weiterlesen - JFG Spessarttor eV

Flüchtlinge freuen sich auf Fußball
Integration: Junge Menschen aus Krisenregionen dürfen in der Juniorenfördergemeinschaft Spessarttor trainieren
Von unserem Redakteur
CHRISTIAN WEYER
NEUSTADT. Zehn minderjährige
Flüchtlinge, die ohne Familie nach
Deutschland gekommen waren,
sind inzwischen im Haus St. Michael in Neustadt untergebracht,
neun von ihnen haben am Montagabend erstmals am Fußballtraining teilgenommen, einer war
krank.
Der Sport spricht eine Sprache,
die alle verstehen, so war es kein
Problem, die Jugendlichen aus den
Krisenregionen der Welt in den
Trainingsablauf zu integrieren.
Die jungen Menschen kommen aus
Eritrea, Afghanistan, dem Kongo,
Kosovo, aus Somalia und Syrien.
Fußballschuhe vom Verein
Sieben von ihnen wurden vom
FSV Neustadt/Erlach bereits mit
Fußballschuhen, Stutzen und
Schienbeinschonern ausgestattet,
erläutert Jugendleiter Joachim
Adolf. Trainingsanzüge wird es
demnächst von der Juniorenfördergemeinschaft (JFG) Spessarttor geben, kündigt er an.
Auch für die drei Eritreer, die
erst vor einer Woche in Neustadt
eingetroffen sind, werde man noch
die passende Sportkleidung organisieren. Beim ersten Training
liefen diese noch in Jeans auf.
Auf dem Neustadter Sportplatz
übte die U 17 (B-Jugend) der JFG
Spessarttor. Jugendliche des TSV
Lohr, der DJK Wombach, des SV
Rodenbach,
SV
Sendelbach/Steinbach, TSV Sackenbach
und FSV Neustadt/Erlach bilden
diese regionale
Einheit,
die
künftig international ist. Denn
den
Flüchtlingen hat der erste Auftritt auf dem
Rasen viel Spaß gemacht, man hat
gesehen, dass sie nicht zum ersten Mal Fußball spielten.
Das Training war nur ausnahmsweise in Neustadt, um den
Flüchtlingen die Anfahrt zu ersparen. Normalerweise trainiert
die U 17 montags und donnerstags
in Wombach. Künftig werden die
Flüchtlinge dorthin gebracht. Das
Fußball hilft bei der Integration: In Neustadt trainierte die U 17 der JFG Spessarttor am Montagabend erstmals zusammen mit minderjährigen Flüchtlingen aus Krisenregionen der Welt, die im Haus St. Michael untergebracht sind. Um deren Persönlichkeitsrechte
zu wahren, zeigen wir diese im Bild nur von hinten.
Foto: Christian Weyer
Hintergrund: Haus St. Michael in Neustadt
Das Haus St. Michael in Neustadt am
Main ist eine Einrichtung der medizinisch-beruflichen Rehabilitation und
besteht seit 1977. Die Wiedereingliederung von psychisch Kranken in den Beruf griffen damals die Missionsdomini-
kanerinnen auf, es war bundesweit
eine der ersten Einrichtungen dieser
Art. In drei Gebäuden des Klosterhofs
lief die berufliche Reha, ein dem historischen Ensemble nachempfundener
Neubau kam Ende der 90er-Jahre hinzu.
2005 ging das Haus St. Michael auf das
Erthal-Sozialwerk über, eine gemeinnützige GmbH, an der jeweils zur Hälfte
das St.-Josefs-Stift Eisingen und der
Caritasverband für die Diözese Würzburg beteiligt sind. (red)
Haus St. Michael stellt einen
Transporter, sagte deren Leiterin
Ilona Englert zu. Der FSV organisiert einen Fahrer.
Amtssprache beim ersten Training war auf Wunsch der ausländischen Teilnehmer Englisch.
Die Trainer Olaf
Bulk,
Hilmar
Ullrich und Burkard Nadler bildeten gemischte
Gruppen, so dass Einheimische
und Flüchtlinge besser in Kontakt
kamen – ein erster Schritt zur Integration.
Beim Fußballspielen sind die
Barrieren niedrig. Für den Alltag
ist es wichtig, dass die Neuankömmlinge möglichst schnell die
deutsche Sprache lernen. Somit
gehört der Deutschunterricht zu
den wichtigsten Dingen in der
nächsten Zeit. Dabei müssen die
Lehrer vom unterschiedlichen
Bildungsstand der Flüchtlinge
ausgehen. »Die Jungs haben verschiedene Niveaus, manche waren zwei bis drei Jahre in der
Schule, andere sechs bis sieben
Jahre«, berichtet Heilerziehungspfleger Bernd Serby.
»Wir haben junge Männer, die
auf einer höheren Schule waren,
andere, die mit einer binomischen
Formel was anfangen können, und
wieder welche, die das kleine Einmaleins können«, verdeutlicht
Ilona Englert den unterschiedlichen Bildungsstand.
Bis September werden die
Flüchtlinge in Neustadt unterrichtet, vor allem in Deutsch, Mathematik,
Allgemeinbildung,
Staats- und Erdkunde, zählt die
Heimleiterin auf. Danach sei eine
gemeinsame Klasse mit den minderjährigen Flüchtlingen aus Altfeld geplant, voraussichtlich in
Marktheidenfeld.
Fahrräder fehlen
Die Einbindung ins Fußballtraining hilft den jugendlichen
Flüchtlingen bei der Integration.
Von einer »Supersache« spricht
die Heimleiterin und lobt die
Neustädter Bevölkerung, die »immer wieder ein wirkliches Vorbild
ist, was Integration angeht«.
Das hätten die Einwohner schon
über Jahre bei den psychisch
Kranken bewiesen und »nun wurden auch die Flüchtlinge mit offenen Armen empfangen«, sagte
Englert.
Heilerziehungspfleger
Serby fällt gleich noch ein Wunsch
ein: »Was wir noch brauchen, sind
Fahrräder.«