in Kooperation mit dem Finanzportal biallo.de Von Rolf Winkel 11/15 ElterngeldPlus Neue Vorteile für Mama und Papa mit Teilzeitjobs Für Geburten ab Juli dieses Jahres gibt es neue Regeln beim Elterngeld. Künftig lohnt es sich für junge Mütter weit mehr als bisher, schon bald nach der Entbindung wieder einen Teilzeitjob aufzunehmen. Dafür sorgt das neue ElterngeldPlus. Wer während der Elternzeit schnell wieder in einem Teilzeitjob tätig ist, soll künftig nicht mehr bestraft, sondern belohnt werden. Die weiteren Neurege- lungen: Wenn Vater und Mutter ihre Arbeitszeit während der Elternzeit einige Monate auf 25 bis 30 Wochenarbeitszeitstunden reduzieren, können sie zusätzliches Elterngeld erhalten. Weiterhin entfällt die Möglichkeit des doppelten Elterngeld-Bezugs für Eltern von Zwillingen. Dies gilt bereits für Geburten seit Januar dieses Jahres. 1. Besteht ein Anspruch auf Teilzeitarbeit während des ElterngeldBezugs und der Elternzeit? . Die Neuregelung beim ElterngeldPlus ist in erster Linie für Eltern – meist für Mütter – interessant, die schon bald nach der Entbindung einen Teilzeitjob aufnehmen. Aber: Gibt es überhaupt einen Anspruch auf eine Arbeitszeitverkürzung in der Elternzeit, insbesondere während des Bezugs von Elterngeld? Elterngeld gibt es nur für erziehende Elternteile, die „keine oder keine volle Erwerbstätigkeit“ ausüben, heißt es in Paragraf 1 Abs. 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG). In Absatz 6 dieses Paragraphen wird erklärt, wer „nicht voll erwerbstätig“ ist. Dies gilt für alle, deren Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteigt“. Für Auszubildende und Tagespflegepersonen gilt diese 30-StundenGrenze nicht. Klar ist damit: Im Grundsatz dürfen Eltern, während des Elterngeld-Bezugs einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Anspruch auf Elterngeld fällt jedoch – und das gilt auch künftig – weg, wenn die Arbeitszeit im Durch- schnitt eines Monats die 30 WochenstundenGrenze überschreitet. Flankiert werden diese Regelungen zum Elterngeld durch die Bestimmungen zur (maximal dreijährigen) Elternzeit. Mütter oder Väter haben danach die Wahl zwischen einer „Auszeit“ vom Job und einer Arbeitszeitverkürzung. Nach dem 2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz gilt: Eine Teilzeitarbeit während der Elternzeit von bis zu 30 Stunden pro Woche ist prinzipiell zulässig – bei einem anderen Arbeitgeber oder in Selbstständigkeit allerdings nur mit Zustimmung des eigentlichen Arbeitgebers. Gegenüber ihrem eigenen Arbeitgeber haben erziehende Elternteile einen Rechtsanspruch auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn die folgenden Voraussetzungen vorliegen: Der Arbeitgeber beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer/innen (wobei Auszubildende nicht mitgerechnet werden). Seite 2 Das Arbeitsverhältnis besteht länger als sechs Monate. Die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit soll für mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden verringert werden. Zudem dürfen der Verkürzung der Arbeitszeit keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Der Antrag auf Arbeitszeitverkürzung nach dem BEEG muss schriftlich gestellt werden – und zwar in der Regel sieben Wochen vor der beabsichtigten Arbeitszeitverkürzung. Im (formlosen) Antrag an den Arbeitgeber sollten Eltern festlegen, wann sie mit der Teilzeitarbeit beginnen, wie viele Stunden sie in der Woche arbeiten möchten – und zu welchen Zeiten. Wenn der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen will, muss er dies innerhalb von vier Wochen nach der Antragstellung tun – und zwar mit schriftlicher Begründung. Dafür braucht er aber ausgesprochen gute Gründe. Nur in begründeten Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch junger Eltern ablehnen. „Betriebliche Gründe“ – wie nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz – reichen dafür nicht. Diese müssen zudem „dringend“ sein. Dies regelt Paragraf 15 Abs. 7 Nr. 4 BEEG. „Dringende betriebliche Gründe“ erkennen die Arbeitsgerichte jedoch nur selten an. Das Argument „Teilzeit passt nicht in das Arbeitszeitmodell unserer Firma“ zieht nicht, befand das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer Entscheidung vom 9. Mai 2006 (Az.: 9 AZR 278/05). Arbeitgeber könnten von einer jungen Mutter nicht verlangen, dass sie sich „wie jeder andere Arbeitnehmer in ein vorgegebenes Arbeitszeitmodell einfügen müsste“. Außerdem urteilten die obersten Arbeitsrichter: Wenn der Arbeitnehmer „wegen seiner familiären Einbindung auf eine bestimmte Lage seiner Arbeitszeit angewiesen (ist), so gebührt seinen Interessen regelmäßig der Vorrang“. Wichtig ist jedoch: Den Antrag auf Teilzeitarbeit sollten junge Eltern möglichst nicht erst nach einem halben Jahr Elternzeit stellen. Hat der Arbeitgeber nämlich erst einmal eine Ersatzkraft für die Elternzeit befristet eingestellt, gilt dies als anerkennenswerter Grund zur Ablehnung des Teilzeitwunsches. So entschied das Bundesarbeitsgericht am 19. April 2005 (Az.: 9 AZR 233/04). 2. Regeln zur Anrechnung von Erwerbseinkommen auf das Elterngeld 2a. Rechtslage beim „klassischen“ Elterngeld Für Geburten ab Juli 2015 können sich Eltern zwischen dem bekannten „klassischen“ Elterngeld und dem neuen ElterngeldPlus entscheiden. Das „klassische“ Elterngeld orientiert sich am vor der Geburt beziehungsweise vor der Mutterschutzfrist monatlich verfügbaren Erwerbseinkommen. In der Regel bekommen Mütter oder Väter während der Elternzeit etwa zwei Drittel (zwischen 65 und 67 Prozent) ihres Netto-Lohnausfalls ersetzt, maximal gibt es als Elterngeld aber monatlich 1.800 Euro. Günstiger sind die Regeln für diejenigen, die vor der Elternzeit weniger als 1.000 Euro netto verdient haben. Für sie wird ein höherer Anteil des wegfallenden Nettoeinkommens ersetzt. Diese kurz skizzierten Regeln gelten beim klassischen Elterngeld auch dann, wenn das Gehalt während der Elternzeit nicht völlig wegfällt, sondern geringer ausfällt. Hierzu ein Beispiel: Eine Mutter hat im zwölfmonatigen Bemessungszeitraum fürs Elterngeld vor der Geburt ihres Kindes (beziehungsweise genauer: vor Beginn der Mutterschutzfrist) im Schnitt 2.500 Euro netto verdient. Als Elterngeld würde sie – soweit sie im ersten Lebensjahr ihres Kindes nicht erwerbstätig ist – 65 Prozent dieses Betrags, also 1.625 Euro erhalten. Verdient sie aber in der Elternzeit monatlich 1.000 Euro netto, so beträgt ihr Netto-Einkommensverlust nur (2.500 - 1.000 =) 1.500 Euro. Sie würde dann also statt 1.625 nur 975 Euro Elterngeld erhalten. Insgesamt käme sie damit monatlich auf (1.000 + 975 =) 1.975 Euro. Unterm Strich würden die 1.000 Euro Verdienst während einer Teilzeittätigkeit in der Elternzeit ihr nur ein Einkommensplus von (1.975 - 1.625 =) 350 Euro gegenüber gar keiner Erwerbstätigkeit bringen. Dass dies kein Anreiz für die www.biallo.de Seite 3 Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Zeit des Elterngeld-Bezugs ist, liegt auf der Hand. Genau hier setzen die jetzt beschlossenen neuen ElterngeldPlus-Regelungen an. 2b. Rechtslage beim ElterngeldPlus Eltern, deren Kinder ab dem 1. Juli 2015 geboren werden, können sich statt des klassischen Elterngelds für das ElterngeldPlus entscheiden. Dies lohnt sich in erster Linie für diejenigen – meist Mütter – die schon einige Monate nach der Geburt des Kindes einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Diese können die neu geschaffene Variante des Elterngelds dann maximal doppelt so lange wie das klassische Elterngeld beziehen – höchstens aber 28 Monate lang (einschließlich des neuen sogenannten Partnerschaftsbonus, siehe unten). Das ElterngeldPlus fällt in den einzelnen Bezugsmonaten meist weit niedriger aus als das klassische Elterngeld ohne zusätzliche Erwerbstätigkeit. Da es doppelt so lange gezahlt werden kann, erhalten Eltern insgesamt – über die komplette Laufzeit der Leistung – jedoch meist genauso viel. Die Höhe des ElterngeldPlus wird durch zwei Grenzen markiert. Der niedrigere Grenzbetrag ist maßgebend: Grenze 1: Es soll in keinem Fall mehr gezahlt werden als der Betrag, der klassischerweise beim Elterngeld gewährt würde. In dem oben aufgeführten Beispiel der Mutter, die während des Elterngeld-Bezugs 1.000 Euro netto durch Erwerbstätigkeit verdient und vorher ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.500 Euro hatte, wären das also 975 Euro. Mehr als dieses „klassische“ Elterngeld wird auch als ElterngeldPlus im einzelnen Monat nicht gezahlt. Grenze 2: Zudem soll es in keinem Fall mehr geben als die Hälfte des Elterngeldes, das einem Elternteil zustünde, wenn dieser nach der Geburt eine komplette „Auszeit“ vom Job nehmen würde. Im unter 2a genannten Beispiel würde das klassische Elterngeld der Mutter ohne Einkommensanrechnung 65 Prozent von 2.500 Euro, also 1.625 Euro betragen. Die Hälfte davon sind 812,50 Euro. trag gilt. Das sind in diesem Fall 812,50 Euro. Dieser monatliche Betrag wird der in Teilzeit arbeitenden Mutter über die doppelte Laufzeit des noch bestehenden Elterngeld-Anspruchs (als ElterngeldPlus) gezahlt. Der Vorteil liegt – anhand der Zahlen aus diesem Beispiel – auf der Hand: Normalerweise würde die teilzeitarbeitende Mutter zehn Monate lang 975 Euro „klassisches“ Elterngeld (= 9.750 Euro) beziehen. Stattdessen kann sie demnächst 20 Monate lang 812,50 Euro (= 16.250 Euro) ElterngeldPlus erhalten. Demnach erhält sie 6.500 Euro mehr. Faustregel: In vielen Fällen können sich Betroffene die oben geschilderte komplizierte Vergleichsrechnung sparen: Das gilt immer dann, wenn der Nettolohn während des Elternbezugs maximal halb so hoch ist wie der vorher bezogene Nettolohn. In diesen Fällen beträgt das ElterngeldPlus immer die Hälfte des Elterngeldes, das gezahlt würde, wenn die Bezieherin beziehungsweise der Bezieher keiner Erwerbstätigkeit nachginge. Es gilt dann also der Wert von „Grenze 2“. 2c. Zehn Monate oder zwölf Monate? Möglicherweise fragen Sie sich, warum wir hier von zehn Monaten Elterngeld und 20 Monaten ElterngeldPlus ausgehen. Immerhin ist in den Broschüren der Bundesregierung von zwölf Monaten Elterngeld und 24 Monaten ElterngeldPlus die Rede. Die Auflösung ist einfach: Arbeitnehmerinnen haben Anspruch auf Mutterschaftsgeld der gesetzlichen Krankenversicherung und auf einen Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld in den ersten acht Wochen nach der Entbindung. Diese Leistungen werden auf das Elterngeld angerechnet. Dadurch werden in den ersten beiden Lebensmonaten eines Kindes zwei Elterngeldmonate verbraucht, ohne dass Elterngeld ausgezahlt wird. 2d. Kombinationsmöglichkeiten Die in der Beispielrechnung deutlich werdenden Vorteile des ElterngeldPlus kommen nur dann voll zum Tragen, wenn Mütter – um sie geht es nach wie vor vorrangig – ziemlich bald nach dem Ende ihrer Mutterschutzfrist wieder in Teilzeit tätig werden. Auch bei einer späteren Rückkehr in den Job können sie zwar noch vom ElterngeldPlus profitieren, aber nicht in vollem Umfang. Im nächsten Schritt werden Grenze eins und Grenze zwei verglichen. Der niedrigere Bewww.biallo.de Seite 4 Falls die Mutter aus dem Beispielfall erst ihren Teilzeitjob (mit 1.000 Euro im Monat) aufnimmt nachdem ihr Kind acht Monate alt ist, stehen ihr zu diesem Zeitpunkt noch vier Monate mit dem klassischen Elterngeld zu (4 x 975 = 3.900 Euro). Diese vier ElterngeldMonate kann sie in acht Monate ElterngeldPlus (8 x 812,50 Euro = 6.500 Euro) umwandeln. Dann hätte sie durch das ElterngeldPlus allerdings nur noch einen Vorteil von 2.600 Euro (statt 6.500 Euro bei einer sofortigen Aufnahme der Erwerbstätigkeit gleich nach dem Ende ihrer Mutterschutzfrist). Wer demnächst Elterngeld beantragt, muss bereits bei der Antragstellung zwischen dem Bezug des klassischen Elterngelds und ElterngeldPlus wählen. Dies müssen die Eltern monatsweise festlegen. Die hier getroffene Festlegung kann allerdings später in begrenztem Umfang noch korrigiert werden. Ein Umswitchen vom klassischen Elterngeld auf ElterngeldPlus ist allerdings – außer in den Fällen besonderer Härte – unzulässig, wenn Monatsbeträge bereits ausgezahlt sind. Monate, in denen die Mutter Mutterschaftsleistungen erhält, gelten immer als Monate, für die sie das klassische Elterngeld beziehen. 2e. Antragstellung 3. Partnerschaftsbonus beim ElterngeldPlus Vätern wird künftig die stärkere Beteiligung an der Kindererziehung durch eine besondere Förderung der Teilzeit im Job schmackhaft gemacht. Wie bisher gilt: Wenn sie in den ersten 14 Lebensmonaten ihres Kindes eine mindestens zweimonatige Auszeit vom Job nehmen oder ihre Arbeitszeit auf maximal 30 Stunden reduzieren, können sie in dieser Zeit auch künftig das klassische Elterngeld erhalten. Alternativ dazu können sie nun vier Monate ElterngeldPlus wählen. Das gilt natürlich umgekehrt auch für Mütter – wenn der Vater, was noch immer die Ausnahme ist, den „Hauptpart“ der Erziehung übernimmt. tätig sind – und zwar mit einer wöchentlichen Arbeitszeit zwischen 25 und 30 Stunden. Klar ist dabei: Väter haben (genau wie Mütter) ihrem Arbeitgeber gegenüber zwar einen Rechtsanspruch auf eine Arbeitszeitverkürzung. Einen Rechtsanspruch, dass der Arbeitgeber genau diesen Arbeitszeitkorridor (25 bis 30 Stunden) akzeptiert, gibt es jedoch nicht. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig erklärte kürzlich, dass über diesen Arbeitszeitkorridor noch nicht das letzte Wort gesprochen sei: „Wir werden sehen, wie das angenommen wird. An der Stelle kann man ja flexibel sein.“ Neu ist künftig: Väter (oder Mütter) können zusätzlich noch vier Extra-Monate ElterngeldPlus erhalten, das nennt sich dann Partnerschaftsbonus. Diesen gibt es allerdings nur unter der Voraussetzung, dass nicht nur sie selbst, sondern auch der andere Elternteil mindestens vier Monate „am Stück“ in Teilzeit Auch alleinerziehende Elternteile haben im Übrigen Anspruch auf die vier zusätzlichen „Partnermonate“ beim ElterngeldPlus. Eine alleinerziehende Mutter kann damit ElterngeldPlus längstens bis zum 28. Lebensmonat ihres Kindes beziehen. 4. Gestaltungsmöglichkeiten zur Erhöhung des Elterngelds . Im Internet gibt es zahlreiche Online-Rechner, die Ihnen mit wenigen Klicks die vermeintlich richtige Höhe Ihres Elterngelds berechnen. Achten Sie unbedingt darauf, dass die Programme die aktuelle Rechtslage berücksichtigen und nicht zu einfach programmiert sind. Einen schnellen und doch zuverlässigen Überblick gibt der Elterngeldrechner des Bundesfamilienministeriums unter http://www.familienwegweiser.de/Elterngeldrechner. Die folgenden Tipps gelten sowohl für (werdende) Eltern, die das klassische Elterngeld in Anspruch nehmen möchten, als auch für diejenigen, für die ElterngeldPlus in Frage kommt. Das folgende Beispiel zeigt, warum es wichtig ist, sich mit der Berechnungsmethode des Elterngelds zu beschäftigten. Beispiel: Ehepaar Friese hat bereits eine siebenjährige Tochter und wünscht sich ein weiteres Kind. Wenn das Kind zur Welt kommt, plant www.biallo.de Seite 5 das Paar, dass die Ehefrau Elternzeit nimmt und Elterngeld beantragt. Frau Friese verdient monatlich brutto 2.700 Euro. Zusätzlich erhält sie 2.400 Euro als Weihnachtsgeld. Bislang hat Frau Friese Steuerklasse V und spart per Entgeltumwandlung monatlich 180 Euro für eine Betriebsrente an. Dadurch sinkt ihr steuer- und sozialversicherungspflichtiges Einkommen auf 2.520 Euro. Auf Grundlage dieser Daten würde sich für Frau Friese – nach Geburt eines weiteren Kindes – ein Elterngeldanspruch in Höhe von 806 Euro errechnen. Einige wenige Änderungen würden – rechtzeitig vorgenommen – monatlich 496 Euro mehr Elterngeld bringen: Mit ihrem Arbeitgeber vereinbart Frau Friese, dass sie statt des 13. Monatsgehalts eine Erhöhung des monatlichen Gehalts um 200 Euro erhält. Damit steigt ihr monatliches Bruttogehalt auf 2.900 Euro. Weiterhin stoppt sie bis auf weiteres die Einzahlungen auf ihre Direktversicherung. (ACHTUNG: Bei Wiederaufnahme der Vollzeitstelle Zahlungen wieder aufnehmen!) Darüber hinaus tauscht sie mit ihrem Ehepartner die Steuerklassen. Lohnsteuer wird bei ihr künftig nach Steuerklasse III abgeführt. Durch die skizzierten Schritte ist Frau Friese für das Elterngeld optimal aufgestellt; sie könnte jetzt mit einem monatlichen Elterngeld in Höhe von 1.302 Euro rechnen. Würde sie dagegen auf die aufgezeigten Schritte verzichten, könnte sie nur mit 906 Euro Elterngeld rechnen. Bei einer zehnmonatigen Bezugsdauer von Elterngeld erhöht sie durch einige relativ einfache Kniffe die Elterngeldzahlungen um 4.960 Euro. Hintergrund: Berechnungsbasis ist das durchschnittliche Einkommen des betreuenden Elternteils innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Beginn der Mutterschutzfrist (beziehungsweise bei Selbstständigen: vor der Geburt). Das bedeutet: Wenn Sie hier für Sie persönlich vorteilhafte Regelungen nutzen wollen, müssen Sie damit langfristig handeln – am besten schon dann, wenn ein Kind erst „in Planung“ ist. Im Prinzip gehen die Elterngeldstellen bei der Berechnung des Elterngelds in drei Schritten vor: Schritt 1: Das durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt vor der Geburt wird bestimmt. Schritt 2: Aufgrund dieses Bruttoentgelts errechnet die Elterngeldstelle das (fiktive) Nettoentgelt vor der Geburt. Schritt 3: Das Elterngeld wird auf Basis des Ergebnisses der vorangegangenen Schritte nach festen Regeln berechnet. 4a. Gestaltungsmöglichkeit bei Schritt 1 Ausgangspunkt der Elterngeld-Berechnung ist bei Arbeitnehmern grundsätzlich das steuerpflichtige Erwerbseinkommen vor der Geburt beziehungsweise vor dem Beginn der Mutterschutzfrist. Einmalige, nicht fortlaufende Zahlungen, wie Leistungsprämien, 13. Monatsgehälter, zusätzliches Urlaubsgeld oder einmalige Abfindungen, bleiben dagegen außen vor. Tipp: Sonderzahlungen in Monatsgehalt umwandeln Wenn möglich sollten Sie mit Ihrem Arbeitgeber statt Sonderzahlungen ein höheres Monatsgehalt vereinbaren! Genauso kann man dies auch mit dem zusätzlichen Urlaubsgeld halten. Gerade in Kleinbetrieben sollte dies häufig möglich sein. Tipp: Verzichten Sie frühzeitig auf Entgeltumwandlung Viele Arbeitnehmer sparen per Entgeltumwandlung auf eine spätere Betriebsrente. Teile des Lohns oder Gehalts werden dabei umgewandelt in Beiträge zu Lebens- oder Rentenversicherungen und sind dann steuer- und sozialversicherungsfrei. Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie Steuer fallen erst an, wenn im Alter eine Rente bezogen wird. Kehrseite der Steuerfreiheit: Diese umgewandelten Lohnbestandteile werden auch bei der Berechnung des Elterngelds (und genauso wenig bei Arbeitslosengeld, Krankengeld und Rente!) nicht berücksichtigt. Dass dies rechtens ist, entschied das Bundessozialgericht bereits am 25. Juni 2009 (Az.: B 10 EG 9/ 08). Das monatliche Elterngeld kann allein hierdurch unter Umständen um monatlich 70 Euro oder mehr sinken. 4b. Gestaltungsmöglichkeiten bei Schritt 2: Das Elterngeldgesetz gibt dabei den Ämtern ganz eigene Regeln zur Berechnung des Nettoeinkommens vor. Wichtig ist dabei vor allem die Steuerklassenwahl. Wer hierbei rechtzeitig die richtigen Weichen stellt, hat später gut lachen. www.biallo.de Seite 6 Auch bei diesem Punkt haben künftige Elterngeldbezieher einen Gestaltungsspielraum. Dies betrifft allerdings nur Verheiratete. Denn nur sie können zwischen verschiedenen Steuerklassenkombinationen wählen. Seit Anfang 2013 gilt: Wenn Verheiratete im zwölfmonatigen Bemessungszeitraum für das Elterngeld die Steuerklasse gewechselt haben, wird die Klasse berücksichtigt, die in der Mehrheit der Monate des Bemessungszeitraums – also in mindestens sieben der zwölf Monate – gültig war. Waren zwei Steuerklassen jeweils gleich lange gültig, so gilt die zuletzt eingetragene Klasse. Bedeutung hat für Arbeitnehmer, die Elterngeld beziehen möchten, faktisch vor allem die »günstige« Steuerklasse III. Tipp: Für erwerbstätige Ehefrauen lohnt es sich häufig, „vorbeugend“ bereits in Steuerklasse III zu wechseln. Dadurch fällt das Elterngeld später unter Umständen deutlich höher aus. Der Ehepartner wechselt dann in die „schlechte“ Steuerklasse V. Dies hat zur Folge, dass die Lohnsteuerabzüge für ihn zunächst sehr hoch sind. Dieser Nachteil wird jedoch mit der später erforderlichen Steuererklärung wieder aufgehoben: Was zu viel vorausgezahlt wurde, wird erstattet. Problematisch ist die schlechte Steuerklasse für den Ehepartner nur dann, wenn er selbst auf Lohnersatzleistungen (gilt vor allem beim Arbeitslosengeld I) angewiesen sein sollte oder wenn er selbst längere Zeit Elterngeld in Anspruch nehmen möchte. Ansonsten spricht nichts dagegen, dem späteren ElterngeldBezieher die Steuerklasse III zu überlassen. Das folgende Beispiel zeigt, was allein ein Steuerklassenwechsel bringt und wann er spätestens vorgenommen werden sollte, damit er beim Elterngeld berücksichtigt wird. Frau Müller wird voraussichtlich Anfang November 2015 Mutter. Der Bemessungszeitraum für die Elterngeld-Berechnung beginnt im Monat vor dem Mutterschaftsgeldbezug, dies wäre der August 2015. Die zwölf Monate des Bemessungszeitraums umfassen damit die Monate September 2014 bis August 2015. Frau Müller hätte deshalb spätestens im Februar 2015 einen Steuerklassenwechsel beantragen müssen, dieser wäre dann ab März 2015 berücksichtigt worden. Klasse III wäre bei ihr dann unmittelbar vor der Mutterschutzfrist und in insgesamt sechs Monaten elektronisch eingetragen gewesen und würde damit bei der Berechnung des Elterngeldes zugrunde gelegt. Bei einem angenommenen Verdienst von zuletzt monatlich 3.000 Euro brutto kann Frau Müller bei Steuerklasse III ein monatliches Elterngeld in Höhe von 1.335 Euro erwarten (keine Kirchensteuerpflicht, keine sonstigen Kinderfreibeträge). Mit Steuerklasse V wären es dagegen nur 953 Euro. Das „Thema der Woche“ ist ein Service der Verbraucher-Redaktion Biallo & Team GmbH, Bahnhofstraße 25, 86938 Schondorf. Sie können uns erreichen unter [email protected] oder per Telefon: 08192/93379-0. Weitere Infos unter www.biallo.de www.biallo.de
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