Richtig geplanter Herbizideinsatz in Kartoffeln-2015 [pdf, 389

Richtig geplanter Herbizideinsatz in Kartoffeln
Insgesamt betrachtet war die chemische Unkrautbekämpfung im vergangenen Jahr
vor allem in Frühkartoffelgebieten eine große Herausforderung. Aufgrund der
extremen trockenen Bodenbedingungen musste die Durchführung der
Herbizidmaßnahme immer weiter hinausgezögert werden, in der Hoffnung auf
Niederschläge und feuchten Boden für eine gute Wirkung der Bodenherbizide. Bei
früh gepflanzten Kartoffelflächen mussten sich viele Landwirte zwischen einer zu
frühen Anwendung bei extrem trockenen Bodenbedingungen mit den damit
verbundenen
Wirkungsverlusten
und
der
späten
Anwendung
mit
Verträglichkeitsproblemen entscheiden, weil die Kartoffelpflanzen bereits beim
Durchstoßen waren.
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass späte Applikationstermine in
Verbindung mit hohen Bodentemperaturen, gefolgt von ergiebigen Niederschlägen,
die Kulturverträglichkeit deutlich verringern und sogar Mindererträge verursachen
können.
Abb. 1: Bodentemperaturen der letzten drei Jahre:
Durchschnittstemperatur des Bodens der Jahre 2012 bis 2014
( - 5 cm, °C)
Wetterstation Feldkirch - Hartheim
17,5
15,1
15,5
13,5
11,5
11,5
9,5
7,1
7,5
5,5
4,4
2,7
3,5
1,5
-0,5
Januar
Februar
2012 (°C)
2013 (°C)
März
2014 (°C)
April
Durchschnitt (°C)
Mai
Abb. 2: Wirkung von Bodenherbiziden gegen Klettenlabkraut bei trockenen und
feuchten Bodenbedingungen
feuchte Bodenbedingungen
trockene Bodenbedingungen
Bandur 3,5 + Centium 36 CS 0,2
Artist 2,0 + Centium 36 CS 0,2
* Centium 36 CS 0,25
* Bandur 4,0
* Bandur 3,5
* Boxer 4,5
* Boxer 4,0
Artist 2,5
Artist 2,0
0
20
40
60
80
100
Wirkung in %
*TM mit 0,5 kg/ha Sencor WG oder Mistral
In diesem Jahr steht für den Einsatz eine überschaubare Auswahl von Herbiziden zur
Verfügung. Die entsprechenden Behandlungs- und Kombinationsmöglichkeiten sind
im Merkblatt: „ Pflanzenproduktion 2015 - Sorten und Pflanzenschutz in Ackerbau
und Grünland“ dargestellt.
Aktuelles aus dem Herbizidbereich
Ein weiteres Clomazone-haltiges Produkt unter dem Namen Metric hat eine
Zulassung in Kartoffeln erhalten.. Metric besteht aus den Wirkstoffen Metribuzin
(Sencor oder Mistral) und Clomazone (Centium). Bei der Anwendung der vollen
Aufwandmenge von 1,5 l/ha werden die Wirkstoffmengen von z.B. 0,5 kg Sencor +
0,25 l Centium 36 CS ausgebracht. Auf leichteren Böden reicht eine Aufwandmenge
von 1,0-1,2 l/ha. Zur besseren Wirksamkeit gegenüber resistenten Melde- und
Gänsefußarten raten wir bei diesem Produkt auf mittleren Böden zu einer
Kombination von 1,0-1,2 l/ha Metric + 2,0 l/ha Bandur. Das Produkt sollte aufgrund
evtl. auftretender Verträglichkeitsproblemen nicht in Kartoffeln unter Folie, in
vorgekeimten Kartoffeln und auf Flächen zur Erzeugung von Pflanzkartoffeln
eingesetzt werden. Metric ist ein reines Vorauflaufherbizid mit Blatt- und
Bodenwirkung und sollte spätestens 7 Tage vor dem Auflaufen der Kartoffeln zum
Einsatz kommen. Metric weist ein sehr breites Wirkungsspektrum auf. Schwarzer
Nachtschatten wird nicht erfasst. Soweit der Wirkstoff Metribuzin noch voll gegen
triazinrestistente Unkräuter wirksam ist, werden Melde- und Gänsefußarten ebenfalls
gut erfasst. Nachtschattenwird nicht ausreichend erfasst. Hervorzuheben ist die
lange Wirkungsdauer.
Bei der Auswahl der Mittel gilt grundsätzlich, mit dem gewählten Mittel oder der
gewählten Mittelkombination bei gleichzeitig guter Kulturverträglichkeit einen sehr
guten Bekämpfungserfolg zu erzielen. Dabei hat sich die Wahl des geeigneten
Mittels bzw. der geeigneten Mittelkombination in erster Linie an dem zu erwartenden
Unkrautspektrum zu orientierten. Zusätzlich sollten Sortenaspekte und
Nutzungsrichtung (zum Teil gibt es bei Pflanzgutproduktion Einschränkungen), aber
auch Standortbedingungen (Humusgehalt) berücksichtigt werden. Veränderte
Anbauverfahren und Fruchtfolgen haben das Unkrautspektrum in den letzten Jahren
beeinflusst. Schwarzer Nachtschatten zählt wegen seiner nahen Verwandtschaft zu
Kartoffeln und als Spätkeimer zu den Problemunkräutern. Seit dem Wegfall von
Tacco ist die Bekämpfung des Schwarzen Nachtschatten deutlich schwieriger
geworden. Aufgrund des zunehmend auftretenden triazinresistenten Schwarzen
Nachtschatten vor allem im Frühkartoffelgebiet, entsteht durch den Verlust von Tacco
bei der Nachtschattenbekämpfung eine erhebliche Lücke, da mit den übrigen zur
Zeit zur Verfügung stehenden zugelassenen Präparaten oft nur unbefriedigende
Wirkungsgrade erzielt werden.
Ausblick!
In den letzten beiden Jahren wurde in einem länderübergreifenden Versuch mit
Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg geprüft, inwieweit neue, noch nicht
zugelassene Präparate sich zur chemischen Unkrautbekämpfung von Schwarzem
Nachtschatten eignen. So wird seit Längerem auf eine Fertigmischung aus
Prosulfocarb (Boxer) und Metribuzin (Sencor) gewartet. Dieses Mittel sollte im
Gegensatz zu Boxer auch eine interessante Zulassung für den Nachauflauf bis 5 cm
Wuchshöhe der Kartoffeln erhalten. Das Mittel wäre dementsprechend in der
Anwendung sowohl im Vorauflauf als auch im frühen Nachauflauf flexibel
einzusetzen. Bei extremen trockenen Bodenbedingungen könnte mit diesem
Präparat auf eine erneute Durchfeuchtung der Böden gewartet oder gezielt die
auflaufenden Unkräutern bekämpft werden. Die ersten Versuchsergebnisse im
späten Vorauflauf bzw. im frühzeitigen Nachauflauf zeigen, dass mit dieser
Fertigformulierung z.B. Schwarzer Nachtschatten relativ gut bekämpft werden kann.
Die Kombination des Wirkstoffs Metobromuran (früher Patoran jetzt unter dem
Produktnamen Proman) mit anderen Vorauflaufpräparaten vor allem gegen
Schwarzen Nachtschatten und Windenknöterich wäre ebenfalls wünschenswert. Eine
Zulassung wird leider frühestens 2017 erwartet. Auch das ebenfalls noch nicht
zugelassene Mischprodukt aus Aclonifen (Bandur) und Flufenacet (Teilwirkstoff aus
Artist) weist relativ gute Wirkungsgrade gegenüber Schwarzem Nachtschatten und
Melde- bzw. Gänsefußarten auf. Überzeugen konnte diese Fertigformulierung
jedoch
nicht
gegen
Windenknöterich.
Die
Versuchsergebnisse
des
länderübergreifenden Versuchs werden nach dreijähriger Prüfung im nächsten Jahr
veröffentlicht.
Wie lässt sich zur Zeit der Schwarze Nachtschatten am besten bekämpfen?
Bei der aktuellen Zulassungssituation werden gegen den Schwarzen Nachtschatten
die besten Wirkungsgrade erzielt, wenn eine Tankmischung aus Boxer + Sencor
bzw. Mistral im Keimblattstadium des Unkrautes zur Anwendung kommt. Bei später
aufgelaufenem Schwarzen Nachtschatten wird es deutlich schwieriger. Da zu diesem
Zeitpunkt in der Regel auch die meisten Kartoffeln aufgelaufen sind, bleibt zur Zeit
die einzige Alternative lediglich die Nachbehandlung mit Sencor Liquid oder Mistral,
die aufgrund der Triazinresistenzproblematik aber oft nur Teilerfolge bringt.
Standardverfahren zur Unkrautbekämfung!
Nach wie vor stellen bei der chemischen Unkrautbekämpfung im Kartoffelanbau die
Behandlungen im Vorauflauf das Standardverfahren dar, weil sie im Schnitt der Jahre
die beste Wirkungssicherheit und die beste Verträglichkeit bieten. Bodenherbizide
können kurz nach dem Pflanztermin bis zum Durchstoßen ausgebracht werden. Um
Kulturschäden an den Kartoffeln zu vermeiden, sollten Produkte wie Artist, Bandur,
Centium 36 CS oder Metric spätestens eine Woche vor dem Auflauftermin gespritzt
werden. Sollten zu diesem Zeitpunkt noch keine Unkräuter vorhanden sein, sollte
Quickdown+Toil eher im späten Vorauflauf (spätestens aber bei max. 5 %
aufgelaufener Kartoffeln) wegen der eingeschränkten blattaktiven Wirkung zum
Einsatz kommen. Bei zu spätem Einsatz in den Auflauf sind Mindererträge von 20 %
und mehr zu möglich. Wichtigstes Einsatzkriterium für Vorauflaufherbizide ist eine
ausreichende Bodenfeuchte unmittelbar bei der Anwendung und direkt nach dem
Herbizideinsatz. Perioden mit ausreichender Bodenfeuchte müssen daher
konsequent für die Applikation der Bodenherbizide genutzt werden. Wenn
Vorauflaufherbizide vorgesehen sind, wird der Damm möglichst früh geformt, damit
die Herbizide auf abgesetzten Dämmen eingesetzt werden können. Die Dämme
sollten nicht zu steil geformt werden, um Erosion durch Wind und Niederschläge zu
vermeiden. Vorauflaufmittel sollten primär kurz nach dem Pflanztermin (VA-1)
spätestens jedoch bis kurz vor dem Durchstoßen der Kartoffeln (VA-2) angewendet
werden. Bei Trockenheit sind blattaktive Mittel in die Spritzplanung mit
einzubeziehen.
Tabelle: Boden- und Blattwirkung verschiedener Herbizide
Produkt
Bodenwirkung
Blattwirkung
Artist
●
◑
Bandur
●
○
Boxer
●
◑
Cato + FHS, Escep
○
●
Centium 36 CS
●
○
Metric
●
◑
Quickdown + Toil
○
●
Sencor WG, Mistral
●
◑
Sencor Liquid
●
◕
voll
leer
leer
voll
voll
● volle Wirkung; ○ keine Wirkung
Unkräuter auf Flächen mit frühzeitig aufgebauten Enddämmen sind in trockenen
Jahren wesentlich einfacher zu bekämpfen, weil sie zum Zeitpunkt der
Herbizidbehandlung bereits aufgelaufen sind.. Auf diese Weise kommt die
Blattaktivität der Präparate zur Wirkung. Z.B. kann Quickdown 0,3 l/ha + Toil 0,75
l/ha als Zumischpartner unter trockenen Bedingungen bei bereits aufgelaufenen
Unkräutern die Wirksamkeit der Herbizidmischung deutlich verbessern. Sind
dagegen wegen des verzögerten Dammaufbaus die Unkräuter beim Herbizideinsatz
noch nicht aufgelaufen, bleibt die Blattwirkung der Mittel ungenutzt - ein Luxus den
man sich in trockenen Jahren nicht leisten kann. Sencor Liquid bzw. Mistral besitzen
die größte Flexibilität hinsichtlich des Einsatztermins. Die beiden Mittel können
sowohl im Vorauflauf als auch im Nachauflauf eingesetzt werden.
Sortenverträglichkeit und Minderwirkung bei triazinresistenten Unkräutern wie Meldeund Gänsefußarten sowie Kreuzkraut, Amarantarten und Schwarzer Nachtschatten
sind zu beachten!
Zur Erfassung einer breiten Mischverunkrautung haben sich Tankmischungen bzw. gezielte
Spritzfolgen mit verschiedenen Präparaten in unterschiedlichen Etappen durchgesetzt.
Einsatzkriterien für Nachauflaufbehandlungen - was ist zu beachten?
Die Durchführung von Behandlungsmaßnahmen zum Nachauflauftermin ist auf
Problemstandorten vor allem bei trockenen Bodenverhältnissen oder humosen
Böden oft die einzige Möglichkeit zur effektiven Unkraut- und Ungrasbekämpfung.
Behandlungsmaßnahmen im Nachauflauf müssen sorgfältig geplant werden, da
Kulturschäden nicht immer auszuschließen sind. Zur Vermeidung von
Blattverbrennungen sollte der ideale Anwendungszeitpunkt der Nachauflauf-Produkte
richtig gewählt werden.
 Die Behandlung sollte erst ein bis drei Tage nach längeren Feuchtephasen
und bei stabilem, hellem Wetter erfolgen, denn durch eine fehlende
Wachsschicht können Schäden am Blattapparat auftreten. Bei bedecktem
Himmel kann es durchaus drei Tage dauern, bis sich die Wachsschicht wieder
gebildet hat.
 die Anwendung sollte nicht bei starken Nacht- und Tagestemperaturschwankungen erfolgen.
Gräserbekämpfung im Nachauflauf
Die teilweise vorhandene Gräserwirkung im VA eingesetzter Bodenherbizide reicht
bei spät aus größer Tiefe keimenden Schadgräsern nicht aus. Deshalb kann in
Einzelfällen und dann ggf. nur auf Teilflächen der Einsatz von Gräsermitteln zur
Bekämpfung von Ausfallgetreide, Trespe, Quecke u.a. erforderlich werden.
Gegenüber dem Vorjahr sind keine Veränderungen der Mittelpalette zu verzeichnen.
Wichtig für alle Nachauflaufmittel ist die Anwendung zum sensiblen
Wachstumsstadium der Schadgräser. Zu frühe Behandlungen sowie verspätete
Maßnahmen senken den Wirkungsgrad und führen zum Misserfolg der Spritzung.
Eine nachhaltige Bekämpfung mit besten Wirkungsgraden ist durch die Ausbringung
im 2- 4 Blattstadium der Gräser zu erzielen. Zur sicheren Bekämpfung der Quecke
(Dauerwirkung) sind spezielle Gräsermittel wie Fusilade Max, Panarex, Select 240
EC und Targa Super mit der jeweils höheren Aufwandmenge am besten geeignet.
Gräsermittel für
Spezialfälle
(Queckenbekämpfung)
Fazit:
Für eine wirksame Unkrautbekämpfung gibt es kein Patentrezept. Die Situation vor
Ort entscheidet, wie am besten vorzugehen ist. Die Strategie hängt von verschieden
Faktoren ab, wie z.B. dem Unkrautspektrum, der Kartoffelsorte und den
Bodenbedingungen. Tendenziell werden zukünftig eher Dreiermischungen (drei
verschiedene Wirkstoffkomponenten) im Vorauflauf zum Einsatz kommen. Unter
trockenen Bedingungen sind Spritzfolgen mit verschiedenen Präparaten, wie dies
seit Jahren im Rübenanbau praktiziert wird, den einmaligen Vorauflaufkombinationen
vorzuziehen. So hat sich in den letzten Jahren z.B. eine gezielte Spritzfolge von
Teilmengen eines ausgewählten Mittels im frühzeitigen Vorauflauf z.B. mit Bandur
2,5 l/ha (vorrangig bei Melde- und Gänsefußarten) oder Centium 36 CS 0,2 l/ha
(vorrangig bei Windenknöterich) gefolgt von z.B. Boxer 2,5+0,2 l/ha, Sencor Liquid
oder Mistral 0,15 kg/ha kurz vor dem Durchstoßen bestens bewährt. Bei Bedarf kann
noch eine weitere gezielten Nachauflaufanwendung mit Sencor Liquid 0,3 l/ha
Erfolgen.
Hans-Jürgen Meßmer, LTZ Augustenberg, Außenstelle Donaueschingen
Quellenangaben der Bilder:
Meßmer (LTZ, Außenstelle Donaueschingen)