Richtig geplanter Herbizideinsatz in Kartoffeln Insgesamt betrachtet war die chemische Unkrautbekämpfung im vergangenen Jahr vor allem in Frühkartoffelgebieten eine große Herausforderung. Aufgrund der extremen trockenen Bodenbedingungen musste die Durchführung der Herbizidmaßnahme immer weiter hinausgezögert werden, in der Hoffnung auf Niederschläge und feuchten Boden für eine gute Wirkung der Bodenherbizide. Bei früh gepflanzten Kartoffelflächen mussten sich viele Landwirte zwischen einer zu frühen Anwendung bei extrem trockenen Bodenbedingungen mit den damit verbundenen Wirkungsverlusten und der späten Anwendung mit Verträglichkeitsproblemen entscheiden, weil die Kartoffelpflanzen bereits beim Durchstoßen waren. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass späte Applikationstermine in Verbindung mit hohen Bodentemperaturen, gefolgt von ergiebigen Niederschlägen, die Kulturverträglichkeit deutlich verringern und sogar Mindererträge verursachen können. Abb. 1: Bodentemperaturen der letzten drei Jahre: Durchschnittstemperatur des Bodens der Jahre 2012 bis 2014 ( - 5 cm, °C) Wetterstation Feldkirch - Hartheim 17,5 15,1 15,5 13,5 11,5 11,5 9,5 7,1 7,5 5,5 4,4 2,7 3,5 1,5 -0,5 Januar Februar 2012 (°C) 2013 (°C) März 2014 (°C) April Durchschnitt (°C) Mai Abb. 2: Wirkung von Bodenherbiziden gegen Klettenlabkraut bei trockenen und feuchten Bodenbedingungen feuchte Bodenbedingungen trockene Bodenbedingungen Bandur 3,5 + Centium 36 CS 0,2 Artist 2,0 + Centium 36 CS 0,2 * Centium 36 CS 0,25 * Bandur 4,0 * Bandur 3,5 * Boxer 4,5 * Boxer 4,0 Artist 2,5 Artist 2,0 0 20 40 60 80 100 Wirkung in % *TM mit 0,5 kg/ha Sencor WG oder Mistral In diesem Jahr steht für den Einsatz eine überschaubare Auswahl von Herbiziden zur Verfügung. Die entsprechenden Behandlungs- und Kombinationsmöglichkeiten sind im Merkblatt: „ Pflanzenproduktion 2015 - Sorten und Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland“ dargestellt. Aktuelles aus dem Herbizidbereich Ein weiteres Clomazone-haltiges Produkt unter dem Namen Metric hat eine Zulassung in Kartoffeln erhalten.. Metric besteht aus den Wirkstoffen Metribuzin (Sencor oder Mistral) und Clomazone (Centium). Bei der Anwendung der vollen Aufwandmenge von 1,5 l/ha werden die Wirkstoffmengen von z.B. 0,5 kg Sencor + 0,25 l Centium 36 CS ausgebracht. Auf leichteren Böden reicht eine Aufwandmenge von 1,0-1,2 l/ha. Zur besseren Wirksamkeit gegenüber resistenten Melde- und Gänsefußarten raten wir bei diesem Produkt auf mittleren Böden zu einer Kombination von 1,0-1,2 l/ha Metric + 2,0 l/ha Bandur. Das Produkt sollte aufgrund evtl. auftretender Verträglichkeitsproblemen nicht in Kartoffeln unter Folie, in vorgekeimten Kartoffeln und auf Flächen zur Erzeugung von Pflanzkartoffeln eingesetzt werden. Metric ist ein reines Vorauflaufherbizid mit Blatt- und Bodenwirkung und sollte spätestens 7 Tage vor dem Auflaufen der Kartoffeln zum Einsatz kommen. Metric weist ein sehr breites Wirkungsspektrum auf. Schwarzer Nachtschatten wird nicht erfasst. Soweit der Wirkstoff Metribuzin noch voll gegen triazinrestistente Unkräuter wirksam ist, werden Melde- und Gänsefußarten ebenfalls gut erfasst. Nachtschattenwird nicht ausreichend erfasst. Hervorzuheben ist die lange Wirkungsdauer. Bei der Auswahl der Mittel gilt grundsätzlich, mit dem gewählten Mittel oder der gewählten Mittelkombination bei gleichzeitig guter Kulturverträglichkeit einen sehr guten Bekämpfungserfolg zu erzielen. Dabei hat sich die Wahl des geeigneten Mittels bzw. der geeigneten Mittelkombination in erster Linie an dem zu erwartenden Unkrautspektrum zu orientierten. Zusätzlich sollten Sortenaspekte und Nutzungsrichtung (zum Teil gibt es bei Pflanzgutproduktion Einschränkungen), aber auch Standortbedingungen (Humusgehalt) berücksichtigt werden. Veränderte Anbauverfahren und Fruchtfolgen haben das Unkrautspektrum in den letzten Jahren beeinflusst. Schwarzer Nachtschatten zählt wegen seiner nahen Verwandtschaft zu Kartoffeln und als Spätkeimer zu den Problemunkräutern. Seit dem Wegfall von Tacco ist die Bekämpfung des Schwarzen Nachtschatten deutlich schwieriger geworden. Aufgrund des zunehmend auftretenden triazinresistenten Schwarzen Nachtschatten vor allem im Frühkartoffelgebiet, entsteht durch den Verlust von Tacco bei der Nachtschattenbekämpfung eine erhebliche Lücke, da mit den übrigen zur Zeit zur Verfügung stehenden zugelassenen Präparaten oft nur unbefriedigende Wirkungsgrade erzielt werden. Ausblick! In den letzten beiden Jahren wurde in einem länderübergreifenden Versuch mit Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg geprüft, inwieweit neue, noch nicht zugelassene Präparate sich zur chemischen Unkrautbekämpfung von Schwarzem Nachtschatten eignen. So wird seit Längerem auf eine Fertigmischung aus Prosulfocarb (Boxer) und Metribuzin (Sencor) gewartet. Dieses Mittel sollte im Gegensatz zu Boxer auch eine interessante Zulassung für den Nachauflauf bis 5 cm Wuchshöhe der Kartoffeln erhalten. Das Mittel wäre dementsprechend in der Anwendung sowohl im Vorauflauf als auch im frühen Nachauflauf flexibel einzusetzen. Bei extremen trockenen Bodenbedingungen könnte mit diesem Präparat auf eine erneute Durchfeuchtung der Böden gewartet oder gezielt die auflaufenden Unkräutern bekämpft werden. Die ersten Versuchsergebnisse im späten Vorauflauf bzw. im frühzeitigen Nachauflauf zeigen, dass mit dieser Fertigformulierung z.B. Schwarzer Nachtschatten relativ gut bekämpft werden kann. Die Kombination des Wirkstoffs Metobromuran (früher Patoran jetzt unter dem Produktnamen Proman) mit anderen Vorauflaufpräparaten vor allem gegen Schwarzen Nachtschatten und Windenknöterich wäre ebenfalls wünschenswert. Eine Zulassung wird leider frühestens 2017 erwartet. Auch das ebenfalls noch nicht zugelassene Mischprodukt aus Aclonifen (Bandur) und Flufenacet (Teilwirkstoff aus Artist) weist relativ gute Wirkungsgrade gegenüber Schwarzem Nachtschatten und Melde- bzw. Gänsefußarten auf. Überzeugen konnte diese Fertigformulierung jedoch nicht gegen Windenknöterich. Die Versuchsergebnisse des länderübergreifenden Versuchs werden nach dreijähriger Prüfung im nächsten Jahr veröffentlicht. Wie lässt sich zur Zeit der Schwarze Nachtschatten am besten bekämpfen? Bei der aktuellen Zulassungssituation werden gegen den Schwarzen Nachtschatten die besten Wirkungsgrade erzielt, wenn eine Tankmischung aus Boxer + Sencor bzw. Mistral im Keimblattstadium des Unkrautes zur Anwendung kommt. Bei später aufgelaufenem Schwarzen Nachtschatten wird es deutlich schwieriger. Da zu diesem Zeitpunkt in der Regel auch die meisten Kartoffeln aufgelaufen sind, bleibt zur Zeit die einzige Alternative lediglich die Nachbehandlung mit Sencor Liquid oder Mistral, die aufgrund der Triazinresistenzproblematik aber oft nur Teilerfolge bringt. Standardverfahren zur Unkrautbekämfung! Nach wie vor stellen bei der chemischen Unkrautbekämpfung im Kartoffelanbau die Behandlungen im Vorauflauf das Standardverfahren dar, weil sie im Schnitt der Jahre die beste Wirkungssicherheit und die beste Verträglichkeit bieten. Bodenherbizide können kurz nach dem Pflanztermin bis zum Durchstoßen ausgebracht werden. Um Kulturschäden an den Kartoffeln zu vermeiden, sollten Produkte wie Artist, Bandur, Centium 36 CS oder Metric spätestens eine Woche vor dem Auflauftermin gespritzt werden. Sollten zu diesem Zeitpunkt noch keine Unkräuter vorhanden sein, sollte Quickdown+Toil eher im späten Vorauflauf (spätestens aber bei max. 5 % aufgelaufener Kartoffeln) wegen der eingeschränkten blattaktiven Wirkung zum Einsatz kommen. Bei zu spätem Einsatz in den Auflauf sind Mindererträge von 20 % und mehr zu möglich. Wichtigstes Einsatzkriterium für Vorauflaufherbizide ist eine ausreichende Bodenfeuchte unmittelbar bei der Anwendung und direkt nach dem Herbizideinsatz. Perioden mit ausreichender Bodenfeuchte müssen daher konsequent für die Applikation der Bodenherbizide genutzt werden. Wenn Vorauflaufherbizide vorgesehen sind, wird der Damm möglichst früh geformt, damit die Herbizide auf abgesetzten Dämmen eingesetzt werden können. Die Dämme sollten nicht zu steil geformt werden, um Erosion durch Wind und Niederschläge zu vermeiden. Vorauflaufmittel sollten primär kurz nach dem Pflanztermin (VA-1) spätestens jedoch bis kurz vor dem Durchstoßen der Kartoffeln (VA-2) angewendet werden. Bei Trockenheit sind blattaktive Mittel in die Spritzplanung mit einzubeziehen. Tabelle: Boden- und Blattwirkung verschiedener Herbizide Produkt Bodenwirkung Blattwirkung Artist ● ◑ Bandur ● ○ Boxer ● ◑ Cato + FHS, Escep ○ ● Centium 36 CS ● ○ Metric ● ◑ Quickdown + Toil ○ ● Sencor WG, Mistral ● ◑ Sencor Liquid ● ◕ voll leer leer voll voll ● volle Wirkung; ○ keine Wirkung Unkräuter auf Flächen mit frühzeitig aufgebauten Enddämmen sind in trockenen Jahren wesentlich einfacher zu bekämpfen, weil sie zum Zeitpunkt der Herbizidbehandlung bereits aufgelaufen sind.. Auf diese Weise kommt die Blattaktivität der Präparate zur Wirkung. Z.B. kann Quickdown 0,3 l/ha + Toil 0,75 l/ha als Zumischpartner unter trockenen Bedingungen bei bereits aufgelaufenen Unkräutern die Wirksamkeit der Herbizidmischung deutlich verbessern. Sind dagegen wegen des verzögerten Dammaufbaus die Unkräuter beim Herbizideinsatz noch nicht aufgelaufen, bleibt die Blattwirkung der Mittel ungenutzt - ein Luxus den man sich in trockenen Jahren nicht leisten kann. Sencor Liquid bzw. Mistral besitzen die größte Flexibilität hinsichtlich des Einsatztermins. Die beiden Mittel können sowohl im Vorauflauf als auch im Nachauflauf eingesetzt werden. Sortenverträglichkeit und Minderwirkung bei triazinresistenten Unkräutern wie Meldeund Gänsefußarten sowie Kreuzkraut, Amarantarten und Schwarzer Nachtschatten sind zu beachten! Zur Erfassung einer breiten Mischverunkrautung haben sich Tankmischungen bzw. gezielte Spritzfolgen mit verschiedenen Präparaten in unterschiedlichen Etappen durchgesetzt. Einsatzkriterien für Nachauflaufbehandlungen - was ist zu beachten? Die Durchführung von Behandlungsmaßnahmen zum Nachauflauftermin ist auf Problemstandorten vor allem bei trockenen Bodenverhältnissen oder humosen Böden oft die einzige Möglichkeit zur effektiven Unkraut- und Ungrasbekämpfung. Behandlungsmaßnahmen im Nachauflauf müssen sorgfältig geplant werden, da Kulturschäden nicht immer auszuschließen sind. Zur Vermeidung von Blattverbrennungen sollte der ideale Anwendungszeitpunkt der Nachauflauf-Produkte richtig gewählt werden. Die Behandlung sollte erst ein bis drei Tage nach längeren Feuchtephasen und bei stabilem, hellem Wetter erfolgen, denn durch eine fehlende Wachsschicht können Schäden am Blattapparat auftreten. Bei bedecktem Himmel kann es durchaus drei Tage dauern, bis sich die Wachsschicht wieder gebildet hat. die Anwendung sollte nicht bei starken Nacht- und Tagestemperaturschwankungen erfolgen. Gräserbekämpfung im Nachauflauf Die teilweise vorhandene Gräserwirkung im VA eingesetzter Bodenherbizide reicht bei spät aus größer Tiefe keimenden Schadgräsern nicht aus. Deshalb kann in Einzelfällen und dann ggf. nur auf Teilflächen der Einsatz von Gräsermitteln zur Bekämpfung von Ausfallgetreide, Trespe, Quecke u.a. erforderlich werden. Gegenüber dem Vorjahr sind keine Veränderungen der Mittelpalette zu verzeichnen. Wichtig für alle Nachauflaufmittel ist die Anwendung zum sensiblen Wachstumsstadium der Schadgräser. Zu frühe Behandlungen sowie verspätete Maßnahmen senken den Wirkungsgrad und führen zum Misserfolg der Spritzung. Eine nachhaltige Bekämpfung mit besten Wirkungsgraden ist durch die Ausbringung im 2- 4 Blattstadium der Gräser zu erzielen. Zur sicheren Bekämpfung der Quecke (Dauerwirkung) sind spezielle Gräsermittel wie Fusilade Max, Panarex, Select 240 EC und Targa Super mit der jeweils höheren Aufwandmenge am besten geeignet. Gräsermittel für Spezialfälle (Queckenbekämpfung) Fazit: Für eine wirksame Unkrautbekämpfung gibt es kein Patentrezept. Die Situation vor Ort entscheidet, wie am besten vorzugehen ist. Die Strategie hängt von verschieden Faktoren ab, wie z.B. dem Unkrautspektrum, der Kartoffelsorte und den Bodenbedingungen. Tendenziell werden zukünftig eher Dreiermischungen (drei verschiedene Wirkstoffkomponenten) im Vorauflauf zum Einsatz kommen. Unter trockenen Bedingungen sind Spritzfolgen mit verschiedenen Präparaten, wie dies seit Jahren im Rübenanbau praktiziert wird, den einmaligen Vorauflaufkombinationen vorzuziehen. So hat sich in den letzten Jahren z.B. eine gezielte Spritzfolge von Teilmengen eines ausgewählten Mittels im frühzeitigen Vorauflauf z.B. mit Bandur 2,5 l/ha (vorrangig bei Melde- und Gänsefußarten) oder Centium 36 CS 0,2 l/ha (vorrangig bei Windenknöterich) gefolgt von z.B. Boxer 2,5+0,2 l/ha, Sencor Liquid oder Mistral 0,15 kg/ha kurz vor dem Durchstoßen bestens bewährt. Bei Bedarf kann noch eine weitere gezielten Nachauflaufanwendung mit Sencor Liquid 0,3 l/ha Erfolgen. Hans-Jürgen Meßmer, LTZ Augustenberg, Außenstelle Donaueschingen Quellenangaben der Bilder: Meßmer (LTZ, Außenstelle Donaueschingen)
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