Ausgabe Mai Nr. 2 / 2015 SYNAPSE Magazin der Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz Ehrenamt bei der medbo Hightech in der Neuroradiologie Traumatisierte jugendliche Flüchtlinge 2 SYNAPSE Mai Inhalt 3 Editorial: Müssen Wirtschaft und Politik handeln? Bezirk 4 Berufliche Qualifizierungsoffensive für Menschen mit Behinderung 6 Bewährtes beibehalten und weiter entwickeln Psychiatrie 8 Restless Legs Syndrom: Wenn die Beine nicht zur Ruhe kommen 11 Menschen mit Intelligenzminderung: Ganz besondere Patienten 14 Patienten-Perspektive Psychose: Sinn im Sinnlosen? 16 Unterstützung psychisch kranker Menschen 19 Zentrum für Psychiatrie Cham: Beste Medizin für alle Patienten Neuro-Reha 20 Mein ehrenamtlicher medbo-Tag: Anderen Zeit schenken 22 Patientenbibliothek: Schmökern und Kraft tanken 24 Logopädie: Wenn die Worte fehlen Neuroradiologie 26 Institut für Neuroradiologie: Hightech Kinder- und Jugendpsychiatrie 29 Säuglinge und Kleinkinder: Die ganz kleinen Patienten 31 Traumatisierte jugendliche Flüchtlinge: Nichts als Angst ums Überleben im Gepäck 34 Frühe Hilfen: Kooperativ Bindungen stärken und Kinder schützen Forensik 38 Strafvollzug trifft Maßregelvollzug 40 Tacheles: Patientenbefragung in der Forensik 42 Bezirkskrankenhaus Parsberg: Voller Ideen und Visionen medbo 44 Umgang mit Gefahrstoffen in der medbo 46 Apotheke: Salben, Tinkturen, Kapseln 47 FKEP Kickoff: Karriere hoch zwei 48 Einsatz für schwerbehinderte Menschen 50 Psychiatrie und Seelsorge – Hand in Hand 52 Mit PEPP in die Zukunft 54 Das Ding aus dem Weltall 55 Sommer, Sonne, Ferienspaß für medbo-Kinder 56 Krankenpflege auf Tschechisch 58Personalia 51Kreuzworträtsel 58 Veranstaltungshinweise U3 Impressum Der SYNAPSE-Titel zeigt den Innenraum der Simultan-Kapelle am Bezirksklinikum Wöllershof SYNAPSE Mai Editorial Müssen Wirtschaft und Politik handeln? D as Ärzteblatt hat vor kurzem da rüber berichtet, dass psychische Probleme die Ursache für bis zu 50 Prozent aller neuen Anträge auf Ar beitsunfähigkeit sind. Angststörun gen und Depressionen führen zu den dauerhaften Ausfällen im Ar beitsleben. Selbstverständlich sind die Betroffenen in erster Linie belas tet. Aber auch Arbeitgeber, Wirt schaft und Gesellschaft werden in Mitleidenschaft gezogen. Die Produktivität leidet und die Krankschreibungen häufen sich. Letztendlich steht die Wirtschaft für die Kosten in Form von höheren So zial- und Gesundheitsausgaben ge rade. Die OECD mahnt nun die Ver antwortlichen in Politik und Wirt schaft, Menschen mit psychischen Erkrankungen in den Arbeitsmarkt einzubeziehen. Allerdings ist die Be schäftigung von Arbeitnehmern mit psychischen Erkrankungen für viele Arbeitgeber scheinbar ein unkalku lierbares Risiko. Die Betroffenen sind mit einem dauerhaften Stigma gekennzeichnet. Das Verhältnis so wohl zu den Kollegen als auch zu den Vorgesetzten ist häufig mit Vor urteilen belastet. Besondere Brisanz erhält dieses Thema durch den jüngst durch einen Piloten verursachten Flugzeugabsturz in Frankreich, bei dem bedauerlicherweise viele un schuldige Menschen ihr Leben las sen mussten. Nun wurde im Ermitt lungsverfahren herausgefunden, dass der Pilot auch zumindest zeit weise psychisch krank war. Sofort wird daraus geschlossen, dass die se Erkrankung Ursache für das Fehl verhalten dieses Menschen war – auch wenn dem von allen Fachleu ten vehement widersprochen wird. Aber das passt einfach zum Klischee psychisch Kranker. Sie sind per se unberechenbar, gewalttätig und ge fährlich. Diese Sichtweise wird in be sonderer Weise auch noch durch eine Vielzahl von Medienberichter stattungen bestätigt. Dort werden halt nur die spektakulären Aktionen psychisch Kranker berichtet. Dabei sagt niemand, dass psychisch kran ke Menschen nachweislich weder unberechenbarer, gefährlicher noch gewalttätiger als die Durchschnitts bevölkerung in Deutschland sind. Und unter diesen Gegebenheiten werden dann auch noch die Forde rungen diskutiert, ob durch Ärzte ge stellte Diagnosen Arbeitgebern mit geteilt werden müssen. Mit dieser Haltung sind wir in Deutschland nach wie vor auf einem schwierigen Weg. Wie jüngste Stu dien eindrucksvoll zeigen, hat sich in Deutschland die Stigmatisierung psychisch Kranker kaum verbessert, bei manchen Diagnosen gar ver schlechtert. Wenn man nun dem Thema „Arbeitsunfähigkeit, Frühver rentungen und dergleichen mehr in folge psychischer Erkrankungen“ zu Leibe rücken will, heißt dies in aller erster Linie, mit der Stigmatisierung psychisch Kranker aufzuhören. Sie müssen als Kranke end lich auch vollwertige Mitglieder un serer Gesellschaft sein dürfen und nicht weiter ausgegrenzt werden. Erst dann kann darüber nachge dacht werden, wie diese Menschen im Arbeitsprozess gehalten oder wieder eingegliedert werden kön nen. Für die Politik ist es wichtig, Rahmenbedingungen zu schaffen, die dies nicht nur ermöglichen, son dern auch fördern. Psychisch kranke Menschen brauchen ebenso wie körperlich kranke Menschen zu ge gebener Zeit professionelle Hilfe. Aber sie dürfen dadurch nicht ge zeichnet sein für ihr ganzes Leben. Kurt Häupl, Vorstand der medbo 3 4 SYNAPSE Mai Bezirk SYNAPSE Mai Bezirk 5 Inklusion Berufliche Qualifizierungsoffensive für Menschen mit Behinderung Erstmals starten die Bezirke in Bayern gemeinsam mit dem bayerischen Sozialministerium, den Agenturen für Arbeit, den Integrationsämtern und -fachdiensten in Kooperation mit den Werkstätten für Behinderung eine bayernweit gemeinsame Qualifizierungsoffensive, um mehr Menschen mit Behinderung aus den Werkstätten in den ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Z ur echten Inklusion gehört für Menschen mit Behinderung Ar beit und Beruf und für den eigenen Lebensunterhalt selbst sorgen kön nen“, betonte Bezirkstagspräsident Franz Löffler zum Auftakt der Infor mationsveranstaltung „BÜWA – Be gleiteter Übergang Werkstatt/allge meiner Arbeitsmarkt“ im Festsaal der Bezirksverwaltung. Der Bezirk Oberpfalz will zu sammen mit seinen Partnern mit diesem auf drei Jahre angelegten Projekt Zeichen setzen. 27% der Betriebe in Bayern mit mehr als 20 Beschäftigten zahlen lieber die ge setzlich vorgeschriebene Ausgleich sabgabe als einen Menschen mit Behinderung einzustellen. „Hier ist Handlungsbedarf, den die Projekt partner anpacken“, betonte Martin Pfitzenmaier von der Regionaldirek tion Bayern der Bundesagentur für Arbeit. Ziel: Erster Arbeitsmarkt Bayernweit wollen die Kooperati onspartner gemeinsam mit 345 Menschen, die bisher in Werkstätten für Menschen mit Behinderung ar beiten, erfolgreich die Hürden zum allgemeinen Arbeitsmarkt überwin den. In der Oberpfalz sind das wäh rend der Laufzeit des Modellprojekts 35 Menschen mit Behinderung, die eine umfangreiche Qualifizierungs phase durchlaufen, um eine erfolg reiche Vermittlung und Beschäfti gung möglich zu machen. Ziel der Projektinitiative BÜWA ist es, rund zwölf bis 15 Projektteilnehmer auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzu bringen. „Eine stolze Herausforde rung“, betonte Bezirkstagspräsident Franz Löffler. Die Bezirkssozialver waltung unterstützt das Projekt mit rund 290.000 Euro. Für Präsident Löffler ist das „gut angelegtes Geld“. Bayernweit investieren die Projekt partner insgesamt rund sieben Milli onen Euro in das Projekt. Um den Erfolg zu sichern, durchlaufen geeignete Werkstätten beschäftigte nach der etwa dreimo natigen Vorbereitungsphase in der Werkstatt eine bis zu neun Monate dauernde Vermittlungsqualifizierung unter Regie der Werkstatt oder des Integrationsfachdienstes. Dazu ge hören eine Kompetenzanalyse über Bewerbertrainings und Praktika. Die sich daran anschließende, bis zu ei nem Jahr mögliche „vertiefte Ver mittlung“ soll Mensch und Arbeits platz weitestgehend passgenau zu sammenbringen. Anreize für Arbeitgeber Ein entscheidender Faktor ist dabei die intensive Zusammenarbeit und unbürokratische Projektabwicklung mit den Arbeitgebern, die einen Menschen mit Behinderung be schäftigen wollen. Das Modell setzt durch Prämien für die Leistungser bringer und Zuschüsse zum Arbeits lohn für den Arbeitgeber wichtige Anreize für die Integration von Men schen mit Behinderung auf dem all gemeinen Arbeitsmarkt. Dazu zäh len auch die umfangreichen Förder programme des Integrationsamtes für Arbeitgeber und -nehmer wäh rend und nach der Projektphase, die Erich Bierler von Zentrum Bayern, Familie und Soziales, vorstellte. Für den Menschen mit Behin derung ist der Schritt auf den allge meinen Arbeitsmarkt ohne Risiko: er hat im Regelfall für fünf Jahre eine Rückkehrgarantie in die Behinder tenwerkstatt. Wie erfolgreich dieser Weg sein kann, beschrieb Kevin Heusler, der von der Behinderten werkstatt über einen Außenarbeits platz seit über einem Jahr in einer Barbinger Metallverarbeitungsfirma arbeitet. Und sein Chef Erich Jäger konnte nur bestätigen: Am richtigen Arbeitsplatz ist ein Mensch mit Be hinderung genauso produktiv wie sein Arbeitskollege ohne Handicap. (GBO) Bereich samt gefordert ist. Im die Gesellschaft insge r de i uen, um be ba , ab be er fga hm Au e -ne „Inklusion ist ein Arbeitgeber und für n rde Hü WA BÜ t Projek eitsmarkt zu ebnen.“ Beschäftigung soll das auf den allgemeinen Arb g We n de g nz Löffler run de hin Bezirkstagspräsident Fra mehr Menschen mit Be ine lassen. Dazu r und -nehmer nicht alle be ge eit Arb die wir ss hrgenommen werden.“ „Das Wichtigste ist, da ern als Dienstleister wa nd so , rde hö Be lstelle Oberpfalz als ht und Soziales, Regiona gehört, dass wir nic lie mi Fa rn, ye Ba um Zentr chen Günther Lange, Leiter schäftigung eines Mens nehmen würden die Be n ter hle Un za n itig gte ze fra ich be n Gle vo „90% weiterempfehlen. rn be ge eit ch Arb tzli ren se de ge lieber die mit Behinderung an hr als 20 Arbeitnehmern me t mi . rn ye llen Ba ste in zu be 27% der Betrie chen mit Handicap ein leichsabgabe als Mens vorgeschriebene Ausg bern ändern.“ ge insam mit den Arbeit ektion Bayern Das müssen wir geme für Arbeit, Regionaldir tur en ag es nd Bu r, aie nm Martin Pfitze h erstmals in Bayern alle jekt BÜWA ist, dass sic tzen, miteinander „Das Besondere am Pro mit Behinderung einse en ch ns isse Me für h sic Akteure, die Beschäftigungsverhältn ang ziehen, um mehr Str em ein an d un n vernetze her.“ arkt zu erreichen als bis s Integrationsamtes auf dem ersten Arbeitsm Erich Bierler, Leiter de und -nehmer gut vor t muss für Arbeitgeber ark sm tuelle eit Arb r ine me tatt/allge rger Werkstätten die vir „Der Übergang Werks nuar in den Regensbu Ja it reiten.“ se be es rzu t vo gib g d run un rde Gr m bliche Herausfo trie be die bereitet sein. Aus diese f au en nshilfe ligt be tei Le rkstätten Vorfeld alle Be t der Regensburger We ns Werkstatt, um schon im ldie zia So k, ac erm Uwe Tsch nschen zu der rkstatt für behinderte Me We r de s au l se ch We „Ich habe von dem nur profitiert.“ ung Barbing Metallverarbeitungsfirma iter der Metallbearbeit Kevin Heusler, Mitarbe b, t beim Arbeiten im Betrie twickelt sich oftmals ers en z lat sp .“ eit nn Arb ka e au „Der passgen s lernen und leisten s der Arbeitnehmer alle rarbeitung Barbing wenn man feststellt, wa Johann Jäger, Metallve 6 SYNAPSE Mai Bezirk SYNAPSE Mai Bezirk Bewährtes beibehalten und weiter entwickeln Dr. Benedikt Schreiner ist seit 1. August 2014 neuer Leiter der Sozialverwaltung des Bezirks Oberpfalz. Schreiner studierte Jura in Passau und Regensburg, schloss mit dem zweiten Staatsexamen ab und promovierte im Bereich des Verwaltungsrechts. Er folgt auf Karl-Peter Hartmann, der die Aufgabe lange Jahre innehatte. SYNAPSE sprach mit ihm über seine ersten Erfahrungen im neuen Amt. Dr. Schreiner, Anfang August 2014 sind Sie von Bezirkstagspräsident Franz Löffler zum Leiter der Bezirkssozialverwaltung bestellt worden. Wie gut sind Sie mittlerweile in diesem Amt angekommen? Sch.: Ich denke, sehr gut. Ich hatte ja schon zwei Jahre in der Bezirks hauptverwaltung verschiedene Auf gaben übernommen und so Gele genheit, den Bezirk Oberpfalz ken nen zu lernen. Die dann parallel laufende Einarbeitungszeit mit mei nem Vorgänger, Herrn Hartmann, hat meinen Einstieg in dieses Amt sicher sehr erleichtert. Was macht es für Sie als promovierter Verwaltungsrechtler spannend, im Bereich der Sozialgesetze zu arbeiten? Sch.: In der Sozialverwaltung geht es um die praktische Anwendung des Sozialrechts in einer sehr gro ßen Bandbreite: Von der Hilfege währung über die Verhandlungen mit den Kostenträgern der Einrich tungen bis zu den zahlreichen per sonenzentrierten Unterstützungsan geboten des Bezirks Oberpfalz – bei all diesen Aufgaben als Leiter mitzu wirken, finde ich spannend und inte ressant. Neben den mehr verwal tungsorientierten Aufgaben gibt es auch die Möglichkeit zu gestalten. Beide Bereiche gehören zusammen. Ziel muss sein, die konkrete Lebens situation von Menschen in schwieri gen Situationen zu verbessern. Was haben Sie als Leiter zu tun? Sch.: Meine Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter arbeiten sehr gut. Ich habe die Aufgabe, sie effizient und team orientiert zu führen, aber auch den Kontakt und Austausch mit den Wohl fahrtsverbänden, den Trägern der Einrichtungen und wichtigen Institu tionen der sozialen Fürsorge voran zu bringen. Im Arbeitsalltag treten re feratsübergreifend auch Fälle auf, die ich dann im Referatsleiterteam kläre. Ich vertrete den Bezirk auch in diver sen Gremien in der Oberpfalz, in Bayern und in Deutschland. Für wie viele Menschen in der Oberpfalz ist der Bezirk als überörtlicher Träger der Sozialhilfe zuständig? Der Bezirk unterstützt etwa 8.900 Menschen mit Behinderung in der Oberpfalz und rund 3.700 Bürger in Oberpfälzer Pflegeheimen, deren ei genes Vermögen nicht ausreicht, die anfallenden Kosten zu decken. Im Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung gibt der Bezirk Oberpfalz 2015 etwa 195 Millionen Euro aus, in der Hilfe zur Pflege circa 71 Millionen Euro. Vor aussetzung für finanzielle Unterstüt zung des Bezirks ist die Klärung des gesetzlichen Anspruchs. Für Menschen mit Behinderung ist es sehr schwierig, eine Beschäftigung auf dem Ersten Arbeitsmarkt zu finden. Was kann der Bezirk Oberpfalz für diese Menschen tun? Sch.: Die Werkstätten für behinder te Menschen bemühen sich inten siv darum, geeignete Beschäftigte auf den Ersten Arbeitsmarkt zu ver mitteln. Der Bezirk unterstützt die se Anstrengungen seit vielen Jah ren durch ein eigenes Förderpro gramm. Ab 2015 wird es bayern weit das Förderprojekt BÜWA (Begleiteter Übergang Werkstatt/ allgemeiner Arbeitsmarkt) geben. Diese Zusammenarbeit mit der Ar beitsagentur, dem Zentrum Bayern, Familie und Soziales, und dem In tegrationsfachdienst ist ein ausge zeichnetes Beispiel dafür, an wel chen Weichenstellungen in der so zialen Fürsorge ich mitarbeiten will: starke Partner vernetzen ihre Zu ständigkeiten, um für Menschen, die einen Anspruch auf Förderung haben, mehr zu erreichen als bis her. Barrieren am Arbeitsmarkt abzubauen bedeutet mehr gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Was fördert der Bezirk Oberpfalz im Bereich der Inklusion noch? Sch.: Wir unterstützen finanziell Leis tungen von der Frühförderung über die Schulbegleitung bis zum „persön lichen Budget“, mit dem Menschen, die Leistungen, die sie selbst wollen, quasi selbst planen und einkaufen können. Wir waren beziehungsweise sind beim Projekt „Inklusive Gemein de“ in Mitterteich oder bei „Regens burg Inklusiv“ als Partner mit einge bunden. Neue Ansätze gibt es in der Familienpflege: bisher konnten nur psychisch behinderte Menschen in einer Gastfamilie aufgenommen wer den. Diese Leistung wird jetzt ausge weitet auf geistig und körperlich be hinderte Menschen. Sehen Sie in dieser Vernetzung die Zukunft sozialer Hilfe in der Oberpfalz? Sch.: Absehbar ist sicherlich: Die Schnittstellen zwischen Bezirk, Ar beitsagentur, Jobcenter und ande ren Leistungsträgern sozialer Hilfen werden größer. Deshalb sind auch ein verstärkter Austausch und ver tiefte Zusammenarbeit sinnvoll. Wenn wir dadurch mehr erreichen, rechtfertigt das auch den Aufwand für Kommunikation und gegenseiti ge Abstimmung. Das Projekt BÜWA hatte immerhin eine zweijährige Vorlaufzeit. Halten Sie denn die Forderung nach vollständiger Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft für machbar, so wie es die UN-Behindertenrechtskonvention vorsieht? Sch.: Inklusion bedeutet ja, dass Menschen mit Behinderung selbst verständlicher Teil der Gesellschaft und in alle gesellschaftlichen Le bensbereiche einbezogen sind: Ein Ziel, an dem alle mitarbeiten kön nen. Bei uns geht es aber immer um den konkreten Einzelfall. Eine ideo logisch geführte Betrachtung hilft da wenig weiter. Eine Schulklasse mit drei oder vier Kindern mit Behinde rung und ihren Schulbegleitern ver schafft den Kindern wohl eher in der Klasse einen Sonderstatus als eine echte Einbeziehung. Und für ein mehrfach behindertes Kind kann die intensive Förderung an einer För derschule mehr bringen, als den täg lichen Herausforderungen einer Re gelschule gerecht zu werden. Um den einzelnen Menschen konkret in den Blick zu bekommen, ist hier im Haus ihr sozialpädagogisches Team zuständig. Was tun Ihre Fachleute? Sch.: Die sechs Sozialpädagoginnen, die hier im Haus tätig sind, sprechen vor Ort nicht nur mit dem betroffenen Menschen, sie begutachten auch die Gesamtsituation: zum Beispiel, wie erbringen die zuständigen Einrichtun gen die notwendigen Hilfen. Aus die sen Nachfragen ergibt sich ein Ge samtbild, das in ein Gutachten mün det, als Basis zur Beurteilung des tatsächlichen Hilfebedarfs. Sie sind jetzt seit einem halben Jahr Leiter der Bezirkssozialverwaltung. Können Sie schon sagen, wo Sie neue Akzente setzen wollen? Sch.: Karl-Peter Hartmann hat mir ein sehr gut bestelltes Haus überge ben. Ich bin dabei, die komplexen Themen zu durchdringen, Bewähr tes beizubehalten und mir Gedan ken zu machen, wo Weiterentwick lungen, etwa zur Anpassung an sich verändernde Bedingungen und Möglichkeiten, sinnvoll sind. Neue Akzente ergeben sich oftmals aus der Arbeit selbst, wie zum Beispiel das neue Programm EX-IN. Bei die ser besonderen Qualifizierungs maßnahme setzen sich Menschen, die eine seelische Krise beziehungs weise eine psychische Erkrankung erlebt haben, anhand eines Lehr plans ein Jahr lang etwa drei Tage im Monat intensiv mit ihrer Erkran kung auseinander. Sie tauschen sich darüber aus, wie sie konstruktiv mit ihren Erfahrungen umgehen können. Unterstützt werden sie da bei von speziell ausgebildeten EXIN-Trainern, wobei immer eine psy chiatrische Fachkraft und ein ausge bildeter „Betroffener“ gemeinsam ei nen Kurs leiten. Ziel ist es, die Kursteilnehmer mit Psychiatrieerfah rung durch diese Arbeit zu stärken. Sie können dann ihr Wissen in Selbsthilfegruppen, als Referenten oder in anderen Initiativen und Einrichtungen einsetzen. Aktuell fördert der Bezirk eine Stelle beim Sozialpsychiatrischen Dienst in Schwandorf. Die Anfragen bei uns von diesen Diensten, den Suchtbe ratungsstellen und Tagesstätten in der Oberpfalz nehmen bereits zu. Was bleibt Ihnen da noch an Freizeit neben der Arbeit? Sch.: Viel Spaß habe ich mit meiner Familie und beim Gitarre spielen: Die Beschäftigung mit meinen drei kleinen Kindern, alle unter acht, sorgt für genügend Ausgleich. (GBO) 7 8 SYNAPSE Mai Psychiatrie SYNAPSE Mai Psychiatrie Restless Legs Syndrom: Das Restless Legs Syndrom (RLS) beziehungsweise das Syndrom der unruhigen Beine zählt mit einer altersabhängigen Häufigkeit von drei bis zehn Prozent der Bevölkerung zu den häufigsten neurologischen und schlafmedizinischen Erkrankungen. Der Schweregrad kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Wenn die Beine nicht zur Ruhe kommen Prof. Dr. Thomas C. Wetter E s wird angenommen, dass etwa ein bis zwei Prozent der Bevölke rung so stark betroffen sind, dass eine medikamentöse Behandlung notwendig ist. Ein RLS kann bereits bei Kindern und Jugendlichen auf treten, wobei die RLS-Symptomatik in dieser Altersgruppe möglicherwei se als Hyperaktivitätssyndrom ver kannt wird. Symptomatik des RLS Das RLS verläuft in der Regel chro nisch. Beschwerdefreie Intervalle sind allerdings insbesondere in den ersten Jahren der Erkrankung keine Seltenheit. Die charakteristischen Symptome sind ein Bewegungs drang der Beine, der ausschließlich in Ruhesituationen auftritt, durch Be wegung gebessert oder beseitigt wird und abends beziehungsweise nachts besonders ausgeprägt ist. Unter Bewegungsdrang wird ein un angenehmes bis quälendes oder auch schmerzhaftes Unruhe-, Span nungs- oder Druckgefühl der Beine verstanden, das den Betroffenen zur Bewegung nötigt, um Linderung zu erfahren. Damit verbunden sind oft tief im Inneren der Beine lokalisierte Missempfindungen (Parästhesien), die als ein Kribbeln, Ziehen, Stechen bis hin zu krampfartigen Beschwer den und Schmerzen geschildert wer den. Oft haben die Patienten aber auch Schwierigkeiten, diese Symp tome überhaupt zu beschreiben. troffenen die Beschwerden nicht mehr aushalten können und sich be wegen oder umhergehen müssen. Schwer betroffene RLS-Patienten vermeiden deshalb grundsätzlich Si tuationen, die ein langes Stillsitzen erfordern. Besonders unangenehme Situationen können Theater- und Ki nobesuche, lange Bus- oder Flugrei sen, Versammlungen oder Sitzungen sein. Bei sehr ausgeprägten Sympto men wird ruhiges Sitzen oder Liegen fast unmöglich. Typischerweise bauen sich Missempfindungen und Bewegungs drang immer stärker auf, bis die Be Die Ausprägung der Sympto matik folgt einer zirkadianen Rhyth mik mit einer Zunahme am Abend Diagnostische Kriterien Restless Legs Syndrom 1. Bewegungsdrang der Beine in Verbindung mit unangenehmen Missempfindungen der betroffenen Extremität 2. Auftreten beziehungsweise Verstärkung dieser Beschwerden in Ruhesituationen 3. Besserung bzw. Beseitigung der Beschwerden durch Bewegung 4. Zunahme der Beschwerden abends oder nachts bis kurz nach Mitternacht und einem Abklingen erst in der zweiten Nacht hälfte. Chronische Ein- und Durch schlafstörungen sind daher häufige Beschwerden, die zu einer Vorstel lung in der medbo Ambulanz für Schlafmedizin führen. Gerade diese Folgeerscheinungen wie Schlafstö rungen, fehlende Entspannungs möglichkeiten und Leistungsinsuffi zienz am Tage werden von den Pati enten oft als sehr belastend und einschränkend in ihrer Lebensquali tät erlebt. Befunde der körperlichen Untersuchung Beim RLS werden eine primäre (idio pathische) und eine sekundäre (symp tomatische) Form unterschie den. Die körperliche und neurologi sche Untersuchung ist beim primä ren RLS meistens unauffällig. Bei dieser Form kann keine auslösende Grunderkrankung diagnostiziert wer den. Das sekundäre RLS kann durch bestimmte andere Erkrankun gen verursacht sein. Insbesondere sind hier Nierenfunktionsstörungen, Eisenmangelanämie beziehungs weise erniedrigtes Ferritin (das Eisenspeicherprotein) oder auch Schilddrüsenfunktionsstörungen zu nennen. Ein sekundäres RLS kann auch durch Medikamente ausgelöst oder verstärkt werden. Hier sind ins besondere die Psychopharmaka zu nennen wie die klassischen (selte ner auch die atypischen) Neurolepti ka oder ältere und modernere An tidepressiva wie das Mirtazapin be ziehungsweise die Serotonin-Wie deraufnahmehemmer. Ein RLS kann auch bei be stimmten neurologischen Erkran kungen (etwa bei Polyneuropathien, Myelopathien, Multipler Sklerose, Morbus Parkinson und spinozere bellären Ataxien) häufiger auftreten als in der gesunden Normalbevölke rung, ohne dass ein ursächlicher Zu sammenhang vorliegt. Bei diesen RLS-Formen sind entsprechende in ternistische und neurologische Auf fälligkeiten vorhanden. Auch wäh rend einer Schwangerschaft können RLS-Beschwerden auftreten, die in der Regel nach der Geburt vollstän dig abklingen. Zusatzuntersuchungen Die Messung der Nervenleitge schwindigkeit sollte bei entspre chenden klinischen Hinweisen zur Abgrenzung von Polyneuropathien durchgeführt werden. Zu den rele vanten Laboruntersuchungen gehö ren die Bestimmung von Eisen und Ferritin, die Nierenfunktionswerte und das Schilddrüsenhormon (TSH). Obwohl Schlafstörungen ein häufiges Symptom sind, ist eine po lysomnographische Untersuchung im Schlaflabor nur ausnahmsweise notwendig. Eine solche Ausnahme liegt beispielsweise vor, wenn eine ausgeprägte Tagesmüdigkeit beklagt wird, die möglicherweise durch eine gleichzeitig bestehende nächtliche Atmungsstörung bedingt ist. Typi scherweise haben RLS-Patienten ein fragmentiertes Schlafprofil mit häufigen Wachphasen, einer verlän gerten Einschlaflatenz und vermehr ten Anteilen von Leichtschlaf. Bei fast allen Patienten lassen sich zu dem periodische Beinbewegungen im Schlaf nachweisen, die ihrerseits die Schlafstruktur beeinträchtigen können. Diese Beinbewegungen können auch mittels einer ambulant durchführbaren Fuß-Aktigraphie ge messen werden. Der Vorteil ist, dass diese Technik nicht nur zu diagnosti schen Zwecken, sondern auch zur Objektivierung der Ergebnisse einer medikamentösen Behandlung einge setzt werden kann. Nachteilig ist, dass der Schlaf nicht gemessen wer den kann, und daher der Bezug der Beinbewegungen zu den Schlafsta Fortsetzung auf Seite 10 9 10 SYNAPSE Mai Psychiatrie 11 Fortsetzung von Seite 9 dien sowie möglichen Weckreaktio nen nicht erfasst wird. Pathophysiologie des RLS Die Ursache des RLS ist bisher noch nicht bekannt. Aufgrund der guten therapeutischen Wirksamkeit von dopaminergen Medikamenten geht man von einer Beteiligung dieses Neurotransmittersystems aus. Beim idiopathischen RLS wurden bisher keine strukturellen Veränderungen des zentralen Nervensystems be schrieben. In bildgebenden Untersu chungen mittels SPECT (Einzelpho tonen-Emissions-Computerthomo graphie) sowie PET-Technik (Posi tronen-Emissions-Tomographie) fan den sich vereinzelt grenzwertig erniedrigte Rezeptorbindungen, die auf eine Funktionsstörung im dopa minergen System hinweisen, sich aber teilweise auch widersprechen. Sonographische, laborchemische und einzelne neuropathologische Untersuchungen sind auch mit ei nem verminderten Eisenspeicher im Gehirn von RLS-Patienten vereinbar. In letzter Zeit sind geneti sche Aspekte in das Zentrum der RLS-Forschung gerückt, da über 50% der Patienten mit einem idio pathischen RLS eine positive Fami lienanamnese aufweisen. Im Rah men von genomweiten Assoziati onsstudien sind spezifische geneti sche Risikovarianten identifiziert worden, wobei die Rolle dieser Gene im Zusammenhang mit dem RLS noch nicht bekannt sind. Man darf aber davon ausgehen, dass es sich beim idiopathischen RLS um eine komplexe genetische Erkran kung handelt. Behandlung des RLS Schla f Quo v medizin adis? 2015 Bezirk sklinik um R IBP – egens Hörsa burg al EINLA DUNG 26./2 7. Jun i 2015 Die Indikation zur Thera pie stellt sich aus dem subjektiven Leidens druck, insbesondere dem Ausmaß des Bewe gungsdrangs beziehungs weise der Missempfindun gen und der Schlafstörun gen. Anamnestisch ist zuvor zu klären, ob Substanzen eingenommen werden, die ein RLS verstärken oder aus lösen können. Diese sind nach Möglichkeit umzustellen. +++ Veranstaltungshinweis +++ Der diesjährige Kongress „Quo vadis?“ des Schlafmedizinischen Zentrums am 26./27. Juni 2015 widmet sich dem Restless Legs Syndrom. Er findet am medbo Bezirksklinikum Regensburg statt. Die b eweg t nächt Restle e Nacht – liche s s Bewe gungs Legs und stö runge n Informationen zu Programm, Teilnahme und Anmeldung unter www.quo-vadis-schlafmedizin.de Beim sekundären RLS steht zunächst die Behandlung bezie hungsweise Beseitigung der zugrun de liegenden Störung im Vorder grund. Die Eisensubstitution stellt eine Therapieoption bei Eisen bezie hungsweise Ferritinmangel dar. Nicht-medikamentöse Behandlungs formen bei leichteren RLS-Be schwerden umfassen schlafhygieni sche und verhaltenstherapeutische Maßnahmen sowie das Meiden von abendlichem Koffein-, Nikotin- und Alkoholgenuss. Für die medikamentöse Be handlung gilt, dass es sich um eine rein symptomatische Therapie han delt. Die Auswahl des Medikamen tes sowie die Einstellung der Dosis sind für jeden Patienten individuell zu optimieren. In Deutschland sind die Präparate L-Dopa in Kombinati on mit Benserazid (Restex® und Restex retard®) in der Standard- und Retardform sowie die Dopaminago nisten Pramipexol (Sifrol®) und Ro pinirol (Adartrel®) sowie Rotigotin (Neupro®) als Pflaster für die Indika tion RLS zugelassen. Die wichtigste Komplikation einer dopaminergen Therapie besteht in der Gefahr der Entwicklung einer Zunahme der RLS-Beschwerden (so genannte Augmentation). Es handelt sich hier um eine paradoxe Reaktion auf die Behandlung, die sich in einer kürze ren Zeitspanne bis zum Auftreten der Beschwerden in Ruhesituatio nen, einer Symptomausbreitung auf die Arme sowie einer höheren Inten sität der Symptome äußern kann. Bei unzureichendem Ansprechen auf Dopaminergika oder Komplikati onen kann das Opioid Oxycodon/ Naloxon (Targin®) verordnet werden, das seit kurzem in der Behandlung des RLS zugelassen ist. Nicht zuge lassene, aber insbesondere bei schmerzhaften RLS-Formen einge setzte Substanzen sind die Antikon vulsiva Pregabalin und Gabapentin. Prof. Dr. med. Thomas C. Wetter ist geschäftsführender Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum und Leiter der Forschungsgruppe Schlaf und Vigilanz Integrierte psychiatrische Versorgung von Menschen mit Intelligenzminderung Ganz besondere Patienten Dr. Josephine Röder-Aigner, Kerstin Prem Intelligenzgeminderte Patienten können an den gleichen psychiatrischen Erkrankungen leiden, wie die Durchschnittsbevölkerung auch. Aber es erfordert viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen seitens der betreuenden Ärzte, Therapeuten und Pfleger, diese Erkrankungen richtig zu diagnostizieren und zu behandeln. I m Laufe der Jahre ist das Krank heitsbild dieser Patienten viel schichtiger erfasst worden. Trotzdem braucht es viel Erfahrung, um spezifi sche Verhaltensweisen der Patien ten bei Diagnose und Behandlung mit einzubeziehen. Da Menschen mit Behinderung oft ihr Befinden nicht verbal zum Ausdruck bringen kön nen, erfordert es viel Geschick, mög liche Symptome richtig zu deuten. Ein Mensch, der Sprechen kann, kann beispielsweise bei Kopfschmer zen sagen, dass er Schmerzen hat. Ein intelligenzgeminderter Patient, der verbal eingeschränkt ist, reagiert indes möglicherweise mit Kopf ge gen die Wand schlagen. So zeigt sich eine Depression etwa durch Nahrungsverweigerung oder aggressiv empfundener Ab wehrhaltung. Ein „quirliger“ Heimbe wohner, der sonst die Wohngruppe auf Trab hält, sich dann auf einmal zurück zieht und „gebessert“ wirkt, muss nicht zwangsläufig eine De pression haben – jedoch könnte es ein Anzeichen dafür sein. Das Verhalten dieser Patien ten ist oft nicht eindeutig mit den ty pischen psychiatrischen Sympto men vergleichbar. Es erfordert also teilweise „detektivisches“ Gespür, das Verhalten der Patienten richtig einzuordnen und dementsprechend ein adäquates Behandlungskonzept aufzubauen. Oftmals passiert es je doch aufgrund der unklaren Ein schätzung der Symptome, dass Pa tienten erst eingewiesen werden, wenn der Leidensdruck sowohl für Patient als auch Angehörige sehr groß ist. Die Behandlung bean sprucht dann deutlich längere Zeit als bei frühzeitiger Intervention. Besonderes stationäres Behandlungskonzept Die medbo bietet seit 1993 auf einer spezialisierten Station (Station 11A) am Bezirksklinikum Regensburg psychiatrische Behandlung für Men schen mit Intelligenzminderung an. Die Station gehört zum Zentrum für Allgemeinpsychiatrie II der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psycho therapie der Universität Regensburg. Das multiprofessionelle Team mit überwiegend langjähriger Erfahrung im Umgang mit geistig behinderten Menschen besteht aus einem Ober arzt, zwei Stationsärzten, einem So zialpädagogen, einer Psychologin, einem Heilpädagogen, Gesundheitsund Krankenpflegern, Heilerzie hungspflegern und Pflegehelfern. Im Prinzip können alle psy chiatrisch-psychosomatischen Er krankungen behandelt werden. Be sonderes Augenmerk wird aufgrund häufiger Multimorbidität auf die Emp findlichkeit bezüglich Nebenwirkun gen gerichtet. Dementsprechend muss stark auf die Interaktion zwi schen Psychopharmaka und sonsti gen Medikamenten geachtet werden. Neben der psychiatrisch-so matisch-medikamentösen Behand Fortsetzung auf Seite 12 SYNAPSE Mai Psychiatrie Fortsetzung von Seite 11 lung entwirft das Team auch ein indi viduelles Behandlungskonzept ba sierend auf einem breiten Spektrum an heilpädagogischen und verhal tenstherapeutischen Behandlungs möglichkeiten. In Einzel- und oder Gruppentherapien wird das Verhal ten der Patienten genau beobachtet und anschließend ein individuelles Verhaltenskonzept für den Patienten erarbeitet. Dies kann die Teilnahme an verschiedenen Angeboten bein halten, um beispielsweise die Fähig keit, in einer Werkstätte für Behin derte zu arbeiten, wieder aufzubau en. Oder es geht um basale Ansätze wie etwa die tägliche selbstständige Körperpflege. Durch die verhaltensthera peutischen Maßnahmen können we sentliche Änderungen im subjekti ven Befinden, in der Lebensqualität und im Sozialverhalten erzielt wer den. Für einzelne Patienten, die mit einer Autismus-Spektrum-Störung auf Station kommen, versucht das Team mit mitgebrachten TEACCH Plänen (Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children) zu arbeiten oder gegebenenfalls neue Pläne einzuführen. Besondere Umgebung Die Räumlichkeiten der Station 11A werden kontinuierlich dem Klientel angepasst. So werden zum Beispiel Gemeinschaftsräume, in denen sich tendenziell mehrere Patienten auf halten, nach und nach in einer ein heitlichen Farbe gestrichen. Ebenso sind die Patientenzimmer, die als Rückzugsmöglichkeit für die Patien ten dienen sollen, in einer einheit lichen Farbe gehalten. Somit ent steht ein klarer, optischer Reiz für die Patienten. Besonderen Wert wird auf bewegungstherapeutische Angebo te gelegt, die zu Entspannung, Ab bau von aggressiven Impulsen, Auf bau von Selbstwertgefühl und bes serem Körpergefühl führen sollen. Hierfür steht nicht zuletzt ein ge schützter Garten zur Verfügung, der den Patienten die Möglichkeit gibt, sich auch trotz Begleitung zurück zu ziehen. Neues ambulantes Angebot „Ambulant vor stationär“: Wie im Bayerischen Landesentwicklungs plan Psychiatrie gefordert, sollte nach Möglichkeit eine stationäre Einweisung von Patienten vermie den werden. Vor einigen Monaten startete ein umfangreiches ambulan tes Betreuungsangebot für intelli genzgeminderte Patienten, das wei ter ausgebaut werden soll. Hier kön nen Angehörige, Heimmitarbeiter oder niedergelassene Fachärzte für Beratung und Vorgespräche die Ärz te der Station kontaktieren. Des Weiteren gibt es einen Ambulanzarzt, der nach vertragli cher Vereinbarung Heime besucht und dort die Behandlung und Diag nostik der Heimbewohner vor Ort übernimmt. Um eine optimierte Be handlung dieser Heimbewohner zu gewährleisten, stehen die Station und der Ambulanzarzt in einem re gelmäßigen Austausch. Umgang mit behinderten Patienten Menschen mit einer schwereren In telligenzminderung erfassen oftmals den Sinn einer Untersuchung nicht oder entwickeln allgemeine Ängste und Widerstände dagegen. Das macht die Diagnosestellung oft nicht einfach. Deshalb ist es sehr wichtig, dass beispielsweise die Röntgenab teilung des Bezirksklinikums mit gro ßem Verständnis und Geduld hilft, damit die wichtigsten Untersuchun gen dennoch durchgeführt werden können. Diagnostische Untersu chungen werden auch immer vom Fachpersonal der Station begleitet. Auch die Anamnese durch Befragung des Patienten gestaltet sich oft als schwierig. Wichtig sind hier die Bezugspersonen wie Heim mitarbeiter, die den Aufnahmepro zess unmittelbar begleiten. Es be darf sonst viel Zeit und Geschick, um an belastbare Informationen zu kom men. Ergänzt werden die erhobenen Daten durch die körperliche Unter suchung, psychologische Testung und Laboruntersuchungen sowie EKG (Elektrokardiogramm) und EEG (Elektroenzephalogramm). Grundsätzlich sind in allen Phasen der Therapie geschulte und erfahrene Mitarbeiter von besonde rer Bedeutung. Beobachtung und Analyse des Verhaltens sowohl aus ärztlicher, als auch aus (heil-) päda gogischer und pflegerischer Sicht sind unumgänglich. Dadurch lassen sich Tagesschwankungen, situative Zusammenhänge oder Hinweise etwa auf epileptisches Geschehen am besten entdecken. Die zu be treuenden Patienten werden daher auf Station von der Aufnahme bis hin zur Entlassung im Rahmen einer Be zugspflegegruppe begleitet. Dr. Josephine Röder-Aigner ist Oberärztin, Kerstin Prem ist Stationsleiterin der Station 11A am Bezirksklinikum Regensburg Inklusive pädagogische Methode: Heilpädagogik Heilpädagogik versteht sich als eine spezialisierte Disziplin innerhalb der Pädagogik. Der Begriff leitet sich vom griechischen „Holos“ ab, was „Ganz“ bedeutet. In der Bezeichnung spiegelt sich bereits die Maxime heilpädagogischen Denkens und Arbeitens: die „Ganzheitlich keit“. Sie meint die Berücksichtigung aller Dimensionen menschlichen Lebens. Sowohl die physische und psychische Konstitution einer Person, als auch sämtliche sozialräumlichen Bezüge werden bei der Interventionsplanung grundsätzlich ressourcenorientiert berücksichtigt. Heilpädagogik begegnet Störung, Krankheit und Behinderung nicht als isolierten Phänomenen, sondern als Bestandteilen menschlicher Funk tionsfähigkeit. Sie versucht, sich durch den Erhalt, Aufbau und die Förderung bestehender personaler, sozialer wie materieller Ressour cen von defektorientierten Perspektiven auf Funktionseinschränkun gen zu lösen. Grundsätzliches Ziel heilpädagogischer Arbeit ist es, Menschen mit erschwerten Entwicklungsbedingungen jeden Lebensalters ein Höchstmaß an Teilhabe und autonomer Lebensführung zu ermögli chen. Das beschriebene heilpädagogische Paradigma zeichnet sich international wohl am deutlichsten in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und der ICF (International Identification of Functioning) ab. Station 11A versucht, diese ressourcenorientierte und komplexe Herangehensweise durch Anwendung unterschiedlicher (heilpädago gischer) Methoden (wie Psychomotorik, Heilpädagogische Spielthera pie), aber auch unter dem Aspekt der Heilpädagogischen Diagnostik umzusetzen. 13 SYNAPSE Mai Psychiatrie Patienten-Perspektive Psychose Sinn im Sinnlosen? Klaus Nuißl Es klingt wie eine Provokation, bei Psychosen von „Sinn“ zu sprechen. Es klingt für manche Menschen sogar eher nach einem Scherz. Aber dennoch glaube ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen mit Psychosen und aufgrund der Erfahrungen von anderen Betroffenen, deren Biographien ich kennenlernen durfte, dass es nicht so abwegig ist, sich auch auf diese andere, erst einmal absurd klingende Sicht einzulassen. I m Buch Hiob des Alten Testaments kommen die Freunde des Hiob nicht gut weg: Sie raten Hiob zu überlegen, was es denn für einen Sinn haben könnte, dass er diese schweren Prüfungen zu erleiden habe. Er solle in seinem Leben nach den Ursachen suchen. Ich denke, aus diesem Fehler sollte man ler nen. Ich möchte nicht für andere Menschen sprechen: zu unter schiedlich ist das Erleben, zu unter schiedlich sind die Menschen und das, was sie erfahren. Deshalb gleich vorweg: Es soll in diesem Artikel nicht darum ge hen, dass ich andere Menschen, die ihre Psychosen und ihr Erleben als sehr leidvoll und negativ wahrneh men, vor den Kopf stoßen möchte. Deswegen will ich nur von mir spre chen. Aber der Reihe nach. Erst ein mal möchte ich erklären, warum meine Psychosen in meinem Leben einen Sinn gemacht haben. burg (BKR), nach Abbruch des Ur laubs und der Rückkehr aus Italien, fand ich wieder zu einem gesunden Schlaf- und Wachrhythmus und zu einer ersten Erholung. Psychose ganz persönlich Wie kam es dazu? Was sind die Ursachen? Es gibt keine allzu einfache Antwort auf diese Frage. Eine Stationsärztin verhalf mir den noch zu einem für mich sehr bedeut samen Verständnis meines Erle bens. Sie erklärte sich meine Psy chose als eine Art ungünstige Lösung von einer Lebenskrise, einer ausweg losen Situation. Natürlich ist auch mein Hirnstoffwechsel nicht der Glei che gewesen wie in einem entspann ten, nicht psychotischen Zustand – auch Medikamente empfinde ich deshalb als ein Hilfsmittel. Aber das Verständnis des Erlebens im Zusam menhang mit der eigenen Biographie und der eigenen problematischen Lebenssituation ist für mich das ent scheidend Hilfreiche gewesen. Meine erste Psychose habe ich mit 19 Jahren erlebt. Ich machte gerade einen Urlaub in Italien. Der Beginn der Psychose, die ich damals natür lich nicht als solche wahrnahm, war eigentlich auch noch von sehr positi ven Gefühlen begleitet. Ich fühlte mich magisch aufgeladen, hatte tiefe positive Emotionen und „alles“ hing „irgendwie“ geheimnisvoll zusam men. Es fühlte sich an wie ein schö ner Traum. Allerdings ohne ein Auf wachen. Das Erwachen gab es nicht, weil ich nicht schlief. Diese Ruhelo sigkeit setzte mich dann auch zu nehmend unter Druck: ich konnte nicht mehr abschalten und meine Gedanken kamen nicht mehr zum Stillstand. Das Erleben machte mir zusehends Angst. Ich fühlte mich hilflos dem schnellen Denken und dem sprunghaften Assoziieren aus geliefert. Es gab einfach keine Ent spannung mehr! Erst auf einer Stati on des Bezirksklinikums Regens Sinnhaftigkeit des scheinbar Sinnlosen Seitdem habe ich sehr viel darüber nachgedacht, ob es einen Sinn ge macht hat, was ich erlebt habe, ob es mir weitergeholfen hat. Und ich kann es mit „ja“ beantworten. Es war wichtig für mich, dass ich das erlebt habe. Es hat mich auf meinem Le bensweg entscheidend voran ge bracht. Es waren die existenziellen Fragen, denen ich mich stellen musste: Warum erlebe ich das? Was will ich wirklich? Was ist wirklich wichtig? Natürlich kann man das auch herausfinden, ohne eine Psy chose zu bekommen. Aber eine schwere Krankheit zwingt einen, sich mit diesen Fragen auseinander zu setzen. Jetzt ist es so, dass ich mich sehr gut wieder erhole von mei nen psychotischen Episoden. Aber was ist mit Menschen, die dauerhaft unter psychotischem Erleben leiden? Eine Frage, die ich nicht beantworten kann – ich kann nur sagen, wie ich es bei mir erlebt habe und wie es auch andere Men schen erlebt haben. Dass ich mit mei nem Weg nicht alleine bin, das kann man auch in dem Buch „Der Sinn meiner Psychose“, herausgegeben von Hartwig Hansen, nachlesen. Dort berichten immerhin 20 Psychose-er fahrene Menschen, warum sie von einem Sinn sprechen können. Mehr als eine gestörte Stoffwechselfunktion Ich glaube es ist sinnvoll, sich mit dem Lebensgefüge auseinander zu setzen, in dem Menschen stehen, die eine Psychose erleben. Eine Verkürzung auf einen Hirnstoffwech sel, der sich anders verhält als bei nicht psychotischen Zuständen, ist meiner Erfahrung nach nicht hilf reich: Es braucht mehr als das. Aber um nicht falsch verstan den zu werden: ich möchte nicht po larisieren zwischen zwei zu einfa chen Sichtweisen „Medikamente ja oder nein“. Das wird der Thematik einfach nicht gerecht. Es ist für mich ein Hilfsmittel, dass es Medikamente gibt, die in schwierigen Situationen helfen, das Erleben besser zu ertra gen. Wenn ich schwere Kopfschmer zen habe, bin ich sehr froh, dass es Medikamente gibt – analog sind schwer zu ertragende psychische Leiden durch Medikation oft erst eini germaßen zu ertragen. Aber ich weh re mich gegen das einseitige Bild, das leider damit oft vermittelt wird: Psychische Erkrankungen seien nichts anderes als Erkrankungen des Gehirns, letztlich also somatischer und organischer Natur und damit vor allem medikamentös zu behandeln. Wenn wir uns nicht als Roboter ver stehen wollen, sondern auch als Menschen mit einer Person und ei nem inneren Erleben, das nicht auf Neurotransmitter reduziert werden kann, darf die materielle Sicht nicht die alleinig vorherrschende sein. Aber zurück zu meinem ei gentlichen Thema: Erst durch die Auseinandersetzung mit meiner Le benssituation, den Problemen und den Bedürfnissen, die ich als Person hatte, habe ich zu einem zufriede nen und meiner Ansicht nach sogar besseren Leben gefunden, als vor der Erkrankung. Krankheit mit Pausen – Normalität mit Unterbrechung Ob man überhaupt von „Erkrankung“ in den Phasen zwischen Episoden oder nach psychotischen Episoden sprechen sollte, bezweifle ich sehr. Es klingt zu sehr danach, als würde die Psychose durch die Medikation „gedeckelt“ und wäre immer vorhan den. Das ist nicht mein Erleben. Ich habe allenfalls eine erhöhte Anfällig keit für Psychosen, aber nicht an dauernd eine schizophrene Psycho se. Nicht, dass ich das psychoti sche Erleben wiederhaben möchte. So schön es anfangs auch gewesen ist, es ist dennoch immer wieder ge kippt ins Negative. Es ist mit Klinik und medikamentöser Hochdosie rung verbunden, mit erschöpften und gequälten Angehörigen und al lerlei Peinlichkeiten, die einem im mer erst hinterher klar werden. Es macht für mich keinen Sinn, sich das zu wünschen. Aber die Auseinander setzung mit allem, was dazu gehört zum Kranksein – auch stark stigma tisiert zu werden – kann enorm zum Denken anregen und das Leben po sitiv verändern. Und das war etwas, was ich damals und später auch immer wie der nötig hatte. Nachzudenken über mich, meine Einstellungen, die Ent scheidungen, es anders zu machen als die meisten. Es ging und geht dabei nicht um Kurzschlussreaktio nen oder darum, in das andere Ex trem zu verfallen. Nein, es geht dar um, sich gründlich mit sich selbst auseinander setzen zu müssen. Die se Auseinandersetzung hat mir gut getan und es würde mir noch besser gehen, hätte ich es mehr gemacht. Patient und Spezialist Ich kann behaupten, dass die Psy chose sehr viel Sinnvolles in mein Leben gebracht hat. So bin ich jetzt fast ausschließlich beruflich damit beschäftigt, eine eher fachliche Sei te auf das Thema mit einer persön lichen, selbst erfahrenen Sicht zu sammenzubringen. Da ich Psycho logie studiert und auch kurz in der Forschung gearbeitet habe, habe ich viele verschiedene Perspektiven auf das Thema kennenlernen dürfen. Die persönliche Erfahrung ist dabei die wichtigste, sie ergänzt und ersetzt auch mein fachliches Wissen über die Erkrankung. Gerade auch die Auseinandersetzung mit dem Leib/Seele-Problem, das die Wis senschaft in unserer heutigen Zeit teilweise so einseitig aufgelöst hat und auch immer noch auflöst, finde ich extrem spannend. Das Interesse an dieser Thematik, mein berufliches Ausrichten auf die soziale Psychia trie: all das hat mich sehr bereichert. Klaus Nuißl ist Psychologe und Vorstand des Vereins Irren ist menschlich e.V. 15 16 SYNAPSE Mai Psychiatrie Psychosoziale Arbeitsgemeinschaften und Regionale Steuerungsverbünde Unterstützung psychisch kranker Menschen Thomas Fehr, Renate Neuhierl Die Psychosozialen Arbeitsgemeinschaften (PSAG) beziehungsweise die Regionalen Steue rungsverbünde (RSV) sind Zusammenschlüsse aller an der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen beteiligten Dienste, Einrichtungen und Behörden einer Oberpfälzer Region. Ihr Ziel: Vernetzung und Kooperation zum Wohl und im Interesse aller psychisch kranken Menschen in der Oberpfalz. A uftrag der PSAG/RSV ist die Feststellung von Versorgungs lücken in der Region, die Erarbeitung von Vorschlägen zur Behebung von Defiziten sowie die Vernetzung und Kooperation aller an der Versorgung psychisch kranker Menschen betei ligten Professionen und Einrichtun gen. Dazu erfassen die PSAG/RSV die Strukturen der psychiatrischen Versorgung und fördern die Zusam menarbeit. Sie ermitteln den Bedarf im Bereich der regionalen psychoso zialen Versorgung und erarbeiten Vorschläge zur Verbesserung. Die PSAG/RSV möchten aber vor allem eines: Vorurteile gegen über Menschen mit psychischen Er krankungen abbauen. Verbund der Oberpfälzer Psychosozialen Arbeitsgemeinschaften Die PSAG/RSV sind zusätzlich zur Organisation vor Ort oberpfalzüber greifend in der Psychosozialen Ar beitsgemeinschaft der Oberpfalz zu sammengeschlossen und wählen einen Sprecher, der sie unter ande rem im Planungs- und Koordinie rungsausschuss des Bezirks Ober pfalz vertritt. Der Bezirk Oberpfalz ist einer der wichtigsten Partner der PSAG/ RSV. Über die Bezirkssozialverwal tung bietet er nicht nur finanzielle Hilfen für psychisch kranke Men schen an. Über seinen Kranken hausträger medbo betreibt der Be zirk an sechs Standorten – Amberg, Cham, Parsberg, Regensburg, Wei den und Wöllershof – Einrichtungen mit ambulanten, stationären und/ oder teilstationären Versorgungsan geboten. Was viele nicht wissen: In Bayern haben die Bezirke den ge setzlichen Auftrag zur stationären Versorgung der Bevölkerung in den Fachbereichen Psychiatrie, Neurolo gie und Suchtmedizin. Wenngleich alle PSAG/RSV die gleichen Aufgaben haben, unter scheiden sie sich dennoch in ihren jeweiligen Strukturen. Exemplarisch soll hier die Struktur der PSAG Nord oberpfalz kurz dargestellt werden. Struktur am Beispiel PSAG Nordoberpfalz Derzeit sind in der PSAG Nordober pfalz nahezu 70 Organisationen und Einrichtungen aus dem psychosozi alen Bereich – von der Beratungs stelle, über das Bezirks klinikum Wöllershof bis hin zu Jugend- und Sozialämtern – organisiert. Obers tes Gremium ist die Mitgliederver sammlung, die dreimal im Jahr tagt und aus deren Mitte der Vorstand gewählt wird. Die Geschäftsführung wird von den Landratsämtern Tir schenreuth und Neustadt an der Waldnaab wahrgenommen. Anträge von Einrichtungsträ gern, etwa zur Schaffung von Plät zen für eine betreute Wohngemein Die Aufgaben der PSAG/RSV Diese ergeben sich aus den Grundsätzen zur Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Bayern der Bayerischen Staatsregierung und sind im Wesentlichen: • Regionale Berichterstattung über Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik • Erfassung vorhandener Einrichtungen und Dienste im Bereich der psychiatrischen Versorgung und Betreuung • Durchführung von Präventionsmaßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit • Unterstützung der Anti-Stigma-Bewegung • Initiierung von regionalen Beschwerdestellen • Anregung von und Mitwirkung bei sozialpolitischen Initiativen • Koordinierungsfunktionen • Ermittlung und Formulierung des regionalen Bedarfs Die Geschäftsstellen sind bei den jeweiligen Gesundheitsämtern der Landkreise angesiedelt. schaft für psychisch kranke Men schen, müssen an die Geschäfts führung der PSAG gerichtet werden. Die Mitgliederversammlung ent scheidet über den Antrag mehrheit lich. Als Entscheidungshilfe dient die Stellungnahme des vorgeschalteten Prüfungsausschusses, der mit Fachleuten aus unterschiedlichen Fachrichtungen (Psychologie, Sozi alarbeit, Ämter et cetera) besetzt ist. Nur Anträge, zu denen die PSAG/ RSV ein Votum abgegeben haben, werden auch im Planungs- und Ko ordinierungsausschuss des Bezirks Oberpfalz behandelt. Dieser gibt eine Empfehlung per Mehrheitsbe schluss an den Sozialhilfe-Aus schuss des Bezirkes, der letztlich über die Genehmigung und Finan zierung entscheidet. Die PSAG/ RSV kommen damit ihrer Koordinie rungs- und Steuerungsfunktion im weiteren Sinne nach. Die Versor gungsverantwortung im engeren Sinne bleibt bei den Leistungsträ gern im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgabenzuweisung. Die Initiative für neue Ange bote und Dienstleistungen geht aber nicht nur von den Trägern selbst aus, sondern wird auch sehr oft in den Arbeitskreisen der PSAG ermit telt und formuliert. Derzeit gibt es in der PSAG Nordoberpfalz Arbeits kreise in den Bereichen Kinder und Jugendliche, Erwachsene, alte so wie suchtkranke Menschen. Aufklärung und Anti-Stigma-Arbeit Ein weiterer breiter Aufgabenbereich ist die Öffentlichkeitsarbeit und die Unterstützung der Anti-Stigma-Be wegung. Diesen Aufgaben hat sich die PSAG Nordoberpfalz in den ver gangenen Jahren intensiv gewid met. Unter starkem Einbezug von psychiatrieerfahrenen Menschen wurde etwa 2010 die Ausstellung „Grenzen erleben“ in Weiden ge zeigt, die der Bevölkerung nicht zu letzt über Selbsterfahrungsräume die Krankheitsbilder Psychose und Depression vorstellte. Aber auch das Psychose-Se minar, in dem sich Selbstbetroffene, in der Psychiatrie Tätige sowie An gehörige regelmäßig zu einem trialo gischen offenen Austausch treffen, wird von der PSAG mit veranstaltet. Ein wichtiges Modul sind die Ober pfälzer Psychiatrietage, die alle zwei Jahre von den PSAG/RSV ausgetra gen werden. Die PSAG/RSV setzen auch regelmäßig Themen auf die Agenda, deren Bearbeitung und Lösung drin gend notwendig sind. So hat die PSAG Nordoberpfalz in einem mehr jährigen Prozess immer wieder auf die Unterversorgung im psychothe rapeutischen Bereich in der Nord oberpfalz hingewiesen und dies auch breit medial kommuniziert. Die Thematik wurde im Jahr 2013 auch in einem gemeinsamen Fachtag mit dem Bezirksklinikum Wöllershof pro minent bearbeitet. Mit Erfolg: in jüngster Zeit konnte eine leichte Ver besserung durch die Schaffung von mehr Therapeutensitzen in der Regi on erreicht werden. Zusätzlich war es den Ober pfälzer PSAG/RSV immer ein großes Anliegen, Bedarfe und Problemati ken im Bereich der psychosozialen Versorgung auch zeitnah an die Ent scheidungsträger in der Politik her anzutragen. Der Austausch „Politik und Praxis im Dialog“ mit den Vorsit zenden der Bezirkstagsfraktionen findet inzwischen jährlich mindes tens einmal statt und hat sich in der Vergangenheit Themen wie Geron Fortsetzung auf Seite 18 18 (v.l.n.r.) medbo-Vorstand Kurt Häupl, Chefarzt Dr. Dr. Helmut Hausner, Gesundheitsministerin Melanie Huml, Bezirkstagspräsident Franz Löffler SYNAPSE Mai Psychiatrie Fortsetzung von Seite 17 topsychiatrische Versorgung oder Arbeitsmöglichkeiten für psychisch kranke Menschen gewidmet. Aktu ellstes Thema ist die Frage eines Oberpfalz-weiten Krisendienstes. Die Initiative ist inzwischen in eine Arbeitsgruppe des Planungs- und Koordinierungsausschusses gemün det und wird dort weiterbearbeitet. Im Mittelpunkt: Inklusion Der wichtige Beitrag, den die PSAG/ RSV leisten, wird nur möglich durch das große Engagement vieler Ein zelner, die sich in den Gremien der PSAG/RSV engagieren. Neben ihrer beruflichen Arbeit investieren diese Menschen viel Zeit und Kraft, um dem großen gemeinsamen Ziel kon tinuierlich ein Stück näher zu kom men: dass Menschen mit psychi schen Erkrankungen zu ihrer Krank heit ohne Angst vor Stigmatisierung stehen können, dass sie unterstützt und begleitet werden, dass sie wie selbstverständlich in einem inklusi ven Gemeinwesen und einer inklusi ven Arbeitswelt teilhaben und ihre Fähigkeiten und Talente PSAG/RSV in der Oberpfalz • Regionaler Steuerungs verbund Amberg-Sulzbach (PSAG) • PSAG Cham • PSAG Neumarkt • PSAG Schwandorf • Regionaler Steuerungs verbund Regensburg (PSAG) • PSAG Nordoberpfalz in den Sozialraum, in dem sie leben, einbringen können. Gerade in jüngster Zeit ist es gelungen, die Betroffenenperspekti ve viel stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Vor allem Selbsthilfegruppen und Angehörigenvereinen ist dies zu verdanken. Aus Sicht der Arbeitsge meinschaft der PSAG der Oberpfalz ist dies eine gute und richtige Ent wicklung. Gerade im Gebiet der Psy chiatrie, die eine lange Geschichte der Fremdbestimmung und Exklusi on hinter sich hat, ist es wichtig, den Betroffenen zuzuhören: zu hören, was sie wirklich brauchen und wün schen, um letztlich genesen und mehr Lebensqualität zu gewinnen zu können. Die Ex-In Bewegung, von der ausgehend psychiatrieerfah rene Menschen inzwischen eine Ausbildung als Genesungsbeglei ter absolvieren können, mit der es ihnen möglich ist, in sozialpsychia trischen Einrichtungen und Diens ten zu arbeiten und ihre Perspektive und Krankheitserfahrung einbringen zu können, ist hier das jüngste und von den PSAG/RSV unterstützte Beispiel. Dass diese Entwicklung vom Bezirk Oberpfalz unterstützt wird, in dem alle Tagesstätten, Sozialpsychi atrischen Dienste und Suchtbera tungsstellen in der Oberpfalz Zu schüsse zu Personal-und Sachkos ten für die Beschäftigung von Genesungsbegleitern bekommen, ist hocherfreulich. Dies zeigt, dass in der Oberpfalz alle an einem Strang zie hen: der Bezirk Oberpfalz, die Psychi atrieerfahrenen und die PSAG/RSV. Thomas Fehr ist Erster Vorsitzender der PSAG Nordoberpfalz und Sprecher der Oberpfälzer Steuerungsverbünde/PSAG Mit einem Festakt ist am 16. April das Zentrum für Psychiatrie Cham eröffnet worden. Der Neubau auf dem bestehenden Gebäude des Sana-Krankenhauses in Cham umfasst über 2.100 Quadratmeter und wurde auf einer Etage umgesetzt. W ir können die beste Medizin nicht nur in Ballungsräumen vorhalten. Die Erweiterung des medi zinisch-therapeutischen Programms durch diese Klinik mit Tagesklinik und Ambulanz hier in Cham ist für die Menschen im ganzen Landkreis Cham und darüber hinaus so wich tig“, betont Bezirkstagspräsident Franz Löffler. Diese dezentrale Stra tegie verfolgen der Bezirk und die medbo bereits seit 2002, als die psy chiatrische Tagesklinik in Cham ge gründet wurde. Psychiatrisches Zentrum kooperiert mit somatischer Klinik „Wir möchten dem Patienten Thera piemöglichkeiten bieten, die sich an dessen individuellen Bedürfnissen orientieren und ihn möglichst wenig aus seinem gewohnten Lebensum feld herausreißen. Ein wichtiger Be standteil der Behandlung ist die Ein beziehung der Familie“, führte Löffler aus und weiter: „Ich halte es auch für sehr gelungen, dass das Psychiatri sche Zentrum an das somatische Sana-Krankenhaus Cham angebun den ist, weil auf diese Weise die Hemmschwelle für Patienten gerin ger ist, sich in eine psychiatrische Therapie zu begeben. Eine Koopera tion, die bereits seit der Eröffnung der Tagesklinik hervorragend funktio niert.“ Bayerns Gesundheitsministe rin Melanie Huml betonte in ihrem Grußwort: „Durch den Ausbau der Tagesklinik Cham zur psychiatri schen Vollversorgungsklinik ist im Herzen der Oberpfalz ein umfassen des Versorgungsangebot in der Psy chiatrie entstanden. Das ermöglicht den Patienten, eine wohnortnahe Therapie anzunehmen, dabei in ei nem vertrauten Umfeld zu bleiben und möglichst schnell wieder in Ge sellschaft und Beruf zurückzukehren. Die Bayerische Staatsregierung un terstützt das zukunftsorientierte Bau vorhaben mit insgesamt 9,4 Millio nen Euro. Die hiesige Klinik ist auch Einweihung Zentrum für Psychiatrie Cham Beste Medizin für alle Patienten ein gelungenes Beispiel für die Integ ration psychiatrischer Kliniken in Krankenhäuser der Akutversorgung.“ Stationärer Versorgungsbetrieb seit November 2014 Im April 2013 begann der Bau auf dem Dach des Sana-Kreiskranken hauses und bereits im November 2014 konnten die ersten Patienten eine fertiggestellte Station beziehen. Seit Februar 2015 ist auch die zweite Station für Patienten offen. Rund 490 Quadratmeter Therapieflächen ste hen dem Team von Chefarzt Dr. Dr. Helmut Hausner und Pflegedienstlei ter Christoph Hadyna zur Verfügung. In der neuen Klinik in Cham sind 94 Mitarbeiter beschäftigt. Auf eine weitere und noch in tensivere Zusammenarbeit zwischen den somatischen und den psychiatri schen Stationen unter einem bauli chen Dach freute sich Oliver Bren del, Geschäftsführer der Sana Klini ken des Landkreises Cham: „Wir ha ben den Neubau der Psychiatrischen Klinik von Beginn an begrüßt. Da durch können wir unseren Patienten eine integrierte Versorgung an einem Ort bieten.“ Die Zusammenarbeit würdig te auch medbo-Vorstand Kurt Häupl in seiner Begrüßung und hob die ge lungene Kombination zum Wohle der Patienten hervor. „Die enge Zusam menarbeit mit somatischen Kliniken ist ein wichtiges Ziel bei der Planung und dem Ausbau der stationären und teilstationären psychiatrischen Ver sorgung. Dass dies in Cham muster gültig gelungen ist, ist dem Engage ment des Landkreises Cham und in besonderem Maß dem Unternehmen Sana zu verdanken“, würdigte Häupl die Kooperation mit Sana. Ziel: Regionale psychiatrische Grundversorgung Im Anschluss gab Dr. Dr. Helmut Hausner, Chefarzt des Zentrums, ei nen Ausblick über das breite Be handlungsspektrum. Das Zentrum für Psychiatrie Cham hat die Aufga be, eine regionale allgemeinpsychia trische und psychosomatische Grundversorgung anzubieten. Be handlungsschwerpunkte sind affekti ve Störungen – wie beispielsweise Burnout, Depressionen und Angster krankungen. Daneben werden aber auch somatoforme Störungen, chro nische Schmerzen, Psychosen und Persönlichkeitsstörungen behandelt. Werden Spezialangebote im Bereich der Suchterkrankungen, der Geron topsychiatrie oder eine beschützte Unterbringung benötigt, vermittelt das Zentrum in Cham diese Patien ten zielgenau weiter nach Regens burg. Das allgemeinpsychiatrische Behandlungsangebot in Cham spannt den Bogen von der klassi schen psychiatrischen Versorgung mit Psychotherapie und medikamen töser Behandlung bis hin zu zahlrei chen nicht medikamentösen komple mentären Verfahren: So können die Patienten neben Yoga und Qi Gong auch grundlegende Meditationstech niken erlernen. Große Bedeutung haben in Cham auch die modernen Behandlungsmöglichkeiten mit Bio feedback und Neurofeedback. Beim Neurofeedback wird die Funktion des eigenen Gehirns für die Patien ten sichtbar gemacht und es werden Techniken erlernt diese zu verbes sern. Bei einem kleinen Rundgang konnten sich die Gäste von der ge lungenen Umsetzung der neuen Kli nik überzeugen. Dr. Dr. Helmut Hausner und medbo Vorstand Kurt Häupl nahmen den symbolischen Schlüssel von Ar chitekt Georg Kerschberger entge gen. Den kirchlichen Segen spende ten Pfarrerin Charlotte Peschke und Pfarrer Kazimierz Pajor. (LHO) Fakten zum Zentrum für Psychiatrie Cham Die neueste Klinik der medbo (Medizinische Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz) umfasst zwei Stationen mit jeweils 25 Betten. Neben der Errichtung einer Klinik ist auch die seit 2002 bestehende Tagesklinik um zehn Plätze erweitert worden. Insgesamt stehen den Patienten 30 Plätze in der Tagesklinik zur Verfügung. Die Kosten für den Neubau und die Erweiterung betragen rund 10,5 Millionen Euro, die gemeinsam vom Freistaat mit rund 9,4 Millionen Euro und der medbo mit rund 1,1 Millio nen Euro getragen werden. Das Zentrum für Psychiatrie Cham gehört organisatorisch zur Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychothera pie der Universität Regensburg am Bezirksklinikum Regensburg. 20 SYNAPSE Mai Neuro-Reha SYNAPSE Mai Neuro-Reha Mein ehrenamtlicher medbo-Tag im Neurologischen Nachsorgezentrum am Bezirksklinikum Regensburg Eine Ehrenamts-Anekdote aus dem NNZ: „Es gab mal einen Besucher namens Alex (Name geändert). Durch einen schweren Unfall war er in seiner geistigen Entwicklung auf den Stand eines Kindes zurückgefallen. Zu der Zeit war da auch noch ein jüngerer Besucher namens Wolfang (Name geändert). Wolfgang war in Frührente und erhielt zudem eine Gehaltsaufstockung, während Alex finanziell gut gestellt war. Anderen Zeit schenken Verena Kobras Heute bin ich im Neurologischen Nachsorgezentrum (NNZ) des medbo-Bezirksklinikums Regensburg eingeladen. Dort bekomme ich einen Einblick, was ehrenamtliche Mitarbeiter so alles leisten – nicht nur hier, sondern überall in der medbo! S o viel weiß ich schon im Voraus: Im NNZ befinden sich neuro logisch erkrankte Menschen mit körperlicher und/oder geistiger Beeinträchtigung. Durch diese Ein schränkungen ist ihnen eine sozia le und berufliche Wiedereingliede rung nach Abschluss der Rehabi litationsbehandlung nur schwer möglich. Sie brauchen deshalb eine weitere, vor allem alltagsbezo gene Förderung. 2008 wurde das Neurologische Nachsorgezentrum mit Spendengeldern des Vereins Zweites Leben gebaut. Betrieben wird es seither von der medbo. Karin Bühler, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Vereins Zweites Leben, erwartet mich schon im Ein gangsbereich und stellt mir meinen Tagesplan vor. Jeden Tag befinden sich drei Gruppen à acht Besu chern im NNZ. Sie werden dort von fünf Mitarbeitern betreut. Ein Teil der Besucher arbeitet in der Werk statt, ein anderer kümmert sich um das gemeinsame Mittagessen und die dritte Gruppe beschäftigt sich mit kognitiven Übungsprogrammen am Computer. Besucher, nicht Patienten: Das macht schon einen Unter schied. Denn am NNZ geht es um das Training von Alltagsfertigkei ten. Es handelt sich um Menschen, die durch einen Schlaganfall, eine Gehirnblutung, einen Unfall (Schä del-Hirn-Trauma), einen Gehirntu mor, Sauerstoffmangel, oder Stoff wechselerkrankungen eine blei bende Hirnschädigung erlitten ha ben. Typischerweise leiden sie an Muskellähmungen verschiedener Art, kognitiven Beeinträchtigungen, Aufmerksamkeits-, Orientierungsoder Sprachstörungen. Ehrenamt: Zeit als Geschenk Jeden Dienstagvormittag kommt Karin Bühler zum NNZ und bleibt ein paar Stunden. In dieser Zeit füllt sie das Tagesprogramm. Je nach Lust und Laune können die Besu cher an ihren Aktivitäten teilneh men. Seit 2004 engagiert sie sich nun schon. Zu ihrem Ehrenamt kam sie durch ein schweres priva tes Schicksal: „Am Anfang hatte das Ehrenamt durchaus auch für mich therapeutische Wirkung. Ich fühlte mich gebraucht – nützlich. Heute ist es für mich einfach schön zu sehen, wie die Besucher des NNZ sich hier wohlfühlen.“ Warum das ehrenamtliche Engagement so wichtig und so wertvoll ist, erklärt sie ganz einfach: „Sich für die Besucher Zeit neh men, ist das wichtigste Gut. Jeder Mensch weiß, wie schön es ist, wenn man sich Zeit nimmt, ihm zu zuhören, sich mit ihm zu beschäfti gen, oder wenn man sich einfach nur neben ihn setzt und gemein sam die Stille genießt“. Ehrenamtli Karin Bühler (rechts) und eine NNZ-Besucherin im Sinnesgarten der Neuro-Reha che Mitarbeiter sind keine thera peutischen Profis – aber sie sind Profis in Sachen Menschlichkeit. Ganz besonders wichtig ist das bei den Besuchern im NNZ, die mit teils schweren Behinderungen für viele Dinge einfach mehr Zeit brauchen. Zeit ist in unserer Gesell schaft immer zu wenig vorhanden. Daher versuchen Menschen wie Ka rin Bühler, sich diese Zeit frei zu hal ten, um sie anderen zu schenken. Kochen, Werken – Denken! Erste Aktivität: Die „Denkrunde“. Um Punkt 11 Uhr trudeln die Besu cher in einem hellen Untergeschoss raum des NNZ ein. Ein Stuhlkreis wird gebildet. Um den Besuchern die Plätze nicht wegzuschnappen, warte ich vor der Tür, bis alle drin sind. Da lächelt mich ein Rollstuhl fahrer an und sagt mit etwas un scharfer Sprache „Ladys first!“. „Charmant“, denke ich, und gehe gleich ein wenig schwungvoller in den Therapieraum rein. Heute beginnt die Denkrunde mit dem Einmaleins. Karin Bühler gibt eine Zahl vor, mit der die Runde Alex‘ Leidenschaft war das Essen. Er naschte schon mal vom Teller seines Nachbarn. Auch beim Kochen - und erst beim Kuchenteig! Wolfgang und Alex trafen sich immer dienstags im NNZ. Da Wolfgang von Alex‘ Leidenschaft wusste, brachte er immer eine Butter-Breze für ihn mit. Einfach so! Er wollte, dass Alex glücklich ist. Alex hat sich jedes Mal aufs Neue riesig darüber gefreut. Dadurch war dann auch Wolfgang glücklich. Das hat mich sehr berührt!“ Karin Bühler starten kann. Reihum muss jeder die Zahlenreihe fortführen. Dabei ist höchste Aufmerksamkeit gefragt: Ist das Ergebnis richtig? Wann ist man an der Reihe? Je nach Einschrän kung geht das Rechnen, Sprechen und Aufmerksam-Sein besser oder weniger gut. „Wenn ich sehe, wie sich die Besucher untereinander helfen, und wie dadurch die soziale Gemeinschaft enger zusammen wächst, freut mich das immer wieder auf‘s Neue“, so Karin Bühler. Rätsel-Runde Ein Mann, der seit zirka drei Jahren das NNZ besucht, kann die Zahl „96“ nicht aussprechen. Nach einer Gehirnblutung fällt es ihm schwer, seine Lippen zum Ausspre chen von Wörtern zu formen. Wie es theoretisch geht, weiß er. Er ist et was entmutigt, aber Karin Bühler motiviert ihn, es erneut zu versu chen, und spricht ihm das Wort ganz langsam mit der richtigen Lip pen-Formung vor. „Hier in der Runde bekommt jeder genau so viel Zeit wie er braucht. Schließlich liegt es mir am Herzen, die Besucher weiter zu fördern und zu ermutigen.“ Plötz lich klappt es! Der Mann grinst er leichtert und wohl auch ein wenig stolz. Das „Um die Ecke den ken“-Rätsel bewirkt, dass die Besu cher ihre kognitiven Fähigkeiten er halten, verbessern oder neu erler nen können. Hierbei soll ein Begriff erraten werden, der anders be schrieben wird als erwartet. „Fisher man’s Friend!“, ruft ein Mann wie aus der Pistole geschossen in die Run de. Richtig! Also ganz ehrlich: Ich wäre da nicht drauf gekommen. Re spekt! Nach einer Stunde mit viel La chen, Nachdenken und Üben begibt sich die Gruppe zum Mittagessen. Nachdem die Aufwärm-Runde gut bewältigt wurde, geht es mit dem „Um die Ecke denken“-Rätsel und dem Vervollständigen von Sprich wörtern weiter. Die Ehrenamtliche hat dafür zuhause etwas vorbereitet und liest die umschriebenen Begriffe der Reihe nach vor. „Welche Süßig keit verbirgt sich hinter ‚dem Angler sein Kumpel sein‘?“, fragt Karin Büh ler in die Runde. Die „Zeitungsrunde“ Neuer Treffpunkt nach dem Mittag essen ist der NNZ-Therapieraum. Ehrenamt bei der medbo Es gibt viele Möglichkeiten, sich bei der medbo ehrenamtlich einzubrin gen: Ob am Neurologischen Nachsorgezentrum, an der Klinik für Neurologische Rehabilitation oder in den psychiatrischen Einrichtungen. Wer sich für eine ehrenamtliche Tätigkeit interessiert, meldet sich bei: [email protected] Karin Bühler liest jeden Dienstag die aktuelle Tageszeitung vor. Eine ganze Traube Menschen findet sich ein. Durch das Vorlesen von Zeitungsartikeln halten sich die Be sucher über das Geschehen in Re gensburg und Umgebung auf dem Laufenden. Ganz wichtig: Auch das Weltgeschehen wird ausführlich thematisiert. Dazugehören heißt auch zu wissen, was andernorts geschieht. Gerade bei politischen Themen wird heiß diskutiert. Es werden Witze gerissen und Ansich ten ausgetauscht. „Wenn ich die Zeitung vorlese, dann möchte ich die Gesprächsfähigkeit der Besu cher fördern“, erklärt Bühler. Um die Ecke-Denken für SYNAPSE-Leser Zwei Beispiele zum Um-die-Ecke-Denken für die SYNAPSE-Leser: • Welche Süßigkeit verbirgt sich hinter dem Rätsel „gehärtete Pflanzensafttierchen“?1 • Was ist „Süßes Verbandszeug“?2 (Die Auflösungen stehen am Ende des Artikels) Wenn Fragen zu bestimm ten Themen auftauchen, versucht sie auch, alle zu beantworten. Heu te bin ich dabei und wir unterstüt zen uns gegenseitig: Es geht um einen Artikel über die Krankheit „ALS“ (Amyotrophe Lateralsklero se). Die Besucher möchten den Namen des berühmten Professors wissen, der an ALS erkrankt ist. Ein Mann im Rollstuhl mit halbseitiger Lähmung sagt: „Es liegt mir auf der Zunge – aber ich komm‘ nicht drauf“. Bevor Karin Bühler und ich die Antwort sagen, geben wir ledig lich die Anfangsbuchstaben vor. Die kognitiven Fähigkeiten können auch so trainiert werden. Auf ein mal ruft der Besucher in den Raum „Stephen Hawking. Hab ich’s doch gewusst!“ – und ist überglücklich. Eine Frage ist fester Bestandteil und auch immer das Ende der Zei tungsstunde: Wie wird in den kom menden Tagen das Wetter? Da die Aussichten sonnig sind, strahlen alle Besucher zufrieden. Denn dann geht es ab in den Garten zum „Garteln“. 1 Gummibärchen 2 Zuckerwatte 21 22 SYNAPSE Mai Neuro-Reha SYNAPSE Mai Neuro-Reha Die Patientenbibliothek am Bezirksklinikum Regensburg Schmökern und Kraft tanken Annemarie Ruf 2.500 Bücher, zwei Mitarbeiterinnen und eine (be)ruhige(nde) Atmosphäre auf zirka 50 Quadratmetern mit Blick in die Natur: die Patientenbücherei des Bezirks klinikums Regensburg ist ein „Schatz“, den viele noch für sich entdecken können. leih-Ort gesehen wird, sondern auch als gemütlicher Aufenthalts-Ort, der unsere Besucher zum Verweilen und Schmökern einlädt und das, wenn es die Zeit zulässt, gerne auch bei einer Tasse Cappuccino oder Tee“, sagt Lucinda Rein mit spürba rer Begeisterung. E Der kleine Prinz ine Patientenbibliothek gibt es am medbo Bezirksklinikum Re gensburg mit wechselnden Standor ten bereits seit mehreren Jahrzehn ten. 1997 entstand auf Initiative von Annemarie Ruf zusätzlich eine „neue“ Bücherei in der Klinik für Neurologische Rehabilitation. Nach dem Zusammenschluss der „alten“ und „neuen“ Bücherei vor etwa fünf Jahren hat die Patientenbibliothek dort ihren festen Standort. Die Bücherei hat zwei Mitar beiterinnen: Annemarie Ruf und Lucinda Rein. Annemarie Ruf hat die Basis für einen nicht mehr weg zudenkenden Patientenservice ge schaffen. Sie kümmert sich mit gro ßer Leidenschaft um die Anliegen der Patienten der Neurologischen Rehabilitation. Lucinda Rein, die seit zwei Jahren mit viel kreativem Idealismus die Patientenbücherei unterstützt, ist schwerpunktmäßig für die Bereiche Psychiatrie und Forensik zuständig. Ehrenamt und Herzblut Beide bringen als ehemalige Patien tinnen des Bezirksklinikums wertvol le Erfahrungen für diesen Patienten service mit und sind auf sympathi sche, einfühlsame und verständnis volle Weise für die Besucher der Bücherei da. Ihr Antrieb für ihre eh renamtliche Tätigkeit ist Dankbarkeit und der Wunsch, etwas von dem, was sie vor einigen Jahren selbst auf dem Weg zu ihrer Genesung er fahren haben, weiter zu geben. Sie investieren viel Freizeit in die Biblio thek, auch am Wochenende. „Uns liegt viel daran, dass die Bücherei nicht nur als Aus Ein gutes Beispiel für die Umset zung kreativer Ideen war das Pro jekt „Der kleine Prinz“ im Advent 2014. Grundgedanke der mehr wöchigen Aktion: das moderne Märchen von Antoine de Saint-Exu péry, das oft als Plädoyer für Freundschaft und Menschlichkeit interpretiert wird. In die Vorbereitung und Um setzung dieses Projektes wurden viele Patienten, Mitarbeiter und auch Ärzte mit eingebunden. Zum Beispiel in Form von Bastelarbei ten, Anregungen für die Dekoration und Gestaltung der Bibliothek oder im Besonderen durch das Vortra gen des berühmtesten Zitats von Saint-Exupéry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“. Insge samt haben sich am Bezirksklini kum 80 fremdsprachige Patienten und Mitarbeiter bereit erklärt, das Zitat im Rahmen einer kleinen Le sung in ihrer Muttersprache vorzu tragen. „Wenn ich daran denke, bekomme ich immer noch Gänse Bücher-Spenden willkommen Während die Bibliothek anfangs vor allem auf Bücher-Spenden von Patienten oder Mitarbeitern ange wiesen war, steht mittlerweile ein festes Jahresbudget zur Anschaf fung neuer Bücher und Medien zur Verfügung. Trotzdem werden ne ben Anregungen und Wünschen von Besuchern der Patientenbiblio thek nach wie vor gerne weitere Bücher-Spenden angenommen. Lucinda Rein haut“, schildert Lucinda Rein die sen bewegenden Moment. Bücher sind wie ein Schatz in einer Truhe. „Du öffnest die Bü cher und sie öffnen dich.“ – dieses Zitat von Zschingis Aitmatov passt gut zur Patientenbücherei. So fin den Projekte wie „Der kleine Prinz“ in kleinerem Ausmaß regelmäßig statt. Wichtig ist zudem die jahres zeitenabhängige Dekoration der Bibliothek. Beispielsweise mit einer Krippenlandschaft in der Adventsund Weihnachtszeit oder die Um gestaltung zu Anlässen wie Früh ling, Ostern oder dem Valentinstag. Dafür gibt es einen separaten Be reich, der jeweils für eine bestimm te Zeit thematisch passend gestal tet wird. Dort findet man dann aus gewählte Bücher, Anregungen und Spiele für Kinder oder auch zum Anlass passende Hörbücher. Patientenbücherei am medbo Bezirksklinikum Regensburg Klinik für Neurologische Rehabilitation – HAUS 24, Erdgeschoss – rechts neben dem Haupteingang, Zimmer-Nr. A 108 Öffnungszeiten Für Neuro-Reha-Patienten: Mittwoch von 14 - 16 Uhr Für Psychiatrie- und Forensik-Patienten: Montag Donnerstag von 10 - 14 Uhr von 10 - 13 Uhr Zu den Öffnungszeiten ist die Patientenbücherei erreichbar unter: Tel. +49 (0)941/941-1641 Trotz der begrenzten Raum größe verfügt die Patientenbücherei über ein mit Liebe zum Detail ausge suchtes Repertoire. Die Auswahl reicht von Romanen über Krimis, Biografien, Kinder- und Sachbüchern bis hin zu Fachliteratur und Medien zur Verbesserung der Motorik, spezi ell für Neuro-Reha-Patienten. Selbst in verschiedenen Fremdsprachen steht einiges zur Verfügung und für Patienten mit Leseproblemen gibt es Hörbücher und Bücher in Großdruck. Die Bücher und Medien können für jeweils zwei Wochen kostenlos aus geliehen werden. Die Patientenbib liothek arbeitet mit vielen Einrich tungen und Bereichen des Be zirksklinikums zusammen und macht ergänzende Angebote zum Beispiel rund um Therapiethemen in den Tageskliniken. Diese haben das Angebot bereits angenommen und besuchen die Bücherei regel mäßig. Viel Spaß beim Lesen! (VKO) 23 24 SYNAPSE Mai Neuro-Reha Logopädieschule Regensburg und Neurologische Rehabilitation Wenn die Worte fehlen Jan Korb Wer hat das nicht schon mal erlebt: man möchte ein wichtiges Argument in einer Diskussion beitragen. Oder man hält einen Vortrag. Ein wenig Lampenfieber ist dabei. Beginnt man zu sprechen, läuft es eine Weile ganz gut. Doch plötzlich fehlt das passende Wort, um auf den Punkt zu kommen. O hne dass wir etwas dagegen tun können, ist dort, wo wir die Worte „suchen“, nichts zu finden. Manchmal haben wir noch eine Idee wie das Wort „aussieht“, wir können sogar sagen, wie es unge fähr klingt. Nur aussprechen kön nen wir es nicht. Plötzlich fühlen wir uns auf dem Präsentierteller. Er wartungsvoll schauen uns unsere Gesprächspartner oder Zuhörer an, doch das macht es nur noch schwerer. Selbst die Suche nach einer anderen Formulierung fällt schwer. Wer möchte da nicht „im Boden versinken“! Andere Situation. Viele von uns hören ein bisschen schlecht. Nur ein bisschen. Immer wenn die Umgebungsgeräusche zunehmen oder wenn die Gespräche in der Gastwirtschaft immer lauter und so „durcheinander“ geführt werden. Oft können wir Teile des Gesagten er schließen. Aus dem Kontext, viel leicht sogar mit Hilfe des Lippenbil des, oder weil wir uns denken kön nen, was der andere sagen will. Manchmal verstehen wir es jedoch beim besten Willen nicht mehr. Wir sind verunsichert, wollen jedoch kei nesfalls zugeben, dass der Ge sprächspartner lauter sprechen soll: „Sag mal, bist du schwerhörig?“. Wie peinlich! Vielleicht nicken wir ir gendwann „alles ab“, obwohl wir ei gentlich gar nichts verstanden ha ben. Wahrnehmungsstörungen bei neurologischen Erkrankungen Nach einem Schlaganfall, einer Schädel-Hirnverletzung oder ande ren neurologischen Erkrankungen leiden viele Patienten genau unter solchen Problemen. Jedoch nicht, weil sie aufgeregt sind oder schwer hören. Durch die neurologische Schädigung des Gehirns finden sie nicht mehr die passenden Worte oder verstehen schlecht, was Ge sprächspartner ihnen mitteilen wol len. Das Sprachverständnis und die Wortfindung beziehungsweise die expressive Sprache insgesamt sind jedoch elementare Fähigkei ten, die dem Menschen die Kom munikation mit seiner Umwelt er möglichen. Probleme in diesen Be reichen führen zu negativen Gefüh len, die den oben beschriebenen durchaus gleichen. Dabei gehen die möglichen krankheitsbedingten Beeinträchti gungen der Kommunikation sogar noch weiter. So kann es für die Be troffenen schwierig sein, deutlich zu sprechen. Hier fallen schon mal Sätze wie: „Bist du betrunken?“. Auch kann es sein, dass Informati onen einfach nicht mehr so schnell wie früher verarbeitet werden kön nen oder die kleinste Ablenkung es schwer macht, weiter genau zuzu hören. Nicht selten müssen die Be troffenen auch erst einmal selbst verstehen und akzeptieren, dass die Kommunikation plötzlich nicht mehr so selbstverständlich wie frü her möglich ist. Gefahr: Isolation Neben Angst, Frustration und Hilf losigkeit kommt es in der Folge oft zu einem Rückzug aus dem ge wohnten Umfeld. Soziale Kontakte gehen verloren. Die Berufsfähigkeit ist in Frage gestellt. Oft ist es für die Betroffenen aus diesem und weite ren Gründen nicht mehr möglich, selbstständig zu leben. Nicht selten führen diese neurologisch beding ten Kommunikationsstörungen zur Isolation, mindestens ist die Teilha be am sozialen und kulturellen Le ben massiv eingeschränkt. Trotz der Schwere der erlit tenen Hirnschädigung können Be troffene erfolgreich rehabilitiert wer den. Dennoch bleibt oft eine Viel zahl von komplexen Problemen bestehen. Zur Sicherstellung der mühsam erworbenen Rehabilitati onserfolge und zur Entlastung der pflegenden Angehörigen ist die Nachsorge nach der stationären Rehabilitation dringend erforder lich, die fachlich auf die besonde ren Belange der Betroffenen aus gerichtet ist. Kooperation: Logopädie trifft Neuro-Reha Die angehenden Logopäden der Berufsfachschule – die sich übri gens auf dem Gelände des Be zirksklinikums befindet – werden im Rahmen des theoretischen Unter richts nicht zuletzt umfassend in den unterschiedlichen neurologisch bedingten Stimm-, Sprech-, Sprachund Schluckstörungen ausgebildet. Sie müssen jedoch auch in der praktischen Arbeit und im direkten Kontakt mit Patienten lernen, die spezifischen Beeinträchtigungen zu Kontakt: Berufsfachschule für Logopädie Regensburg, www.logopädieschuleregensburg.de, Tel. +49 (0) 941/943-1925 behandeln. Das Neurologische Nachsorgezentrum (NNZ) der Klinik für Neurologische Rehabilitation am Bezirksklinikum Regensburg bietet in Kooperation mit der Berufsschule für Logopädie in Regensburg ein entsprechendes Trainingsumfeld: Schüler trainieren mit Besuchern des NNZ, das heißt ehemaligen Neuro-Reha-Patienten, die wieder in ihrem privaten Umfeld leben, aber noch spezielle Unterstützung benötigen und im NNZ bekommen. In Rücksprache mit dem Team des NNZ und den Lehrlogo päden der Schule werden der Be darf und die Möglichkeiten für eine logopädische Therapie der NNZBesucher an der Schule geklärt. Wenn eine logopädische Therapie notwendig erscheint, können die NNZ-Besucher von den Berufsfach schülern im Nachsorgezentrum ab geholt werden und erhalten eine lo gopädische Behandlung durch die Auszubildenden. Jede Therapie wird dabei ausführlich und schrift lich geplant. Die Planung wird von einem Lehrlogopäden korrigiert und gegebenenfalls nochmals bespro chen. Die Therapien werden so von den Schülern intensiv vorbereitet und nach der Durchführung ein wei teres Mal supervisorisch nachbe sprochen. So kann ohne weiteres ein ausgezeichnetes therapeuti sches Niveau garantiert werden. Durch die kontinuierliche Ar beit mit „realen“ Patienten werden die angehenden Therapeuten opti mal auf ihre berufliche Tätigkeit vorbereitet. Den Besuchern des Nachsorgezentrums wird durch die se Kooperation eine zusätzliche sprachtherapeutische Betreuung durch Studierende der Berufsfach schule für Logopädie zugänglich ge macht. (Das Angebot einer regulä ren ambulanten logopädischen The rapie bleibt davon natürlich unbe rührt). Es ist eine echte „win-win“ Situation: Für Patienten und Schüler. Jan Korb ist Lehrpädagoge an der Berufsfachschule für Logopädie Regensburg 26 SYNAPSE Mai Neuroradiologie SYNAPSE Mai Neuroradiologie Institut für Neuroradiologie Dies bedeutet auch, dass die Unter suchungsmethode für Patienten mit Herz- oder Hirnschrittmachern prin zipiell nicht geeignet ist. „Das MRT ist aber in der nicht-akuten Phase oder bei chronischen Erkrankungen das Mittel der Wahl“. Hightech In der Neuroradiologie wird das zentrale Nervensystem mittels verschiedener Bildgebungsverfahren dargestellt und pathologische Veränderungen werden diagnostiziert. Das Institut für Neuroradiologie am Bezirksklinikum Regensburg (BKR) hat in jüngster Zeit hierzu seine technischen Voraussetzungen weitgehend erneuert. SYNAPSE sprach mit dem Ärztlichen Direktor des Instituts, Prof. Dr. Gerhard Schuierer, über Technik und Einsatzbereiche der neuen Geräte. B ei Schlaganfällen, Entzündun gen, Traumen oder Tumoren im Gehirn und im Rückenmark ist eine Bildgebung unabdingbar für eine korrekte Diagnose. Am Institut für Neuroradiologie nutzt man hierzu vier Technologien: Magnetreso nanztomographie (MRT), Computer tomographie (CT), Digitale Subtrak tionsangiographie (DSA) sowie her kömmliches Röntgen. „Zu uns kommen meist schwer- und schwerstkranke Men schen, entweder in der akuten Not Computertomographie (CT) Digitaler Subtraktionsangiograph fallsituation über die neurologische Notaufnahme, als ambulante Patien ten der Poliklinik der Neurologie und der Ambulanzen der psychiatrischen Kliniken oder als stationäre Patien ten aller Kliniken des Hauses“, er klärt Prof. Schuierer. „Bei allen die sen Patienten sind unsere Verfahren oft die wesentliche Methode zur Dia gnose oder unterstützen zumindest die übrigen Verfahren der Diagnose stellung. Bei psychiatrischen Patien ten ist die Ausschlussdiagnostik die wesentliche Rolle, wenn zum Bei spiel ein Hirntumor als Ursache ei ner psychiatrischen Auffälligkeit aus geschlossen werden soll. Die Bild Gerätepark in der Neuroradiologie Seit 2013 hat die medbo das Institut für Neuroradiologie komplett erneuert und auf den neuesten Stand der Technik gebracht: Der Magnetresonanztomograph (MRT) des Instituts ist ein System der neuesten Generation, mit einer Feldstärke von 1,5 Tesla, bei dem der liegende Patient in einen Tunnel geschoben wird. Es stehen mit diesem Gerät alle modernen Magnetresonanz-Verfahren (MR-Verfahren) wie MR-Angiographie oder MR-Spektroskopie ebenso wie exotischere Techniken wie die MR-Traktographie zur Verfügung. Der Computertomograph (CT) wurde erst im November 2014 ausge tauscht: Er ist somit auf dem neuesten Stand der Technik. Bei der Beschaffung der neuen Anlage wurde vor allem darauf geachtet, dass alle Möglichkeiten zur Röntgen-Dosis-Reduktion genutzt werden können, was einen etwas höheren Anschaffungspreis bedingt hat. Die Digitale Subtraktionsangiographieanlage wurde ebenfalls 2014 neu angeschafft. Über einen besonders großen hochauflösenden Monitor direkt am Gerät kann das behandelnde Team die BefundBilder in Echtzeit analysieren und Eingriffe unter optimalen Bedingungen durchführen. gebung ist aber meist nur ein Bau stein der Diagnose“. Magnetresonanztomographie (MRT) Das MRT ist das entscheidende Bildgebungsverfahren in der Neuro radiologie. Mittels starker Magnetfel der können Schnittbilder erzeugt werden, die sowohl eine zwei- als gerade auch eine dreidimensionale Darstellung der Struktur und Funkti on des Schädels und des Gehirns ermöglicht. Das Verfahren bietet eine entsprechend große Bandbreite an Darstellungsmöglichkeiten: Die Option, verschiedene Ansichten zu generieren, sowie die Auswahl un terschiedlichster Kontraste sind die entscheidenden Vorteile dieser Technik. „Es ist ein besonders sensi tives Verfahren zur Beurteilung von Veränderungen im Zentralen Ner vensystem“, so Prof. Schuierer, „und es hat den Vorteil, dass der Patient dabei keiner Röntgen-Strahlung – wie etwa bei der Computertomogra phie (CT) – ausgesetzt ist“. Ein Nachteil des MRT ist al lerdings die längere Dauer der Un tersuchung: „Während ein Notfall-CT mit CT-Angiographie der hirnversor genden Gefäße bei einem Schlag anfall in etwa fünf Minuten gemacht werden kann, brauchen wir beim MRT dafür wenigstens 20 Minuten“, so Prof. Schuierer. Denn der Vorbe reitungsaufwand ist beim MRT hoch: So darf in den Untersuchungsraum nichts Magnetisches gelangen – ob Krankenbett oder Kugelschreiber –, da hohe magnetische Kräfte wirken. Das Verfahren wird vor allem in der Notfalldiagnostik oder als „schnelle“ Alternative zum MRT eingesetzt. Auch hier muss der Patient in eine „Röhre“ schauen – aber es geht schnell vorbei. „Im schnellsten Mo dus ‚rauscht‘ unser CT in einer Se kunde durch den Kopf durch. Beim MRT dauert das Gleiche mindestens eine Minute“: Prof. Schuierer erklärt, dass das Verfahren auch deswegen so unkompliziert und zügig sei, weil hier das betreuende Personal – bis auf wenige Sekunden bis Minuten – beim Patienten verbleiben könne. So könnten beispielsweise im Falle eines Hirninfarkts die begleitenden Krankenschwestern schon die Lyse – also die medikamentengestützte Auflösung des Blutgerinnsels – vor bereiten, während die MedizinischTechnischen Assistenten (MTA) den Patienten zum CT lagern. Überhaupt ist das System sehr flexibel: So sind die Aufnahmespiralen kippbar und können so zielgenau auf das Unter suchungsfeld ausgerichtet werden. Der Computertomograph ar beitet mit herkömmlichen Röntgen strahlen. „Beim CT haben wir eine relativ hohe Strahlenexposition“, räumt Prof. Schuierer ein, „aber wenn die Indikation stimmt, dann ist der potentielle Nutzen eines CT für den Patienten um ein Vielfaches größer als das potentielle Risiko ei nes Schadens durch die Röntgen strahlung – hier geht es oft genug um das Überleben des Patienten“. Digitale Subtraktionsangiographie (DSA) Es ist das entscheidende Verfahren für die Diagnose und teilweise auch die Therapie bei Erkrankungen der Hirn-versorgenden Gefäße. Auch hier handelt es sich um eine rönt genbasierende Technologie. „Mit diesem Verfahren können wir vor allem die Anatomie der Gefäße ex akt darstellen und darüber hinaus Informationen über die Hämodyna mik, also den Blutfluss, gewinnen. Das Institut für Neuroradiologie am BKR Am Institut arbeiten neben dem Ärztlichen Direktor, Prof. Dr. Gerhard Schuierer, weitere drei Fachärzte und Ärzte in der Ausbildung, acht Medi zinisch-Technische Assistenten und zwei Sekretärinnen. Pro Jahr führt das Institut etwa 2.400 MRT- und 4.000 CT-Untersuchungen einschließ lich vieler Notfalluntersuchungen nachts und an Wochenenden durch. Darüber hinaus arbeitet das Institut für Neuroradiologie eng mit dem Institut für Röntgendiagnostik des Universitätsklinikums im gemeinsamen Zentrum für Neuroradiologie der Universität Regensburg und des Bezirksklinikums Regensburg zusammen. Dieses Zentrum für Neurora diologie gewährleistet die Versorgung der Patienten der Region mit interventionell-neuroradiologischen Verfahren ebenso wie die Ausbildung von Neuroradiologen. Wir beurteilen damit verengte oder verstopfte Gefäße, unterversorgte Regionen, Aneurysmen und andere Gefäßmissbildungen“, schildert Prof. Schuierer die Vorteile der Technologie. Man kann Gefäße und beispielsweise Aneurysmen auch dreidimensional darstellen: eine Technik, die wichtig in der Planung interventioneller oder operativer Eingriffe ist. Der pathologische Befund wird mittels Angiographie allerdings invasiv gestellt. Für die Untersu chung wird ein Katheter meist über die Leiste schmerzfrei eingebracht und in den zu untersuchenden Gefä ßen positioniert. Unter Injektion von Kontrastmittel über diesen Katheter wird das oder die betroffenen Gefä ße via Röntgen sichtbar gemacht. Im therapeutischen Bereich ist die DSA zum Beispiel bei der Entfernung von Blutgerinnseln im Gehirn oder bei der Einbringung von Stents (Implan tat in Röhrchenform) in ein vereng Computertomograph tes Blutgefäß unbedingte Vorausset zung für die Therapie. Röntgenarbeitsplatz Ein Krankenhaus in der Größenord nung des Bezirksklinikums Regens burg muss für bestimmte Untersu chungen auch herkömmliches Rönt gen vorhalten. Es handelt sich hier vor allem um die Untersuchung von Lunge und Skelett. „In unserer Klinik für Neurologische Rehabilitation zum Beispiel werden Patienten teilweise Langzeit-beatmet. Bei ihnen muss die Lunge regelmäßig gecheckt wer den“: Prof. Schuierer erklärt, dass das Röntgen nur einen kleinen Teil der Leistungen am Institut für Neuro radiologie ausmacht. „Gerade bei der Untersuchung der Lunge hat Rönt gen seine Grenzen. Dann setzen wir wieder unser CT ein“. Für Nachunter suchungen sei es aber wiederum das Mittel der Wahl, da die Technologie unkompliziert und die Strahlungsdo sis niedriger als beim CT sei. (RNE) 27 SYNAPSE Mai KJP Einfach menschlich Von Menschen und Süchten Ausstellung zu einem Phänomen Was ist Sucht? Ab wann ist man süchtig? Was ist so gefährlich an Sucht? Kinder im Säuglingsalter Die medbo, ihr Betriebliches Gesundheitsmanagement und die Betriebliche Suchthilfe präsentieren an den suchtmedizinischen Standorten der medbo diese wich tige Ausstellung, die das Thema Sucht aus der Sicht von Betroffenen zeigt: Authentisch, bewegend und informativ. Bezirksklinikum Wöllershof Kuppelsaal, Wöllershof 1, 92721 Störnstein 7. Juli bis 16. Juli 2015 Mo – Fr 11:00 bis 14:00 Uhr, Sa/So 10:00 bis 17:00 Uhr (16. Juli bis 19:00 Uhr) Bezirksklinikum Regensburg Mehrzweckhalle, Universitätsstraße 84, 93053 Regensburg 21. Juli bis 30. Juli 2015 Mo – Fr 11:00 bis 14:00 Uhr, Sa/So 10:00 bis 17:00 Uhr (30. Juli zusätzlich 16:00 bis 19:00 Uhr) Der Eintritt ist frei und steht allen Interessierten offen. Gruppenbesuche an beiden Standorten sind täglich von 09:00 Uhr bis 14:00 Uhr nach vorheriger Anmeldung über [email protected] möglich. Die Ausstellung wird präsentiert von: S.u.G. Suchtprävention und Genesung e.V. in Zusammenarbeit mit der DAK Die ganz kleinen Patienten Dr. Stephanie Kandsperger Das Team der Ambulanz der Klinik für Kinder- und Jugendpsychi a trie, Psychosomatik und Psychotherapie (KJP) am Bezirksklinikum Regensburg stellt fest, dass zunehmend jüngere Kinder angemeldet werden. Aus diesem Grund wurde die bisherige Kleinkindambulanz um eine Spezialambulanz für den Altersbereich bis drei Jahre erweitert. G erade Kinder im Altersbereich von null bis drei Jahre sind in besonderem Maße von der Versor gung ihrer Eltern abhängig. Und wenn ein Elternteil oder gar beide durch eine psychische Erkrankung beispielsweise eine negative Hal tung gegenüber ihrem Kind einneh men, die Emotionen und Bedürfnis se ihrer Sprösslinge nicht adäquat wahrnehmen oder mit der Betreu ung überfordert sind, dann kann sich das auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Häufig kommen auch noch weitere psychosoziale Belastungsfaktoren wie finanzielle Sorgen, partnerschaftliche Proble me oder Arbeitslosigkeit dazu. Des wegen ist es von enormer Wichtig keit, den psychisch kranken El tern(-teilen) und ihren Kindern rasch, kompetent und interdiszipli när im multiprofessionellen Team zu helfen und möglichst zeitnah darauf hinzuwirken, dass sich die Kinder gut entwickeln können. Ge rade bei diesen ganz jungen Pati enten ist eine schnelle und unkom plizierte Kooperation, wie die KJP sie mit den erwachsenenpsychiatri schen Kollegen, insbesondere mit der Psychiatrischen Institutsambu lanz unter Leitung von Chefarzt PD Dr. Berthold Langguth und der regionalen Jugendhilfe pflegt, von großer Wichtigkeit. Spezialambulanz für Säuglinge und Babys Seit einiger Zeit kommen zuneh mend auch Säuglinge in die KJP-Ambulanz. Deren Eltern ma chen sich häufig Sorgen um die Ent wicklung ihrer Kinder in Bezug auf Schreien, Schlafen, Füttern, An klammern, Kommunikation, Spra che, Trotz oder Spielunlust. Es er folgt eine interdisziplinäre Beratung und Therapie, die, falls vonnöten, auch videogestützt erfolgt und die individuellen Bedürfnisse von Kind und Eltern, aber auch die El tern-Kind-Interaktion berücksichtigt. Dabei sucht das Team der Spezial ambulanz nach individuellen Lösun gen und unterstützt die Eltern in ih ren intuitiven elterlichen Fähigkei ten. In dieser Spezialambulanz steht ein multiprofessionelles Team zur Verfügung: Eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychologen und eine Sozialarbei terin. Bei Bedarf können logopädi sche und ergotherapeutische Diag nostik und Behandlung angeboten werden. Dr. Stephanie Kandsperger ist Leitende Oberärztin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psycho therapie am Bezirksklinikum und leitet die KJP-Ambulanz Das Team der Spezialambulanz für Säuglinge und Kleinkinder • Ärztliche Ansprechpartnerin: Dr. Sabine Schneble • Psychologischer Dienst: Lucia Doll, Dr. Simon Meier, Christine Zechmeister • Sozialarbeit: Diana Frischholz Kontakt: Tel. +49 (0) 941/941-4004, [email protected] 29 30 SYNAPSE Mai KJP SYNAPSE Mai KJP Von Krieg und Flucht traumatisierte Jugendliche Nichts als Angst ums Überleben im Gepäck Dr. Katharina Ehrich, Lissy Höller, Nicole Küfner Es gibt Kindheiten, die verdienen den Namen nicht. Was unbegleitete jugendliche Flüchtlinge bereits gesehen haben, erträgt meist kein Erwachsener. Die Lebensgeschichten und Erlebnisse, die dem Team der Trauma-Ambulanz an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) am Bezirksklinikum Regensburg erzählt werden, gehen unter die Haut. K am bis vor kurzem ein traumati sierter Jugendlicher pro Woche in die Trauma-Ambulanz in der Vi tusstraße, sind es seit wenigen Mo naten bereits zwei oder mehr Ju gendliche pro Woche, die teils auch stationär behandelt werden müs sen. Das Ambulanz-Team vermu tet, dass die Zahl noch ansteigen wird. Die meisten der Flüchtlinge sind unbegleitet, waren ohne Eltern oder Verwandte von Afghanistan, Somalia, Syrien oder Pakistan aus unterwegs. Ihr Ziel war Deutschland, ihr Ankunftsort ist die Zentrale Inobhut nahme-Einrichtung in München. Von dort aus werden sie weiter „ver teilt“, unter anderem in die dafür ge schaffene Clearingstelle des Re gensburger Kinderzentrums St. Vin cent. „Hier kommen sie das erste Mal zur Ruhe und es beginnt in ih nen zu brodeln“, berichtet Oberärz tin Dr. Katharina Ehrich, „die meis ten haben nicht nur ein Trauma, sondern gleich mehrere.“ Einige sa hen, wie Eltern oder Verwandte er Trauma-Ambulanz der KJP am Bezirksklinikum Regensburg Das Team: Oberärztin Dr. Katharina Ehrich und Diplom-Psychologin Nicole Küfner Kontakt: Tel. +49 (0) 941/941-4004, [email protected] mordet wurden, leben in ständiger Furcht ums nackte Überleben und haben auf der Flucht Gewalt und noch mehr Todesangst erlebt. Schreckliche Bilder der Vergangen heit tauchen nun bei den Jugendli chen blitzartig auf, sogenannte Flashbacks. Es kommt zu Angst, Einschlaf- oder Durchschlafstörun gen, Konzentrationsschwierigkei ten, Depressionen und teils auch lebensmüden Gedanken. Die Ju gendlichen neigen zu Gereiztheit und Impulsivität und zeigen Somati sierungstendenzen. Über allem thront die Sorge um die Angehöri gen, die sich noch im Krisengebiet befinden. Die Anzeichen für Trau mata erkennen die Betreuer in St. Vincent und schicken die jungen Flüchtlinge in die KJP. Verstehen lernen „Ich erlebe die Jugendlichen extrem belastet und gleichzeitig verwun dert, was mit ihnen gerade passiert“, versucht Psychologin Nicole Küfner zu beschreiben, in welchem Zu stand die jungen Männer sind, wenn sie die Trauma-Ambulanz der KJP aufsuchen. Denn durch die Reihe sind es junge Männer. Die wenigen Mädchen – derzeit sind es sechs – schaffen es höchstens in Begleitung ihrer Eltern nach Deutschland. Die Psychiaterin und die Psychologin zeigen den Jugendlichen ihre Symp tome auf und bringen diese in Zu sammenhang mit den schrecklichen Erlebnissen. Vor allem erklären bei de den Jugendlichen, dass diese psychischen und psychosomati schen Reaktionen völlig normal sind. Das größte Hindernis, das die Therapeuten von ihren Patien ten trennt, ist die Sprache. Ein Dol metscher muss die Gespräche übersetzen. Dadurch ist die direkte Verbindung zwischen Therapeut und Patient gekappt. Sprache trans Fortsetzung auf Seite 32 31 32 SYNAPSE Mai KJP Fortsetzung von Seite 31 portiert viel mehr Informationen als Wörter: Inhalte, die für den Thera peuten nicht nur interessant, son dern wichtig sind. Von großer Be deutung ist daher, dass der Dolmet scher wirklich alles übersetzt. Und er muss selbst stabil genug sein, die Erlebnisse der Jugendlichen anhö ren und wiedergeben zu können. Kleine, behutsame Schritte In den ersten Kontakten können Dr. Ehrich und Nicole Küfner nicht so fort mit der Therapie beginnen. Pati ent und Therapeut müssen sich kennenlernen und Vertrauen fas sen. Die Stabilisierung der Patien ten steht anfangs im Vordergrund. „Zusätzlich kann ich die Jugendli chen mit Medikamenten stabilisie ren. Eine spezielle Therapie kann erst gemacht werden, wenn sie die deutsche Sprache einigermaßen beherrschen und sie bereit sind, sich erneut mit den traumatisieren den Erlebnissen zu konfrontieren“, schildert die Oberärztin. Die Therapie teilt sich in drei Schritte auf: Auf die Stabilisierungs phase folgt die Traumakonfrontation und schließlich der Blick nach vorne als dritte Phase: Zukunftsplanung und Neuausrichtung des Lebens. Neuland betreten dabei beide The rapeuten bei der Behandlung dieser schwerst und komplex traumatisier ten jugendlichen Flüchtlinge „aus der Fremde“. Voraussetzung für eine Sta bilisierung ist aber zunächst ein si cherer Ort, an dem die jungen Flüchtlinge bleiben können. „Die Angst, ausgewiesen zu werden, ist bei ihnen immer präsent – wieder ein Stückchen mehr an Bedrohung für diese Jungen“, so Dr. Ehrich. Die äußeren Schwierigkeiten und Hür den für eine Therapie sind hoch und doch kann das Trauma-Team den Jugendlichen helfen. Ein positives Beispiel für eine gelungene Thera pie und Integration hat die Ärztin: Ein Junge aus Somalia, der vor vier Jahren nach Deutschland kam, hat die Schule erfolgreich abgeschlos sen und macht derzeit eine Ausbil dung. Er gilt als stabilisiert und hat gelernt mit seinen Erlebnissen zu leben (siehe Husseins Geschichte). Jugendliche Flüchtlinge in der Oberpfalz Derzeit befinden sich rund 230 unbe gleitete jugendliche Flüchtlinge in der ganzen Oberpfalz. Im Lauf des Jahres 2015 sollen weitere hinzu kommen – es ist von derselben An zahl zusätzlich auszugehen. Bis zu ihrer Volljährigkeit bleiben sie in der Obhut der Jugendhilfe. Im Durch schnitt sind die Jugendlichen zwei Jahre lang in Jugendhilfe-Einrichtun gen. Erst mit dem Erreichen der Voll jährigkeit beginnt das Aufnahmever fahren zu laufen und der Asylantrag muss gestellt werden. Dr. Katharina Ehrich ist Oberärztin, Nicole Küfner ist Diplom-Psycho login auf der Kinderstation und in der Ambulanz der KJP am Bezirksklinikum Regensburg Husseins Geschichte Hussein ist in Somalia geboren. Dort herrscht seit 1991 Bürgerkrieg und viele Minderjährige werden als Kindersoldaten in die Kämpfe geschickt. Sein Vater wurde im Krieg schwer verwundet und ist seitdem nicht mehr in der Lage, für seine Familie zu sorgen. Die Mutter sorgt für die Lebensgrundlage von Hussein und seinen vier Geschwistern. Das Essen ist knapp, es reicht gerade so zum Überleben. Bürgerkrieg in Somalia Hussein hat schon viel Leid in sei nem Land erlebt. Oft wurde seine Familie angegriffen, immer wieder lebten sie in Angst, jeden Augen blick erschossen oder verschleppt zu werden. Aus dem Dorf flohen schon viele Familien. Auch viele Kinder wurden allein auf den Weg geschickt, um sich im reichen Euro pa, wo das Geld auf der Straße liegt, wie alle erzählen, einen Job zu suchen. Dann könnten sie die Familie in Somalia unterstützen. Als Hussein 13 Jahre alt ist, be schließt er, sich auf den Weg zu machen, um genau das zu tun. Die Eltern leihen sich Geld, wo es nur geht, um Hussein zumin dest für den Anfang die Reise zu er leichtern. Zusammen mit anderen Jugendlichen und Familien macht er sich auf den Weg mit dem Bus, zu Fuß oder versteckt unter eine Plane auf einem Lkw. Die Reise ist un glaublich gefährlich, weil von allen Seiten Gefahren lauern. Anfangs in Äthiopien sind noch viele Somalis unterwegs, mit denen er sich in sei ner Sprache unterhalten kann. Da nach versteht er kein Wort mehr. Immer wieder nimmt er Gelegen heitsjobs an, um wenigstens ein bisschen etwas zu essen zu bekom men. Oft reicht es aber nicht und er muss mehrere Tage hungern. Wenn wieder etwas Geld beisammen ist, geht die Reise weiter – immer weiter in Richtung Norden, um dann ein Schiff über das Mittelmeer zu finden. Arbeitssklave in Libyen Die anderen Jugendlichen, mit de nen er aufgebrochen ist, sind längst in alle Winde zerstreut. Er muss sich allein zu rechtfinden. Mittlerweile ist er 14 Jahre alt. Immer wieder wird er bedroht, angegriffen, geschlagen und wie ein Sklave behandelt. In Li byen wird er von einem Mann fest gehalten und eingesperrt, um dort beim Arbeiten zu helfen. Er glaubt, dort bis zum Ende seines Lebens gefangen zu bleiben. Erst nach eini gen Monaten gelingt Hussein die Flucht. Längst fühlt er sich perma nent unter Hochspannung. Obwohl viele in der gleichen Lage sind, gibt es unter den Flüchtlingen nur wenig Zusammenhalt, jeder ist Einzel kämpfer und versucht zu überleben. Oft finden Übergriffe und Schläge reien statt, keinen Augenblick kann Hussein sich sicher fühlen. Mittler weile hat er schon so viel erlebt und überlebt, dass er nur noch funktio niert, kaum noch Gefühle verspürt. Leben ist Überleben, und Überleben ist Kampf. Ihm fehlen seine Familie, seine Freunde, seine gewohnte Umgebung. Er hat das Gefühl, nie an- und vor allem nie mehr nach So malia zurück zu kommen. Als er es nach zehn Mona ten endlich ans Mittelmeer ge schafft hat, türmt sich das nächste Problem auf: Wie soll er die horren de Summe für die Überfahrt auf bringen, wie die Schlepper bezah len? Nach langer Suche findet er Arbeit auf einer Baustelle. Zwölf Stunden lang täglich Steine schlep pen, Mörtel mischen und vieles mehr. Härteste körperliche Arbeit, wochenlang. Er wohnt in einer en gen Baracke zusammen mit zwölf anderen. Jeder ist misstrauisch und gereizt. Denn das versteckte ersparte Geld kann jederzeit ge stohlen werden. Flucht über das Mittelmeer Als Hussein nach drei Monaten end lich das Geld zusammen hat, geht es los. Das Boot für die Überfahrt ist mehr als fragwürdig: es ist völlig überladen, von Hochseetauglichkeit ganz abzusehen. Aber welche Wahl hat er? Es ist mittlerweile November geworden, die schlechteste Zeit für eine Überquerung des Mittelmeers. Wegen des hohen Wellengangs kommt das Boot nicht voran. Es ist kaum Wasser und Proviant an Bord. Wasser läuft von allen Seiten ins Boot, jeder schöpft so schnell er kann – Hauptsache, nicht kentern, nicht ertrinken, nicht im eiskalten Wasser erfrieren. Als keiner mehr zu hoffen wagt, entdeckt die italienische Mari ne das kleine Boot. Sie werden auf die Insel Lampedusa gebracht. Dort wird Hussein in einen Raum ge sperrt. Er versteht kein Wort, wieder überkommt ihn Panik. Muss er jetzt ins Gefängnis, wird er wieder ge schlagen und misshandelt? Nach mehreren Stunden kommt ein Dol metscher und erklärt, dass er jetzt erfasst und auf das italienische Fest land gebracht wird. Dort angekom men, ist er wieder auf sich alleine gestellt. Hussein schlägt sich Rich tung Norden durch. In Deutschland Irgendwann ist er schließlich in Deutschland angekommen. Er wird genau befragt, wo er herkommt, wie alt er ist, wird medizinisch untersucht und kommt in eine Gruppe mit ande ren Jugendlichen. Er hofft nun end lich Arbeit zu finden – er muss schnell Geld verdienen, denn seine Familie wartet darauf. Hussein ist völlig erstaunt, dass alle sagen, er müsse hier erstmal zur Schule ge hen, dann eine Ausbildung machen, und erst danach könne er was ver dienen. Hussein macht sich viele Sorgen um seine Eltern und Ge schwister, manchmal sind diese te lefonisch nicht zu erreichen. Einer seits kommt er nach seiner langen Flucht langsam zur Ruhe. Die Dinge aber, die er erlebt hat, bleiben und quälen ihn Tag und Nacht aufs Neue. 34 SYNAPSE Mai KJP SYNAPSE Mai KJP Regensburger Fachtagung „Frühe Hilfen“ 2015 Kooperativ Bindungen stärken und Kinder schützen Dr. Christian Rexroth, Dr. Hermann Scheuerer-Englisch, Prof. Dr. Klaudia Winkler Die Unterstützung von Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern in schwierigen Lebenslagen dient der Minimierung von Gefährdungen und dem Schutz von Kindern. Als interdisziplinäre Aufgabe sehen sich die beteiligten Fachkräfte vor einer großen Herausforderung. Ihre Arbeit und die Organisation ihrer Unterstützung bedürfen eines tragenden Netzwerks. Die Regensburger Fachtagung „Frühe Hilfen“ brachte im April 2015 Partner und Experten an einen Tisch. S eit einigen Jahren stehen die Kinder psychisch kranker Eltern verstärkt im Blickpunkt der Fachöf fentlichkeit. Beispielhafte Projekte, die sich diesen Kindern zuwenden, deren Lebensbedingungen, Belas tungen und Nöte erforschen, aber auch ihre Ressourcen und Unter stützungsmöglichkeiten ausloten, sind mittlerweile bundesweit be kannt. Dabei hat sich der Fokus zu nehmend von den Auswirkungen hin zur Förderung und Prävention dieser Kinder und deren Familien verscho ben. Das feinfühlige elterliche Ver halten und eine gelingende Bindung stellen dafür die wichtigsten Fakto ren zur positiven Entwicklung von Kindern dar. Der Gesundheitssurvey des Robert-Koch-Instituts (2007) be legt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder problematische Auffäl ligkeiten entwickeln, bei Familien in prekären Lebenslagen viermal grö ßer ist als bei wenig belasteten Fa milien. Alle Fachkräfte in Gesund heitswesen und Jugendhilfe, die mit Eltern und ihren kleinen Kindern zu tun haben, tragen insofern gemein sam Verantwortung für den Aufbau eines breit angelegten Netzes von solchen sogenannten „Frühen Hil fen“. Hilfe anbieten – so früh wie möglich Zum Teil bleibt die Zuständigkeit zwi schen den beteiligten medizinischen Fachbereichen (Psychiatrie und Psychotherapie, Kinder- und Ju gendpsychiatrie, Kinder- und Ju gendmedizin, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Hausärzte) in Zusam menarbeit mit der regionalen Kinderund Jugendhilfe und den Sozialpsy chiatrischen Diensten noch häufig dem jeweiligen individuellen En gagement auf lokaler Ebene über lassen – wenn auch mit teilweise sehr guten Ergebnissen. Demgegenüber stellt sich fachlich weniger die Frage, welche Institution zuständig ist, sondern mehr, wie Angebote für psychisch kranke Eltern und deren Kinder aus den oben genannten Bereichen der medizinischen Versorgung, der Kin der- und Jugendhilfe und der psy chosozialen Angebote miteinander besser verbunden werden können – und dass diese Hilfen möglichst zu einem „frühen Zeitpunkt“ im Leben der Kinder und deren Familien ein setzen. An diesem Punkt will ein Projekt ansetzen, das Kinder und deren psychisch kranke Eltern unter Einbeziehung außerfamiliärer Kin derbetreuung fördern soll. Die Fachtagung „Frühe Hil fen“ im April 2015 brachte erstmals die wichtigsten Handlungspartner und Ideengeber zwei Tage lang in Regensburg an einen Tisch. Initiator war die medbo Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (KJP), der mit der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH) und der Katholischen Jugendfürsorge Regensburg von Anfang an wichtige Kooperationspartner zur Seite stan den. Dr. Christian Rexroth, Chefarzt und Ärztlicher Direktor (komm.) der KJP leitet als Sprecher die Arbeits gruppe „Kinder und psychisch kran ke Eltern“ des Regionalen Steue rungsverbundes des Versorgungs gebietes Regensburg (PSAG), wel che sich aus Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlichster Ein richtungen der sozialpsychiatri schen, medizinischen Versorgung und Jugendhilfe von Kindern, Ju gendlichen und Erwachsenen zu sammen setzt und spiegelt damit den interdisziplinären und multipro fessionellen Ansatz bei dieser The matik beispielhaft wider. Mit dieser Fachtagung sollte auch Prof. Dr. Klaus E. Grossmann anlässlich seines 80. Geburtstages gewürdigt werden, der ein hoch an erkannter Lehrer und Förderer ist und den viele Fachleute aus dem wissenschaftlichen Diskurs kennen und schätzen gelernt haben. Unterstützt wurde die Tagung nicht zuletzt durch die Bayerischen Staatsministerien für Gesundheit und Pflege sowie Arbeit und Sozia les, Familie und Integration. Die Bundesinitiative Frühe Hilfen förder te überdies die Tagung großzügig. Regensburger Partner: Kinder- und Jugendpsychiatrie Das Frühe-Hilfen-Engagement der Regensburger KJP kommt nicht von ungefähr, kommen seit einiger Zeit zunehmend auch Säuglinge in die KJP-Ambulanz. Deren Eltern ma chen sich häufig Sorgen um die Ent wicklung ihrer Kinder, zum Beispiel in Bezug auf Schreien, Schlafen, Füt tern, Anklammern, Kommunikation, Sprache, Trotz oder Spielunlust. Ge rade Kinder im Altersbereich bis drei Jahre sind in besonderem Maße von der Versorgung ihrer Eltern abhän gig. Wenn die Eltern beziehungswei se ein Elternteil durch eine psychi sche Erkrankung beispielsweise eine negative Haltung gegenüber dem Kind einnehmen, die Emotionen und Bedürfnisse ihrer Sprösslinge nicht adäquat wahrnehmen oder mit der Betreuung überfordert sind, dann kann sich das auf die Entwicklung der Kinder auswirken. Häufig kom men auch noch weitere psychosozia le Belastungsfaktoren wie finanzielle Sorgen, partnerschaftliche Probleme oder Arbeitslosigkeit dazu. Deswe gen ist es von enormer Wichtig keit, den psychisch kranken El tern(-teilen) und ihren Kin dern rasch, kompetent und interdisziplinär im multiprofessionellen Team zu helfen und möglichst zeitnah darauf hinzuwir ken, dass sich die Kinder gut entwickeln kön nen. Gerade bei diesen ganz jun gen Patienten ist eine schnelle und unkomplizierte Ko operation, wie die KJP sie mit den er wachsenenpsychiatri schen Kollegen, insbe sondere mit der Psychiatrischen Instituts ambulanz unter Leitung von PD Dr. Berthold Lang guth, und der regionalen Jugendhilfe pflegt, von gro ßer Wichtigkeit. Regensburger Partner: Katholische Jugendfürsorge Zweiter Partner ist die Katho lische Jugendfürsorge der Diözese Regensburg, die als Teil der Jugend hilfe mit ihren zehn Erziehungsbera tungsstellen (EB) in der Diözese Re gensburg einen wesentlichen Fach 35 36 SYNAPSE Mai KJP Klaus und Karin Grossmanns Lebenswerk: Bindungsforschung Zu Beginn der Siebzigerjahre begannen Klaus und Karin Grossmann als erste in Deutschland mit der Grundla genforschung zur Entwicklung von Bindungen zwischen Eltern und Kind – zunächst in Bielefeld, ab 1978 an der Universität Regensburg. Sie fingen an, Kinder und ihre Familien von der Geburt bis ins Erwachsenenleben zu beobachten und waren bereit, tatsächlich langfristig zu dokumentieren, wie sich Menschen entwickeln. So wurde die Theorie von Anfang an von der Wirklichkeit des Beobachteten geprägt und nicht von den Wünschen der Forschenden selbst. Der Ansatz, genau zu beobachten, auf den einzelnen Menschen zu schauen und ihn ganzheitlich wahrzuneh men, ist auch für die Praxis in der Jugendhilfe, sei es in der Beratung oder in den (teil-)stationären Hilfen, elementar. Das Forscherehepaar Grossmann konnte auch für deutsche Familien nachweisen, dass die Bindungserfahrun gen von Kindern mit den wichtigen Bindungspersonen die Grundlage für das (Ur-)Vertrauen in sich, in andere und die Welt darstellen. Klaus und Karin Grossmann haben die Bindungsforschung selbst und damit auch die Perspektive erweitert: So machten sie immer deutlich, dass gelingende Bindungen die Grundlage für das Lernen, eine gute Selbstständigkeit und die Autonomie des Kindes sind. Sie konnten zeigen, dass die Väter den Müttern gleichrangige Bindungspersonen sind und dass sie in der fachlichen Arbeit mit einbezogen werden müssen, um die kindliche Entwicklung zu fördern, vor allem um die Problemlösefähigkeiten der Kinder zu stärken. Das Forscherehepaar legte auch besonderen Wert auf die Bedeutung der Sprache für die Bindungsentwicklung. Menschen verfügen über ein besonderes Bewusstsein: Erinnerungen und die Sprache geben einem Menschen die Möglichkeit, Vergangenes zu reflektieren, Aktuelles und Zukünftiges zu bewerten und sich selbst besser zu verstehen. Damit wird die Grundlage für die eigene innere Sicherheit gelegt. Für die praktische Arbeit bedeutet dies, Kinder, Jugendliche und Eltern anzuregen, miteinander zu reden, sich zu öffnen, sich wichtige Empfindun gen mitzuteilen und sich auszutauschen. Die Bindungsforschung von Klaus und Karin Grossmann trifft das Herz dessen, was Menschsein ausmacht: Sie beleuchtet die Frage, was Eltern an Fürsorge und Liebe an ihre Kinder weitergeben. Sie gibt vielfältige Anregungen, was wie zu tun ist, um ängstigende und kränkende Erfahrungen in Familienbeziehungen zu beenden, negative Teufelskreise zu unterbrechen und Hoffnung und Zuversicht in menschlichen Entwicklungswegen zu säen. Daran mitzuwirken ist eine wundervolle Aufgabe von allen Fachleu ten in Kindertageseinrichtungen, Schulen, Medizin und Jugendhilfe. (Quelle: Hermann Scheuerer-Englisch, Aktion Kontakte 2/2014) SYNAPSE Mai KJP beratungsdienst der Jugendhilfe und der psychosozialen Grundversor gung auch für (sehr) kleine Kinder und ihre Eltern anbietet. Die Eltern können sich unbürokratisch, freiwil lig und für sie kostenfrei an eine EB-Stelle wenden, die es in jeder Kommune gibt. Experten fordern vor allem früh ansetzende, auf eine Vertrau ensbeziehung aufbauende Hilfen, die sich an gefährdete Familien wen den, ohne nur das Thema Kindes wohlgefährdung allein in den Fokus zu nehmen. Erziehungsberatung wendet sich in dieser offenen, nied rigschwelligen Form an Eltern von Kleinkindern. Bei stark überforderten Familien ist ein besonderes Arbeits bündnis von Hilfen nötig. Hier sind eine Früherkennung und Anbahnung von Hilfen durch die „natürlichen“ Anlaufstellen, etwa Geburtsklinik, Hebamme, Kinderarzt, Krippen und Tagesmütter sowie die Koordinieren den Kinderschutzstellen (KoKi) er forderlich. Die Erziehungsberatung stellt dann eine weitergehende in tensive Hilfe zur Erziehung dar und ist häufig in der „zweiten“ Reihe für die pädagogisch-therapeutische Be gleitung von Familien im Rahmen des Gesamtnetzwerkes von „Frühen Hilfen“ zuständig. Regensburger Partner: Ostbayerische Technische Hochschule (OTH) Regensburg Auch die Fakultät Angewandte Sozi al- und Gesundheitswissenschaften der OTH Regensburg ist Kooperati onspartnerin der Fachtagung. Das Thema „Frühe Hilfen“ ist zum einen für Studierende der Sozialen Arbeit von großer Bedeutung, spielt aber auch im Rahmen von Forschungs schwerpunkten an der OTH eine wichtige Rolle. Das Besondere am Konzept dieser Fachtagung aus Per spektive der OTH war der interdiszi plinäre Blick von Seiten der Pädago gik, der Psychologie, der Medizin (und hier insbesondere der Psychia trie und Psychotherapie sowie Kin der- und Jugendpsychiatrie) und nicht zuletzt der Sozialen Arbeit auf das Thema Frühe Hilfen: Dieser Blick entspricht auf wissenschaftli cher Ebene gewissermaßen dem, was seit Inkrafttreten des Kinder schutzgesetzes im Jahr 2012 auch in der Praxis der Frühen Hilfen um gesetzt werden sollte beziehungs weise bereits umgesetzt wird. Fazit Die Fachtagung „Frühe Hilfen – Ko operativ Bindungen stärken und Kinder schützen“ setzte fachliche Impulse zur Umsetzung von Frü hen Hilfen und Kinderschutz aus den verschiedenen Professionen, ermöglichte ein gegenseitiges Ken nenlernen unterschiedlicher Ansät ze und Kooperationsformen und unterstützte auf diese Weise die Entwicklung gemeinsamer Sicht weisen und die Organisation von funktionierenden Schnittstellen. Dr. Christian A. Rexroth ist Chefarzt und Ärztlicher Direktor (komm.) der medbo Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psycho therapie, Dr. Hermann ScheuererEnglisch ist fachlicher Sprecher der Erziehungs-, Familien- und Jugendberatungsstellen der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg und Leiter der Regensburger Stelle und Prof. Dr. Klaudia Winkler ist Vizepräsidentin der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg 37 38 SYNAPSE Mai Forensik SYNAPSE Mai Forensik Forensik-Chef Dr. Wolfgang Mache (3.v.r.) und AT-Leiter Detlef Dlugos (6. v. l.) zeigen JVA-Leiter Christian Gessenharter (4.v.r.) und seinem Team Arbeitstherapie-Räume Besuch der JVA Regensburg in der Forensik Strafvollzug trifft Maßregelvollzug Sie haben vieles gemeinsam: Beide Einrichtungen sichern Straftäter am Standort Regensburg, interagieren mit Justiz, Polizei und anderen Behörden. Nicht zuletzt waren viele Maßregelvollzugspatienten zuvor im Strafvollzug und umgekehrt. Aber ein paar Sichtweisen sind doch anders. standards. Hohe Zäune und Mauern, vergitterte Fenster, Doppelschleusen an den Eingängen – das sind nur die sichtbaren äußeren Merkmale dieser Aufgabe. Auch das Ziel, die Resozia lisierung der Häftlinge respektive Fo rensik-Patienten zu fördern, sie auf ein Leben „draußen“ vorzubereiten, teilen die Einrichtungen. A Wesentlicher Unterschied: Erprobungskonzept im Maßregelvollzug nfang Februar folgten Vertreter der Regensburger Justizvoll zugsanstalt (JVA) – allen voran der Leiter der JVA, Leitender Regie rungsdirektor Christian Gessenhar ter – der Einladung Dr. Wolfgang Maches, des Ärztlichen Direktors des Maßregelvollzugs am Bezirkskli nikum. Idee des Treffens war, den JVA-Kollegen die Arbeit und die Ein richtungen der Regensburger Klinik für Forensische Psychiatrie und Psy chotherapie vorzustellen. Damit soll te der bereits bei einem Besuch Dr. Maches mit ärztlichen Kollegen in der JVA Regensburg im Oktober 2014 gepflegte Dialog fortgesetzt werden. Denn beide Institutionen kümmern sich auf der Basis gerichtlicher Entscheidungen um Straftäter. Der we sentliche Unterschied ist aber, dass viele der Straftäter, die in einer forensischen Klinik un tergebracht sind, nach richterlicher Einschät zung aufgrund einer psy chischen oder einer Ab hängigkeitserkrankung nicht schuldfähig sind: Wesentliche Aufgabe der Forensik ist daher die The rapie der Patienten. Ent sprechend ist der Maßregel vollzugsleiter in erster Linie Arzt und nicht Jurist. Dennoch sind die „äu ßeren Umstände“ in beiden Einrichtungen durchaus vergleichbar: Sowohl in der JVA als auch in der Forensik gelten strenge Sicherheits Der wesentliche Unterschied be steht darin, dass der Maßregelvoll zug im Rahmen der Therapie auf Erprobungskonzepte setzt: Je nach Therapiefortschritt können dem Pati enten nach und nach sogenannte Lockerungen gewährt werden – nach intensiver Abwägung eines je den Einzelfalls. „Lockerung bedeu tet, die Absprachefähigkeit und Zu verlässigkeit der Patienten zu erpro ben: Anfangs ein kurzer Spaziergang in der Gruppe mit Pflegern auf dem Gelände des Bezirksklinikums oder als Entlassungsvorbereitung mehre re Tage Urlaub“, erläutert Dr. Mache. Natürlich sei hiermit immer auch ein gewisses Risiko des Lockerungs missbrauchs verbunden, das heißt, dass der Patient beispielsweise nicht pünktlich zurückkehrt oder dass er sich zwischendurch nicht wie verein bart meldet. „Ein gewisses Maß an Vertrauensvorschuss ist erforderlich, da wichtige soziale Kompetenzen nicht in der geschlossenen Klinik, sondern nur draußen im richtigen Leben erprobt werden können“. Ein Missbrauch der Lockerung hat ent sprechend schwere Konsequenzen: Er kann sogar zum Abbruch des Maßregelvollzugs führen und die so fortige Unterbringung in der JVA zur Folge haben. Hingegen sind im Justizvoll zug Lockerungsanträge von Gefan genen (zum Beispiel auf Ausgang oder Freigang) zwingend abzuleh nen, wenn Flucht- oder Missbrauchs gefahr zu befürchten ist. „Es ist für uns Justizvollzugs beamte wichtig, Einblicke in den Maßregelvollzug und Informationen rund um diese ganz spezielle Grup pe von Straftätern zu bekommen“, stellt Christian Gessenharter fest. Konzeptionelle Unterschiede – Paradebeispiel: Fernsehen Aber auch ganz praktische Aspekte spielten bei der Begegnung zwi schen JVA und Forensik eine Rolle: Wie kann man die Übergabe von Pa tienten, deren Maßregel abgebro chen wurde, an die JVA effizient ge stalten? Welche Erfahrungen haben beide Einrichtungen im Umgang mit Gerichten und Behörden aller Art? Und als ganz konkretes Thema: Ma chen Fernsehgeräte auf den Zim mern – in der JVA Regensburg sind solche in den Hafträumen gestattet – auch in der Forensik Sinn? Ein kei nesfalls triviales Problem: Foren sik-Patienten sollen zum Beispiel lernen, einer sinnvollen Tagesstruk tur zu folgen. Da dies zwar Teil des therapeutischen Prozesses, aber dennoch von der Freiwilligkeit der Patienten abhängt, könnte Zugang zu TV auf den Zimmern kontrapro duktiv sein. „Ganz davon abgese hen, dass es in der Forensik keine Einzelzimmer gibt – die Frage, wer das Fernsehprogramm bestimmt und die Fernbedienung steuert, könnte zu einigen Problemen führen: Hier könnte es durchaus zu ernsten Kri sen innerhalb einer Gruppe von psy chisch erkrankten Menschen kom men“, erklärt Dr. Mache. Fernseher im Justizvollzug sind jedoch kein Resozialisierungs ersatz. Doch können aufgrund der Klientel in der JVA Regensburg so wie einer überwiegenden Einzelun terbringung oder einer gemein schaftlichen Unterbringung der Ge fangenen in kleineren Einheiten als Lockerungsmissbrauch versus Flucht Lockerungsmissbrauch ist nicht gleichzusetzen mit Flucht: Bei einer Flucht entfernt sich der Patient ohne Absprache aus der Klinik. Ein Lockerungsmissbrauch liegt vor, wenn der Patient nicht von einer genehmigten Lockerung zurückkehrt. Auf die etwa 100.000 durch die Regensburger Forensik pro Jahr ausgesprochenen Lockerungen kommen durchschnittlich 16 Ent weichungen – mehrheitlich verursacht durch Patienten, die nicht von der Lockerung zurückkehrten. In den letzten 20 Jahren gab es lediglich zwei klassische Fluchten, die zu zusätzlichen technischen Sicherungsmaßnahmen führten. Bei Lockerungsmissbräuchen kommt es häufig zu Suchtmittelrück fällen, aber nicht zu weiter gehenden Straftaten. Die Hälfte der Entwichenen kommt selbstständig – verspätet – in die Klinik zurück. im Maßregelvollzug andere Schwer punkte des Vollzugs gesetzt werden: stellt doch auch die Informations möglichkeit via Fernseher ein we sentliches Fenster zur Freiheit dar. In anderen Justizvollzugsanstalten ist es jedoch gegebenenfalls ebenso sinnvoll und notwendig, auf sozi altherapeutischen Stationen keinen Fernseher auf dem Haftraum zuzu lassen. Das Thema muss also sehr differenziert betrachtet werden. Resozialisierung konkret: Arbeitstherapie Besonders interessiert waren die Gäste der JVA an der Arbeitsthera pie (AT). Detlef Dlugos, Leiter der Forensischen AT, erklärte den grundsätzlichen Ansatz: Arbeitsthe rapie als Möglichkeit zu sinnstiften der, den Fähigkeiten, aber auch den Grenzen des einzelnen Patienten gerecht werdender Tätigkeit. So können Patienten in der Forensik nicht nur einen Schulabschluss nachholen, sondern Arbeitsfelder wie Schreinerei, Schlosserei oder Elektrik für sich erkunden. „Für viele Patienten ist dies eine ganz wichtige Erkenntnis: Ich habe Fähigkeiten, von denen ich bislang nichts wusste und die mir im Leben draußen viel leicht helfen können“, kommentiert Dlugos. Aber auch für Langzeitpati enten – häufig mit schweren psychi schen Erkrankungen – ist die AT ein Anker: Für diese Menschen ist die Klinik der Mikrokosmos, in dem sich ihr gesamtes Leben abspielt. Die Ar beitstherapie bringt ein Stück nor males Leben, und nicht nur blanke Beschäftigung. Diese Erkenntnisse teilen Maßregelvollzug und Justizvollzug gleichermaßen: auch in der JVA geht es um die Wiedergewinnung von Ta gesstruktur und Lebenssinn. Hierbei sind beispielsweise in der Justizvoll zugsanstalt Regensburg auch die Angebote an Arbeit, Freizeit und Ge sprächen zu nennen: Maßnahmen, die einer ständigen Entwicklung be dürfen. (RNE) 39 40 SYNAPSE Mai Forensik SYNAPSE Mai Forensik Acht Fragen und einige Antworten Patientenbefragung in der Forensik Besonders interessant/hilfreich finde ich hier: • dass man hier mehrere Möglichkeiten hat, was zu machen • dass ich lerne, mit Frust umzugehen Tacheles Tacheles reden – also kein Blatt vor den Mund nehmen: Das durften und sollten die Patienten der Regensburger Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie. In einer ungewöhnlichen Befragungsaktion konnten die Maßregelvollzugs-Patienten Wünsche, Kritik und Lob äußern. Die Ergebnisse sind durchaus überraschend. am Bezirksklinikum Regensburg, die Aktion. Damit die Mitarbeiter vonein ander lernen, wurden bereits funktio nierende Wege des Erfahrungsaus tauschs und des Feedbacks etab liert: Ob Mitarbeitergespräche oder Führungsfeedback, ob Gedanken austausch mit der Strafjustiz und an deren kooperierenden Einrichtungen oder größere Fachkonferenzen. Lernende Organisation Warum nicht auch die Patien ten selber fragen? Diese werden zwar schon seit Jahren im Rahmen einer kontinuierlichen katamnesti schen Erhebung in der Phase nach ihrer Entlassung befragt. Im Dezem ber 2014 ging man in der Forensi schen Klinik aber noch einen Schritt weiter: Auf allen forensischen Statio nen wurden acht Fragen ausgehängt und die Patienten bekamen die Mög lichkeit, anonym ihre Gedanken und Antworten zu äußern. „Die Forensik möchte eine lernende Organisation sein“ erläutert Dr. Wolf gang Mache, Maßregelvollzugsleiter Überraschend war für die Kli nikleitung die sehr große Bereit schaft der Patienten, sich zu äußern D as Befragungsmittel war einfach: Auf den Stationen wurden große Plakate aufgehängt, auf die die knapp 200 Patienten über mehrere Tage ihre Botschaften an die Klinik leitung schreiben konnten. Auf diese Weise konnten die Patienten auch die Einträge der anderen sehen, sich inspirieren lassen, sich anschließen oder Gegenposition beziehen. Volle Weiterbildungsbefugnis Forensische Psychiatrie Dr. Wolfgang Mache, Ärztlicher Di rektor der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirksklinikum Regensburg, hat Anfang Februar 2015 per Bescheid der Landesärztekammer Bayern die volle Weiterbildungsbefugnis für den Schwerpunkt Forensische Psychiat rie erhalten. Damit ist Dr. Mache ei ner von nur drei Ärzten in Bayern mit voller Weiterbildungsbefugnis in der Forensik. Die Ermächtigung gilt für drei Jahre. (RNE) und Rückmeldungen zu geben. Vie le Bemerkungen waren in einem schlechten Deutsch formuliert, Rechtschreibschwächen traten zuta ge, aber dies war nicht wichtig! Aus den Antworten der Pati enten wurde sehr deutlich, dass sie wenig Kenntnis haben über die Zwänge, mit denen auch die Mitar beiter der Klinik konfrontiert sind. Aus vielen Antworten wurde deutlich, dass die therapeutischen Ziele und Überlegungen, wie sie im Klinikkon zept formuliert sind, auch von den Patienten verstanden und erlebt wer den. Deutlich wurde auch der große Unterschied zwischen dem Alltag in einer Justizvollzugsanstalt und der Maßregelvollzugsklinik. Manche Pa tienten formulierten sehr menschli che Überlegungen. Überraschend war auch die insgesamt recht positi ve Resonanz seitens der Patienten, die sich allerdings mit den Ergebnis sen der regelmäßigen Patientenbe fragungen nach Entlassung decken. Und so ging es weiter … Die Antworten der Patienten wurden allen Mitarbeitern zur Verfügung ge stellt und auf der Ebene der einzel nen Stationen in den Teams disku tiert. Im nächsten Schritt wurde in Anwesenheit des Ärztlichen Direk tors auf den verschiedenen Statio nen mit den Patienten über ihre Ge danken gesprochen. Hierbei ging es darum, den Patienten manches zu erklären, aber auch nützliche und zum Teil kritische Anregungen sei tens der Patienten aufzunehmen und eventuelle Maßnahmen zu er greifen. Immer besteht auch die Ten denz, Verantwortung für Konflikte und Probleme mehr auf der jeweils anderen Seite zu sehen, und die ei genen Anteile zu vernachlässigen. Derzeit wird überlegt, ob eine derartige Befragung nicht jedes Jahr stattfinden sollte, da sie sehr viel mehr Patienten erreicht als die bis her üblichen Gesprächstermine der Krankenhausleitung mit den Patien tensprechern der Stationen. (RNE) Was ich schon immer sagen wollte: • Nur der Patient macht die Fehler, so wird alles hingestellt • Mehr Taschengeld • Dass Moslems viel zu wenig Essensauswahl haben Wenn ich Chef der Klinik wäre, dann würde ich: • Für jede Station mehr Fahrzeuge und Fahrräder bereit stellen • Internetzugang und in jedem Zimmer einen Fernseher Wenn es leicht wäre mich zu ändern, dann wäre ich gerne: • Ein gutes Vorbild gegenüber meinen Kindern • Jemand, der sich besser durchsetzen kann • So wie ich jetzt bin. Endlich am Boden der Tatsachen, statt ewig auf der Jagd und Überholspur Folgende Erkenntnisse habe ich hier gewonnen: • Dass das Leben auch ohne Drogen schön sein kann • Dass es nichts schwereres gibt, als die Auseinandersetzung mit sich selbst und sich seine Fehler einzugestehen • Reden befreit! Wenn es Ärger zwischen mir und dem Team/einzelnen Teammitgliedern gibt, dann …. • Lösung finden, Gespräch suchen! • Gehe ich der Situation aus dem Weg und versuche nach Beruhigung die Sache zu klären Unterschiede zwischen hier und der Justizvollzugsanstalt: • Mehr Freiheit, eigene Kleidung • Hier hat ein Rückfall oder Regelverstoß manchmal (öfter) härtere Konsequenzen • Nahezu angstfrei vor Gewalt und Mobbing Wenn ich meine Mitpatienten ändern könnte, dann … • Ich muss mich ändern – nicht die anderen • Würde ich sie zu der Einsicht bringen wollen, dass die Freiheit des Einzelnen dort aufhört, wo die Freiheit des Anderen beginnt (Auszüge aus den Rückmeldungen der Patienten) 41 42 SYNAPSE Mai Forensik SYNAPSE Mai Forensik Bezirkskrankenhaus Parsberg Voller Ideen und Visionen Parsberger Jugendforensik entstand Ende der 1970er Jahre und ist subs tantiell aber auch konzeptionell in die Jahre gekommen. Damals steck ten die Konzepte für Entwöhnungs therapien noch in den Kinderschu hen. Die Klinik für Junge Drogenab hängige war damals ein Pilotprojekt: Bis heute ist sie die einzige ihrer Art in Deutschland. Nach modernen Maßstäben ist die bauliche Struktur für die Behandlung von jungen suchtkranken Patienten nicht mehr geeignet. Die Bausubstanz erfüllt keinerlei zeitgemäße energetische Vorgaben und ist in Teilen sanie rungsbedürftig. „Wir stoßen immer wieder an die Grenzen der Infra struktur“, berichtet Dr. Schlögl. Parsberger Maßregelvollzugskliniken Es waren tiefgreifende Veränderungen, die sich 2012 im Bezirkskrankenhaus Parsberg angekündigt haben: Ein umfassendes neues Konzept für die Klinik für Junge Drogenabhängige wurde umgesetzt. Und nicht zuletzt rücken die Jugendforensik und die Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie enger zusammen. E ine Arbeitsgruppe unter Leitung von Dr. Fried-Eckart Seier, Medi zinischer Direktor der medbo, Dr. Christian Schlögl, Ärztlicher Direktor beider Kliniken, Mitarbeitern der bei den Parsberger Kliniken sowie „ex ternen“ Beratern aus der Forensik und der Kinder- und Jugendpsychia trie am Bezirksklinikum Regensburg beschäftigte sich in vielen Sitzungen mit der Definition eines neuen, inte grierten Klinikkonzepts für beide Parsberger Maßregel-Vollzugsein richtungen. Die größte Veränderung war die Abschaffung der sequenziellen Therapie in der Klinik für Junge Drogenabhängige. In dieser Klinik werden per Gerichtsbeschluss ju gendliche und heranwachsende Suchtpatienten therapiert, die im Zu sammenhang mit einer Abhängig keitserkrankung straffällig geworden sind. Bis August 2012 durchliefen die Patienten vier Stationen mit jeweils eigenen Behandlungs-Konzepten, Teams und Lockerungsstufen. Mit je der Verlegung wechselte auch das Behandlungsteam. Dieses Konzept verhinderte eine kontinuierliche Be handlung und erschwerte die Bezie hungsgestaltung zwischen den The rapeuten und den Patienten. 1 plus 3 für mehr Behandlungskontinuität Das neue Konzept arbeitet seit fast drei Jahren erfolgreich mit einer Auf nahmestation und drei Therapiestati onen. Der Patient ist in der Regel über den gesamten Behandlungs zeitraum auf einer Station und durch läuft dort alle Lockerungen. Das heißt, je nach Therapieerfolg, Ab sprachefähigkeit und Einsicht in die Zusammenhänge zwischen eigener Abhängigkeit und Straffälligkeit wird der Maßregelvollzug gelockert und der Patient kann Stück für Stück mehr Zeit außerhalb der Klinik ver bringen. In diesem Modell gibt es fes te Bezugspersonen, die den Patien ten in der Therapie begleiten. Die Behandlungskontinuität wirkt sich positiv auf die Patienten aus, die meist aus ihren bisherigen Leben vie le Beziehungsabbrüche zu Bezugs personen kennen und entsprechende Bindungsstörungen aufweisen. Ergänzend konnten mit ei nem vergrößerten Team an Ärzten und Therapeuten die Qualität und Quantität der psychotherapeuti schen Behandlung verbessert wer den. Großen Stellenwert nehmen neben der Ergo- und Arbeitstherapie gerade auch Sporttherapie und der große Themenbereich „Beschulung“ ein. Ob Staplerfahrerschein oder so gar qualifizierender Mittelschulab schluss: Die Patienten können ihre häufig vorhandenen Schul- und Prü fungsängste überwinden lernen und mehr Selbstvertrauen gewinnen. Die neu erworbenen Fähigkeiten helfen ihnen beim Neuanfang nach ihrer Zeit im Maßregelvollzug. Ein kon stantes Behandlerteam begleitet die Patienten bei der Resozialisierungs phase auch nach dem klinischen Aufenthalt: hier steht die Forensi sche Ambulanz im Anschluss zur Verfügung. Dass der Behandlungs erfolg in Parsberg nachhaltig ist, wird in einer laufenden katamnesti schen Studie kontinuierlich erfasst und nachgewiesen. Rückfälle in den Drogenmissbrauch oder in die Straf fälligkeit sind zwar nicht ausge schlossen, aber deutlich minimiert. Enge Kooperation Die Parsberger Maßregelvollzugs kliniken sind durch das neue Klinik konzept enger zusammengerückt. Die intensive Kooperation ermög licht eine Erweiterung des thera peutischen Angebots in beiden Kli niken, beispielsweise in den Berei chen Sport und Arbeitstherapie. „Es gibt keine Verlierer“, beschreibt Dr. Schlögl das Miteinander. Eine Zu sammenarbeit findet auch in ge meinsamen Klinikkonferenzen, Fort- und Weiterbildungen statt. Die Forensik in Regensburg und die Kli nik für Kinder- und Jugendpsychia trie stehen mit Parsberg in regelmä ßigem, effizientem Austausch. Dr. Schlögl selbst sieht die beiden Kli nikteile in Parsberg auf einem guten Kurs. „Derzeit sind alle Stellen in allen Berufsgruppen mit gut qualifi zierten Mitarbeitern besetzt“, kann er für den Moment bilanzieren. Sorgen machen Dr. Schlögl die baulichen Voraussetzungen. Die Das wird seiner Meinung in der nahen Zukunft nicht besser: „Die Aufmerksamkeit der Gerichte be züglich Straftaten in Folge von Suchtmittelkonsum hat sich in den letzten Jahren erhöht“. So prognos tiziert Dr. Schlögl, dass die Zahl der jugendlichen drogenabhängi gen Straftäter zunehmen wird. Da her wünscht sich der Ärztliche Direk tor einen Neubau. Derzeit werde geprüft, ob ein Neubau möglich wäre. „Es gibt Vorgespräche“, sagt er vorsichtig, da die Anträge erst ein mal gestellt werden müssen. (LHO) Zur Person: Dr. Christian Schlögl, Ärztlicher Direktor und Maßregelvollzugsleiter am Bezirkskrankenhaus Parsberg Der gebürtige Nürnberger Dr. Christian Schlögl studierte an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen Humanmedizin. Sein letztes Studienjahr absolvierte er an der Universität Regensburg. Das wurde für seine Zukunft richtungsweisend. Nach einem Jahr im Bereich der Inneren Medizin wandte er sich der Psychiatrie und Psychotherapie zu. Ab September 1999 arbeitete Dr. Schlögl am Bezirksklinikum Regensburg. 2005 machte er die Facharztprüfung für Psychiatrie und Psychotherapie. Zwei Jahre zuvor begann er in der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in Regensburg, wo er 2006 zum Oberarzt befördert wurde. 2008 kam die Ernennung zum Leitenden Oberarzt und damit zum stellvertretenden Maßregelvollzugsleiter. Im April 2012 übernahm Dr. Schlögl die kommissarische Leitung der Kliniken für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie beziehungsweise für Junge Drogenabhängige am Bezirkskrankenhaus Parsberg. Rückwirkend zum 1. Oktober 2014 wurde er zum Ärztlichen Direktor ernannt. 43 44 SYNAPSE Februar medbo Umgang mit Gefahrstoffen in der medbo F+ Hochentzündlich A ber auch Sauerstoff (brandför dernd) ist ein Gefahrstoff. Weite re Gefahrstoffe finden sich in den Bereichen der Arbeits- und Ergothe rapien sowie der Werkstätten (etwa Farben, Lacke, Lösemittel, Holz stäube). Gefährliche Stoffe können fest (etwa staubförmig), flüssig oder gasförmig sein. Sie können durch Einatmen, Verschlucken und durch die Haut in den Körper gelangen. Wichtigste Voraussetzung für den gefahrlosen Umgang mit Ge Entzündlich GHS02 FLeichentzündlich Brandfördernd GHS03 OBrandfördernd Peter Hahn Stoffe mit gefährlichen Eigenschaften finden sich nicht nur in der chemischen Industrie, sondern in nahezu allen Bereichen unseres beruflichen und privaten Lebens. In Deutschland werden wahrscheinlich mehr als fünfzigtausend Gefahrstoffe gehandelt. Im Gesundheits- und Pflegedienst kann man diese zum Beispiel im Umgang mit Desinfektions- und Reinigungsmitteln antreffen. Explosionsgefährlich GHS01 EExplosionsgefährlich SYNAPSE Februar medbo Unter Druck stehende Gase GHS04 Ätzend GHS05 CÄtzend gen Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Als Informationsquellen ste hen hierfür unter anderem die Anga ben auf den Verpackungen, die Be triebsanweisung und die Unterwei sung, die Sicherheitsdatenblätter und die Informationsschriften der Hersteller oder Vertreiber zur Verfü gung. Tipps zum Umgang mit Gefahrstoffen Wie erkennt man gefährliche Stoffe? wurde das „Global Harmonisierte System“ (GHS) durch die CLP-Ver ordnung der EU mit einer Übergangs frist bis 1. Dezember 2010 für Stoffe, und 1. Juni 2015 bei Gemischen ein geführt. In dieser Zeit kann man ne ben den noch gültigen orangefarbe nen Symbolen auch bereits die neu en rot-weißen GHS-Piktogramme finden. Abbildung 1 gibt eine Über sicht über die alten Gefahrensymbole und die neuen GHS-Piktogramme sowie die möglichen Bedeutungen in kurzer und einfacher Form. Um die Kennzeichnung der Gefahr stoffe weltweit zu vereinheitlichen, Neben den Gefahrensymbo len muss die Kennzeichnung von fahrstoffen ist die Kenntnis ihrer Ei genschaften und, daraus abgeleitet, die richtige Wahl der zu treffenden Schutzmaßnahmen. Ziel ist die Ver meidung von Gesundheits-, Sachund Umweltgefährdungen beim Umgang mit gefährlichen Stoffen. Wenn die gegebenen Hinweise (Etikett, Betriebsanweisungen) be achtet werden, besteht ausreichen de Sicherheit. STOP-Prinzip bei der medbo: Diese Maßnahmen unternimmt die medbo zum Schutz ihrer Belegschaft vor Gefahrstoffen. S = Substitutionsmaßnahmen Der Ersatz gefährlicher Substanzen durch ungefähr liche beziehungsweise weniger gefährliche ist der beste Weg, eine Gefährdung durch Gefahrstoffe zu vermeiden. Ob dies möglich ist, muss daher grund sätzlich immer vor dem Umgang mit solchen Stoffen geprüft werden. Bereits bei der Beschaffung von Arbeitsstoffen in der medbo wird geprüft, ob ein Produkt, welches als Gefahrstoff deklariert ist, nicht durch ein anderes ohne Gefahrstoffkennzeichnung ersetzt werden kann. So werden beispielsweise lösungsmittelhaltige Farben durch sogenannte „Wasserlacke“ ersetzt. Die eingesetzten Gefahrstoffe werden so auf ein Minimum begrenzt. Ganz ohne Gefahrstoffe geht es jedoch leider nicht. T = Technische Maßnahmen Viele gefährliche Stoffe lassen sich nicht oder zumin dest zum heutigen Zeitpunkt noch nicht ersetzen oder in weniger gefährliche Verwendungsformen überführen. Deshalb müssen vorrangig technische Maßnahmen zum Schutz vor den Einwirkungen von Gefahrstoffen getroffen werden. Technische Maß nahmen beruhen auf folgenden Prinzipien: Vermei dung von Schadstoffaustritten, Absaugung – vor zugsweise am Entstehungsort, Be- und Entlüftung der Arbeitsträume. O = Organisatorische Maßnahmen Hierunter fallen zum Beispiel Hinweis-Tafeln oder Übungen zu Erste-Hilfe-Maßnahmen beim Umgang mit Gefahrstoffen und Informationen zu Gefahrstof fen. P = Persönliche Schutzmaßnahmen Reichen technische und organisatorische Maßnah men nicht aus, um den Schutz vor gesundheitsge fährdenden Stoffen zu gewährleisten, müssen zusätzlich persönliche Schutzausrüstungen vom Unternehmer zur Verfügung gestellt und von den Beschäftigten entsprechend der Betriebsanweisung benutzt werden. Je nachdem, welche Körperteile gefährdet sind, bieten sich Schutzausrüstungen wie Schutzhandschuhe und -schuhe, Augen-, Gesichtsund Kopfschutz, Atemschutz an. Die erforderliche Schutzausrüstung wird durch die medbo bereitge stellt. T+ Sehr giftig Giftig GHS06 TGiftig Xl Reizend Reizend GHS07 XnGesundheitsschädlich Gesundheitsschädlich GHS08 NUmweltgefährlich Umweltschädlich GHS09 Abbildung 1: Alte und neue Gefahrensymbole Gefahrstoffen unter anderem folgen de zusätzliche Angaben enthalten: Name des Stoffes, Hinweise auf be sondere Gefahren (H-Sätze), Si cherheitsratschläge (P-Sätze) sowie Name, Anschrift und Telefonnummer des Herstellers, Einführers oder Ver treibers. Ein Beispiel für eine korrek te Erläuterung eines Gefahrstoffes zeigt Abbildung 2. Evaluierung Gefährdungspotenzial am Arbeitsplatz Vor Aufnahme der Arbeit muss vom Unternehmer festgestellt werden, welche Stoffe bei bestimmten Tätig keiten eingesetzt werden oder auf treten können. Dabei müssen die von diesen Stoffen ausgehenden Gefahren ermittelt und die notwendi Methanol (Lösemittel) (Index-Nr.: 603-001-00-X) 200 L Gefahr Flüssigkeiten und Dampf leicht entzündbar. Giftig bei Verschlucken, Hautkontakt oder Einatmen. Schädigt den Sehnerv. Von Hitze/Funken/offener Flamme/heißen Oberflächen fernhalten. Nicht Rauchen. An einem gut belüfteten Ort lagern. Behälter dicht geschlossen halten. Schutzhandschuhe/Schutzkleidung tragen. Bei Berührung mit der Haut: Mit reichlich Wasser und Seife waschen. Bei Verschlucken: Sofort Giftinformationszentrale oder Arzt rufen. Unter Verschluss lagern. Muster-Chemie AG · 11111 Musterstadt · Tel. +49(0)8888-99-3333 Abbildung 2: Kombination Piktogramm plus Erläuterung Gefahrstoff Lesen Sie die Betriebsanweisun gen sorgfältig durch. Halten Sie sich an die darin und im Rahmen der mündlichen Unterweisung ge gebenen Anweisungen, damit Sie weder sich noch andere gefährden. Weitere Informationen über die eingesetzten Gefahrstoffe sind den Verpackungsetiketten und den Sicherheitsdatenblättern zu ent nehmen (Sicherheitsdatenblätter sind im Intranet zugänglich). Bei Fragen zum Umgang mit den bei der medbo verwendeten gefähr lichen Stoffen stehen die Vorge setzten zur Verfügung. Peter Hahn ist Sicherheitsfachkraft der medbo medbo Ansprechpartner Gefahrstoffe: • Arbeitssicherheit/Sicherheitstechnischer Dienst: Peter Hahn, Reiner Kopp, Bezirksklinikum Regensburg, HAUS 12, Tel. +49 (0)94 /941-1777 • Arbeitsschutzkoordinator: Peter Exner, Bezirksklinikum Regensburg, Tel. +49 (0)941/941-7220 • Apotheke Bezirksklinikum Regensburg: Apothekenleitung: Jörg Pfeiffer, Tel. 0941/941-1400 • Arbeitsmedizin/Betriebs ärztlicher Dienst: Bezirksklinikum Regensburg, HAUS 18, Tel. +49 (0)941/941-1951 45 46 SYNAPSE Mai medbo SYNAPSE Mai medbo Neue Rezeptureinrichtung in der Apotheke am Bezirksklinikum Regensburg Führungskräfte-Entwicklungsprogramm (FKEP) Salben, Tinkturen, Kapseln Karriere hoch zwei Jörg Pfeiffer Vom klinischen Alltag unbemerkt hat sich in der Apotheke des Bezirksklinikums Regensburg etwas verändert: Die alte Rezeptureinrichtung hatte über 30 Jahre ihren Dienst getan und wurde jetzt erneuert. I n der Rezeptur stellt die Apotheke Medika mente in Form von zum Beispiel Salben, Tinkturen oder Kapseln selbst her. Die Räumlichkeiten der Rezeptur müssen da her den neuesten Empfehlungen zur Hygie ne und zur Arbeitsergonomie entsprechen. Nach drei Jahrzehnten „im Dienst“ war es an der Zeit, die alte Rezeptur der Apotheke am Bezirksklinikum Regensburg rundzuer neuern. Deswegen wurde ab Ende Oktober 2014 die Apotheke zur Baustelle. Der Apothekenbetrieb ging jedoch trotz Umbau weiter, was für das Apo thekenteam und auch für die Bau arbeiter eine große Herausfor derung bedeutete. Die Re zeptur wurde während rungskräfte von derzeit 37 Prozent auf glatte 50 Prozent bis zum Jahr 2020 zu steigern. Vorstand Kurt Häupl bedankte sich besonders bei den weiblichen Teilnehmern, dass sie den Mut hatten, sich zu bewer ben und sich der Aufgabe zu stel len. „Es ist eine Auszeichnung, an diesem Programm teilnehmen zu dürfen“, erklärte Dr. Torsten Brück ner. Er berichtete aus seiner eige nen FKEP-Erfahrung und gewährte den zukünftigen Teilnehmern mit einer Fotoreihe erste Einblicke in den praktischen Ablauf des Pro gramms. (LHO) dieser Zeit in einen Nebenraum der Sterili sationsabteilung verlagert, wodurch die Herstellung von Rezepturen gesichert wur de. Nur einzelne Herstellungen mussten während dieser Zeit ausgesetzt und durch Alternativen ersetzt werden. Für die klini schen „Kunden“ der Apotheke waren die Einschränkungen kaum zu spüren. Moderne Standards Im Rahmen des Umbaus wurde eine durch Bakterienfilter geregelte Zu- und Abluftanla ge eingebaut, eine neue Decke montiert, der Durchgang versetzt, ein neuer Wand belag aufgetragen und ein neuer Fußboden verlegt. Die Wasserleitungen und die elek trischen Leitungen wurden komplett saniert. Die neue Einrichtung wur de genau nach den Erforder nissen der für die Her stellung zuständigen Pharmazeutisch-Tech nischen Assistentinnen ausgelegt. Die Lager kapazität in der Rezep tur wurde erhöht, wo durch die externe Lage rung von Packmitteln verringert wurde. Die für die Herstellung von Salben im Großmaßstab notwendige Stephan-Salbenmaschine hat einen soliden und ergonomi schen Platz bekommen und die Rezepturwaagen ste hen endlich erschütte rungsfrei auf einer Stein platte. Der Durchgang zwischen Rezeptur und Analytik kann durch eine Schiebetür ge schlossen werden und der Abzug wurde eben falls erneuert. Jetzt freut sich das Team der Apotheke auf das Arbeiten in den neuen Räumen mit der neuen Einrichtung! Jörg Pfeiffer ist Leiter der Apotheke am Bezirksklinikum Regensburg 47 Teilnehmer Programm 2 Das erste Mal seit Bestehen des Programms starten gleich zwei neue FKEP-Kurse mit insgesamt 24 Teilnehmern. Bereits zum dritten Mal werden angehende Führungskräfte zwei Jahre lang auf die neuen Aufgaben vorbereitet. D ie vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der Bedarf an gut ausgebildetem Personal an allen medbo Standorten weiter wachsen wird. Da sich außerordentlich viele qualifizierte Mitarbeiter für das FKEP beworben hatten, wurden zwei Kurse gebildet: Einer startet im Frühjahr 2015, der zweite im Herbst. Die FKEP-Teilnehmer kom men aus Regensburg, Wöllershof, Parsberg und Cham. In diesem Jahr startet der erste FKEP-Kurs mit mehr Frauen als Männern. „Mich freut es sehr, dass sich das Geschlechterverhält nis in der Fortbildung an die tat sächliche Situation bei der medbo angeglichen hat“, betonte Vorstand Kurt Häupl bei der Kick-Off-Veran staltung im Februar. Zum Jahres wechsel waren von rund 2.800 Mit arbeitern über 1.900 weiblich. Das Ziel der medbo ist es, künftig mehr Frauen in Führungspositionen zu etablieren, zum Beispiel im Bereich der Oberärzte und Stationsleitun gen den Anteil weiblicher Füh Teilnehmer Programm 1 Teilnehmer Programm 1: Roman Christl (KJP, Regensburg), Dr. Gabriele Enslein (Psychiatrie, Cham), Manuela Gerber (Pflege, Wöllershof), Dr. Joachim Haas (Forensik, Parsberg), Dr. Cordula Heyne (Psychiatrie, Cham), Vitaliy Lifschits (Psychiatrie, Wöllershof), Evi Otto (Verwaltung, Regensburg), Dr. Julia Prasser (Psychiatrie, Regensburg), Michael Raith (Verwaltung, Regensburg), Markus Schaffer (Verwaltung, Regensburg), Sebastian Wagner (Psychiatrie, Regensburg) und Dr. Melanie Würth (Psychiatrie, Wöllershof) Teilnehmer Programm 2: Dr. Lore Blaas (Psychiatrie, Regensburg), Dr. Katharina Ehrich (KJP, Regensburg), Dr. Rebekka Fleischmann (Forensik, Regensburg), Dr. Antje Heimeroth (Psychiatrie, Regensburg), Dr. Barbara Heckel (Psychiatrie, Regensburg), Dr. Elisabeth Torka (Neurologie, Regensburg), Dr. Elke Hellwig (sozial-pädagogischer Dienst, Wöllershof), Marco Kraus (Psychiatrie, Regensburg), Dr. Simon Meier (KJP, Regensburg), Franz Schmauser (Neuro-Reha, Regensburg), Dr. Monika Sommer (Psychologischer Dienst, Regensburg) und Dr. Katrin Stangl (Neuro-Reha, Regensburg). 48 SYNAPSE Mai medbo SYNAPSE Mai medbo Menschen können sich ihr Schicksal nicht aussuchen. Und das Schicksal kann jederzeit zuschlagen: Bereits ein leichter Bandscheibenvorfall, eine Hüftoperation oder ein Sturz von einer kleinen Treppenstufe können zu einer dauerhaften Behinderung führen. D ie Schwerbehindertenvertretun gen (SBV) sind heute mehr denn je gefragt, da in den vergangenen Jahren ihre Aufgaben und ihre Be deutung als kompetente Ansprech partner und Initiatoren in Sachen In tegration in den Betrieben stark ge wachsen sind. die Gruppe schwerbehinderter Menschen betreffen bereits vor Entscheidung des Arbeitgebers • Beteiligungsrechte etwa bei Bewerbungs- und Kündigungsver fahren, beim Betrieblichen Wiedereingliederungsmanage ment oder bei Personalratsange legenheiten • Überwachungsrechte etwa bei Durchführung und Einhaltung der zugunsten schwerbehinderter Menschen geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Dienstvereinbarungen und Verwaltungsanordnungen Zahlen, Daten, Fakten SBV • Nach §71 Absatz 1 SGB IX sind fünf Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen zu besetzen • Bei der medbo sind derzeit 187 schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte Mitarbeiter beschäftigt (Stand April 2015): 142 in Regensburg, 22 in Wöllershof und 23 in Parsberg • Damit ist die Schwerbehinderten-Quote bei der medbo derzeit etwa 6,7 Prozent • Seit März 2014 ist eine Person (Silvia Stelzl) für die gewissenhafte Amtsausübung in SBV und Gesamt-SBV von der dienstlichen Tätigkeit voll freigestellt Schwerbehinderung – was ist das? Durch Altersteilzeit oder Ei genkündigungen freigewordene Stel len können auf Grund des fortschrei tenden demographischen Wandels teilweise nicht gleich neu besetzt werden. Die Mehrbelastungen in den entsprechenden Abteilungen können zu physischen und psychischen Er krankungen führen und dadurch die Zahl der schwerbehinderten Mit arbeiter (auch) in der medbo konti nuierlich ansteigen lassen. Jeder gesundheitliche Schaden und jede körperliche, geistige oder seeli sche Veränderung, die nicht nur vor übergehend ist und zu gesundheitli chen Einschränkungen führt, gilt als Behinderung. Dabei ist es unerheb lich, ob eine Behinderung auf Krank heit oder Unfall beruht, oder ob sie angeboren ist. Es kommt allein auf die Art der Behinderung an. SBV: Ein unabhängiges Gremium Gewählte Interessenvertretung bei der medbo SBV: Einsatz für schwerbehinderte Menschen Silvia Stelzl Die SBV ist kein Teil des Personalra tes, sondern eine eigene Institution, welche ihre Grundlage im Sozialge setzbuch (SGB IX) hat. Sie arbeitet jedoch mit den örtlichen Personal ratsgremien eng zusammen und hat das Recht, an deren Sitzungen und Ausschüssen teilzunehmen. Die Schwerbehindertenver tretung fördert die Eingliederung schwerbehinderter Menschen, steht ihnen beratend und helfend zur Sei te und vertritt ihre Interessen in der Dienststelle. Sie kümmert sich dabei um Angelegenheiten, welche den einzelnen Schwerbehinderten, die Schwerbehinderten als Gruppe so wie den von Behinderung bedrohten Mitarbeiter betreffen. Dazu hat sie folgende Rechte: • Initiativrechte zum Beispiel gegenüber dem Arbeitgeber, dem Integrationsamt oder der Arbeits agentur • Anhörungsrechte in allen Angele genheiten, die den einzelnen oder Das Team der Schwerbehinderten-Vertretung Die medbo-Schwerbehindertenvertreter Standort Regensburg • Silvia Stelzl, Gesamtvertrauensperson Tel. +49 (0) 941/941-1917, [email protected] • Viola Banrevy, 1. Stellvertreterin SBV Tel. +49 (0) 941/941-3006, [email protected] • Ernst Zierer, 2. Stellvertreter SBV, 1. Stellvertreter Gesamt-SBV Tel. +49 (0) 941/941-1904, [email protected] Standort Wöllershof • Rita Meier, Vertrauensperson, 1. Stellvertreterin Gesamt-SBV Tel. +49 (0) 9602/78-7274, [email protected] • Franz Woppmann, 1. Stellvertreter SBV Tel. +49 (0) 9602/78-7100, [email protected] • Martin Bergmann, 2. Stellvertreter SBV Tel. +49 (0) 9602/78-7279, [email protected] Standort Parsberg • Bernhard Perras, Vertrauensperson Tel. +49 (0) 9492/60018-9281, [email protected] • Dagmar Alt, 1. Stellvertreterin SBV Tel. +49 (0) 9492/60018-9212, [email protected] Weitere Informationen gibt es im medbo-Intranet. Wer im Schwerbehinderten verfahren einen Grad der Behinde rung von wenigstens 50 Grad aner kannt bekommt, gilt als schwerbe hindert. Leider wird sehr oft der Grad der Behinderung mit der einer kör perlichen oder geistigen Leistungs einschränkung gleichgesetzt. Es kommt aber auf die Art der Beein trächtigung im Zusammenhang mit dem Beruf an. Darüber hinaus las sen sich durch eine Vielzahl von Hil fen am Arbeitsplatz die Arbeitsabläu fe so gestalten, so dass auch ein Behinderter die gleiche Leistung er bringen kann wie nicht behinderte Kollegen. Die SBV unterstützt und be rät also in allen Fällen, die mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung und einer daraus folgenden Behin derung zu tun haben. Über die der SBV von Amts wegen bekanntge wordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten des Arbeitneh mers, die ihrer Bedeutung oder ih rem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, besteht abso lute Schweigepflicht. 49 50 SYNAPSE Mai medbo Seelsorge am Bezirksklinikum Besuch der Dekanatskonferenz Regensburg am Bezirksklinikum Psychiatrie und Seelsorge – Hand in Hand Die katholische Dekanatskonferenz Regensburg Stadt mit Stadtdekan Roman Gerl und Regionaldekan Alois Möstl an der Spitze war auf Einladung des Klinikseelsorgers am Bezirksklinikum Regensburg, Diakon Harald Wieder, zu Gast bei der medbo. D ie Dekanatskonferenz besteht aus den in Regensburg tätigen Seelsorgern (Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferenten), die meist in Pfarreien, aber auch in anderen Krankenhäusern und Ein richtungen eingesetzt sind. Auch Seelsorger im Ruhestand nehmen nach Möglichkeit an den Konferen SYNAPSE Mai medbo Altarkreuz der Neuro-Reha-Kapelle zen teil, die im Schnitt monatlich und im Wechsel in den Regensburger Pfarreien stattfinden. Der Tag bei der medbo starte te mit einem gemeinsamen Stunden gebet im altehrwürdigen Chorgestühl der Krankenhauskirche St. Vitus. Im Anschluss erläuterte medbo Kunst historiker Bruno Feldmann wichtige Eckdaten und Informationen zur Ge schichte von „Karthaus“, dem alten Kloster, und der St. Vitus Kirche. In der Klinik für Neurologie gab die Öf fentlichkeitsarbeit den Konferenzteil nehmern Informationen zu Struktur, Standorten und Aufgaben des Kran kenhausträgers medbo. Klinikseelsorger Diakon Harald Wieder stellte seinen Kollegen kurz die vielfältigen Aufgaben der Klinik seelsorge am Bezirksklinikum vor. Ein großer Schwerpunkt der Seel sorge sei die Begleitung stationärer psychiatrischer Patienten und Heimbewohner, die der Art ihrer Er krankung nach meist länger als nur ein paar Tage in den Kliniken und Einrichtungen verbleiben. Die Seel sorge steht aber auch den medbo Mitarbeitern zur Verfügung. Sie bie tet Ethikunterricht an der Kranken pflegeschule im Bezirksklinikum an und in seltenen Fällen gehört sogar die Firmvorbereitung von jungen Patienten der Kinder- und Jugend psychiatrie zum Aufgabenspektrum des Diakons – eine Tätigkeit, die man auf den ersten Blick nicht von einem Krankenhausseelsorger er warten würde. Hinzu kommen Auf gaben, die in dieser Form wohl ty pisch für psychiatrische Einrichtun gen sind, aber doch in ihrer Art überraschen mögen: zum Beispiel „Telefonseelsorge“ für ambulante und ehemalige Patienten, die Ge staltung von St. Martins- und St. Ni kolausfeiern sowie die Gestaltung von Feiern im Kirchenjahr (etwa Erntedank, Totengedenken, Ad ventsfeiern, Maiandachten) gerade für die Langzeitpatienten. Seelsorge gefragt. Im umgekehrten Fall sollten die Seelsorger jedoch im Blick behalten, dass bei menschlich nicht nachvollziehbaren Depressio nen die Mediziner konsultiert werden sollten: Denn depressive Symptome zeigten sich auch bei manchen orga nischen Erkrankungen des Gehirns („organische Depression“) und bei Hirnfunktionsstörungen („endogene Depression“). Letztere seien als klassische psychiatrische Erkran kungen in der überwiegenden Zahl der Fälle sehr gut durch Medikamen te behandelbar. Psychiatrische Theorie in der seelsorgerischen Praxis Psychiatrie und Seelsorge können – so Oberarzt Dr. Maier – Hand in Hand zum Ziel führen, wenn jedes Fachge biet das andere mit im Blick habe und dabei mithelfe, dem Patienten die richtige Behandlung zu ermöglichen. Umso wichtiger wird dieses theoreti sche Wissen für die Seelsorger in den Pfarreien, wenn Menschen mit psychischen Problemen ganz kon kret in Seelsorge- und Beichtgesprä chen Beistand und Hilfe erwarten. So schulen Oberarzt Dr. Maier und Dia kon Harald Wieder bereits seit meh reren Jahren angehende Priester im Pastoralkurs des Priesterseminars, um ihnen Schnittpunkte, Gemein samkeiten und Unterschiede zwi schen Psychiatrie und Seelsorge nä her zu bringen. Denn beide Fachrich tungen verbindet die Sorge um den Menschen als Ganzes, die Sorge um die Seele. Im Anschluss an die Kon ferenz war Gelegenheit zu einer Füh rung mit kurzen Gesprächen auf ei ner allgemeinpsychiatrischen Station und einer Suchtstation. (RNE) medbo-logisch! Schnellkurs Psychiatrie Oberarzt Dr. Ulrich Maier, Leiter der psychiatrischen Station 18A, erklärte Schnittpunkte, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Psychi atrie und Seelsorge. Am Beispiel der Depression veranschaulichte er den Seelsorgern, wann ihr Handeln ge fragt sei und wann besser auf medi zinische Hilfe gesetzt werden sollte. Umgekehrt verweise er als Arzt Pati enten oftmals an einen Seelsorger, wenn aus seiner Sicht medikamen töse Hilfe nicht das Mittel der Wahl sei: vor allem, wenn eine Depression aus der Biographie des Menschen ableitbar sei („reaktive Depression“) – etwa die Trauer nach dem Tod ei nes lieben Menschen – seien die „sprechenden Disziplinen“ Psycho therapie, Beratung und vor allem Unser Lösungswort: Störung der Hörfunktion (Die Auflösung finden Sie auf der Umschlagseite 3) 51 52 SYNAPSE Mai medbo Geschäftsbereiche Wirtschaft und Finanzen/Medizinische Leistungen Mit PEPP in die Zukunft Josef Scherl Bereits seit geraumer Zeit befasst sich eine medbo Arbeitsgruppe unter Leitung von Dr. Michael Ziereis mit dem neuen Pauschalierenden Entgeltsystem für die Psychiatrie und Psychosomatik (PEPP). Anfang Dezember 2014 wurde nun das Projekt „PEPP-Einführung 2016“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, die medbo in die Lage zu versetzen, ab dem Geschäftsjahr 2016 erfolgreich auf das neue Vergütungssystem umsteigen zu können. I n den medizinischen Fächern Psy chiatrie und Psychosomatik wurde mit der Einführung des §17d des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) ein Paradigmenwechsel in der Vergütung der medizinischen Leistungen eingeläutet. Kernpunkt der Reform ist die Ablösung eines Budgets auf Basis tagesgleicher Pflegesätze über alle Leistungen hinweg mittels eines durchgängigen, leistungsorientierten und pauscha lierenden Vergütungssystems auf der Grundlage von tagesbezogenen Entgelten. Durch Ersatzvornahme des Bundesministeriums für Ge sundheit (BMG) ist es den psychiat rischen Kliniken seit 2013 grund sätzlich möglich, mit den Kostenträ gern einen Umstieg freiwillig zu ver einbaren und nach den neuen Pauschalen abzurechnen. Ab Jah resbeginn 2017 wird dann die Kür zur Pflicht und alle Krankenhäuser müssen nach dem neuen System abrechnen – ob gut vorbereitet oder nicht. Konvergenzphase Spätestens ab 2019 hat die Umstel lung mit dem Ende der sogenannten budgetneutralen Phase auch finan zielle Folgen. Liegt die bisher mit den Krankenkassen für jedes Kran kenhaus individuell ausgehandelte durchschnittliche Vergütung je Leis tung (Basisentgeltwert) höher als der Durchschnitt des jeweiligen Bundeslandes, so erfolgt im Rah men einer fünfjährigen Konvergenz phase eine schrittweise Absenkung auf das Landesniveau. Im umge kehrten Fall, das heißt wenn die bis herige Krankenhaus-individuelle Vergütung niedriger war als der Lan desdurchschnitt, erfolgt eine suk zessive Anhebung im Zeitraum 2019 bis einschließlich 2023. Ab Januar 2024 ist somit der Basisentgeltwert innerhalb jedes Bundeslandes gleich. Das bedeutet, jede gleich ko dierte Leistung (Erfassung laut Dia gnose-Katalog) wird bayernweit grundsätzlich gleich vergütet. Anreize für Frühumsteiger Der Gesetzgeber hat mit einigen fi nanziellen Anreizen versucht, Kran kenhäuser zu einem freiwilligen Umstieg auf das PEPP-Sys tem noch vor 2017 zu bewegen. Da runter zählen neben Budgetneutrali tät eine für Krankenhäuser günstige re mengenmäßige Belegungsaus gleichsregelung sowie die Anhebung der für die Verhandlung mit den Krankenkassen maßgeblichen Bud getobergrenze um bis zur doppelten Veränderungsrate. Neben der Notwendigkeit, frühzeitig auf die erfolgreiche Um stellung auf das PEPP-System vor bereitet zu sein, haben nicht zuletzt diese Anreize dazu beigetragen, dass sich der Vorstand der medbo entschlossen hat, die Vorbereitung auf die Umstellung im Rahmen ei nes Projekts durchführen zu lassen. Mit der Projektbezeichnung „PEPP-Einführung 2016“ wird zum Ausdruck gebracht, dass als Um stiegsjahr 2016, also freiwillig ein Jahr früher als verpflichtend, ange dacht ist. Die Entscheidung, ob dann tatsächlich die Umstellung noch vor dem 1. Januar 2017 erfolgt, hat sich die Leitung der medbo bis zum Vor feld der Entgeltverhandlungen mit den Krankenkassen ausdrücklich vorbehalten. Projektarbeitsgruppe Seit Anfang Dezember 2014 ist die Projektarbeitsgruppe tätig. Im Team sind Mitglieder aus den Bereichen Buchhaltung, Controlling, Entgelt verhandlung, IT, Medizincontrolling, Patientenabrechnung und Unter nehmensentwicklung. Ergänzt wird das Team durch externe Unterstüt zung der Firma Cerner (IT), Dr. Go demann aus dem Alexianer Kran kenhaus in Berlin Weißensee (Ko dierung und Dokumentation) sowie durch die Bayerische Krankenhaus gesellschaft (Vorbereitung Entgelt verhandlungen). Mit dem interdiszi plinären Ansatz ist eine breitfächeri ge Bearbeitung der Aufgaben ge währleistet. Somit sollten alle Facetten eines erfolgreichen Um stiegs hinreichend abgedeckt sein. Hierzu zählen insbesondere: Projektrisiken • Hinreichende Berücksichtigung strategischer Zielsetzungen • Ordnungsgemäße Kodierung und Dokumentation (right-coding) • Gesetzeskonforme Abrechnung • Erfolgreiche Entgeltverhandlun gen mit den Krankenkassen • Zweckorientierte Anpassung der Steuerungsinstrumente In der ersten Lenkungsausschuss sitzung im Frühjahr 2015 konnte be reits über die ersten Ergebnisse be richtet werden: • Einführung des PEPP-Arbeitsplat zes in Nexus • Analyse des Leistungsspektrums 2013 und 2014 mit Groupier änderungen 2014/2015 • Standortbestimmung anhand des Benchmarking-Projekts IMC IGES Hintergrund: Pauschalierte Vergütung In den somatischen Gesundheits-Fachbereichen (in der medbo in den Fachbereichen Neurologie und Neurologische Frührehabilitation) kam der Systemwechsel weg von einheitlichen tagesgleichen Pflegesätzen hin zu einer pauschalierten Vergütung schon 2003. Die Pauschalierung im neu geschaffenen G-DRG-System (German Diagnosis Related Groups) erfolgte jedoch anders als beim künftigen PEPP nicht mittels Tagesbezug, sondern durch Fallbezug. Unter anderem weil eine Fall pauschale aus verschiedenen Gründen für die medizinischen Fächer Psychiatrie und Psychosomatik sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie nicht als geeignet erachtet wurde, klammerte der Gesetzgeber mit dem §17b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) jene Bereiche ausdrücklich von der Anwendung des G-DRG-Systems aus. Wesentliche Störfaktoren bezie hungsweise Projektrisiken liegen – wie wohl in den meisten psychiatri schen und psychosomatischen Fach krankenhäusern – in der hinreichen den zeitnahen Funktionsfähigkeit der IT-Landschaft sowie der flächende ckenden Umsetzung einer ordnungs gemäßen Kodierung und Dokumen tation durch die Mitarbeiter in den Kliniken mit Unterstützung durch de zentrale Kodierassistenzen und/oder zentrales Medizincontrolling. Projektergebnisse Per März 2015 befindet sich das Projekt über alle Teilprojekte (Cont rolling, Entgelte, Patientenabrech nung, Medizinische Leistungen) hin weg auf Kurs, das heißt die Zeit- und Ressourcenpläne konnten bislang eingehalten und zum Teil sogar un terboten werden. Josef Scherl ist Leiter der Abteilung Finanzen des medbo Geschäftsbereichs Wirtschaft und Finanzen sowie Leiter des Projekts „PEPP-Einführung 2016“ SYNAPSE Mai Bildung Baumaßnahme Verwaltung Regensburg Das Ding aus dem Weltall Einige Wochen lang befand sich mitten im Garten des Regensburger Instituts für Bildung und Personalentwicklung IBP ein seltsames Ding: ein turmartiger Stahlkoloss, der ein wenig außerirdisch anmutet. Ein Grund für SYNAPSE, bei Franz Schöfmann, dem Abteilungsleiter Organisation, Gebäude- und Raummanagement bei der medbo, nachzufragen. Herr Schöfmann, Kursteilnehmer am IBP fragen sich in letzter Zeit, was das wohl für eine haushohe Apparatur mitten auf dem Rasen hinter dem Hörsaalgebäude ist. Sch.: Das ist ein Bohrturm. Aber um es gleich vorweg zu sagen: Die medbo bohrt hier nicht nach Öl, sondern nach Grundwasser. Und etwa 50 Meter entfernt zwischen HAUS 11 und HAUS 13 steht noch so ein Turm. Wir haben eine was serrechtliche Genehmigung für diese Maßnahme und ein Geologe hat die Bohrstellen festgelegt. Sol che Grundwasserbrunnen existie ren bereits an mehreren Stellen auf dem Gelände des Bezirksklini kums. Eigene Brunnen auf dem Gelände: Heißt das, die medbo versorgt sich selbst mit Nutzwasser? Sch.: Das Bezirksklinikum ist selbst verständlich an das städtische Verund Entsorgungsnetz angeschlos sen. Bei den Bohrungen geht es nicht um Trinkwasser. Das Grund wasser nutzen wir zur Kühlung vor allem der Server-Farm in unserem Rechenzentrum. Im 2011 fertig ge stellten HAUS 18, in dessen Keller sich die Anlagen derzeit befinden, kühlen wir auch bereits mit Grund wasser. Wenn im Herbst das neue Verwaltungsgebäude bezogen wird, wird selbstverständlich auch die EDV dorthin „umgesiedelt“. Wir brauchen dort also eine möglichst effiziente und gleichzeitig ökologi sche Kühlmöglichkeit. Wenn das Grundwasser dazu genutzt wird, etwas zu kühlen, dann erwärmt sich das Wasser. Großrechner produzieren jede Menge Wärme. Passiert dann mit dem erwärmten Wasser auch etwas Sinnvolles? Sch.: Richtig erkannt! Im neuen Ver waltungsgebäude sind kombinierte Heiz- und Kühldecken vorgesehen. Das heißt, dass in der Decke eines jeden Raums ein Versorgungsnetz installiert wird, durch das erwärmtes Wasser fließt. Diese „Wärme von oben“ ist eine sehr angenehme Wär me. Jeder Raum ist dabei durch ei nen eigenen Thermostat regelbar. Wir nutzen die Abwärme des Re chenzentrums aber nicht direkt zum Heizen in der Verwaltung – das wür de im Winter nicht reichen. Aber wir erwärmen in der kalten Jahreszeit damit die Lüftungsanlagen. Doch im Sommer bringt das Grundwasser system einen direkten Klimatisie rungsvorteil, denn wir bohren etwa 60 Meter tief. In dieser Bodenschicht hat das Grundwasser eine Tempera tur von relativ konstanten zehn Grad Celsius. Wir können dieses Wasser an heißen Tagen über die Decken systeme auch zum Kühlen der Räu me verwenden. Das bringt immerhin etwa vier bis fünf Grad Celsius Ab kühlung. Zurück zum „Ding“ im Garten des IBP – was geschieht damit? Sch.: Eine Zeit lang bleibt es uns noch erhalten. Für den Brunnenbe trieb benötigt man immer zwei Boh rungen – eine als Entnahmestelle und eine als sogenannten Schluck brunnen zur Zu- oder Rückführung des Wassers. In den Brunnen schächten werden jetzt erst noch entsprechende Pumpsysteme instal liert. Wir sind auch gerade dabei, die zwei neuen Brunnen mit dem Rohr leitungssystem auf dem Gelände zu verbinden. Aber nach Abschluss der Brunnenarbeiten kommt ein Deckel auf das Bohrloch und man wird nichts mehr davon sehen. (RNE) Sommer-Ferienbetreuung 2015 an allen medbo-Standorten Sommer, Sonne, Ferienspaß für medbo-Kinder Dr. Kerstin Geserer Die bezuschusste Ferienbetreuung ist mittlerweile bei der medbo eine feste Größe, wenn es um die Unterstützung der Mitarbeiter beim täglichen Spagat zwischen Beruf und Familie geht. Für die medbo-Kinder von Kindergartenalter bis 12 Jahren wird auch in den Sommerferien 2015 wieder ein abwechslungsreiches Programm geboten. D em erfahrenen „LearningCam pus“-Team des VEZ e.V. (Verein für Erlebnispädagogik und zukunfts orientierter Jugend- und Sozialar beit) können die medbo-Eltern an den Standorten Amberg, Weiden und Wöllershof wieder ihre Kinder anvertrauen. In Eschenbach wird es auch in diesem Jahr das Indianerla ger, Theater, Musik und Tanz, aber auch Themenwochen geben, in de nen Baumeister, Seeräuber, Zirkus leute, Zauberer und Forscher unter sich sein werden. Die Chamer medbo-Kinder sind auch im August 2015 wieder zur Ferienfreizeit des ASV Cham bezie hungsweise der KiSS (KinderSport Schule) Cham eingeladen. Während das KiSS-Angebot ein abwechs lungsreiches Programm mit Ausflü gen und viel Unterhaltung parat hält, steht natürlich beim ASV-Fuß ballcamp drei Tage lang alles im Zei chen des Fußballs. Am Standort Regensburg wird die Betreuung in den ersten vier Sommerferienwochen wieder durch die erfahrenen Betreuer des Johan niter Unfall Hilfe e.V. gesichert. Ne ben den Räumlichkeiten im Unterge schoss HAUS 40a wird zudem das Regensburger medbo-Gelände mit all seinen botanischen, sportlichen und kulinarischen Möglichkeiten in Beschlag genommen. Egal für wel che Woche und für welches Pro grammangebot sich medbo-Eltern und Kinder entscheiden: Für das leibliche Wohl der Kinder ist während der gesamten Zeit der Ferienbetreu ung gesorgt. Sowohl Getränke, Zwi schenmahlzeiten, als auch das tägli che Mittagessen sind im Bu chungspreis enthalten. Dr. Kerstin Geserer ist Gleichstellungsbeauftragte der medbo Mehr zu Elternbeitrag, Angebot und Anmeldung • medbo Intranet Seite „Beruf und Familie“ (Personal/Beruf und Familie) • Bei Fragen: [email protected] Die über den Elternbeitrag hinaus anfallenden Kosten für die Kinder betreuung trägt die medbo (Arbeitgeberzuschuss). Der durch die medbo gewährte Arbeitgeberzuschuss zur Ferienbetreuung ist seit 01.01.2012 individuell zu versteuern und zu verbeitragen (lohnsteuerund sozialversicherungspflichtige Einmalzahlung) und wird mit der jeweiligen Gehaltsabrechnung abgerechnet. 55 56 SYNAPSE Mai medbo SYNAPSE Mai medbo Erasmus Plus Programm der Berufsfachschule für Krankenpflege auf deren Patientenklientel, welches sich als Mischung aus intoxikierten, dialysepflichtigen und infizierten (etwa mit dem Grippevirus H1N1) Menschen darstellte. Auch in der umfangreichen Reha-Abteilung der Klinik durften sie den Profis über die Schultern schauen und so den zahl reichen Physiotherapeuten, Ergo therapeuten und Schwestern zuse hen, wie sie durch Operationen ein geschränkten Menschen in Bädern, Trainingsgruppen und Einzelsitzun gen wieder zu voller Beweglichkeit verhalfen. Krankenpflege auf Tschechisch Alexander Stadler Die Chance, während einer Krankenpflege-Ausbildung ein Praktikum im Ausland zu absolvieren, bietet sich grundsätzlich nicht oft. Sieben Schülerinnen und Schüler im zweiten Ausbildungsjahr der medbo Berufsfachschule für Krankenpflege (KPS) nutzten die Gelegenheit, zwei Wochen lang im tschechischen Pilsen hautnah zu erfahren, wie Krankenpflege in Tschechien gelebt, gelehrt und praktiziert wird. Toll: Denn die Regensburger Partnerstadt Pilsen ist in diesem Jahr auch noch Kulturhauptstadt Europas! D ie Regensburger KPS ist eine der ganz wenigen Schulen ihrer Art, die Auslandspraktika überhaupt anbieten. Rund 50 Prozent aller Schüler wird die Gelegenheit gebo ten, im Ausland zu schnuppern: Ne ben Irland, Italien, Österreich, Frank reich und Malta ist auch Tschechien eines der Länder, die über das Eras mus-Plus-Programm angeboten werden können. Sieben Schüler und Schülerinnen reisten zu Jahresbe ginn für zwei Wochen nach Pilsen, der Regensburger Partnerstadt und aktuellen Kulturhauptstadt Europas. Gute Vorbereitung – gute Reise Jede Reise beginnt mit einer guten Vorbereitung: Immerhin trifft man auf kulturelle Unterschiede. In Tschechi en sind beispielsweise Gastge schenke Gang und Gäbe. So war eine erste Herausforderung die Wahl und die Beschaffung geeigne ter Gastgeschenke, die im Idealfall auch noch die bayerische Heimat repräsentieren sollten. In Pilsen stand zuerst ein Treffen mit Lehrern und Schulleitung der Partner-Kran kenpflegeschule an. Hier wurde die organisatorische Planung der Ein satzstellen bekannt gegeben. Ganz wichtig auch: eine Sprachanimation, die den deutschen Pflegeschülern die Grundbegriffe der tschechischen Sprache näherbringen sollte. Auch wenn damit sicher kein qualifiziertes Patientengespräch geführt werden konnte: um nach dem Weg ins Uni versitätsklinikum zu fragen, reichte der Schnellkurs allemal. Hightech im Altenheim In der ersten Woche des Aufenthal tes besuchten die Schülerinnen und Schüler ein modern ausgestattetes Altenheim, das ihnen besonders durch sein umfangreiches Angebot an kognitiven Förderungen für die Bewohner auffiel. Neben einem Raum, der eingerichtet war wie in den 1920er Jahren, verblüffte die Schüler die Vorführung eines Neuro feedback-Geräts. Hierbei wird der Bewohner mit Elektroden an einen Rechner angeschlossen und muss im Folgenden ein Rennauto, das er auf einem Bildschirm sieht, kraft ge danklicher Konzentration steuern. Auch ein Kinderheim für Kin der bis drei Jahren stand auf dem Programm. Die liebevolle Fürsorg lichkeit, mit der sich die Schwestern hier um die Neugeborenen kümmer ten, welche teilweise schwerste Be hinderungen hatten oder direkt nach der Geburt einem Drogenentzug un terzogen werden mussten, berührte die jungen Besucher allesamt tief. Rettungswache und Onkologie Auch der Besuch der hochmoder nen Onkologie am Universitätsklini kum Pilsen und der erst ein Jahr al ten Pilsener Rettungswache stan den auf dem Besichtigungspro gramm. Letztere demonstrierte in Perfektion, wie ein effektiver Ret tungseinsatz auszusehen hat. Nach Notrufeingang in der hochmodernen Schaltzentrale des Obergeschosses öffnet sich im Garagentrakt schon automatisch das Tor für den Einsatz wagen, der dann bereits im Fahren Einsatzinfos und vorgeplante Route zugesandt bekommt. In Woche Zwei schloss sich der eigentliche praktische Teil des Aufenthalts im Pilsener Universitäts klinikum an. Jeweils in Dreiergrup pen waren die Schüler tageweise auf unterschiedliche Stationen ver teilt, auf denen deutschsprachige Praxisanleiter ihnen zeigten, wie Krankenpflege in Tschechien auf höchstem Niveau gelebt wird. Und so sahen die Schüler unter anderem die Intensivstation der Kardiochirur gie und der allgemeinen Chirurgie. Erstere ähnelt einer langgezogenen Halle mit aneinandergereihten Abtei len für Patientenbetten, welche je derzeit durch eine Glaswand einseh bar sind. Letztere dagegen besteht nur aus fünf Patientenbetten und wirkt ein wenig zu voll für den klei nen Raum. Schade fanden die Schüler nur, dass sie nicht am Pati enten tätig werden durften, sondern lediglich das Pflegepersonal beob achten konnten. Dies reichte jedoch, um Eindrücke von der guten Pflege qualität zu erlangen, die der in Re gensburg in nichts nachsteht. Neuland metabolische Intensivstation Neben chirurgischen Intensivpatien ten lernten die Krankenpflegeschü ler auch solche kennen, die auf der metabolischen Intensivstation des Klinikums versorgt wurden. Eine derartige Station war absolutes Neu land für die sieben Regensburger: so waren sie besonders neugierig Auch in den OP-Sälen durf ten sie bei zahlreichen Operationen zusehen, was allesamt faszinierte. Neben der Entfernung eines Mam ma-Carzinoms, einer Darmresektion und einer Gallenblasenentfernung, waren die Gäste besonders beein druckt von der hervorragenden Zu sammenarbeit innerhalb des Teams aus Ärzten und Schwestern des OP-Bereichs. Nach diesen aufregenden Er eignissen hieß es dann aber schon wieder Abschied nehmen nach zwei Wochen, die den Schülerinnen und Schülern beträchtlich kürzer er schienen waren. Nach der offiziellen Verabschiedung, bei der wiederum Schulleitung, Lehrkräfte und sogar die Pflegedienstleitung des Universi tätsklinikums anwesend waren, stie gen sie in den Zug, der sie mit vielen neuen Eindrücken und unvergessli chen Erinnerungen bereichert wie der nach Hause brachte. Alexander Stadler ist Schüler an der medbo Berufsfachschule für Krankenpflege Regensburg Schulleiter Rupert Brenninger (Erster von links) mit seinen Schülern 57 Bildungswerk Irsee SYNAPSE Mai Personalia / Veranstaltungen Synapse August Bezirk 59 www.bildungswerk-irsee.de Der medbo-Vorstand dankt allen Jubilaren für ihre langjährige Treue und Unterstützung! Breit gefächertes Programm 40-jähriges Jubiläum Willibald Bäumler Renate Binder Hans-Jürgen Feix-Pielot Maria-Anna Fürst Brigitte Quatowitz Waldemar Reif Gesundheits- und Krankenpfleger Reinigungskraft Lehrkraft Gesundheits- und Krankenpflegerin Gesundheits- und Krankenpflegerin Gesundheits- und Krankenpfleger Wöllershof Regensburg Regensburg Parsberg Regensburg Wöllershof Gesundheits- und Krankenpflegerin Oberarzt Gesundheits- und Krankenpflegerin Physiotherapeutin Hilfskraft Stationshilfe Haus- und Hofarbeiter Gesundheits- und Krankenpflegerin Kraftfahrer Stationshilfe Oberarzt Gesundheits- und Krankenpfleger Stationshilfe Stationsleiterin Regensburg Wöllershof Parsberg Regensburg Regensburg Regensburg Wöllershof Regensburg Regensburg Regensburg Regensburg Wöllershof Regensburg Regensburg Mit seinem breit gefächerten Programm gibt das Bildungswerk Irsee, das zentrale Fort- und Weiterbildungsinstitut des Bayerischen Bezirketags, Jahr für Jahr neue Impulse. Die Veranstaltungen sind praxisorientiert und wissenschaftlich fundiert. Ärzte, Pflegeexperten und Therapeuten der medizinischen Einrichtungen schätzen sowohl den fachlichen als auch den persönlichen Austausch. Neu in diesem Jahr sind unter anderem Seminare zu den Themen Versorgung traumatisierter Flüchtlinge, Kinder psychisch kranker Eltern oder Psychosoziale Arbeit mit „schwer erreichbaren Klienten“. 25-jähriges Jubiläum Synnöve August Martin Breininger Ingrid Fruth Ina Günther Roland Helgert Petra Hopp Konrad Hösl Magdalena Jamro Thomas Kuffer Wilhelmine Lohner Günter Mayer Jürgen Scharfenberg Barbara Stangl Paula Thusbaß Veranstaltungshinweise Bildungswerk des Bayerischen Bezirketags Klosterring 4, D-87660 Irsee Das Gesamtprogramm „impulse 2015“ mit detaillierten Beschreibungen aller Angebote finden auf unserer Homepage. Telefon 08341 906-604, -606, -608 Telefax 08341 906-605 E-Mail [email protected] www.bildungswerk-irsee.de Impressum 17. Juni 2015 Regensburg, HAUS 5, 13:00 – 16:00 Uhr 5 Jahre Psychiatrische Intensiv-Tagesbetreuung (PIT) mit Tag der offenen Tür 26./27. Juni 2015 Regensburg, IBP Quo vadis, Schlafmedizin? Die bewegte Nacht – Restless Legs und nächtliche Bewegungsstörungen. Kongress 07. bis 16. Juli 2015 Wöllershof, Kuppelsaal Einfach menschlich: Von Menschen und Süchten Ausstellung zu einem Phänomen 21. bis 30. Juli 2015 Regensburg, Mehrzweckhalle Einfach menschlich: Von Menschen und Süchten Ausstellung zu einem Phänomen Herausgeber: Medizinische Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz KU (Anstalt des öffentlichen Rechts), Vorstand Universitätsstraße 84 | 93053 Regensburg | Tel +49 (0) 941/941-0 | www.medbo.de Bildungswerk des Bayerischen Bezirketags Rätselauflösung von Seite 57 Lösungswort: TINNITUS Redaktionelle Leitung: Renate Neuhierl (RNE), [email protected] Autoren: Günter Bonack (GBO), Pressestelle Bezirk Oberpfalz Martina Hirmer (MHI), Pressestelle Bezirk Oberpfalz Lissy Höller (LHO), Presse- und Öffentlichkeitsarbeit medbo Verena Kobras (VKO), Praktikantin PR & Öffentlichkeitsarbeit medbo Foto: Titel Hübler; S2/3 pathdoc - Fotolia.com; S3 Zitzlsperger; S4 Bonack; S5 muro - Fotolia.com; S6 Bonack; S6/7 shock - Fotolia.com; S8/9 lulu - Fotolia.com; S11 muro - Fotolia.com; S12 Miriam Dörr - Fotolia.com; S14 lassedesignen - Fotolia.com; S16/17 Stephen Coburn - Fotolia.com; S19 Höller; S20 medbo; S22 Kobras; S23 Kobras; S24/25 lassedesignen - Fotolia.com; S26 Neuhierl; S27 Neuhierl; S28 medbo; S29 Maksim Bukovski - Fotolia.com; S30/31 poco_bw - istockphoto.com; S32/33 poco_bw - istockphoto.com; S33 rrodrickbeiler - istockphoto.com; S35 Gina Sanders - Fotolia.com; S36/37 underdogstudios - Fotolia.com; S38 okanakdeniz - Fotolia.com; S39 Neuhierl; S40 Zitzlsperger; S41 Alliance - Fotolia.com; S42/43 Fotoflug.de; S43 Zitzlsperger; S44 A_Bruno - Fotolia.com; S46 Neuhierl; S47 Lottes; S48 bilderbox - Fotolia.com; S49 Kobras; S50 medbo; S52 Peter Atkins - Fotolia.com; S53 Wrangler - Fotolia.com; S54 Neuhierl; S55 Christian Schwier - Fotolia.com; S56/57 medbo; S57 medbo; S58/59 a_korn - Fotolia.com Der SYNAPSE-Titel zeigt den Innenraum der Simultan-Kapelle am Bezirksklinikum Wöllershof Konzeption und Leitung: Renate Neuhierl Grafische Gestaltung: Creativbuero Jürgen Mayer Auflage: 5.000 Stück | Erscheinungsweise: vierteljährig | Vertrieb: B 07930 S Mehr Informationen zu medbo-Veranstaltungen unter: www.medbo.de Gender-Erklärung: Um die Lesbarkeit zu vereinfachen wird in der SYNAPSE meist auf die zusätzliche Formulierung der weiblichen Form verzichtet. Wir möchten deshalb darauf hinweisen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form explizit als geschlechtsunabhängig verstanden werden soll. Die nächste SYNAPSE erscheint am 15. August 2015. Redaktionsschluss ist der 01. Juli 2015. 1V05-1501-0005 58 WIE HUND UND KATZ: Geschwisterrivalität aus psychologischer Sicht Roman Christl Psychologe an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Bezirksklinikum Regensburg Donnerstag, 02. Juli 2015 19:00 Uhr medbo Bezirksklinikum | Hörsaal IBP Universitätsstr. 84 | 93053 Regensburg visite: Ärzte, Forscher und Experten unserer Kliniken und Einrichtungen informieren Sie zu wichtigen Themen der seelischen und neurologischen Gesundheit Der Eintritt ist kostenfrei. Kostenloses Parken auf dem Besucherparkplatz hinter der Haupteinfahrt zum Bezirksklinikum Regensburg, Universitätsstraße 84. Sie erreichen das Bezirksklinikum Regensburg mit den Buslinien 2b, 4, 6 und 11, Ausstieg an der Zentralen Omnibushaltestelle (ZOH) „Universität“.
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