Kulturbühne Dienstag, 24. März 2015 Nummer - Seite 33 Fast wie der blaue Engel Silvia Doberenz sucht den Sinn des Lebens Musikalische Zeitreise in die 1920er Jahre mit Kapellchen Rauschgold Bad Nauheim (pm). Es geht um die großen Fragen des Lebens: Wie kann ich mein Karma aufpolieren? Ist Sex erleuchtungsfördernd? Wie werde ich ein Guru? Und wo liegt noch gleich der Unterschied zwischen Erleuchtung und Verblendung? Diese möchte Silvia Doberenz im ultimativen Crashkurs in Bewusstseinserheiterung am Samstag, 28. März, um 20 Uhr in ihrem neuen Programm »Erleuchtung für Anfänger« im Theater am Park beantworten. In ihrem Solo-Programm nimmt Doberenz, die sich als Yoga-Lehrerin bestens mit der Materie auskennt, die Suche nach dem Sinn des Lebens aufs Korn. Zwischen Barhocker, Blumenvase und Stehlampe wechselt sie mit Tempo und viel Humor Figuren und Gesichter. Sandra aus dem Osten zeigt, wie man von Kindesbeinen an nicht nach weltlichen Gelüsten streben durfte, aber dafür eine »Liebesaffäre mit sich selbst« anzetteln kann. Ananda Chandrakanda aus Neu Delhi bringt dem Volk sinnloses Glücklich-Sein mittels Lach-Yoga bei, und die Erleuchterin mit IHK-Zertifikat vermittelt alltagstaugliche Weisheiten und TÜV-geprüfte Erleuchtungsbeschleuniger. Rosbach (har). Marlene Dietrich war die Filmikone in den 1920er und 1930er Jahren. Unvergessen ist der Ufa-Film »Blauer Engel«, in dem sie »Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt« singt. Komponiert hat den Song Friedrich Hollaender, der zusammen mit Kurt Weill zu den bekanntesten Komponisten der »Goldenen Zeit in Berlin« zählte. Diese musikalisch hochinteressante Ära wurde am Samstagabend im Alten Rathaus von Ober-Rosbach wieder lebendig. »Das Kapellchen Rauschgold« nahm die Besucher im voll besetzten Saal mit auf eine musikalische Zeitreise, und die »kessen und kunstseidenen Lieder« kamen bestens an. Zu den Liedern passte auch das Salonambiente mit Grammofon, Teppich und Spiegel, das die »Kulturinitiative »Verzauberwelt Baidergasse« geschaffen hatte, auch wenn laut Organisator Gottfried Blöcher ein »systematischer Fehler« vorhanden war: »Der Salon ist nicht verraucht« sagte er in seiner Begrüßung. Sängerin Ev Machui war begeistert: »Das ist toll hier, wie in den 20ern«. Die Frankfurter Sängerin entpuppte sich als hervorragende Chansonette mit viel Ausdruck und der passenden Stimme für die oft frivolen und frechen Lieder Hollaenders, aber auch für die »schweren« Kompositionen von Kurt Weill. Sicher begleitet wurde sie am Klavier vom Offenbacher Werner Rittershofer, der die passende »Melone« aufgesetzt hatte und mit seinen Soli sowie kleinen Kabinettstückchen zu gefallen wusste. Zu nahezu allen Liedern erzählte Ev Machui kleine Geschichten. Mit »Schau doch nicht immer zu dem Tangogeiger hin« eröffnete das Duo den Abend. Doch sie sang von der Tangotante, denn »ich bin ja eine Frau«, so Ev Machui in ihren weiten Marlene-Hosen. Geradezu kess interpretierte sie »Zieh Dich aus, Petronella«, der Text stammt von Kurt Tucholsky. Höhepunkt im ersten Teil waren die Lieder von Marlene Dietrich aus deren Filmen »Der Sängerin Ev Machui erinnert mit »kessen und kunstseidenen Liedern« an die Ikone Marlene Dietrich. (Foto: lod) Blaue Engel« und »Stürme der Leidenschaft, wie »Kinder, heut Abend such ich mir einen aus« und »Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre« und natürlich »Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt«. Die Besucher waren von Machuis Interpretation fasziniert und begeistert zugleich. Zum Ende des ersten Teils ging das Duo »fremd«, entstand doch der Comedian-Harmonists-Klassiker »Veronika, der Lenz ist da« ebenfalls in jener Zeit. Den Übergang zum »harten Tobak« von Kurt Weill schaffte das Duo mit der Hollaender-Komposition »Jonny, wenn Du Geburtstag hast«. Johnny-Lieder waren eine Spezialität von Weill, wie »Das Lied vom Surabara-Johnny«, das aus dem allerdings recht erfolglosen Werk »Happy End«, dem Nachfolgestück der Dreigroschenoper, stammt. Nicht fehlen durfte da die »Moritat von Mecki Messer«. Es wurde ein besonderes Kleinod, spielte Rittershofer doch das diffizile Originalarrangement von Weill auf dem Klavier. Nach der »Tango-Ballade« kehrte das Duo noch einmal zurück zu den fröhlichen HollaenderLiedern. Mit einer blonden »20er-Jahre-Perücke« auf dem Kopf sang Machui »Nimm dich in acht vor blonden Frau’n«. Nach der Ballade von der »Kleptomanin« beendete das »Kapellchen Rauschgold« ihren Auftritt mit »Bei mir bist du scheen« von den Andrew Sisters. »Das ist unsere Hommage auf Kurt und Friedrich«, sagte Machui. Die Begeisterung der Besucher wollte kein Ende nehmen. »Saitenmalerei« russischer Komponisten Bad Nauheim (pm). Natalia Anchutina, Russlands erste Preisträgerin für Domra, wird am Donnerstag, 26. März, um 15.30 Uhr im Gartengeschoss des KWA Parkstift Aeskulap ein Konzert geben. Mit ihrer poetischen Musikalität und Technik begeistert sie seit Jahren die russischen Musikkritiker und das Publikum gleichermaßen. Nun ist sie auf großer Deutschlandtournee. Zusammen mit ihrem Klavierpartner Lothar Freund präsentieren die beiden Künstler ein virtuoses Konzertereignis unter dem Titel »Saitenmalerei« mit einem Repertoire, das sowohl Originalwerke russischer Komponisten, als auch Transkriptionen der klassischen Konzertliteratur enthält. Der schwierigste Fall für Ermittlerin Julia Durant Jorsch Kluni mit der alten Schachtel Butzbach (pm). Zu einer Krimi-Lesung mit Andreas-Franz-Nachfolger Daniel Holbe lädt die Buchhandlung Bindernagel für Donnerstag, 26. März, um 19.30 Uhr ein. Nach dem unerwarteten Tod von Andreas Franz war zu befürchten, dass die Kultkrimireihe um die Ermittlerin Julia Durant ebenfalls gestorben ist. Doch Dank Daniel Holbe, vom Verlag mit der Fortsetzung des Andreas-Franz-Projekts betraut, erscheint nun bereits der vierte Band um die kultige Kommissarin, die in ihren 15. und bisher schwierigsten Fall ermittelt. Während Julia Durant am Krankenbett ihres Vaters in München um dessen Gesundheit und Leben fürchtet, treibt in der Mainmetropole ein Mörder sein Unwesen. In Fechenheim wird die Leiche eines 17-Jährigen gefunden, auf seinem Bauch befinden sich Schriftzeichen. Erinnerungen an einen zwanzig Jahre alten, ungeklärten Fall werden wach. Als eine Freundin des Toten entführt wird, hat Frank Hellmann vom Frankfurter K 11 keine andere Wahl: Die Zeit drängt, er muss Julia anrufen. Nur mit ihr gemeinsam kann er den Mörder finden und tatsächlich scheint dieser schnell gefasst. Doch dann geschehen weitere Morde und bald gibt es keinen Zweifel: Ein brutaler Serienkiller läuft dort draußen frei herum, der seine Opfer ausweidet und der Polizei makabre Post schickt. Doch dann stößt die Kommissarin auf eine heiße Spur, aber führt sie auch wirklich zu der gesuchten »Hyäne«? Hiltrud und Karl-Heinz führen eine ganz besondere Ehe im Land der Liebe International Trio zelebriert die Kunst des Hotjazz Ortenberg (pm). Das International Trio mit Olivier Franc als Gast wird auf Einladung des Jazzclubs in der Stadthalle spielen. Dann heißt es »Jazzen wie Gott in Frankreich«, wenn das Trio um Reimer von Essen und der französische Sopransaxofonist Franc erneut mit minimaler elektronischer Verstärkung die hohe Kunst des Hotjazz zelebrieren. Das International Trio und Franc kehren zu den Wurzeln des klassischen Jazz zurück und servieren ein exquisites Jazzmenü mit den Hauptzutaten New Orleans Jazz und Harlem Swing à la française. Mit viel Charme, Temperament und Improvisationslust wollen die vier »Meister des Jazz«, wie man sie häufig tituliert, am Dienstag, 31. März, ab 20 Uhr ihr Publikum begeistern. Sie spielen klassische New-Orleans-Kompositionen, Perlen des Dixieland-Repertoires, frühe Swing-Stücke und Titel von Sidney Bechet. Legendär das zweistimmige Zusammenspiel des französischen Gastsolisten mit seinem langjährigen Freund Reimer von Essen: der Zusammenklang der meist dunkel timbrierten, warmen Klarinette mit dem etwas aufgerauten singenden Sound des Sopransaxofons ist von unnachahmlichem Reiz. Die vier Jazzer servieren Ragtime, Blues, Harlem-Sound, Balladen und kreolische Rhythmen. Reichelsheim (hkr). Jubiläen haben einen besonderen Reiz: »150 Jahre Landbank Horlofftal heißt 150 Jahre Vertrauen des Einzelnen in den genossenschaftlichen Verbund, aber auch Unterstützung für die Heimat und das Leben der Menschen in der Wetterau.« Das sagten für die Vorstände der Landbank Horlofftal, Ralf Wagner und Volker Schmidt. Von der Gründung des »Vorschuss- und Creditvereins zu Reichelsheim« im März 1865 bis zu der jetzt publizierten »Chronik der Landbank Horlofftal« (zu erwerben für 1865 Cent in den Bank-Räumlichkeiten) gilt es, vieles zu entdecken und auch an vieles zu erinnern. Wer die hervorragend lesbare, reich bebilderte und hervorragend recherchierte Chronik durchblättert, kann von der Gründung über die Zuwendung zur Genossenschaft bis hin zur Etablierung der Bank nach den Kriegen in dem Gemeinwesen etwas über die Geschichte der Landbank Horlofftal erfahren. Zu dem Jubiläumsprogramm gehören aber auch Veranstaltungen im Kulturbetrieb, Lesungen, Theater und Festivals, die jetzt über das ganze Jahr verteilt organisiert und durchgeführt werden. In Zusammenarbeit mit Ulrich Rhein vom »Theater am Park« in Bad Nauheim wurden die beiden MundartKomiker Petra Giesel und Frieder Arndt alias »das Hiltrud und der Karl-Heinz« verpflichtet. Im ausverkauften Bürgerhaus von Reichelsheim zeigte sich dann, das Land- Hiltrud grübelt, ist aber mit den Macken ihres Mannes nachsichtig. (Foto: hkr) bank-Leitung und Theater-Macher den richtigen Riecher hatten. Wer »alle Kosten und Mühen scheut«, aber trotzdem von den Verwicklungen eines hervorragenden Discounter-Urlaubes an der »französischen Riwierra« erzählen kann, der ist bei Hiltrud und Karl-Heinz am rechten Platz. Ist sonst der »Ausflug in die Küche« für das zänkische Pärchen schon Stress genug, dann gerät ein Dia-Abend mit 2526 Dias komplett aus dem Ruder. Für die Gäste ein besonderes Vergnügen. Wenn der gutmütige Wutmensch Karl-Heinz im »Land der Liebe« nach der Liebe sucht, ist das die freundliche Alternative zu der herrschsüch- tigen Hiltrud, die alle Makel ihres Göttergatten gerne nachsichtig behandelt. Stimmen aber Hiltrud und Karl-Heinz erst mal ihre Lieder an, dann brennt die Bühne: Ob Udo Jürgens oder Frank Sinatra, Oldies in Mundart gespickt mit selbstironischen Macken – da bleibt kein Auge trocken. Schreibt der eine seine »Memoren« als »Warnung vor der Ehe« versucht die andere nur etwas Pfiff in die Ehe zu spülen. Dort, wo Karl-Heinz verkorkste Ansichten nörgelnd zur Schau stellt oder seit 30 Jahren dieselbe, unerotische Unterwäsche schätzt, opfert sich Hiltrud ehrlich auf. Ein Paar das sich liebt, das neckt sich, bei Hiltrud und Karl-Heinz können dagegen Freundlichkeiten auch gemeine Spitzfindigkeiten sein. Köstlich für das Publikum. Karl-Heinz ist kein Jorsch Kluni, und das Hiltrud eine »alte Schachtel« mit Schmiss. »So ein Mann«, oder »Ich bin wie ich bin« oder »Ich bereue nichts«, Letzteres extra für den Bohlen live aufgenommen, sind die Lieder, die die Streithähne zusammenbringt und den Saal zum Lachen. Als Handtaschenträger seiner Frau hat Karl-Heinz weniger Verstand als Hiltrud im Kopp. Warum auch nicht: spotten, sticheln, knottern und zanken, liebevoll und warmherzig, ist das Erfolgsrezept des MundartDuos. Und für die Landbank Horlofftal und das Theater am Park ein echter Treffer, denn die gut 300 Gäste amüsierten sich köstlich. Pferd ohne Kopf Bei den »LandRatten« gibt es Äppler, Sex und Rock’n’ Roll Karben (bnk). Wetterauer Musikanten wollen sie sein – die »LandRatten«. Und das bewiesen sie jetzt im »Kuhtelier«. Zu hören waren ausschließlich deutsche Lieder, die Geschichten erzählen über persönliche Erlebnisse und Beziehungen. Los ging es mit einem Lied zum Thema Glauben. »Wir brauchen den Glauben, um im Leben zu bestehen, zum Beispiel gegen die übergriffige Kassiererin vom Aldi, die immer schneller wird, ganz gleich wie schnell wir unsere Sachen in den Einkaufswagen räumen.« Kommentierte Sänger Olli Grommet das Auftaktstück. Auch die folgenden Lieder wurden immer wieder mit humorigen Kommentaren versehen, die das Publikum zum Schmunzeln brachten. Da die »LandRatten« sich als Wetterauer Musikanten bezeichnen, durften natürlich Lieder, die den heimischen Apfelwein – auch Äppler genannt – besingen, nicht fehlen. Dazu gehörte »Äppler, Sex und Rock’n’ Roll: Die Musikanten fahren mit dem Zug von Friedberg nach Offenbach, um dort am Ha- fen des Mains in der Sonne zu spielen. Und sie leben nur von Sonne, Luft und Liebe. Der Song »Hotel California« von den Eagles wurde umgeschrieben zu »Welcome to the Hotel Nieder-Florstadt«. Dort gibt es viele schöne Zimmer und – natürlich Apfelwein zum Trinken für die Gäste. Heiß und staubig wurde es beim Wüstenritt. »Ich ritt durch die Wüste mit einem Pferd ohne Kopf.« Hier stand die amerikanische Gruppe America mit ihrem Oldie-Hit »A Horse with no Name« Pate. Auch für die passende Dekoration hatten die »LandRatten« gesorgt. Die Bühne war geschmückt mit Efeuranken, kleinen Blühpflanzen wie Stiefmütterchen und sogar ein Ochsenschädel war zu sehen. Die vierköpfige Band besteht aus Wolfram Becker am Bass, Olli Grommet an der Gitarre und Leadgesang, Mathias Oberländer spielt das Cajon, Mike Sonntag komplettiert das Quartett mit den Instrumenten Akkordeon und Glockenspiel. Seit 2011 musizieren die Landratten zusammen. Passende Deko: Mike Sonntag hat das Glockenspiel geschmückt. (Foto: bnk)
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