigem Witz, die Hiebe auf das verkommene Wettbewerbssystem sind es nicht minder. Mag er gelegentlich mit mildresignativer Lebensklugheit den Unerfahrenen vor überflüssigem Anecken in diesen Gebieten bewahren, lenkt er ihn doch letztlich auf eine mutige, selbstkritische und allen flachen Konventionen ausweichende Bahn: Lerne, Dei- nem Instrument und Dir selber zuzuhören, und zwar mit ungeahnter Gründlichkeit. Und so ist dieser höchst gelungene Band nicht nur für angehende Profis auch eine regelrechte Schule des Hörens geworden. Matthias Kornemann Staccato Verlag, 432 S., 32,00 € Peter Szendy Höre(n) – Eine Geschichte unserer Ohren 1853 zog ein gewisser Graf Tadeusz Tyszkiewicz vor den französischen Kadi, um gegen ein Attentat auf seine Ohren zu prozessieren. Er hatte in Paris die Aufführung eines völlig verstümmelten „Freischütz“ miterleben müssen. Und da Tyszkiewicz Webers Oper nur allzu genau kannte, fühlte er sich bzw. seine Ohren geschädigt. Das Gericht sah das anders und wies die Klage ab. Auch mit solchen Geschichten hat sich der französische Musikphilosoph Peter Szendy in seinem Essay mit dem Prozess des Hörens auseinandergesetzt. Denn das Hören ist von vielen Faktoren abhängig. Von Erinnerungen und Gewohnheiten, wie im Fall des gepeinigten Grafen. Oder von Tonträgern wie Vinyl-Platte oder CD, die bis heute den Grundsatzstreit zwischen Audiophilen anheizen. Und was hat speziell die im romantischen Zeitalter aufkommende Mode des Arrangements (für die Szendy vor allem Robert Schumann als Kronzeugen nennt) nicht mit den Hörgewohnheiten und damit dem Wesen eines Werks angestellt? Als eine „Geschichte unserer Ohren“ hat Szendy in bester Tradition des französischen Strukturalismus seine Spurensuche angelegt, die über Wilhelm Furtwänglers Modell des „Fernhörens“ bis ins 21. Jahrhundert und die DJ-Kultur reicht. Und dabei tun sich für das eigene Hören mehr als nur interessante, diskussionswürdige Perspektiven auf. GUIDO FISCHER W. Fink, 180 S., 29,90 € M M ag a zin Ein Franzose in Chicago Jean Martinon gehört natürlich in die Reihe großer französischer Dirigenten. Doch mit seinem allzu frühen Tod (1976 verstarb er im Alter von gerade einmal 66 Jahren) verblasste erstaunlich schnell auch sein Nachruhm. Dabei konnten sich Martinons Chefdirigentenstationen schon früh sehen lassen. Nach dem Pariser Orchestre Lamoureux (ab 1951) leitete er ab 1957 das Israel Philharmonic Orchestra. Und 1963 übernahm er von Fritz Reiner das Chicago Symphony Orchestra, das er fünf Jahre lang auf Weltklassekurs hielt. Denn wie die in jenen Jahren entstandenen und jetzt endlich gebündelt vorliegenden Aufnahmen belegen, war der Perfektionist und Soundfetischist Martinon aus einem ähnlichen Holz geschnitzt wie sein Vorgänger Reiner und sein unmittelbarer Nachfolger Georg Solti. Was bei den insgesamt zehn Alben zudem auffällt, war Martinons großes Herz für die Musik des 20. Jahrhunderts. Bis auf die beiden Klarinettenkonzerte von Weber, die Martinon 1967/68 mit Mr. Clarinet Benny Goodman einspielte, steht vor allem die klassische Moderne mit Ravel (u. a. Rhapsodie espagnole), Bartók (Der wunderbare Mandarin) und Carl Nielsen (4. Sinfonie) im Mittelpunkt. Aber nicht nur diese Werke ging Martinon mit einem sagenhaften Schwung und einer überwältigenden Wucht an. Auch das selten zu hörende Concerto für sieben Bläser des Schweizers Frank Martin setzt das Dreamteam Martinon/CSO genauso unter Starkstrom wie jene farbenreiche 4. Sinfonie, mit der der Maestro sein eigenes kompositorisches Geschick unter Beweis stellte. GUIDO FISCHER “Jean Martinon – The Complete Recordings”: mit Chicago Symphony Orchestra, 10 CDs, RCA/Sony FFRR ist top! Manchmal ist das Militär doch zu etwas gut. Im 2. Weltkrieg bekam die englische Decca von der heimischen Luftwaffe den Auftrag, eine Hifi-Technik zu entwickeln, mit der man die Frequenzen zwischen englischen und deutschen U-Booten unterscheiden konnte. Decca-Toningenieur Arthur Haddy erfüllte den Job nicht nur zur Zufriedenheit, sondern legte gleich noch den Grundstein für den legen- dären Decca-Sound namens „Full Frequency Range Recordings“ (FFRR). 1945 stellte man dieses einspurige Aufnahmeverfahren offiziell vor. Und fortan wurden Schallplatten mit berühmten bzw. heute leicht in Vergessenheit geratenen Stars und Könnern produziert, die auch vom Klangbild her weiterhin faszinieren. Eine großartige Dokumentation jener bis 1956 reichenden Mono-Jahre ist daher die Box mit zahllosen erstmals auf CD veröffentlichten Einspielungen. Und was und wen kann man nicht alles wiederentdecken. Der wunderbare Mischa Elman spielt zusammen mit Georg Solti das Beethoven-Violinkonzert und Clifford Curzon mit dem Amadeus Quartett Klavierkammermusik von Mozart. Und neben Erich Kleiber (Beethovens 9.); Knappertsbusch (Bruckner) und Ernest Ansermet (Strawinski) erlebt man nicht nur großartige Solisten und Ensembles wie den Geiger Alfredo Campoli und das Griller String Quartet. Das Repertoire entpuppt sich als eine tolle Fundgrube, die von den Streichquartetten von Ernest Bloch über William Waltons bizarre „Façade“ bis zu Roussels „Le festin de l´araignée“ reicht. GUIDO FISCHER „Decca Sound – The Mono Years“: 53 CDs, Decca/ Universal Queen Emma I. Sie ist so etwas wie die Mutter aller Alte Musik-Sängerinnen. Wer aber glaubt, dass die Stimme der englischen Sopranistin Emma Kirkby im Laufe der nunmehr 40-jährigen Karriere etwas an Nachtigall-Süße eingebüßt hätte, der kann sich weiterhin vom Gegenteil überzeugen. Denn Kirkby ist auch nach über hundert Einspielungen und wahrscheinlich mehr als tausend Konzerten immer noch ohne Fehl und Tadel aktiv. Das schon fast zeitlose Erfolgsrezept der 2007 von der Queen Elisabeth II. zur „Dame Commander of the Order of the British Empire“ ernannten Sängerin liegt in ihrer absoluten Natürlichkeit. Ohne große Gesten und überschwängliche Emotionen kommt Kirkby aus und durchmisst nicht nur den Barockkanon von Dowland und Purcell bis Händel und Bach klar, rein und mit einer Haltung, bei der immer auch etwas Naives und ausschließlich Dienendes mitschwingt. Gleiches gilt für die Mozart-Interpretin etwa der großen Motetten wie „Exultate, jubilate“ oder Konzertarien wie „Ah, lo previdi!“. Auch diese Mozart-Wonnen finden sich in der Box mit sämtlichen für das französische Label „Editions de L‘Oiseau-Lyre“ eingesungenen Recitals aus dem Zeitraum 1978 – 1997. Und selbstverständlich begegnet man Kirkby stets in vertrauter Runde, zu der Christopher Hogwood und seine Academy of Ancient Music genauso gehören wie Lautenist Anthony Rooley und The Consort of Musicke. GUIDO FISCHER “Emma Kirkby – The Complete Recitals“: 12 CDs, Editions de L’Oiseau–Lyre/Universal 57 Boulevard Ein Schuss Jazz, eine Prise Film, ein Löffel Leichtigkeit: Bunte Klassik Vorgestellt von Ol i v e r Bu s l au vis, der sein Stück aus mathematischen Krümmungsberechnungen entwickelt hat. Andere bleiben der Illustration treu – etwa Randy Newman in einem „Family Album“, das an die Beschreibungskunst alter Stummfilm-Musiken erinnert. Gloria Cheng: Montage. Great Film Composers and The Piano, harmonia mundi Hypnose am Klavier Zuletzt hat die Pianistin Valentina Lisitsa mit der Interpretation großer Klavierkonzerte auf sich aufmerksam gemacht. Nun sorgt sie für einen großen Kontrast. Die Musik von Philip Glass am Klavier zu spielen – wer würde sich das wirklich zutrauen, und dann auch noch in einem zwei CDs umfassenden Programm? Die schier endlosen, nur scheinbar immer gleichen, sich aber in Feinheiten verändernden Akkord- und Motivabfolgen in stetiger Spannung vorzutragen, in keiner Sekunde ins Mechanische zu verfallen, und das in Kompositionen, die durchaus eine knappe halbe Stunde dauern können – Valentina Lisitsa gelingt das wunderbar. Valentina Lisitsa Plays Philip Glass: The Hours, Mad Rush, The Truman Show, Metamorphosis u. a., 2 CDs, Decca/Universal Nach Glass und Einaudi nun französische Impressionisten: Lavinia Meijer Von Debussy bis Amélie Die Harfenistin Lavinia Meijer sorgt ja schon seit Jahren für eine Erweiterung des Harfenrepertoires in Richtung Minimalismus. So hat sie den vielen Saiten ihres Engelsinstruments schon die Klangkaskaden eines Philip Glass oder Ludovico Einaudi anvertraut. Die Repertoireauswahl ihres neuen Albums kommt im Vergleich dazu geradezu klassisch daher – mit Werken des französischen Impressionismus, also von Ravel, Debussy und Satie. Doch dazu gibt es stilistisch passende Einsprengsel aus der Feder des Filmkomponisten Yann Tiersen, dem Schöpfer des Soundtracks „Die fabelhafte Welt der Amélie“. Lavinia Meijer: Voyage, Sony Filmmusikmeister mal ohne Film Man kennt ihre Namen aus den Abspännen berühmter Filme: John Williams, Alexandre Desplat oder Randy Newman. Aber sie komponieren hin und wieder auch, ohne einer Vorgabe bewegter Bilder zu folgen. Die Pianistin Gloria Cheng stellt auf diesem Album Klavierwerke der großen Soundtrack-Schöpfer vor. Da geht es zum Teil durchaus avantgardistisch zu – wie etwa in „Surface Tension“ von Don Da- 58 Einfühlsamer Piazzolla Astor Piazzolla, der große Meister des Tango Nuevo, ist ja längst selbst ein großer Klassiker geworden, und seine Tangos haben ebenso wenig mit Tanzmusik zu tun wie zum Beispiel Bachs Orchestersuiten. Das zeigt einmal mehr das neue Album des Akkordeonisten Daniel Mille, der – auch selbst Schöpfer neuer Musik für sein Instrument – zusammen mit einem kleinen Streicherensemble Piazzollas berühmteste Titel zelebriert. Daniel Miller: Astor Piazzolla. Cierra tus ojos, Sony Ton-Meister: Techno-Produzent Henrik Schwarz mit Orchester Fotos: Stefan Vanfleteren/Sony Classical (l. o.); Ben Meier/Sony Classical (M. r.) Henrik Schwarz unplugged Eigentlich steht sein Name für ausgefeilte Techno-Produktionen, aber nun hat der Komponist und Produzent Henrik Schwarz mal ganz auf den Strom verzichtet und setzt zum ersten Mal in seiner Karriere ganz und gar auf ein „Unplugged Ensemble“ – sprich: ein klassisch besetztes Kammerorchester. Die mal weicher, mal rhythmischer gestalteten Kreise aus sich stetig wiederholenden Mustern wirken in dieser Version des „Tokio Secret Orchestra“ vielleicht nicht ganz so aufregend, zwingen aber dazu, besser die Ohren zu spitzen, den Farben nachzulauschen. Henrik Schwarz: Instruments, Sony Abonnenten-CD: Track 15 Klavier-Festival Ruhr Die Pianisten der Welt beflügeln Europas neue Metropole Doktor Stradivari Musik-Krimi 17. April – 04. Juli 2015 Info | Ticket: 01806 - 500 80 3* www.klavierfestival.de *(0,20 €/Anruf aus dem dt. Festnetz, Mobil max. 0,60 €/Anruf) Grafik: zcool.com.cn Folge 14: Begegnung im Hotel „Herr Dr. Stradivari?“, fragte eine Frauenstimtellobby, wo er sich einen ruhigen Platz zum Telefonieren suchte. Dann rief er seinen Beme, und als er sich umdrehte, stand da eine Blondine um die dreißig – elegant gekleidet kannten, den Kriminalkommissar Reuter an. und dezent geschminkt. „Ent„Sie suchen doch seit Monaschuldigen Sie“, fuhr sie fort, „ich ten diese Betrügerin, die in allen habe ein wenig mit dem Mann möglichen Verkleidungen unter an der Rezeption geplaudert, und falschem Namen mit allein reier hat mir verraten, dass Sie ein senden Herren in Hotels flirtet großer Musikkenner sind. Ich bin und ihnen dann Bargeld stiehlt?“ selbst ein Klassik-Fan. Ach, ich Reuter lachte. „Allerdings. habe mich noch gar nicht vorgeEinmal hat sie sogar den Autostellt. Mein Name ist Bea Berger.“ schlüssel ihres Opfers genommen Sie nahm neben Dr. Stradivari und eine teure Limousine gestohan der Hotelbar Platz und orderte len. Leider haben wir keine gute einen Prosecco. Beschreibung. Sie trägt wohl PeDOKTOR „Haben Sie beruflich mit MuSTRADIVARI rücken. Sie ist etwa dreißig und ERMITTELT – und Sie informiert sich über die Herren, sik zu tun?“, fragte er. an die sie sich heranmacht, vor„Es ist nur eine Liebhaberei. können gewinnen! Ich spiele ein wenig Klavier, aber her immer sehr gut. Um sie in ein Wenn Sie die Lösung ich habe eine sehr große MusikGespräch zu verwickeln, gibt sie wissen, schreiben Sie vor, sie habe mit ihnen etwas gesammlung. Auch viele Vinylplatsie an stradivari@ronten. Die habe ich von meinen Eldomagazin.de oder meinsam. Ein Interessensgebiet. Darin ist sie sehr raffiniert.“ tern geerbt. Ich selbst bin ja eher postalisch an RONDO, „So raffiniert auch nicht. Es mit der CD aufgewachsen. Aber Kurfürstendamm 211, könnte sein, dass sie mich gerawenn man noch einen guten Plat10719 Berlin – bitte tenspieler hat … So eine Mahlerde auserkoren hat. Könnten Sie auch Ihre Kontaktdaten jemanden herschicken, der sie sinfonie unter Bernstein oder Monicht vergessen! Unter überprüft, während ich sie noch zart mit Karl Böhm auf Vinyl – das allen Zuschriften verlost eine Weile hinhalte?“ ist schon was.“ Sie kam weiter ins RONDO drei Exemplare Warum ist die angebliche Bea Plaudern. „Meine Mutter war eine der neuen „JohannesBerger für Doktor Stradivari vergute Geigerin. Sie hat sogar drei Passion“ der Berliner Jahre bei den Berliner Philhardächtig? Philharmoniker unter monikern gespielt. Zweite Geige, Sir Simon Rattle – als aber immerhin. Doch dann lernwww.oliverbuslau.de sowohl DVD & Bluray te sie meinen Vater kennen, wurim prachtvollen Leinende schwanger und gab ihren Beschuber. ruf auf.“ Einsendeschluss ist der „Und dann kamen Sie auf die 8. Mai. Viel Glück! Welt?“, fragte Dr. Stradivari. Sie lachte und strich sich eine Haarsträhne zur Seite. „Nein, mein Bruder. Er Auflösung aus Magazin 6/2014: ist zehn Jahre älter als ich. Aber aus ihm ist Herr Katenburg wusste zwar mit dem Repertoire auch kein Musiker geworden. Er hat eine Comdes Abends für sich zu überzeugen, mit der Schilputerfirma gegründet. Ich selbst arbeite als derung des Konzerts schon weniger. Wäre er wirkfreie Reisejournalistin.“ Sie sah Dr. Stradivari lich im Saal gewesen, wäre ihm nicht entgangen, tief in die Augen. „Ein schöner Beruf, aber die worin er sich nun in seinem Lobpreis des Pianiseinsamen abendlichen Stunden an der Hotelten verhedderte – dass es sich bei den Werken nämlich um Sonaten für vierhändiges Klavier, bar sind nichts für mich …“ also zwei Spieler handelte. Pech gehabt! „Würden Sie mich einen Moment entschuldigen?“, fragte Dr. Stradivari. Er ging in die Ho- 59 Piotr Anderszewski & Matthias Goerne (Bariton) | Martha Argerich & Mischa Maisky (Violoncello) | Daniel Barenboim | Rafał Blechacz | Khatia Buniatishvili | Michel Camilo | Frank Chastenier Trio & Thomas Quasthoff (Vocal) | Chick Corea & Herbie Hancock | Hélène Grimaud | Marc-André Hamelin | Lang Lang | Eric Legnini Trio | Igor Levit | Denis Matsuev | Gabriela Montero | Maria João Pires & Antonio Meneses (Violoncello) | Mikhail Pletnev | Rantala – Danielsson – Erskine „Super Trio“ | Grigory Sokolov | Yaara Tal & Andreas Groethuysen | Daniil Trifonov | Arcadi Volodos | Yundi u.v.a. h Sie sic ickets! n r e h c T i S g Ihre i t i e z t rech Kulturpartner Medienpartner Kommunikationspartner Medienpartner T er m i n e Oper oper JAY ALEXANDER: Der Opern-Tenor Jay Alexander ist seit Kindertagen mit der Kirchenmusik vertraut. Diese Liebe spiegelt sich auch im Programm seiner neuesten CD „Geh aus, mein Herz“ wider, mit dem er ab März 2015 auf Tournee in deutschen Kirchen sein wird. Zu den Kirchenliedern, die ihm besonders ans Herz gewachsen sind, gehören etwa „Näher, mein Gott, zu Dir“ sowie „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Bei den Konzerten wird Alexander von Harmonium, Gitarre, Cello und Oboe begleitet. www.jayalexander.de Aachen TH EATE R (02 41) 4 78 42 44 Janáček Jenůfa (22.3.2015), ML: Kazem Abdullah, R: Michael Helle Händel Orlando (24.5.2015), ML: Justus Thorau, R: Jarg Pataki AltenburgGera TH EATE R (0 34 47) 58 51 61 Flotow Martha (31.5.2015), ML: Thomas Wicklein, R: Anette Leistenschneider LUCERNE FESTIVAL 2015: Das Traditionsmusikfestival steht in diesem Jahr unter dem Motto „Humor“ (14.8.–13.9.). Und bevor sich Top-Dirigenten wie Andris Nelsons und Simon Rattle mit ihren Orchestern diesem Thema auch über Haydn und Strauss nähern, hält der verschmitzte Alfred Brendel den Eröffnungsvortrag. Einen Schwerpunkt beim Lucerne Festival bildet aber auch der 90. Geburtstag von Boulez, dem dazu in elf Konzerten u. a. vom Ensemble intercontemporain gratuliert wird. www.lucernefestival.ch Tickets: +41 (0 41) 2 26 44 80 Basel (CH) TH EATE R +41 (61) 2 95 11 33 Britten The Rape of Lucretia (29.3.2015), ML: David Cowan, R: Ulrike Jühe Mozart Così fan tutte (23.4.2015), ML: Ryusuke Numajiri/Giuliano Betta, R: Calixto Bieito Berlin D EU T SCH E O PE R (0 30) 3 43 84 01 Berlioz Roméo und Juliette (18.4.2015), ML: Donald Runnicles, R: Sasha Waltz „LA FILLE MAL GARDÉE“: Jean Daubervals romantischer Ballettklassiker, die Komödie „La fille mal gardée“, begeistert in der Choreografie von Frederick Ashton das Londoner Publikum schon seit sage und schreibe über 50 Jahren. Aber schließlich gehören ja auch neben einem verliebten Paar tanzende Hühner und ein Shetlandpony zum Ensemble. Diese legendäre Choreografie präsentiert jetzt die UCI Kinowelt in brillantem HD als Live-Übertragung aus dem Londoner Royal Opera House (5.5., 20.15 Uhr). Infos und Tickets: www.uci-kinowelt.de 60 KOM I S CH E O PE R (0 30) 47 99 74 00 Piazzolla María de Buenos Aires (konzertant) (20.3.2015), ML: Per Arne Glorvigen Schönberg Moses und Aron (19.4.2015), ML: Vladimir Jurowski, R: Barrie Kosky Mozart Lucio Silla (konzertant) (9.5.2015), ML: Kristiina Poska Händel Giulio Cesare in Egitto (31.5.2015), STA AT S O PE R I M S CH I LLE RTH E ATE R (0 30) 20 35 45 55 Wagner Parsifal (28.3.2015), ML: Daniel Barenboim, R: Dmitri Tcherniakov Krenek Tarquin (19.4.2015), ML: Max Renne, R: Mascha Pörzgen Telemann Emma und Eginhard (26.4.2015), ML: René Jacobs, R: EvaMaria Höckmayr DüsseldorfDortmund TH E ATE R (02 31) 5 02 72 22 Händel Saul (25.4.2015), ML: Motonori Kobayashi, R: Katharina Thoma Dresden SÄCH S I S CH E STA AT S O PE R (03 51) 4 91 17 05 Bielefeld Weber Der Freischütz (1.5.2015), ML: Christian Thielemann, R: Axel Koehler TH E ATE R (05 21) 51 25 02 Essen Lloyd Webber Sunset Boulevard (20.3.2015), ML: William Ward Murta, R: Thomas Winter A ALTO TH E ATE R (02 01) 8 12 22 00 Kampe Dächer. Plätze. Wege. Leute. (29.4.2015), ML: Godon Kampe, R: Ivan Bazak Händel Xerxes (3.5.2015), ML: Merijn van Driesten, R: Maximilian von Mayenburg Wagner Tannhäuser (31.5.2015), ML: Alexander Kalajdzic, R: Jochen Biganzoli Bonn O PE R N H AU S (02 28) 77 80 00 Anderson Thebans (3.5.2015), ML: Johannes Pell, R: Pierre Audi Bremen TH E ATE R (04 21) 36 53 33 33 Bizet Carmen (21.3.2015), ML: Markus Poschner, R: Anna-Sophie Mahler Darmstadt Dvořák Rusalka (23.5.2015), ML: Tomáš Netopil, Yannis Pouspourikas, R: Lotte de Beer Frankfurt/ Main O PE R (0 69) 21 24 94 94 Weber Euryanthe (5.4.2015), ML: Roland Kluttig, R: Johannes Erath Strauss Die ägyptische Helena (1.5.2015), ML: Stefan Soltesz, R: Tilman Michael Strauss Der Rosenkavalier (24.5.2015), ML: Sebastian Weigle, R: Claus Guth Navok An unserem Fluss (31.5.2015), ML: Sebastian Zierer, R: Corinna Tetzel Martinů Julietta (21.6.2015), ML: Sebastian Weigle, R: Florentine Klepper Görlitz STA AT STH E ATE R (0 61 51) 2 81 16 00 G E R H ART H AU P TMAN N-TH E ATE R (0 35 81) 47 47 21 Mussorgski Boris Godunow (25.4.2015), ML: Will Humburg, R: Immo Karaman Korngold Die tote Stadt (18.4.2015), ML: Andrea Sanguineti, R: Klaus Arauner Genf (CH) GRAN D TH ÉÂTRE +41 (22) 4 18 31 30 Cherubini Medea (9.4.2015), ML: Marko Letonja, R: Christof Loy Beethoven Fidelio (10.6.2015), ML: Pinchas Steinberg, R: Matthias Hartmann Hagen TH EATER (0 23 31) 2 07 32 18 Beethoven Fidelio (28.4.2015), ML: Florian Ludwig, R: Gregor Horres Puccini Madama Butterfly (6.6.2015), ML: David Marlow, R: Norbert Hilchenbach Halle OPERN H AU S (03 45) 2 05 02 22 Abraham Ball im Savoy (9.5.2015), ML: Andreas Henning, R: Tobias Bonn Händel Lucio Cornelio Silla (5.6.2015), ML: Enrico Onofri, R: Stephen Lawless Hamburg HAMBU RGI SCH E STA AT SO PER (0 40) 35 68 68 Korngold Die tote Stadt (22.3.2015), ML: Simone Young, R: Karoline Gruber Hannover STA AT SO PER (05 11) 99 99 11 11 Strauß Die Fledermaus (29.4.2015), ML: Benjamin Reiners, R: Martin G. Berger Massenet Werther (22.5.2015), ML: Anja Bihlmaier, R: Bernd Mottl Kassel STA AT STH EATER (05 61) 1 09 40 Puccini Turandot (28.3.2015), ML: Patrik Ringborg, R: Markus Dietz Berio Un re in ascolto (22.5.2015), ML: Alexander Hannemann, R: Paul Esterházy Fotos: ap music; P. Ketterer/Lucernefestival; UCI O ML: Konrad Junghänel, R: Lydia Steier Köln München Pforzheim OPE R (02 21) 22 12 84 00 Zimmermann/Dallapiccola Ich wandte mich/ Il prigioniero (27.3.2015), ML: Gabriel Feltz, R: Markus Bothe Strauss Arabella (25.4.2015), ML: Stefan Soltesz, R: Renaud Doucet BAYER I SCHE STAAT SOPER (0 89) 21 85 19 20 Berg Lulu (25.5.2015), ML: Kirill Petrenko, R: Dmitri Tcherniakov Valtinoni Pinocchio (5.6.2015), ML: Stellario Fagone, R: Axel Ranisch TH EATER (0 72 31) 39 24 40 Wagner Lohengrin (6.6.2015), ML: Markus Huber, R: Wolf Widder Koblenz THE ATER (92 61) 1 29 28 70 Britten Peter Grimes (30.5.2015), ML: Carlos Wagner, R: Markus Dietze Lausanne (CH) OPÉ RA +41 (21) 3 10 16 00 Rossini Tancredi (20.3.2015), ML: Ottavio Dantone, R: Emilio Sagi Fujikura Solaris (24.4.2015), ML: Erik Nielsen, R: Saburo Teshigawara Fotos: J Marco Borggreve ; üd. Museum/Intonations; Dario Acosta/Deutsche Grammophon Lübeck THE ATER (04 51) 7 45 52 Puccini/Dallapiccola Suor Angelica/Il prigioniero (11.4.2015), ML: Andreas Wolf, R: Pascale-Sabine Chevroton Donizetti L’elisir d’amore (22.5.2015), ML: Ryusuke Numajiri, R: Cordula Däuper Leipzig OPE R (03 41) 1 26 12 61 Wagner Siegfried (12.4.2015), ML: Ulf Schirmer, R: Rosamund Gilmore Getty The Canterville Ghost (9.5.2015), ML: Matthias Foremny, R: Anthony Pilavachi Luzern (CH) THE ATER +41 (41) 2 10 66 18 Strauss Ariadne auf Naxos (19.4.2015), ML: Howard Arman, R: Holger Müller-Brandes STAAT STH EATER AM GÄRTNER PL AT Z (0 89) 21 85 19 60 Hervé Le petit Faust (16.5.2015), ML: Michael Brandstätte, R: Rudolf Frey Mozart Così fan tutte (13.6.2015), ML: Michael Brandstätter, R: Olivier Tambosi Münster TH EATER (02 51) 5 90 91 00 Händel Ariodante (28.3.2015), ML: Fabrizio Ventura, R: Kobie van Rensburg Puccini La bohème (16.5.2015), ML: Fabrizio Ventura, R: Pavel Fieber Meiningen TH EATER (0 36 93) 45 12 22 Donizetti Don Pasquale (24.4.2015), ML: Arturo Alvarado, R: Knut Weber Neustrelitz L AND ESTH EATER M ECK LENB UR G (0 39 81) 20 64 00 Verdi La traviata (21.3.2015), ML: Jörg Pitschmann, R: Fabian von Matt Oldenburg STAAT STH EATER (04 41) 2 22 51 11 Dove Pinocchios Abenteuer (22.3.2015), ML: Carlos Vazquez, R: Jens Kerbel Boieldieu La dame blanche (16.5.2015), ML: Vito Cristofaro, R: Nadja Loschky Saarbrücken SAAR L ÄN D I S CH E S STAAT STH E ATE R (06 81) 3 22 04 Verdi Ein Maskenball (13.6.2015), ML: Nicholas Milton, R: Dagmar Schlingmann Salzburg (A) L AND ESTH E ATE R +43 (6 62) 87 15 12 21 Beethoven Fidelio (18.4.2015), ML: Adrian Kelly, R: Andreas Gergen Mahmoud Tahrir (17.5.2015), ML: Mirga Gražinyte-Tyla, R: Yekta Kara Stuttgart STAAT STH E ATE R (07 11) 20 20 90 Mozart Così fan tutte (31.5.2015), ML: Sylvain Cambreling, R: Yannis Houvardas Benjamin Into The Little Hill (11.6.2015), ML: Nicholas Kok, R: Jenke Nordalm Verdi Rigoletto (28.6.2015), ML: Sylvain Cambreling, R: Jossi Wieler, Sergio Morabito Ulm TH EATER (07 31) 1 61 44 44 Mozart Così fan tutte (26.3.2015), ML: Timo Handschuh, R: Antje Schupp Britten Peter Grimes (7.5.2015), ML: Daniel Montané, R: Matthias Kaiser Weimar NATI ONALTH E ATE R (0 36 43) 75 53 34 Mozart Die Zauberflöte (26.4.2015), ML: Stefan Solyom/Martin Hoff, R: Nina Gühlstorff Vollmer Lola rennt (13.6.2015), ML: Martin Hoff, R: Michael Dissmeier, Christian Wiehle Wien (A) STA AT S O PE R +43 (1) 5 14 44 22 50 Strauss Elektra (29.3.2015), ML: Franz WelserMöst, R: Uwe Eric Laufenberg Donizetti Don Pasquale (26.4.2015), ML: Jesús López-Cobos, R: Irina Brook Adès The Tempest (14.6.2015), ML: Thomas Adès, R: Robert Lepage TH E ATE R AN D E R WI E N +43 (1) 5 88 85 Mozart Le nozze di Figaro (11.4.2015), ML: Marc Minkowski, R: Felix Breisach Milhaud La mere coupable (8.5.2015), ML: Leo Hussain, R: Herbert Föttinger Wuppertal BÜHNEN (02 02) 5 63 76 00 Strauss Salome (17.4.2015), ML: Toshiyuki Kamioka, R: Michiel Dijkema Bach Johannes-Passion (22.5.2015), ML: Jörg Halubek, R: Philipp Harnoncourt INTERNATIONALES BODENSEEFESTIVAL: Der großen Musiklandschaft Böhmen widmet sich das Internationale Bodenseefestival und hat dafür illustre Gäste eingeladen (25.4.– 25.5.). Dazu zählen die Tschechische Philharmonie, die Ballettcompagnie der Staatsoper Prag sowie Countertenor Damien Guillon. Von der Barockmusik eines Zelenka bis zum zeitgenössischen Jazz reicht der musikalische Bogen, bei dem auch das Pavel Haas Quartett als „Ensemble in Residence“ zu bestaunen ist. www.bodenseefestival.de Tickets: +49 (0 75 41) 2 03 33 00 INTONATIONS: „Kammermusik ist die Seele der Musik“ – so lautet das Credo der großartigen Pianistin Elena Bashkirova. Daher organisiert sie seit 2012 im Berliner Jüdischen Museum auch das außergewöhnliche Kammermusikfestival „intonations“. Fast eine Woche lang musizieren berühmte Musiker und junge Ausnahmetalente in einer äußerst entspannten Atmosphäre auf Weltklasse-Niveau. Mit dabei sind jetzt u. a. Isabelle Faust, Carolin Widmann, Robert Holl und Radu Lupu (18.–23.4.). www.jmberlin.de Tickets: +49 (0 30) 25 99 34 83 Zürich (CH) O PE R N H AU S +41 (44) 2 68 64 00 Verdi La traviata (18.4.2015), ML: Marco Armiliato, R: David Hermann Vivaldi La verita in cimento (25.5.2015), ML: Ottavio Dantone, R: Jan Philipp Gloger Bellini Capuleti e Montecchi (21.6.2015), ML: Fabio Luisi, R: Christof Loy KLAVIER-FESTIVAL RUHR: Auch bei der 27. Ausgabe des Klavier-Festivals Ruhr gastiert von Argerich über Hamelin und Levit bis hin zu Barenboim die Weltelite (17.4.–4.7.). Und ihr einziges gemeinsames Deutschland-Konzert geben gar die beiden Jazz-Ikonen Chick Corea & Herbie Hancock. Wie jedes Jahr widmet man sich zudem diesjährigen runden Geburts- bzw. Todestagen von Komponisten wie Sibelius und Skrjabin. Der Festival-Preis geht diesmal übrigens an Madame Grimaud. www.klavierfestival.de Tickets: (0 18 06) 50 08 03 61 T er m i n e K l a ssi k K l a ssi k HEIDELBERGER FRÜHLING: Der „Heidelberger Frühling“ 2015 steht unter dem Motto „Freiheit wagen“ und umfasst über 100 Veranstaltungen, bei denen auch Thomas Hampson und Igor Levit wieder mit spannenden Konzertprojekten allgegenwärtig sind. So wird Hampson mit Kumpel Thomas Quastoff Jazz singen. Levit spielt hingegen Bachs „GoldbergVariationen“ und mit András Schiff vierhändig. Außerdem gastieren u.a. Grigory Sokolov, Christian Tetzlaff und Fazıl Say (21.3. - 25.4.). www.heidelberger-fruehling.de Tickets: +49 (0 62 21) 5 84 00 44 MOZARTFEST WÜRZBURG: Vom 22. Mai bis 28. Juni fragt das Mozartfest Würzburg: „Mozart – Was heißt hier Klassik?“ Die Antworten geben internationale Top-Stars in ihren Sinfonie- und Kammerkonzerten im Kaisersaal der Residenz (UNESCO-Weltkulturerbe). Dazu gehören der französische Stargeiger Renaud Capuçon als „Artiste étoile“, die Sopranistin Diana Damrau, Pianist Rafał Blechacz sowie Chansonnier Dominique Horwitz. Ein Augenmerk gilt auch dem „MozartLabor“ u. a. mit Wolfgang Rihm. www.mozartfest.de Tickets: +49 (09 31) 37 23 36 MUSIKFESTSPIELE POTSDAM SANSSOUCI: Die Musikfestspiele Potsdam Sanssouci verbinden Hörgenuss mit dem Blick auf Potsdams Gärten. Nun widmet man sich diesem harmonischen Miteinander auf verschiedenen Pfaden (12.–28.6.). Englische oder japanische Gartenkultur spiegelt sich in der Musik von Händel und Cage wider. Pianistin Julia Hülsmann präsentiert „Jazz im Rosengarten“. Ebenfalls rosig geht es bei der spanisch-lateinamerikanischen Barockoper „La púrpura de la rosa“ zu. www.musikfestspiele-potsdam.de Tickets: +49 (03 31) 2 88 88 28 62 ATOS Trio 20.3.Berlin, Heimathafen Neukölln 17.4.Berlin, Heimathafen Neukölln 26.4. St. Gallen (CH), Tonhalle Artemis Quartett 30.4.Stuttgart, Liederhalle 6.5.Papendorf, Villa Papendorf 7.5.Berlin, Philharmonie Kammermusiksaal 13.5.Kempen, Kulturforum Franziskanerkloster 17.5.Lörrach, Burghof 19.5.München, Herkulessaal Pierre-Laurent Aimard 16.4.Köln, WDR Funkhaus 2.6. Wien (A), Konzerthaus 8.8. Salzburg (A), Mozarteum Piotr Anderszewski 24.3.Heidelberg, Stadthalle 26.4. Wien (A), Konzerthaus 28.4. Wien (A), Konzerthaus 29.4. Linz (A), Brucknerhaus 26.5.Schwetzingen, Rokokotheater 30.5. Wien (A), Konzerthaus Avi Avital 9.5. Hohenems (A), Schubertiade 25.5.Dresden, Sächsische Staatsoper 18.6.Dortmund, Konzerthaus 26.7. Verbier (CH), Festival 31.7. Verbier (CH), Festival Daniel Barenboim 27.3.Berlin, Philharmonie 28.3.Berlin, Staatsoper im Schillertheater Cecilia Bartoli 22.5. Salzburg (A), Haus für Mozart 23.5. Salzburg (A), Haus für Mozart 25.5. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 11.7. Bad Kissingen, Kissinger Sommer 31.7. Salzburg (A), Haus für Mozart 3.8. Salzburg (A), Haus für Mozart 6.8. Salzburg (A), Haus für Mozart 8.8. Salzburg (A), Haus für Mozart 19.8. Salzburg (A), Haus für Mozart 22.8. Salzburg (A), Haus für Mozart 24.8. Salzburg (A), Haus für Mozart 26.8. Salzburg (A), Haus für Mozart 28.8. Salzburg (A), Haus für Mozart Lisa Batiashvili 23.5.Köln, Philharmonie 26.5.Berlin, Konzerthaus 28.5.Dortmund, Konzerthaus 1.6. Wien (A), Musikverein 4.7. Bad Kissingen, Kissinger Sommer Piotr Beczała 30.5. Wien (A), Burgtheater 12.6. Graz (A), Musikverein für Steiermark 15.6. Wien (A), Konzerthaus 22.6.Schwarzenberg (A), Schubertiade 25.6.Ingolstadt, Audi Sommerkonzerte Daniel Behle 21.3.München, Nationaltheater 23.4.Ingolstadt, Stadttheater 5.5.Berlin, Philharmonie 7.5.Berlin, Philharmonie Belcea Quartet 1.5.Schwetzingen, Schloss 6.5. Hohenems (A), Schubertiade 8.5.Hamburg, Laeiszhalle 11.5. Wien (A), Konzerthaus 12.5. Wien (A), Konzerthaus Bennewitz Quartett 26.4.München, AllerheiligenHofkirche Kolja Blacher 1.4.Duisburg, Theater am Marientor 2.4.Duisburg, Theater am Marientor 19.4.Duisburg, Theater am Marientor 17.5.Bochum, Schauspielhaus Rafał Blechacz 24.4.Heidelberg, Stadthalle 27.4.Frankfurt/ Main, Alte Oper 4.6. Genf (CH), Victoria Hall Marc Bouchkov 19.3.DüsseldorfDuisburg, Deutsche Oper am Rhein 21.3.DüsseldorfDuisburg, Deutsche Oper am Rhein 25.3.DüsseldorfDuisburg, Deutsche Oper am Rhein 1.4.DüsseldorfDuisburg, Deutsche Oper am Rhein 5.4.DüsseldorfDuisburg, Deutsche Oper am Rhein 12.4.DüsseldorfDuisburg, Deutsche Oper am Rhein Joseph Calleja 29.6.Berlin, Deutsche Oper 3.7.Berlin, Deutsche Oper Giuliano Carmignola 31.3.Münster, Theater 1.4.Münster, Theater 1.6.Frankfurt/ Main, Alte Oper Cuarteto Casals 25.3. Wien (A), Konzerthaus 26.3. Wien (A), Konzerthaus 30.3.Köln, Philharmonie 10.5. Hohenems (A), Schubertiade 13.5.Berlin, Konzerthaus Fotos: Heidelberger Frühling; Mozartfest Würzburg; Stefan Gloede K 29.3.Berlin, Philharmonie 31.3.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 2.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 3.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 4.4.Berlin, Philharmonie 5.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 6.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 12.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 13.4.Berlin, Philharmonie 14.4.Berlin, Konzerthaus 18.4.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 24.4. Basel (CH), Stadtcasino 25.4.München, Philharmonie 5.5. Wien (A), Musikverein 8.5. Wien (A), Musikverein 10.5. Wien (A), Musikverein 12.5. Wien (A), Musikverein 26.5.Berlin, Philharmonie 27.5.Berlin, Konzerthaus 5.6.Berlin, Philharmonie 6.6.Berlin, Philharmonie 7.6.Berlin, Philharmonie 16.6.Düsseldorf, Tonhalle 28.6.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 29.6.Berlin, Philharmonie 30.6.Berlin, Konzerthaus 12.8. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 13.8. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 14.8. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 15.8.Berlin, Waldbühne T H E R O YA L O P E R A Max Emanuel Cencic 21.4. Wien (A), Theater an der Wien 9.5.Bonn, Opernhaus 30.5.Wiesbaden, Hessisches Staatstheater 6.6. Bad Lauchstädt, Goethe Theater 8.6. Bad Lauchstädt, Goethe Theater Riccardo Chailly 19.3.Leipzig, Gewandhaus 20.3.Leipzig, Gewandhaus 26.3.Leipzig, Gewandhaus 27.3.Leipzig, Gewandhaus 28.3.Leipzig, Gewandhaus 4.4.Baden-Baden, Festspielhaus 11.6.Leipzig, Gewandhaus 12.6.Leipzig, Gewandhaus 18.6.Leipzig, Gewandhaus 19.6.Leipzig, Gewandhaus Plácido Domingo 10.5. Wien (A), Staatsoper 14.5. Wien (A), Staatsoper 18.5. Wien (A), Staatsoper 22.5. Wien (A), Staatsoper Gustavo Dudamel 5.6.München, Philharmonie 6.6.München, Philharmonie 11.6.Berlin, Philharmonie 12.6.Berlin, Philharmonie 13.6.Berlin, Philharmonie 24.6. Zürich (CH), Tonhalle 25.6. Zürich (CH), Tonhalle 26.6. Zürich (CH), Tonhalle Isabelle Faust 19.3.Brüssel, Palais des BeauxArts 26.3.Hamburg, Laeiszhalle 28.3.Baden-Baden, Festspielhaus 18.4.Eisenstadt (A), Schloss Esterházy 30.4. Basel (CH), Stadtcasino 17.5.Dresden, Sächsische Staatsoper 25.5.Ludwigsburg, Schloss Julia Fischer 21.4. Zürich (CH), Tonhalle 22.4. St. Gallen (CH), Tonhalle 23.4. Genf (CH), Victoria Hall 6.5. Wien (A), Musikverein 7.5. Wien (A), Musikverein 8.5. Linz (A), Brucknerhaus 9.5.München, Philharmonie 11.5.Frankfurt/ Main, Alte Oper 13.5.Berlin, Philharmonie 14.5.Köln, Philharmonie 21.5.Regensburg, Aula der Universität 12.6. Zürich (CH), Tonhalle 18.6. Grafenegg (A), Wolkenturm 19.6. Grafenegg (A), Wolkenturm Scharoun Ensemble 5.5.Erlangen, Heinrich-Lades Halle Juan Diego Flórez 26.4. Wien (A), Staatsoper 29.4. Wien (A), Staatsoper 2.5. Wien (A), Staatsoper 5.5. Wien (A), Staatsoper 8.5. Wien (A), Staatsoper 11.5. Wien (A), Staatsoper 25.5. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 2.8. Salzburg (A), Großes Festspielhaus Mojca Erdmann 25.3. Wien (A), Musikverein 29.3.Berlin, Philharmonie 4.4.Berlin, Philharmonie 11.4.Essen, Philharmonie Elīna Garanča 6.4. Wien (A), Staatsoper 9.4. Wien (A), Staatsoper 12.4. Wien (A), Staatsoper 15.4. Wien (A), Staatsoper Kirill Gerstein 21.3.Papendorf, Villa Papendorf 16.4.Reutlingen, Stadthalle Vadim Gluzman 19.3.Saarbrücken, Congresshalle 20.3.Brüssel, Palais des BeauxArts 22.3.Brüssel, Palais des BeauxArts 21.4.Hamburg, Hamburgische Staatsoper 23.4.Hamburg, Hamburgische Staatsoper 24.4.Hamburg, Hamburgische Staatsoper Hélène Grimaud 20.3.Regensburg, Aula der Universität 23.3. Wien (A), Musikverein 8.5. Luzern (CH), KKL 11.5.Freiburg, Konzerthaus 19.5.Leipzig, Gewandhaus 21.5.Dresden, Sächsische Staatsoper 23.5.Osnabrück, Osnabrückhalle 26.5.Köln, Philharmonie 28.5.Essen, Philharmonie 31.5. St. Gallen (CH), Theater 3.6.Bremen, Die Glocke 5.6.Braunschweig, Stadthalle 7.6.Hannover, Sendesaal des NDR 8.6.Hamburg, Laeiszhalle RISE AND FALL OF THE CITY OF Fulljames aufregende Neuinszenierung der beliebten Oper nach Bertolt Brecht Live am 1. April um 20.15 Uhr Aus dem Royal Opera House London auf der großen Kinoleinwand Mehr Infos und Tickets unter www.UCI-KINOWELT.de oder über die UCI App. JAY ALEXANDER „Geh aus, mein Herz …“ – die schönsten Kirchenlieder, gesungen von einer der schönsten Tenorstimmen unserer Zeit, begleitet vom Tschechischen Sinfonieorchester, Prag. AB SOFORT ÜBERALL IM HANDEL ! Benjamin Grosvenor 24.3. Genf (CH), Victoria Hall Martin Grubinger 3.7.Berlin, Philharmonie 6.7.München, Philharmonie 7.7.München, Philharmonie Hagen Quartett 24.4.Hamburg, Laeiszhalle 27.4. Wien (A), Konzerthaus 2.5. Zürich (CH), Tonhalle 3.5. Zürich (CH), Tonhalle 63 . us, erz .. a h e H G ein m JAY ALEXANDER TOUR-TERMINE: 21.03. Bad Herrenalb, 15.04. Viersen, 17.04. Mönchengladbach, 26.04. Bretten und weitere Termine. www.jayalexander.de T er m i n e K l a ssi k / Ja z z DRESDNER MUSIKFESTSPIELE: 2015 setzt Jan Vogler als Intendant der Dresdner Musikfestspiele auf Kontraste (13.5.–7.6.) „Feuer Eis“ lautet das Motto, das sich in den unterschiedlichsten Klangtemperaturen darstellt. Orchestrale Hitze erzeugt das Philadelphia Orchestra (Yannick Nézet-Séguin). Kent Nagano und das Ensemble Modern feiern Lenny Bernstein. Und selbstverständlich zeigt sich Vogler von seiner Cello-Klasse – etwa im Duo mit Hélène Grimaud. www.musikfestspiele.com Tickets: +49 (03 51) 65 60 67 00 bzw. www.reservix.de Hilary Hahn 6.5.Hamburg, Laeiszhalle 7.5.Bremen, Die Glocke 8.5.Bremen, Die Glocke 9.5.Bremen, Die Glocke 10.5.Dortmund, Konzerthaus Thomas Hampson 24.3.München, Philharmonie 28.3.Heidelberg, Stadthalle 19.4. Wien (A), Musikverein Pablo Heras-Casado 23.3.Freiburg, Konzerthaus 64 24.3.Stuttgart, Liederhalle 9.5.Köln, Philharmonie 22.5.Baden-Baden, Festspielhaus 25.5.Baden-Baden, Festspielhaus 29.5.Baden-Baden, Festspielhaus 19.6.Baden-Baden, Festspielhaus 21.6.Baden-Baden, Festspielhaus Daniel Hope 25.4. Zürich (CH), Tonhalle 26.4. Bern (CH), Zentrum Paul Klee 21.5.Berlin, Philharmonie Kammermusiksaal 11.6.Hamburg, Laeiszhalle Janine Jansen 27.5.Frankfurt/ Main, Alte Oper 28.5. Luzern (CH), KKL 29.5. Zürich (CH), Tonhalle 30.5. Genf (CH), Victoria Hall 31.5. Bern (CH), Kulturcasino Gidon Kremer 21.3.Berlin, Komische Oper 12.5.Braunschweig, Stadthalle Philippe Jaroussky 19.3.Bielefeld, Rudolf Oetker Halle 24.5. Salzburg (A), Haus für Mozart Jerusalem Quartet 23.4.München, Herkulessaal 30.4.Amsterdam (NL), Concertgebouw 2.5.Amsterdam (NL), Concertgebouw 5.5. Hohenems (A), Schubertiade 7.5. Wien (A), Konzerthaus Jonas Kaufmann 15.4.Köln, Philharmonie 17.4.Dortmund, Konzerthaus 19.4.Stuttgart, Liederhalle 22.4.Hamburg, Laeiszhalle 26.4.Baden-Baden, Festspielhaus 18.5.Berlin, Philharmonie 20.5.Hannover, Kuppelsaal im HCC Leonidas Kavakos 19.3.Leipzig, Gewandhaus 20.3.Leipzig, Gewandhaus 10.4. Wien (A), Musikverein 16.4. Salzburg (A), Mozarteum 17.4. Linz (A), Brucknerhaus 18.4. Wien (A), Musikverein 29.4. Genf (CH), Victoria Hall 1.5. Genf (CH), Victoria Hall Magdalena Kožená 27.3.Baden-Baden, Festspielhaus 30.3.Baden-Baden, Festspielhaus 2.4.Baden-Baden, Festspielhaus 6.4.Baden-Baden, Festspielhaus Lang Lang 15.4.Leipzig, Gewandhaus 26.4.Hannover, Kuppelsaal im HCC François Leleux 19.4.Berlin, Jüdisches Museum Berlin 13.5.Ravensburg, Konzerthaus 13.6.Stuttgart, Liederhalle Julia Lezhneva 21.4. Wien (A), Theater an der Wien 20.5. Zürich (CH), Tonhalle Jan Lisiecki 24.4.München, Prinzregententheater 24.5.Dresden, Sächsische Staatsoper 14.6.Dortmund, Konzerthaus 15.6.Köln, Philharmonie 27.6.Berlin, Philharmonie 2.7.Wiesbaden, Kurhaus Louis Lortie 12.5.Berlin, Konzerthaus Mischa Maisky 15.4.München, Philharmonie 29.4.Köln, Philharmonie 16.6. Wien (A), Musikverein Mandelring Quartett 15.4.Berlin, Philharmonie Kammermusiksaal 16.4.Bayreuth, Stadthalle 19.4. Neustadt an der Weinstraße, Saalbau 29.5.Berlin, Philharmonie Kammermusiksaal Alexander Melnikov 8.4.Papendorf, Villa Papendorf 11.4.Amsterdam (NL), Concertgebouw 4.5.Berlin, Konzerthaus 10.5.Berlin, Konzerthaus 13.5.Schwetzingen, Schloss Minetti Quartett 16.4. Graz (A), Musikverein für Steiermark 25.4. Wien (A), Konzerthaus 7.5. Hohenems (A), Schubertiade Anne-Sophie Mutter 15.6.Berlin, Philharmonie 17.6.Köln, Philharmonie 18.6.Freiburg, Konzerthaus 22.6.Hamburg, Laeiszhalle 29.6.Bonn, Beethoven Halle 5.7.Mannheim, Congress Center Rosengarten 7.7. Zürich (CH), Tonhalle 8.7. Genf (CH), Victoria Hall Yannick Nézet-Séguin 23.5.Köln, Philharmonie 24.5.Dresden, Sächsische Staatsoper 26.5.Berlin, Konzerthaus 27.5.Dortmund, Konzerthaus 28.5.Dortmund, Konzerthaus 1.6. Wien (A), Musikverein 2.6. Wien (A), Musikverein 13.6.Dortmund, Konzerthaus 14.6.Dortmund, Konzerthaus 15.6.Köln, Philharmonie 25.6.München, Herkulessaal 26.6.München, Herkulessaal Anna Netrebko 20.3. Zürich (CH), Opernhaus 24.3. Zürich (CH), Opernhaus 29.3. Zürich (CH), Opernhaus 2.4. Zürich (CH), Opernhaus 10.4. Wien (A), Staatsoper 13.4. Wien (A), Staatsoper 17.4. Wien (A), Staatsoper 20.4. Wien (A), Staatsoper 25.5. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 15.6. Luzern (CH), KKL Georg Nigl 24.4. Wien (A), Konzerthaus Alice Sara Ott 16.4.Heidelberg, Stadthalle 17.4.Berlin, Philharmonie 20.4.Duisburg, Gebläsenhalle Landschaftspark Duisburg-Nord 11.7.Johannisberg, Schloss Andreas Ottensamer 28.3.Baden-Baden, Festspielhaus 12.4.Essen, Philharmonie 9.5.Berlin, Philharmonie 14.5.Berlin, Philharmonie René Pape 29.5.Dortmund, Konzerthaus Hille Perl 18.4.Freiburg, Ensemblehaus 20.4.Stuttgart, Liederhalle 21.4.Berlin, Philharmonie Kammermusiksaal 22.4.Köln, Philharmonie 17.5.Göttingen, Internationale Händel-Festspiele 27.5. Wien (A), Musikverein 1.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 2.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 3.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 5.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 6.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater Anna Prohaska 27.3.Baden-Baden, Festspielhaus 28.3.Baden-Baden, Festspielhaus 30.3.Baden-Baden, Festspielhaus 2.4.Baden-Baden, Festspielhaus Fotos: Peter Creig; Dresdner Musikfestspiele MOVIMENTOS FESTWOCHEN: In Wolfsburg stellt man jährlich mit den „Movimentos Festwochen“ ein vielseitiges Programm auf künstlerischem Spitzenniveau auf die Beine. Diesmal lautet das Motto „Frieden“, dem man sich mit Lesungen und Schauspiel, aber auch über internationale Ballettgastspiele nähert (Kibbutz Contemporary Dance Company, Les Ballets de Monte-Carlo). Zu den musikalischen Top-Acts zählen Saxofonist Joshua Redman und Grammy-Preisträgerin Natalie Cole (10.4.–17.5.). www.movimentos.de Tickets: (08 00) 2 88 67 82 38 20.6.Dresden, Frauenkirche 3.4.Baden-Baden, Festspielhaus 6.4.Baden-Baden, Festspielhaus 9.4.Berlin, Philharmonie 15.4. Zürich (CH), Tonhalle 16.4. Zürich (CH), Tonhalle 17.4. Zürich (CH), Tonhalle 23.4. Wien (A), Musikverein 25.4.Dortmund, Konzerthaus 1.5.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 7.5.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 15.5.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 21.5.Berlin, Staatsoper im Schillertheater Quatuor Ébène 13.4. Luzern (CH), KKL 17.4.Baden-Baden, Festspielhaus 3.5.Schweinfurt, Theater 4.5.Göppingen, Stadthalle 7.5. Hohenems (A), Schubertiade 8.5.Gauting, Bosco Kulturhaus 10.5.Leipzig, Gewandhaus 30.5.Hamburg, Laeiszhalle Esa-Pekka Salonen 21.5. Zürich (CH), Tonhalle 30.5.Essen, Philharmonie 31.5.Frankfurt/ Main, Alte Oper 2.6. Wien (A), Konzerthaus 4.6. Zürich (CH), Tonhalle 2.7. Zürich (CH), Tonhalle 3.7. Zürich (CH), Tonhalle Lee Santana 16.4.Stuttgart, Liederhalle 18.4.Freiburg, Konzerthaus 21.4.Berlin, Philharmonie 9.5.Stuttgart, Liederhalle 10.5.Freiburg, Konzerthaus 17.5.Göttingen, Internationale Händel-Festspiele 27.5. Wien (A), Musikverein 19.6.Baden-Baden, Festspielhaus 21.6. Zürich (CH), Tonhalle 1.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 2.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 3.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 4.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 5.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 6.7.Berlin, Staatsoper im Schillertheater 3.5.Dresden, Sächsische Staatsoper 6.5.Dresden, Sächsische Staatsoper 17.5.Dresden, Sächsische Staatsoper 18.5.Dresden, Sächsische Staatsoper 20.5. Wien (A), Musikverein 21.5. Wien (A), Musikverein 23.5.Baden-Baden, Festspielhaus 24.5.Baden-Baden, Festspielhaus Andreas Scholl 9.5. Hohenems (A), Schubertiade 23.5. Salzburg (A), Haus für Mozart 5.8.Wiesbaden, Lutherkirche 6.8.Wiesbaden, Kurhaus Francesco Tristano 16.4.Heidelberg, Stadthalle 17.4.Berlin, Philharmonie Grigory Sokolov 27.3.München, Herkulessaal 10.4. Zürich (CH), Tonhalle 13.4.Hamburg, Laeiszhalle 20.4.Berlin, Philharmonie 22.4.Heidelberg, Heidelberger Frühling 27.4.Köln, Philharmonie 21.6.Fürth, Stadttheater Bryn Terfel 16.7.Baden-Baden, Festspielhaus 19.7.Baden-Baden, Festspielhaus Christian Thielemann 28.3. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 30.3. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 31.3. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 2.4. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 3.4. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 4.4. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 6.4. Salzburg (A), Großes Festspielhaus 1.5.Dresden, Sächsische Staatsoper Mitsuko Uchida 9.5.Berlin, Konzerthaus 10.5.Berlin, Konzerthaus 27.5. Wien (A), Staatsoper 31.5.Köln, Philharmonie 19.8.Wiesbaden, Hessisches Staatstheater 21.8. Salzburg (A), Haus für Mozart Rolando Villazón 28.3.München, Nationaltheater 31.3.München, Nationaltheater 4.4.München, Nationaltheater 23.4.Berlin, Deutsche Oper 30.4.Berlin, Deutsche Oper 3.5.Berlin, Deutsche Oper 16.7.Baden-Baden, Festspielhaus 19.7.Baden-Baden, Festspielhaus Yuja Wang 16.4. Salzburg (A), Mozarteum 18.4. Wien (A), Musikverein 23.4.Hamburg, Laeiszhalle 24.4.Hamburg, Laeiszhalle 25.4.Lübeck, Musik- und Kongresshalle 6.5.München, Philharmonie 7.5.München, Philharmonie 8.5.München, Philharmonie 14.5.Berlin, Philharmonie 15.5.Berlin, Philharmonie 65 16.5.Berlin, Philharmonie 22.5.Essen, Philharmonie 24.6. Zürich (CH), Tonhalle 25.6. Zürich (CH), Tonhalle Alisa Weilerstein 9.5.Weiden, MaxReger-Halle 10.5.Friedrichshafen, Graf Zeppelin Haus 4.7.Berlin, Konzerthaus 5.7. Bad Kissingen, Regentenbau 14.8.Wiesbaden, Kurhaus Pieter Wispelwey 29.5.Papendorf, Villa Papendorf Axel Wolf 21.3.München, AllerheiligenHofkirche 3.4.München, Philharmonie 17.5. St. Ottilien, Erzabtei St. Ottilien Tianwa Yang 26.3.Karlsruhe, WolfgangRihm-Forum 27.3.Mannheim, Christuskirche 7.4.Köln, Kammermusiksaal der HfMT Köln 19.4.Stuttgart, Liederhalle 20.4.Stuttgart, Liederhalle 21.4.Kassel, Musikakademie Sonya Yoncheva 6.4. Zürich (CH), Opernhaus 11.4. Zürich (CH), Opernhaus 16.4. Zürich (CH), Opernhaus 19.4. Zürich (CH), Opernhaus 22.4. Zürich (CH), Opernhaus 25.4. Zürich (CH), Opernhaus Yundi 28.4.Berlin, Konzerthaus Krystian Zimerman 1.5.Baden-Baden, Festspielhaus Frank Peter Zimmermann 27.3.Bielefeld, Rudolf Oetker Halle 16.4.München, Philharmonie 17.4.München, Philharmonie 19.4. Wien (A), Musikverein 27.4.Augsburg, Theater 28.4.Augsburg, Theater 9.5.Berlin, Philharmonie 10.5.Berlin, Philharmonie 14.5.Leipzig, Gewandhaus 15.5.Leipzig, Gewandhaus 7.6.Darmstadt, Staatstheater 8.6.Darmstadt, Staatstheater 5.7.München, Prinzregententheater Xv international tchaikovsky competition 15 June — 3 July 2015 moscow and st. petersburg russia Berliner Philharmoniker piano cello violin voice Moscow Moscow st. Petersburg st. Petersburg www.tchaikovskycompetition.com/en Partner: P R O J E C T S T er m i n e Ja z z Impressum Verlag: Kurfürstendamm 211, 10719 Berlin, J Ja z z Tel. 030 / 41 47 81 761 Fax 030 / 41 47 81 713 E-Mail [email protected] Internet: www.rondomagazin.de Herausgeberin: Verena von der Goltz Chefredakteur: Carsten Hinrichs (ch) Redaktionsassistentin: Anna Vogt Autoren dieser Ausgabe: Michael Blümke (mb), Arnt Cobbers (ac), Oliver Buslau, Josef Engels (joe), Guido Fischer (gf), Thomas Fitterling (tf), Robert Fraunholzer (rfr), Matthias Kornemann (mk), Reinhard Lemelle (rl), Roland Mackes, Carsten Niemann (cn), Matthias Siehler, Werner Stiefele (ws), Michael Wersin (mw), Marcus A. Woelfle Bildredaktion: Oliver Tenhoven Termine: Anna Vogt Art Director: Arndt Knieper Produktion: Rüdiger Kern Abo + Vertrieb: Susanne Lanzinger Tel. 089 / 70 07 45 12 [email protected] Anzeigen Tonträger: Marike Hasler Tel. 08137 / 63 28 722 [email protected] Anzeigen Veranstalter und Marken: Ulrike Oertel Tel. 030 / 41 47 81 760 Fax 030 / 41 47 81 713 mobil 0160 / 73 74 624 [email protected] Online: Büro Hamburg: Hartmut Winter (Online-Marketing), Tel. 040 / 53 27 13 85 mobil 0177 / 77 21 262, [email protected] Druck: ADV Schoder, Augsburger Druck- u. Verlagshaus GmbH RONDO erscheint sechsmal jährlich. Abonnement für ein Jahr: Deutschland u. Österreich 28 €, weiteres Ausland 32 € – bitte bei Bestellung Bankverbindung für Lastschrifteinzug mit BIC und IBAN angeben. Das nächste RONDO erscheint am Donnerstag, 21. Mai 2015. 66 Avishai Cohen Trio 25.3.Heidelberg, Stadthalle 21.4. Innsbruck (A), Treibhaus 23.4. Zürich (CH), Moods 24.4. Zürich (CH), Moods Bernard Allison 28.3.Freiburg, Jazzhaus Götz Alsmann 20.3.Ludwigshafen, Feierabendhaus der BASF 21.3.Ludwigshafen, Feierabendhaus der BASF 25.3.Dresden, Albertinum 28.3.Chemnitz, Städtische Theater 29.3.Leipzig, Gewandhaus 15.4.Düsseldorf, Savoy Theater 16.4.Düsseldorf, Savoy Theater 24.4.Leverkusen, Bayer KulturForum 25.4.Berlin, Admiralspalast 26.4.Berlin, Admiralspalast 11.5.Hamburg, Laeiszhalle 12.5.Oldenburg, Staatstheater 15.5.Ravensburg, Konzerthaus 3.6.Gelsenkirchen, Musiktheater im Revier 13.6.Bamberg, Konzert- und Kongresshalle Maria Baptist 1.4.Berlin, Kunstfabrik Schlot 9.4.Berlin, Piano Salon Christophori 16.4.Berlin, B-flat 6.5.Berlin, Kunstfabrik Schlot 21.5.Berlin, B-flat 3.6.Berlin, Kunstfabrik Schlot Beady Belle 21.4.München, Jazzclub Unterfahrt 25.4.Minden, Jazz Club Johanna Borchert 21.4.Kiel, KulturForum 23.4.Flensburg, Orpheus Theater Till Brönner 27.3.Kassel, Staatstheater 19.4.Leipzig, Gewandhaus 16.5.Ludwigsburg, Schlossfestspiele 17.5.Frankfurt/ Main, Alte Oper Popa Chubby 26.4.Freiburg, Jazzhaus Chick Corea 9.6. Villach (A), Congresscenter Randy Crawford 4.5.Frankfurt/ Main, Alte Oper Caroline Henderson 29.5.Potsdam, Nikolaisaal Julia Hülsmann 27.3. Neuburg a. d. Donau, Birdland Jazz Club 29.3.Freiburg, Jazzhaus 31.3.Elmau, Schloss Jacob Karlzon 19.3.Kiel, KulturForum 29.3.Regensburg, Theater Joachim Kühn 24.4.Singen, Jazz Club 25.4.Dortmund, Domicil 20.6.Worms, Jazz & Joy Klazz Brothers 24.3.Berlin, Tipi am Kanzleramt 25.3.Berlin, Tipi am Kanzleramt 26.3.Berlin, Tipi am Kanzleramt 8.6.Mannheim, Alle Termine auch auf rondomagazin. de 6.5.Düsseldorf, Tonhalle 8.5.Dortmund, Konzerthaus 9.5.Hamburg, Laeiszhalle Silke Eberhard 24.3.Berlin, B-flat 31.3.Berlin, Admiralspalast 10.4.Wuppertal, Skulpturenpark 14.4.Köln, Loft Chilly Gonzales 11.5.Berlin, Philharmonie 28.5.Frankfurt/ Main, Alte Oper 21.6.München, Philharmonie 29.6.Hamburg, Laeiszhalle Nationaltheater 13.6.Düsseldorf, Savoy Theater Alexandra Lehmler Quintett 5.4.Stuttgart, Theaterhaus Lyambiko 19.3.Mannheim, Alte Feuerwache 21.3.Frankfurt/ Main, Brotfabrik 22.3.Bonn, Harmonie Rita Marcotulli 23.4.Bonn, Beethovenhaus 25.4.Wuppertal, Skulpturenpark 27.4.Koblenz, Café Hahn 30.4. Basel (CH), Gare du Nord (Bahnhof nur Neue Musik) Natalia Mateo 20.3.Frankfurt/ Main, Fabrik 28.3.Hamburg, Fabrik 17.4.München, Jazzclub Unterfahrt Silje Nergaard 12.4.Bonn, Harmonie 14.4.Koblenz, Café Hahn 16.4.Karlsruhe, Tollhaus 22.4.Hamburg, Laeiszhalle 29.4.München, Jazzclub Unterfahrt 30.4.Elmau, Schloss Quadro Nuevo 20.3.Mannheim, Alte Feuerwache 21.3.Karlsruhe, Tollhaus 14.4.Bonn, Harmonie 15.4.Bonn, Harmonie 21.4.Fürth, Stadttheater Gregory Porter 6.5.Rottweil, Jazzfest 3.7.München, Tollwood 9.7.Stuttgart, Jazz Open 25.7.Lübeck, SchleswigHolstein Musik Festival Curtis Stigers 19.3.Karlsruhe, Tollhaus 25.3.München, Prinzregententheater Viktoria Tolstoy 5.5.Pullach, Bürgerhaus 6.5.Fürstenfeldbruck, Veranstaltungsforum 8.5. Innsbruck (A), Treibhaus Tingvall Trio 8.5.Bonn, Harmonie 26.6.Tübingen, Sudhaus Michael Wollny 21.3.Burghausen, Jazzwoche 6.5.Berlin, Philharmonie Zugabe Fotos: Ruben Martin/Sony Classical (l. o.); Esther Haase/DG (l.u.); Marie Staggert/DG (r. o.); Gregor Hohenberg /Sony Classical (r. u.) Namen, Nachrichten, Nettigkeiten: Neues von der Hinterbühne Von Robe rt F r au n hol z e r Kein Mann fürn Mond: Plácido Domingo lässt künftig ab vom Grafen Luna Kennt sich aus: Alice Sara Ott liebt Single Malts Plácido Domingo zieht Konsequenzen aus den verheerenden Kritiken seines Graf Luna in Verdis „Trovatore“ und singt die Rolle ab sofort nicht mehr. In Berlin, Mailand und Salzburg muss nun umbesetzt werden. Als nächstes Rollendebüt Domingos ist Puccinis „Gianni Schicchi“ geplant – in Madrid und Los Angeles. Pianist und Dirigent Daniel Barenboim hält die deutsche Pegida für etwas, für das man sich „nur schämen“ kann. „Als Jude habe ich mich vor vielen Jahren dafür entschieden, in Berlin zu leben, und zwar ganz bewusst“, sagte er dem Berliner „Tip“. „Denn ich war voller Bewunderung dafür, wie in Deutschland sowohl die Politik wie auch die Bevölkerung sich mit ihrer Vergangenheit auseinandergesetzt hatten. Schauen Sie sich andere Länder wie Japan, Spanien oder Italien an“, so Barenboim, „wo fast nichts in dieser Hinsicht unternommen wurde. In der jetzigen Situation finde ich das Phänomen Pegida – und alle seine Ableger – traurig.“ Die japanisch-deutsche Pianistin Alice Sara Ott ist privat Whiskey-Liebhaberin. Das erzählte sie in Berlin. Von den japanischen Sorten bevorzuge sie Nikka Taketsuru, den sogenannten „Bambus-Kranich“. Von den schottischen Single Malts seien „Tallisker“ und „Laphroaig“ ihre Favoriten. Die Intendantin der Oper Valencia, Helga Schmidt, ist von ihren Funktionen mit sofortiger Wirkung suspendiert worden, nachdem zuvor die Polizei das Palau de les Arts durchsucht und die Wienerin vorübergehend fest- genommen hatte. Bei der Akquise von Sponsorengeldern soll sich die Intendantin um mehr als eine halbe Million Euro bereichert haben. Das geht aus der Aussage eines früheren Mitarbeiters hervor. Schon vor Jahren war aufgrund eines Informationslecks im eigenen Hause Schmidts Plan vereitelt worden, Riccardo Chailly als Nachfolger für Lorin Maazel zu gewinnen. (Chailly zog sich zurück, verpflichtet wurde Omer Meir Wellber.) Das Opernhaus leidet unter einem drastischen Einbruch der Subventionen. Der als Nachfolger verpflichtete neue Intendant, Davide Livermore, bezieht indes, so berichtet die „Opernwelt“, ein garantiertes Monatsgehalt von runden 67.000 Euro. Kirill Petrenko, der Chefdirigent der Bayerischen Staatsoper, ist doch ein Mensch! Während bislang persönliche Beziehungen des gebürtigen Russen nicht bekannt waren, wurde in München unlängst eine anscheinende Herzensbeziehung zu der Sopranistin Anja Kampe registriert; diese ist indes schon wieder vorüber. Jetzt ist Petrenko, so hört man, mit einer Orchestermusikerin zusammen. Geiger Nemanja Radulović versteckt sich beim Auftreten gern hinter einer Springflut von Haaren, wie er auch schon RONDO erzählte. Richtig verstecken – so wie Martha Argerich dies tut – kann er sich hinter dem HaarVorhang aber nicht. Denn dann fällt die Matte über die Geige. „Ich arbeite mit Clips“, so Radulović. Der Komponist Charles Kálmán, Sohn von Emmerich Kálmán, starb in München im Alter von 85 Jahren. Er vollendete die „Arizona Lady“ seines Vaters, als dieser 1953 starb. Außerdem komponierte er Musicals, Filmmusik und Schlager. Die von einigen Beobachtern als ‚neue Netrebko‘ gehandelte Sonya Yoncheva glaubt, von ihren Erfahrungen mit Alter Musik nur profitiert zu haben. Sie verwende „intimere Farben“ und glaube, „dass man für Monteverdi einen beinahe jazzigen Sound braucht“, so Yoncheva in Berlin. „Keine voce bianca! Die kann ich auch gar nicht.“ Für Berlin bereitet die Sopranistin Traviata und Desdemona vor. Puschelklassik: Nemanja Radulovic muss sich clippen Keine Voce bianca: Sonia Yoncheva profitierte von Barock-Partien 67 erlebnis klassik. THE 5 COUNTERTENORS ARMONIA ATENEA, GEORGE PETROU PIOTR BECZALA THE FRENCH COLLECTION BIZET, BERLIOZ, MASSENET, GOUNOD, VERDI AVI AVITAL VIVALDI VENICE BAROQUE ORCHESTRA, JUAN DIEGO FLÓREZ ÓLAFUR ARNALDS & ALICE SARA OTT THE CHOPIN PROJECT HILARY HAHN MOZART 5, VIEUXTEMPS 4 PAAVO JÄRVI ANDREAS OTTENSAMER BRAHMS THE HUNGARIAN CONNECTION 68 www.klassikakzente.de
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