20 HOCHSCHULE DIENSTAG, 21. APRIL 2015 MITTELDEUTSCHE ZEITUNG MZ CAMPUS INTERNATIONAL STUDIUM KOMPETENZ KOMPETENZ FORSCHUNG UNIVERSITÄT HALLE DENKANSATZ Anpassenstatt Gegensteuern in Sachsen-Anhalt CORNELIA FUHRMANN amüsiert sich. Schwereloser Kaffeegenuss Es waren nur ein Tweet beim Kurznachrichtendienst Twitter und ein Post auf Facebook, aber die dürften die Popularität von Samantha Cristoforetti gesteigert haben. Denn Cristoforetti posierte in einer Uniform der Science-Fiction-Serie „Star Trek“ und machte davon ein Selfie. An sich erstmal nicht ungewöhnlich, wäre da nicht der Umstand, dass die Italienerin aktuell auf der Internationalen Raumstation ist. Sie war dem deutschen Astronauten Alexander Gerst nachgefolgt und ist genauso engagiert im Posten von Fotos aus dem All. Und weil Italiener für ihre Vorliebe für Espresso bekannt sind, baute ein Hersteller eine weltalltaugliche Espressomaschine, die mit einem Versorgungsflug auf die ISS gebracht wurde. Auch so können Forschungsvorhaben aussehen. Da Cristoforetti offenbar StarTrek-Fan ist, zitierte sie ob dieses Ereignisses, dass es nun ordentlichen Kaffee im All gibt, nicht nur aus einer Star-TrekFolge, sondern posierte in jener Uniform. Fragt sich nur: Welches Gepäckstück musste dafür wohl zu Hause bleiben? So erreichen Sie mich: Cornelia Fuhrmann, Mitteldeutsche Zeitung, 06075 Halle Telefon: 0345/565 43 04 E-Mail: [email protected] Internet: www.mz-web.de/campus Blog: www.mz-web.de/denkansatz i SCHON GEWUSST? Bibliotheken dürfen Lehrbücher auch ohne Einwilligung des Verlags für ihre elektronischen Leseplätze digitalisieren. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) vergangene Woche entschieden. Die Richter wiesen damit eine Klage des Verlags Eugen Ulmer gegen die Technische Universität (TU) Darmstadt ab. Dem Urteil zufolge kann es auch zulässig sein, dass Bibliotheksnutzer die digitalisierten Bücher anschließend ausdrucken oder digital speichern. Im konkreten Fall ging es um das Lehrbuch „Einführung in die Neuere Geschichte“. Auf ein Angebot des Verlags, die Lehrbücher als elektronische Bücher (E-Books) zu erwerben und zu nutzen, war die TU zuvor nicht eingegangen. Das Thema beschäftigte die Justiz seit 2011. Wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung landete der Fall beim BGH. Der unterbrach den Prozess 2012 und legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg mehrere Anfragen zur Auslegung europäischen Rechts vor. Nach dessen Antwort war wieder der BGH am Zug. DPA Das aktuelle Aktenzeichen: I ZR 69/11 E-Paper Leseprobe 14 Tage kostenfrei www.mz-web.de/studenten INNOVATION Studenten untersuchen 48 Demografie-Konzepte. VON CORNELIA FUHRMANN - „Sachsen-Anhalt hat eine ganze Menge an Maßnahmen angestoßen.“ Das ist die Einschätzung von Andreas Klee, Vertretungsprofessor an der Universität Halle für Raum- und Umweltplanung. Seine Studenten haben im Wintersemester per Internetrecherche untersucht, welche Konzepte es in Sachsen-Anhalts Kommunen gibt, um mit dem demografischen Wandel umzugehen. HALLE/MZ Akzeptanz der Entwicklung Vergangene Woche wurden noch letzte Arbeiten am Schaugarten auf der Bundesgartenschau vorgenommen. FOTO: HOCHSCHULE ANHALT Wissen in Grün Die Hochschule Anhalt präsentiert sich auf der Bundesgartenschau in der Havelregion und bietet Beratung zu Wildpflanzen an. „Der demografische Wandel ist angekommen“, sagt Andreas Klee. Und zwar im Sinne einer Akzeptanz der Bevölkerungsentwicklung im Land, die so aussieht, dass die Zahl der Einwohner stetig abgenommen hat und Sachsen-Anhalt den Prognosen zufolge in 20 Jahren die älteste Bevölkerung in Europa haben wird. Zuvor habe in der Wissenschaft der Eindruck vorgeherrscht, dass Politiker das Thema ignorieren, so Klee. KULTUR VON CORNELIA FUHRMANN - Gartengestaltung, Landschaftsarchitektur, Umweltschutz und Biodiversität - das sind nur einige der vielen Themen, die auf der Bundesgartenschau (Buga) eine Rolle spielen. Die erste länderübergreifende Schau hat am vergangenen Wochenende ihre Pforten in der Havelregion entlang des Flusses zwischen Brandenburg und der sachsen-anhaltischen Stadt Havelberg eröffnet. An der Schau sind auch Studenten und Mitarbeiter der Hochschule Anhalt beteiligt. Zum einen haben sie für den Standort Brandenburg Schaugärten entworfen, zum anderen wird in Rathenow mit Blühstreifen das Thema Biodiversität aufgegriffen. BERNBURG/BRANDENBURG/MZ mer seinen Abschluss machen wird. Sein Entwurf ist so gestaltet, als ob es eine Kajüte von Sprengel ist. An der „Wand“ hängen Zeichnungen von Pflanzen, auf dem Buch liegt ein Forschungsbuch, in dem man Ergebnisse und Erkenntnisse Sprengels nachlesen kann. „Als Hauptpflanze habe ich das Schmalblättrige Weidenröschen integriert. Daran hat Sprengel die Fremdbestäubung entdeckt und die Besucher können das hier auch beobachten“, erklärt Fedulov. Sein Konzept und auch die anderen beiden Entwürfe seiner Kommilitonen Robert Diedrich und Maria Albold, die ebenfalls verwirklicht wurden, fügen sich in das Gesamtkonzept ein - transparente Schiffe mit verschiedenen Gärten - das von Berliner Architekten entwickelt wurde. Es erinnert an die Geschichte des Packhofes in Brandenburg, einem früheren Hafen- und Werftgelände. „Bei der Planung war super, dass ich wusste, dass ich es hinterher auch sehen kann“, sagt Fedulov. Zurück zu naturnaher Bepflanzung Am Buga-Standort Rathenow steht das Thema Biodiversität im Vordergrund. Dazu gehört auch naturna- Ein Wassergarten mit Kajüte In einem Ideenwettbewerb waren Studenten der Landschaftsarchitektur in Bernburg dazu aufgerufen worden, ein Konzept für einen Hochschulgarten unter dem Motto „Ursprung“ zu entwickeln. Das nahm Nikolai Fedulov wörtlich und stieß bei seinen Recherchen auf den deutschen Botaniker Christian Konrad Sprengel, der aus Brandenburg stammte und 1790 die Fremdbestäubung von Pflanzen entdeckte. „Ich habe den Kajütengarten entworfen. Das Pflanzkonzept orientiert sich an Sprengel“, sagt der Student, der im Som- Der Plan verdeutlicht, wie der Schaugarten angelegt ist. FOTO: HS ANHALT he Bepflanzung, beispielsweise mit Wildblumen. Wie das auch im heimischen Garten funktionieren kann, wollen Mitarbeiter der Bernburger Arbeitsgruppe um Sabine Tischew, Professorin für Vegetationskunde und Landschaftsökologie, zeigen. „Viele wollen wieder individuellere Gärten und interessieren sich dafür, was sie für Schmetterlinge oder Honigbienen tun können. Und wir stellen unsere Arbeit vor“, sagt Mitarbeiter Stefan Schreiter. In Vorträgen, mit Blühkästen und mit Schauflächen soll den Besuchern geholfen werden. An drei Tagen - 14. Juli, 12. August und 1. September - sind Vertreter der Arbeitsgruppe am „iPunkt Grün“ vor Ort und stehen Rede und Antwort. „Wir hatten erst überlegt, die Strecke zwischen den Standorten mit Blühstreifen zu verbinden, das hat sich aber zerschlagen“, sagt Schreiter. Die Hochschule habe sich bereits in den vergangenen Jahren an Gartenschauen beteiligt, weil die fachliche Nähe beispielsweise mit dem Studiengang Landschaftsarchitektur gegeben sei, sagt die Sprecherin der Hochschule, Eileen Klötzer. Man wolle aber auch, wie am Beispiel Blühstreifen erkennbar sei, Themen an die Bevölkerung herantragen, so Klötzer. Die Bundesgartenschau ist noch bis 11. Oktober 2015 täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Für Studenten bis 25 Jahre beträgt der Tageseintritt 18 Euro, für Erwachsene 20 Euro. Das Phänomen der „Obsoleszenz“ Blogger Stefan Schridde erklärt in Wernigerode, warum Geräte geplant kaputtgehen. - Warum gehen elektronische Geräte genau dann kaputt, wenn die Garantiezeit gerade abgelaufen ist? Diese und andere Fragen wird Stefan Schridde heute Abend, 19.30 Uhr, an der Hochschule Harz in Wernigerode in einer öffentlichen Vortrags- und Diskussionsveranstaltung beantworten. Schridde ist Gründer der Initiative „Murks? Nein danke!“ und befeuert seit längerem die Debatte. Das Stichwort hierbei lautet „geplante Obsoleszenz“ und beschreibt die Strategien von Herstellern, mittels Lebensdauerverkür- WERNIGERODE/MZ/CFU zung von Geräten den Neukauf voranzutreiben. Das verschwendet laut Schridde nicht nur Ressourcen und schädigt die Umwelt, sondern es reduziert auch die Kaufkraft. Der Vortrag von Schridde bildet den Auftakt zum morgigen vierten Nachhaltigkeitstag der Hochschule Harz, der diesmal unter dem Motto „Mach was draus“ steht. Mit vielen Initiativen und Ideen wird an der Hochschule versucht, Studenten wie Mitarbeitern umweltbewussteres Verhalten näherzubringen. So gab es bereits eine Posterkampagne, die im Comic-Stil „Helden des Alltags“ zeigte, die auf den verantwortungsvollen Umgang mit Energie hinwiesen. Am morgigen Nachhaltigkeitstag soll indes möglichst auf das herkömmliche Auto verzichtet werden und kann stattdessen eine Proberunde mit einem Elektro-Auto gedreht werden. Mit einem Kleiderbasar soll zudem auch der Verschwendung von Kleidung Aufmerksamkeit geschenkt werden. Statt nicht mehr gewollte Klamotten wegzuwerfen, können sie getauscht werden. Viele weitere Workshops, Veranstaltungen und Filmvorführungen setzen sich mit der eigenen Gesundheit, sozialer Nachhaltigkeit von Unternehmen oder der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Sachsen-Anhalt auseinander. In einem Online-Test kann man auch herausfinden, wie der eigene ökologische Fußabdruck aussieht. Stefan Schriddes Vortrag findet heute Abend, 19.30 Uhr, im Hörsaal C im Haus 3 in Wernigerode statt. Der Eintritt ist frei. Vorher, ab 17.30 Uhr, wird ein passender Film gezeigt. Weitere Informationen unter: www.hs-harz/nachhaltige_hs FOTO: UNI HALLE „Schrumpfen ist keine Schande.“ Andreas Klee Geograf Demnach verändere sich nun der Umgang damit auch von Strategien des Gegensteuerns, um den Trend aufzuhalten, hin zu Anpassungsstrategien. Zu letzteren zähle beispielsweise der Rückbau nicht mehr benötigten Wohnraums. „Schrumpfen ist keine Schande“, sagt Klee. Man könne trotzdem „hervorragende Lebensqualität schaffen“, müsse aber auch etwas dafür tun, das „Selbstwertgefühl“ einzelner Orte zu stärken. „Kleine Kommunen sind damit oft schlicht überfordert“, sagt Klee. Die Bevölkerungsentwicklung werde aber auch als eine Art „Joker“ angesehen, um Prozesse - auch finanziell in Gang zu setzen, wie den Bau von altengerechten Wohnungen. Aber: „Es könnte besser laufen, wenn die Vernetzung gestärkt werden würde“, sagt Klee und meint damit, dass viele Konzepte, wie beispielsweise das erfolgreiche KitaMobil im Altmarkkreis Salzwedel, das Kinder zu ihrem Kindergarten bringt, über Orts- oder Kreisgrenzen hinaus nicht bekannt seien. Außerdem brauche es sogenannte „Kümmerer“ vor Ort, die am Ball bleiben und sich für eine Sache einsetzen, bis sie umgesetzt sei. 48 Konzepte unter der Lupe Die zehn Studenten haben 48 Konzepte untersucht, und zwar von 32 Städten ab 25 000 Einwohnern und vier Landkreisen sowie zwölf sonstige Konzepte, zum Beispiel von Hochschulen oder Wohnungsgesellschaften. Ausgemacht wurden mit Fachkräftemangel, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Stadtumbau, altengerechtem Wohnen und zivilgesellschaftlichem Engagement fünf zentrale Handlungsfelder. „Es war eine aufwendige Recherche, denn es wurde nur das ausgewertet, was im Internet dokumentiert ist“, sagt Klee. Das Projekt sei zwar keine Auftragsarbeit gewesen, die Erkenntnisse, die daraus gewonnen wurden, gehen dennoch in den nächsten Tagen an die Stabsstelle Demografie im Ministerium für Landesentwicklung in Magdeburg.
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