Synapse 02/2015

Ausgabe Mai
Nr. 2 / 2015
SYNAPSE
Magazin der Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz
Ehrenamt
bei der medbo
Hightech in der
Neuroradiologie
Traumatisierte jugendliche
Flüchtlinge
2
SYNAPSE Mai
Inhalt
3
Editorial: Müssen Wirtschaft und Politik handeln?
Bezirk
4
Berufliche Qualifizierungsoffensive für Menschen mit Behinderung
6
Bewährtes beibehalten und weiter entwickeln
Psychiatrie
8
Restless Legs Syndrom: Wenn die Beine nicht zur Ruhe kommen
11 Menschen mit Intelligenzminderung: Ganz besondere Patienten
14 Patienten-Perspektive Psychose: Sinn im Sinnlosen?
16 Unterstützung psychisch kranker Menschen
19 Zentrum für Psychiatrie Cham: Beste Medizin für alle Patienten
Neuro-Reha
20 Mein ehrenamtlicher medbo-Tag: Anderen Zeit schenken
22 Patientenbibliothek: Schmökern und Kraft tanken
24 Logopädie: Wenn die Worte fehlen
Neuroradiologie
26 Institut für Neuroradiologie: Hightech
Kinder- und Jugendpsychiatrie
29 Säuglinge und Kleinkinder: Die ganz kleinen Patienten
31 Traumatisierte jugendliche Flüchtlinge:
Nichts als Angst ums Überleben im Gepäck
34 Frühe Hilfen: Kooperativ Bindungen stärken und Kinder schützen
Forensik
38 Strafvollzug trifft Maßregelvollzug
40 Tacheles: Patientenbefragung in der Forensik
42 Bezirkskrankenhaus Parsberg: Voller Ideen und Visionen
medbo
44 Umgang mit Gefahrstoffen in der medbo
46 Apotheke: Salben, Tinkturen, Kapseln
47 FKEP Kickoff: Karriere hoch zwei
48 Einsatz für schwerbehinderte Menschen
50 Psychiatrie und Seelsorge – Hand in Hand
52 Mit PEPP in die Zukunft
54 Das Ding aus dem Weltall
55 Sommer, Sonne, Ferienspaß für medbo-Kinder
56 Krankenpflege auf Tschechisch
58Personalia
51Kreuzworträtsel
58 Veranstaltungshinweise
U3 Impressum
Der SYNAPSE-Titel zeigt den Innenraum der Simultan-Kapelle am Bezirksklinikum Wöllershof
SYNAPSE Mai
Editorial
Müssen Wirtschaft und
Politik handeln?
D
as Ärzteblatt hat vor kurzem da­
rüber berichtet, dass psychische
Probleme die Ursache für bis zu 50
Prozent aller neuen Anträge auf Ar­
beitsunfähigkeit sind. Angststörun­
gen und Depressionen führen zu
den dauerhaften Ausfällen im Ar­
beitsleben. Selbstverständlich sind
die Betroffenen in erster Linie belas­
tet. Aber auch Arbeitgeber, Wirt­
schaft und Gesellschaft werden in
Mitleidenschaft gezogen.
Die Produktivität leidet und
die Krankschreibungen häufen sich.
Letztendlich steht die Wirtschaft für
die Kosten in Form von höheren So­
zial- und Gesundheitsausgaben ge­
rade. Die OECD mahnt nun die Ver­
antwortlichen in Politik und Wirt­
schaft, Menschen mit psychischen
Erkrankungen in den Arbeitsmarkt
einzubeziehen. Allerdings ist die Be­
schäftigung von Arbeitnehmern mit
psychischen Erkrankungen für viele
Arbeitgeber scheinbar ein unkalku­
lierbares Risiko. Die Betroffenen
sind mit einem dauerhaften Stigma
gekennzeichnet. Das Verhältnis so­
wohl zu den Kollegen als auch zu
den Vorgesetzten ist häufig mit Vor­
urteilen belastet.
Besondere Brisanz erhält
dieses Thema durch den jüngst
durch einen Piloten verursachten
Flugzeugabsturz in Frankreich, bei
dem bedauerlicherweise viele un­
schuldige Menschen ihr Leben las­
sen mussten. Nun wurde im Ermitt­
lungsverfahren
herausgefunden,
dass der Pilot auch zumindest zeit­
weise psychisch krank war. Sofort
wird daraus geschlossen, dass die­
se Erkrankung Ursache für das Fehl­
verhalten dieses Menschen war –
auch wenn dem von allen Fachleu­
ten vehement widersprochen wird.
Aber das passt einfach zum Klischee
psychisch Kranker. Sie sind per se
unberechenbar, gewalttätig und ge­
fährlich. Diese Sichtweise wird in be­
sonderer Weise auch noch durch
eine Vielzahl von Medienberichter­
stattungen bestätigt. Dort werden
halt nur die spektakulären Aktionen
psychisch Kranker berichtet. Dabei
sagt niemand, dass psychisch kran­
ke Menschen nachweislich weder
unberechenbarer, gefährlicher noch
gewalttätiger als die Durchschnitts­
bevölkerung in Deutschland sind.
Und unter diesen Gegebenheiten
werden dann auch noch die Forde­
rungen diskutiert, ob durch Ärzte ge­
stellte Diagnosen Arbeitgebern mit­
geteilt werden müssen.
Mit dieser Haltung sind wir in
Deutschland nach wie vor auf einem
schwierigen Weg. Wie jüngste Stu­
dien eindrucksvoll zeigen, hat sich in
Deutschland die Stigmatisierung
psychisch Kranker kaum verbessert,
bei manchen Diagnosen gar ver­
schlechtert. Wenn man nun dem
Thema „Arbeitsunfähigkeit, Frühver­
rentungen und dergleichen mehr in­
folge psychischer Erkrankungen“ zu
Leibe rücken will, heißt dies in aller
erster Linie, mit der Stigmatisierung
psychisch Kranker aufzuhören.
Sie müssen als Kranke end­
lich auch vollwertige Mitglieder un­
serer Gesellschaft sein dürfen und
nicht weiter ausgegrenzt werden.
Erst dann kann darüber nachge­
dacht werden, wie diese Menschen
im Arbeitsprozess gehalten oder
wieder eingegliedert werden kön­
nen. Für die Politik ist es wichtig,
Rahmenbedingungen zu schaffen,
die dies nicht nur ermöglichen, son­
dern auch fördern. Psychisch kranke
Menschen brauchen ebenso wie
körperlich kranke Menschen zu ge­
gebener Zeit professionelle Hilfe.
Aber sie dürfen dadurch nicht ge­
zeichnet sein für ihr ganzes Leben.
Kurt Häupl,
Vorstand der medbo
3
4
SYNAPSE Mai
Bezirk
SYNAPSE Mai
Bezirk
5
Inklusion
Berufliche Qualifizierungsoffensive
für Menschen mit Behinderung
Erstmals starten die Bezirke in
Bayern gemeinsam mit dem bayerischen Sozialministerium, den
Agenturen für Arbeit, den Integrationsämtern und -fachdiensten in
Kooperation mit den Werkstätten
für Behinderung eine bayernweit
gemeinsame Qualifizierungsoffensive, um mehr Menschen mit
Behinderung aus den Werkstätten
in den ersten Arbeitsmarkt zu
bringen.
Z
ur echten Inklusion gehört für
Menschen mit Behinderung Ar­
beit und Beruf und für den eigenen
Lebensunterhalt selbst sorgen kön­
nen“, betonte Bezirkstagspräsident
Franz Löffler zum Auftakt der Infor­
mationsveranstaltung „BÜWA – Be­
gleiteter Übergang Werkstatt/allge­
meiner Arbeitsmarkt“ im Festsaal
der Bezirksverwaltung.
Der Bezirk Oberpfalz will zu­
sammen mit seinen Partnern mit
diesem auf drei Jahre angelegten
Projekt Zeichen setzen. 27% der
Betriebe in Bayern mit mehr als 20
Beschäftigten zahlen lieber die ge­
setzlich vorgeschriebene Ausgleich­
sabgabe als einen Menschen mit
Behinderung einzustellen. „Hier ist
Handlungsbedarf, den die Projekt­
partner anpacken“, betonte Martin
Pfitzenmaier von der Regionaldirek­
tion Bayern der Bundesagentur für
Arbeit.
Ziel: Erster Arbeitsmarkt
Bayernweit wollen die Kooperati­
onspartner gemeinsam mit 345
Menschen, die bisher in Werkstätten
für Menschen mit Behinderung ar­
beiten, erfolgreich die Hürden zum
allgemeinen Arbeitsmarkt überwin­
den. In der Oberpfalz sind das wäh­
rend der Laufzeit des Modellprojekts
35 Menschen mit Behinderung, die
eine umfangreiche Qualifizierungs­
phase durchlaufen, um eine erfolg­
reiche Vermittlung und Beschäfti­
gung möglich zu machen. Ziel der
Projektinitiative BÜWA ist es, rund
zwölf bis 15 Projektteilnehmer auf
dem ersten Arbeitsmarkt unterzu­
bringen.
„Eine stolze Herausforde­
rung“, betonte Bezirkstagspräsident
Franz Löffler. Die Bezirkssozialver­
waltung unterstützt das Projekt mit
rund 290.000 Euro. Für Präsident
Löffler ist das „gut angelegtes Geld“.
Bayernweit investieren die Projekt­
partner insgesamt rund sieben Milli­
onen Euro in das Projekt.
Um den Erfolg zu sichern,
durchlaufen geeignete Werkstätten­
beschäftigte nach der etwa dreimo­
natigen Vorbereitungsphase in der
Werkstatt eine bis zu neun Monate
dauernde Vermittlungsqualifizierung
unter Regie der Werkstatt oder des
Integrationsfachdienstes. Dazu ge­
hören eine Kompetenzanalyse über
Bewerbertrainings und Praktika. Die
sich daran anschließende, bis zu ei­
nem Jahr mögliche „vertiefte Ver­
mittlung“ soll Mensch und Arbeits­
platz weitestgehend passgenau zu­
sammenbringen.
Anreize für Arbeitgeber
Ein entscheidender Faktor ist dabei
die intensive Zusammenarbeit und
unbürokratische Projektabwicklung
mit den Arbeitgebern, die einen
Menschen mit Behinderung be­
schäftigen wollen. Das Modell setzt
durch Prämien für die Leistungser­
bringer und Zuschüsse zum Arbeits­
lohn für den Arbeitgeber wichtige
Anreize für die Integration von Men­
schen mit Behinderung auf dem all­
gemeinen Arbeitsmarkt. Dazu zäh­
len auch die umfangreichen Förder­
programme des Integrationsamtes
für Arbeitgeber und -nehmer wäh­
rend und nach der Projektphase, die
Erich Bierler von Zentrum Bayern,
Familie und Soziales, vorstellte.
Für den Menschen mit Behin­
derung ist der Schritt auf den allge­
meinen Arbeitsmarkt ohne Risiko: er
hat im Regelfall für fünf Jahre eine
Rückkehrgarantie in die Behinder­
tenwerkstatt. Wie erfolgreich dieser
Weg sein kann, beschrieb Kevin
Heusler, der von der Behinderten­
werkstatt über einen Außenarbeits­
platz seit über einem Jahr in einer
Barbinger Metallverarbeitungsfirma
arbeitet. Und sein Chef Erich Jäger
konnte nur bestätigen: Am richtigen
Arbeitsplatz ist ein Mensch mit Be­
hinderung genauso produktiv wie
sein Arbeitskollege ohne Handicap.
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6
SYNAPSE Mai
Bezirk
SYNAPSE Mai
Bezirk
Bewährtes beibehalten
und weiter entwickeln
Dr. Benedikt Schreiner ist seit 1.
August 2014 neuer Leiter der Sozialverwaltung des Bezirks Oberpfalz. Schreiner studierte Jura in
Passau und Regensburg, schloss
mit dem zweiten Staatsexamen
ab und promovierte im Bereich
des Verwaltungsrechts. Er folgt
auf Karl-Peter Hartmann, der die
Aufgabe lange Jahre innehatte.
SYNAPSE sprach mit ihm über
seine ersten Erfahrungen im neuen Amt.
Dr. Schreiner, Anfang August 2014
sind Sie von Bezirkstagspräsident
Franz Löffler zum Leiter der Bezirkssozialverwaltung bestellt worden.
Wie gut sind Sie mittlerweile in diesem Amt angekommen?
Sch.: Ich denke, sehr gut. Ich hatte
ja schon zwei Jahre in der Bezirks­
hauptverwaltung verschiedene Auf­
gaben übernommen und so Gele­
genheit, den Bezirk Oberpfalz ken­
nen zu lernen. Die dann parallel
laufende Einarbeitungszeit mit mei­
nem Vorgänger, Herrn Hartmann,
hat meinen Einstieg in dieses Amt
sicher sehr erleichtert.
Was macht es für Sie als promovierter Verwaltungsrechtler spannend,
im Bereich der Sozialgesetze zu arbeiten?
Sch.: In der Sozialverwaltung geht
es um die praktische Anwendung
des Sozialrechts in einer sehr gro­
ßen Bandbreite: Von der Hilfege­
währung über die Verhandlungen
mit den Kostenträgern der Einrich­
tungen bis zu den zahlreichen per­
sonenzentrierten Unterstützungsan­
geboten des Bezirks Oberpfalz – bei
all diesen Aufgaben als Leiter mitzu­
wirken, finde ich spannend und inte­
ressant. Neben den mehr verwal­
tungsorientierten Aufgaben gibt es
auch die Möglichkeit zu gestalten.
Beide Bereiche gehören zusammen.
Ziel muss sein, die konkrete Lebens­
situation von Menschen in schwieri­
gen Situationen zu verbessern.
Was haben Sie als Leiter zu tun?
Sch.: Meine Mitarbeiterinnen und Mit­
arbeiter arbeiten sehr gut. Ich habe
die Aufgabe, sie effizient und team­
orientiert zu führen, aber auch den
Kontakt und Austausch mit den Wohl­
fahrtsverbänden, den Trägern der
Einrichtungen und wichtigen In­sti­tu­
tionen der sozialen Fürsorge voran
zu bringen. Im Arbeitsalltag treten re­
feratsübergreifend auch Fälle auf, die
ich dann im Referatsleiterteam kläre.
Ich vertrete den Bezirk auch in diver­
sen Gremien in der Oberpfalz, in
Bayern und in Deutschland.
Für wie viele Menschen in der Oberpfalz ist der Bezirk als überörtlicher
Träger der Sozialhilfe zuständig?
Der Bezirk unterstützt etwa 8.900
Menschen mit Behinderung in der
Oberpfalz und rund 3.700 Bürger in
Oberpfälzer Pflegeheimen, deren ei­
genes Vermögen nicht ausreicht, die
anfallenden Kosten zu decken. Im
Bereich der Eingliederungshilfe für
Menschen mit körperlicher, geistiger
oder seelischer Behinderung gibt
der Bezirk Oberpfalz 2015 etwa 195
Millionen Euro aus, in der Hilfe zur
Pflege circa 71 Millionen Euro. Vor­
aussetzung für finanzielle Unterstüt­
zung des Bezirks ist die Klärung des
gesetzlichen Anspruchs.
Für Menschen mit Behinderung ist
es sehr schwierig, eine Beschäftigung auf dem Ersten Arbeitsmarkt
zu finden. Was kann der Bezirk
Oberpfalz für diese Menschen tun?
Sch.: Die Werkstätten für behinder­
te Menschen bemühen sich inten­
siv darum, geeignete Beschäftigte
auf den Ersten Arbeitsmarkt zu ver­
mitteln. Der Bezirk unterstützt die­
se Anstrengungen seit vielen Jah­
ren durch ein eigenes Förderpro­
gramm. Ab 2015 wird es bayern­
weit das Förderprojekt BÜWA
(Begleiteter Übergang Werkstatt/
allgemeiner Arbeitsmarkt) geben.
Diese Zusammenarbeit mit der Ar­
beitsagentur, dem Zentrum Bayern,
Familie und Soziales, und dem In­
tegrationsfachdienst ist ein ausge­
zeichnetes Beispiel dafür, an wel­
chen Weichenstellungen in der so­
zialen Fürsorge ich mitarbeiten will:
starke Partner vernetzen ihre Zu­
ständigkeiten, um für Menschen,
die einen Anspruch auf Förderung
haben, mehr zu erreichen als bis­
her.
Barrieren am Arbeitsmarkt abzubauen bedeutet mehr gesellschaftliche
Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Was fördert der Bezirk
Oberpfalz im Bereich der Inklusion
noch?
Sch.: Wir unterstützen finanziell Leis­
tungen von der Frühförderung über
die Schulbegleitung bis zum „persön­
lichen Budget“, mit dem Menschen,
die Leistungen, die sie selbst wollen,
quasi selbst planen und einkaufen
können. Wir waren beziehungsweise
sind beim Projekt „Inklusive Gemein­
de“ in Mitterteich oder bei „Regens­
burg Inklusiv“ als Partner mit einge­
bunden. Neue Ansätze gibt es in der
Familienpflege: bisher konnten nur
psychisch behinderte Menschen in
einer Gastfamilie aufgenommen wer­
den. Diese Leistung wird jetzt ausge­
weitet auf geistig und körperlich be­
hinderte Menschen.
Sehen Sie in dieser Vernetzung die
Zukunft sozialer Hilfe in der Oberpfalz?
Sch.: Absehbar ist sicherlich: Die
Schnittstellen zwischen Bezirk, Ar­
beitsagentur, Jobcenter und ande­
ren Leistungsträgern sozialer Hilfen
werden größer. Deshalb sind auch
ein verstärkter Austausch und ver­
tiefte Zusammenarbeit sinnvoll.
Wenn wir dadurch mehr erreichen,
rechtfertigt das auch den Aufwand
für Kommunikation und gegenseiti­
ge Abstimmung. Das Projekt BÜWA
hatte immerhin eine zweijährige
Vorlaufzeit.
Halten Sie denn die Forderung nach
vollständiger Teilhabe von Menschen
mit Behinderung in der Gesellschaft
für machbar, so wie es die UN-Behindertenrechtskonvention vorsieht?
Sch.: Inklusion bedeutet ja, dass
Menschen mit Behinderung selbst­
verständlicher Teil der Gesellschaft
und in alle gesellschaftlichen Le­
bensbereiche einbezogen sind: Ein
Ziel, an dem alle mitarbeiten kön­
nen. Bei uns geht es aber immer um
den konkreten Einzelfall. Eine ideo­
logisch geführte Betrachtung hilft da
wenig weiter. Eine Schulklasse mit
drei oder vier Kindern mit Behinde­
rung und ihren Schulbegleitern ver­
schafft den Kindern wohl eher in der
Klasse einen Sonderstatus als eine
echte Einbeziehung. Und für ein
mehrfach behindertes Kind kann die
intensive Förderung an einer För­
derschule mehr bringen, als den täg­
lichen Herausforderungen einer Re­
gelschule gerecht zu werden.
Um den einzelnen Menschen konkret in den Blick zu bekommen, ist
hier im Haus ihr sozialpädagogisches Team zuständig. Was tun Ihre
Fachleute?
Sch.: Die sechs Sozialpädagoginnen,
die hier im Haus tätig sind, sprechen
vor Ort nicht nur mit dem betroffenen
Menschen, sie begutachten auch die
Gesamtsituation: zum Beispiel, wie
erbringen die zuständigen Einrichtun­
gen die notwendigen Hilfen. Aus die­
sen Nachfragen ergibt sich ein Ge­
samtbild, das in ein Gutachten mün­
det, als Basis zur Beurteilung des
tatsächlichen Hilfebedarfs.
Sie sind jetzt seit einem halben Jahr
Leiter der Bezirkssozialverwaltung.
Können Sie schon sagen, wo Sie
neue Akzente setzen wollen?
Sch.: Karl-Peter Hartmann hat mir
ein sehr gut bestelltes Haus überge­
ben. Ich bin dabei, die komplexen
Themen zu durchdringen, Bewähr­
tes beizubehalten und mir Gedan­
ken zu machen, wo Weiterentwick­
lungen, etwa zur Anpassung an sich
verändernde Bedingungen und
Möglichkeiten, sinnvoll sind. Neue
Akzente ergeben sich oftmals aus
der Arbeit selbst, wie zum Beispiel
das neue Programm EX-IN. Bei die­
ser besonderen Qualifizierungs­
maßnahme setzen sich Menschen,
die eine seelische Krise beziehungs­
weise eine psychische Erkrankung
erlebt haben, anhand eines Lehr­
plans ein Jahr lang etwa drei Tage
im Monat intensiv mit ihrer Erkran­
kung auseinander. Sie tauschen
sich darüber aus, wie sie konstruktiv
mit ihren Erfahrungen umgehen
können. Unterstützt werden sie da­
bei von speziell ausgebildeten EXIN-Trainern, wobei immer eine psy­
chiatrische Fachkraft und ein ausge­
bildeter „Betroffener“ gemeinsam ei­
nen Kurs leiten. Ziel ist es, die
Kursteilnehmer mit Psychiatrieerfah­
rung durch diese Arbeit zu stärken.
Sie können dann ihr Wissen in
Selbsthilfegruppen, als Referenten
oder in anderen Initiativen und
Einrichtungen einsetzen. Aktuell
fördert der Bezirk eine Stelle beim
Sozialpsychiatrischen Dienst in
Schwandorf. Die Anfragen bei uns
von diesen Diensten, den Suchtbe­
ratungsstellen und Tagesstätten in
der Oberpfalz nehmen bereits zu.
Was bleibt Ihnen da noch an Freizeit
neben der Arbeit?
Sch.: Viel Spaß habe ich mit meiner
Familie und beim Gitarre spielen:
Die Beschäftigung mit meinen drei
kleinen Kindern, alle unter acht,
sorgt für genügend Ausgleich.
(GBO)
7
8
SYNAPSE Mai
Psychiatrie
SYNAPSE Mai
Psychiatrie
Restless Legs Syndrom:
Das Restless Legs Syndrom
(RLS) beziehungsweise das Syndrom der unruhigen Beine zählt
mit einer altersabhängigen Häufigkeit von drei bis zehn Prozent
der Bevölkerung zu den häufigsten neurologischen und schlafmedizinischen Erkrankungen. Der
Schweregrad kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.
Wenn die Beine nicht
zur Ruhe kommen
Prof. Dr. Thomas C. Wetter
E
s wird angenommen, dass etwa
ein bis zwei Prozent der Bevölke­
rung so stark betroffen sind, dass
eine medikamentöse Behandlung
notwendig ist. Ein RLS kann bereits
bei Kindern und Jugendlichen auf­
treten, wobei die RLS-Symptomatik
in dieser Altersgruppe möglicherwei­
se als Hyperaktivitätssyndrom ver­
kannt wird.
Symptomatik des RLS
Das RLS verläuft in der Regel chro­
nisch. Beschwerdefreie Intervalle
sind allerdings insbesondere in den
ersten Jahren der Erkrankung keine
Seltenheit. Die charakteristischen
Symptome sind ein Bewegungs­
drang der Beine, der ausschließlich
in Ruhesituationen auftritt, durch Be­
wegung gebessert oder beseitigt
wird und abends beziehungsweise
nachts besonders ausgeprägt ist.
Unter Bewegungsdrang wird ein un­
angenehmes bis quälendes oder
auch schmerzhaftes Unruhe-, Span­
nungs- oder Druckgefühl der Beine
verstanden, das den Betroffenen zur
Bewegung nötigt, um Linderung zu
erfahren. Damit verbunden sind oft
tief im Inneren der Beine lokalisierte
Missempfindungen (Parästhesien),
die als ein Kribbeln, Ziehen, Stechen
bis hin zu krampfartigen Beschwer­
den und Schmerzen geschildert wer­
den. Oft haben die Patienten aber
auch Schwierigkeiten, diese Symp­
tome überhaupt zu beschreiben.
troffenen die Beschwerden nicht
mehr aushalten können und sich be­
wegen oder umhergehen müssen.
Schwer betroffene RLS-Patienten
vermeiden deshalb grundsätzlich Si­
tuationen, die ein langes Stillsitzen
erfordern. Besonders unangenehme
Situationen können Theater- und Ki­
nobesuche, lange Bus- oder Flugrei­
sen, Versammlungen oder Sitzungen
sein. Bei sehr ausgeprägten Sympto­
men wird ruhiges Sitzen oder Liegen
fast unmöglich.
Typischerweise bauen sich
Missempfindungen und Bewegungs­
drang immer stärker auf, bis die Be­
Die Ausprägung der Sympto­
matik folgt einer zirkadianen Rhyth­
mik mit einer Zunahme am Abend
Diagnostische Kriterien Restless Legs Syndrom
1. Bewegungsdrang der Beine in Verbindung mit unangenehmen
Missempfindungen der betroffenen Extremität
2. Auftreten beziehungsweise Verstärkung dieser Beschwerden
in Ruhesituationen
3. Besserung bzw. Beseitigung der Beschwerden durch Bewegung
4. Zunahme der Beschwerden abends oder nachts
bis kurz nach Mitternacht und einem
Abklingen erst in der zweiten Nacht­
hälfte. Chronische Ein- und Durch­
schlafstörungen sind daher häufige
Beschwerden, die zu einer Vorstel­
lung in der medbo Ambulanz für
Schlafmedizin führen. Gerade diese
Folgeerscheinungen wie Schlafstö­
rungen, fehlende Entspannungs­
möglichkeiten und Leistungsinsuffi­
zienz am Tage werden von den Pati­
enten oft als sehr belastend und
einschränkend in ihrer Lebensquali­
tät erlebt.
Befunde der körperlichen
Untersuchung
Beim RLS werden eine primäre (idio­
pathische) und eine sekundäre
(symp­
tomatische) Form unterschie­
den. Die körperliche und neurologi­
sche Untersuchung ist beim primä­
ren RLS meistens unauffällig. Bei
dieser Form kann keine auslösende
Grunderkrankung diagnostiziert wer­
den.
Das sekundäre RLS kann
durch bestimmte andere Erkrankun­
gen verursacht sein. Insbesondere
sind hier Nierenfunktionsstörungen,
Eisenmangelanämie beziehungs­
weise erniedrigtes Ferritin (das
Eisenspeicherprotein) oder auch
Schilddrüsenfunktionsstörungen zu
nennen. Ein sekundäres RLS kann
auch durch Medikamente ausgelöst
oder verstärkt werden. Hier sind ins­
besondere die Psychopharmaka zu
nennen wie die klassischen (selte­
ner auch die atypischen) Neurolepti­
ka oder ältere und modernere An­
tidepressiva wie das Mirtazapin be­
ziehungsweise die Serotonin-Wie­
deraufnahmehemmer.
Ein RLS kann auch bei be­
stimmten neurologischen Erkran­
kungen (etwa bei Polyneuropathien,
Myelopathien, Multipler Sklerose,
Morbus Parkinson und spinozere­
bellären Ataxien) häufiger auftreten
als in der gesunden Normalbevölke­
rung, ohne dass ein ursächlicher Zu­
sammenhang vorliegt. Bei diesen
RLS-Formen sind entsprechende in­
ternistische und neurologische Auf­
fälligkeiten vorhanden. Auch wäh­
rend einer Schwangerschaft können
RLS-Beschwerden auftreten, die in
der Regel nach der Geburt vollstän­
dig abklingen.
Zusatzuntersuchungen
Die Messung der Nervenleitge­
schwindigkeit sollte bei entspre­
chenden klinischen Hinweisen zur
Abgrenzung von Polyneuropathien
durchgeführt werden. Zu den rele­
vanten Laboruntersuchungen gehö­
ren die Bestimmung von Eisen und
Ferritin, die Nierenfunktionswerte
und das Schilddrüsenhormon (TSH).
Obwohl Schlafstörungen ein
häufiges Symptom sind, ist eine po­
lysomnographische Untersuchung
im Schlaflabor nur ausnahmsweise
notwendig. Eine solche Ausnahme
liegt beispielsweise vor, wenn eine
ausgeprägte Tagesmüdigkeit beklagt
wird, die möglicherweise durch eine
gleichzeitig bestehende nächtliche
Atmungsstörung bedingt ist. Typi­
scherweise haben RLS-Patienten
ein fragmentiertes Schlafprofil mit
häufigen Wachphasen, einer verlän­
gerten Einschlaflatenz und vermehr­
ten Anteilen von Leichtschlaf. Bei
fast allen Patienten lassen sich zu­
dem periodische Beinbewegungen
im Schlaf nachweisen, die ihrerseits
die Schlafstruktur beeinträchtigen
können. Diese Beinbewegungen
können auch mittels einer ambulant
durchführbaren Fuß-Aktigraphie ge­
messen werden. Der Vorteil ist, dass
diese Technik nicht nur zu diagnosti­
schen Zwecken, sondern auch zur
Objektivierung der Ergebnisse einer
medikamentösen Behandlung einge­
setzt werden kann. Nachteilig ist,
dass der Schlaf nicht gemessen wer­
den kann, und daher der Bezug der
Beinbewegungen zu den Schlafsta­
Fortsetzung auf Seite 10
9
10
SYNAPSE Mai
Psychiatrie
11
Fortsetzung von Seite 9
dien sowie möglichen Weckreaktio­
nen nicht erfasst wird.
Pathophysiologie des RLS
Die Ursache des RLS ist bisher noch
nicht bekannt. Aufgrund der guten
therapeutischen Wirksamkeit von
dopaminergen Medikamenten geht
man von einer Beteiligung dieses
Neurotransmittersystems aus. Beim
idiopathischen RLS wurden bisher
keine strukturellen Veränderungen
des zentralen Nervensystems be­
schrieben.
In bildgebenden Untersu­
chungen mittels SPECT (Einzelpho­
tonen-Emissions-Computerthomo­
graphie) sowie PET-Technik (Posi­
tronen-Emissions-Tomographie) fan­
den sich vereinzelt grenzwertig
erniedrigte Rezeptorbindungen, die
auf eine Funktionsstörung im dopa­
minergen System hinweisen, sich
aber teilweise auch widersprechen.
Sonographische,
laborchemische
und einzelne neuropathologische
Untersuchungen sind auch mit ei­
nem verminderten Eisenspeicher im
Gehirn von RLS-Patienten vereinbar.
In letzter Zeit sind geneti­
sche Aspekte in das Zentrum der
RLS-Forschung gerückt, da über
50% der Patienten mit einem idio­
pathischen RLS eine positive Fami­
lienanamnese aufweisen. Im Rah­
men von genomweiten Assoziati­
onsstudien sind spezifische geneti­
sche Risikovarianten identifiziert
worden, wobei die Rolle dieser
Gene im Zusammenhang mit dem
RLS noch nicht bekannt sind. Man
darf aber davon ausgehen, dass es
sich beim idiopathischen RLS um
eine komplexe genetische Erkran­
kung handelt.
Behandlung des RLS
Schla
f
Quo v medizin
adis?
2015
Bezirk
sklinik
um R
IBP –
egens
Hörsa
burg
al
EINLA
DUNG
26./2
7. Jun
i 2015
Die Indikation zur Thera­
pie stellt sich aus dem
subjektiven
Leidens­
druck,
insbesondere
dem Ausmaß des Bewe­
gungsdrangs beziehungs­
weise der Missempfindun­
gen und der Schlafstörun­
gen. Anamnestisch ist zuvor
zu klären, ob Substanzen
eingenommen werden, die
ein RLS verstärken oder aus­
lösen können. Diese sind nach
Möglichkeit umzustellen.
+++ Veranstaltungshinweis +++
Der diesjährige Kongress „Quo
vadis?“ des Schlafmedizinischen
Zentrums am 26./27. Juni 2015
widmet sich dem Restless Legs
Syndrom. Er findet am medbo
Bezirks­klinikum Regensburg statt.
Die b
eweg
t
nächt
Restle e Nacht –
liche
s
s
Bewe
gungs Legs und
stö
runge
n
Informationen zu Programm,
Teilnahme und Anmeldung unter
www.quo-vadis-schlafmedizin.de
Beim sekundären RLS steht
zunächst die Behandlung bezie­
hungsweise Beseitigung der zugrun­
de liegenden Störung im Vorder­
grund. Die Eisensubstitution stellt
eine Therapieoption bei Eisen bezie­
hungsweise Ferritinmangel dar.
Nicht-medikamentöse Be­hand­lungs­
formen bei leichteren RLS-Be­
schwerden umfassen schlafhygieni­
sche und verhaltenstherapeutische
Maßnahmen sowie das Meiden von
abendlichem Koffein-, Nikotin- und
Alkoholgenuss.
Für die medikamentöse Be­
handlung gilt, dass es sich um eine
rein symptomatische Therapie han­
delt. Die Auswahl des Medikamen­
tes sowie die Einstellung der Dosis
sind für jeden Patienten individuell
zu optimieren. In Deutschland sind
die Präparate L-Dopa in Kombinati­
on mit Benserazid (Restex® und
Restex retard®) in der Standard- und
Retardform sowie die Dopaminago­
nisten Pramipexol (Sifrol®) und Ro­
pinirol (Adartrel®) sowie Rotigotin
(Neupro®) als Pflaster für die Indika­
tion RLS zugelassen. Die wichtigste
Komplikation einer dopaminergen
Therapie besteht in der Gefahr der
Entwicklung einer Zunahme der
RLS-Beschwerden (so genannte
Aug­mentation). Es handelt sich hier
um eine paradoxe Reaktion auf die
Behandlung, die sich in einer kürze­
ren Zeitspanne bis zum Auftreten
der Beschwerden in Ruhesituatio­
nen, einer Symptomausbreitung auf
die Arme sowie einer höheren Inten­
sität der Symptome äußern kann.
Bei unzureichendem Ansprechen
auf Dopaminergika oder Komplikati­
onen kann das Opioid Oxycodon/
Naloxon (Targin®) verordnet werden,
das seit kurzem in der Behandlung
des RLS zugelassen ist. Nicht zuge­
lassene, aber insbesondere bei
schmerzhaften RLS-Formen einge­
setzte Substanzen sind die Antikon­
vulsiva Pregabalin und Gabapentin.
Prof. Dr. med. Thomas C. Wetter
ist geschäftsführender Oberarzt
an der Klinik und Poliklinik für
Psychiatrie und Psychotherapie
der Universität Regensburg am
Bezirksklinikum und Leiter der
Forschungsgruppe Schlaf und
Vigilanz
Integrierte psychiatrische Versorgung von Menschen mit Intelligenzminderung
Ganz besondere Patienten
Dr. Josephine Röder-Aigner, Kerstin Prem
Intelligenzgeminderte Patienten
können an den gleichen psychiatrischen Erkrankungen leiden, wie
die
Durchschnittsbevölkerung
auch. Aber es erfordert viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen
seitens der betreuenden Ärzte,
Therapeuten und Pfleger, diese
Erkrankungen richtig zu diagnostizieren und zu behandeln.
I
m Laufe der Jahre ist das Krank­
heitsbild dieser Patienten viel­
schichtiger erfasst worden. Trotzdem
braucht es viel Erfahrung, um spezifi­
sche Verhaltensweisen der Patien­
ten bei Diagnose und Behandlung
mit einzubeziehen. Da Menschen mit
Behinderung oft ihr Befinden nicht
verbal zum Ausdruck bringen kön­
nen, erfordert es viel Geschick, mög­
liche Symptome richtig zu deuten.
Ein Mensch, der Sprechen kann,
kann beispielsweise bei Kopfschmer­
zen sagen, dass er Schmerzen hat.
Ein intelligenzgeminderter Patient,
der verbal eingeschränkt ist, reagiert
indes möglicherweise mit Kopf ge­
gen die Wand schlagen.
So zeigt sich eine Depression
etwa durch Nahrungsverweigerung
oder aggressiv empfundener Ab­
wehrhaltung. Ein „quirliger“ Heimbe­
wohner, der sonst die Wohngruppe
auf Trab hält, sich dann auf einmal
zurück zieht und „gebessert“ wirkt,
muss nicht zwangsläufig eine De­
pression haben – jedoch könnte es
ein Anzeichen dafür sein.
Das Verhalten dieser Patien­
ten ist oft nicht eindeutig mit den ty­
pischen psychiatrischen Sympto­
men vergleichbar. Es erfordert also
teilweise „detektivisches“ Gespür,
das Verhalten der Patienten richtig
einzuordnen und dementsprechend
ein adäquates Behandlungskonzept
aufzubauen. Oftmals passiert es je­
doch aufgrund der unklaren Ein­
schätzung der Symptome, dass Pa­
tienten erst eingewiesen werden,
wenn der Leidensdruck sowohl für
Patient als auch Angehörige sehr
groß ist. Die Behandlung bean­
sprucht dann deutlich längere Zeit
als bei frühzeitiger Intervention.
Besonderes stationäres
Behandlungskonzept
Die medbo bietet seit 1993 auf einer
spezialisierten Station (Station 11A)
am Bezirksklinikum Regensburg
psychiatrische Behandlung für Men­
schen mit Intelligenzminderung an.
Die Station gehört zum Zentrum für
Allgemeinpsychiatrie II der Klinik und
Poliklinik für Psychiatrie und Psycho­
therapie der Universität Regensburg.
Das multiprofessionelle Team mit
überwiegend langjähriger Erfahrung
im Umgang mit geistig behinderten
Menschen besteht aus einem Ober­
arzt, zwei Stationsärzten, einem So­
zialpädagogen, einer Psychologin,
einem Heilpädagogen, Gesundheitsund Krankenpflegern, Heilerzie­
hungspflegern und Pflegehelfern.
Im Prinzip können alle psy­
chiatrisch-psychosomatischen
Er­
krankungen behandelt werden. Be­
sonderes Augenmerk wird aufgrund
häufiger Multimorbidität auf die Emp­
findlichkeit bezüglich Nebenwirkun­
gen gerichtet. Dementsprechend
muss stark auf die Interaktion zwi­
schen Psychopharmaka und sonsti­
gen Medikamenten geachtet werden.
Neben der psychiatrisch-so­
matisch-medikamentösen Behand­
Fortsetzung auf Seite 12
SYNAPSE Mai
Psychiatrie
Fortsetzung von Seite 11
lung entwirft das Team auch ein indi­
viduelles Behandlungskonzept ba­
sierend auf einem breiten Spektrum
an heilpädagogischen und verhal­
tenstherapeutischen Behandlungs­
möglichkeiten. In Einzel- und oder
Gruppentherapien wird das Verhal­
ten der Patienten genau beobachtet
und anschließend ein individuelles
Verhaltenskonzept für den Patienten
erarbeitet. Dies kann die Teilnahme
an verschiedenen Angeboten bein­
halten, um beispielsweise die Fähig­
keit, in einer Werkstätte für Behin­
derte zu arbeiten, wieder aufzubau­
en. Oder es geht um basale Ansätze
wie etwa die tägliche selbstständige
Körperpflege.
Durch die verhaltensthera­
peutischen Maßnahmen können we­
sentliche Änderungen im subjekti­
ven Befinden, in der Lebensqualität
und im Sozialverhalten erzielt wer­
den. Für einzelne Patienten, die mit
einer Autismus-Spektrum-Störung
auf Station kommen, versucht das
Team mit mitgebrachten TEACCH
Plänen (Treatment and Education of
Autistic and related Communication
handicapped Children) zu arbeiten
oder gegebenenfalls neue Pläne
einzuführen.
Besondere Umgebung
Die Räumlichkeiten der Station 11A
werden kontinuierlich dem Klientel
angepasst. So werden zum Beispiel
Gemeinschaftsräume, in denen sich
tendenziell mehrere Patienten auf­
halten, nach und nach in einer ein­
heitlichen Farbe gestrichen. Ebenso
sind die Patientenzimmer, die als
Rückzugsmöglichkeit für die Patien­
ten dienen sollen, in einer einheit­
lichen Farbe gehalten. Somit ent­
steht ein klarer, optischer Reiz für
die Patienten.
Besonderen Wert wird auf
bewegungstherapeutische Angebo­
te gelegt, die zu Entspannung, Ab­
bau von aggressiven Impulsen, Auf­
bau von Selbstwertgefühl und bes­
serem Körpergefühl führen sollen.
Hierfür steht nicht zuletzt ein ge­
schützter Garten zur Verfügung, der
den Patienten die Möglichkeit gibt,
sich auch trotz Begleitung zurück zu
ziehen.
Neues ambulantes Angebot
„Ambulant vor stationär“: Wie im
Bayerischen Landesentwicklungs­
plan Psychiatrie gefordert, sollte
nach Möglichkeit eine stationäre
Einweisung von Patienten vermie­
den werden. Vor einigen Monaten
startete ein umfangreiches ambulan­
tes Betreuungsangebot für intelli­
genzgeminderte Patienten, das wei­
ter ausgebaut werden soll. Hier kön­
nen Angehörige, Heimmitarbeiter
oder niedergelassene Fachärzte für
Beratung und Vorgespräche die Ärz­
te der Station kontaktieren.
Des Weiteren gibt es einen
Ambulanzarzt, der nach vertragli­
cher Vereinbarung Heime besucht
und dort die Behandlung und Diag­
nostik der Heimbewohner vor Ort
übernimmt. Um eine optimierte Be­
handlung dieser Heimbewohner zu
gewährleisten, stehen die Station
und der Ambulanzarzt in einem re­
gelmäßigen Austausch.
Umgang mit behinderten
Patienten
Menschen mit einer schwereren In­
telligenzminderung erfassen oftmals
den Sinn einer Untersuchung nicht
oder entwickeln allgemeine Ängste
und Widerstände dagegen. Das
macht die Diagnosestellung oft nicht
einfach. Deshalb ist es sehr wichtig,
dass beispielsweise die Röntgenab­
teilung des Bezirksklinikums mit gro­
ßem Verständnis und Geduld hilft,
damit die wichtigsten Untersuchun­
gen dennoch durchgeführt werden
können. Diagnostische Untersu­
chungen werden auch immer vom
Fachpersonal der Station begleitet.
Auch die Anamnese durch
Befragung des Patienten gestaltet
sich oft als schwierig. Wichtig sind
hier die Bezugspersonen wie Heim­
mitarbeiter, die den Aufnahmepro­
zess unmittelbar begleiten. Es be­
darf sonst viel Zeit und Geschick, um
an belastbare Informationen zu kom­
men. Ergänzt werden die erhobenen
Daten durch die körperliche Unter­
suchung, psychologische Testung
und Laboruntersuchungen sowie
EKG (Elektrokardiogramm) und
EEG (Elektroenzephalogramm).
Grundsätzlich sind in allen
Phasen der Therapie geschulte und
erfahrene Mitarbeiter von besonde­
rer Bedeutung. Beobachtung und
Analyse des Verhaltens sowohl aus
ärztlicher, als auch aus (heil-) päda­
gogischer und pflegerischer Sicht
sind unumgänglich. Dadurch lassen
sich Tagesschwankungen, situative
Zusammenhänge oder Hinweise
etwa auf epileptisches Geschehen
am besten entdecken. Die zu be­
treuenden Patienten werden daher
auf Station von der Aufnahme bis hin
zur Entlassung im Rahmen einer Be­
zugspflegegruppe begleitet.
Dr. Josephine Röder-Aigner
ist Oberärztin, Kerstin Prem
ist Stationsleiterin der Station 11A
am Bezirksklinikum Regensburg
Inklusive pädagogische Methode: Heilpädagogik
Heilpädagogik versteht sich als eine spezialisierte Disziplin innerhalb
der Pädagogik. Der Begriff leitet sich vom griechischen „Holos“ ab,
was „Ganz“ bedeutet. In der Bezeichnung spiegelt sich bereits die
Maxime heilpädagogischen Denkens und Arbeitens: die „Ganzheitlich­
keit“. Sie meint die Berücksichtigung aller Dimensionen menschlichen
Lebens. Sowohl die physische und psychische Konstitution einer
Person, als auch sämtliche sozialräumlichen Bezüge werden bei der
Interventionsplanung grundsätzlich ressourcenorientiert berücksichtigt.
Heilpädagogik begegnet Störung, Krankheit und Behinderung nicht als
isolierten Phänomenen, sondern als Bestandteilen menschlicher Funk­
tionsfähigkeit. Sie versucht, sich durch den Erhalt, Aufbau und die
Förderung bestehender personaler, sozialer wie materieller Ressour­
cen von defektorientierten Perspektiven auf Funktionseinschränkun­
gen zu lösen.
Grundsätzliches Ziel heilpädagogischer Arbeit ist es, Menschen mit
erschwerten Entwicklungsbedingungen jeden Lebensalters ein
Höchstmaß an Teilhabe und autonomer Lebensführung zu ermögli­
chen. Das beschriebene heilpädagogische Paradigma zeichnet sich
international wohl am deutlichsten in der UN-Konvention über die
Rechte von Menschen mit Behinderungen und der ICF (International
Identification of Functioning) ab.
Station 11A versucht, diese ressourcenorientierte und komplexe
Herangehensweise durch Anwendung unterschiedlicher (heilpädago­
gischer) Methoden (wie Psychomotorik, Heilpädagogische Spielthera­
pie), aber auch unter dem Aspekt der Heilpädagogischen Diagnostik
umzusetzen.
13
SYNAPSE Mai
Psychiatrie
Patienten-Perspektive Psychose
Sinn im Sinnlosen?
Klaus Nuißl
Es klingt wie eine Provokation,
bei Psychosen von „Sinn“ zu
sprechen. Es klingt für manche
Menschen sogar eher nach einem
Scherz. Aber dennoch glaube ich
aufgrund meiner eigenen Erfahrungen mit Psychosen und aufgrund der Erfahrungen von anderen Betroffenen, deren Biographien ich kennenlernen durfte, dass
es nicht so abwegig ist, sich auch
auf diese andere, erst einmal absurd klingende Sicht einzulassen.
I
m Buch Hiob des Alten Testaments
kommen die Freunde des Hiob
nicht gut weg: Sie raten Hiob zu
überlegen, was es denn für einen
Sinn haben könnte, dass er diese
schweren Prüfungen zu erleiden
habe. Er solle in seinem Leben nach
den Ursachen suchen. Ich denke,
aus diesem Fehler sollte man ler­
nen. Ich möchte nicht für andere
Menschen sprechen: zu unter­
schiedlich ist das Erleben, zu unter­
schiedlich sind die Menschen und
das, was sie erfahren.
Deshalb gleich vorweg: Es
soll in diesem Artikel nicht darum ge­
hen, dass ich andere Menschen, die
ihre Psychosen und ihr Erleben als
sehr leidvoll und negativ wahrneh­
men, vor den Kopf stoßen möchte.
Deswegen will ich nur von mir spre­
chen. Aber der Reihe nach. Erst ein­
mal möchte ich erklären, warum
meine Psychosen in meinem Leben
einen Sinn gemacht haben.
burg (BKR), nach Abbruch des Ur­
laubs und der Rückkehr aus Italien,
fand ich wieder zu einem gesunden
Schlaf- und Wachrhythmus und zu
einer ersten Erholung.
Psychose ganz persönlich
Wie kam es dazu? Was sind
die Ursachen? Es gibt keine allzu
einfache Antwort auf diese Frage.
Eine Stationsärztin verhalf mir den­
noch zu einem für mich sehr bedeut­
samen Verständnis meines Erle­
bens. Sie erklärte sich meine Psy­
chose als eine Art ungünstige Lösung
von einer Lebenskrise, einer ausweg­
losen Situation. Natürlich ist auch
mein Hirnstoffwechsel nicht der Glei­
che gewesen wie in einem entspann­
ten, nicht psychotischen Zustand –
auch Medikamente empfinde ich
deshalb als ein Hilfsmittel. Aber das
Verständnis des Erlebens im Zusam­
menhang mit der eigenen Biographie
und der eigenen problematischen
Lebenssituation ist für mich das ent­
scheidend Hilfreiche gewesen.
Meine erste Psychose habe ich mit
19 Jahren erlebt. Ich machte gerade
einen Urlaub in Italien. Der Beginn
der Psychose, die ich damals natür­
lich nicht als solche wahrnahm, war
eigentlich auch noch von sehr positi­
ven Gefühlen begleitet. Ich fühlte
mich magisch aufgeladen, hatte tiefe
positive Emotionen und „alles“ hing
„irgendwie“ geheimnisvoll zusam­
men. Es fühlte sich an wie ein schö­
ner Traum. Allerdings ohne ein Auf­
wachen.
Das Erwachen gab es nicht,
weil ich nicht schlief. Diese Ruhelo­
sigkeit setzte mich dann auch zu­
nehmend unter Druck: ich konnte
nicht mehr abschalten und meine
Gedanken kamen nicht mehr zum
Stillstand. Das Erleben machte mir
zusehends Angst. Ich fühlte mich
hilflos dem schnellen Denken und
dem sprunghaften Assoziieren aus­
geliefert. Es gab einfach keine Ent­
spannung mehr! Erst auf einer Stati­
on des Bezirksklinikums Regens­
Sinnhaftigkeit des
scheinbar Sinnlosen
Seitdem habe ich sehr viel darüber
nachgedacht, ob es einen Sinn ge­
macht hat, was ich erlebt habe, ob
es mir weitergeholfen hat. Und ich
kann es mit „ja“ beantworten. Es war
wichtig für mich, dass ich das erlebt
habe. Es hat mich auf meinem Le­
bensweg entscheidend voran ge­
bracht. Es waren die existenziellen
Fragen, denen ich mich stellen
musste: Warum erlebe ich das? Was
will ich wirklich? Was ist wirklich
wichtig? Natürlich kann man das
auch herausfinden, ohne eine Psy­
chose zu bekommen. Aber eine
schwere Krankheit zwingt einen,
sich mit diesen Fragen auseinander
zu setzen. Jetzt ist es so, dass ich
mich sehr gut wieder erhole von mei­
nen psychotischen Episoden.
Aber was ist mit Menschen,
die dauerhaft unter psychotischem
Erleben leiden? Eine Frage, die ich
nicht beantworten kann – ich kann
nur sagen, wie ich es bei mir erlebt
habe und wie es auch andere Men­
schen erlebt haben. Dass ich mit mei­
nem Weg nicht alleine bin, das kann
man auch in dem Buch „Der Sinn
meiner Psychose“, herausgegeben
von Hartwig Hansen, nachlesen. Dort
berichten immerhin 20 Psychose-er­
fahrene Menschen, warum sie von
einem Sinn sprechen können.
Mehr als eine gestörte
Stoffwechselfunktion
Ich glaube es ist sinnvoll, sich mit
dem Lebensgefüge auseinander zu
setzen, in dem Menschen stehen,
die eine Psychose erleben. Eine
Verkürzung auf einen Hirnstoffwech­
sel, der sich anders verhält als bei
nicht psychotischen Zuständen, ist
meiner Erfahrung nach nicht hilf­
reich: Es braucht mehr als das.
Aber um nicht falsch verstan­
den zu werden: ich möchte nicht po­
larisieren zwischen zwei zu einfa­
chen Sichtweisen „Medikamente ja
oder nein“. Das wird der Thematik
einfach nicht gerecht. Es ist für mich
ein Hilfsmittel, dass es Medikamente
gibt, die in schwierigen Situationen
helfen, das Erleben besser zu ertra­
gen. Wenn ich schwere Kopfschmer­
zen habe, bin ich sehr froh, dass es
Medikamente gibt – analog sind
schwer zu ertragende psychische
Leiden durch Medikation oft erst eini­
germaßen zu ertragen. Aber ich weh­
re mich gegen das einseitige Bild,
das leider damit oft vermittelt wird:
Psychische Erkrankungen seien
nichts anderes als Erkrankungen des
Gehirns, letztlich also somatischer
und organischer Natur und damit vor
allem medikamentös zu behandeln.
Wenn wir uns nicht als Roboter ver­
stehen wollen, sondern auch als
Menschen mit einer Person und ei­
nem inneren Erleben, das nicht auf
Neurotransmitter reduziert werden
kann, darf die materielle Sicht nicht
die alleinig vorherrschende sein.
Aber zurück zu meinem ei­
gentlichen Thema: Erst durch die
Auseinandersetzung mit meiner Le­
benssituation, den Problemen und
den Bedürfnissen, die ich als Person
hatte, habe ich zu einem zufriede­
nen und meiner Ansicht nach sogar
besseren Leben gefunden, als vor
der Erkrankung.
Krankheit mit Pausen –
Normalität mit Unterbrechung
Ob man überhaupt von „Erkrankung“
in den Phasen zwischen Episoden
oder nach psychotischen Episoden
sprechen sollte, bezweifle ich sehr.
Es klingt zu sehr danach, als würde
die Psychose durch die Medikation
„gedeckelt“ und wäre immer vorhan­
den. Das ist nicht mein Erleben. Ich
habe allenfalls eine erhöhte Anfällig­
keit für Psychosen, aber nicht an­
dauernd eine schizophrene Psycho­
se.
Nicht, dass ich das psychoti­
sche Erleben wiederhaben möchte.
So schön es anfangs auch gewesen
ist, es ist dennoch immer wieder ge­
kippt ins Negative. Es ist mit Klinik
und medikamentöser Hochdosie­
rung verbunden, mit erschöpften
und gequälten Angehörigen und al­
lerlei Peinlichkeiten, die einem im­
mer erst hinterher klar werden. Es
macht für mich keinen Sinn, sich das
zu wünschen. Aber die Auseinander­
setzung mit allem, was dazu gehört
zum Kranksein – auch stark stigma­
tisiert zu werden – kann enorm zum
Denken anregen und das Leben po­
sitiv verändern.
Und das war etwas, was ich
damals und später auch immer wie­
der nötig hatte. Nachzudenken über
mich, meine Einstellungen, die Ent­
scheidungen, es anders zu machen
als die meisten. Es ging und geht
dabei nicht um Kurzschlussreaktio­
nen oder darum, in das andere Ex­
trem zu verfallen. Nein, es geht dar­
um, sich gründlich mit sich selbst
auseinander setzen zu müssen. Die­
se Auseinandersetzung hat mir gut
getan und es würde mir noch besser
gehen, hätte ich es mehr gemacht.
Patient und Spezialist
Ich kann behaupten, dass die Psy­
chose sehr viel Sinnvolles in mein
Leben gebracht hat. So bin ich jetzt
fast ausschließlich beruflich damit
beschäftigt, eine eher fachliche Sei­
te auf das Thema mit einer persön­
lichen, selbst erfahrenen Sicht zu­
sammenzubringen. Da ich Psycho­
logie studiert und auch kurz in der
Forschung gearbeitet habe, habe ich
viele verschiedene Perspektiven auf
das Thema kennenlernen dürfen.
Die persönliche Erfahrung ist
dabei die wichtigste, sie ergänzt und
ersetzt auch mein fachliches Wissen
über die Erkrankung. Gerade auch
die Auseinandersetzung mit dem
Leib/Seele-Problem, das die Wis­
senschaft in unserer heutigen Zeit
teilweise so einseitig aufgelöst hat
und auch immer noch auflöst, finde
ich extrem spannend. Das Interesse
an dieser Thematik, mein berufliches
Ausrichten auf die soziale Psychia­
trie: all das hat mich sehr bereichert.
Klaus Nuißl ist Psychologe
und Vorstand des Vereins
Irren ist menschlich e.V.
15
16
SYNAPSE Mai
Psychiatrie
Psychosoziale Arbeitsgemeinschaften und
Regionale Steuerungsverbünde
Unterstützung psychisch
kranker Menschen
Thomas Fehr, Renate Neuhierl
Die Psychosozialen Arbeitsgemeinschaften
(PSAG)
beziehungsweise die Regionalen Steue­
rungsverbünde (RSV) sind Zusammenschlüsse aller an der Versorgung von Menschen mit
psychischen Erkrankungen beteiligten Dienste, Einrichtungen und
Behörden einer Oberpfälzer Region. Ihr Ziel: Vernetzung und Kooperation zum Wohl und im Interesse aller psychisch kranken
Menschen in der Oberpfalz.
A
uftrag der PSAG/RSV ist die
Feststellung von Versorgungs­
lücken in der Region, die Erarbeitung
von Vorschlägen zur Behebung von
Defiziten sowie die Vernetzung und
Kooperation aller an der Versorgung
psychisch kranker Menschen betei­
ligten Professionen und Einrichtun­
gen. Dazu erfassen die PSAG/RSV
die Strukturen der psychiatrischen
Versorgung und fördern die Zusam­
menarbeit. Sie ermitteln den Bedarf
im Bereich der regionalen psychoso­
zialen Versorgung und erarbeiten
Vorschläge zur Verbesserung.
Die PSAG/RSV möchten aber
vor allem eines: Vorurteile gegen­
über Menschen mit psychischen Er­
krankungen abbauen.
Verbund der Oberpfälzer
Psychosozialen
Arbeitsgemeinschaften
Die PSAG/RSV sind zusätzlich zur
Organisation vor Ort oberpfalzüber­
greifend in der Psychosozialen Ar­
beitsgemeinschaft der Oberpfalz zu­
sammengeschlossen und wählen
einen Sprecher, der sie unter ande­
rem im Planungs- und Koordinie­
rungsausschuss des Bezirks Ober­
pfalz vertritt.
Der Bezirk Oberpfalz ist einer
der wichtigsten Partner der PSAG/
RSV. Über die Bezirkssozialverwal­
tung bietet er nicht nur finanzielle
Hilfen für psychisch kranke Men­
schen an. Über seinen Kranken­
hausträger medbo betreibt der Be­
zirk an sechs Standorten – Amberg,
Cham, Parsberg, Regensburg, Wei­
den und Wöllershof – Einrichtungen
mit ambulanten, stationären und/
oder teilstationären Versorgungsan­
geboten. Was viele nicht wissen: In
Bayern haben die Bezirke den ge­
setzlichen Auftrag zur stationären
Versorgung der Bevölkerung in den
Fachbereichen Psychiatrie, Neurolo­
gie und Suchtmedizin.
Wenngleich alle PSAG/RSV
die gleichen Aufgaben haben, unter­
scheiden sie sich dennoch in ihren
jeweiligen Strukturen. Exemplarisch
soll hier die Struktur der PSAG Nord­
oberpfalz kurz dargestellt werden.
Struktur am Beispiel
PSAG Nordoberpfalz
Derzeit sind in der PSAG Nordober­
pfalz nahezu 70 Organisationen und
Einrichtungen aus dem psychosozi­
alen Bereich – von der Beratungs­
stelle, über das Bezirks­
klinikum
Wöllershof bis hin zu Jugend- und
Sozialämtern – organisiert. Obers­
tes Gremium ist die Mitgliederver­
sammlung, die dreimal im Jahr tagt
und aus deren Mitte der Vorstand
gewählt wird. Die Geschäftsführung
wird von den Landratsämtern Tir­
schenreuth und Neustadt an der
Waldnaab wahrgenommen.
Anträge von Einrichtungsträ­
gern, etwa zur Schaffung von Plät­
zen für eine betreute Wohngemein­
Die Aufgaben der PSAG/RSV
Diese ergeben sich aus den Grundsätzen zur Versorgung von
Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bayern der Bayerischen
Staatsregierung und sind im Wesentlichen:
• Regionale Berichterstattung über Psychiatrie, Psychotherapie
und Psychosomatik
• Erfassung vorhandener Einrichtungen und Dienste im Bereich
der psychiatrischen Versorgung und Betreuung
• Durchführung von Präventionsmaßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit
• Unterstützung der Anti-Stigma-Bewegung
• Initiierung von regionalen Beschwerdestellen
• Anregung von und Mitwirkung bei sozialpolitischen Initiativen
• Koordinierungsfunktionen
• Ermittlung und Formulierung des regionalen Bedarfs
Die Geschäftsstellen sind bei den jeweiligen Gesundheitsämtern
der Landkreise angesiedelt.
schaft für psychisch kranke Men­
schen, müssen an die Geschäfts­
führung der PSAG gerichtet werden.
Die Mitgliederversammlung ent­
scheidet über den Antrag mehrheit­
lich. Als Entscheidungshilfe dient die
Stellungnahme des vorgeschalteten
Prüfungsausschusses,
der
mit
Fachleuten aus unterschiedlichen
Fachrichtungen (Psychologie, Sozi­
alarbeit, Ämter et cetera) besetzt ist.
Nur Anträge, zu denen die PSAG/
RSV ein Votum abgegeben haben,
werden auch im Planungs- und Ko­
ordinierungsausschuss des Bezirks
Oberpfalz behandelt. Dieser gibt
eine Empfehlung per Mehrheitsbe­
schluss an den Sozialhilfe-Aus­
schuss des Bezirkes, der letztlich
über die Genehmigung und Finan­
zierung entscheidet. Die PSAG/
RSV kommen damit ihrer Koordinie­
rungs- und Steuerungsfunktion im
weiteren Sinne nach. Die Versor­
gungsverantwortung im engeren
Sinne bleibt bei den Leistungsträ­
gern im Rahmen ihrer gesetzlichen
Aufgabenzuweisung.
Die Initiative für neue Ange­
bote und Dienstleistungen geht aber
nicht nur von den Trägern selbst
aus, sondern wird auch sehr oft in
den Arbeitskreisen der PSAG ermit­
telt und formuliert. Derzeit gibt es in
der PSAG Nordoberpfalz Arbeits­
kreise in den Bereichen Kinder und
Jugendliche, Erwachsene, alte so­
wie suchtkranke Menschen.
Aufklärung und
Anti-Stigma-Arbeit
Ein weiterer breiter Aufgabenbereich
ist die Öffentlichkeitsarbeit und die
Unterstützung der Anti-Stigma-Be­
wegung. Diesen Aufgaben hat sich
die PSAG Nordoberpfalz in den ver­
gangenen Jahren intensiv gewid­
met. Unter starkem Einbezug von
psychiatrieerfahrenen
Menschen
wurde etwa 2010 die Ausstellung
„Grenzen erleben“ in Weiden ge­
zeigt, die der Bevölkerung nicht zu­
letzt über Selbsterfahrungsräume
die Krankheitsbilder Psychose und
Depression vorstellte.
Aber auch das Psychose-Se­
minar, in dem sich Selbstbetroffene,
in der Psychiatrie Tätige sowie An­
gehörige regelmäßig zu einem trialo­
gischen offenen Austausch treffen,
wird von der PSAG mit veranstaltet.
Ein wichtiges Modul sind die Ober­
pfälzer Psychiatrietage, die alle zwei
Jahre von den PSAG/RSV ausgetra­
gen werden.
Die PSAG/RSV setzen auch
regelmäßig Themen auf die Agenda,
deren Bearbeitung und Lösung drin­
gend notwendig sind. So hat die
PSAG Nordoberpfalz in einem mehr­
jährigen Prozess immer wieder auf
die Unterversorgung im psychothe­
rapeutischen Bereich in der Nord­
oberpfalz hingewiesen und dies
auch breit medial kommuniziert. Die
Thematik wurde im Jahr 2013 auch
in einem gemeinsamen Fachtag mit
dem Bezirksklinikum Wöllershof pro­
minent bearbeitet. Mit Erfolg: in
jüngster Zeit konnte eine leichte Ver­
besserung durch die Schaffung von
mehr Therapeutensitzen in der Regi­
on erreicht werden.
Zusätzlich war es den Ober­
pfälzer PSAG/RSV immer ein großes
Anliegen, Bedarfe und Problemati­
ken im Bereich der psychosozialen
Versorgung auch zeitnah an die Ent­
scheidungsträger in der Politik her­
anzutragen. Der Austausch „Politik
und Praxis im Dialog“ mit den Vorsit­
zenden der Bezirkstagsfraktionen
findet inzwischen jährlich mindes­
tens einmal statt und hat sich in der
Vergangenheit Themen wie Geron­
Fortsetzung auf Seite 18
18
(v.l.n.r.) medbo-Vorstand Kurt Häupl,
Chefarzt Dr. Dr. Helmut Hausner,
Gesundheitsministerin Melanie Huml,
Bezirkstagspräsident Franz Löffler
SYNAPSE Mai
Psychiatrie
Fortsetzung von Seite 17
topsychiatrische Versorgung oder
Arbeitsmöglichkeiten für psychisch
kranke Menschen gewidmet. Aktu­
ellstes Thema ist die Frage eines
Oberpfalz-weiten
Krisendienstes.
Die Initiative ist inzwischen in eine
Arbeitsgruppe des Planungs- und
Koordinierungsausschusses gemün­
det und wird dort weiterbearbeitet.
Im Mittelpunkt: Inklusion
Der wichtige Beitrag, den die PSAG/
RSV leisten, wird nur möglich durch
das große Engagement vieler Ein­
zelner, die sich in den Gremien der
PSAG/RSV engagieren. Neben ihrer
beruflichen Arbeit investieren diese
Menschen viel Zeit und Kraft, um
dem großen gemeinsamen Ziel kon­
tinuierlich ein Stück näher zu kom­
men: dass Menschen mit psychi­
schen Erkrankungen zu ihrer Krank­
heit ohne Angst vor Stigmatisierung
stehen können, dass sie unterstützt
und begleitet werden, dass sie wie
selbstverständlich in einem inklusi­
ven Gemeinwesen und einer inklusi­
ven Arbeitswelt teilhaben und ihre
Fähigkeiten und Talente
PSAG/RSV in der Oberpfalz
• Regionaler Steuerungs­
verbund Amberg-Sulzbach
(PSAG)
• PSAG Cham
• PSAG Neumarkt
• PSAG Schwandorf
• Regionaler Steuerungs­
verbund Regensburg (PSAG)
• PSAG Nordoberpfalz
in den Sozialraum, in dem sie leben,
einbringen können.
Gerade in jüngster Zeit ist es
gelungen, die Betroffenenperspekti­
ve viel stärker in den Mittelpunkt zu
rücken. Vor allem Selbsthilfegruppen
und Angehörigenvereinen ist dies zu
verdanken. Aus Sicht der Arbeitsge­
meinschaft der PSAG der Oberpfalz
ist dies eine gute und richtige Ent­
wicklung. Gerade im Gebiet der Psy­
chiatrie, die eine lange Geschichte
der Fremdbestimmung und Exklusi­
on hinter sich hat, ist es wichtig, den
Betroffenen zuzuhören: zu hören,
was sie wirklich brauchen und wün­
schen, um letztlich genesen und
mehr Lebensqualität zu gewinnen zu
können. Die Ex-In Bewegung, von
der ausgehend psychiatrieerfah­
rene Menschen inzwischen eine
Ausbildung als Genesungsbeglei­
ter absolvieren können, mit der es
ihnen möglich ist, in sozialpsychia­
trischen Einrichtungen und Diens­
ten zu arbeiten und ihre Perspektive
und Krankheitserfahrung einbringen
zu können, ist hier das jüngste und
von den PSAG/RSV unterstützte
Beispiel.
Dass diese Entwicklung vom
Bezirk Oberpfalz unterstützt wird, in­
dem alle Tagesstätten, Sozialpsychi­
atrischen Dienste und Suchtbera­
tungsstellen in der Oberpfalz Zu­
schüsse zu Personal-und Sachkos­
ten für die Beschäftigung von
Genesungsbegleitern bekommen, ist
hocherfreulich. Dies zeigt, dass in der
Oberpfalz alle an einem Strang zie­
hen: der Bezirk Oberpfalz, die Psychi­
atrieerfahrenen und die PSAG/RSV.
Thomas Fehr ist Erster Vorsitzender der PSAG Nordoberpfalz
und Sprecher der Oberpfälzer
Steuerungsverbünde/PSAG
Mit einem Festakt ist am 16. April
das Zentrum für Psychiatrie Cham
eröffnet worden. Der Neubau auf
dem bestehenden Gebäude des
Sana-Krankenhauses in Cham
umfasst über 2.100 Quadratmeter
und wurde auf einer Etage umgesetzt.
W
ir können die beste Medizin
nicht nur in Ballungsräumen
vorhalten. Die Erweiterung des medi­
zinisch-therapeutischen Programms
durch diese Klinik mit Tagesklinik und
Ambulanz hier in Cham ist für die
Menschen im ganzen Landkreis
Cham und darüber hinaus so wich­
tig“, betont Bezirkstagspräsident
Franz Löffler. Diese dezentrale Stra­
tegie verfolgen der Bezirk und die
medbo bereits seit 2002, als die psy­
chiatrische Tagesklinik in Cham ge­
gründet wurde.
Psychiatrisches Zentrum kooperiert mit somatischer Klinik
„Wir möchten dem Patienten Thera­
piemöglichkeiten bieten, die sich an
dessen individuellen Bedürfnissen
orientieren und ihn möglichst wenig
aus seinem gewohnten Lebensum­
feld herausreißen. Ein wichtiger Be­
standteil der Behandlung ist die Ein­
beziehung der Familie“, führte Löffler
aus und weiter: „Ich halte es auch für
sehr gelungen, dass das Psychiatri­
sche Zentrum an das somatische
Sana-Krankenhaus Cham angebun­
den ist, weil auf diese Weise die
Hemmschwelle für Patienten gerin­
ger ist, sich in eine psychiatrische
Therapie zu begeben. Eine Koopera­
tion, die bereits seit der Eröffnung
der Tagesklinik hervorragend funktio­
niert.“
Bayerns Gesundheitsministe­
rin Melanie Huml betonte in ihrem
Grußwort: „Durch den Ausbau der
Tagesklinik Cham zur psychiatri­
schen Vollversorgungsklinik ist im
Herzen der Oberpfalz ein umfassen­
des Versorgungsangebot in der Psy­
chiatrie entstanden. Das ermöglicht
den Patienten, eine wohnortnahe
Therapie anzunehmen, dabei in ei­
nem vertrauten Umfeld zu bleiben
und möglichst schnell wieder in Ge­
sellschaft und Beruf zurückzukehren.
Die Bayerische Staatsregierung un­
terstützt das zukunftsorientierte Bau­
vorhaben mit insgesamt 9,4 Millio­
nen Euro. Die hiesige Klinik ist auch
Einweihung Zentrum für Psychiatrie Cham
Beste Medizin für alle Patienten
ein gelungenes Beispiel für die Integ­
ration psychiatrischer Kliniken in
Krankenhäuser der Akutversorgung.“
Stationärer Versorgungsbetrieb
seit November 2014
Im April 2013 begann der Bau auf
dem Dach des Sana-Kreiskranken­
hauses und bereits im November
2014 konnten die ersten Patienten
eine fertiggestellte Station beziehen.
Seit Februar 2015 ist auch die zweite
Station für Patienten offen. Rund 490
Quadratmeter Therapieflächen ste­
hen dem Team von Chefarzt Dr. Dr.
Helmut Hausner und Pflegedienstlei­
ter Christoph Hadyna zur Verfügung.
In der neuen Klinik in Cham sind 94
Mitarbeiter beschäftigt.
Auf eine weitere und noch in­
tensivere Zusammenarbeit zwischen
den somatischen und den psychiatri­
schen Stationen unter einem bauli­
chen Dach freute sich Oliver Bren­
del, Geschäftsführer der Sana Klini­
ken des Landkreises Cham: „Wir ha­
ben den Neubau der Psychiatrischen
Klinik von Beginn an begrüßt. Da­
durch können wir unseren Patienten
eine integrierte Versorgung an einem
Ort bieten.“
Die Zusammenarbeit würdig­
te auch medbo-Vorstand Kurt Häupl
in seiner Begrüßung und hob die ge­
lungene Kombination zum Wohle der
Patienten hervor. „Die enge Zusam­
menarbeit mit somatischen Kliniken
ist ein wichtiges Ziel bei der Planung
und dem Ausbau der stationären und
teilstationären psychiatrischen Ver­
sorgung. Dass dies in Cham muster­
gültig gelungen ist, ist dem Engage­
ment des Landkreises Cham und in
besonderem Maß dem Unternehmen
Sana zu verdanken“, würdigte Häupl
die Kooperation mit Sana.
Ziel: Regionale psychiatrische
Grundversorgung
Im Anschluss gab Dr. Dr. Helmut
Hausner, Chefarzt des Zentrums, ei­
nen Ausblick über das breite Be­
handlungsspektrum. Das Zentrum
für Psychiatrie Cham hat die Aufga­
be, eine regionale allgemeinpsychia­
trische
und
psychosomatische
Grundversorgung anzubieten. Be­
handlungsschwerpunkte sind affekti­
ve Störungen – wie beispielsweise
Burnout, Depressionen und Angster­
krankungen. Daneben werden aber
auch somatoforme Störungen, chro­
nische Schmerzen, Psychosen und
Persönlichkeitsstörungen behandelt.
Werden Spezialangebote im Bereich
der Suchterkrankungen, der Geron­
topsychiatrie oder eine beschützte
Unterbringung benötigt, vermittelt
das Zentrum in Cham diese Patien­
ten zielgenau weiter nach Regens­
burg.
Das allgemeinpsychiatrische
Behandlungsangebot
in
Cham
spannt den Bogen von der klassi­
schen psychiatrischen Versorgung
mit Psychotherapie und medikamen­
töser Behandlung bis hin zu zahlrei­
chen nicht medikamentösen komple­
mentären Verfahren: So können die
Patienten neben Yoga und Qi Gong
auch grundlegende Meditationstech­
niken erlernen. Große Bedeutung
haben in Cham auch die modernen
Behandlungsmöglichkeiten mit Bio­
feedback und Neurofeedback. Beim
Neurofeedback wird die Funktion
des eigenen Gehirns für die Patien­
ten sichtbar gemacht und es werden
Techniken erlernt diese zu verbes­
sern. Bei einem kleinen Rundgang
konnten sich die Gäste von der ge­
lungenen Umsetzung der neuen Kli­
nik überzeugen.
Dr. Dr. Helmut Hausner und
medbo Vorstand Kurt Häupl nahmen
den symbolischen Schlüssel von Ar­
chitekt Georg Kerschberger entge­
gen. Den kirchlichen Segen spende­
ten Pfarrerin Charlotte Peschke und
Pfarrer Kazimierz Pajor. (LHO)
Fakten zum Zentrum für Psychiatrie Cham
Die neueste Klinik der medbo (Medizinische Einrichtungen des Bezirks
Oberpfalz) umfasst zwei Stationen mit jeweils 25 Betten. Neben der
Errichtung einer Klinik ist auch die seit 2002 bestehende Tagesklinik um
zehn Plätze erweitert worden. Insgesamt stehen den Patienten 30 Plätze
in der Tagesklinik zur Verfügung. Die Kosten für den Neubau und die
Erweiterung betragen rund 10,5 Millionen Euro, die gemeinsam vom
Freistaat mit rund 9,4 Millionen Euro und der medbo mit rund 1,1 Millio­
nen Euro getragen werden. Das Zentrum für Psychiatrie Cham gehört
organisatorisch zur Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychothera­
pie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Regensburg.
20
SYNAPSE Mai
Neuro-Reha
SYNAPSE Mai
Neuro-Reha
Mein ehrenamtlicher medbo-Tag im
Neurologischen Nachsorgezentrum am
Bezirksklinikum Regensburg
Eine Ehrenamts-Anekdote aus dem NNZ:
„Es gab mal einen Besucher namens Alex (Name geändert). Durch
einen schweren Unfall war er in seiner geistigen Entwicklung auf den
Stand eines Kindes zurückgefallen. Zu der Zeit war da auch noch ein
jüngerer Besucher namens Wolfang (Name geändert). Wolfgang war
in Frührente und erhielt zudem eine Gehaltsaufstockung, während
Alex finanziell gut gestellt war.
Anderen Zeit schenken
Verena Kobras
Heute bin ich im Neurologischen
Nachsorgezentrum (NNZ) des
medbo-Bezirksklinikums
Regensburg eingeladen. Dort bekomme ich einen Einblick, was
ehrenamtliche Mitarbeiter so alles leisten – nicht nur hier, sondern überall in der medbo!
S
o viel weiß ich schon im Voraus:
Im NNZ befinden sich neuro­
logisch erkrankte Menschen mit
körperlicher und/oder geistiger
Beeinträchtigung. Durch diese Ein­
schränkungen ist ihnen eine sozia­
le und berufliche Wiedereingliede­
rung nach Abschluss der Rehabi­
litationsbehandlung nur schwer
möglich. Sie brauchen deshalb
eine weitere, vor allem alltagsbezo­
gene Förderung. 2008 wurde das
Neurologische Nachsorgezentrum
mit Spendengeldern des Vereins
Zweites Leben gebaut. Betrieben
wird es seither von der medbo.
Karin Bühler, ehrenamtliche
Mitarbeiterin des Vereins Zweites
Leben, erwartet mich schon im Ein­
gangsbereich und stellt mir meinen
Tagesplan vor. Jeden Tag befinden
sich drei Gruppen à acht Besu­
chern im NNZ. Sie werden dort von
fünf Mitarbeitern betreut. Ein Teil
der Besucher arbeitet in der Werk­
statt, ein anderer kümmert sich um
das gemeinsame Mittagessen und
die dritte Gruppe beschäftigt sich
mit kognitiven Übungsprogrammen
am Computer.
Besucher, nicht Patienten:
Das macht schon einen Unter­
schied. Denn am NNZ geht es um
das Training von Alltagsfertigkei­
ten. Es handelt sich um Menschen,
die durch einen Schlaganfall, eine
Gehirnblutung, einen Unfall (Schä­
del-Hirn-Trauma), einen Gehirntu­
mor, Sauerstoffmangel, oder Stoff­
wechselerkrankungen eine blei­
bende Hirnschädigung erlitten ha­
ben. Typischerweise leiden sie an
Muskellähmungen verschiedener
Art, kognitiven Beeinträchtigungen,
Aufmerksamkeits-, Orientierungsoder Sprachstörungen.
Ehrenamt: Zeit als Geschenk
Jeden Dienstagvormittag kommt
Karin Bühler zum NNZ und bleibt
ein paar Stunden. In dieser Zeit füllt
sie das Tagesprogramm. Je nach
Lust und Laune können die Besu­
cher an ihren Aktivitäten teilneh­
men. Seit 2004 engagiert sie sich
nun schon. Zu ihrem Ehrenamt
kam sie durch ein schweres priva­
tes Schicksal: „Am Anfang hatte
das Ehrenamt durchaus auch für
mich therapeutische Wirkung. Ich
fühlte mich gebraucht – nützlich.
Heute ist es für mich einfach schön
zu sehen, wie die Besucher des
NNZ sich hier wohlfühlen.“
Warum das ehrenamtliche
Engagement so wichtig und so
wertvoll ist, erklärt sie ganz einfach:
„Sich für die Besucher Zeit neh­
men, ist das wichtigste Gut. Jeder
Mensch weiß, wie schön es ist,
wenn man sich Zeit nimmt, ihm zu­
zuhören, sich mit ihm zu beschäfti­
gen, oder wenn man sich einfach
nur neben ihn setzt und gemein­
sam die Stille genießt“. Ehrenamtli­
Karin Bühler (rechts)
und eine NNZ-Besucherin
im Sinnesgarten der
Neuro-Reha
che Mitarbeiter sind keine thera­
peutischen Profis – aber sie sind
Profis in Sachen Menschlichkeit.
Ganz besonders wichtig ist
das bei den Besuchern im NNZ, die
mit teils schweren Behinderungen
für viele Dinge einfach mehr Zeit
brauchen. Zeit ist in unserer Gesell­
schaft immer zu wenig vorhanden.
Daher versuchen Menschen wie Ka­
rin Bühler, sich diese Zeit frei zu hal­
ten, um sie anderen zu schenken.
Kochen, Werken – Denken!
Erste Aktivität: Die „Denkrunde“.
Um Punkt 11 Uhr trudeln die Besu­
cher in einem hellen Untergeschoss­
raum des NNZ ein. Ein Stuhlkreis
wird gebildet. Um den Besuchern
die Plätze nicht wegzuschnappen,
warte ich vor der Tür, bis alle drin
sind. Da lächelt mich ein Rollstuhl­
fahrer an und sagt mit etwas un­
scharfer Sprache „Ladys first!“.
„Charmant“, denke ich, und gehe
gleich ein wenig schwungvoller in
den Therapieraum rein.
Heute beginnt die Denkrunde
mit dem Einmaleins. Karin Bühler
gibt eine Zahl vor, mit der die Runde
Alex‘ Leidenschaft war das Essen. Er naschte schon mal vom Teller
seines Nachbarn. Auch beim Kochen - und erst beim Kuchenteig!
Wolfgang und Alex trafen sich immer dienstags im NNZ. Da Wolfgang
von Alex‘ Leidenschaft wusste, brachte er immer eine Butter-Breze für
ihn mit. Einfach so! Er wollte, dass Alex glücklich ist. Alex hat sich
jedes Mal aufs Neue riesig darüber gefreut. Dadurch war dann auch
Wolfgang glücklich. Das hat mich sehr berührt!“
Karin Bühler
starten kann. Reihum muss jeder die
Zahlenreihe fortführen. Dabei ist
höchste Aufmerksamkeit gefragt: Ist
das Ergebnis richtig? Wann ist man
an der Reihe? Je nach Einschrän­
kung geht das Rechnen, Sprechen
und Aufmerksam-Sein besser oder
weniger gut. „Wenn ich sehe, wie
sich die Besucher untereinander
helfen, und wie dadurch die soziale
Gemeinschaft enger zusammen
wächst, freut mich das immer wieder
auf‘s Neue“, so Karin Bühler.
Rätsel-Runde
Ein Mann, der seit zirka drei
Jahren das NNZ besucht, kann die
Zahl „96“ nicht aussprechen. Nach
einer Gehirnblutung fällt es ihm
schwer, seine Lippen zum Ausspre­
chen von Wörtern zu formen. Wie es
theoretisch geht, weiß er. Er ist et­
was entmutigt, aber Karin Bühler
motiviert ihn, es erneut zu versu­
chen, und spricht ihm das Wort ganz
langsam mit der richtigen Lip­
pen-Formung vor. „Hier in der Runde
bekommt jeder genau so viel Zeit
wie er braucht. Schließlich liegt es
mir am Herzen, die Besucher weiter
zu fördern und zu ermutigen.“ Plötz­
lich klappt es! Der Mann grinst er­
leichtert und wohl auch ein wenig
stolz.
Das „Um die Ecke den­
ken“-Rätsel bewirkt, dass die Besu­
cher ihre kognitiven Fähigkeiten er­
halten, verbessern oder neu erler­
nen können. Hierbei soll ein Begriff
erraten werden, der anders be­
schrieben wird als erwartet. „Fisher­
man’s Friend!“, ruft ein Mann wie aus
der Pistole geschossen in die Run­
de. Richtig! Also ganz ehrlich: Ich
wäre da nicht drauf gekommen. Re­
spekt! Nach einer Stunde mit viel La­
chen, Nachdenken und Üben begibt
sich die Gruppe zum Mittagessen.
Nachdem die Aufwärm-Runde gut
bewältigt wurde, geht es mit dem
„Um die Ecke denken“-Rätsel und
dem Vervollständigen von Sprich­
wörtern weiter. Die Ehrenamtliche
hat dafür zuhause etwas vorbereitet
und liest die umschriebenen Begriffe
der Reihe nach vor. „Welche Süßig­
keit verbirgt sich hinter ‚dem Angler
sein Kumpel sein‘?“, fragt Karin Büh­
ler in die Runde.
Die „Zeitungsrunde“
Neuer Treffpunkt nach dem Mittag­
essen ist der NNZ-Therapieraum.
Ehrenamt bei der medbo
Es gibt viele Möglichkeiten, sich bei der medbo ehrenamtlich einzubrin­
gen: Ob am Neurologischen Nachsorgezentrum, an der Klinik für
Neurologische Rehabilitation oder in den psychiatrischen Einrichtungen.
Wer sich für eine ehrenamtliche Tätigkeit interessiert, meldet sich bei:
[email protected]
Karin Bühler liest jeden Dienstag
die aktuelle Tageszeitung vor. Eine
ganze Traube Menschen findet
sich ein. Durch das Vorlesen von
Zeitungsartikeln halten sich die Be­
sucher über das Geschehen in Re­
gensburg und Umgebung auf dem
Laufenden. Ganz wichtig: Auch das
Weltgeschehen wird ausführlich
thematisiert. Dazugehören heißt
auch zu wissen, was andernorts
geschieht. Gerade bei politischen
Themen wird heiß diskutiert. Es
werden Witze gerissen und Ansich­
ten ausgetauscht. „Wenn ich die
Zeitung vorlese, dann möchte ich
die Gesprächsfähigkeit der Besu­
cher fördern“, erklärt Bühler.
Um die Ecke-Denken für
SYNAPSE-Leser
Zwei Beispiele zum
Um-die-Ecke-Denken für die
SYNAPSE-Leser:
• Welche Süßigkeit verbirgt sich
hinter dem Rätsel „gehärtete
Pflanzensafttierchen“?1
• Was ist „Süßes Verbandszeug“?2
(Die Auflösungen stehen am
Ende des Artikels)
Wenn Fragen zu bestimm­
ten Themen auftauchen, versucht
sie auch, alle zu beantworten. Heu­
te bin ich dabei und wir unterstüt­
zen uns gegenseitig: Es geht um
einen Artikel über die Krankheit
„ALS“ (Amyotrophe Lateralsklero­
se). Die Besucher möchten den
Namen des berühmten Professors
wissen, der an ALS erkrankt ist. Ein
Mann im Rollstuhl mit halbseitiger
Lähmung sagt: „Es liegt mir auf der
Zunge – aber ich komm‘ nicht
drauf“. Bevor Karin Bühler und ich
die Antwort sagen, geben wir ledig­
lich die Anfangsbuchstaben vor.
Die kognitiven Fähigkeiten können
auch so trainiert werden. Auf ein­
mal ruft der Besucher in den Raum
„Stephen Hawking. Hab ich’s doch
gewusst!“ – und ist überglücklich.
Eine Frage ist fester Bestandteil
und auch immer das Ende der Zei­
tungsstunde: Wie wird in den kom­
menden Tagen das Wetter? Da die
Aussichten sonnig sind, strahlen
alle Besucher zufrieden. Denn
dann geht es ab in den Garten zum
„Garteln“.
1 Gummibärchen
2 Zuckerwatte
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SYNAPSE Mai
Neuro-Reha
SYNAPSE Mai
Neuro-Reha
Die Patientenbibliothek am
Bezirksklinikum Regensburg
Schmökern und Kraft tanken
Annemarie Ruf
2.500 Bücher, zwei Mitarbeiterinnen und eine (be)ruhige(nde) Atmosphäre auf zirka 50 Quadratmetern mit Blick in die Natur: die
Patientenbücherei des Bezirks­
klinikums Regensburg ist ein
„Schatz“, den viele noch für sich
entdecken können.
leih-Ort gesehen wird, sondern auch
als gemütlicher Aufenthalts-Ort, der
unsere Besucher zum Verweilen
und Schmökern einlädt und das,
wenn es die Zeit zulässt, gerne auch
bei einer Tasse Cappuccino oder
Tee“, sagt Lucinda Rein mit spürba­
rer Begeisterung.
E
Der kleine Prinz
ine Patientenbibliothek gibt es
am medbo Bezirksklinikum Re­
gensburg mit wechselnden Standor­
ten bereits seit mehreren Jahrzehn­
ten. 1997 entstand auf Initiative von
Annemarie Ruf zusätzlich eine
„neue“ Bücherei in der Klinik für
Neurologische Rehabilitation. Nach
dem Zusammenschluss der „alten“
und „neuen“ Bücherei vor etwa fünf
Jahren hat die Patientenbibliothek
dort ihren festen Standort.
Die Bücherei hat zwei Mitar­
beiterinnen: Annemarie Ruf und
Lucinda Rein. Annemarie Ruf hat
die Basis für einen nicht mehr weg­
zudenkenden Patientenservice ge­
schaffen. Sie kümmert sich mit gro­
ßer Leidenschaft um die Anliegen
der Patienten der Neurologischen
Rehabilitation. Lucinda Rein, die
seit zwei Jahren mit viel kreativem
Idealismus die Patientenbücherei
unterstützt, ist schwerpunktmäßig
für die Bereiche Psychiatrie und
Forensik zuständig.
Ehrenamt und Herzblut
Beide bringen als ehemalige Patien­
tinnen des Bezirksklinikums wertvol­
le Erfahrungen für diesen Patienten­
service mit und sind auf sympathi­
sche, einfühlsame und verständnis­
volle Weise für die Besucher der
Bücherei da. Ihr Antrieb für ihre eh­
renamtliche Tätigkeit ist Dankbarkeit
und der Wunsch, etwas von dem,
was sie vor einigen Jahren selbst
auf dem Weg zu ihrer Genesung er­
fahren haben, weiter zu geben. Sie
investieren viel Freizeit in die Biblio­
thek, auch am Wochenende.
„Uns liegt viel daran, dass
die Bücherei nicht nur als Aus­
Ein gutes Beispiel für die Umset­
zung kreativer Ideen war das Pro­
jekt „Der kleine Prinz“ im Advent
2014. Grundgedanke der mehr­
wöchigen Aktion: das moderne
Märchen von Antoine de Saint-Exu­
péry, das oft als Plädoyer für
Freundschaft und Menschlichkeit
interpretiert wird.
In die Vorbereitung und Um­
setzung dieses Projektes wurden
viele Patienten, Mitarbeiter und
auch Ärzte mit eingebunden. Zum
Beispiel in Form von Bastelarbei­
ten, Anregungen für die Dekoration
und Gestaltung der Bibliothek oder
im Besonderen durch das Vortra­
gen des berühmtesten Zitats von
Saint-Exupéry: „Man sieht nur mit
dem Herzen gut. Das Wesentliche
ist für die Augen unsichtbar“. Insge­
samt haben sich am Bezirksklini­
kum 80 fremdsprachige Patienten
und Mitarbeiter bereit erklärt, das
Zitat im Rahmen einer kleinen Le­
sung in ihrer Muttersprache vorzu­
tragen. „Wenn ich daran denke,
bekomme ich immer noch Gänse­
Bücher-Spenden willkommen
Während die Bibliothek anfangs
vor allem auf Bücher-Spenden von
Patienten oder Mitarbeitern ange­
wiesen war, steht mittlerweile ein
festes Jahresbudget zur Anschaf­
fung neuer Bücher und Medien zur
Verfügung. Trotzdem werden ne­
ben Anregungen und Wünschen
von Besuchern der Patientenbiblio­
thek nach wie vor gerne weitere
Bücher-Spenden angenommen.
Lucinda Rein
haut“, schildert Lucinda Rein die­
sen bewegenden Moment.
Bücher sind wie ein Schatz
in einer Truhe. „Du öffnest die Bü­
cher und sie öffnen dich.“ – dieses
Zitat von Zschingis Aitmatov passt
gut zur Patientenbücherei. So fin­
den Projekte wie „Der kleine Prinz“
in kleinerem Ausmaß regelmäßig
statt. Wichtig ist zudem die jahres­
zeitenabhängige Dekoration der
Bibliothek. Beispielsweise mit einer
Krippenlandschaft in der Adventsund Weihnachtszeit oder die Um­
gestaltung zu Anlässen wie Früh­
ling, Ostern oder dem Valentinstag.
Dafür gibt es einen separaten Be­
reich, der jeweils für eine bestimm­
te Zeit thematisch passend gestal­
tet wird. Dort findet man dann aus­
gewählte Bücher, Anregungen und
Spiele für Kinder oder auch zum
Anlass passende Hörbücher.
Patientenbücherei am medbo Bezirksklinikum Regensburg
Klinik für Neurologische Rehabilitation – HAUS 24, Erdgeschoss –
rechts neben dem Haupteingang, Zimmer-Nr. A 108
Öffnungszeiten
Für Neuro-Reha-Patienten: Mittwoch
von 14 - 16 Uhr
Für Psychiatrie- und
Forensik-Patienten:
Montag
Donnerstag von 10 - 14 Uhr
von 10 - 13 Uhr
Zu den Öffnungszeiten ist die Patientenbücherei erreichbar unter:
Tel. +49 (0)941/941-1641
Trotz der begrenzten Raum­
größe verfügt die Patientenbücherei
über ein mit Liebe zum Detail ausge­
suchtes Repertoire. Die Auswahl
reicht von Romanen über Krimis,
Biografien, Kinder- und Sachbüchern
bis hin zu Fachliteratur und Medien
zur Verbesserung der Motorik, spezi­
ell für Neuro-Reha-Patienten. Selbst
in verschiedenen Fremdsprachen
steht einiges zur Verfügung und für
Patienten mit Leseproblemen gibt es
Hörbücher und Bücher in Großdruck.
Die Bücher und Medien können für
jeweils zwei Wochen kostenlos aus­
geliehen werden. Die Patientenbib­
liothek arbeitet mit vielen Einrich­
tungen und Bereichen des Be­
zirksklinikums zusammen und
macht ergänzende Angebote zum
Beispiel rund um Therapiethemen
in den Tageskliniken. Diese haben
das Angebot bereits angenommen
und besuchen die Bücherei regel­
mäßig. Viel Spaß beim Lesen!
(VKO)
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SYNAPSE Mai
Neuro-Reha
Logopädieschule Regensburg und
Neurologische Rehabilitation
Wenn die Worte fehlen
Jan Korb
Wer hat das nicht schon mal erlebt: man möchte ein wichtiges
Argument in einer Diskussion
beitragen. Oder man hält einen
Vortrag. Ein wenig Lampenfieber
ist dabei. Beginnt man zu sprechen, läuft es eine Weile ganz
gut. Doch plötzlich fehlt das passende Wort, um auf den Punkt zu
kommen.
O
hne dass wir etwas dagegen
tun können, ist dort, wo wir die
Worte „suchen“, nichts zu finden.
Manchmal haben wir noch eine
Idee wie das Wort „aussieht“, wir
können sogar sagen, wie es unge­
fähr klingt. Nur aussprechen kön­
nen wir es nicht. Plötzlich fühlen wir
uns auf dem Präsentierteller. Er­
wartungsvoll schauen uns unsere
Gesprächspartner oder Zuhörer
an, doch das macht es nur noch
schwerer. Selbst die Suche nach
einer anderen Formulierung fällt
schwer. Wer möchte da nicht „im
Boden versinken“!
Andere Situation. Viele von
uns hören ein bisschen schlecht.
Nur ein bisschen. Immer wenn die
Umgebungsgeräusche zunehmen
oder wenn die Gespräche in der
Gastwirtschaft immer lauter und so
„durcheinander“ geführt werden. Oft
können wir Teile des Gesagten er­
schließen. Aus dem Kontext, viel­
leicht sogar mit Hilfe des Lippenbil­
des, oder weil wir uns denken kön­
nen, was der andere sagen will.
Manchmal verstehen wir es jedoch
beim besten Willen nicht mehr. Wir
sind verunsichert, wollen jedoch kei­
nesfalls zugeben, dass der Ge­
sprächspartner lauter sprechen soll:
„Sag mal, bist du schwerhörig?“.
Wie peinlich! Vielleicht nicken wir ir­
gendwann „alles ab“, obwohl wir ei­
gentlich gar nichts verstanden ha­
ben.
Wahrnehmungsstörungen bei
neurologischen Erkrankungen
Nach einem Schlaganfall, einer
Schädel-Hirnverletzung oder ande­
ren neurologischen Erkrankungen
leiden viele Patienten genau unter
solchen Problemen. Jedoch nicht,
weil sie aufgeregt sind oder schwer
hören. Durch die neurologische
Schädigung des Gehirns finden sie
nicht mehr die passenden Worte
oder verstehen schlecht, was Ge­
sprächspartner ihnen mitteilen wol­
len. Das Sprachverständnis und
die Wortfindung beziehungsweise
die expressive Sprache insgesamt
sind jedoch elementare Fähigkei­
ten, die dem Menschen die Kom­
munikation mit seiner Umwelt er­
möglichen. Probleme in diesen Be­
reichen führen zu negativen Gefüh­
len, die den oben beschriebenen
durchaus gleichen.
Dabei gehen die möglichen
krankheitsbedingten Beeinträchti­
gungen der Kommunikation sogar
noch weiter. So kann es für die Be­
troffenen schwierig sein, deutlich
zu sprechen. Hier fallen schon mal
Sätze wie: „Bist du betrunken?“.
Auch kann es sein, dass Informati­
onen einfach nicht mehr so schnell
wie früher verarbeitet werden kön­
nen oder die kleinste Ablenkung es
schwer macht, weiter genau zuzu­
hören. Nicht selten müssen die Be­
troffenen auch erst einmal selbst
verstehen und akzeptieren, dass
die Kommunikation plötzlich nicht
mehr so selbstverständlich wie frü­
her möglich ist.
Gefahr: Isolation
Neben Angst, Frustration und Hilf­
losigkeit kommt es in der Folge oft
zu einem Rückzug aus dem ge­
wohnten Umfeld. Soziale Kontakte
gehen verloren. Die Berufsfähigkeit
ist in Frage gestellt. Oft ist es für die
Betroffenen aus diesem und weite­
ren Gründen nicht mehr möglich,
selbstständig zu leben. Nicht selten
führen diese neurologisch beding­
ten Kommunikationsstörungen zur
Isolation, mindestens ist die Teilha­
be am sozialen und kulturellen Le­
ben massiv eingeschränkt.
Trotz der Schwere der erlit­
tenen Hirnschädigung können Be­
troffene erfolgreich rehabilitiert wer­
den. Dennoch bleibt oft eine Viel­
zahl von komplexen Problemen
bestehen. Zur Sicherstellung der
mühsam erworbenen Rehabilitati­
onserfolge und zur Entlastung der
pflegenden Angehörigen ist die
Nachsorge nach der stationären
Rehabilitation dringend erforder­
lich, die fachlich auf die besonde­
ren Belange der Betroffenen aus­
gerichtet ist.
Kooperation:
Logopädie trifft Neuro-Reha
Die angehenden Logopäden der
Berufsfachschule – die sich übri­
gens auf dem Gelände des Be­
zirksklinikums befindet – werden im
Rahmen des theoretischen Unter­
richts nicht zuletzt umfassend in
den unterschiedlichen neurologisch
bedingten Stimm-, Sprech-, Sprachund Schluckstörungen ausgebildet.
Sie müssen jedoch auch in der
praktischen Arbeit und im direkten
Kontakt mit Patienten lernen, die
spezifischen Beeinträchtigungen zu
Kontakt:
Berufsfachschule für
Logopädie Regensburg,
www.logopädieschuleregensburg.de,
Tel. +49 (0) 941/943-1925
behandeln. Das Neurologische
Nachsorgezentrum (NNZ) der Klinik
für Neurologische Rehabilitation am
Bezirksklinikum Regensburg bietet
in Kooperation mit der Berufsschule
für Logopädie in Regensburg ein
entsprechendes Trainingsumfeld:
Schüler trainieren mit Besuchern
des NNZ, das heißt ehemaligen
Neuro-Reha-Patienten, die wieder
in ihrem privaten Umfeld leben,
aber noch spezielle Unterstützung
benötigen und im NNZ bekommen.
In Rücksprache mit dem
Team des NNZ und den Lehrlogo­
päden der Schule werden der Be­
darf und die Möglichkeiten für eine
logopädische Therapie der NNZBesucher an der Schule geklärt.
Wenn eine logopädische Therapie
notwendig erscheint, können die
NNZ-Besucher von den Berufsfach­
schülern im Nachsorgezentrum ab­
geholt werden und erhalten eine lo­
gopädische Behandlung durch die
Auszubildenden. Jede Therapie
wird dabei ausführlich und schrift­
lich geplant. Die Planung wird von
einem Lehrlogopäden korrigiert und
gegebenenfalls nochmals bespro­
chen. Die Therapien werden so von
den Schülern intensiv vorbereitet
und nach der Durchführung ein wei­
teres Mal supervisorisch nachbe­
sprochen. So kann ohne weiteres
ein ausgezeichnetes therapeuti­
sches Niveau garantiert werden.
Durch die kontinuierliche Ar­
beit mit „realen“ Patienten werden
die angehenden Therapeuten opti­
mal auf ihre berufliche Tätigkeit
vorbereitet. Den Besuchern des
Nachsorgezentrums wird durch die­
se Kooperation eine zusätzliche
sprachtherapeutische
Betreuung
durch Studierende der Berufsfach­
schule für Logopädie zugänglich ge­
macht. (Das Angebot einer regulä­
ren ambulanten logopädischen The­
rapie bleibt davon natürlich unbe­
rührt). Es ist eine echte „win-win“
Situation: Für Patienten und Schüler.
Jan Korb ist Lehrpädagoge
an der Berufsfachschule für
Logopädie Regensburg
26
SYNAPSE Mai
Neuroradiologie
SYNAPSE Mai
Neuroradiologie
Institut für
Neuroradiologie
Dies bedeutet auch, dass die Unter­
suchungsmethode für Patienten mit
Herz- oder Hirnschrittmachern prin­
zipiell nicht geeignet ist. „Das MRT
ist aber in der nicht-akuten Phase
oder bei chronischen Erkrankungen
das Mittel der Wahl“.
Hightech
In der Neuroradiologie wird das
zentrale Nervensystem mittels
verschiedener Bildgebungsverfahren dargestellt und pathologische Veränderungen werden diagnostiziert. Das Institut für Neuroradiologie am Bezirksklinikum
Regensburg (BKR) hat in jüngster
Zeit hierzu seine technischen Voraussetzungen weitgehend erneuert. SYNAPSE sprach mit dem
Ärztlichen Direktor des Instituts,
Prof. Dr. Gerhard Schuierer, über
Technik und Einsatzbereiche der
neuen Geräte.
B
ei Schlaganfällen, Entzündun­
gen, Traumen oder Tumoren im
Gehirn und im Rückenmark ist eine
Bildgebung unabdingbar für eine
korrekte Diagnose. Am Institut für
Neuroradiologie nutzt man hierzu
vier Technologien: Magnetreso­
nanztomographie (MRT), Computer­
tomographie (CT), Digitale Subtrak­
tionsangiographie (DSA) sowie her­
kömmliches Röntgen.
„Zu uns kommen meist
schwer- und schwerstkranke Men­
schen, entweder in der akuten Not­
Computertomographie (CT)
Digitaler Subtraktionsangiograph
fallsituation über die neurologische
Notaufnahme, als ambulante Patien­
ten der Poliklinik der Neurologie und
der Ambulanzen der psychiatrischen
Kliniken oder als stationäre Patien­
ten aller Kliniken des Hauses“, er­
klärt Prof. Schuierer. „Bei allen die­
sen Patienten sind unsere Verfahren
oft die wesentliche Methode zur Dia­
gnose oder unterstützen zumindest
die übrigen Verfahren der Diagnose­
stellung. Bei psychiatrischen Patien­
ten ist die Ausschlussdiagnostik die
wesentliche Rolle, wenn zum Bei­
spiel ein Hirntumor als Ursache ei­
ner psychiatrischen Auffälligkeit aus­
geschlossen werden soll. Die Bild­
Gerätepark in der Neuroradiologie
Seit 2013 hat die medbo das Institut für Neuroradiologie komplett
erneuert und auf den neuesten Stand der Technik gebracht:
Der Magnetresonanztomograph (MRT) des Instituts ist ein System
der neuesten Generation, mit einer Feldstärke von 1,5 Tesla, bei
dem der liegende Patient in einen Tunnel geschoben wird. Es stehen
mit diesem Gerät alle modernen Magnetresonanz-Verfahren
(MR-Verfahren) wie MR-Angiographie oder MR-Spektroskopie
ebenso wie exotischere Techniken wie die MR-Traktographie zur
Verfügung.
Der Computertomograph (CT) wurde erst im November 2014 ausge­
tauscht: Er ist somit auf dem neuesten Stand der Technik. Bei der
Beschaffung der neuen Anlage wurde vor allem darauf geachtet,
dass alle Möglichkeiten zur Röntgen-Dosis-Reduktion genutzt werden
können, was einen etwas höheren Anschaffungspreis bedingt hat.
Die Digitale Subtraktionsangiographieanlage wurde ebenfalls 2014
neu angeschafft. Über einen besonders großen hochauflösenden
Monitor direkt am Gerät kann das behandelnde Team die BefundBilder in Echtzeit analysieren und Eingriffe unter optimalen
Bedingungen durchführen.
gebung ist aber meist nur ein Bau­
stein der Diagnose“.
Magnetresonanztomographie
(MRT)
Das MRT ist das entscheidende
Bildgebungsverfahren in der Neuro­
radiologie. Mittels starker Magnetfel­
der können Schnittbilder erzeugt
werden, die sowohl eine zwei- als
gerade auch eine dreidimensionale
Darstellung der Struktur und Funkti­
on des Schädels und des Gehirns
ermöglicht. Das Verfahren bietet
eine entsprechend große Bandbreite
an Darstellungsmöglichkeiten: Die
Option, verschiedene Ansichten zu
generieren, sowie die Auswahl un­
terschiedlichster Kontraste sind die
entscheidenden Vorteile dieser
Technik. „Es ist ein besonders sensi­
tives Verfahren zur Beurteilung von
Veränderungen im Zentralen Ner­
vensystem“, so Prof. Schuierer, „und
es hat den Vorteil, dass der Patient
dabei keiner Röntgen-Strahlung –
wie etwa bei der Computertomogra­
phie (CT) – ausgesetzt ist“.
Ein Nachteil des MRT ist al­
lerdings die längere Dauer der Un­
tersuchung: „Während ein Notfall-CT
mit CT-Angiographie der hirnversor­
genden Gefäße bei einem Schlag­
anfall in etwa fünf Minuten gemacht
werden kann, brauchen wir beim
MRT dafür wenigstens 20 Minuten“,
so Prof. Schuierer. Denn der Vorbe­
reitungsaufwand ist beim MRT hoch:
So darf in den Untersuchungsraum
nichts Magnetisches gelangen – ob
Krankenbett oder Kugelschreiber –,
da hohe magnetische Kräfte wirken.
Das Verfahren wird vor allem in der
Notfalldiagnostik oder als „schnelle“
Alternative zum MRT eingesetzt.
Auch hier muss der Patient in eine
„Röhre“ schauen – aber es geht
schnell vorbei. „Im schnellsten Mo­
dus ‚rauscht‘ unser CT in einer Se­
kunde durch den Kopf durch. Beim
MRT dauert das Gleiche mindestens
eine Minute“: Prof. Schuierer erklärt,
dass das Verfahren auch deswegen
so unkompliziert und zügig sei, weil
hier das betreuende Personal – bis
auf wenige Sekunden bis Minuten –
beim Patienten verbleiben könne.
So könnten beispielsweise im Falle
eines Hirninfarkts die begleitenden
Krankenschwestern schon die Lyse
– also die medikamentengestützte
Auflösung des Blutgerinnsels – vor­
bereiten, während die MedizinischTechnischen Assistenten (MTA) den
Patienten zum CT lagern. Überhaupt
ist das System sehr flexibel: So sind
die Aufnahmespiralen kippbar und
können so zielgenau auf das Unter­
suchungsfeld ausgerichtet werden.
Der Computertomograph ar­
beitet mit herkömmlichen Röntgen­
strahlen. „Beim CT haben wir eine
relativ hohe Strahlenexposition“,
räumt Prof. Schuierer ein, „aber
wenn die Indikation stimmt, dann ist
der potentielle Nutzen eines CT für
den Patienten um ein Vielfaches
größer als das potentielle Risiko ei­
nes Schadens durch die Röntgen­
strahlung – hier geht es oft genug
um das Überleben des Patienten“.
Digitale Subtraktionsangiographie (DSA)
Es ist das entscheidende Verfahren
für die Diagnose und teilweise auch
die Therapie bei Erkrankungen der
Hirn-versorgenden Gefäße. Auch
hier handelt es sich um eine rönt­
genbasierende Technologie. „Mit
diesem Verfahren können wir vor
allem die Anatomie der Gefäße ex­
akt darstellen und darüber hinaus
Informationen über die Hämodyna­
mik, also den Blutfluss, gewinnen.
Das Institut für Neuroradiologie am BKR
Am Institut arbeiten neben dem Ärztlichen Direktor, Prof. Dr. Gerhard
Schuierer, weitere drei Fachärzte und Ärzte in der Ausbildung, acht Medi­
zinisch-Technische Assistenten und zwei Sekretärinnen. Pro Jahr führt
das Institut etwa 2.400 MRT- und 4.000 CT-Untersuchungen einschließ­
lich vieler Notfalluntersuchungen nachts und an Wochenenden durch.
Darüber hinaus arbeitet das Institut für Neuroradiologie eng mit dem
Institut für Röntgendiagnostik des Universitätsklinikums im gemeinsamen
Zentrum für Neuroradiologie der Universität Regensburg und des
Bezirksklinikums Regensburg zusammen. Dieses Zentrum für Neurora­
diologie gewährleistet die Versorgung der Patienten der Region mit
interventionell-neuroradiologischen Verfahren ebenso wie die Ausbildung
von Neuroradiologen.
Wir beurteilen damit verengte oder
verstopfte Gefäße, unterversorgte
Regionen, Aneurysmen und andere
Gefäßmissbildungen“,
schildert
Prof. Schuierer die Vorteile der
Technologie. Man kann Gefäße und
beispielsweise Aneurysmen auch
dreidimensional darstellen: eine
Technik, die wichtig in der Planung
interventioneller oder operativer
Eingriffe ist.
Der pathologische Befund
wird mittels Angiographie allerdings
invasiv gestellt. Für die Untersu­
chung wird ein Katheter meist über
die Leiste schmerzfrei eingebracht
und in den zu untersuchenden Gefä­
ßen positioniert. Unter Injektion von
Kontrastmittel über diesen Katheter
wird das oder die betroffenen Gefä­
ße via Röntgen sichtbar gemacht. Im
therapeutischen Bereich ist die DSA
zum Beispiel bei der Entfernung von
Blutgerinnseln im Gehirn oder bei
der Einbringung von Stents (Implan­
tat in Röhrchenform) in ein vereng­
Computertomograph
tes Blutgefäß unbedingte Vorausset­
zung für die Therapie.
Röntgenarbeitsplatz
Ein Krankenhaus in der Größenord­
nung des Bezirksklinikums Regens­
burg muss für bestimmte Untersu­
chungen auch herkömmliches Rönt­
gen vorhalten. Es handelt sich hier
vor allem um die Untersuchung von
Lunge und Skelett. „In unserer Klinik
für Neurologische Rehabilitation zum
Beispiel werden Patienten teilweise
Langzeit-beatmet. Bei ihnen muss
die Lunge regelmäßig gecheckt wer­
den“: Prof. Schuierer erklärt, dass
das Röntgen nur einen kleinen Teil
der Leistungen am Institut für Neuro­
radiologie ausmacht. „Gerade bei der
Untersuchung der Lunge hat Rönt­
gen seine Grenzen. Dann setzen wir
wieder unser CT ein“. Für Nachunter­
suchungen sei es aber wiederum das
Mittel der Wahl, da die Technologie
unkompliziert und die Strahlungsdo­
sis niedriger als beim CT sei. (RNE)
27
SYNAPSE Mai
KJP
Einfach
menschlich
Von Menschen und Süchten Ausstellung zu einem
Phänomen
Was ist Sucht?
Ab wann ist man süchtig?
Was ist so gefährlich an Sucht?
Kinder im Säuglingsalter
Die medbo, ihr Betriebliches Gesundheitsmanagement
und die Betriebliche Suchthilfe präsentieren an den
suchtmedizinischen Standorten der medbo diese wich­
tige Ausstellung, die das Thema Sucht aus der Sicht
von Betroffenen zeigt: Authentisch, bewegend und
informativ.
Bezirksklinikum Wöllershof
Kuppelsaal, Wöllershof 1,
92721 Störnstein
7. Juli bis 16. Juli 2015
Mo – Fr 11:00 bis 14:00 Uhr,
Sa/So 10:00 bis 17:00 Uhr
(16. Juli bis 19:00 Uhr)
Bezirksklinikum Regensburg
Mehrzweckhalle, Universitätsstraße 84,
93053 Regensburg
21. Juli bis 30. Juli 2015
Mo – Fr 11:00 bis 14:00 Uhr,
Sa/So 10:00 bis 17:00 Uhr
(30. Juli zusätzlich 16:00 bis 19:00 Uhr)
Der Eintritt ist frei und steht allen Interessierten offen.
Gruppenbesuche an beiden Standorten sind täglich
von 09:00 Uhr bis 14:00 Uhr nach vorheriger
Anmeldung über [email protected]
möglich.
Die Ausstellung wird präsentiert von: S.u.G.
Suchtprävention und Genesung e.V. in
Zusammenarbeit mit der DAK
Die ganz kleinen Patienten
Dr. Stephanie Kandsperger
Das Team der Ambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendpsychi­
a­
trie, Psychosomatik und Psychotherapie (KJP) am Bezirksklinikum Regensburg stellt fest,
dass zunehmend jüngere Kinder
angemeldet werden. Aus diesem
Grund wurde die bisherige Kleinkindambulanz um eine Spezialambulanz für den Altersbereich
bis drei Jahre erweitert.
G
erade Kinder im Altersbereich
von null bis drei Jahre sind in
besonderem Maße von der Versor­
gung ihrer Eltern abhängig. Und
wenn ein Elternteil oder gar beide
durch eine psychische Erkrankung
beispielsweise eine negative Hal­
tung gegenüber ihrem Kind einneh­
men, die Emotionen und Bedürfnis­
se ihrer Sprösslinge nicht adäquat
wahrnehmen oder mit der Betreu­
ung überfordert sind, dann kann
sich das auf die Entwicklung der
Kinder auswirken. Häufig kommen
auch noch weitere psychosoziale
Belastungsfaktoren wie finanzielle
Sorgen, partnerschaftliche Proble­
me oder Arbeitslosigkeit dazu. Des­
wegen ist es von enormer Wichtig­
keit, den psychisch kranken El­
tern(-teilen) und ihren Kindern
rasch, kompetent und interdiszipli­
när im multiprofessionellen Team
zu helfen und möglichst zeitnah
darauf hinzuwirken, dass sich die
Kinder gut entwickeln können. Ge­
rade bei diesen ganz jungen Pati­
enten ist eine schnelle und unkom­
plizierte Kooperation, wie die KJP
sie mit den erwachsenenpsychiatri­
schen Kollegen, insbesondere mit
der Psychiatrischen Institutsambu­
lanz unter Leitung von Chefarzt
PD Dr. Berthold Langguth und der
re­gionalen Jugendhilfe pflegt, von
großer Wichtigkeit.
Spezialambulanz für
Säuglinge und Babys
Seit einiger Zeit kommen zuneh­
mend auch Säuglinge in die
KJP-Ambulanz. Deren Eltern ma­
chen sich häufig Sorgen um die Ent­
wicklung ihrer Kinder in Bezug auf
Schreien, Schlafen, Füttern, An­
klammern, Kommunikation, Spra­
che, Trotz oder Spielunlust. Es er­
folgt eine interdisziplinäre Beratung
und Therapie, die, falls vonnöten,
auch videogestützt erfolgt und die
individuellen Bedürfnisse von Kind
und Eltern, aber auch die El­
tern-Kind-Interaktion berücksichtigt.
Dabei sucht das Team der Spezial­
ambulanz nach individuellen Lösun­
gen und unterstützt die Eltern in ih­
ren intuitiven elterlichen Fähigkei­
ten.
In dieser Spezialambulanz
steht ein multiprofessionelles Team
zur Verfügung: Eine Fachärztin für
Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychologen und eine Sozialarbei­
terin. Bei Bedarf können logopädi­
sche und ergotherapeutische Diag­
nostik und Behandlung angeboten
werden.
Dr. Stephanie Kandsperger ist
Leitende Oberärztin der Klinik für
Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psycho­
therapie am Bezirksklinikum
und leitet die KJP-Ambulanz
Das Team der Spezialambulanz für Säuglinge und Kleinkinder
• Ärztliche Ansprechpartnerin: Dr. Sabine Schneble
• Psychologischer Dienst: Lucia Doll, Dr. Simon Meier,
Christine Zechmeister
• Sozialarbeit: Diana Frischholz
Kontakt: Tel. +49 (0) 941/941-4004, [email protected]
29
30
SYNAPSE Mai
KJP
SYNAPSE Mai
KJP
Von Krieg und Flucht traumatisierte Jugendliche
Nichts als Angst
ums Überleben im Gepäck
Dr. Katharina Ehrich, Lissy Höller, Nicole Küfner
Es gibt Kindheiten, die verdienen
den Namen nicht. Was unbegleitete jugendliche Flüchtlinge bereits gesehen haben, erträgt
meist kein Erwachsener. Die Lebensgeschichten und Erlebnisse,
die dem Team der Trauma-Ambulanz an der Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie (KJP) am Bezirksklinikum Regensburg erzählt
werden, gehen unter die Haut.
K
am bis vor kurzem ein traumati­
sierter Jugendlicher pro Woche
in die Trauma-Ambulanz in der Vi­
tusstraße, sind es seit wenigen Mo­
naten bereits zwei oder mehr Ju­
gendliche pro Woche, die teils auch
stationär behandelt werden müs­
sen. Das Ambulanz-Team vermu­
tet, dass die Zahl noch ansteigen
wird. Die meisten der Flüchtlinge
sind unbegleitet, waren ohne Eltern
oder Verwandte von Afghanistan,
Somalia, Syrien oder Pakistan aus
unterwegs.
Ihr Ziel war Deutschland, ihr
Ankunftsort ist die Zentrale Inobhut­
nahme-Einrichtung in München.
Von dort aus werden sie weiter „ver­
teilt“, unter anderem in die dafür ge­
schaffene Clearingstelle des Re­
gensburger Kinderzentrums St. Vin­
cent. „Hier kommen sie das erste
Mal zur Ruhe und es beginnt in ih­
nen zu brodeln“, berichtet Oberärz­
tin Dr. Katharina Ehrich, „die meis­
ten haben nicht nur ein Trauma,
sondern gleich mehrere.“ Einige sa­
hen, wie Eltern oder Verwandte er­
Trauma-Ambulanz der
KJP am Bezirksklinikum
Regensburg
Das Team:
Oberärztin Dr. Katharina Ehrich
und Diplom-Psychologin
Nicole Küfner
Kontakt:
Tel. +49 (0) 941/941-4004,
[email protected]
mordet wurden, leben in ständiger
Furcht ums nackte Überleben und
haben auf der Flucht Gewalt und
noch mehr Todesangst erlebt.
Schreckliche Bilder der Vergangen­
heit tauchen nun bei den Jugendli­
chen blitzartig auf, sogenannte
Flashbacks. Es kommt zu Angst,
Einschlaf- oder Durchschlafstörun­
gen, Konzentrationsschwierigkei­
ten, Depressionen und teils auch
lebensmüden Gedanken. Die Ju­
gendlichen neigen zu Gereiztheit
und Impulsivität und zeigen Somati­
sierungstendenzen. Über allem
thront die Sorge um die Angehöri­
gen, die sich noch im Krisengebiet
befinden. Die Anzeichen für Trau­
mata erkennen die Betreuer in St.
Vincent und schicken die jungen
Flüchtlinge in die KJP.
Verstehen lernen
„Ich erlebe die Jugendlichen extrem
belastet und gleichzeitig verwun­
dert, was mit ihnen gerade passiert“,
versucht Psychologin Nicole Küfner
zu beschreiben, in welchem Zu­
stand die jungen Männer sind, wenn
sie die Trauma-Ambulanz der KJP
aufsuchen. Denn durch die Reihe
sind es junge Männer. Die wenigen
Mädchen – derzeit sind es sechs –
schaffen es höchstens in Begleitung
ihrer Eltern nach Deutschland. Die
Psychiaterin und die Psychologin
zeigen den Jugendlichen ihre Symp­
tome auf und bringen diese in Zu­
sammenhang mit den schrecklichen
Erlebnissen. Vor allem erklären bei­
de den Jugendlichen, dass diese
psychischen und psychosomati­
schen Reaktionen völlig normal
sind.
Das größte Hindernis, das
die Therapeuten von ihren Patien­
ten trennt, ist die Sprache. Ein Dol­
metscher muss die Gespräche
übersetzen. Dadurch ist die direkte
Verbindung zwischen Therapeut
und Patient gekappt. Sprache trans­
Fortsetzung auf Seite 32
31
32
SYNAPSE Mai
KJP
Fortsetzung von Seite 31
portiert viel mehr Informationen als
Wörter: Inhalte, die für den Thera­
peuten nicht nur interessant, son­
dern wichtig sind. Von großer Be­
deutung ist daher, dass der Dolmet­
scher wirklich alles übersetzt. Und
er muss selbst stabil genug sein, die
Erlebnisse der Jugendlichen anhö­
ren und wiedergeben zu können.
Kleine, behutsame Schritte
In den ersten Kontakten können Dr.
Ehrich und Nicole Küfner nicht so­
fort mit der Therapie beginnen. Pati­
ent und Therapeut müssen sich
kennenlernen und Vertrauen fas­
sen. Die Stabilisierung der Patien­
ten steht anfangs im Vordergrund.
„Zusätzlich kann ich die Jugendli­
chen mit Medikamenten stabilisie­
ren. Eine spezielle Therapie kann
erst gemacht werden, wenn sie die
deutsche Sprache einigermaßen
beherrschen und sie bereit sind,
sich erneut mit den traumatisieren­
den Erlebnissen zu konfrontieren“,
schildert die Oberärztin.
Die Therapie teilt sich in drei
Schritte auf: Auf die Stabilisierungs­
phase folgt die Traumakonfrontation
und schließlich der Blick nach vorne
als dritte Phase: Zukunftsplanung
und Neuausrichtung des Lebens.
Neuland betreten dabei beide The­
rapeuten bei der Behandlung dieser
schwerst und komplex traumatisier­
ten jugendlichen Flüchtlinge „aus
der Fremde“.
Voraussetzung für eine Sta­
bilisierung ist aber zunächst ein si­
cherer Ort, an dem die jungen
Flüchtlinge bleiben können. „Die
Angst, ausgewiesen zu werden, ist
bei ihnen immer präsent – wieder
ein Stückchen mehr an Bedrohung
für diese Jungen“, so Dr. Ehrich. Die
äußeren Schwierigkeiten und Hür­
den für eine Therapie sind hoch und
doch kann das Trauma-Team den
Jugendlichen helfen. Ein positives
Beispiel für eine gelungene Thera­
pie und Integration hat die Ärztin:
Ein Junge aus Somalia, der vor vier
Jahren nach Deutschland kam, hat
die Schule erfolgreich abgeschlos­
sen und macht derzeit eine Ausbil­
dung. Er gilt als stabilisiert und hat
gelernt mit seinen Erlebnissen zu
leben (siehe Husseins Geschichte).
Jugendliche Flüchtlinge
in der Oberpfalz
Derzeit befinden sich rund 230 unbe­
gleitete jugendliche Flüchtlinge in
der ganzen Oberpfalz. Im Lauf des
Jahres 2015 sollen weitere hinzu­
kommen – es ist von derselben An­
zahl zusätzlich auszugehen. Bis zu
ihrer Volljährigkeit bleiben sie in der
Obhut der Jugendhilfe. Im Durch­
schnitt sind die Jugendlichen zwei
Jahre lang in Jugendhilfe-Einrichtun­
gen. Erst mit dem Erreichen der Voll­
jährigkeit beginnt das Aufnahmever­
fahren zu laufen und der Asylantrag
muss gestellt werden.
Dr. Katharina Ehrich ist Oberärztin,
Nicole Küfner ist Diplom-Psycho­
login auf der Kinderstation und
in der Ambulanz der KJP am
Bezirksklinikum Regensburg
Husseins Geschichte
Hussein ist in Somalia geboren.
Dort herrscht seit 1991 Bürgerkrieg und viele Minderjährige werden als Kindersoldaten in die
Kämpfe geschickt. Sein Vater
wurde im Krieg schwer verwundet
und ist seitdem nicht mehr in der
Lage, für seine Familie zu sorgen.
Die Mutter sorgt für die Lebensgrundlage von Hussein und seinen vier Geschwistern. Das Essen
ist knapp, es reicht gerade so zum
Überleben.
Bürgerkrieg in Somalia
Hussein hat schon viel Leid in sei­
nem Land erlebt. Oft wurde seine
Familie angegriffen, immer wieder
lebten sie in Angst, jeden Augen­
blick erschossen oder verschleppt
zu werden. Aus dem Dorf flohen
schon viele Familien. Auch viele
Kinder wurden allein auf den Weg
geschickt, um sich im reichen Euro­
pa, wo das Geld auf der Straße
liegt, wie alle erzählen, einen Job
zu suchen. Dann könnten sie die
Familie in Somalia unterstützen.
Als Hussein 13 Jahre alt ist, be­
schließt er, sich auf den Weg zu
machen, um genau das zu tun.
Die Eltern leihen sich Geld,
wo es nur geht, um Hussein zumin­
dest für den Anfang die Reise zu er­
leichtern. Zusammen mit anderen
Jugendlichen und Familien macht er
sich auf den Weg mit dem Bus, zu
Fuß oder versteckt unter eine Plane
auf einem Lkw. Die Reise ist un­
glaublich gefährlich, weil von allen
Seiten Gefahren lauern. Anfangs in
Äthiopien sind noch viele Somalis
unterwegs, mit denen er sich in sei­
ner Sprache unterhalten kann. Da­
nach versteht er kein Wort mehr.
Immer wieder nimmt er Gelegen­
heitsjobs an, um wenigstens ein
bisschen etwas zu essen zu bekom­
men. Oft reicht es aber nicht und er
muss mehrere Tage hungern. Wenn
wieder etwas Geld beisammen ist,
geht die Reise weiter – immer weiter
in Richtung Norden, um dann ein
Schiff über das Mittelmeer zu finden.
Arbeitssklave in Libyen
Die anderen Jugendlichen, mit de­
nen er aufgebrochen ist, sind längst
in alle Winde zerstreut. Er muss sich
allein zu rechtfinden. Mittlerweile ist
er 14 Jahre alt. Immer wieder wird
er bedroht, angegriffen, geschlagen
und wie ein Sklave behandelt. In Li­
byen wird er von einem Mann fest­
gehalten und eingesperrt, um dort
beim Arbeiten zu helfen. Er glaubt,
dort bis zum Ende seines Lebens
gefangen zu bleiben. Erst nach eini­
gen Monaten gelingt Hussein die
Flucht. Längst fühlt er sich perma­
nent unter Hochspannung. Obwohl
viele in der gleichen Lage sind, gibt
es unter den Flüchtlingen nur wenig
Zusammenhalt, jeder ist Einzel­
kämpfer und versucht zu überleben.
Oft finden Übergriffe und Schläge­
reien statt, keinen Augenblick kann
Hussein sich sicher fühlen. Mittler­
weile hat er schon so viel erlebt und
überlebt, dass er nur noch funktio­
niert, kaum noch Gefühle verspürt.
Leben ist Überleben, und Überleben
ist Kampf. Ihm fehlen seine Familie,
seine Freunde, seine gewohnte
Umgebung. Er hat das Gefühl, nie
an- und vor allem nie mehr nach So­
malia zurück zu kommen.
Als er es nach zehn Mona­
ten endlich ans Mittelmeer ge­
schafft hat, türmt sich das nächste
Problem auf: Wie soll er die horren­
de Summe für die Überfahrt auf­
bringen, wie die Schlepper bezah­
len? Nach langer Suche findet er
Arbeit auf einer Baustelle. Zwölf
Stunden lang täglich Steine schlep­
pen, Mörtel mischen und vieles
mehr. Härteste körperliche Arbeit,
wochenlang. Er wohnt in einer en­
gen Baracke zusammen mit zwölf
anderen. Jeder ist misstrauisch
und gereizt. Denn das versteckte
ersparte Geld kann jederzeit ge­
stohlen werden.
Flucht über das Mittelmeer
Als Hussein nach drei Monaten end­
lich das Geld zusammen hat, geht
es los. Das Boot für die Überfahrt ist
mehr als fragwürdig: es ist völlig
überladen, von Hochseetauglichkeit
ganz abzusehen. Aber welche Wahl
hat er? Es ist mittlerweile November
geworden, die schlechteste Zeit für
eine Überquerung des Mittelmeers.
Wegen des hohen Wellengangs
kommt das Boot nicht voran. Es ist
kaum Wasser und Proviant an Bord.
Wasser läuft von allen Seiten ins
Boot, jeder schöpft so schnell er
kann – Hauptsache, nicht kentern,
nicht ertrinken, nicht im eiskalten
Wasser erfrieren.
Als keiner mehr zu hoffen
wagt, entdeckt die italienische Mari­
ne das kleine Boot. Sie werden auf
die Insel Lampedusa gebracht. Dort
wird Hussein in einen Raum ge­
sperrt. Er versteht kein Wort, wieder
überkommt ihn Panik. Muss er jetzt
ins Gefängnis, wird er wieder ge­
schlagen und misshandelt? Nach
mehreren Stunden kommt ein Dol­
metscher und erklärt, dass er jetzt
erfasst und auf das italienische Fest­
land gebracht wird. Dort angekom­
men, ist er wieder auf sich alleine
gestellt. Hussein schlägt sich Rich­
tung Norden durch.
In Deutschland
Irgendwann ist er schließlich in
Deutschland angekommen. Er wird
genau befragt, wo er herkommt, wie
alt er ist, wird medizinisch untersucht
und kommt in eine Gruppe mit ande­
ren Jugendlichen. Er hofft nun end­
lich Arbeit zu finden – er muss
schnell Geld verdienen, denn seine
Familie wartet darauf. Hussein ist
völlig erstaunt, dass alle sagen, er
müsse hier erstmal zur Schule ge­
hen, dann eine Ausbildung machen,
und erst danach könne er was ver­
dienen. Hussein macht sich viele
Sorgen um seine Eltern und Ge­
schwister, manchmal sind diese te­
lefonisch nicht zu erreichen. Einer­
seits kommt er nach seiner langen
Flucht langsam zur Ruhe. Die Dinge
aber, die er erlebt hat, bleiben und
quälen ihn Tag und Nacht aufs Neue.
34
SYNAPSE Mai
KJP
SYNAPSE Mai
KJP
Regensburger Fachtagung „Frühe Hilfen“ 2015
Kooperativ Bindungen stärken und Kinder schützen
Dr. Christian Rexroth, Dr. Hermann Scheuerer-Englisch, Prof. Dr. Klaudia Winkler
Die Unterstützung von Eltern mit
Säuglingen und Kleinkindern in
schwierigen Lebenslagen dient
der Minimierung von Gefährdungen und dem Schutz von Kindern.
Als interdisziplinäre Aufgabe sehen sich die beteiligten Fachkräfte vor einer großen Herausforderung. Ihre Arbeit und die Organisation ihrer Unterstützung bedürfen eines tragenden Netzwerks.
Die Regensburger Fachtagung
„Frühe Hilfen“ brachte im April
2015 Partner und Experten an einen Tisch.
S
eit einigen Jahren stehen die
Kinder psychisch kranker Eltern
verstärkt im Blickpunkt der Fachöf­
fentlichkeit. Beispielhafte Projekte,
die sich diesen Kindern zuwenden,
deren Lebensbedingungen, Belas­
tungen und Nöte erforschen, aber
auch ihre Ressourcen und Unter­
stützungsmöglichkeiten
ausloten,
sind mittlerweile bundesweit be­
kannt. Dabei hat sich der Fokus zu­
nehmend von den Auswirkungen hin
zur Förderung und Prävention dieser
Kinder und deren Familien verscho­
ben. Das feinfühlige elterliche Ver­
halten und eine gelingende Bindung
stellen dafür die wichtigsten Fakto­
ren zur positiven Entwicklung von
Kindern dar. Der Gesundheitssurvey
des Robert-Koch-Instituts (2007) be­
legt, dass die Wahrscheinlichkeit,
dass Kinder problematische Auffäl­
ligkeiten entwickeln, bei Familien in
prekären Lebenslagen viermal grö­
ßer ist als bei wenig belasteten Fa­
milien.
Alle Fachkräfte in Gesund­
heitswesen und Jugendhilfe, die mit
Eltern und ihren kleinen Kindern zu
tun haben, tragen insofern gemein­
sam Verantwortung für den Aufbau
eines breit angelegten Netzes von
solchen sogenannten „Frühen Hil­
fen“.
Hilfe anbieten –
so früh wie möglich
Zum Teil bleibt die Zuständigkeit zwi­
schen den beteiligten medizinischen
Fachbereichen (Psychiatrie und
Psychotherapie, Kinder- und Ju­
gendpsychiatrie, Kinder- und Ju­
gendmedizin, Frauenheilkunde und
Geburtshilfe, Hausärzte) in Zusam­
menarbeit mit der regionalen Kinderund Jugendhilfe und den Sozialpsy­
chiatrischen Diensten noch häufig
dem jeweiligen individuellen En­
gagement auf lokaler Ebene über­
lassen – wenn auch mit teilweise
sehr guten Ergebnissen.
Demgegenüber stellt sich
fachlich weniger die Frage, welche
Institution zuständig ist, sondern
mehr, wie Angebote für psychisch
kranke Eltern und deren Kinder aus
den oben genannten Bereichen der
medizinischen Versorgung, der Kin­
der- und Jugendhilfe und der psy­
chosozialen Angebote miteinander
besser verbunden werden können –
und dass diese Hilfen möglichst zu
einem „frühen Zeitpunkt“ im Leben
der Kinder und deren Familien ein­
setzen. An diesem Punkt will ein
Projekt ansetzen, das Kinder und
deren psychisch kranke Eltern unter
Einbeziehung außerfamiliärer Kin­
derbetreuung fördern soll.
Die Fachtagung „Frühe Hil­
fen“ im April 2015 brachte erstmals
die wichtigsten Handlungspartner
und Ideengeber zwei Tage lang in
Regensburg an einen Tisch. Initiator
war die medbo Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie, Psychosomatik
und Psychotherapie (KJP), der mit
der Ostbayerischen Technischen
Hochschule Regensburg (OTH) und
der Katholischen Jugendfürsorge
Regensburg von Anfang an wichtige
Kooperationspartner zur Seite stan­
den. Dr. Christian Rexroth, Chefarzt
und Ärztlicher Direktor (komm.) der
KJP leitet als Sprecher die Arbeits­
gruppe „Kinder und psychisch kran­
ke Eltern“ des Regionalen Steue­
rungsverbundes des Versorgungs­
gebietes Regensburg (PSAG), wel­
che sich aus Vertreterinnen und
Vertretern unterschiedlichster Ein­
richtungen der sozialpsychiatri­
schen, medizinischen Versorgung
und Jugendhilfe von Kindern, Ju­
gendlichen und Erwachsenen zu­
sammen setzt und spiegelt damit
den interdisziplinären und multipro­
fessionellen Ansatz bei dieser The­
matik beispielhaft wider.
Mit dieser Fachtagung sollte
auch Prof. Dr. Klaus E. Grossmann
anlässlich seines 80. Geburtstages
gewürdigt werden, der ein hoch an­
erkannter Lehrer und Förderer ist
und den viele Fachleute aus dem
wissenschaftlichen Diskurs kennen
und schätzen gelernt haben.
Unterstützt wurde die Tagung
nicht zuletzt durch die Bayerischen
Staatsministerien für Gesundheit
und Pflege sowie Arbeit und Sozia­
les, Familie und Integration. Die
Bundesinitiative Frühe Hilfen förder­
te überdies die Tagung großzügig.
Regensburger Partner:
Kinder- und Jugendpsychiatrie
Das Frühe-Hilfen-Engagement der
Regensburger KJP kommt nicht von
ungefähr, kommen seit einiger Zeit
zunehmend auch Säuglinge in die
KJP-Ambulanz. Deren Eltern ma­
chen sich häufig Sorgen um die Ent­
wicklung ihrer Kinder, zum Beispiel in
Bezug auf Schreien, Schlafen, Füt­
tern, Anklammern, Kommunikation,
Sprache, Trotz oder Spielunlust. Ge­
rade Kinder im Altersbereich bis drei
Jahre sind in besonderem Maße von
der Versorgung ihrer Eltern abhän­
gig. Wenn die Eltern beziehungswei­
se ein Elternteil durch eine psychi­
sche Erkrankung beispielsweise eine
negative Haltung gegenüber dem
Kind einnehmen, die Emotionen und
Bedürfnisse ihrer Sprösslinge nicht
adäquat wahrnehmen oder mit der
Betreuung überfordert sind, dann
kann sich das auf die Entwicklung
der Kinder auswirken. Häufig kom­
men auch noch weitere psychosozia­
le Belastungsfaktoren wie finanzielle
Sorgen, partnerschaftliche Probleme
oder Arbeitslosigkeit dazu. Deswe­
gen ist es von enormer Wichtig­
keit, den psychisch kranken El­
tern(-teilen) und ihren Kin­
dern rasch, kompetent
und interdisziplinär im
multiprofessionellen
Team zu helfen und
möglichst zeitnah
darauf hinzuwir­
ken, dass sich
die Kinder gut
entwickeln kön­
nen. Gerade bei
diesen ganz jun­
gen Patienten ist
eine schnelle und
unkomplizierte Ko­
operation, wie die
KJP sie mit den er­
wachsenenpsychiatri­
schen Kollegen, insbe­
sondere
mit
der
Psychia­trischen Instituts­
ambulanz unter Leitung
von PD Dr. Berthold Lang­
guth, und der regionalen
Jugendhilfe pflegt, von gro­
ßer Wichtigkeit.
Regensburger Partner:
Katholische Jugendfürsorge
Zweiter Partner ist die Katho­
lische Jugendfürsorge der Diözese
Regensburg, die als Teil der Jugend­
hilfe mit ihren zehn Erziehungsbera­
tungsstellen (EB) in der Diözese Re­
gensburg einen wesentlichen Fach­
35
36
SYNAPSE Mai
KJP
Klaus und Karin Grossmanns Lebenswerk: Bindungsforschung
Zu Beginn der Siebzigerjahre begannen Klaus und Karin Grossmann als erste in Deutschland mit der Grundla­
genforschung zur Entwicklung von Bindungen zwischen Eltern und Kind – zunächst in Bielefeld, ab 1978 an der
Universität Regensburg. Sie fingen an, Kinder und ihre Familien von der Geburt bis ins Erwachsenenleben zu
beobachten und waren bereit, tatsächlich langfristig zu dokumentieren, wie sich Menschen entwickeln. So wurde
die Theorie von Anfang an von der Wirklichkeit des Beobachteten geprägt und nicht von den Wünschen der
Forschenden selbst.
Der Ansatz, genau zu beobachten, auf den einzelnen Menschen zu schauen und ihn ganzheitlich wahrzuneh­
men, ist auch für die Praxis in der Jugendhilfe, sei es in der Beratung oder in den (teil-)stationären Hilfen,
elementar.
Das Forscherehepaar Grossmann konnte auch für deutsche Familien nachweisen, dass die Bindungserfahrun­
gen von Kindern mit den wichtigen Bindungspersonen die Grundlage für das (Ur-)Vertrauen in sich, in andere
und die Welt darstellen. Klaus und Karin Grossmann haben die Bindungsforschung selbst und damit auch die
Perspektive erweitert: So machten sie immer deutlich, dass gelingende Bindungen die Grundlage für das Lernen,
eine gute Selbstständigkeit und die Autonomie des Kindes sind. Sie konnten zeigen, dass die Väter den Müttern
gleichrangige Bindungspersonen sind und dass sie in der fachlichen Arbeit mit einbezogen werden müssen, um
die kindliche Entwicklung zu fördern, vor allem um die Problemlösefähigkeiten der Kinder zu stärken.
Das Forscherehepaar legte auch besonderen Wert auf die Bedeutung der Sprache für die Bindungsentwicklung.
Menschen verfügen über ein besonderes Bewusstsein: Erinnerungen und die Sprache geben einem Menschen
die Möglichkeit, Vergangenes zu reflektieren, Aktuelles und Zukünftiges zu bewerten und sich selbst besser zu
verstehen. Damit wird die Grundlage für die eigene innere Sicherheit gelegt. Für die praktische Arbeit bedeutet
dies, Kinder, Jugendliche und Eltern anzuregen, miteinander zu reden, sich zu öffnen, sich wichtige Empfindun­
gen mitzuteilen und sich auszutauschen. Die Bindungsforschung von Klaus und Karin Grossmann trifft das Herz
dessen, was Menschsein ausmacht: Sie beleuchtet die Frage, was Eltern an Fürsorge und Liebe an ihre Kinder
weitergeben. Sie gibt vielfältige Anregungen, was wie zu tun ist, um ängstigende und kränkende Erfahrungen in
Familienbeziehungen zu beenden, negative Teufelskreise zu unterbrechen und Hoffnung und Zuversicht in
menschlichen Entwicklungswegen zu säen. Daran mitzuwirken ist eine wundervolle Aufgabe von allen Fachleu­
ten in Kindertageseinrichtungen, Schulen, Medizin und Jugendhilfe.
(Quelle: Hermann Scheuerer-Englisch, Aktion Kontakte 2/2014)
SYNAPSE Mai
KJP
beratungsdienst der Jugendhilfe und
der psychosozialen Grundversor­
gung auch für (sehr) kleine Kinder
und ihre Eltern anbietet. Die Eltern
können sich unbürokratisch, freiwil­
lig und für sie kostenfrei an eine
EB-Stelle wenden, die es in jeder
Kommune gibt.
Experten fordern vor allem
früh ansetzende, auf eine Vertrau­
ensbeziehung aufbauende Hilfen,
die sich an gefährdete Familien wen­
den, ohne nur das Thema Kindes­
wohlgefährdung allein in den Fokus
zu nehmen. Erziehungsberatung
wendet sich in dieser offenen, nied­
rigschwelligen Form an Eltern von
Kleinkindern. Bei stark überforderten
Familien ist ein besonderes Arbeits­
bündnis von Hilfen nötig. Hier sind
eine Früherkennung und Anbahnung
von Hilfen durch die „natürlichen“
Anlaufstellen, etwa Geburtsklinik,
Hebamme, Kinderarzt, Krippen und
Tagesmütter sowie die Koordinieren­
den Kinderschutzstellen (KoKi) er­
forderlich. Die Erziehungsberatung
stellt dann eine weitergehende in­
tensive Hilfe zur Erziehung dar und
ist häufig in der „zweiten“ Reihe für
die pädagogisch-therapeutische Be­
gleitung von Familien im Rahmen
des Gesamtnetzwerkes von „Frühen
Hilfen“ zuständig.
Regensburger Partner:
Ostbayerische Technische
Hochschule (OTH) Regensburg
Auch die Fakultät Angewandte Sozi­
al- und Gesundheitswissenschaften
der OTH Regensburg ist Kooperati­
onspartnerin der Fachtagung. Das
Thema „Frühe Hilfen“ ist zum einen
für Studierende der Sozialen Arbeit
von großer Bedeutung, spielt aber
auch im Rahmen von Forschungs­
schwerpunkten an der OTH eine
wichtige Rolle. Das Besondere am
Konzept dieser Fachtagung aus Per­
spektive der OTH war der interdiszi­
plinäre Blick von Seiten der Pädago­
gik, der Psychologie, der Medizin
(und hier insbesondere der Psychia­
trie und Psychotherapie sowie Kin­
der- und Jugendpsychiatrie) und
nicht zuletzt der Sozialen Arbeit auf
das Thema Frühe Hilfen: Dieser
Blick entspricht auf wissenschaftli­
cher Ebene gewissermaßen dem,
was seit Inkrafttreten des Kinder­
schutzgesetzes im Jahr 2012 auch
in der Praxis der Frühen Hilfen um­
gesetzt werden sollte beziehungs­
weise bereits umgesetzt wird.
Fazit
Die Fachtagung „Frühe Hilfen – Ko­
operativ Bindungen stärken und
Kinder schützen“ setzte fachliche
Impulse zur Umsetzung von Frü­
hen Hilfen und Kinderschutz aus
den verschiedenen Professionen,
ermöglichte ein gegenseitiges Ken­
nenlernen unterschiedlicher Ansät­
ze und Kooperationsformen und
unterstützte auf diese Weise die
Entwicklung gemeinsamer Sicht­
weisen und die Organisation von
funktionierenden Schnittstellen.
Dr. Christian A. Rexroth ist
Chefarzt und Ärztlicher Direktor
(komm.) der medbo Klinik für
Kinder- und Jugendpsychiatrie,
Psychosomatik und Psycho­
therapie, Dr. Hermann ScheuererEnglisch ist fachlicher Sprecher
der Erziehungs-, Familien- und
Jugendberatungsstellen der
Katholischen Jugendfürsorge der
Diözese Regensburg und Leiter
der Regensburger Stelle und
Prof. Dr. Klaudia Winkler
ist Vizepräsidentin der
Ostbayerischen Technischen
Hochschule Regensburg
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38
SYNAPSE Mai
Forensik
SYNAPSE Mai
Forensik
Forensik-Chef Dr. Wolfgang Mache (3.v.r.)
und AT-Leiter Detlef Dlugos (6. v. l.) zeigen
JVA-Leiter Christian Gessenharter (4.v.r.)
und seinem Team Arbeitstherapie-Räume
Besuch der JVA Regensburg in der Forensik
Strafvollzug trifft Maßregelvollzug
Sie haben vieles gemeinsam: Beide Einrichtungen sichern Straftäter am Standort Regensburg, interagieren mit Justiz, Polizei und
anderen Behörden. Nicht zuletzt
waren viele Maßregelvollzugspatienten zuvor im Strafvollzug und
umgekehrt. Aber ein paar Sichtweisen sind doch anders.
standards. Hohe Zäune und Mauern,
vergitterte Fenster, Doppelschleusen
an den Eingängen – das sind nur die
sichtbaren äußeren Merkmale dieser
Aufgabe. Auch das Ziel, die Resozia­
lisierung der Häftlinge respektive Fo­
rensik-Patienten zu fördern, sie auf
ein Leben „draußen“ vorzubereiten,
teilen die Einrichtungen.
A
Wesentlicher Unterschied:
Erprobungskonzept im
Maßregelvollzug
nfang Februar folgten Vertreter
der Regensburger Justizvoll­
zugsanstalt (JVA) – allen voran der
Leiter der JVA, Leitender Regie­
rungsdirektor Christian Gessenhar­
ter – der Einladung Dr. Wolfgang
Maches, des Ärztlichen Direktors
des Maßregelvollzugs am Bezirkskli­
nikum. Idee des Treffens war, den
JVA-Kollegen die Arbeit und die Ein­
richtungen der Regensburger Klinik
für Forensische Psychiatrie und Psy­
chotherapie vorzustellen. Damit soll­
te der bereits bei einem Besuch Dr.
Maches mit ärztlichen Kollegen in
der JVA Regensburg im Oktober
2014 gepflegte Dialog fortgesetzt
werden. Denn beide Institutionen
kümmern sich auf der
Basis
gericht­licher
Entscheidungen um
Straftäter.
Der we­
sentliche Unterschied
ist aber, dass viele der
Straftäter, die in einer
forensischen Klinik un­
tergebracht sind, nach
richterlicher
Einschät­
zung aufgrund einer psy­
chischen oder einer Ab­
hängigkeitserkrankung
nicht schuldfähig sind:
Wesentliche Aufgabe der
Forensik ist daher die The­
rapie der Patienten. Ent­
sprechend ist der Maßregel­
vollzugsleiter in erster Linie
Arzt und nicht Jurist.
Dennoch sind die „äu­
ßeren Umstände“ in beiden
Einrichtungen
durchaus
vergleichbar: Sowohl in der
JVA als auch in der Forensik
gelten strenge Sicherheits­
Der wesentliche Unterschied be­
steht darin, dass der Maßregelvoll­
zug im Rahmen der Therapie auf
Erprobungskonzepte setzt: Je nach
Therapiefortschritt können dem Pati­
enten nach und nach sogenannte
Lockerungen gewährt werden –
nach intensiver Abwägung eines je­
den Einzelfalls. „Lockerung bedeu­
tet, die Absprachefähigkeit und Zu­
verlässigkeit der Patienten zu erpro­
ben: Anfangs ein kurzer Spaziergang
in der Gruppe mit Pflegern auf dem
Gelände des Bezirksklinikums oder
als Entlassungsvorbereitung mehre­
re Tage Urlaub“, erläutert Dr. Mache.
Natürlich sei hiermit immer auch ein
gewisses Risiko des Lockerungs­
missbrauchs verbunden, das heißt,
dass der Patient beispielsweise nicht
pünktlich zurückkehrt oder dass er
sich zwischendurch nicht wie verein­
bart meldet. „Ein gewisses Maß an
Vertrauensvorschuss ist erforderlich,
da wichtige soziale Kompetenzen
nicht in der geschlossenen Klinik,
sondern nur draußen im richtigen
Leben erprobt werden können“. Ein
Missbrauch der Lockerung hat ent­
sprechend schwere Konsequenzen:
Er kann sogar zum Abbruch des
Maßregelvollzugs führen und die so­
fortige Unterbringung in der JVA zur
Folge haben.
Hingegen sind im Justizvoll­
zug Lockerungsanträge von Gefan­
genen (zum Beispiel auf Ausgang
oder Freigang) zwingend abzuleh­
nen, wenn Flucht- oder Missbrauchs­
gefahr zu befürchten ist.
„Es ist für uns Justizvollzugs­
beamte wichtig, Einblicke in den
Maßregelvollzug und Informationen
rund um diese ganz spezielle Grup­
pe von Straftätern zu bekommen“,
stellt Christian Gessenharter fest.
Konzeptionelle Unterschiede –
Paradebeispiel: Fernsehen
Aber auch ganz praktische Aspekte
spielten bei der Begegnung zwi­
schen JVA und Forensik eine Rolle:
Wie kann man die Übergabe von Pa­
tienten, deren Maßregel abgebro­
chen wurde, an die JVA effizient ge­
stalten? Welche Erfahrungen haben
beide Einrichtungen im Umgang mit
Gerichten und Behörden aller Art?
Und als ganz konkretes Thema: Ma­
chen Fernsehgeräte auf den Zim­
mern – in der JVA Regensburg sind
solche in den Hafträumen gestattet
– auch in der Forensik Sinn? Ein kei­
nesfalls triviales Problem: Foren­
sik-Patienten sollen zum Beispiel
lernen, einer sinnvollen Tagesstruk­
tur zu folgen. Da dies zwar Teil des
therapeutischen Prozesses, aber
dennoch von der Freiwilligkeit der
Patienten abhängt, könnte Zugang
zu TV auf den Zimmern kontrapro­
duktiv sein. „Ganz davon abgese­
hen, dass es in der Forensik keine
Einzelzimmer gibt – die Frage, wer
das Fernsehprogramm bestimmt und
die Fernbedienung steuert, könnte
zu einigen Problemen führen: Hier
könnte es durchaus zu ernsten Kri­
sen innerhalb einer Gruppe von psy­
chisch erkrankten Menschen kom­
men“, erklärt Dr. Mache.
Fernseher im Justizvollzug
sind jedoch kein Resozialisierungs­
ersatz. Doch können aufgrund der
Klientel in der JVA Regensburg so­
wie einer überwiegenden Einzelun­
terbringung oder einer gemein­
schaftlichen Unterbringung der Ge­
fangenen in kleineren Einheiten als
Lockerungsmissbrauch versus Flucht
Lockerungsmissbrauch ist nicht gleichzusetzen mit Flucht: Bei einer
Flucht entfernt sich der Patient ohne Absprache aus der Klinik. Ein
Lockerungsmissbrauch liegt vor, wenn der Patient nicht von einer
genehmigten Lockerung zurückkehrt.
Auf die etwa 100.000 durch die Regensburger Forensik pro Jahr
ausgesprochenen Lockerungen kommen durchschnittlich 16 Ent­
weichungen – mehrheitlich verursacht durch Patienten, die nicht von
der Lockerung zurückkehrten. In den letzten 20 Jahren gab es
lediglich zwei klassische Fluchten, die zu zusätzlichen technischen
Sicherungsmaßnahmen führten.
Bei Lockerungsmissbräuchen kommt es häufig zu Suchtmittelrück­
fällen, aber nicht zu weiter gehenden Straftaten. Die Hälfte der
Entwichenen kommt selbstständig – verspätet – in die Klinik zurück.
im Maßregelvollzug andere Schwer­
punkte des Vollzugs gesetzt werden:
stellt doch auch die Informations­
möglichkeit via Fernseher ein we­
sentliches Fenster zur Freiheit dar.
In anderen Justizvollzugsanstalten
ist es jedoch gegebenenfalls ebenso
sinnvoll und notwendig, auf sozi­
altherapeutischen Stationen keinen
Fernseher auf dem Haftraum zuzu­
lassen. Das Thema muss also sehr
differenziert betrachtet werden.
Resozialisierung konkret:
Arbeitstherapie
Besonders interessiert waren die
Gäste der JVA an der Arbeitsthera­
pie (AT). Detlef Dlugos, Leiter der
Forensischen AT, erklärte den
grundsätzlichen Ansatz: Arbeitsthe­
rapie als Möglichkeit zu sinnstiften­
der, den Fähigkeiten, aber auch den
Grenzen des einzelnen Patienten
gerecht werdender Tätigkeit. So
können Patienten in der Forensik
nicht nur einen Schulabschluss
nachholen, sondern Arbeitsfelder
wie Schreinerei, Schlosserei oder
Elektrik für sich erkunden. „Für viele
Patienten ist dies eine ganz wichtige
Erkenntnis: Ich habe Fähigkeiten,
von denen ich bislang nichts wusste
und die mir im Leben draußen viel­
leicht helfen können“, kommentiert
Dlugos. Aber auch für Langzeitpati­
enten – häufig mit schweren psychi­
schen Erkrankungen – ist die AT ein
Anker: Für diese Menschen ist die
Klinik der Mikrokosmos, in dem sich
ihr gesamtes Leben abspielt. Die Ar­
beitstherapie bringt ein Stück nor­
males Leben, und nicht nur blanke
Beschäftigung.
Diese Erkenntnisse teilen
Maßregelvollzug und Justizvollzug
gleichermaßen: auch in der JVA geht
es um die Wiedergewinnung von Ta­
gesstruktur und Lebenssinn. Hierbei
sind beispielsweise in der Justizvoll­
zugsanstalt Regensburg auch die
Angebote an Arbeit, Freizeit und Ge­
sprächen zu nennen: Maßnahmen,
die einer ständigen Entwicklung be­
dürfen.
(RNE)
39
40
SYNAPSE Mai
Forensik
SYNAPSE Mai
Forensik
Acht Fragen und einige Antworten
Patientenbefragung in der Forensik
Besonders interessant/hilfreich finde ich hier:
• dass man hier mehrere Möglichkeiten hat, was zu machen
• dass ich lerne, mit Frust umzugehen
Tacheles
Tacheles reden – also kein Blatt
vor den Mund nehmen: Das durften und sollten die Patienten der
Regensburger Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie. In einer ungewöhnlichen
Befragungsaktion konnten die
Maßregelvollzugs-Patienten Wünsche, Kritik und Lob äußern. Die
Ergebnisse sind durchaus überraschend.
am Bezirksklinikum Regensburg, die
Aktion. Damit die Mitarbeiter vonein­
ander lernen, wurden bereits funktio­
nierende Wege des Erfahrungsaus­
tauschs und des Feedbacks etab­
liert: Ob Mitarbeitergespräche oder
Führungsfeedback, ob Gedanken­
austausch mit der Strafjustiz und an­
deren kooperierenden Einrichtungen
oder größere Fachkonferenzen.
Lernende Organisation
Warum nicht auch die Patien­
ten selber fragen? Diese werden
zwar schon seit Jahren im Rahmen
einer kontinuierlichen katamnesti­
schen Erhebung in der Phase nach
ihrer Entlassung befragt. Im Dezem­
ber 2014 ging man in der Forensi­
schen Klinik aber noch einen Schritt
weiter: Auf allen forensischen Statio­
nen wurden acht Fragen ausgehängt
und die Patienten bekamen die Mög­
lichkeit, anonym ihre Gedanken und
Antworten zu äußern.
„Die Forensik möchte eine lernende
Organisation sein“ erläutert Dr. Wolf­
gang Mache, Maßregelvollzugsleiter
Überraschend war für die Kli­
nikleitung die sehr große Bereit­
schaft der Patienten, sich zu äußern
D
as Befragungsmittel war einfach:
Auf den Stationen wurden große
Plakate aufgehängt, auf die die
knapp 200 Patienten über mehrere
Tage ihre Botschaften an die Klinik­
leitung schreiben konnten. Auf diese
Weise konnten die Patienten auch
die Einträge der anderen sehen, sich
inspirieren lassen, sich anschließen
oder Gegenposition beziehen.
Volle Weiterbildungsbefugnis
Forensische Psychiatrie
Dr. Wolfgang Mache, Ärztlicher Di­
rektor der Klinik für Forensische
Psychiatrie und Psychotherapie am
Bezirksklinikum Regensburg, hat
Anfang Februar 2015 per Bescheid
der Landesärztekammer Bayern die
volle Weiterbildungsbefugnis für den
Schwerpunkt Forensische Psychiat­
rie erhalten. Damit ist Dr. Mache ei­
ner von nur drei Ärzten in Bayern mit
voller Weiterbildungsbefugnis in der
Forensik. Die Ermächtigung gilt für
drei Jahre.
(RNE)
und Rückmeldungen zu geben. Vie­
le Bemerkungen waren in einem
schlechten
Deutsch
formuliert,
Rechtschreibschwächen traten zuta­
ge, aber dies war nicht wichtig!
Aus den Antworten der Pati­
enten wurde sehr deutlich, dass sie
wenig Kenntnis haben über die
Zwänge, mit denen auch die Mitar­
beiter der Klinik konfrontiert sind. Aus
vielen Antworten wurde deutlich,
dass die therapeutischen Ziele und
Überlegungen, wie sie im Klinikkon­
zept formuliert sind, auch von den
Patienten verstanden und erlebt wer­
den. Deutlich wurde auch der große
Unterschied zwischen dem Alltag in
einer Justizvollzugsanstalt und der
Maßregelvollzugsklinik. Manche Pa­
tienten formulierten sehr menschli­
che Überlegungen. Überraschend
war auch die insgesamt recht positi­
ve Resonanz seitens der Patienten,
die sich allerdings mit den Ergebnis­
sen der regelmäßigen Patientenbe­
fragungen nach Entlassung decken.
Und so ging es weiter …
Die Antworten der Patienten wurden
allen Mitarbeitern zur Verfügung ge­
stellt und auf der Ebene der einzel­
nen Stationen in den Teams disku­
tiert. Im nächsten Schritt wurde in
Anwesenheit des Ärztlichen Direk­
tors auf den verschiedenen Statio­
nen mit den Patienten über ihre Ge­
danken gesprochen. Hierbei ging es
darum, den Patienten manches zu
erklären, aber auch nützliche und
zum Teil kritische Anregungen sei­
tens der Patienten aufzunehmen
und eventuelle Maßnahmen zu er­
greifen. Immer besteht auch die Ten­
denz, Verantwortung für Konflikte
und Probleme mehr auf der jeweils
anderen Seite zu sehen, und die ei­
genen Anteile zu vernachlässigen.
Derzeit wird überlegt, ob eine
derartige Befragung nicht jedes Jahr
stattfinden sollte, da sie sehr viel
mehr Patienten erreicht als die bis­
her üblichen Gesprächstermine der
Krankenhausleitung mit den Patien­
tensprechern der Stationen. (RNE)
Was ich schon immer sagen wollte:
• Nur der Patient macht die Fehler, so wird alles hingestellt
• Mehr Taschengeld
• Dass Moslems viel zu wenig Essensauswahl haben
Wenn ich Chef der Klinik wäre, dann würde ich:
• Für jede Station mehr Fahrzeuge und Fahrräder bereit stellen
• Internetzugang und in jedem Zimmer einen Fernseher
Wenn es leicht wäre mich zu ändern,
dann wäre ich gerne:
• Ein gutes Vorbild gegenüber meinen Kindern
• Jemand, der sich besser durchsetzen kann
• So wie ich jetzt bin. Endlich am Boden der Tatsachen,
statt ewig auf der Jagd und Überholspur
Folgende Erkenntnisse habe ich hier gewonnen:
• Dass das Leben auch ohne Drogen schön sein kann
• Dass es nichts schwereres gibt, als die Auseinandersetzung
mit sich selbst und sich seine Fehler einzugestehen
• Reden befreit!
Wenn es Ärger zwischen mir und dem Team/einzelnen
Teammitgliedern gibt, dann ….
• Lösung finden, Gespräch suchen!
• Gehe ich der Situation aus dem Weg und versuche nach Beruhigung
die Sache zu klären
Unterschiede zwischen hier und der Justizvollzugsanstalt:
• Mehr Freiheit, eigene Kleidung
• Hier hat ein Rückfall oder Regelverstoß manchmal (öfter) härtere Konsequenzen
• Nahezu angstfrei vor Gewalt und Mobbing
Wenn ich meine Mitpatienten ändern könnte, dann …
• Ich muss mich ändern – nicht die anderen
• Würde ich sie zu der Einsicht bringen wollen, dass die Freiheit des Einzelnen dort
aufhört, wo die Freiheit des Anderen beginnt
(Auszüge aus den Rückmeldungen der Patienten)
41
42
SYNAPSE Mai
Forensik
SYNAPSE Mai
Forensik
Bezirkskrankenhaus Parsberg
Voller Ideen
und Visionen
Parsberger Jugendforensik entstand
Ende der 1970er Jahre und ist subs­
tantiell aber auch konzeptionell in
die Jahre gekommen. Damals steck­
ten die Konzepte für Entwöhnungs­
therapien noch in den Kinderschu­
hen. Die Klinik für Junge Drogenab­
hängige war damals ein Pilotprojekt:
Bis heute ist sie die einzige ihrer Art
in Deutschland. Nach modernen
Maßstäben ist die bauliche Struktur
für die Behandlung von jungen
suchtkranken Patienten nicht mehr
geeignet. Die Bausubstanz erfüllt
keinerlei zeitgemäße energetische
Vorgaben und ist in Teilen sanie­
rungsbedürftig. „Wir stoßen immer
wieder an die Grenzen der Infra­
struktur“, berichtet Dr. Schlögl.
Parsberger Maßregelvollzugskliniken
Es waren tiefgreifende Veränderungen, die sich 2012 im Bezirkskrankenhaus Parsberg angekündigt haben: Ein umfassendes neues Konzept für die Klinik für Junge
Drogenabhängige wurde umgesetzt. Und nicht zuletzt rücken die
Jugendforensik und die Klinik für
Forensische Psychiatrie und Psychotherapie enger zusammen.
E
ine Arbeitsgruppe unter Leitung
von Dr. Fried-Eckart Seier, Medi­
zinischer Direktor der medbo, Dr.
Christian Schlögl, Ärztlicher Direktor
beider Kliniken, Mitarbeitern der bei­
den Parsberger Kliniken sowie „ex­
ternen“ Beratern aus der Forensik
und der Kinder- und Jugendpsychia­
trie am Bezirksklinikum Regensburg
beschäftigte sich in vielen Sitzungen
mit der Definition eines neuen, inte­
grierten Klinikkonzepts für beide
Parsberger Maßregel-Vollzugsein­
richtungen.
Die größte Veränderung war
die Abschaffung der sequenziellen
Therapie in der Klinik für Junge
Drogenabhängige. In dieser Klinik
werden per Gerichtsbeschluss ju­
gendliche und heranwachsende
Suchtpatienten therapiert, die im Zu­
sammenhang mit einer Abhängig­
keitserkrankung straffällig geworden
sind. Bis August 2012 durchliefen die
Patienten vier Stationen mit jeweils
eigenen
Behandlungs-Konzepten,
Teams und Lockerungsstufen. Mit je­
der Verlegung wechselte auch das
Behandlungsteam. Dieses Konzept
verhinderte eine kontinuierliche Be­
handlung und erschwerte die Bezie­
hungsgestaltung zwischen den The­
rapeuten und den Patienten.
1 plus 3 für mehr
Behandlungskontinuität
Das neue Konzept arbeitet seit fast
drei Jahren erfolgreich mit einer Auf­
nahmestation und drei Therapiestati­
onen. Der Patient ist in der Regel
über den gesamten Behandlungs­
zeitraum auf einer Station und durch­
läuft dort alle Lockerungen. Das
heißt, je nach Therapieerfolg, Ab­
sprachefähigkeit und Einsicht in die
Zusammenhänge zwischen eigener
Abhängigkeit und Straffälligkeit wird
der Maßregelvollzug gelockert und
der Patient kann Stück für Stück
mehr Zeit außerhalb der Klinik ver­
bringen. In diesem Modell gibt es fes­
te Bezugspersonen, die den Patien­
ten in der Therapie begleiten. Die
Behandlungskontinuität wirkt sich
positiv auf die Patienten aus, die
meist aus ihren bisherigen Leben vie­
le Beziehungsabbrüche zu Bezugs­
personen kennen und entsprechende
Bindungsstörungen aufweisen.
Ergänzend konnten mit ei­
nem vergrößerten Team an Ärzten
und Therapeuten die Qualität und
Quantität der psychotherapeuti­
schen Behandlung verbessert wer­
den. Großen Stellenwert nehmen
neben der Ergo- und Arbeitstherapie
gerade auch Sporttherapie und der
große Themenbereich „Beschulung“
ein. Ob Staplerfahrerschein oder so­
gar qualifizierender Mittelschulab­
schluss: Die Patienten können ihre
häufig vorhandenen Schul- und Prü­
fungsängste überwinden lernen und
mehr Selbstvertrauen gewinnen. Die
neu erworbenen Fähigkeiten helfen
ihnen beim Neuanfang nach ihrer
Zeit im Maßregelvollzug. Ein kon­
stantes Behandlerteam begleitet die
Patienten bei der Resozialisierungs­
phase auch nach dem klinischen
Aufenthalt: hier steht die Forensi­
sche Ambulanz im Anschluss zur
Verfügung. Dass der Behandlungs­
erfolg in Parsberg nachhaltig ist,
wird in einer laufenden katamnesti­
schen Studie kontinuierlich erfasst
und nachgewiesen. Rückfälle in den
Drogenmissbrauch oder in die Straf­
fälligkeit sind zwar nicht ausge­
schlossen, aber deutlich minimiert.
Enge Kooperation
Die Parsberger Maßregelvollzugs­
kliniken sind durch das neue Klinik­
konzept enger zusammengerückt.
Die intensive Kooperation ermög­
licht eine Erweiterung des thera­
peutischen Angebots in beiden Kli­
niken, beispielsweise in den Berei­
chen Sport und Arbeitstherapie. „Es
gibt keine Verlierer“, beschreibt Dr.
Schlögl das Miteinander. Eine Zu­
sammenarbeit findet auch in ge­
meinsamen
Klinikkonferenzen,
Fort- und Weiterbildungen statt. Die
Forensik in Regensburg und die Kli­
nik für Kinder- und Jugendpsychia­
trie stehen mit Parsberg in regelmä­
ßigem, effizientem Austausch. Dr.
Schlögl selbst sieht die beiden Kli­
nikteile in Parsberg auf einem guten
Kurs. „Derzeit sind alle Stellen in
allen Berufsgruppen mit gut qualifi­
zierten Mitarbeitern besetzt“, kann
er für den Moment bilanzieren.
Sorgen machen Dr. Schlögl
die baulichen Voraussetzungen. Die
Das wird seiner Meinung in
der nahen Zukunft nicht besser: „Die
Aufmerksamkeit der Gerichte be­
züglich Straftaten in Folge von
Suchtmittelkonsum hat sich in den
letzten Jahren erhöht“. So prognos­
tiziert Dr. Schlögl, dass die Zahl
der jugendlichen drogenabhängi­
gen Straftäter zunehmen wird. Da­
her wünscht sich der Ärztliche Direk­
tor einen Neubau. Derzeit werde
geprüft, ob ein Neubau möglich
wäre. „Es gibt Vorgespräche“, sagt
er vorsichtig, da die Anträge erst ein­
mal gestellt werden müssen. (LHO)
Zur Person: Dr. Christian Schlögl, Ärztlicher Direktor und
Maßregelvollzugsleiter am Bezirkskrankenhaus Parsberg
Der gebürtige Nürnberger Dr. Christian Schlögl studierte an der
Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen Humanmedizin. Sein letztes
Studienjahr absolvierte er an der Universität Regensburg. Das wurde für
seine Zukunft richtungsweisend. Nach einem Jahr im Bereich der Inneren
Medizin wandte er sich der Psychiatrie und Psychotherapie zu.
Ab September 1999 arbeitete Dr. Schlögl am Bezirksklinikum Regensburg.
2005 machte er die Facharztprüfung für Psychiatrie und Psychotherapie.
Zwei Jahre zuvor begann er in der Klinik für Forensische Psychiatrie und
Psychotherapie in Regensburg, wo er 2006 zum Oberarzt befördert wurde.
2008 kam die Ernennung zum Leitenden Oberarzt und damit zum stellvertretenden
Maßregelvollzugsleiter.
Im April 2012 übernahm Dr. Schlögl die kommissarische Leitung der Kliniken
für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie beziehungsweise
für Junge Drogenabhängige am Bezirkskrankenhaus Parsberg.
Rückwirkend zum 1. Oktober 2014 wurde er zum Ärztlichen
Direktor ernannt.
43
44
SYNAPSE Februar
medbo
Umgang mit
Gefahrstoffen
in der medbo
F+ Hochentzündlich
A
ber auch Sauerstoff (brandför­
dernd) ist ein Gefahrstoff. Weite­
re Gefahrstoffe finden sich in den
Bereichen der Arbeits- und Ergothe­
rapien sowie der Werkstätten (etwa
Farben, Lacke, Lösemittel, Holz­
stäube). Gefährliche Stoffe können
fest (etwa staubförmig), flüssig oder
gasförmig sein. Sie können durch
Einatmen, Verschlucken und durch
die Haut in den Körper gelangen.
Wichtigste Voraussetzung für
den gefahrlosen Umgang mit Ge­
Entzündlich
GHS02
FLeichentzündlich
Brandfördernd
GHS03
OBrandfördernd
Peter Hahn
Stoffe mit gefährlichen Eigenschaften finden sich nicht nur in
der chemischen Industrie, sondern in nahezu allen Bereichen
unseres beruflichen und privaten
Lebens. In Deutschland werden
wahrscheinlich mehr als fünfzigtausend Gefahrstoffe gehandelt.
Im Gesundheits- und Pflegedienst
kann man diese zum Beispiel im
Umgang mit Desinfektions- und
Reinigungsmitteln antreffen.
Explosionsgefährlich
GHS01
EExplosionsgefährlich
SYNAPSE Februar
medbo
Unter Druck stehende Gase
GHS04
Ätzend
GHS05
CÄtzend
gen Schutzmaßnahmen festgelegt
werden. Als Informationsquellen ste­
hen hierfür unter anderem die Anga­
ben auf den Verpackungen, die Be­
triebsanweisung und die Unterwei­
sung, die Sicherheitsdatenblätter
und die Informationsschriften der
Hersteller oder Vertreiber zur Verfü­
gung.
Tipps zum Umgang
mit Gefahrstoffen
Wie erkennt man gefährliche
Stoffe?
wurde das „Global Harmonisierte
System“ (GHS) durch die CLP-Ver­
ordnung der EU mit einer Übergangs­
frist bis 1. Dezember 2010 für Stoffe,
und 1. Juni 2015 bei Gemischen ein­
geführt. In dieser Zeit kann man ne­
ben den noch gültigen orangefarbe­
nen Symbolen auch bereits die neu­
en rot-weißen GHS-Piktogramme
finden. Abbildung 1 gibt eine Über­
sicht über die alten Gefahrensymbole
und die neuen GHS-Piktogramme
sowie die möglichen Bedeutungen in
kurzer und einfacher Form.
Um die Kennzeichnung der Gefahr­
stoffe weltweit zu vereinheitlichen,
Neben den Gefahrensymbo­
len muss die Kennzeichnung von
fahrstoffen ist die Kenntnis ihrer Ei­
genschaften und, daraus abgeleitet,
die richtige Wahl der zu treffenden
Schutzmaßnahmen. Ziel ist die Ver­
meidung von Gesundheits-, Sachund Umweltgefährdungen beim
Umgang mit gefährlichen Stoffen.
Wenn die gegebenen Hinweise
(Etikett, Betriebsanweisungen) be­
achtet werden, besteht ausreichen­
de Sicherheit.
STOP-Prinzip bei der medbo:
Diese Maßnahmen unternimmt die medbo zum
Schutz ihrer Belegschaft vor Gefahrstoffen.
S = Substitutionsmaßnahmen
Der Ersatz gefährlicher Substanzen durch ungefähr­
liche beziehungsweise weniger gefährliche ist der
beste Weg, eine Gefährdung durch Gefahrstoffe zu
vermeiden. Ob dies möglich ist, muss daher grund­
sätzlich immer vor dem Umgang mit solchen Stoffen
geprüft werden. Bereits bei der Beschaffung von
Arbeitsstoffen in der medbo wird geprüft, ob ein
Produkt, welches als Gefahrstoff deklariert ist, nicht
durch ein anderes ohne Gefahrstoffkennzeichnung
ersetzt werden kann. So werden beispielsweise
lösungsmittelhaltige Farben durch sogenannte
„Wasserlacke“ ersetzt. Die eingesetzten Gefahrstoffe
werden so auf ein Minimum begrenzt. Ganz ohne
Gefahrstoffe geht es jedoch leider nicht.
T = Technische Maßnahmen
Viele gefährliche Stoffe lassen sich nicht oder zumin­
dest zum heutigen Zeitpunkt noch nicht ersetzen
oder in weniger gefährliche Verwendungsformen
überführen. Deshalb müssen vorrangig technische
Maßnahmen zum Schutz vor den Einwirkungen von
Gefahrstoffen getroffen werden. Technische Maß­
nahmen beruhen auf folgenden Prinzipien: Vermei­
dung von Schadstoffaustritten, Absaugung – vor­
zugsweise am Entstehungsort, Be- und Entlüftung
der Arbeitsträume.
O = Organisatorische Maßnahmen
Hierunter fallen zum Beispiel Hinweis-Tafeln oder
Übungen zu Erste-Hilfe-Maßnahmen beim Umgang
mit Gefahrstoffen und Informationen zu Gefahrstof­
fen.
P = Persönliche Schutzmaßnahmen
Reichen technische und organisatorische Maßnah­
men nicht aus, um den Schutz vor gesundheitsge­
fährdenden Stoffen zu gewährleisten, müssen
zusätzlich persönliche Schutzausrüstungen vom
Unternehmer zur Verfügung gestellt und von den
Beschäftigten entsprechend der Betriebsanweisung
benutzt werden. Je nachdem, welche Körperteile
gefährdet sind, bieten sich Schutzausrüstungen wie
Schutzhandschuhe und -schuhe, Augen-, Gesichtsund Kopfschutz, Atemschutz an. Die erforderliche
Schutzausrüstung wird durch die medbo bereitge­
stellt.
T+ Sehr giftig
Giftig
GHS06
TGiftig
Xl Reizend
Reizend
GHS07
XnGesundheitsschädlich
Gesundheitsschädlich
GHS08
NUmweltgefährlich
Umweltschädlich
GHS09
Abbildung 1: Alte und neue Gefahrensymbole
Gefahrstoffen unter anderem folgen­
de zusätzliche Angaben enthalten:
Name des Stoffes, Hinweise auf be­
sondere Gefahren (H-Sätze), Si­
cherheitsratschläge (P-Sätze) sowie
Name, Anschrift und Telefonnummer
des Herstellers, Einführers oder Ver­
treibers. Ein Beispiel für eine korrek­
te Erläuterung eines Gefahrstoffes
zeigt Abbildung 2.
Evaluierung Gefährdungspotenzial am Arbeitsplatz
Vor Aufnahme der Arbeit muss vom
Unternehmer festgestellt werden,
welche Stoffe bei bestimmten Tätig­
keiten eingesetzt werden oder auf­
treten können. Dabei müssen die
von diesen Stoffen ausgehenden
Gefahren ermittelt und die notwendi­
Methanol (Lösemittel)
(Index-Nr.: 603-001-00-X)
200 L
Gefahr
Flüssigkeiten und Dampf leicht entzündbar.
Giftig bei Verschlucken, Hautkontakt oder Einatmen.
Schädigt den Sehnerv.
Von Hitze/Funken/offener Flamme/heißen
Oberflächen fernhalten. Nicht Rauchen.
An einem gut belüfteten Ort lagern.
Behälter dicht geschlossen halten.
Schutzhandschuhe/Schutzkleidung tragen.
Bei Berührung mit der Haut:
Mit reichlich Wasser und Seife waschen.
Bei Verschlucken: Sofort Giftinformationszentrale
oder Arzt rufen.
Unter Verschluss lagern.
Muster-Chemie AG · 11111 Musterstadt · Tel. +49(0)8888-99-3333
Abbildung 2: Kombination Piktogramm plus Erläuterung Gefahrstoff
Lesen Sie die Betriebsanweisun­
gen sorgfältig durch. Halten Sie
sich an die darin und im Rahmen
der mündlichen Unterweisung ge­
gebenen Anweisungen, damit Sie
weder sich noch andere gefährden.
Weitere Informationen über die
eingesetzten Gefahrstoffe sind
den Verpackungsetiketten und den
Sicherheitsdatenblättern zu ent­
nehmen (Sicherheitsdatenblätter
sind im Intranet zugänglich). Bei
Fragen zum Umgang mit den bei
der medbo verwendeten gefähr­
lichen Stoffen stehen die Vorge­
setzten zur Verfügung.
Peter Hahn ist
Sicherheitsfachkraft der medbo
medbo Ansprechpartner
Gefahrstoffe:
• Arbeitssicherheit/Sicherheitstechnischer Dienst:
Peter Hahn, Reiner Kopp,
Bezirksklinikum Regensburg,
HAUS 12,
Tel. +49 (0)94 /941-1777
• Arbeitsschutzkoordinator:
Peter Exner, Bezirksklinikum
Regensburg,
Tel. +49 (0)941/941-7220
• Apotheke Bezirksklinikum
Regensburg:
Apothekenleitung: Jörg
Pfeiffer, Tel. 0941/941-1400
• Arbeitsmedizin/Betriebs­
ärztlicher Dienst:
Bezirksklinikum Regensburg,
HAUS 18,
Tel. +49 (0)941/941-1951
45
46
SYNAPSE Mai
medbo
SYNAPSE Mai
medbo
Neue Rezeptureinrichtung in der Apotheke
am Bezirksklinikum Regensburg
Führungskräfte-Entwicklungsprogramm (FKEP)
Salben, Tinkturen, Kapseln
Karriere hoch zwei
Jörg Pfeiffer
Vom klinischen Alltag unbemerkt hat
sich in der Apotheke des Bezirksklinikums Regensburg etwas verändert: Die
alte Rezeptureinrichtung hatte über 30
Jahre ihren Dienst getan und wurde jetzt
erneuert.
I
n der Rezeptur stellt die Apotheke Medika­
mente in Form von zum Beispiel Salben,
Tinkturen oder Kapseln selbst her. Die
Räumlichkeiten der Rezeptur müssen da­
her den neuesten Empfehlungen zur Hygie­
ne und zur Arbeitsergonomie entsprechen.
Nach drei Jahrzehnten „im Dienst“ war es
an der Zeit, die alte Rezeptur der Apotheke
am Bezirksklinikum Regensburg rundzuer­
neuern. Deswegen wurde ab Ende Oktober
2014 die Apotheke zur Baustelle.
Der Apothekenbetrieb ging jedoch
trotz Umbau weiter, was für das Apo­
thekenteam und auch für die Bau­
arbeiter eine große Herausfor­
derung bedeutete. Die Re­
zeptur wurde während
rungskräfte von derzeit 37 Prozent
auf glatte 50 Prozent bis zum Jahr
2020 zu steigern. Vorstand Kurt
Häupl bedankte sich besonders bei
den weiblichen Teilnehmern, dass
sie den Mut hatten, sich zu bewer­
ben und sich der Aufgabe zu stel­
len. „Es ist eine Auszeichnung, an
diesem Programm teilnehmen zu
dürfen“, erklärte Dr. Torsten Brück­
ner. Er berichtete aus seiner eige­
nen FKEP-Erfahrung und gewährte
den zukünftigen Teilnehmern mit
einer Fotoreihe erste Einblicke in
den praktischen Ablauf des Pro­
gramms. (LHO)
dieser Zeit in einen Nebenraum der Sterili­
sationsabteilung verlagert, wodurch die
Herstellung von Rezepturen gesichert wur­
de. Nur einzelne Herstellungen mussten
während dieser Zeit ausgesetzt und durch
Alternativen ersetzt werden. Für die klini­
schen „Kunden“ der Apotheke waren die
Einschränkungen kaum zu spüren.
Moderne Standards
Im Rahmen des Umbaus wurde eine durch
Bakterienfilter geregelte Zu- und Abluftanla­
ge eingebaut, eine neue Decke montiert,
der Durchgang versetzt, ein neuer Wand­
belag aufgetragen und ein neuer Fußboden
verlegt. Die Wasserleitungen und die elek­
trischen Leitungen wurden komplett saniert.
Die neue Einrichtung wur­
de genau nach den Erforder­
nissen der für die Her­
stellung zuständigen
Pharmazeutisch-Tech­
nischen Assistentinnen
ausgelegt. Die Lager­
kapazität in der Rezep­
tur wurde erhöht, wo­
durch die externe Lage­
rung von Packmitteln
verringert wurde. Die für
die Herstellung von Salben
im Großmaßstab notwendige
Stephan-Salbenmaschine hat
einen soliden und ergonomi­
schen Platz bekommen und
die Rezepturwaagen ste­
hen endlich erschütte­
rungsfrei auf einer Stein­
platte. Der Durchgang
zwischen Rezeptur und
Analytik kann durch
eine Schiebetür ge­
schlossen werden und
der Abzug wurde eben­
falls erneuert.
Jetzt freut sich
das Team der Apotheke
auf das Arbeiten in den
neuen Räumen mit der neuen
Einrichtung!
Jörg Pfeiffer ist Leiter der Apotheke
am Bezirksklinikum Regensburg
47
Teilnehmer Programm 2
Das erste Mal seit Bestehen des
Programms starten gleich zwei
neue FKEP-Kurse mit insgesamt
24 Teilnehmern. Bereits zum dritten Mal werden angehende Führungskräfte zwei Jahre lang auf
die neuen Aufgaben vorbereitet.
D
ie vergangenen Jahre haben
gezeigt, dass der Bedarf an gut
ausgebildetem Personal an allen
medbo Standorten weiter wachsen
wird. Da sich außerordentlich viele
qualifizierte Mitarbeiter für das
FKEP beworben hatten, wurden
zwei Kurse gebildet: Einer startet
im Frühjahr 2015, der zweite im
Herbst. Die FKEP-Teilnehmer kom­
men aus Regensburg, Wöllershof,
Parsberg und Cham.
In diesem Jahr startet der
erste FKEP-Kurs mit mehr Frauen
als Männern. „Mich freut es sehr,
dass sich das Geschlechterverhält­
nis in der Fortbildung an die tat­
sächliche Situation bei der medbo
angeglichen hat“, betonte Vorstand
Kurt Häupl bei der Kick-Off-Veran­
staltung im Februar. Zum Jahres­
wechsel waren von rund 2.800 Mit­
arbeitern über 1.900 weiblich. Das
Ziel der medbo ist es, künftig mehr
Frauen in Führungspositionen zu
etablieren, zum Beispiel im Bereich
der Oberärzte und Stationsleitun­
gen den Anteil weiblicher Füh­
Teilnehmer Programm 1
Teilnehmer Programm 1: Roman Christl (KJP, Regensburg),
Dr. Gabriele Enslein (Psychiatrie, Cham), Manuela Gerber (Pflege,
Wöllershof), Dr. Joachim Haas (Forensik, Parsberg), Dr. Cordula Heyne
(Psychiatrie, Cham), Vitaliy Lifschits (Psychiatrie, Wöllershof), Evi Otto
(Verwaltung, Regensburg), Dr. Julia Prasser (Psychiatrie, Regensburg),
Michael Raith (Verwaltung, Regensburg), Markus Schaffer (Verwaltung,
Regensburg), Sebastian Wagner (Psychiatrie, Regensburg) und
Dr. Melanie Würth (Psychiatrie, Wöllershof)
Teilnehmer Programm 2: Dr. Lore Blaas (Psychiatrie, Regensburg),
Dr. Katharina Ehrich (KJP, Regensburg), Dr. Rebekka Fleischmann
(Forensik, Regensburg), Dr. Antje Heimeroth (Psychiatrie, Regensburg),
Dr. Barbara Heckel (Psychiatrie, Regensburg), Dr. Elisabeth Torka
(Neurologie, Regensburg), Dr. Elke Hellwig (sozial-pädagogischer Dienst,
Wöllershof), Marco Kraus (Psychiatrie, Regensburg), Dr. Simon Meier
(KJP, Regensburg), Franz Schmauser (Neuro-Reha, Regensburg),
Dr. Monika Sommer (Psychologischer Dienst, Regensburg) und Dr. Katrin
Stangl (Neuro-Reha, Regensburg).
48
SYNAPSE Mai
medbo
SYNAPSE Mai
medbo
Menschen können sich ihr Schicksal nicht aussuchen. Und das
Schicksal kann jederzeit zuschlagen: Bereits ein leichter Bandscheibenvorfall, eine Hüftoperation oder ein Sturz von einer kleinen Treppenstufe können zu einer
dauerhaften Behinderung führen.
D
ie Schwerbehindertenvertretun­
gen (SBV) sind heute mehr denn
je gefragt, da in den vergangenen
Jahren ihre Aufgaben und ihre Be­
deutung als kompetente Ansprech­
partner und Initiatoren in Sachen In­
tegration in den Betrieben stark ge­
wachsen sind.
die Gruppe schwerbehinderter
Menschen betreffen bereits vor
Entscheidung des Arbeitgebers
• Beteiligungsrechte etwa bei
Bewerbungs- und Kündigungsver­
fahren, beim Betrieblichen
Wiedereingliederungsmanage­
ment oder bei Personalratsange­
legenheiten
• Überwachungsrechte etwa bei
Durchführung und Einhaltung der
zugunsten schwerbehinderter
Menschen geltenden Gesetze,
Verordnungen, Tarifverträge,
Dienstvereinbarungen und
Verwaltungsanordnungen
Zahlen, Daten, Fakten SBV
• Nach §71 Absatz 1 SGB IX sind fünf Prozent der Arbeitsplätze
mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen
• Bei der medbo sind derzeit 187 schwerbehinderte
oder diesen gleichgestellte Mitarbeiter beschäftigt
(Stand April 2015): 142 in Regensburg, 22 in Wöllershof
und 23 in Parsberg
• Damit ist die Schwerbehinderten-Quote bei der medbo derzeit
etwa 6,7 Prozent
• Seit März 2014 ist eine Person (Silvia Stelzl) für die
gewissenhafte Amtsausübung in SBV und Gesamt-SBV
von der dienstlichen Tätigkeit voll freigestellt
Schwerbehinderung –
was ist das?
Durch Altersteilzeit oder Ei­
genkündigungen freigewordene Stel­
len können auf Grund des fortschrei­
tenden demographischen Wandels
teilweise nicht gleich neu besetzt
werden. Die Mehrbelastungen in den
entsprechenden Abteilungen können
zu physischen und psychischen Er­
krankungen führen und dadurch die
Zahl der schwerbehinderten Mit­
arbeiter (auch) in der medbo konti­
nuierlich ansteigen lassen.
Jeder gesundheitliche Schaden und
jede körperliche, geistige oder seeli­
sche Veränderung, die nicht nur vor­
übergehend ist und zu gesundheitli­
chen Einschränkungen führt, gilt als
Behinderung. Dabei ist es unerheb­
lich, ob eine Behinderung auf Krank­
heit oder Unfall beruht, oder ob sie
angeboren ist. Es kommt allein auf
die Art der Behinderung an.
SBV: Ein unabhängiges Gremium
Gewählte Interessenvertretung bei der medbo
SBV: Einsatz für
schwerbehinderte Menschen
Silvia Stelzl
Die SBV ist kein Teil des Personalra­
tes, sondern eine eigene Institution,
welche ihre Grundlage im Sozialge­
setzbuch (SGB IX) hat. Sie arbeitet
jedoch mit den örtlichen Personal­
ratsgremien eng zusammen und hat
das Recht, an deren Sitzungen und
Ausschüssen teilzunehmen.
Die Schwerbehindertenver­
tretung fördert die Eingliederung
schwerbehinderter Menschen, steht
ihnen beratend und helfend zur Sei­
te und vertritt ihre Interessen in der
Dienststelle. Sie kümmert sich dabei
um Angelegenheiten, welche den
einzelnen Schwerbehinderten, die
Schwerbehinderten als Gruppe so­
wie den von Behinderung bedrohten
Mitarbeiter betreffen. Dazu hat sie
folgende Rechte:
• Initiativrechte zum Beispiel
gegenüber dem Arbeitgeber, dem
Integrationsamt oder der Arbeits­
agentur
• Anhörungsrechte in allen Angele­
genheiten, die den einzelnen oder
Das Team der Schwerbehinderten-Vertretung
Die medbo-Schwerbehindertenvertreter
Standort Regensburg
• Silvia Stelzl, Gesamtvertrauensperson
Tel. +49 (0) 941/941-1917, [email protected]
• Viola Banrevy, 1. Stellvertreterin SBV
Tel. +49 (0) 941/941-3006, [email protected]
• Ernst Zierer, 2. Stellvertreter SBV, 1. Stellvertreter Gesamt-SBV
Tel. +49 (0) 941/941-1904, [email protected]
Standort Wöllershof
• Rita Meier, Vertrauensperson, 1. Stellvertreterin Gesamt-SBV
Tel. +49 (0) 9602/78-7274, [email protected]
• Franz Woppmann, 1. Stellvertreter SBV
Tel. +49 (0) 9602/78-7100, [email protected]
• Martin Bergmann, 2. Stellvertreter SBV
Tel. +49 (0) 9602/78-7279, [email protected]
Standort Parsberg
• Bernhard Perras, Vertrauensperson
Tel. +49 (0) 9492/60018-9281, [email protected]
• Dagmar Alt, 1. Stellvertreterin SBV
Tel. +49 (0) 9492/60018-9212, [email protected]
Weitere Informationen gibt es im medbo-Intranet.
Wer im Schwerbehinderten­
verfahren einen Grad der Behinde­
rung von wenigstens 50 Grad aner­
kannt bekommt, gilt als schwerbe­
hindert. Leider wird sehr oft der Grad
der Behinderung mit der einer kör­
perlichen oder geistigen Leistungs­
einschränkung gleichgesetzt. Es
kommt aber auf die Art der Beein­
trächtigung im Zusammenhang mit
dem Beruf an. Darüber hinaus las­
sen sich durch eine Vielzahl von Hil­
fen am Arbeitsplatz die Arbeitsabläu­
fe so gestalten, so dass auch ein
Behinderter die gleiche Leistung er­
bringen kann wie nicht behinderte
Kollegen.
Die SBV unterstützt und be­
rät also in allen Fällen, die mit einer
gesundheitlichen Beeinträchtigung
und einer daraus folgenden Behin­
derung zu tun haben. Über die der
SBV von Amts wegen bekanntge­
wordenen persönlichen Verhältnisse
und Angelegenheiten des Arbeitneh­
mers, die ihrer Bedeutung oder ih­
rem Inhalt nach einer vertraulichen
Behandlung bedürfen, besteht abso­
lute Schweigepflicht.
49
50
SYNAPSE Mai
medbo
Seelsorge am Bezirksklinikum
Besuch der Dekanatskonferenz Regensburg
am Bezirksklinikum
Psychiatrie und Seelsorge –
Hand in Hand
Die katholische Dekanatskonferenz Regensburg Stadt mit Stadtdekan Roman Gerl und Regionaldekan Alois Möstl an der Spitze
war auf Einladung des Klinikseelsorgers am Bezirksklinikum Regensburg, Diakon Harald Wieder,
zu Gast bei der medbo.
D
ie Dekanatskonferenz besteht
aus den in Regensburg tätigen
Seelsorgern (Priester, Diakone,
Pastoral- und Gemeindereferenten),
die meist in Pfarreien, aber auch in
anderen Krankenhäusern und Ein­
richtungen eingesetzt sind. Auch
Seelsorger im Ruhestand nehmen
nach Möglichkeit an den Konferen­
SYNAPSE Mai
medbo
Altarkreuz der
Neuro-Reha-Kapelle
zen teil, die im Schnitt monatlich und
im Wechsel in den Regensburger
Pfarreien stattfinden.
Der Tag bei der medbo starte­
te mit einem gemeinsamen Stunden­
gebet im altehrwürdigen Chorgestühl
der Krankenhauskirche St. Vitus. Im
Anschluss erläuterte medbo Kunst­
historiker Bruno Feldmann wichtige
Eckdaten und Informationen zur Ge­
schichte von „Karthaus“, dem alten
Kloster, und der St. Vitus Kirche. In
der Klinik für Neurologie gab die Öf­
fentlichkeitsarbeit den Konferenzteil­
nehmern Informationen zu Struktur,
Standorten und Aufgaben des Kran­
kenhausträgers medbo.
Klinikseelsorger Diakon Harald
Wieder stellte seinen Kollegen kurz
die vielfältigen Aufgaben der Klinik­
seelsorge am Bezirksklinikum vor.
Ein großer Schwerpunkt der Seel­
sorge sei die Begleitung stationärer
psychiatrischer
Patienten
und
Heimbewohner, die der Art ihrer Er­
krankung nach meist länger als nur
ein paar Tage in den Kliniken und
Einrichtungen verbleiben. Die Seel­
sorge steht aber auch den medbo
Mitarbeitern zur Verfügung. Sie bie­
tet Ethikunterricht an der Kranken­
pflegeschule im Bezirksklinikum an
und in seltenen Fällen gehört sogar
die Firmvorbereitung von jungen
Patienten der Kinder- und Jugend­
psychiatrie zum Aufgabenspektrum
des Diakons – eine Tätigkeit, die
man auf den ersten Blick nicht von
einem Krankenhausseelsorger er­
warten würde. Hinzu kommen Auf­
gaben, die in dieser Form wohl ty­
pisch für psychiatrische Einrichtun­
gen sind, aber doch in ihrer Art
überraschen mögen: zum Beispiel
„Telefonseelsorge“ für ambulante
und ehemalige Patienten, die Ge­
staltung von St. Martins- und St. Ni­
kolausfeiern sowie die Gestaltung
von Feiern im Kirchenjahr (etwa
Erntedank, Totengedenken, Ad­
ventsfeiern, Maiandachten) gerade
für die Langzeitpatienten.
Seelsorge gefragt. Im umgekehrten
Fall sollten die Seelsorger jedoch im
Blick behalten, dass bei menschlich
nicht nachvollziehbaren Depressio­
nen die Mediziner konsultiert werden
sollten: Denn depressive Symptome
zeigten sich auch bei manchen orga­
nischen Erkrankungen des Gehirns
(„organische Depression“) und bei
Hirnfunktionsstörungen („endogene
Depression“). Letztere seien als
klassische psychiatrische Erkran­
kungen in der überwiegenden Zahl
der Fälle sehr gut durch Medikamen­
te behandelbar.
Psychiatrische Theorie in der
seelsorgerischen Praxis
Psychiatrie und Seelsorge können –
so Oberarzt Dr. Maier – Hand in Hand
zum Ziel führen, wenn jedes Fachge­
biet das andere mit im Blick habe und
dabei mithelfe, dem Patienten die
richtige Behandlung zu ermöglichen.
Umso wichtiger wird dieses theoreti­
sche Wissen für die Seelsorger in
den Pfarreien, wenn Menschen mit
psychischen Problemen ganz kon­
kret in Seelsorge- und Beichtgesprä­
chen Beistand und Hilfe erwarten. So
schulen Oberarzt Dr. Maier und Dia­
kon Harald Wieder bereits seit meh­
reren Jahren angehende Priester im
Pastoralkurs des Priesterseminars,
um ihnen Schnittpunkte, Gemein­
samkeiten und Unterschiede zwi­
schen Psychiatrie und Seelsorge nä­
her zu bringen. Denn beide Fachrich­
tungen verbindet die Sorge um den
Menschen als Ganzes, die Sorge um
die Seele. Im Anschluss an die Kon­
ferenz war Gelegenheit zu einer Füh­
rung mit kurzen Gesprächen auf ei­
ner allgemeinpsychiatrischen Station
und einer Suchtstation.
(RNE)
medbo-logisch!
Schnellkurs Psychiatrie
Oberarzt Dr. Ulrich Maier, Leiter der
psychiatrischen Station 18A, erklärte
Schnittpunkte,
Gemeinsamkeiten
und Unterschiede zwischen Psychi­
atrie und Seelsorge. Am Beispiel der
Depression veranschaulichte er den
Seelsorgern, wann ihr Handeln ge­
fragt sei und wann besser auf medi­
zinische Hilfe gesetzt werden sollte.
Umgekehrt verweise er als Arzt Pati­
enten oftmals an einen Seelsorger,
wenn aus seiner Sicht medikamen­
töse Hilfe nicht das Mittel der Wahl
sei: vor allem, wenn eine Depression
aus der Biographie des Menschen
ableitbar sei („reaktive Depression“)
– etwa die Trauer nach dem Tod ei­
nes lieben Menschen – seien die
„sprechenden Disziplinen“ Psycho­
therapie, Beratung und vor allem
Unser Lösungswort: Störung der Hörfunktion
(Die Auflösung finden Sie auf der Umschlagseite 3)
51
52
SYNAPSE Mai
medbo
Geschäftsbereiche Wirtschaft und Finanzen/Medizinische Leistungen
Mit PEPP in die Zukunft
Josef Scherl
Bereits seit geraumer Zeit befasst
sich eine medbo Arbeitsgruppe
unter Leitung von Dr. Michael Ziereis mit dem neuen Pauschalierenden Entgeltsystem für die Psychiatrie
und
Psychosomatik
(PEPP). Anfang Dezember 2014
wurde nun das Projekt „PEPP-Einführung 2016“ ins Leben gerufen.
Ziel ist es, die medbo in die Lage
zu versetzen, ab dem Geschäftsjahr 2016 erfolgreich auf das neue
Vergütungssystem umsteigen zu
können.
I
n den medizinischen Fächern Psy­
chiatrie und Psychosomatik wurde
mit der Einführung des §17d des
Krankenhausfinanzierungsgesetzes
(KHG) ein Paradigmenwechsel in
der Vergütung der medizinischen
Leistungen eingeläutet. Kernpunkt
der Reform ist die Ablösung eines
Budgets auf Basis tagesgleicher
Pflegesätze über alle Leistungen
hinweg mittels eines durchgängigen,
leistungsorientierten und pauscha­
lierenden Vergütungssystems auf
der Grundlage von tagesbezogenen
Entgelten. Durch Ersatzvornahme
des Bundesministeriums für Ge­
sundheit (BMG) ist es den psychiat­
rischen Kliniken seit 2013 grund­
sätzlich möglich, mit den Kostenträ­
gern einen Umstieg freiwillig zu ver­
einbaren und nach den neuen
Pauschalen abzurechnen. Ab Jah­
resbeginn 2017 wird dann die Kür
zur Pflicht und alle Krankenhäuser
müssen nach dem neuen System
abrechnen – ob gut vorbereitet oder
nicht.
Konvergenzphase
Spätestens ab 2019 hat die Umstel­
lung mit dem Ende der sogenannten
budgetneutralen Phase auch finan­
zielle Folgen. Liegt die bisher mit
den Krankenkassen für jedes Kran­
kenhaus individuell ausgehandelte
durchschnittliche Vergütung je Leis­
tung (Basisentgeltwert) höher als
der Durchschnitt des jeweiligen
Bundeslandes, so erfolgt im Rah­
men einer fünfjährigen Konvergenz­
phase eine schrittweise Absenkung
auf das Landesniveau. Im umge­
kehrten Fall, das heißt wenn die bis­
herige
Krankenhaus-individuelle
Vergütung niedriger war als der Lan­
desdurchschnitt, erfolgt eine suk­
zessive Anhebung im Zeitraum 2019
bis einschließlich 2023. Ab Januar
2024 ist somit der Basisentgeltwert
innerhalb
jedes
Bundeslandes
gleich. Das bedeutet, jede gleich ko­
dierte Leistung (Erfassung laut Dia­
gnose-Katalog) wird bayernweit
grundsätzlich gleich vergütet.
Anreize für Frühumsteiger
Der Gesetzgeber hat mit einigen fi­
nanziellen Anreizen versucht, Kran­
kenhäuser zu einem freiwilligen
Umstieg auf das PEPP-Sys­
tem noch vor 2017 zu bewegen. Da­
runter zählen neben Budgetneutrali­
tät eine für Krankenhäuser günstige­
re mengenmäßige Belegungsaus­
gleichsregelung sowie die Anhebung
der für die Verhandlung mit den
Krankenkassen maßgeblichen Bud­
getobergrenze um bis zur doppelten
Veränderungsrate.
Neben der Notwendigkeit,
frühzeitig auf die erfolgreiche Um­
stellung auf das PEPP-System vor­
bereitet zu sein, haben nicht zuletzt
diese Anreize dazu beigetragen,
dass sich der Vorstand der medbo
entschlossen hat, die Vorbereitung
auf die Umstellung im Rahmen ei­
nes Projekts durchführen zu lassen.
Mit
der
Projektbezeichnung
„PEPP-Einführung 2016“ wird zum
Ausdruck gebracht, dass als Um­
stiegsjahr 2016, also freiwillig ein
Jahr früher als verpflichtend, ange­
dacht ist. Die Entscheidung, ob dann
tatsächlich die Umstellung noch vor
dem 1. Januar 2017 erfolgt, hat sich
die Leitung der medbo bis zum Vor­
feld der Entgeltverhandlungen mit
den Krankenkassen ausdrücklich
vorbehalten.
Projektarbeitsgruppe
Seit Anfang Dezember 2014 ist die
Projektarbeitsgruppe tätig. Im Team
sind Mitglieder aus den Bereichen
Buchhaltung, Controlling, Entgelt­
verhandlung, IT, Medizincontrolling,
Patientenabrechnung und Unter­
nehmensentwicklung. Ergänzt wird
das Team durch externe Unterstüt­
zung der Firma Cerner (IT), Dr. Go­
demann aus dem Alexianer Kran­
kenhaus in Berlin Weißensee (Ko­
dierung und Dokumentation) sowie
durch die Bayerische Krankenhaus­
gesellschaft (Vorbereitung Entgelt­
verhandlungen). Mit dem interdiszi­
plinären Ansatz ist eine breitfächeri­
ge Bearbeitung der Aufgaben ge­
währleistet. Somit sollten alle
Facetten eines erfolgreichen Um­
stiegs hinreichend abgedeckt sein.
Hierzu zählen insbesondere:
Projektrisiken
• Hinreichende Berücksichtigung
strategischer Zielsetzungen
• Ordnungsgemäße Kodierung und
Dokumentation (right-coding)
• Gesetzeskonforme Abrechnung
• Erfolgreiche Entgeltverhandlun­
gen mit den Krankenkassen
• Zweckorientierte Anpassung
der Steuerungsinstrumente
In der ersten Lenkungsausschuss­
sitzung im Frühjahr 2015 konnte be­
reits über die ersten Ergebnisse be­
richtet werden:
• Einführung des PEPP-Arbeitsplat­
zes in Nexus
• Analyse des Leistungsspektrums
2013 und 2014 mit Groupier­
änderungen 2014/2015
• Standortbestimmung anhand des
Benchmarking-Projekts IMC IGES
Hintergrund: Pauschalierte Vergütung
In den somatischen Gesundheits-Fachbereichen (in der medbo in den
Fachbereichen Neurologie und Neurologische Frührehabilitation) kam
der Systemwechsel weg von einheitlichen tagesgleichen Pflegesätzen
hin zu einer pauschalierten Vergütung schon 2003. Die Pauschalierung
im neu geschaffenen G-DRG-System (German Diagnosis Related
Groups) erfolgte jedoch anders als beim künftigen PEPP nicht mittels
Tagesbezug, sondern durch Fallbezug. Unter anderem weil eine Fall­
pauschale aus verschiedenen Gründen für die medizinischen Fächer
Psychiatrie und Psychosomatik sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie
nicht als geeignet erachtet wurde, klammerte der Gesetzgeber mit dem
§17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) jene Bereiche
ausdrücklich von der Anwendung des G-DRG-Systems aus.
Wesentliche Störfaktoren bezie­
hungsweise Projektrisiken liegen –
wie wohl in den meisten psychiatri­
schen und psychosomatischen Fach­
krankenhäusern – in der hinreichen­
den zeitnahen Funktionsfähigkeit der
IT-Landschaft sowie der flächende­
ckenden Umsetzung einer ordnungs­
gemäßen Kodierung und Dokumen­
tation durch die Mitarbeiter in den
Kliniken mit Unterstützung durch de­
zentrale Kodierassistenzen und/oder
zentrales Medizincontrolling.
Projektergebnisse
Per März 2015 befindet sich das
Projekt über alle Teilprojekte (Cont­
rolling, Entgelte, Patientenabrech­
nung, Medizinische Leistungen) hin­
weg auf Kurs, das heißt die Zeit- und
Ressourcenpläne konnten bislang
eingehalten und zum Teil sogar un­
terboten werden.
Josef Scherl ist Leiter der
Abteilung Finanzen des medbo
Geschäftsbereichs Wirtschaft und
Finanzen sowie Leiter des
Projekts „PEPP-Einführung 2016“
SYNAPSE Mai
Bildung
Baumaßnahme Verwaltung Regensburg
Das Ding aus dem Weltall
Einige Wochen lang befand sich
mitten im Garten des Regensburger Instituts für Bildung und Personalentwicklung IBP ein seltsames Ding: ein turmartiger Stahlkoloss, der ein wenig außerirdisch
anmutet. Ein Grund für SYNAPSE,
bei Franz Schöfmann, dem Abteilungsleiter Organisation, Gebäude- und Raummanagement bei
der medbo, nachzufragen.
Herr Schöfmann, Kursteilnehmer am
IBP fragen sich in letzter Zeit, was
das wohl für eine haushohe Apparatur mitten auf dem Rasen hinter dem
Hörsaalgebäude ist.
Sch.: Das ist ein Bohrturm. Aber
um es gleich vorweg zu sagen: Die
medbo bohrt hier nicht nach Öl,
sondern nach Grundwasser. Und
etwa 50 Meter entfernt zwischen
HAUS 11 und HAUS 13 steht noch
so ein Turm. Wir haben eine was­
serrechtliche Genehmigung für
diese Maßnahme und ein Geologe
hat die Bohrstellen festgelegt. Sol­
che Grundwasserbrunnen existie­
ren bereits an mehreren Stellen auf
dem Gelände des Bezirksklini­
kums.
Eigene Brunnen auf dem Gelände:
Heißt das, die medbo versorgt sich
selbst mit Nutzwasser?
Sch.: Das Bezirksklinikum ist selbst­
verständlich an das städtische Verund Entsorgungsnetz angeschlos­
sen. Bei den Bohrungen geht es
nicht um Trinkwasser. Das Grund­
wasser nutzen wir zur Kühlung vor
allem der Server-Farm in unserem
Rechenzentrum. Im 2011 fertig ge­
stellten HAUS 18, in dessen Keller
sich die Anlagen derzeit befinden,
kühlen wir auch bereits mit Grund­
wasser. Wenn im Herbst das neue
Verwaltungsgebäude bezogen wird,
wird selbstverständlich auch die
EDV dorthin „umgesiedelt“. Wir
brauchen dort also eine möglichst
effiziente und gleichzeitig ökologi­
sche Kühlmöglichkeit.
Wenn das Grundwasser dazu genutzt wird, etwas zu kühlen, dann
erwärmt sich das Wasser. Großrechner produzieren jede Menge Wärme.
Passiert dann mit dem erwärmten
Wasser auch etwas Sinnvolles?
Sch.: Richtig erkannt! Im neuen Ver­
waltungsgebäude sind kombinierte
Heiz- und Kühldecken vorgesehen.
Das heißt, dass in der Decke eines
jeden Raums ein Versorgungsnetz
installiert wird, durch das erwärmtes
Wasser fließt. Diese „Wärme von
oben“ ist eine sehr angenehme Wär­
me. Jeder Raum ist dabei durch ei­
nen eigenen Thermostat regelbar.
Wir nutzen die Abwärme des Re­
chenzentrums aber nicht direkt zum
Heizen in der Verwaltung – das wür­
de im Winter nicht reichen. Aber wir
erwärmen in der kalten Jahreszeit
damit die Lüftungsanlagen. Doch im
Sommer bringt das Grundwasser­
system einen direkten Klimatisie­
rungsvorteil, denn wir bohren etwa
60 Meter tief. In dieser Bodenschicht
hat das Grundwasser eine Tempera­
tur von relativ konstanten zehn Grad
Celsius. Wir können dieses Wasser
an heißen Tagen über die Decken­
systeme auch zum Kühlen der Räu­
me verwenden. Das bringt immerhin
etwa vier bis fünf Grad Celsius Ab­
kühlung.
Zurück zum „Ding“ im Garten des
IBP – was geschieht damit?
Sch.: Eine Zeit lang bleibt es uns
noch erhalten. Für den Brunnenbe­
trieb benötigt man immer zwei Boh­
rungen – eine als Entnahmestelle
und eine als sogenannten Schluck­
brunnen zur Zu- oder Rückführung
des Wassers. In den Brunnen­
schächten werden jetzt erst noch
entsprechende Pumpsysteme instal­
liert. Wir sind auch gerade dabei, die
zwei neuen Brunnen mit dem Rohr­
leitungssystem auf dem Gelände zu
verbinden. Aber nach Abschluss der
Brunnenarbeiten kommt ein Deckel
auf das Bohrloch und man wird
nichts mehr davon sehen. (RNE)
Sommer-Ferienbetreuung 2015 an allen medbo-Standorten
Sommer, Sonne, Ferienspaß für medbo-Kinder
Dr. Kerstin Geserer
Die bezuschusste Ferienbetreuung ist mittlerweile bei der medbo
eine feste Größe, wenn es um die
Unterstützung der Mitarbeiter
beim täglichen Spagat zwischen
Beruf und Familie geht. Für die
medbo-Kinder von Kindergartenalter bis 12 Jahren wird auch in
den Sommerferien 2015 wieder
ein abwechslungsreiches Programm geboten.
D
em erfahrenen „LearningCam­
pus“-Team des VEZ e.V. (Verein
für Erlebnispädagogik und zukunfts­
orientierter Jugend- und Sozialar­
beit) können die medbo-Eltern an
den Standorten Amberg, Weiden
und Wöllershof wieder ihre Kinder
anvertrauen. In Eschenbach wird es
auch in diesem Jahr das Indianerla­
ger, Theater, Musik und Tanz, aber
auch Themenwochen geben, in de­
nen Baumeister, Seeräuber, Zirkus­
leute, Zauberer und Forscher unter
sich sein werden.
Die Chamer medbo-Kinder
sind auch im August 2015 wieder zur
Ferienfreizeit des ASV Cham bezie­
hungsweise der KiSS (KinderSport­
Schule) Cham eingeladen. Während
das KiSS-Angebot ein abwechs­
lungsreiches Programm mit Ausflü­
gen und viel Unterhaltung parat hält,
steht natürlich beim ASV-Fuß­
ballcamp drei Tage lang alles im Zei­
chen des Fußballs.
Am Standort Regensburg
wird die Betreuung in den ersten vier
Sommerferienwochen wieder durch
die erfahrenen Betreuer des Johan­
niter Unfall Hilfe e.V. gesichert. Ne­
ben den Räumlichkeiten im Unterge­
schoss HAUS 40a wird zudem das
Regensburger medbo-Gelände mit
all seinen botanischen, sportlichen
und kulinarischen Möglichkeiten in
Beschlag genommen. Egal für wel­
che Woche und für welches Pro­
grammangebot sich medbo-Eltern
und Kinder entscheiden: Für das
leibliche Wohl der Kinder ist während
der gesamten Zeit der Ferienbetreu­
ung gesorgt. Sowohl Getränke, Zwi­
schenmahlzeiten, als auch das tägli­
che Mittagessen sind im Bu­
chungspreis enthalten.
Dr. Kerstin Geserer
ist Gleich­stellungsbeauftragte
der medbo
Mehr zu Elternbeitrag, Angebot und Anmeldung
• medbo Intranet Seite „Beruf und Familie“
(Personal/Beruf und Familie)
• Bei Fragen: [email protected]
Die über den Elternbeitrag hinaus anfallenden Kosten für die Kinder­
betreuung trägt die medbo (Arbeitgeberzuschuss). Der durch die
medbo gewährte Arbeitgeberzuschuss zur Ferienbetreuung ist seit
01.01.2012 individuell zu versteuern und zu verbeitragen (lohnsteuerund sozialversicherungspflichtige Einmalzahlung) und wird mit der
jeweiligen Gehaltsabrechnung abgerechnet.
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SYNAPSE Mai
medbo
SYNAPSE Mai
medbo
Erasmus Plus Programm
der Berufsfachschule für
Krankenpflege
auf deren Patientenklientel, welches
sich als Mischung aus intoxikierten,
dialysepflichtigen und infizierten
(etwa mit dem Grippevirus H1N1)
Menschen darstellte. Auch in der
umfangreichen Reha-Abteilung der
Klinik durften sie den Profis über die
Schultern schauen und so den zahl­
reichen Physiotherapeuten, Ergo­
therapeuten und Schwestern zuse­
hen, wie sie durch Operationen ein­
geschränkten Menschen in Bädern,
Trainingsgruppen und Einzelsitzun­
gen wieder zu voller Beweglichkeit
verhalfen.
Krankenpflege
auf Tschechisch
Alexander Stadler
Die Chance, während einer Krankenpflege-Ausbildung ein Praktikum im Ausland zu absolvieren,
bietet sich grundsätzlich nicht oft.
Sieben Schülerinnen und Schüler
im zweiten Ausbildungsjahr der
medbo Berufsfachschule für
Krankenpflege (KPS) nutzten die
Gelegenheit, zwei Wochen lang
im tschechischen Pilsen hautnah
zu erfahren, wie Krankenpflege in
Tschechien gelebt, gelehrt und
praktiziert wird. Toll: Denn die Regensburger Partnerstadt Pilsen
ist in diesem Jahr auch noch Kulturhauptstadt Europas!
D
ie Regensburger KPS ist eine
der ganz wenigen Schulen ihrer
Art, die Auslandspraktika überhaupt
anbieten. Rund 50 Prozent aller
Schüler wird die Gelegenheit gebo­
ten, im Ausland zu schnuppern: Ne­
ben Irland, Italien, Österreich, Frank­
reich und Malta ist auch Tschechien
eines der Länder, die über das Eras­
mus-Plus-Programm
angeboten
werden können. Sieben Schüler und
Schülerinnen reisten zu Jahresbe­
ginn für zwei Wochen nach Pilsen,
der Regensburger Partnerstadt und
aktuellen Kulturhauptstadt Europas.
Gute Vorbereitung – gute Reise
Jede Reise beginnt mit einer guten
Vorbereitung: Immerhin trifft man auf
kulturelle Unterschiede. In Tschechi­
en sind beispielsweise Gastge­
schenke Gang und Gäbe. So war
eine erste Herausforderung die
Wahl und die Beschaffung geeigne­
ter Gastgeschenke, die im Idealfall
auch noch die bayerische Heimat
repräsentieren sollten. In Pilsen
stand zuerst ein Treffen mit Lehrern
und Schulleitung der Partner-Kran­
kenpflegeschule an. Hier wurde die
organisatorische Planung der Ein­
satzstellen bekannt gegeben. Ganz
wichtig auch: eine Sprachanimation,
die den deutschen Pflegeschülern
die Grundbegriffe der tschechischen
Sprache näherbringen sollte. Auch
wenn damit sicher kein qualifiziertes
Patientengespräch geführt werden
konnte: um nach dem Weg ins Uni­
versitätsklinikum zu fragen, reichte
der Schnellkurs allemal.
Hightech im Altenheim
In der ersten Woche des Aufenthal­
tes besuchten die Schülerinnen und
Schüler ein modern ausgestattetes
Altenheim, das ihnen besonders
durch sein umfangreiches Angebot
an kognitiven Förderungen für die
Bewohner auffiel. Neben einem
Raum, der eingerichtet war wie in
den 1920er Jahren, verblüffte die
Schüler die Vorführung eines Neuro­
feedback-Geräts. Hierbei wird der
Bewohner mit Elektroden an einen
Rechner angeschlossen und muss
im Folgenden ein Rennauto, das er
auf einem Bildschirm sieht, kraft ge­
danklicher Konzentration steuern.
Auch ein Kinderheim für Kin­
der bis drei Jahren stand auf dem
Programm. Die liebevolle Fürsorg­
lichkeit, mit der sich die Schwestern
hier um die Neugeborenen kümmer­
ten, welche teilweise schwerste Be­
hinderungen hatten oder direkt nach
der Geburt einem Drogenentzug un­
terzogen werden mussten, berührte
die jungen Besucher allesamt tief.
Rettungswache und Onkologie
Auch der Besuch der hochmoder­
nen Onkologie am Universitätsklini­
kum Pilsen und der erst ein Jahr al­
ten Pilsener Rettungswache stan­
den auf dem Besichtigungspro­
gramm. Letztere demonstrierte in
Perfektion, wie ein effektiver Ret­
tungseinsatz auszusehen hat. Nach
Notrufeingang in der hochmodernen
Schaltzentrale des Obergeschosses
öffnet sich im Garagentrakt schon
automatisch das Tor für den Einsatz­
wagen, der dann bereits im Fahren
Einsatzinfos und vorgeplante Route
zugesandt bekommt.
In Woche Zwei schloss sich
der eigentliche praktische Teil des
Aufenthalts im Pilsener Universitäts­
klinikum an. Jeweils in Dreiergrup­
pen waren die Schüler tageweise
auf unterschiedliche Stationen ver­
teilt, auf denen deutschsprachige
Praxisanleiter ihnen zeigten, wie
Krankenpflege in Tschechien auf
höchstem Niveau gelebt wird. Und
so sahen die Schüler unter anderem
die Intensivstation der Kardiochirur­
gie und der allgemeinen Chirurgie.
Erstere ähnelt einer langgezogenen
Halle mit aneinandergereihten Abtei­
len für Patientenbetten, welche je­
derzeit durch eine Glaswand einseh­
bar sind. Letztere dagegen besteht
nur aus fünf Patientenbetten und
wirkt ein wenig zu voll für den klei­
nen Raum. Schade fanden die
Schüler nur, dass sie nicht am Pati­
enten tätig werden durften, sondern
lediglich das Pflegepersonal beob­
achten konnten. Dies reichte jedoch,
um Eindrücke von der guten Pflege­
qualität zu erlangen, die der in Re­
gensburg in nichts nachsteht.
Neuland metabolische
Intensivstation
Neben chirurgischen Intensivpatien­
ten lernten die Krankenpflegeschü­
ler auch solche kennen, die auf der
metabolischen Intensivstation des
Klinikums versorgt wurden. Eine
derartige Station war absolutes Neu­
land für die sieben Regensburger:
so waren sie besonders neugierig
Auch in den OP-Sälen durf­
ten sie bei zahlreichen Operationen
zusehen, was allesamt faszinierte.
Neben der Entfernung eines Mam­
ma-Carzinoms, einer Darmresektion
und einer Gallenblasenentfernung,
waren die Gäste besonders beein­
druckt von der hervorragenden Zu­
sammenarbeit innerhalb des Teams
aus Ärzten und Schwestern des
OP-Bereichs.
Nach diesen aufregenden Er­
eignissen hieß es dann aber schon
wieder Abschied nehmen nach zwei
Wochen, die den Schülerinnen und
Schülern beträchtlich kürzer er­
schienen waren. Nach der offiziellen
Verabschiedung, bei der wiederum
Schulleitung, Lehrkräfte und sogar
die Pflegedienstleitung des Universi­
tätsklinikums anwesend waren, stie­
gen sie in den Zug, der sie mit vielen
neuen Eindrücken und unvergessli­
chen Erinnerungen bereichert wie­
der nach Hause brachte.
Alexander Stadler ist Schüler an
der medbo Berufsfachschule für
Krankenpflege Regensburg
Schulleiter Rupert Brenninger (Erster von links) mit seinen Schülern
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Bildungswerk Irsee
SYNAPSE Mai
Personalia / Veranstaltungen
Synapse August
Bezirk
59
www.bildungswerk-irsee.de
Der medbo-Vorstand dankt allen
Jubilaren für ihre langjährige Treue und Unterstützung!
Breit gefächertes Programm
40-jähriges Jubiläum
Willibald Bäumler
Renate Binder
Hans-Jürgen Feix-Pielot
Maria-Anna Fürst
Brigitte Quatowitz
Waldemar Reif
Gesundheits- und Krankenpfleger
Reinigungskraft
Lehrkraft
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Gesundheits- und Krankenpfleger
Wöllershof
Regensburg
Regensburg
Parsberg
Regensburg
Wöllershof
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Oberarzt
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Physiotherapeutin
Hilfskraft
Stationshilfe
Haus- und Hofarbeiter
Gesundheits- und Krankenpflegerin
Kraftfahrer
Stationshilfe
Oberarzt
Gesundheits- und Krankenpfleger
Stationshilfe
Stationsleiterin
Regensburg
Wöllershof
Parsberg
Regensburg
Regensburg
Regensburg
Wöllershof
Regensburg
Regensburg
Regensburg
Regensburg
Wöllershof
Regensburg
Regensburg
Mit seinem breit gefächerten Programm gibt das Bildungswerk Irsee, das zentrale
Fort- und Weiterbildungsinstitut des Bayerischen Bezirketags, Jahr für Jahr neue
Impulse. Die Veranstaltungen sind praxisorientiert und wissenschaftlich fundiert. Ärzte,
Pflegeexperten und Therapeuten der medizinischen Einrichtungen schätzen sowohl
den fachlichen als auch den persönlichen Austausch. Neu in diesem Jahr sind unter
anderem Seminare zu den Themen Versorgung traumatisierter Flüchtlinge, Kinder psychisch kranker Eltern oder Psychosoziale Arbeit mit „schwer erreichbaren Klienten“.
25-jähriges Jubiläum
Synnöve August
Martin Breininger
Ingrid Fruth
Ina Günther
Roland Helgert
Petra Hopp
Konrad Hösl
Magdalena Jamro
Thomas Kuffer
Wilhelmine Lohner
Günter Mayer
Jürgen Scharfenberg
Barbara Stangl
Paula Thusbaß
Veranstaltungshinweise
Bildungswerk des
Bayerischen Bezirketags
Klosterring 4, D-87660 Irsee
Das Gesamtprogramm „impulse 2015“ mit detaillierten Beschreibungen aller
Angebote finden auf unserer Homepage.
Telefon 08341 906-604, -606, -608
Telefax 08341 906-605
E-Mail [email protected]
www.bildungswerk-irsee.de
Impressum
17. Juni 2015
Regensburg, HAUS 5, 13:00 – 16:00 Uhr
5 Jahre Psychiatrische
Intensiv-Tagesbetreuung (PIT)
mit Tag der offenen Tür
26./27. Juni 2015
Regensburg, IBP
Quo vadis, Schlafmedizin?
Die bewegte Nacht – Restless Legs und
nächtliche Bewegungsstörungen.
Kongress
07. bis 16. Juli 2015
Wöllershof, Kuppelsaal
Einfach menschlich:
Von Menschen und Süchten
Ausstellung zu einem Phänomen
21. bis 30. Juli 2015
Regensburg, Mehrzweckhalle
Einfach menschlich:
Von Menschen und Süchten
Ausstellung zu einem Phänomen
Herausgeber: Medizinische Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz KU (Anstalt des öffentlichen Rechts), Vorstand
Universitätsstraße 84 | 93053 Regensburg | Tel +49 (0) 941/941-0 | www.medbo.de
Bildungswerk des
Bayerischen Bezirketags
Rätselauflösung von Seite 57
Lösungswort: TINNITUS
Redaktionelle Leitung: Renate Neuhierl (RNE), [email protected]
Autoren:
Günter Bonack (GBO), Pressestelle Bezirk Oberpfalz
Martina Hirmer (MHI), Pressestelle Bezirk Oberpfalz
Lissy Höller (LHO), Presse- und Öffentlichkeitsarbeit medbo
Verena Kobras (VKO), Praktikantin PR & Öffentlichkeitsarbeit medbo
Foto: Titel Hübler; S2/3 pathdoc - Fotolia.com; S3 Zitzlsperger; S4 Bonack; S5 muro - Fotolia.com; S6 Bonack;
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S38 okanakdeniz - Fotolia.com; S39 Neuhierl; S40 Zitzlsperger; S41 Alliance - Fotolia.com; S42/43 Fotoflug.de;
S43 Zitzlsperger; S44 A_Bruno - Fotolia.com; S46 Neuhierl; S47 Lottes; S48 bilderbox - Fotolia.com; S49 Kobras;
S50 medbo; S52 Peter Atkins - Fotolia.com; S53 Wrangler - Fotolia.com; S54 Neuhierl;
S55 Christian Schwier - Fotolia.com; S56/57 medbo; S57 medbo; S58/59 a_korn - Fotolia.com
Der SYNAPSE-Titel zeigt den Innenraum der Simultan-Kapelle am Bezirksklinikum Wöllershof
Konzeption und Leitung: Renate Neuhierl
Grafische Gestaltung: Creativbuero Jürgen Mayer
Auflage: 5.000 Stück | Erscheinungsweise: vierteljährig | Vertrieb: B 07930 S
Mehr Informationen zu
medbo-Veranstaltungen unter: www.medbo.de
Gender-Erklärung: Um die Lesbarkeit zu vereinfachen wird in der SYNAPSE meist auf die zusätzliche
Formulierung der weiblichen Form verzichtet. Wir möchten deshalb darauf hinweisen, dass die ausschließliche
Verwendung der männlichen Form explizit als geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.
Die nächste SYNAPSE erscheint am 15. August 2015. Redaktionsschluss ist der 01. Juli 2015.
1V05-1501-0005
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WIE HUND UND KATZ:
Geschwisterrivalität aus
psychologischer Sicht
Roman Christl
Psychologe an der Klinik für
Kinder- und Jugendpsychiatrie
am Bezirksklinikum Regensburg
Donnerstag, 02. Juli 2015
19:00 Uhr
medbo Bezirksklinikum | Hörsaal IBP
Universitätsstr. 84 | 93053 Regensburg
visite: Ärzte, Forscher und Experten unserer
Kliniken und Einrichtungen informieren
Sie zu wichtigen Themen der seelischen
und neurologischen Gesundheit
Der Eintritt ist kostenfrei.
Kostenloses Parken auf dem Besucherparkplatz hinter der Haupteinfahrt zum Bezirksklinikum Regensburg, Universitätsstraße 84.
Sie erreichen das Bezirksklinikum Regensburg
mit den Buslinien 2b, 4, 6 und 11,
Ausstieg an der Zentralen Omnibushalte­stelle
(ZOH) „Universität“.