ElterngeldPlus Neue Vorteile für Mama und Papa mit Teilzeitjobs

in Kooperation mit dem Finanzportal biallo.de
Von Rolf Winkel
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ElterngeldPlus
Neue Vorteile für Mama und Papa mit Teilzeitjobs
Für Geburten ab Juli dieses Jahres gibt es
neue Regeln beim Elterngeld. Künftig lohnt
es sich für junge Mütter weit mehr als bisher,
schon bald nach der Entbindung wieder einen
Teilzeitjob aufzunehmen. Dafür sorgt das
neue ElterngeldPlus. Wer während der Elternzeit schnell wieder in einem Teilzeitjob
tätig ist, soll künftig nicht mehr bestraft, sondern belohnt werden. Die weiteren Neurege-
lungen: Wenn Vater und Mutter ihre Arbeitszeit während der Elternzeit einige Monate auf
25 bis 30 Wochenarbeitszeitstunden reduzieren, können sie zusätzliches Elterngeld erhalten. Weiterhin entfällt die Möglichkeit des
doppelten Elterngeld-Bezugs für Eltern von
Zwillingen. Dies gilt bereits für Geburten seit
Januar dieses Jahres.
1. Besteht ein Anspruch auf Teilzeitarbeit während des ElterngeldBezugs und der Elternzeit?
.
Die Neuregelung beim ElterngeldPlus ist in
erster Linie für Eltern – meist für Mütter –
interessant, die schon bald nach der Entbindung einen Teilzeitjob aufnehmen. Aber: Gibt
es überhaupt einen Anspruch auf eine Arbeitszeitverkürzung in der Elternzeit, insbesondere während des Bezugs von Elterngeld?
Elterngeld gibt es nur für erziehende Elternteile, die „keine oder keine volle Erwerbstätigkeit“ ausüben, heißt es in Paragraf 1 Abs. 1
des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG). In Absatz 6 dieses Paragraphen
wird erklärt, wer „nicht voll erwerbstätig“ ist.
Dies gilt für alle, deren Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats
nicht übersteigt“. Für Auszubildende und Tagespflegepersonen gilt diese 30-StundenGrenze nicht.
Klar ist damit: Im Grundsatz dürfen Eltern,
während des Elterngeld-Bezugs einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Der Anspruch auf
Elterngeld fällt jedoch – und das gilt auch
künftig – weg, wenn die Arbeitszeit im Durch-
schnitt eines Monats die 30 WochenstundenGrenze überschreitet.
Flankiert werden diese Regelungen zum Elterngeld durch die Bestimmungen zur (maximal dreijährigen) Elternzeit. Mütter oder Väter
haben danach die Wahl zwischen einer „Auszeit“ vom Job und einer Arbeitszeitverkürzung. Nach dem 2007 eingeführten Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz gilt: Eine
Teilzeitarbeit während der Elternzeit von bis
zu 30 Stunden pro Woche ist prinzipiell zulässig – bei einem anderen Arbeitgeber oder
in Selbstständigkeit allerdings nur mit Zustimmung des eigentlichen Arbeitgebers.
Gegenüber ihrem eigenen Arbeitgeber haben
erziehende Elternteile einen Rechtsanspruch
auf Verringerung der Arbeitszeit, wenn die
folgenden Voraussetzungen vorliegen:

Der Arbeitgeber beschäftigt in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer/innen
(wobei Auszubildende nicht mitgerechnet werden).
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
Das Arbeitsverhältnis besteht länger
als sechs Monate.
Die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit soll für mindestens zwei Monate auf
einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden verringert werden. Zudem dürfen der
Verkürzung der Arbeitszeit keine dringenden
betrieblichen Gründe entgegenstehen.
Der Antrag auf Arbeitszeitverkürzung nach
dem BEEG muss schriftlich gestellt werden –
und zwar in der Regel sieben Wochen vor der
beabsichtigten Arbeitszeitverkürzung. Im
(formlosen) Antrag an den Arbeitgeber sollten
Eltern festlegen, wann sie mit der Teilzeitarbeit beginnen, wie viele Stunden sie in der
Woche arbeiten möchten – und zu welchen
Zeiten. Wenn der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen will, muss er dies innerhalb von vier Wochen nach der Antragstellung tun – und zwar
mit schriftlicher Begründung.
Dafür braucht er aber ausgesprochen gute
Gründe. Nur in begründeten Ausnahmefällen
darf der Arbeitgeber den Teilzeitwunsch junger Eltern ablehnen. „Betriebliche Gründe“ –
wie nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz
– reichen dafür nicht. Diese müssen zudem
„dringend“ sein. Dies regelt Paragraf 15 Abs.
7 Nr. 4 BEEG. „Dringende betriebliche Gründe“ erkennen die Arbeitsgerichte jedoch nur
selten an. Das Argument „Teilzeit passt nicht
in das Arbeitszeitmodell unserer Firma“ zieht
nicht, befand das Bundesarbeitsgericht (BAG)
in einer Entscheidung vom 9. Mai 2006 (Az.:
9 AZR 278/05). Arbeitgeber könnten von einer jungen Mutter nicht verlangen, dass sie
sich „wie jeder andere Arbeitnehmer in ein
vorgegebenes Arbeitszeitmodell einfügen
müsste“. Außerdem urteilten die obersten
Arbeitsrichter: Wenn der Arbeitnehmer „wegen seiner familiären Einbindung auf eine
bestimmte Lage seiner Arbeitszeit angewiesen (ist), so gebührt seinen Interessen regelmäßig der Vorrang“.
Wichtig ist jedoch: Den Antrag auf Teilzeitarbeit sollten junge Eltern möglichst nicht erst
nach einem halben Jahr Elternzeit stellen.
Hat der Arbeitgeber nämlich erst einmal eine
Ersatzkraft für die Elternzeit befristet eingestellt, gilt dies als anerkennenswerter Grund
zur Ablehnung des Teilzeitwunsches. So entschied das Bundesarbeitsgericht am 19. April
2005 (Az.: 9 AZR 233/04).
2. Regeln zur Anrechnung von Erwerbseinkommen auf das Elterngeld
2a. Rechtslage beim „klassischen“ Elterngeld
Für Geburten ab Juli 2015 können sich Eltern
zwischen dem bekannten „klassischen“ Elterngeld und dem neuen ElterngeldPlus entscheiden.
Das „klassische“ Elterngeld orientiert sich am
vor der Geburt beziehungsweise vor der Mutterschutzfrist monatlich verfügbaren Erwerbseinkommen. In der Regel bekommen Mütter
oder Väter während der Elternzeit etwa zwei
Drittel (zwischen 65 und 67 Prozent) ihres
Netto-Lohnausfalls ersetzt, maximal gibt es
als Elterngeld aber monatlich 1.800 Euro.
Günstiger sind die Regeln für diejenigen, die
vor der Elternzeit weniger als 1.000 Euro netto verdient haben. Für sie wird ein höherer
Anteil des wegfallenden Nettoeinkommens
ersetzt.
Diese kurz skizzierten Regeln gelten beim
klassischen Elterngeld auch dann, wenn das
Gehalt während der Elternzeit nicht völlig
wegfällt, sondern geringer ausfällt.
Hierzu ein Beispiel: Eine Mutter hat im
zwölfmonatigen Bemessungszeitraum fürs
Elterngeld vor der Geburt ihres Kindes (beziehungsweise genauer: vor Beginn der Mutterschutzfrist) im Schnitt 2.500 Euro netto
verdient. Als Elterngeld würde sie – soweit sie
im ersten Lebensjahr ihres Kindes nicht erwerbstätig ist – 65 Prozent dieses Betrags,
also 1.625 Euro erhalten. Verdient sie aber in
der Elternzeit monatlich 1.000 Euro netto, so
beträgt ihr Netto-Einkommensverlust nur
(2.500 - 1.000 =) 1.500 Euro. Sie würde dann
also statt 1.625 nur 975 Euro Elterngeld erhalten. Insgesamt käme sie damit monatlich
auf (1.000 + 975 =) 1.975 Euro. Unterm Strich
würden die 1.000 Euro Verdienst während
einer Teilzeittätigkeit in der Elternzeit ihr nur
ein Einkommensplus von (1.975 - 1.625 =)
350 Euro gegenüber gar keiner Erwerbstätigkeit bringen. Dass dies kein Anreiz für die
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Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in der Zeit
des Elterngeld-Bezugs ist, liegt auf der Hand.
Genau hier setzen die jetzt beschlossenen
neuen ElterngeldPlus-Regelungen an.
2b. Rechtslage beim ElterngeldPlus
Eltern, deren Kinder ab dem 1. Juli 2015 geboren werden, können sich statt des klassischen Elterngelds für das ElterngeldPlus entscheiden. Dies lohnt sich in erster Linie für
diejenigen – meist Mütter – die schon einige
Monate nach der Geburt des Kindes einer
Erwerbstätigkeit nachgehen.
Diese können die neu geschaffene Variante
des Elterngelds dann maximal doppelt so
lange wie das klassische Elterngeld beziehen
– höchstens aber 28 Monate lang (einschließlich des neuen sogenannten Partnerschaftsbonus, siehe unten). Das ElterngeldPlus fällt
in den einzelnen Bezugsmonaten meist weit
niedriger aus als das klassische Elterngeld
ohne zusätzliche Erwerbstätigkeit. Da es
doppelt so lange gezahlt werden kann, erhalten Eltern insgesamt – über die komplette
Laufzeit der Leistung – jedoch meist genauso
viel.
Die Höhe des ElterngeldPlus wird durch
zwei Grenzen markiert. Der niedrigere
Grenzbetrag ist maßgebend:
Grenze 1: Es soll in keinem Fall mehr gezahlt
werden als der Betrag, der klassischerweise
beim Elterngeld gewährt würde. In dem oben
aufgeführten Beispiel der Mutter, die während
des Elterngeld-Bezugs 1.000 Euro netto
durch Erwerbstätigkeit verdient und vorher
ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.500 Euro
hatte, wären das also 975 Euro. Mehr als
dieses „klassische“ Elterngeld wird auch als
ElterngeldPlus im einzelnen Monat nicht gezahlt.
Grenze 2: Zudem soll es in keinem Fall mehr
geben als die Hälfte des Elterngeldes, das
einem Elternteil zustünde, wenn dieser nach
der Geburt eine komplette „Auszeit“ vom Job
nehmen würde. Im unter 2a genannten Beispiel würde das klassische Elterngeld der
Mutter ohne Einkommensanrechnung 65
Prozent von 2.500 Euro, also 1.625 Euro betragen. Die Hälfte davon sind 812,50 Euro.
trag gilt. Das sind in diesem Fall 812,50 Euro.
Dieser monatliche Betrag wird der in Teilzeit
arbeitenden Mutter über die doppelte Laufzeit
des noch bestehenden Elterngeld-Anspruchs
(als ElterngeldPlus) gezahlt. Der Vorteil liegt
– anhand der Zahlen aus diesem Beispiel –
auf der Hand: Normalerweise würde die teilzeitarbeitende Mutter zehn Monate lang 975
Euro „klassisches“ Elterngeld (= 9.750 Euro)
beziehen. Stattdessen kann sie demnächst
20 Monate lang 812,50 Euro (= 16.250 Euro)
ElterngeldPlus erhalten. Demnach erhält sie
6.500 Euro mehr.
Faustregel: In vielen Fällen können sich Betroffene die oben geschilderte komplizierte
Vergleichsrechnung sparen: Das gilt immer
dann, wenn der Nettolohn während des Elternbezugs maximal halb so hoch ist wie der
vorher bezogene Nettolohn. In diesen Fällen
beträgt das ElterngeldPlus immer die Hälfte
des Elterngeldes, das gezahlt würde, wenn
die Bezieherin beziehungsweise der Bezieher
keiner Erwerbstätigkeit nachginge. Es gilt
dann also der Wert von „Grenze 2“.
2c. Zehn Monate oder zwölf Monate?
Möglicherweise fragen Sie sich, warum wir
hier von zehn Monaten Elterngeld und 20
Monaten ElterngeldPlus ausgehen. Immerhin
ist in den Broschüren der Bundesregierung
von zwölf Monaten Elterngeld und 24 Monaten ElterngeldPlus die Rede. Die Auflösung
ist einfach: Arbeitnehmerinnen haben Anspruch auf Mutterschaftsgeld der gesetzlichen Krankenversicherung und auf einen
Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld
in den ersten acht Wochen nach der Entbindung. Diese Leistungen werden auf das Elterngeld angerechnet. Dadurch werden in
den ersten beiden Lebensmonaten eines
Kindes zwei Elterngeldmonate verbraucht,
ohne dass Elterngeld ausgezahlt wird.
2d. Kombinationsmöglichkeiten
Die in der Beispielrechnung deutlich werdenden Vorteile des ElterngeldPlus kommen nur
dann voll zum Tragen, wenn Mütter – um sie
geht es nach wie vor vorrangig – ziemlich
bald nach dem Ende ihrer Mutterschutzfrist
wieder in Teilzeit tätig werden. Auch bei einer
späteren Rückkehr in den Job können sie
zwar noch vom ElterngeldPlus profitieren,
aber nicht in vollem Umfang.
Im nächsten Schritt werden Grenze eins und
Grenze zwei verglichen. Der niedrigere Bewww.biallo.de
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Falls die Mutter aus dem Beispielfall erst ihren Teilzeitjob (mit 1.000 Euro im Monat) aufnimmt nachdem ihr Kind acht Monate alt ist,
stehen ihr zu diesem Zeitpunkt noch vier Monate mit dem klassischen Elterngeld zu (4 x
975 = 3.900 Euro). Diese vier ElterngeldMonate kann sie in acht Monate ElterngeldPlus (8 x 812,50 Euro = 6.500 Euro) umwandeln. Dann hätte sie durch das ElterngeldPlus
allerdings nur noch einen Vorteil von 2.600
Euro (statt 6.500 Euro bei einer sofortigen
Aufnahme der Erwerbstätigkeit gleich nach
dem Ende ihrer Mutterschutzfrist).
Wer demnächst Elterngeld beantragt, muss
bereits bei der Antragstellung zwischen dem
Bezug des klassischen Elterngelds und ElterngeldPlus wählen. Dies müssen die Eltern
monatsweise festlegen. Die hier getroffene
Festlegung kann allerdings später in begrenztem Umfang noch korrigiert werden. Ein
Umswitchen vom klassischen Elterngeld auf
ElterngeldPlus ist allerdings – außer in den
Fällen besonderer Härte – unzulässig, wenn
Monatsbeträge bereits ausgezahlt sind. Monate, in denen die Mutter Mutterschaftsleistungen erhält, gelten immer als Monate, für
die sie das klassische Elterngeld beziehen.
2e. Antragstellung
3. Partnerschaftsbonus beim ElterngeldPlus
Vätern wird künftig die stärkere Beteiligung
an der Kindererziehung durch eine besondere Förderung der Teilzeit im Job schmackhaft
gemacht. Wie bisher gilt: Wenn sie in den
ersten 14 Lebensmonaten ihres Kindes eine
mindestens zweimonatige Auszeit vom Job
nehmen oder ihre Arbeitszeit auf maximal 30
Stunden reduzieren, können sie in dieser Zeit
auch künftig das klassische Elterngeld erhalten. Alternativ dazu können sie nun vier Monate ElterngeldPlus wählen. Das gilt natürlich
umgekehrt auch für Mütter – wenn der Vater,
was noch immer die Ausnahme ist, den
„Hauptpart“ der Erziehung übernimmt.
tätig sind – und zwar mit einer wöchentlichen
Arbeitszeit zwischen 25 und 30 Stunden. Klar
ist dabei: Väter haben (genau wie Mütter)
ihrem Arbeitgeber gegenüber zwar einen
Rechtsanspruch auf eine Arbeitszeitverkürzung. Einen Rechtsanspruch, dass der Arbeitgeber genau diesen Arbeitszeitkorridor
(25 bis 30 Stunden) akzeptiert, gibt es jedoch
nicht.
Bundesfamilienministerin Manuela
Schwesig erklärte kürzlich, dass über diesen
Arbeitszeitkorridor noch nicht das letzte Wort
gesprochen sei: „Wir werden sehen, wie das
angenommen wird. An der Stelle kann man ja
flexibel sein.“
Neu ist künftig: Väter (oder Mütter) können
zusätzlich noch vier Extra-Monate ElterngeldPlus erhalten, das nennt sich dann Partnerschaftsbonus. Diesen gibt es allerdings
nur unter der Voraussetzung, dass nicht nur
sie selbst, sondern auch der andere Elternteil
mindestens vier Monate „am Stück“ in Teilzeit
Auch alleinerziehende Elternteile haben im
Übrigen Anspruch auf die vier zusätzlichen
„Partnermonate“ beim ElterngeldPlus. Eine
alleinerziehende Mutter kann damit ElterngeldPlus längstens bis zum 28. Lebensmonat
ihres Kindes beziehen.
4. Gestaltungsmöglichkeiten zur Erhöhung des Elterngelds
.
Im Internet gibt es zahlreiche Online-Rechner,
die Ihnen mit wenigen Klicks die vermeintlich
richtige Höhe Ihres Elterngelds berechnen.
Achten Sie unbedingt darauf, dass die Programme die aktuelle Rechtslage berücksichtigen und nicht zu einfach programmiert sind.
Einen schnellen und doch zuverlässigen Überblick gibt der Elterngeldrechner des Bundesfamilienministeriums unter http://www.familienwegweiser.de/Elterngeldrechner.
Die folgenden Tipps gelten sowohl für (werdende) Eltern, die das klassische Elterngeld in Anspruch nehmen möchten, als auch für diejenigen, für die ElterngeldPlus in Frage kommt.
Das folgende Beispiel zeigt, warum es wichtig
ist, sich mit der Berechnungsmethode des Elterngelds zu beschäftigten.
Beispiel: Ehepaar Friese hat bereits eine siebenjährige Tochter und wünscht sich ein weiteres Kind. Wenn das Kind zur Welt kommt, plant
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das Paar, dass die Ehefrau Elternzeit nimmt
und Elterngeld beantragt. Frau Friese verdient
monatlich brutto 2.700 Euro. Zusätzlich erhält
sie 2.400 Euro als Weihnachtsgeld. Bislang hat
Frau Friese Steuerklasse V und spart per Entgeltumwandlung monatlich 180 Euro für eine
Betriebsrente an. Dadurch sinkt ihr steuer- und
sozialversicherungspflichtiges Einkommen auf
2.520 Euro. Auf Grundlage dieser Daten würde
sich für Frau Friese – nach Geburt eines weiteren Kindes – ein Elterngeldanspruch in Höhe
von 806 Euro errechnen.
Einige wenige Änderungen würden – rechtzeitig vorgenommen – monatlich 496 Euro
mehr Elterngeld bringen:
Mit ihrem Arbeitgeber vereinbart Frau Friese,
dass sie statt des 13. Monatsgehalts eine Erhöhung des monatlichen Gehalts um 200 Euro
erhält. Damit steigt ihr monatliches Bruttogehalt
auf 2.900 Euro. Weiterhin stoppt sie bis auf
weiteres die Einzahlungen auf ihre Direktversicherung. (ACHTUNG: Bei Wiederaufnahme der
Vollzeitstelle Zahlungen wieder aufnehmen!)
Darüber hinaus tauscht sie mit ihrem Ehepartner die Steuerklassen. Lohnsteuer wird bei ihr
künftig nach Steuerklasse III abgeführt.
Durch die skizzierten Schritte ist Frau Friese für
das Elterngeld optimal aufgestellt; sie könnte
jetzt mit einem monatlichen Elterngeld in Höhe
von 1.302 Euro rechnen. Würde sie dagegen
auf die aufgezeigten Schritte verzichten, könnte
sie nur mit 906 Euro Elterngeld rechnen. Bei
einer zehnmonatigen Bezugsdauer von Elterngeld erhöht sie durch einige relativ einfache
Kniffe die Elterngeldzahlungen um 4.960 Euro.
Hintergrund: Berechnungsbasis ist das durchschnittliche Einkommen des betreuenden Elternteils innerhalb der letzten zwölf Monate vor
dem Beginn der Mutterschutzfrist (beziehungsweise bei Selbstständigen: vor der Geburt). Das
bedeutet: Wenn Sie hier für Sie persönlich vorteilhafte Regelungen nutzen wollen, müssen
Sie damit langfristig handeln – am besten
schon dann, wenn ein Kind erst „in Planung“ ist.
Im Prinzip gehen die Elterngeldstellen bei
der Berechnung des Elterngelds in drei
Schritten vor:
Schritt 1: Das durchschnittliche monatliche
Bruttoentgelt vor der Geburt wird bestimmt.
Schritt 2: Aufgrund dieses Bruttoentgelts errechnet die Elterngeldstelle das (fiktive) Nettoentgelt vor der Geburt.
Schritt 3: Das Elterngeld wird auf Basis des
Ergebnisses der vorangegangenen Schritte
nach festen Regeln berechnet.
4a. Gestaltungsmöglichkeit bei Schritt 1
Ausgangspunkt der Elterngeld-Berechnung ist
bei Arbeitnehmern grundsätzlich das steuerpflichtige Erwerbseinkommen vor der Geburt
beziehungsweise vor dem Beginn der Mutterschutzfrist. Einmalige, nicht fortlaufende Zahlungen, wie Leistungsprämien, 13. Monatsgehälter, zusätzliches Urlaubsgeld oder einmalige
Abfindungen, bleiben dagegen außen vor.
Tipp: Sonderzahlungen in Monatsgehalt
umwandeln
Wenn möglich sollten Sie mit Ihrem Arbeitgeber
statt Sonderzahlungen ein höheres Monatsgehalt vereinbaren! Genauso kann man dies auch
mit dem zusätzlichen Urlaubsgeld halten. Gerade in Kleinbetrieben sollte dies häufig möglich
sein.
Tipp: Verzichten Sie frühzeitig auf Entgeltumwandlung
Viele Arbeitnehmer sparen per Entgeltumwandlung auf eine spätere Betriebsrente. Teile des
Lohns oder Gehalts werden dabei umgewandelt
in Beiträge zu Lebens- oder Rentenversicherungen und sind dann steuer- und sozialversicherungsfrei. Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie Steuer fallen erst an, wenn im Alter eine Rente bezogen
wird.
Kehrseite der Steuerfreiheit: Diese umgewandelten Lohnbestandteile werden auch bei
der Berechnung des Elterngelds (und genauso
wenig bei Arbeitslosengeld, Krankengeld und
Rente!) nicht berücksichtigt. Dass dies rechtens
ist, entschied das Bundessozialgericht bereits
am 25. Juni 2009 (Az.: B 10 EG 9/ 08). Das
monatliche Elterngeld kann allein hierdurch
unter Umständen um monatlich 70 Euro oder
mehr sinken.
4b. Gestaltungsmöglichkeiten bei Schritt 2:
Das Elterngeldgesetz gibt dabei den Ämtern
ganz eigene Regeln zur Berechnung des Nettoeinkommens vor. Wichtig ist dabei vor allem
die Steuerklassenwahl. Wer hierbei rechtzeitig
die richtigen Weichen stellt, hat später gut lachen.
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Auch bei diesem Punkt haben künftige Elterngeldbezieher einen Gestaltungsspielraum. Dies
betrifft allerdings nur Verheiratete. Denn nur sie
können zwischen verschiedenen Steuerklassenkombinationen wählen. Seit Anfang 2013
gilt: Wenn Verheiratete im zwölfmonatigen Bemessungszeitraum für das Elterngeld die Steuerklasse gewechselt haben, wird die Klasse
berücksichtigt, die in der Mehrheit der Monate
des Bemessungszeitraums – also in mindestens sieben der zwölf Monate – gültig war. Waren zwei Steuerklassen jeweils gleich lange
gültig, so gilt die zuletzt eingetragene Klasse.
Bedeutung hat für Arbeitnehmer, die Elterngeld
beziehen möchten, faktisch vor allem die
»günstige« Steuerklasse III.
Tipp: Für erwerbstätige Ehefrauen lohnt es sich
häufig, „vorbeugend“ bereits in Steuerklasse III
zu wechseln. Dadurch fällt das Elterngeld später unter Umständen deutlich höher aus. Der
Ehepartner wechselt dann in die „schlechte“
Steuerklasse V. Dies hat zur Folge, dass die
Lohnsteuerabzüge für ihn zunächst sehr hoch
sind. Dieser Nachteil wird jedoch mit der später
erforderlichen Steuererklärung wieder aufgehoben: Was zu viel vorausgezahlt wurde, wird
erstattet. Problematisch ist die schlechte Steuerklasse für den Ehepartner nur dann, wenn er
selbst auf Lohnersatzleistungen (gilt vor allem
beim Arbeitslosengeld I) angewiesen sein sollte
oder wenn er selbst längere Zeit Elterngeld in
Anspruch nehmen möchte. Ansonsten spricht
nichts dagegen, dem späteren ElterngeldBezieher die Steuerklasse III zu überlassen.
Das folgende Beispiel zeigt, was allein ein
Steuerklassenwechsel bringt und wann er spätestens vorgenommen werden sollte, damit er
beim Elterngeld berücksichtigt wird.
Frau Müller wird voraussichtlich Anfang November 2015 Mutter. Der Bemessungszeitraum
für die Elterngeld-Berechnung beginnt im Monat
vor dem Mutterschaftsgeldbezug, dies wäre der
August 2015. Die zwölf Monate des Bemessungszeitraums umfassen damit die Monate
September 2014 bis August 2015. Frau Müller
hätte deshalb spätestens im Februar 2015 einen Steuerklassenwechsel beantragen müssen, dieser wäre dann ab März 2015 berücksichtigt worden. Klasse III wäre bei ihr dann
unmittelbar vor der Mutterschutzfrist und in insgesamt sechs Monaten elektronisch eingetragen gewesen und würde damit bei der Berechnung des Elterngeldes zugrunde gelegt. Bei
einem angenommenen Verdienst von zuletzt
monatlich 3.000 Euro brutto kann Frau Müller
bei Steuerklasse III ein monatliches Elterngeld
in Höhe von 1.335 Euro erwarten (keine Kirchensteuerpflicht, keine sonstigen Kinderfreibeträge).
Mit Steuerklasse V wären es dagegen nur 953
Euro.
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