Epreuves communes - Leaks "Herr Meisch, übernehmen Sie Verantwortung! Schaffen Sie sofort diese sinnlose Form der Orientierungs-Prozedur ab!" Kein Tag vergeht seit der Veröffentlichung des Skandals (18.03.2015) um die EpreuvesCommunes Fragen, ohne dass neue Gerüchte in Bezug auf die "Missetäter" und die neusten diesbezüglichen ministeriellen Beschlüsse auftauchen. Der aktuelle Skandal zeigt deutlich, dass, auch aus der Sicht des Erziehungsministers, aus der vielschichtigen, kostspieligen Orientierungsprozedur nun endgültig wieder ein Examen entstanden ist. Aus den „épreuves standardisées“, die ursprünglich als Feedback an den Lehrer gedacht waren, damit er das Leistungsniveau seiner Klasse mit einer nationalen Streuung der Schülerleistungen vergleichen kann, ist ein nationales Examen geworden welches die Schüler in einem nationalen Leistungsvergleich in drei Gruppen aufgeteilt. Dass bei dieser Orientierungsprozedur, die 1997 nach der Abschaffung des Aufnahmeexamens eingeführt wurde, die Leistungen der Schüler über den gesamten 4. Zyklus berücksichtigt werden sollen, dass eine psychologische Beratung angeboten wird und dass ein Gremium bestehend aus dem Klassenlehrer, dem Inspektor und zwei Sekundarlehrern schließlich zu einem ausgewogenen Urteil über die bestmöglichen Eingliederungschancen der Schüler in die verschiedenen Klassen des Sekundarunterrichts befinden soll, davon geht keine Rede mehr. Die fehlende Aussagekraft der aktuellen „bilans intermédiaires „ und bilans de fin de cycle“, hat in einem verstärkten Maße dazu beigetragen, dass die „épreuves communes“ aus der Sicht der Eltern und Kinder, und leider auch aus der Sicht des Bildungsministers, de facto den Rang eines Aufnahmeexamens erlangen konnte. Die aktuelle Diskussion lenkt zudem von der wichtigen Frage nach der tatsächlichen Aussagekraft der „épreuves communes“ ab. Sie verfolgen sowohl das Ziel, objektive Aussagen über die schulische Leistungsfähigkeit des einzelnen Schülers zu liefern, als auch Aussagen über das Bildungssystem zu liefern, so zusagen die Leistungsfähigkeit der Grundschule zu messen. Wissenschaftler sind sich einig, dass beide Ziele nicht in einem einzigen Testverfahren vereinigt werden können. Somit ist die Frage nach der Aussagekraft der „épreuves communes“ im Hinblick auf die Orientierungsprozedur der Schüler mehr als relevant. Nur diese Aussagen interessieren schließlich die Eltern, Schüler und Lehrer. Bildungspolitische Muskelspiele und Machtbekundungen in Form von Drohungen gegenüber den vermeintlich Schuldigen, Misstrauensbekundungen gegenüber der ganzen Lehrerschaft, Ausüben von Druck auf Schüler (und Eltern) durch 3 zusätzliche Tests sind nur einige der verzweifelten Reaktionen eines Bildungsministers, der sich der weitreichenden Konsequenzen seiner Handlungen nicht bewusst zu sein scheint. Es drängt sich die Frage auf, wieso das Bildungsministerium mit allen Mitteln an dieser Prozedur festhält. Deutlich ist, dass die Bildungspolitik die Prozedur zu Selektions- und Steuerungszwecken benutzt, es jedoch tunlichst vermeidet, diese wenig populäre Absicht ins Schaufenster zu stellen. Offiziell wird die objektive, individuelle Orientierung eines jeden Schülers als Legitimierung für die Prozedur und die damit verbundenen standardisierten landesweiten Tests angegeben. Schüler, Eltern und Lehrer stellen hier einen krassen Widerspruch fest: Wieso wird der Schüler auf nationaler Ebene mit allen anderen Sechstklässlern verglichen, wo doch genau das Abschaffen dieses Vergleichs der Schüler untereinander mit der formativen Bewertung der Schüler eines der Hauptelemente des Schulgesetzes von 2009 war? Das Bildungsministerium will die vorliegenden Resultate trotzdem statistisch auswerten und den Lehrern zukommen lassen. Dabei liegt es auf der Hand, dass eine nationale Rangordnung der Schüler, welche die Tests liefern sollten, in der aktuellen Situation auf keinen Fall reale Werte liefern wird und auf keinen Fall berücksichtigt werden darf. Wie fühlen sich Schüler, die auf ehrliche Art und Weise die bisherigen 8 (!!!) Tests geschrieben haben und nun nicht nur ungerecht mit allen (Schummel)schülern verglichen werden, sondern nun auch noch 3 zusätzliche Tests in der Woche nach den wohlverdienten Osterferien schreiben dürfen? Welchen Belastungen sind die C4.2 Klassenlehrer jetzt ausgesetzt: sie müssen als brave Beamten die Anweisungen ihres Ministers befolgen, obwohl sie um die Unsinnigkeit der Anweisungen wissen. Aufgrund der Anfechtbarkeit jedes Orientierungsbeschlusses seitens der Eltern verlieren diese Lehrer ihre pädagogische Autorität. Von ihrem Bildungsauftrag, etwa alle Schüler auf ihrem Weg zu mündigen Bürgern zu unterstützen und ihnen, sowie ihren Eltern die bestmögliche Schulform anzuraten, sind sie weit entfernt. Aber damit nicht genug: mit einem Entschuldigungsbrief an die Schüler, dessen Scheinheiligkeit von Schülern, Eltern und Lehrern entlarvt wurde, verspricht der Minister, die Schuldigen zu finden, rechtfertigt die 3 zusätzlichen Tests und entschuldigt sich aufrichtig (?) für den Druck und die Mehrarbeit, denen die Schüler deswegen ausgesetzt sind. Er bittet die Schüler um Verständnis für sein Handeln und Entscheiden so als hätte es dazu keine Alternativen gegeben. Und jetzt kommt - passend zur Osterzeit - die Frohe Botschaft: Nein, diese zusätzlichen Tests werden nicht national von den kostspieligen StatistikExperten des MENJE ausgewertet. Nein, es gibt keine statistischen Rückmeldungen dazu an die Lehrer, Schüler oder Eltern. Anhand der Verbesserungsbögen soll der Lehrer während der Elterngespräche zeigen, welche Fragen der Schüler richtig, falsch oder nicht beantwortet hat. Nichts desto trotz sollen diesmal absolute Examensbedingungen geschaffen werden, aus jeder Schule muss ein Lehrer, der nicht Titular einer C4.2 Klasse ist die Fragen am Vortag zwischen 15 und 18.30 Uhr an einer zentralen Verteilerstelle abholen, um sie dann am darauffolgenden Tag morgens um 7.30 Uhr an die Titulare des 4.2 Klassen weiterzuleiten. Frei nach dem Motto, je größer der prozedurale Aufwand, desto unanfechtbarer die Orientierungsentscheidung. Und genau DAS ist ein weiterer Skandal: Der Bildungsminister gaukelt Schülern und Eltern Professionalität seitens des MENJE vor und degradiert die Lehrer zu Handlangern, die diese Machenschaften aufgrund ihres Beamtenstatuts nicht nur mittragen, sondern auch ausführen müssen. Das SEW/OGBL fordert den Bildungsminister auf: Vertrauen Sie dem Urteilsvermögen der Orientierungsgremien, welche auch ohne „épreuves standardisées“ eine Orientierung treffen können, im Zweifelsfalle indem sie den Orientierungswunsch des Schülers und seiner Eltern respektieren. Verzichten Sie darauf, die 3 Zusatztests durchführen zu lassen! Überarbeiten Sie die gesamte Orientierungsprozedur, indem Sie erfahrene Lehrer und auch Eltern, deren Kinder in den letzten Jahren orientiert wurden, zu Rate ziehen! Mitgeteilt am 1. April 2015
© Copyright 2024 ExpyDoc