Skript zur VL Pädagogische Psychologie I - WS

Sabrina Maichrowitz
WS 2007/2008
Skript zur VL Pädagogische Psychologie I - WS
Einleitung
Referenzlehrbuch (und Prüfungsstoff im Diplomstudiengang alte PO)
Krapp, A. & Weidenmann, B. (Hrsg.)(2006). Pädagogische Psychologie (5. Aufl.). Weinheim: Beltz
Prüfungen: Klausur
ca. 25 (kurze, offene / multiple choice) Fragen
Klausur zu Vl's WS & SS nach SS07 zu Vl-Stoff + ausgewählte Lehrbuchkapitel
WS: Krapp/Weidenmann Kap. 4, 6, 7.3, 10.1 - 10.3
SS: Hofer: Kap. 1 - 4
Grundlagen
2a) Gegenstandsbereich und Selbstverständnis der Pädagogik
Forschungsprojekte hauptsächlich im Bereich der Schule und Kognition/Emotion/Motivation
Themen der veröffentlichten Zeitschriftenartikel wird zu mehr als 1/3 vom Thema Schule abgedeckt
Schule als Kernbereich und als Prototypen der Pädagogik ansehen, ABER Pädagogik beschäftigt
sich nicht ausschließlich mit schulischen Themen → vielseitiger
in erster Linie Probleme des Lehrens und Lernens bzw. der Erziehung, insb. psychologische
Aspekte des Erziehungsbegriffs
Zugänge der Pädagogischen Psychologie
a) Orientierung am Konzept der Erziehung (→ siehe Definition)
b) Komponenten der pädagogischen Situationen:
a) lernende Person (früher als Zögling, heute als Forscher gesehen)
b) Erziehenden und Lehrenden
c) Medien
d) Interaktion (→ siehe Interaktion) zwischen lernender
Person und Umwelt (ABB: wenn Ziele des
Lernenden dominieren (= aktiv)
explorative
Interaktion, wenn Steuerungsfaktoren dominieren (=
passiv)
reaktives, fremd gesteuertes Lernen →
ersteres ist Ziel der Pädagogik )
e) Umwelt (Mikro vs. Makro)
K Pädagogik will Prozesse der Interaktion verstehen
und zur Optimierung beitragen
2b) Begriffe, Konzepte, Kontext, Probleme, Grenzen
Begriffe und Konzepte: Erziehung, Interaktion, Lernen (Kap. 4.7.1), Entwicklung (Kap. 4.7.2),
Sozialisation (Kap.4.7.3), knew-it-all-along-Phänomen
Erziehung (-E-)
viele Definitionsversuche, die wichtigsten Gedanken daraus:
-E- verlangt Maßnahmen
Ziel ist die Beeinflussung/Förderung der Entwicklung/des
Verhaltens in normative Richtung
normativ als „sozial geteilt“, das relativ zur
Kultur/Land/Leute gesehen werden muss
-E- hat Versuchscharakter, d.h. sie erreicht nicht immer ihr Ziel
und hat auch nicht diesen Anspruch
1
-E- ist immer eine wechselseitige Beeinflussung (Interaktion) von Lehrendem und Lernendem
Sozialisationskontexte (Schule etc.) und Sozialisanden (schulbezogene Merkmale) beeinflussen
sich wechselseitig (ABB)
Interaktion
Interaktion
Wechselwirkung (A B)
statistische Interaktion
kurzfristig
langfristig
ordinal
disordinal
■ Fahrstuhlmitfahrer
■ Mutter-Sohn-Dyade
■ beide Lernen, nur
■ eine Gruppe lernt, die
unterschiedlich viel
andere nicht
→ Vorkenntnisse vs.keine → blind vs. taub &
& kontinuierliches
schriftliches vs.
Lernen vs. stoßhaftes
akustisches Lehren
K Wechselwirkung kann in negative (Teufelskreis) und
positive (Engelskreis) Richtung gehen
K y-Achse: Lernzuwachse
K dabei kann sowohl Lehrender als auch Lernender
K x-Achse: Gruppe A und B
diese Wirkung beeinfluss (sowie Kontext, etc.)
K Kovariate: Methode
K Pädagogische Psychologie verfolgt eines abgrenzenden/taxonomischen Ansatz, welcher jedoch mittlerweile
vor einem „fächerübergreifenden“ und auf den Gegenstand orientierten abgelöst wird
Lernen (Kapitel 4.7.1)
K historisch
behavioristisch
Betonung von situativer Reizkonstellation
Eigengesteuertes Lernen muss angeregt
und unterstützt werden
Lernen verändert Verhaltenspotentiale
kognitiv
Betonung von subjektiven Vorerfahrungen
Lehrendem wird absichtliches, geplantes und
bewusstes Handeln unterstellt
Lernen verändert
Wissensstrukturen/~repräsentationen
Erfahrung hat hohen Stellenwert
K heute: Lernen in PP als deklaratives und prozedurales Wissen/Verhalten (aktives, intentionales und
inzidentielles Lernen)
K Veränderung im Verhalten in einer Situation durch Erfahrung in dieser (KK, OK, Modellernen)
K Lernen als Wissenserwerb (Fakten, Fertigkeiten, Problemlösestrategien)
K Veränderung von Gedächtnisinhalten/-strukturen (binding by synchrony)
K Abruf/Aktivierung von gespeicherten Infos
K relativ überdauernde Verhaltensänderung, die nicht auf a) angeborene Reaktionstendenzen, b)
Prägung, c) Reifung/Alterung und d) vorübergehende organismische Zustände (Ermüdung,
sensorische Adaption etc.) zurückgeführt werden kann
Lernen als zentraler Prozess, über den menschliche Entwicklung pädagogisch beeinflusst & gezielt
gefördert werden kann
Entwicklung (Kapitel 4.7.2)
K physiologische, kognitive etc. Veränderungen über die Lebensspanne, die einem Muster folgen und durch Lernen, Reifung,
Interaktion und Selbstregulation bewirkt werden
K zeitliche Perspektive: Konzept des „lebenslangen Lernens“ + Lernzeit sinnvoll und ergiebig einzusetzen
K Kontinuität von Entwicklungen: langfristige, nachhaltige Veränderungen
K Bedeutung der EntwicklungsΨ für die PP:
K bietet Beschreibungswissen über psychologische Voraussetzungen im Sinne von erwartbaren Ausgangsbedingungen für
die pädagogische Einflussnahme
K stellt Vorhersagewissen über zu erwartende Entwicklungen unter bestimmen Ausgangsvoraussetzungen zur Verfügung
2
K liefert Erklärungswissen über Bedingungsfaktoren, die Entwicklung beeinflussen
K vermittelt Wissen über Entwicklungsziele und deren Erreichbarkeit
Sozialisation(Kapitel 4.7.3)
K Persönlichkeitsentwicklung in wechselseitiger Abhängigkeit von gesellschaftlich vermittelter sozialer
und materieller Umwelt (Mensch als gesellschaftlich handlungsfähiges Subjekt im Vordergrund)
K lebensspannübergreifendes Forschungsprogramm (wie auch EntwicklungsΨ)
knew-it-all-along-Phänomen (oder auch Hindsight-Effekt)
K Forschungsergebnisse als logische Tatsachen, die keiner Forschung bedurft hätten, abtun
Kontext: Die ökologische Perspektive in der PP (Kapitel 10.1), Behavior Settings und Theorie der
ökologischen Systeme (Kapitel 10.2)
Die ökologische Perspektive in der PP
K Allgemeine Merkmale der ökologischen Perspektive
K Einbettung psychologischer Abläufe in ihre lebensweltlichen Kontexte, d.h. „Umwelt“ auf
wissenschaftlich präzise Variablen reduzieren und diese in ihrer Netzstruktur analysieren
■ a) Behavior Settings oder b) Bronfenbrenners ökologischen Systeme (→ siehe unten)
Methodische Aspekte bei der Untersuchung von Lernkontexten (■ a) und b))
K Annahme, dass sich simultane Effekte auf unterschiedlichen Ebenen vollziehen
Unabhängigkeit
von Beobachtungen nicht mehr gegeben (Datenstrukturen sind „genestet“: ■ Schüler sind unter
Klassen genestet)
K einzelne „Cluster“ (■ Klassen) beeinflussen sich gegenseitig
einzelne Beobachtungen nicht mehr
unabhängig vom Kontext
■ Leistungsstarke Klasse beeinflusst schlechte Schüler
K indirekte Wirkbeziehungen, die den Einfluss vermitteln (Mediatoren) oder verändern
(Moderatoren/Drittvariablen)
Behavior Settings nach Barker
= als die Einheit von objektiven Gegebenheiten und durch sie ermöglichte oder nahe gelegte
Verhaltensweisen des Individuums definiert → begünstigt also bestimmte Verhaltensweisen des
Individuum und unterdrückt andere
Charakteristika
1 Muster gegenwärtig ablaufender, außerindividueller Verhaltensweisen, deren Identität und Funktionieren unabhängig sind
von der Teilnahme bestimmter Personen
Verhaltensmuster unabhängig von Person
2 ein umgebendes Soma physischer Objekte (■ Wände, Türen, Stühle, etc.), die in einem typischen räumlichen Muster
arrangiert sind an einem bestimmten Punkt in Zeit und Raum
physische Objekte in Zeit und Raum
3 homöostatische* Systeme; gewöhnlich bestehen sie über Jahre fort auf einem relativ stabilen, typischen Niveau
*Stabilität trotz Veränderung in Umwelt → Systemgleichgewicht
stabile Systeme
!!! „Verstöße“
homöostatische Wirkung
■ Mütze tragen während des Unterrichts
„Strafe“, wenn nicht abgenommen, da räumliche
Gegebenheit ein Verhaltensmuster verlangt, dass nicht mit „Mütze tragen“ übereinstimmt
zwei Studien um behavior settings im Makrokontext zu erklären/systematisieren
Midwest und Yoredale (Barker und Schoggen, 1960)
K Settings in beiden Städten/Stadtteilen analysiert
K Midwest: viele Settings, Jugendliche einbeziehen, Erziehung betont Gleichberechtigung und gegenseitige
Akzeptanz, Lernen durch Partizipation
K Yoredale: gleiche Settinganzahl, aber 50% mehr Einwohner, Jugendliche separat, Erziehung betont Alters/Generationsunterschied, Lernen in Erziehungseinrichtungen
H1 Midwest Setting ist förderlicher für Jugendliche
nicht ALLE Faktoren können erfasst werden (■ sozialer Status: Arme besser in Yordale, Reiche besser in
Midwest?)
Besuchsziele an Freizeitorten
K warum gehen Jugendliche in die Disko, Hallenbad, Einkaufen, Freibad oder ins Eisstadion?
3
K Möglichkeiten: a) aufreißen, b) Freunde treffen, c) „adäquate“ Nutzung
Ergebnisse
K Disko und Einkaufen: primär a)
K Freibad und Eisstadion: primär b)
K Hallenbad: primär c), auch b)
Kritik
fokussiert die objektiven/physikalischen Charakteristika der Umwelt und nicht die psychologische Komponente des
Erlebens von Umwelt als Element der Handlungssteuerung → ☺ Bronfenbrenner
Theorie der ökologischen Systeme (Bronfenbrenner) ■ Familie, Eltern, Schule
= Umwelt als Geflecht in sich verschachtelter Subsysteme, die sich gegenseitig beeinflussen
K können unmittelbar und zeitlich überdauernde Strukturgegebenheiten aufweisen
K Mikrosystem unmittelbare Lebensumwelt, die das Individuum umgibt; face-to-face-Interaktion
■ Familie, Schule
→ Hauptfokus der empirischen Forschung in der PP
K Mesosystem Beziehungen der Mikrosysteme zueinander stehen im Vordergrund
■ Austausch Infos Eltern mit Schule
K Exosystem
qualitativ andere Ebene: Auswirkungen auf (hier) Kind ohne persönliches Teilhaben
(indirekte Beeinflussung)
■ Job der Mutter stressig
an Kind auslassen
K Makrosystem die im Alltag als „normal“ angesehene homogene Struktur von Mikro-, Meso- und
Exosystemen → Gesellschaft
Strukturunterschiede werden im kulturellen Vergleich sichtbar (■ PISA-Studie)
■ Land/Nationalität, Kultur, Zeitgeist etc.
K einen Teil des ökologischen Systems ändern
Folgeketten, die Auswirkung auf andere
Bereiche haben (können)
K offenes System, dass alle Arten von
Einflüssen beinhaltet
K hierarchische Anordnung
☺ Rahmen zur Einordnung ( , mit der man sich
die Situation ansehen kann)
keine Gegenstandtheorie, da Subjekt in
System eingeordnet und nicht System auf
Subjekt zugeschnitten
Grundlegende Probleme bei der Analyse von Veränderungsprozessen (Kapitel 4.1)
K verschiedene Analyseperspektiven (■ Massaker Erfurt)
K individuelle (Mensch im Mittelpunkt → Einfluss Institutionen/Politik oft vernachlässigt)
■ Gründe: schwierige Kindheit, soziale Isolation etc.
K universelle (vom Einzelfall auf Allgemeine schließen → Mensch selbst kaum im Mittelpunkt)
■ Gründe: „Häufiger Konsum von Gewaltvideos steigert die Aggressivität.“
K differenzielle (individuelle Entwicklung als Abweichung von universeller gesehen)
■ Gründe: konditionale Aussagen, wie „Ob CS mordsüchtig macht, hängt von vielen Faktoren ab.“
alle drei Sichtweisen für pädagogische Beeinflussung von Merkmalen relevant, aber Sichtweise
bestimmt Methode und beeinflusst Interpretation der Ergebnisse (→ Expertise von Nöten)
aufgrund von einseitiger Betrachtung können pädagogische Maßnahmen zu Unrecht unterlassen
werden
4
Grenzen der Veränderbarkeit: 1. genetische Ausstattung mit Anlage-Umwelt-Problem (Kap. 4.2), 2.
Reifung (Kap. 4.3) und sensible Phase (Kap. 4.4), 3. institutionelle bzw. kontextuelle Bedingungen
(Kap. 4.6), Einschub: 4. Entwicklungsaufgaben (Kap. 4.5)
1. genetische Ausstattung
■ Intelligenz: ~50 % der Varianz vererbt, ~30 % geteilte Umwelt und ~10% nicht geteilt Umwelt
■ Persönlichkeit (E&N): ~40% genetisch, ~10% geteilte, ~30% nicht geteilte
Gene noch nicht ausreichend erforscht um praktische Schlüsse zu ziehen, aber von Störungen kann
auf Einfluss der Gene geschlossen werden (→ Forschung)
Das Anlage-Umwelt-Problem (Kapitel 4.2)
a) Einfluss der Anlage
K populationsgenetischer Ansatz
= befasst sich mit interindividuellen Unterschieden auf der (Beobachtbaren) Merkmalsebene
und auf der Ebene des Genotyps und versucht diese systematisch aufeinander zu beziehen
K Varianz eines Merkmals aufgeteilt in phänotypische Varianz, genetisch bedingte Varianz und
umweltbedingte Varianz (neueres Modell → siehe Abb.)
K Interaktion
K in Abhängigkeit von Umwelt prägen sich genetische
Dispositionen unterschiedlich aus
wenige praktische Forschungsergebnisse
K Kovarianz Scarr (1984, 1989) → siehe c)
Wechselwirkung von Anlage und Umwelt
K Erblichkeit (Heritabilität =H) wird bestimmt durch den Anteil genetisch bedingter Varianz an
der phänotypischen Varianz, wobei dies (H) ein Maß für den Anteil der genetisch bedingten
Varianz an der gesamten Merkmalsvarianz darstellt
h = genetische Varianz/phänotypische Varianz
!!! Heritabilitätskoeffizienten (H) sagen nur etwas über das Ausmaß an Unterschiedlichkeit in der
Auswirkung von Genotypen und Umwelten aus, aber nichts über die Bedeutung von Anlageund Umweltfaktoren für die Entstehung bzw. Entwicklung eines Merkmals beim Individuum
→ Populationsbedingte Schätzung
nicht auf Individuum anwendbar
→ keine Aussage über Beeinflussbarkeit eines Merkmals durch gezielte umweltgestaltende
Maßnahmen
Pädagogische Psychologie kann verändern, auch wenn Merkmal zu 100% in der
Population genetisch bedingt ist
Grenzen existieren, müssen aber individuell festgestellt werden (empirisch)
K Forschung: oft Zwillingsstudien angewandt, aber: Effekte werden zu oft Genen zugeschrieben,
aufgrund der geteilten Umwelt
K Schätzungen basieren auf Korrelationen
unsensibel für Mittelwertsunterschiede
b) Einfluss der Umwelt
K U = 1 – H (Kritik → siehe a) !!!)
K bei Beschreibung der Umwelt tritt objektive Sichtweise in Konflikt mit subjektiver
(= persönlich wahrgenommene)
■ behavior settings müssen für den einzelne Menschen nicht relevant sein
K Forschung: Adoptionsstudien
c) Die Wechselwirkung von Anlage und Umwelt
K Scarr: Genotyp kann das Aufsuchen von Umwelten bewirken → überzufällig gute Passung von
Genen und Umwelt durch
K passiv: Eltern schaffen durch ihren Lebensstil eine bestimmte Erziehungswelt
→ Bedeutung sinkt mit dem Alter
■ Bücher zu Hause
K evokativ: Kinder veranlassen ihre soziale Umwelt besonders sensibel auf genetisch bedingte
Merkmale und Verhaltenstendenzen zu reagieren
■ neugieriges Kind bekommt von Eltern viele kreative Spielsachen
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K aktiv: Kind nimmt seine Umwelt aktiv wahr und wählt diejenige aus, die zu seinem Genotyp
passt
→ Bedeutung steigt mit dem Alter
■ musikalisches Kind will Geige spielen
K ständige wechselseitig bedingte Veränderungen auf Seite des Individuums und der Umwelt
reine Umwelt und Anlage ist wenig ausschlaggebend, sondern die Art und Weise
Interaktion/Kovarianz der beiden
2. Reifung (Kapitel 4.3) und sensible Phase (Kapitel 4.4)
K innerhalb spezifischer Einschränkungen für pädagogische Eingriffe gibt es zwei Einflussgrößen auf
die Veränderungsmöglichkeiten
K universelle Gesetzmäßigkeiten, wie Reifung und sensible Phasen
K individueller Entwicklungsstand (■ Lernleistung hängt von kognitivem Niveau o. Motivation ab)
→ Fokus auf universellen Gesetzmäßigkeiten: Reifung und sensible Phase
Reifung
= bezeichnet das allmähliche Auftreten bestimmter Verhaltensweisen während der Ontogenese, die
das artspezifische Verhaltensrepertoire eines Artvertreters ausmachen
kulturspezifische und individuelle Unterschiede lassen sich damit nicht erklären
K durch ein genetisches Programm gesteuert
erst biologische Voraussetzungen erfüllt, dann
pädagogisch Eingreifen möglich
schwer zu sagen wo Reifung anfängt, da unklar ob vorliegende Veränderung auf Reifung oder
Umwelt zurückzuführen ist
■ Entwicklung des Nervensystems bei Babies: Myelin als Maß der funktionalen Reifung einzelner
Systeme zu bestimmten Zeitpunkten
■ auf Lebensspanne bezogen
K positive Reifungsprozesse: Entwicklung der Motorik bei Kindern, wobei nach Gesell die
Reihenfolge der Entwicklungsschritte feststeht
K negative Reifungsprozesse: Abbauprozesse im höheren Alter
K Modelle: Defizitmodell (biologische Ursache), Disue-Modell (mangelnder Gebrauch als
Ursache) und Kompetenzmodell (stellt person- und umgebungsspezifische Anpassung der
individuellen Kompetenz an die Erfordernisse der Lebensumwelt in den Vordergrund; gibt
nicht die Kompetenz im Alter)
K Kompensationsmöglichkeiten durch ■ berufliche Erfahrung
Sensible Phase
= zeitlich begrenzte Entwicklungsabschnitte (genetisch bedingt), in denen spezifische
Umwelteinflüsse besondere Wirkung ausüben
K Lorenz´ Kücken: auch Menschen haben sensible Phasen, die jedoch nicht so strikt und endgültig
sind, wie bei vielen Tieren
■ frühe Kindheit wird als „sensible Phase“ für die menschliche Entwicklung betrachtet
strikt
PP nach Abschluss der sensible Phase keine Einflussmöglichkeit mehr
☺ locker
Einfluss möglich, aber unabhängig von sensiblen Phasen können kumulative
Defizite* kaum aufgeholt werden
kumulative Defizite
= einmalig auftretende Entwicklungsrückstände haben eine ungünstige Ausgangslage für die
Bewältigung nachfolgender Entwicklungsanforderungen zur Folge → Folgeketten
K „erstem Glied“ kommt besonders große Bedeutung zu
K Intelligenzentwicklung und sensible Phasen
K Bloom (1964): wesentliche Prozesse der I-entwicklung zwischen 5.-8. Lj.
kognitive Entwicklung zeichnet sich auf in höherem Alter ab (cristalline↑, fluide↓)
altersabhängiges Lernen: Gedächtnisförderung alter und junger Menschen führt bei beiden
zu Verbesserung, bei den jungen jedoch viel mehr + Varianz bei Älteren ist viel größer
mit fortschreitender Kompetenz verlieren stabile Faktoren wie Intelligenz immer mehr an
Bedeutung
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3. institutionelle bzw. kontextuelle Bedingungen (Kapitel 4.6)
= „Unwelteinfluss“, abhängig von der Qualität der Ressourcen, der Kompetenz, der Ziel- und
Wertvorstellungen, der historischen und administrativen Umstände etc.
K PP kann Wissen vermitteln und versuchen alte routinierte Strukturen zu beeinflussen und erneuern
systematische Gestaltung von Lernumgebungen bzw. die Veränderung organisatorischer und
institutioneller Rahmenbedingungen
auf Grund der vielen Einflussfaktoren und der Festgefahrenheit lässt sich wenig erreichen; zudem
sind diese Effekte schlecht ausgleichbar
■ 3-gliedriges Schulsystem
Einfluss kann nur an Schätzungen festgemacht werden
Einschub: 4. Entwicklungsaufgaben (Kapitel 4.5)
K Anforderungen (aufgrund psychischer Reife, kulturellem Druck, Erwartungen der Gesellschaft etc.),
die typischerweise in bestimmten Lebensphasen zu bewältigen sind (stellen-lösen-evaliueren)
K erfolgreiche Bewältigung
persönliche Zufriedenheit
K erfolgloser Umgang
Unzufriedenheit, sozialer Druck, (extrem: psychische Störungen)
K kulturabhängig (sowohl Entwicklungsaufgaben selbst, als auch Altersperioden für ihre Bewältigung)
Zusammenfassung (Kapitel 4.8)
K Inhalt: wie pädagogisch-psychologische Forschung Fragen nach der Beschreibung und Herbeiführung pädagogisch
erwünschter Veränderungen beantwortet
K Dreh- und Angelpunkt: Begriff der Veränderung (durch Lernen, Entwicklung & Sozialisation dargestellt) Kapitel 4.7
K grundsätzliche Probleme des methodischen Zugangs zur Erfassung von Veränderungen im Erleben und Verhalten von
Personen erörtert (insb. auf 3 Forschungsperspektiven und damit verbundenem Problem eingegangen) Kapitel 4.1
K Anlage-Umwelt-Debatte: Bedeutung von Anlage und Umwelt und , sowie deren weitere Ausdifferenzierung der Themen
im Bereich Reifung, sensible Phasen und Entwicklungsaufgaben Kapitel 4.2-4.5
K Grenzen des Einflusses von Institution und Gesellschaft Kapitel 4.6
2c) Methoden – Techniken der Datenerhebung und Einwirken in der PP: Interventionsstudien,
Korrelation, Metaanalysen, Mehrebeneanalysen
Interventionsstudien
= Einführen einer Methode und Untersuchen der Effekte zwischen KG und EG
Kategoriensystem zur Analyse familialer Interaktionen und Erfassung von Individuationsprozessen
(Grotevant, Cooper & Condon, 1985)
K Familien werden beobachtet und jede Äußerung wird unter Verwendung vorgegebener
Basiskategorien dreifach kodiert:
K initiative (inwiefern eine Äußerung das Gespräch voranbringt ■ indirekter/direkter Vorschlag,
Frage, Handlungsaufforderung etc.)
K reaktive (inwiefern eine Äußerung einen inhaltlichen Bezug zur vorangehenden Äußerung
aufweist ■ Zustimmen, direkte/indirekte Ablehnung, Antwort, etc.)
K andere Funktionen (alle Äußerungen, die weder für den Gesprächsverlauf relevant sind noch an
das bisher Gesagte anschließen ■ Mutmaßungen über Gefühle etc.)
K Analyse: Basiskategorien in Oberkategorien zusammengefasst
■ Ausmaß familiärer Verbundenheit durch eine Zusammenfassung der Kategorien
K Permeabilität (= wechselseitige Berücksichtigung der Meinung anderer)
K Gegenseitigkeit (= Sensitivität und Respekt für den Gesprächspartner)
■ Erfassung der Individualität durch
K Selbstbehauptung und Abgrenzung (= divergierende Meinung äußern)
Interventionsprogramm bei Müttern irritierbarer Säuglinge (van den Boom, 1994)
K drei monatiges Programm mit Säuglingen zwischen 6. und 9. Lj.
K Grundkonzept „felt security“: Mütter trainiert Signale des Säuglings zu überwachen, korrekt
wahrzunehmen, angemessen zu reagieren etc.
Ergebnisse
K Interventionsgruppe hatte wesentlich höhere (= bessere) scores in Bezug auf ihr Antwortverhalten
& die Stimulation des Kindes, die visuelle Aufmerksamkeit sowie die Selbstkontrolle als KG
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Kausalität und Korrelation
Korrelationen gegeben Auskunft über Zusammenhänge, aber nicht kausale Effekte
■ Interpretation von Korrelationen am Beispiel einer zwischen Schüler und Lehrer
… beeinflusst der Lehrer den Schüler
… beeinflusst die Schüler den Lehrer (Lehrer passt sich an Leistung der Schüler an)
… wechselseitige Beeinflussung
… Schüler und Lehrer werden von Drittvariablen beeinflusst (■ Geschlecht)
!!! Ergebnisse abhängig von SP sowie Effektstärke und Fehlervarianz etc.
Metaanalysen
K Verwenden der Ergebnisse (nicht Originaldaten) von Untersuchungen zu einem Thema um damit eine
zusammenfassende Analyse zu machen
K wichtigster Bewertungsfaktor: Effektstärke
Zusammenhang von mütterlicher Sensitivität und Attachment (de Wolff & Ijzendoorn, 1997)
K niedrige Effektstärke: .17, aber generell fundierte Theorie
K Qualität der frühen Eltern-Kind-Beziehung hat wesentlichen Einfluss auf die soziale Entwicklung
von Heranwachsenden
Mangel an Responsivität (= Säugling wahrnehmen & beantworten) führt zu unsicherer Bindung
Mindestmaß an Synchronizität (= kontingent, auf kindliche Signale abgestimmt) führt zu einer
sicheren Bindung
„fail-in-the-draw“-Effekt: Effekte überschätzt, da Studien ohne Effekte kaum berücksichtigt werden
Konstrukte, Variablen, Auswertung etc. in einzelnen Studien unterschiedlich
Fokus setzen: Zuverlässigkeit (wenige Studien strikt ausgewählt) vs. große Datengrundlage (viele
Studien legerer ausgewählt) der Ergebnisse
Mehrebenenanalysen
K Problem, wenn ■ Schulklassen als Beobachtungsgrundlage: Ausleseprozesse und gemeinsame
Lerngeschichte
K Lösung: Zerlegen der Gesamtvarianz in additive Komponenten, deren Effekte einzeln abschätzbar sind
■ Schulleistungsvarianz in Komponenten Schulart, Schule, Klasse Schülers etc. zerlegen und einzelne
Effekte bestimmen
2d – Theorie und Praxis: Streitfrage: Grundlage vs. Empirie
Grundlagenforschung ist essentiell für Praxisforschung
beide Bereiche wichtig
☺ Mittelweg zwischen Grundlage und technischer/empirisch bewehrter Erfahrensweisen/Anwendungen
→ „Zusammen sind wir stark!“ (Die Stunde Null)
Schule, Lehren, Lernen – 3a) Lernen und Wissenserwerb
3a) 1. Wissensrepräsentation und –erwerb
Lerntheoretische Modelle: Allgemeines und ein Modell des Lernens
Allgemeines
K Infoaufnahme- und Infoverarbeitungsprozesse –
Mehrspeicherkonzeption des Gedächtnissystems von
Broadbent, Atkinson und Shiffrin
K bestehend aus UKZG (sensorische Reize), KZG und LZG
(nach Squire: deklarativ mit episodischem und
semantischem Gedächtnis vs. prozedural mit Priming,
Fertigkeiten, Assoziatives Lernen und Non~ wie
Habituation)
K UKZG → KZG = Aufmerksamkeitsprozesse*;
KZG → LZG = elaborierende (s. unten) Wiederholung
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*Techniken zur Evozierung von Aufmerksamkeit (Orientierungsreaktionen)
→ damit Infoaufnahme ins KZG effektiv von statten geht, muss Aufmerksamkeit erlangen werden
■ Befehl, Aufforderung, Stimulusvariation (■ Lautstärke, Tonhöhe, Medienwechsel etc.),
emotionale Stimuli (■ Wortwahl, sexuelle Reize), Neuigkeitswert, Überraschung, Ambiguität,
Inkongruenz
Ein Modell des Lernens – grober Überblick
K kognitive Einflussfaktoren auf Lernen sind
K Motivation
K Wissen (domänen- und lernbezogen)
K kognitive Kompetenz
K Lernen selbst hat wiederum Einfluss auf das Wissen
Apropos: Haupteinflussfaktoren: Emotion (Kapitel 6.2), Motivation
(Kapitel 6.3), Kognition (Kapitel 6.4) und Sozialverhalten (Kapitel
6.5)
Gedächtnis und deklaratives Wissen: Deklaratives Gedächtnis, Lernen als Wissenserwerb, Ablauf des
Wissenserwerbsprozesses, Behalten von Infos
Deklaratives Gedächtnis
K eingeteilt in semantisches (Faktenwissen) und episodisches (Wissen abhängig von Zeit und Raum)
Gedächtnis
K bewusster Abruf von Wissen; stark durch Vergessen beeinflusst
→ in PP steht dieses Wissen im Mittelpunkt (nicht KK oder OK)
Lernen als Wissenserwerb
= Aufbau und fortlaufende Modifikation von Wissensrepräsentationen
K Grundlage ist eine konstruktivistische Sicht (jeder konstruiert sich seine Erkenntnisse selbst)
K dazu sind Wissensstrukturen nötig (Schemata), die für das Erkennen von Gegenständen in
Alltagssituationen, für das entsprechende Abspeichern im Gedächtnis und unter Umständen für das
Lösen von Problemen eine wichtige Rolle spielen
K Schemata stehen untereinander in Verbindung → semantisches Netzwerk
= umfassende Wissensstruktur, die relational untereinander in Verbindung steht
propositionale Kodierung im LZG
= Info wird als a) logischer Ausdruck verarbeitet und damit in das b) propositionale Netzwerk
eingegliedert
Ablauf des Wissenserwerbsprozesses
1. Aktivierung von Vorwissen, ausgehend von begrifflichen Knoten in einem semantischen Netzwerk,
die aufgrund einer Erregungsausbreitung zahlreiche weitere vorhandene Wissensstrukturen unmittelbar
zugänglich machen
2. Elaboration (aktuelle Auseinandersetzung) mit dieser Info beim Lesen oder Zuhören und Verknüpfung
dieser mit Vorwissen
!!! schneller, leichter und nachhaltiger lernen, wenn a) availability (Vorwissen verfügbar) und b)
accessibility (Zugriff auf Vorwissen und neue Relationen bilden) vorhanden sind
umso mehr Vorwissen, desto mehr Kategorien und damit vor beeinflusst an neue Info rangehen
■ Musik- vs. Sportstudenten bei Rocky-Story)
Behalten von Informationen
K Infos werden durch verschiedene Prozesse (Elaboration, Organisationsprozesse, Metakognitive
Prozesse) effektiver verarbeitet und erleichtern damit das Lernen
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Elaboration (umgangssprachlich: Eselsbrücken)
= Integration von neuer Info in bereits bestehende Wissensstrukturen
= (lat. laborare = arbeiten) bedeutet Ausarbeitung: vertiefte Informationsverarbeitung bei dem sich im
Gehirn ein elaboriertes Netzwerk bildet, das aus redundanten Verknüpfungen besteht
K dabei werden sprachliche als auch anschauliche Assoziationen gebildet
☺ erleichtert Abruf von gespeicherten Infos und verringert Gefahr des Vergessens
Elaboration durch…
- Aktivierung bildhafter Vorstellungen
- Verbindung mit persönlichen Erfahrungen,
Alltagsbeispielen, verwandten Fächern etc.
- Bezugnehmen auf eigenes Denken
- Aktivierung von eigenem Sachwissen
- Papaphrasierung (= Wiederholung mit
anderen Worten), Bildung von Analogien
Elaborationsanregende Strategien
- Fragen an Text oder andere Info stellen nach
■ übergeordneten Zusammenhängen,
Auswirkungen, Ursachen, Beispielen etc.
- Anregung bildhafter Vorstellungen
- Auslösung kognitiver Konflikte (durch
Widersprüche, Überraschungseffekte,
Komplexität etc.)
- Beispiele ( können auch vom Kern ablenken)
Organisationsprozesse
= Prozesse um Informationen effektiver, schneller, langhaltiger etc. zu speichern bzw. die „Quintessenz“
aus einem Berg von Infos heraus zu filtern
Organisationsprozesse durch…
Organisationsanregende Strategien
- Kategoriales Clustern, Zusammenfassen
- (Vor-)Strukturierung des Lernstoffs
- Hierarchische Organisation, Gliederungen
- Mapping-Techniken
- Bildung von Makrostrukturen durch
- Gegenstandsorientierte Organisation von
Makrooperatoren (■ Weglassen, Selektion,
Lernstoff (Gegenstand A mit Aspekt 1-∞)
Generalisation…)
- Aspektorientierte Organisation von Lernstoff
- „Merklisten“ mit Definitionen etc.
(Aspekt 1 mit Gegenstand A-Z)
Metakognitive Prozesse
= umso mehr Elaboration und Organisationsprozesse angewendet, desto bewusster werden eigenen
Lernprozesse bzgl. a) Stärken beim Lernen, b) Wissen über Leichtigkeit vs. Lernwiderstand von
Lerninhalten und c) zeitlicher und struktureller Planung und Koordination
Prozedurales Wissen: Allgemeines, Stufen und Förderung des Fertigkeitenerwerbs
Allgemeines
K eingeteilt in Priming, Fertigkeiten, Assoziatives Lernen (KK, OK etc.) und Nicht-assoziatives Lernen
(Habituation, Sensitivierung etc.)
K Wissensinhalte sind oft nicht bewusst; unterliegt wenig dem Vergessen und ist schnell reaktivierbar
K Schwerpunkt: Fertigkeiten
K werden oft als „Produktionssystem“ beschrieben, das aus einer Reihe aufeinander bezogener
Produktionsregeln bestehet, die wiederum einen Bedingungsteil (WENN) und einen Aktionsteil
(DANN) haben
K mehrere WENN-DANN-Beziehungen möglich
■ Wenn es kalt genug ist, dann schneit es und dann kann ich im Bikini draußen rum rennen und dann
gucken mich die Leute komisch an. Vielleicht scheint aber auch die Sonne…
Stufen des Fertigkeitenerwerbs (Learning by doing)
1. Erwerb der Regel/n als deklaratives Wissen über den Ablauf
= kognitive Stufe; Ausgangspunkt Prozedurbeschreibung; deklarative Repräsentation
■ Noten explizit lesen und jeder Note eine Taste/Seite zuordnen
2. Wissenkompilation (= Sammeln, Zusammenstellens und Ordnen von Wissensstoff)
= Überführung des deklarativen Wissens in prozedurale Form, wobei die Ausführung zunehmend
flüssiger wird und Regelvergegenwärtigung (Punkt 1) seltener werden
K kontrollierte wird automatische Aufmerksamkeit
■ Stück kann gespielt werden ohne auf die Finger zu gucken, aber mit Noten und Fehlern
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3. Automatisierung, „Tuning“
= Optimierung und Verfeinerung, wobei die Fertigkeit zunehmend an Sicherheit, Schnelligkeit und
Exaktheit gewinnt
K deklaratives Wissen tritt zurück und ist teilweise nicht mehr verbalisierbar
■ Stück kann mit verbundenen Augen gespielt werden
Förderung des Fertigkeitenerwerbs
K Aufmerksamkeit auf Instruktion richten und aufrechterhalten
K Ganz- oder Teillernmethode (bei komplexen Fertigkeiten ist die Teilmethode günstiger; abhängig auch
von Vorwissen, Motivation etc.)
K massiertes ( Aufmerksamkeitsüberforderung, Interferenzen, hohe Vergessensraten) oder
verteiltes Lernen ( nimmt mehr Zeit in Anspruch, ☺ länger behalten, ☺ *alle Cons von massiertem*)
K Feedback (Sandwich-Technik…)
Problemlösen: Arten, Modell des idealtypischen Problemlöseprozesses, Foki und Strategien der
Problemlösung
Arten von Problemen
K elementare/analytische: IST-SOLL-Divergenz als Ursache ohne den Lösungsweg zu kennen; alle
relevanten Infos sind gegeben
Problem lösen = Weg finden
K korreliert zu .45 bis .60 mit Leistungen in Mathe und Lesen und zu .60 mit Intelligenz
■ Matheaufgabe lösen
K komplexe/dynamische: Ziellosigkeit als Ursache für ein Problem; durch den Eingriff verändert die
Person die Situation, wobei sie die Folgen ihres Tuns beobachten kann
Problem lösen = Ziel finden
■ Computersimulation „Bürgermeister von Lohausen“ (= in fiktiver Stadt Bürgermeister spielen)
K Leistung unabhängig von Intelligenztestwerten
Grund: zum Lösen mehr nötig als reine Intelligenz, da die Probleme heterogen sind und gedankliche
Anpassungsfähigkeit und Flexibilität verlangen
kein zuverlässiges Verfahren zur Messung dieser Kompetenz bekannt → mit Berliner
Intelligenzstrukturmodel Zusammenhänge gefunden
besseres Problemlösen durch Vorwissen und Kreativität (■ Sreichholzpyramide in 3D statt 2D)
eigentliche Fähigkeit schwer trainierbar → viel üben
Vorwissen als Ausgleich
Modell des idealtypischen Problemlöseprozesses (Dörner, 1989)
1. Zielausarbeitung → komplexes Problem lösen
2. Infosammlung und Modellbildung → elementares Problem lösen
3. Prognose und Exploration
4. Planung von Entscheidungen und Handlungen
5. Effektkontrolle (ggf. Strategiemodifikation)
K innerhalb des Problemlöseprozesses können verschiedene Foki verfolgt oder Strategien angewandt
werden
Verschiedene Foki der Problemlösung üben (jeweils Dörners Modell von 1.-5.)
(1)Übungstraining: Einübung der Lösung einfacher Aufgaben
(2)Taktiktraining: Einübung der Anwendung von Teilabläufen
(3)Strategietraining: Einüben des Ablaufs eines Lösungsprozesses
(4)Selbstreflektion: Einüben des Nachdenkens über den Denkprozess
Problemlösestrategien
K Ziel-Mittel-Analyse (Erkennungs-, Such-, Prüfprozeduren)
= Mittel zum Zweck suchen (Suchen eines Mittels wird zum neuen Ziel mit dessen Hilfe das
ursprüngliche erreicht werden soll
K Modellbildung (Vereinfachung, Abstraktion des Problems)
11
K Analogienbildung (Übertragung aus anderen Bereichen, Anwendung einer Problemlösung auf eine
ähnliche Situation angewandt)
K Analytische Fragen (Bearbeitung des Problems anhand von Ja/Nein-Fragen)
K Verbalisierung (lautes Denken)
K Brainstorming (forciertes Assoziieren als Suchprozedur)
3a) 2. Metakognition und Lernstrategien
Metakognition: Konzept und Förderung
= je mehr sich jemand mit seinem eigenen Lernen befasst, desto mehr werden Steuerungsprozesse dieses
deutlich und können „ausgenutzt“, gezielt eingesetzt und weiter gefördert werden
a) Stärken beim Lernen (Personenvariable)
b) Wissen über Leichtigkeit vs. Lernwiderstand von Lerninhalten und (Inhaltsvariable)
c) zeitliche und strukturelle Planung und Koordination von Lernprozessen
= Wissen über die eigene Person
K Metakognitionen sind häufig unbewusst, können jedoch bewusst gemacht werden
Lernstrategien: Konzept, Klassifikation, Bedeutung, Entwicklung von Strategienutzung, Einfluss auf
Lernen, Nutzer, Einflussfaktoren/Ursachenbereich für Lernstrategiedefizite (Kapitel 6.4.2 eingearbeitet)
Konzept (Kapitel 6.4.2)
= mental repräsentierte Schemata oder Handlungspläne zur Steuerung des eigenen Lernverhaltens,
bestehend aus einzelnen Handlungssequenzen
K auch: Schlüsselqualifikationen
K Ziel: durch Lernstrategien soll das Lernen erleichtert und die Selbststeuerung dessen ermöglicht
werden
Funktionale Beziehungen (nach Krapp, 1993)
K weisen kognitive (Lernstrategien als
Personenmerkmal) und behaviorale
(Lernstrategien als Verhaltensmerkmal)
Komponenten auf
K Einflussfaktoren sind
Entwicklungsbedingungen und die
Anwendung hängt von der Situation ab
Klassifikation (Kapitel 6.4.2)
K System erstellt durch LIST (Fragebogen zur Erfassung von Lernstrategien im Studium)
Primärstrategien (stehen im Zusammenhang mit den zu lernenden Inhalten)
1 Informationsverarbeitungsstrategien (kognitive Lernstrategien)
= Strategien, die der unmittelbaren Infoaufnahmen, -verarbeitung und –speicherung dienen
K Oberflächenstrategien
K Wiederholungsstrategien (■ mehrmaliges Lesen eigener Aufzeichnungen, Auswendiglernen
von Schlüsselbegriffen, wiederholtes Durcharbeiten)
K Tiefenstrategien
K Organisationsstrategien (→ siehe Gedächtnis und deklaratives Wissen)
K Elaborationsstrategien (→ siehe Gedächtnis und deklaratives Wissen)
K kritisches Prüfen (■ Prüfung der Schlüssigkeit von Argumentationen, Belege, Begründungen;
Vergleich mit anderen Überlegungen, Ansätzen)
2 Kontrollstrategien (metakognitive Lernstrategien)
= Lernaktivitäten, die eine interne Erfolgskontrolle der eigenen Lernschritte gewährleisten
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K Planungsstrategien (■ Bestimmen der Relevanz von Teilen eines Themas, des Zeitaufwandes
fürs Durcharbeiten, der Reihenfolge)
K Überwachungsstrategien (■ Stellen stoffbezogener Fragen an sich selbst, Rekapitulation ohne
Unterlagen, Anderen den Stoff erklären)
K Regulierungsstrategien (■ unklare Inhalte erneut durcharbeiten, Anpassung der Lerntechnik an
höhere Anforderungen)
Sekundärstrategien
3 Stützstrategien
= Aktivitäten der Lernenden, die auf eine Optimierung innerer und äußerer Ressourcen abzielen
K interne Ressourcen
K Anstrengung
K Aufmerksamkeit
K Zeitmanagement
K externe Ressourcen
K Gestaltung der Lernumgebung und des Arbeitsplatzes
K Nutzung zusätzlicher Infoquellen
K Lernen mit Kommilitonen
Bedeutung (Kapitel 6.4.2)
K Lernstrategien und Selbststeuerung:
Lernstrategien werden bedeutsam, wenn der
Lerner sein Lernen selbst planen, kontrollieren
und steuern soll
Kontrollüberzeugung
K Lernstrategien und Lernerfolg: durch
Anwendung von Tiefenstrategien können Infos
besser in vorhandene Wissensstrukturen
integriert, länger behalten und mit höherer
Wahrscheinlichkeit angewendet werden
tiefenorientierte Lernstrategien
!!! Untersuchungsergebnisse über Lernstrategien im Allgemeinen divers, da Lernstrategien als
kognitive Schemata oder als konkretes Lernverhalten auffassbar bzw. Lernerfolg unterschiedlich
operationalisiert ist
Lernstrategien und Lernerfolg (Artelt, 1999)
K Lernstrategien von Schülern mit Hilfe von Videoaufnahmen interpretiert
K AV: Lernerfolg
K UV: metakognitive Strategien, Tiefenstrategien, Oberflächenstrategien
K Kontrollvariablen: Sprachverstehen, Hemmung, Interesse
Ergebnisse
K vermehrter Einsatz tiefenorientierter Lernstrategien geht mit einem verstärktem Rückgriff auf
metakognitive Lernstrategien einher (vs. Oberflächenorientierte)
→ Korrelation mit Lernerfolg: .37
K Lernstrategien und Motivation: umso höher die Motivation, desto höher der Schulerfolg und desto eher
werden Tiefenstrategien angewandt, die wiederum einen positiven Effekt auf den Schulerfolg haben
Fachinteresse und Lernstrategien bei Hochschülern (Wild)
K umso mehr Interesse (HF vs. NF) desto eher tiefenorientierte Strategie; gegenteiliger Effekt bei
wenig Interesse (Oberflächenstrategien werden eher angewendet)
Motivationale Orientierungen
Entwicklung von Strategienutzung (Kapitel 6.4.2)
= Prozess fortschreitender Ausdifferenzierung, Stabilisierung und Flexibilisierung
K Verfügen darüber und richtiger Einsatz setzt metakognitive Fähigkeiten voraus
K Strategien müssen erlernt werden
mit dem Alter steigt die Anwendung
K Stufen a) Kindergartenalter (Mediationsdefizit: kaum spontane Produktion von Strategien, bei
Hinweis kaum Effekt auf Merkfähigkeit etc.)
13
b) Vorschulalter (Produktionsdefizit: kaum spontane Produktion; bei Hinweis positive
Effekte, da „Hilfe zur Selbsthilfe“)
c) Grundschulalter (Nutzungsdefizit: erste spontane Produktion; keine
oder negative Effekte, da Strategien erst geübt werden müssen)
d) danach (zunehmende Automatisierung, positive Effekte)
Einfluss auf Lernen
K Motivation als Einflussfaktor, vor allem fachspezifisches Interesse
Metaanalyse von Schiefele und Schreyer (1994)
K intrinsisch motivierte Lerner verwenden eher Tiefenstrategien, extrinsisch motivierte eher
Oberflächenstrategien
K Tiefenstrategien korrelieren moderat mit Lernen: .10-.40
K Hyperaktive Kinder zeigen weniger Lernstrategien
Forschungslage nicht ganz eindeutig, aber durchschnittlich Sprung von 8./9.Lj. zu 10./11. Lj.
!!! Unterscheidung zwischen Oberflächen- und Tiefenstrategien beachten: Sprung für Tiefenstrategien
findet später statt als der der Oberflächenstrategien
Strategienutzer (nach Pressley, 1986)
gute Strategienutzung
Überzeugung der Kontrollierbarkeit des Lernvorgangs
Wertschätzung systematischen Vorgehens
inhaltliche Gerichtetheit der motivationalen Dynamik
bewusste Kontrolle der Aufrechterhaltung der Motivation
schlechte Strategienutzung (inaktive Lerner)
Produktions- und Anwendungsdefizit in Bezug auf
Lernstrategien
effektive Nutzung von Lernstrategien beruht auf Koordination von bereichsspezifischem Wissens, von
Strategiewissen, metakognitiver Kontrolle und motivationalen Überzeugungen
Einflussfaktoren/Ursachenbereich für Lernstrategiedefizite (Wild)
instabil
stabil
personen- Alter, Motivation, Vorwissen, Wissen über Intelligenz, Lernbehinderung,
Nutzen von Strategien, Einschätzung der
motivationale Orientierung, Interesse,
bezogen
Anforderungen
Selbstvertrauen
Nähe der Prüfung Anforderungen, Anreize spezifische Anforderungen (Komplexität,
kontextzum selbstgesteuerten Lernen;
notwendiges Vorwissen)
bezogen
Lernumgebung/-hilfen
Lernstrategien: Förderung (Kapitel 6.4.3)
Förderung der induktiven Intelligenz
K induktives Denken
= Fähigkeit Gleichheiten und Verschiedenheiten in Merkmalen und Relationen festzustellen und auf
diese Weise Regelmäßigkeiten und Unregelmäßigkeiten zu entdecken
K Fähigkeit zeigt sich bei sprachlichem, bildhaftem, figuralem und numerischem Material
■ Klauersches Denktraining für Kinder im Alter von 5-7, 10-13 Jahren und minderbegabten
K umfasst Lektionen, die im Unterricht oder in Förderprogrammen durchgeführt werden
induktives Denken kann trainiert werden, sogar mit indirekten Effekten auf Schulleistung
generell (auch Zuwachs im Intelligenztest)
■ Integrierte Förderung von Denken und Motivation (Fries, 2002)
K kombinierte Klauersches Denktraining mit Motivationstraining und förderte damit gleichzeitig
das Leistungsmotiv und das induktive Denken
besonders hohe Effektivität bei Kombi aufgrund der wechselseitigen Einflüsse
(Denktraining→induktives Denken↑→Erfolge→Motivation↑→Leistungsmotivation↑→…)
Förderung (meta-)kognitiver Lernstrategien
K Vermittlung von allgemeinen (auf verschiedene Lerninhalte und Aufgabentypen anwendbare
Strategien) Strategien sind weniger effektiv verglichen mit …
14
… domänenspezifischen Strategien (auf Strategie zugeschnittene Aufgabe)
+ selbst gesteuertes Erarbeiten der Strategien
+ Motivation metakognitive Reflexionen
Effektivität abhängig von Ähnlichkeit der Trainings- und Testaufgaben (umso ähnlicher, desto höher)
K Prozessorientiertes Training von Detlev Leutner: Trainings für ausgewählte Strategien, wie MappingStrategie, das sowohl ein Lernstrategietraining als auch ein Selbstregulationstraining beinhaltet
■ Tagebuchmethode: Lernverhalten nachthaltig verbessern durch beobachten dessen
Lernstrategien besonders erfolgreich, wenn vom Lerner kontinuierlich überwacht & reguliert
K weitere Erfolgsversprechende Elemente für Trainings von Lernstrategien
K Modellgeleitetes Einüben, Variierende Übungsaufgaben, Individualisiertes Vorgehen,
Lernervorwissen/–motivation, Trainerkompetenz/–sensitivität, „Fading“-Phase (= setzen lassen)
3a) 3. Kognitive Voraussetzungen
Intelligenz und verwandte Konzepte: Definition, Kreativität (Kapitel 6.4)
Definition Intelligenz
= zusammengesetzte Fähigkeit des Individuums zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich
mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinander zu setzen (Wechsler, 1975)
K relativ stabiles Persönlichkeitsmerkmal
Modelle - historisch
K Spearmans Theorie des g-Faktors mit s-Faktoren (testspezifische Varianz) (1 Faktor)
K Catells Theorie der fluiden und cristallinen Intelligenz (2 Faktoren)
multifaktoriell
K Thurstones 7 Primary Mental Abilities (7 Faktoren)
K Guilfords Würfel mit 120 unabhängigen Faktoren (120 Faktoren)
AI
Modell - heute
K Jägers Berliner Intelligenzstrukturmodell (1984), BIS in Anlehnung an Guilford
K mehrmodal mit 2 Modalitäten
K Inhalte (verbal = sprachgebundenes Denken,
numerisch = zahlengebundenes Denken
figural-bildhaft = anschauungsgebundenes Denken)
K Operationen (Bearbeitungsgeschwindigkeit, Gedächtnis, Einfallsreichtum,
Verarbeitungskapazität)
■ Anwendung von cultur-fair-Tests (graphische Tests) von Raven
Intelligenzleistung mittels 12 spezifisch Teilfähigkeiten differenziert beschreiben
gleichzeitig: Allgemeine Intelligenz (AI), die als Integral aller Fähigkeitskomponenten verstanden
wird
Verwandtes Konzept: Kreativität
K Definitionen divers → ca.: kreieren neuartiger Ideen/Konzepte/Problemlösestrategien etc.
K Korrelationen mit Intelligenz mäßig hoch → Einfluss der Intelligenz, aber auch spezifische Anteile,
die nicht durch Intelligenz erklärt werden können
■ Problemlösestrategien bilden als Teil von Kreativität angenommen
Wesen der Kreativität nur unzureichend durch Tests erfasst
K gemessen durch ■ „Verbaler Kreativitäts-Test“ von Schoppe (1975) mit Aufgaben wie ■
ungewöhnliche Verwendungsarten für einen alltäglichen Gegenstand finden (leere Dose)
Intelligenz und schulisches Lernen: Intelligenz als Prädiktor: Faktum Schule, Problemlösen, Vorwissen
Intelligenz als Prädiktor des Lernerfolgs – Faktum Schul
K Intelligenztest und Indikatoren des schulischen Erfolges (meist Noten*) korrelieren hoch (r = .50),
selbst wenn sozialer Status kontrolliert wird
*Noten durch Lehrer
☺ hohe Korrelation
Lehrer schätzen Schüler „gut“ ein
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sprachlich kompetente Schüler werden als intelligenter eingeschätzt als naturwissenschaftlich
intelligente
Verzerrung
Grund: Note drückt sprachliche Kompetenz mehr aus (Note bestehend aus mündlicher Note,
schriftlicher, Vorträge etc. → Ausdruck und damit sprachliche Kompetenz nötig)
Lehrer schätzen etwa 5% (vs. 2% real) der Schüler als hochbegabt ein
Einflusspunkt Kontext: Klasse als Referenzpunkt verwendet und Noten „relativ“ vergeben
Lehrer beeinflussen auch Faktoren wie Prestige und äußerer Druck
Intelligenz als Prädiktor des Lernerfolgs – Problemlösen (→ siehe 3a Wissensrepräsentation und erwerb → Problemlösen)
K keine eigene unabhängige Problemlösefähigkeit an sich, sondern an Intelligenz „gekoppelt“
H.M. Süß (1996) – komplexes/dynamisches Problemlösen
K durch Kommunalitätenanalyse wurden spezifischer und gemeinsamer Beitrag von Intelligenz
und Vorwissen für Leistung in einem komplexen System auseinander klamüsert
K Ergebnis: 8% durch Intelligenz, 14% durch Vorwissen, 15% durch beide
Problemslöseleistung vor allem durch bereichsspezifisches Wissen erklärbar, nicht primär Intelligenz
→ Problemlösefähigkeit als Teil der Kreativität gesehen (→ siehe Kreativität)
Intelligenz als Prädiktor des Lernerfolgs – Vorwissen
1. Intelligenz als Voraussetzung für den Wissenserwerb (hohe intellektuelle Kapazität
Wissen besser
aufgenommen und effektiver verarbeitet)
2. durch Wissen wir Expertise erworben
3. Expertise ist für die weiteren Leistungen bedeutsamer als Intelligenz selber
Konzept des kumulativen Lernens (Intelligenz → Wissen → Leistung)
→ Motivation als weiteren Einflussfaktor
!!! große Bedeutsamkeit von Wissenslücken für Leistung
■ Experte in einem Bereich (■ Schach) schneidet im Vergleich zum Novizen im Durchschnitt besser ab,
auch wenn dieser intelligenter ist
Entwicklung, schulische Förderung und Training von Intelligenz: Einfluss der Schule und regionaler
Strukturmerkmale auf Intelligenz
K im Grunde gibt es zwei Argumentationsschritte und eine, nicht zuletzt unter methodischer Perspektive
instruktive Untersuchung.
1. es gibt diverse Belege auf allen möglichen Ebenen, dass Intelligenz die erfolgreiche
Auseinandersetzung mit schulischen Anforderungen wahrscheinlicher macht
→ vermittelt durch Prozesse, wie Elaboration (Tiefenstrategien generell), Motivation, Attribution etc.
2. empirische Hinweise lassen vermuten, dass es auch durchaus leichte, eher undifferenziert auf fast alle
Schüler wirkenden Effekte der schulischen Ausbildung auf Intelligenz gibt
→ nicht einfach empirisch zu prüfen: Rost entwickelte gutes Design um den „Beschulungseffekt“ und
damit den Effekt von Schule auf Intelligenz zu belegen
Einfluss der Schule auf Intelligenz - Marburger Hochbegabtenstudie (Rost,´93)
K von 7.000 Grundschülern Intelligenz- und Gedächtnisdaten erhoben und
Drittklässler im Alter von 8 bis 9 Jahren ausgewertet
K vier Tests innerhalb eines Halbjahres (11./12.´87, 1./2.´88, 3./4.´88, 5./6.´88)
Ergebnisse
K kein signifikanter Effekt für das Lebensalter (unabhängig von Alter gleiche
Testergebnisse: ältere Schüler schneiden nicht besser ab als jüngere)
K statistisch signifikanter Effekte der Beschulungsdauer: Je später die Schüler
getestet wurden, d.h. je länger sie unterrichtet worden waren, desto höhere
Intelligenzwerte erzielten sie – und zwar bei vergleichbarem durchschnittlichen
Lebensalter.
Schule hat Einfluss auf Intelligenz: globaler „Gießkannen-Effekt“ bei dem alle gefördert werden, aber
keiner spezifisch
Rangreihe bleibt stabil
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Einfluss von regionalen Strukturmerkmalen auf Intelligenz (Ebenrett et al., 2002)
Anwendung auf Deutschland:
K geringere Wirtschaftskraft im Osten als im Westen
→ ALQ ist hoch
Intelligenzniveau sinkt
→ Abiturientenquote niedriger
K geringere Urbanität
→ Abiturientenquote niedriger
→ Binnenwanderung hoch
Auswanderung in den Westen, wo dass Intelligenzniveau steigt durch die Binnenwanderung selber und
die günstigeren Faktoren hohe Wirtschaftskraft und
damit einhergehende hohe Urbanität
Sozialverhalten und soziale Kompetenz (Kapitel 6.5): Rahmenmodell, Sozialverhalten, soziale
Kompetenz, Sozialverhalten und Lernen, Bedingungen sozialer Kompetenzen, Förderung sozial
kompetenten Verhaltens
Rahmenmodell
D
B
A
C
K Sozialverhalten ist abhängig von situativen und personalen Bedingungen
K die sozialen Kompetenzen, die das Sozialverhalten ebenfalls beeinflussen sind auf
Entwicklungsbedingungen zurückzuführen
K Sozialverhalten hat Folgen, die sich sozial oder kognitiv äußern können
A Sozialverhalten
K Kompetentes Sozialverhalten: Strategie der Bewältigung von Anforderungen im sozialen Bereich,
wodurch eigene Ziele und Wünsche zum Ausdruck gebracht werden unter Berücksichtigung anderer
abweichendes Verhalten: Aggression vs. Rückzug (schüchtern-ängstliches Verhalten)
K Konstrukt kann nicht als Persönlichkeitsmerkmal abgegrenzt werden
B soziale Kompetenz
= Gesamtheit aller sozialen Kognitionen, durch die die Bewältigung von Anforderungen der Interaktion
in spezifischen Kontexten erleichtert wird (Entwicklung im Kindes- und Jugendalter)
Das „Interpersonal Negotiation Strategies Model“ (Selman et al., 1986)
K 2 Dimensionen: soziale Infoverarbeitung & Perspektiven-Koordination
K soziale Infoverarbeitung in vier Schritten: Interpretation der sozialen Situation,
Handlungsgenerierung, Handlungsauswahl, Handlungsbewertung egozentrisch
K Perspektiven-Koordination bestehend aus vier Stufen
Niveau 0 egozentrisch, Durchsetzung durch physische Kraft oder Rückzug
Niveau 1 Subjektivität erkannt, aber nur eine Perspektive berücksichtigt
einseitige
Durchsetzung durch ■ Befehl oder Nachgeben
Niveau 2 reziproke Stufe: Sichtweise beider, aber keine Koordination dieser möglich
Niveau 3 Dritte-Person-Perspektive: kooperative Verhandlungsstrategien
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A und B hilfreich um soziales Verhalten zu verstehen, aber: Probleme bei der empirischen Erfassung
C Sozialverhalten und Lernen
K Meinungsführer und gut integrierte Kinder haben durchschnittlich bessere Noten
sozial auffällige (aggressive) Kinder werden von Klassenkameraden angelehnt und haben schlechtere
Schulleistungen
!!! „Spezialfall“: Jugendliche, da Desinteresse cool, und Streber uncool sind
negative Korrelation
soziale Eingebundenheit kann auch leistungshemmend wirken
!!! Korrelationen: aggressives Verhalten → wenig Freunde → wenig Motivation → schlechte Leistung
schlechte Leistung → Frustration → aggressives Verhalten
D Bedingungen sozialer Kompetenzen
Rolle der Familie
K Bindungstheorie: Mangel an Responsivität
unsichere Bindung
eher aggressiv
☺ Bindungsschema modifizierbar
K induktiver Erziehungsstil (= Gebote und Verbote begründen und auf deren Folgen aufmerksam
machen) und sozial kompetentes Verhalten der Eltern und des Bekanntenkreises (Modelling)
günstigere Internalisation sozialer Normen
K Ressourcen der Familie: Sensibilität, Ausdauer und Belastbarkeit sind eher gegeben, wenn soziale
und finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen
K genetische Faktoren: eineiige Zwillinge sind in ihrer Aggressionsneigung ähnlicher als zweieiige
genetischer Einflussfaktor
Rolle der Schule
K Bedeutung der Gleichaltrigenbeziehung: Erfahrungen in der Sozialwelt der Gleichaltrigen dienen
dem Aufbau sozialer Kompetenzen und moralischer Urteilsfähigkeit
durch Interaktionen mit Erwachsenen werden Kompetenzen im kognitiven Bereich ausgebildet
sowie kulturell spezifisch variierende soziale Normen und Konventionen
K Gewalt in der Schule:
K neben typischen Rollen Täter und Opfer noch andere, wie Assistenten, Verteidiger etc.
K körperliche und psychische Gewalt ■ Mobbing
K Gewalt kommt meist nicht durch einen, sondern das gesamte Beziehungsgefüge zustande
K Gewalt oft nur Ergebnis „misslungener Aushandlungen“
☺ Maßnahme: sozialen Status des Täters schwächen, Verteidiger stärken durch Betonung von Normen
Rolle der Lehrer
K Lehrer: ¾ der Schüler beschreiben Fälle in denen sie öffentlich abgewertet/bespöttelt worden waren,
51 % das sie angeschrieen wurden etc. (Krumm, 1999)
K bei Gewalt wird oft nicht eingeschritten oder nicht (genug) bestraft, da…
… Konflikte nicht richtig unterschieden werden können (■ Gewalt vs. spielerisches Kräftemessen)
… Konflikten unter Schülern meist eine geringe erzieherische Relevanz beigemessen wird
… Lehrer sich primär als Fachvermittler und nicht als Erzieher sehen
Schule als Ursache für normabweichendes Verhalten (Holtappels, 1987)
K Labelingtheorie: Lehrer/Mitschüler entwickeln auf Grund ihrer (Vor-)Urteile gegenüber einem
Schüler eine selektive Sensibilität für Handlungen, die ihrem Bild von diesen Schülern entsprechen
Stigmatisierung
eher Verstärkung als Vermeidung des abweichenden Verhaltens
Förderung sozial kompetenten Verhaltens (Interventionsprogramme)
Earlscourt Social Skills Group Program - Trainings mit aggressiven und sozial unsicheren Schülern
K Ansatz der sozialen Infoverarbeitung als Grundlage: Schüler sollen lernen durch
verhaltenstherapeutische Techniken (Rollenspiele etc.) soziale Hinweisreize differenzierter
wahrzunehmen, das Verhalten eines Interaktionspartners unvoreingenommen zu interpretieren und
sich erst einmal Gedanken zu Handlungsalternativen zu machen, sowie eigene Handlungsimpulse
besser unter Kontrolle zu haben
K weitere Trainingsprogramme orientieren sich ■ am Interpersonal Negotiation Strategies Model,
beziehen also zwei Ebenen ein
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Interventionen auf der systematischen Ebene - Gewaltprävention in einer Schule
K 3-stufiges Vorgehen auf mehreren Ebenen (Schule, Klasse und Individuum)
a) Missstand: in Gruppen (Lehrer, Direktor, Freiwillige etc.) versuchen das Problem zu identifizieren
und einzugrenzen
b) Maßnahmen: ■ nach Olweus (1995): Kontakttelefon, Pädagogische Tage, Eltern-Lehrer-Koops, …
c) Implementierungsphase: um Schwierigkeiten bei der Umsetzung frühzeitig erkennen zu können,
wird kontinuierlich evaluiert und zu Abschluss des Projektes summativ (evaluiert)
!!! deutlicher Rückgang des Gewaltproblems um 50 % und mehr, Wirkung nach 2 Jahren noch stärker
3a) 4. Selbstkonzept (SK) und Lernen
Theoretische und begriffliche Grundlagen: Begriff und Struktur des Selbstkonzeptes,
Vergleichsprozesse und Bezugsnormen
Begriff und Struktur des Selbstkonzeptes
= eine Gedächtnisstruktur, die alle auf die eigene Person bezogenen Infos enthält, ■ Wissen über eigene
Kompetenzen, Vorlieben etc.
K affektiv-evaluative Komponente des individuellen Selbst = Selbstwertgefühl
K Uneinigkeit über die Struktur: von einer hierarchisch aufgebauten Gedächtnisstruktur bis hin zu einer
Repräsentation des Selbstkonzeptes aus einem wenig geordneten Netzwerk von Selbstkonstrukten
K hierarchische organisierte sind neuere und häufiger verwendete Modelle, die meist von einem
globalen Selbst ausgehen und sich in ■ schulisches Selbst, soziales Selbst, Körper-Selbst etc.
aufgliedern, die sich wiederum in viele Facetten aufspalten lassen (bei einem Schüler: schulisches
Selbst in Fähigkeitsselbstkonzept, soziale Kontakte etc.)
Vergleichsprozesse und Bezugsnormen (BN)
K Fähigkeitsselbstkonzept wird durch Kompetenzerfahrungen (soziale, dimensionale und individuelle
Vergleichsprozesse bzw. Bezugsnorm) in den betreffenden Sachgebieten (■ Schulfächer) erworben
K BN sind Standards mit denen man ein vorliegendes Resultat vergleicht, um Leistung zu beurteilen
1. soziale Bezugsnorm/Vergleiche
= eigene Leistung zu derjenigen von anderen in Beziehung setzen durch Horizontal- oder Auf/Abwärtsvergleiche
K Zentrum: Horizontalvergleich mit ähnlich Guten
realistisches Selbstkonzept
K Peripherie: Auf-/Abwärtsvergleiche mit Besseren/Schlechteren
negatives/positives SK
Abwärtsvergleiche werden von Grundschülern selten vorgenommen (Dickhäuser et al., 2004)
Bezugsgruppe recht konstant
Leistungsunterschiede werden auf stabile innere Ursachen
zurückgeführt (Extremform: erlernte Hilflosigkeit)
für Lernmotivation ungünstige Kausalattribution
2. individuelle Bezugsnorm/Vergleiche
= aktuelle Leistung mit eigener früheren Leistung auf gleichem Lerngebiet vergleichen
☺ lenkt Blick bei der Interpretation von (Miss-)Erfolgen eher auf instabile Ursachen wie (geringe)
Anstrengung
Selbstwirksamkeit
für Lernmotivation günstige Kausalattribution und damit Steigerung dieser möglich
3. dimensionale Bezugsnorm/Vergleiche
= Leistungen in einem Fach werden mit Leistungen in einem anderen Fach verglichen
K internal/external frame of reference model (Marsh, 1986) → siehe Integriertes Model
Fähigkeitsbild eines Schülers im Fach A hängt mit Leistungen im Fach B zusammen (vice versa)
!!! Grundlage: Fächer müssen hinreichend unterschiedlich sein
■ Mathe und Deutsch: Schüler A kriegt in Mathe nur Einsen und in Deutsch nur vieren + Schüler
B kriegt in beiden Fächern nur Einsen = Schüler As Selbstkonzept in Mathe ist positiver als Bs
mögliche Erklärung: Schüler nehmen die eigenen Stärken und Schwächen im Zuge der
Identitätswahrnehmung wahr und akzeptieren sie (Kontrasteffekt)
4. kriteriale Bezugsnorm/Vergleiche bzw. reales vs. ideales Selbst
= Optimum-Ich-Diskrepanz, wobei das Optimum in Abhängigkeit von ■ sozialen Normen oder
dem Kontext ausgebildet wird
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5. Selbst im Fremdbild
= Übernahme von Fremdsichten anderer, Integration von Ansichten anderer über mich
6. barometrisches Selbst
= Bild von Veränderlichkeit und nicht-Veränderlichkeit der eigenen Selbstsicht
→ ist der subjektive Eindruck von Selbstkonzeptschwankungen
■ „gestern habe ich mich als toller hecht gefühlt und heute komme ich mir eher wie ein kleines
Würstchen vor“ (Noack)
Entwicklung und Einflussfaktoren: Entwicklung, Fakten über Stabilität etc., Einschub: Ist ein
unrealistisches SK förderlich?, Einflussfaktoren, Integriertes Model
Entwicklung
K Entwicklung des SK durch wichtige Bezugsperson ■ Eltern, Freunde
K wichtig: Zeit nehmen
als wertvolle Person wahrgenommen
→ sich „wertvoll“ fühlende Menschen setzen sich mehr für andere ein
■ Schule: wenig Wertschätzung
Wertschätzung in Freizeit
Schule = Noten
Abwertung
K Entwicklung und Veränderung durch oben genannte Bezugsnormen und Vergleichsprozesse
Fakten über Stabilität, Rangreihe etc.
K längsschnittlich steigt das Selbstkonzept (von der 9.-12. Klasse) leicht an wogegen es im Querschnitt
recht konstant bleibt
K schon ab der 5. Klasse bleibt das SK recht stabil (Pekrun, 1990)
Ausnahmen sind Übergangsphasen (Jerusalem & Schwarzer)
K Übergang Grundschule ins Gymnasium: relativer Auf-/Abstieg innerhalb Leistungshierarchie
K Abfall Selbstwert im Gymnasium in ca. 8. Klasse, da neue Referenzgruppe (Grundschule
gemischt vs. Gymnasium obere 40%)
„Big fish – little pond“ – Effekt (Fischteich-Effekt)→ siehe Einschub und Integriertes Model
= zwei “objektiv” gleich gute Schüler können sich in ihrer Selbstbewertung unterscheiden bzw.
objektiv schlechtere Schüler können positiveres Selbstkonzept von sich haben als bessere)
K 35% der Jugendlichen haben einen konstant hohen Selbstwert, während 13% einen konstant niedrigen
haben, während die restlichen 50% dazwischen rumdümpeln (instabil)
→ im Mittel heben sich die Effekte auf
K individuelle Differenzen (Rangreihe) bleiben über Zeit recht stabil, wobei mittlerer Effekt bei .50 liegt
!!! umso allgemeiner vom Selbstwert gesprochen wird, desto stabiler ist diese Eigenschaft (globaler
Selbstwert), während ■ das Fähigkeitsselbstkonzept stärker Schwankungen unterliegt, wie Schulnoten,
an denen die Leistung gemessen wird
Einschub: Ist ein unrealistisches SK förderlich? (kurzer Abriss: ☺ = Pro, = Con)
K Bezugsgruppeneffekte: Hauptschüler mit „objektiv“ schlechter Leistung, aber hohen SK auf Grund der relativ schlechteren
Bezugsgruppe (BG) vs. Gymnasiast mit „objektiv“ guten Leistungen, aber niedrigem SK auf Grund der relativ besseren BG
☺ Korrelation SK und Leistung: .25
höheres SK → bessere Leistung (vice versa)
Etikettierungsprozesse: Hauptschüler ist sich der Rolle als „Hauptschüler“ bewusst
☺ Bezugsgruppeneffekte wichtiger, da gegenwärtiger → Etikettierungsprozesse nicht so wichtig
gegen Ende der Schule: Realisierung der schlechteren beruflichen Aussichten sowie Folgen der unterschiedlichen
pädagogisch-didaktischen Milieus der Schultypen (schlechtere Kompetenzentwicklung, weniger Allgemeinwissen etc.)
Abwertung des SK bei Hauptschülern
Einflussfaktoren
K Lehrer und Bezugsnorm: verwenden Lehrer gegenüber Schülern individuelle Vergleichsprozesse, so
ist dies förderlicher für deren SK verglichen mit sozialen Vergleichsprozessen
K möglicher Grund: individuelle Verbesserung immer möglich, auch wenn ■ schlechterer SES etc.
K Schultyp: → siehe „Big fish – little pond“ – Effekt (Fischteich-Effekt)
K Klassenklima: klärt zu 5-12% die Testleistungen in Text- und arithmetischen Aufgaben auf
(Tiedemann et al., 2004)
K Soziale Unterstützung: r = ~.20 → umso mehr Unterstützung durch Familie, Lehrer & Peers, desto
höher ist der globale Selbstwert sowie das FähigkeitenSK (getestet in 5. bis 8. Klasse) (Pekrun, 1990)
20
K Noten: r = ~.20 → umso besser die Noten, desto höher ist der globale Selbstwert sowie das
FähigkeitenSK (getestet in 5. bis 8. Klasse) (Pekrun, 1990)
→ hier: hohe Noten = schlechte Noten
K Soziale Akzeptanz: r = ~.30 → umso mehr individuelle Gefühle sozial akzeptiert werden, desto höher
ist der globale Selbstwert und das FähigkeitenSK (getestet in 8. Klasse) (Pekrun, 1990)
Integriertes Modell aus dem Modell des internen/externen Bezugrahmens und dem Fischteich-Modell
(Lüdtke et al., 2002)
Modell des internen/externen Bezugrahmens
K individuelle Mathe- und Leseleistungen korrelieren
hoch mit dem entsprechenden Selbstkonzept
→ Lesen weniger, da verbales SK nicht nur durch
Lesenleistung determiniert
K während der jeweiligen Leistungsabfrage wird das
„entgegen gesetzte“ SK gehemmt
(Stereotypaktivierung/-hemmung) obwohl
Leistungen sehr hoch untereinander korrelieren
jeweilige SKs vorhanden, werden jedoch in
Abhängigkeit von Situationen aktiviert/gehemmt
Fischteich-Modell
K eine Referenzgruppe vermittelt den Effekt zwischen
Leistung und SK ebenfalls
→ Lesen weniger, → siehe Begründung oben
Zusammenhänge zwischen Selbstkonzept und Lernen: Mediationsmodell zum Einfluss des SK auf
Schulleistungen
K Korrelation SK und Leistung: .25
höheres SK → bessere Leistung (vice versa)
Mediationsmodell zum Einfluss des SK auf Schulleistungen (Helmke, 1992)
K Vorwissen/Note und Intelligenz haben einen
direkten Einfluss auf die Leistung, wobei
Intelligenz weniger Varianz aufklärt
K das leistungsbezogene SK wirkt indirekt auf
die Leistung über die
Anstrengungsinitiierung und -intensität
!!! Leistungsangst hat hier keinen direkten
Einfluss auf die Leistung
3a) 5. Motivation (Kapitel 6.3) und Gefühle (Kapitel 6.2) bei Lernern
Lernmotivation (Kapitel 6.3): Lernmotivation allgemein, Leistungsmotivation, Zielorientierung,
Interesse, Flow-Erleben, Intrinsische vs. extrinsische Motivation, Persönliche Ziele, multiple
Zielstrukturen, Volition
Lernmotivation allgemein
K Definition Motivation
= aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv bewerteten Zielzustand
(Rheinberg, 2004a)
21
K zeitlich überdauernde Bereitschaften für bestimmte Klassen von Zuständen: Motive
K Lernmotivation wird in Komponenten untergliedert: Leistungsmotivation, Zielorientierung,
Interesse, Flow-Erleben, Intrinsische vs. extrinsische Motivation, Persönliche Ziele, multiple
Zielstrukturen, Volition
Leistungsmotivation
= Selbstbewertung eigener Tüchtigkeit in Auseinandersetzung mit einem akzeptierten Gütemaßstab
Anspruchsniveau (Grad der Motivation)
K kein instrumenteller Nutzen (■ Stolz der Eltern)
K präferierte Ursachenzuschreibung und Affekte, die mit den Handlungsergebnissen verbunden sind
K Merkmale der Leistungsmotivation sind „Stärke“ und „Richtung“
Stärke: Erwartungs-mal-Wert-Modell (Atkinson, 1975)
K Anspruchniveau hängt von
a) der Erfolgswahrscheinlichkeit der (erwünschten) Handlungsergebnisses und
Erwartungskomponente
b) vom Anreiz der Handlungsergebnisse ab
Wertkomponente
Richtung (zwei Komponenten): Selbstbewertungsmodell der Leistungsmotivation (Heckhausen, 1972)
K Leistungsmotivation beruht auf einem sich selbst stabilisierenden Selbstbewertungssystem
(Unterschiede in Kausalattribution und Anspruchsniveau führen zu unterschiedlichen Affekten (■
Angst, Stolz)), was wiederum zur Folge hat, dass leistungsthematische Situationen habituell als
Herausforderung (Stolz) oder als Bedrohung (Angst) empfunden werden
Erfolgsmotivierte
Misserfolgsmeidende
realistisch
unrealistisch
Anspruchsniveau
mittelschwere Aufgaben
extreme leicht/schwere Aufgaben
Zielsetzung
Ursachenzuschreibung nach
Glück
Erfolg Anstrengung
mangelnde eigene Fähigkeit
Misserfolg mangelnde Anstrengung/Pech
positive Erfolgs-Misserfolgsbilanz negative Erfolgs-Misserfolgsbilanz
Selbstbewertungsbilanz
quantitatives Aktivieren des Motivs (in Abhängigkeit von Aufgabe) gut vorhersagbar vs. qualitative
Leistung schlecht vorhersagbar
Vernachlässigung des intrinsischen Motivs ■ Spaß
K Reattributionsprogramm (Dweg): Misserfolgsvermeidende aus Schleife rausholen, in dem Erfolge
fokussiert und Hilfe bei Erreichen von Ziele gegeben wird (Selbstwirksamkeit wieder geben)
Erwartungs-mal-Wert-Modell (Eccles)
22
Allgemeines kognitives Motivationsmodell (Heckhausen)
K verschiede Erwartungen beeinflussen unsere Motivation eine Handlung auszuführen
K Situations-Ergebnis-Erwartung
= Bereich möglicher Ergebnisse in
Abhängigkeit von Situation
K Handlungs-Ergebnis-Erwartung
= P, dass das Ergebnis von einer bestimmten
Handlung in der Situation abhängt
K Ergebnis-Folge-Erwartg. (Instrumentalität)
= bedingte P für Folgen gegeben eines
Ergebnisses
Tu-nix-Modell (Heckhausen & Rheinberg)
Leistungsmotivation und Verhalten in
schulischen Leistungssituationen
S-E-Erwartung
(P(E│S))
H-E-Erwartung
(P(E│H,S))
H-E-Erwartung
(Wertkomponente)
E-F-Erwartung
(P(F│E))
Effekte aufs Lernen
K mit projektiven Verfahren: geringer Zusammenhang von .12
Zielorientierung
= im Gedächtnis gespeicherte und im Selbstkonzept des Lernens verankerte Bewertungsmaßstäbe für
den eigenen Lernerfolg (≠ Persönliche Ziele!)
K zwei Komponenten, die relativ unabhängig voneinander sind
K Lernzielorientierung: Wunsch nach Erweiterung und Prüfung der eigenen Fähigkeiten
K Leistungszielorientierung: Wunsch gute Leistungen zu demonstrieren und schlechte zu verbergen
→ wird in zwei Unterformen gegliedert, die den Grad der Annäherungs- undVermeidungsorientierung abbilden
Effekte aufs Lernen
K positive Effekte einer ausgeprägten Lernzielorientierung auf das Lernverhalten, das
Fähigkeitsselbstbild und die Leistungsentwicklung
23
Interesse (Krapp & Todt)
Interessenkonstrukt
= Beziehung zu einer Person/(Lern-)Gegenstand, die als
Struktur der Bedeutungsvarianten
emotional positiv und selbst initiiert erlebt wird
K hat vorübergehend (situationales Interesse) oder dauerhaft
(individuelles/dispositionales Interesse) eine hohe subjektive
Bedeutung
Bestandteil des Selbstkonzeptes
K Interesse äußert sich kognitiv (Interessenfelder), emotional
(positive Affekte), evaluativ (positive Bewertungen)
Verhalten (Selektivität und Persistenz)
Person-Gegenstand-Theorie des Interesses (Schiefele et al., ´96)
K Interesse ist eine besondere „Beziehung“ einer Person zu einem
(Lern-)Gegenstand und weißt folgenden Kennzeichen auf
K wertbezogene Valenz (Interessengegenstand hat
herausgehobene subjektive Bedeutung)
K Selbstintensionalität (Realisierung frei von Zwängen)
K gefühlsbezogene Valenz (mit positiven Gefühlen assoziiert)
K epistemische Orientierung (Wunsch mehr über Objekt zu erfahren)
Effekte aufs Lernen
K in Metaanalyse von Schiefele (1993) wurde über mehrere Schularten, Jahrgangsstufen und
Schulfächer hinweg eine mittlere Korrelation von .30 gefunden
K Deutsche Kinder empfinden Lesen nicht als Vergnügen (höchste Quote von 40% im europ. Vergl.)
Flow-Erleben (nach Csikzentmihalyi)
= gänzliche Aufgehen in einer glatt laufenden Tätigkeit
K Komponenten
K Gefühl optimaler Beanspruchung
K flüssiger Handlungsablauf
K mühelose Konzentration
K Vergessen raum-zeitliche Bedingungen
K Vertiefung in den Handlungsvollzug
K Bedingung: Schwierigkeit Aufgabe = Niveau der
eigenen Fähigkeit
Effekte aufs Lernen
K unter Studierenden liegt Korrelation zwischen .4 und .5
!!! Zusammenhang partiell durch Begabung erklärbar (begabte Kinder sind Lernanforderungen eher
gewachsen, haben also eine höhere Wahrscheinlichkeit quantitativ Flow zu erleben)
Intrinsische vs. extrinsische Motivation
K Intrinsisch: Lernen zum „Selbstzweck“, aus Spaß an der Sache
K Unterscheidung zwischen tätigkeits- und gegenstandszentrierte Form
K Extrinsisch: Lernen, dass zur Maximierung positiver Ergebnisse und des persönlichen Nutzens dient
Selbstbestimmungstheorie (Deci & Ryan., 1985)
K drei grundlegende Bedürfnisse: sich als autonom (Initiative) und kompetent zu erleben, sowie sich
sozial eingebunden zu fühlen
K hier werden ein Kontinuum von extrinsisch und intrinsisch angenommen (sonst Dichotomie)
K intrinsisch: nur wenn alle erfüllt, kann die natürliche Tendenz zur Aneignung neuer Kenntnisse
und Fähigkeiten voll zum Tragen kommen
K extrinsisch: externe Ziele und Normen können in das individuelle Selbst integriert werden
K ist Bedingung für Wachstum, seelisches Gleichgewicht und persönliche Reife
■ mit 6 Wochen können Kinder „lächeln“ und wirken damit auf die Welt und sie wirkt zurück
K Lernumgebung und Erziehungsverhalten haben einen Einfluss auf das Lernen: wird die selbst
bestimmte Motivation gefördert, steigen die Lern- und Behaltensleistung an
Effekte aufs Lernen
K intrinsische Lernmotivation korreliert konsistent positiv mit Schul- und Studienleistungen: r = ~.23
!!! vermittelnder Mechanismus ist Lernstrategie: intrinsische Lernmotivation geht mit Einsatz tiefer
gehender Lernstrategien während extrinsische mit oberflächenorientierten einhergeht
24
K Ziel: extrinsische in intrinsische Motivation umwandeln durch „Ich-Bezug“
Interesse, Flow und intrinsische Motivation sind Konzepte für tätigkeitsspezifische Anreize
Persönliche Ziele
= allgemeine/konkrete/übergeordnete Ziele, die Menschen in ihrem Leben verfolgen
K dabei spielen Motive eine große Rolle (Motive & Ziele sind voneinander unabhängige
Motivationssysteme)
K bei Kongruenz von Motiv und Ziel stellt sich Wohlbefinden ein
K bei Inkongruenz besteht eine Diskrepanz, die zu einer Beeinträchtigung des Wohlbefindens führt
Effekte aufs Lernen
K bei Kongruenz positive und Inkongruenz negative Korrelationen mit Lernen
multiple Zielstrukturen
= Absicht mehrere unvereinbare Ziele gleichzeitig zu verfolgen, kann die Wahl der Lernhandlung
behindern und ihre Ausführung stören
K parallele oder sequentielle Verfolgung der Ziele
K hängt von kognitiven und metakognitiven Fähigkeiten und volitionalen Kompetenzen ab
■ gutes Zeugnis bekommen vs. nicht als Streber wahrgenommen →
→ Einstellung „Streber
sind okay“ entwickeln → ☼ → Wunsch nach sozialer Akzeptanz vs. „Streber sind okay“→
K Aufgabe eines der Ziele
K Emotionsregulationskompetenzen (→ siehe Entwicklung von Emotion: Transaktionales
Stressmodel) einer Person entscheiden, ob Abkehr negative Emotionen hervorruft
■ katholischer Priester (Zölibat), der eine Frau will →
→ tritt aus Kirche aus → ☼ → Nähe zu
Gott fehlt ihm → Beziehung mit Frau ist beeinträchtigt →
Theorie der motivationalen Handlungskonflikte (Hofer et al., 2004) → Lewin ;)
K Entscheidung für ein Ziel löst Konflikt nicht, sondern führt zu einer Überlastung des
Arbeitsgedächtnisses und damit zu Störungen der Planung und Ausführung der Handlung
Grund: nicht ausgeführte Intension noch aktiv → Drang nach Realisierung → Interferieren mit
aktuellem Handlungsablauf
Effekte aufs Lernen
K Situationen konkurrierenden Reaktionstendenzen
verminderte Lerntiefe, schlechtere Stimmung
und verringerte Lernzeit
→ Effekt stärker bei „genussorientierten“ Kindern als bei „leistungsorientierten“
K umso mehr Probleme beim Erledigen der gewählten Handlung je attraktiver unterlassene Handlung
→ unterlassene Handlungen hängen auch mit Lernen zusammen
Volition: Überbrückung der Kluft zwischen Intention und Verhalten
= willentliche Planung, Durchführung und Kontrolle von intendierten Handlungen ODER Prozess der
Umsetzung von Absichten
Rubikon-Modell (Heckhausen, 1989)
Intensionsbildung
K Vergegenwärtigen von Handlungsoptionen (ExW-Modell)
K Intention
Abschluss der Phase (Fazit-Tendenz)
Intensionsinitiierung
K Planungsphase (konkurrierende Ziele → das mit der
stärksten „Fiat-Tendenz“ wird ausgeführt (lat. Fiat: Es
möge geschehen)), in der versucht wird Ablenkungen zu
kontrollieren und sich selbst zu motivieren
Intentionsrealisierung
K Ausdauer & Intensität der auszuführenden Handlung hängt von Volitionsstärke der Zielintension ab
Intentionsdesaktivierung
K Bewertung des Handlungsablaufes und der erzielten Handlungsergebnisse rückwirkend (Ziel
erreicht oder weitere Anstrengung etc.)
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Effekte aufs Lernen
K Umsetzung hängt von konkurrierenden Handlungszielen (Ablenkung) ab
Handlungs-Kontroll-Theorie (Kuhl, 1996)
K Anschluss an motivationale Phase setzen fünf Mechanismen ein, die die Handlungsdurchführung erleichtern
(Intentionsinitiierung bei Heckhausen)
1. Fokussierung der Aufmerksamkeit auf handlungsbegünstigende Infos
2. Ausblendung unwichtiger Infos
3. Anregung positiver und Unterdrückung leistungsbehindernder Emotionen
4. Bewusstmachung positiver Konsequenzen des Lernens
5. gezielte Kontrolle nachteiliger Umweltfaktoren ■ Beseitigung von Lockreizen
K Probleme der motivationalen Selbststeuerung haben negativen Einfluss auf die
Mathematikleistungen (Wendland und Rheinberg, 2004)
Emotionen von Lernen (Kapitel 6.2): Konzept der Emotion, Falten, Emotion und Lernen, Entstehung
von Prüfungsangst, Entwicklung von Emotion, Emotion und Kontext
Konzept der Emotion (Abgrenzung zu Stimmung)
K intensiver, Ausrichtung auf ein Objekt, spezifischere Handlungsfolgen; state vs. trait
K Klassifikation auf den Dimensionen Valenz (pos./neg.), zeitlicher Bezug (Vergangenheit vs.
Gegenwart vs. Zukunft) und Art der Energetisierung (aktivierend vs. desaktivierend)
Fakten
K Wohlbefinden nimmt bei Schülern im Laufe der Schulzeit ab
K Schüler und Angst: Entstehung emotionaler Widerstände/Aversion gegen die Schule
K bei Chronifizierung negativer Emotion kann es zu Beeinträchtigung der psychischem Gesundheit
kommen
diese Schüler stellen eine Risikogruppe dar
K Verbreitung schulbezogener Ängste: ~ 50% der Schüler ■ haben Angst eine falsche Antwort zu geben
oder ■ zittern ihnen die Hände vor Aufregung in der Schule, ~60% haben Angst vor schlechten Noten
Emotion und Lernen: Auswirkungen von (Prüfungs-)Angst auf …
…Lernmotivation (LM): Beziehung Angst und Lernmotivation ambivalent
K Angst → Vermeidung? → ja
→ Verringerung der LM (negative Auswirkung)
→ nein → Energie zur Bewältigung freisetzen → reduziert intrinsische
LM, aber verstärkt den Wunsch nach Vermeidung eines
Misserfolges → Lernmotivation↑ (positive Auswirkung)
…kognitive Prozesse: Angst hat negative Auswirkungen auf kognitive Prozesse
K Aufmerksamkeitshypothese (Wine, 1971)
= Lernprozess wird in erster Linie durch sorgenvolle Gedanken beeinträchtigt, die ständig um
drohende Konsequenzen kreisen (Misserfolg, Mängel der eigenen Kompetenz)
Aufmerksamkeit von der eigentlichen Lernaufgabe abgezogen
…Lernstrategien: Angst hat negative Auswirkungen auf Lernstrategien
☺ Korrelationen zwischen Lernfreude und Einsatz tiefenorientierter Lernstrategien
Korrelationen zwischen Lernangst/Scham und oberflächenorientierte Lernstrategien
K Stimmung: positive ~ scheint holistische und kreative Formen des Denkens zu fördern, während
negative ~ einen analytischen, auf Detail fokussierten Denkstil zur Folge hat (riskant vs. sicher)
…Lernleistungen: Angst hat negative Auswirkungen auf Lernleistungen
K Leistung insb. reduziert, wenn hohe Aufmerksamkeit von Nöten & Aufgabe komplex ist: r = .-30
Entstehung von Prüfungsangst
Erwartungs x Wert-Modell der Angst (Pekrun, 1992a): Verallgemeinerung des Stressmodells von
Lazarus & Folkman, 1984
K bei Entwicklung von situativer Angst spielen drei Einschätzungen eine Rolle
1. Situations-Folge-Erwartung: dass sich ein Misserfolg einstellen wird, wenn nicht gehandelt wird
2. Handlungskontroll-Erwartung: Fähigkeit durch Maßnahmen den Misserfolg zu verhindern
3. Einschätzung der subjektiven Bedeutung des drohenden Misserfolges
K a) ein ungünstiges Fähigkeitskonzept b) einer ausgeprägten Misserfolgserwartung und c) ein hoher
subjektiver Stellenwert der Prüfungsergebnisse korrelieren hoch mit Prüfungsangst
26
Entwicklung von Emotion
Transaktionales Stressmodell (Lazarus & Folkman, 1984)
K in einer potentiell stressrelevanten Situation wird zunächst die Bedrohlichkeit Situation eingeschätzt
(primary appraisal)
K anschließend werden die vorhandenen Bewältigungsstrategien geprüft (secondary appraisal)
→ abhängig von: personellen (wie Wahrnehmungs- und Interpretationsgewohnheiten von Lernern) und
sozialen Ressourcen
Emotion und Kontext
K Forschung: Identifikation der Faktoren, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dispositionale
Reaktionstendenzen erzeugen
K familiale und schulische Bedingungen (■ Leistungsdruck)
K Bestrafung durch Eltern und Lehrer nach Misserfolgen
K inkonsistenter Umgang mit (schulischen) Regeln und Standards
K besonders: unberechenbares Elternverhalten gepaart mit autoritären Umgangformen
K Klassenklima (■ Wettbewerb mit Folge der Leistungsangst und des Kontrollverlustes)
Angst und Unterrichtsklima (Jerusalem & Schwarzer)
K Leistungsangst, Hilflosigkeit und Kontrollverlust sind im negativen Klima höher als im
positiven (zwei Altersgruppen getestet: 13 und 16 Jahre)
Schule, Lehren, Lernen – 3b) Lehrer und pädagogische Interaktion
Überleitung: vom Lerner zum Lehrer
27
3b) Lehrer und pädagogische Interaktion (Kapitel 7.3)
„gute Lehrer“ (Kapitel 7.3.1): Allgemeines und Probleme, Drei Paradigmen
Allgemeines und Probleme
K Eigenschaften „guter Lehrer“: emotional stabil, freundlich, kooperativ, tatkräftig
Schüler korrelieren nur zu .30 und Kollegen nur zu .23 mit dem Selbstbild des Lehrers
Problem auf der Merkmalsebene: Anforderungsheterogenität im Lehrerberuf, da sich ein Ziel auf
verschiedene Weise erreichen lassen kann
■ jüngere Schüler empfinden Lehrer gut, die keine physische Gewalt ausüben, ältere dagegen stellen
mehr die Wissensvermittlung in den Vordergrund
Kriterienproblem: Was ist die AV? Lernerfolg, Spaß, späteres Einkommen etc?
Problem der Flexibilität: Lehrer passen ihr Handeln an ■ autoritärer in schwieriger Klasse vs.
autoritativer in „netter“ Klasse
Untersuchungsgegenstand in diesem Bereich ändert sich ständig (Paradigmenwechsel)
muss
innerwissenschaftlich erklärt werden, spiegelt aber auch den Wandel in der Gesellschaft wider
Drei Paradigmen empirischer Lehrerforschung
Persönlichkeitsparadigma
= Persönlichkeitseigenschaften als Prädiktoren für gute Lehrer
K 1960er: Studien zeigen wenig konsistente Ergebnisse (mit UV Persönlichkeitsmerkmal wie Intelligenz
und AV schulische Leistung) und die „gefundenen“ Eigenschaften („Objektivität“, „emotionale
Stabilität“) haben große Überlappungsbereiche
Persönlichkeitstests (Urban, 1984)
K Zusammenhänge für Neurotizismus, Extraversion und Gewissenhaftigkeit gefunden
K Gewissenhaftigkeit: indirekter Einfluss über Fleiß im Studium
K Neurotizismus: direkter Einfluss, da Schwierigkeiten negativer/krasser erlebt werden
genetisch bedingter Ansatz
wenig Spielraum für Veränderungen und damit für Interventionen
Persönlichkeit = hohes Abstraktionsniveau womit Verhalten in konkreten Situationen vorhergesagt
werden soll
unspezifische Ursache-Wirkungs-Beziehung auf dieser abstrakten Ebene
Prozess-Produkt-Paradigma
= analysieren der Wirkung einzelner Verhaltensmuster und Fertigkeiten der Lehrenden auf eng
umschriebenen Indikatoren des Schülerverhaltens
K empirische Ergebnisse zusammengefasst: Lehrer unterrichtet Fachinhalte dann erfolgreich, wenn er
K sich klar und konsistent äußert (→ siehe Probleme 1.)
K Schüler aktiviert (Interesse wecken)
K die Unterrichtszeit vornehmlich zur Stoffbehandlung nutzt (wenig Zeit geht „verloren“)
K eine optimistische Haltung hat und sie erfolgreich vermittelt
K Lehrer bieten individuelle Unterstützung an (Weinert et al., 1996)
K…
Vier Probleme
1.
„Klarheit“ der Lehrersprache ist nicht fachunabhängig
Berücksichtigung der Lehrinhalte
notwendig
2.
Problem der Merkmalsinteraktion: wechselseitige Abhängigkeitsbeziehungen zwischen den
vermuteten Bedingungsvariablen in Abhängigkeit von ■ Motivation der Schüler,
Intelligenzbesonderheiten des Lehrers etc.
→ keine Teilfertigkeit korreliert höher als .29 mit Lernerfolgskriterien
kein Verhalten kann als
„notwendige“ Bedingung für einen guten Lehrer gesehen werden
Variablen eines effektiven Unterrichts/Lehrerfolg sind in gewissem Ausmaß kompensierbar
3.
Problem der differentiellen Wirkung: zum Teil gegenläufige Wirkung gleicher
Instruktionsmaßnahmen bei verschiedenen Schülern
nondirektiver und diskussionsintensiver Unterrichtsstil fördert Leistung und Wohlbefunden der
Schüler, die eine starke Motivation bezüglich der Beeinflussung ihrer Umgebung haben (weniger
günstige und ungünstige Effekte bei anderen) (McKeachie, 1986)
4.
Wechselseitige Beeinflussung von Schüler und Lehrer und nicht einseitig
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AV ist meist Lernzuwachs, was zwar wichtig, aber nicht das einzige Kriterium für Lernerfolg ist
(Motivation, Interesse etc.)
☺ liefert trotzdem Aus- und Weiterbildungsoptionen für Lehrer
Expertenparadigma
= dem Handeln erfolgreicher Lehrer liegt viel professionelles Wissen zugrunde
K Experten betrachten die Klasse als Ganzes und interpretieren, was sie beobachten während Anfänger
eher auf einzelne Schüler fokussiert sind und mehr beschreiben, was sie beobachten
K so genannte „curriculum scripts“ (= im Bewusstsein von Lehrern vermutete „Drehbücher“ von
Unterrichtsepisoden als Teil des professionellen Wissens) als neue Forschungsgrundlage
Kognitionen, Emotionen und Motivation von Lehrern (Kapitel 7.3.2): Modell des Lehrens,
Handlungsziele, Allgemeine Zielorientierung, Pygmalioneffekt, Kausalattribution,
Bezugsnormorientierung, Professionellen Wissens, Diagnostische Kompetenz, Subjektive Theorien,
Motivation und Emotion, Berufszufriedenheit, Burnout, Lehrertraining
Ein Modell des Lehrens – grober Überblick
K motivationale Orientierung: Burnout, Handlungsziele,
Berufszufriedenheit etc.
K Wissen: Subjektive Theorien, Professionelles Wissen etc.
K kognitive Kompetenz: Diagnostische Kompetenz,
Bezugsnormorientierung etc.
Handlungsziele
K Diskrepanz zwischen von Lehrern geäußerten Zielen und ihrem Verhalten
Chinesische und deutsche Lehrer (W.C. Wong, 1996)
Chinesische Lehrer
deutsche Lehrer
1. Achtung und Toleranz gegenüber der
TOP 3 1. Ehrlichkeit
2. Verantwortungsbewusstsein
Lebensweise und den Überzeugungen anderer
3. Vaterlandsliebe…
2. Gerechtigkeit
3. Verantwortungsbewusstsein
36.sich dem Dienst am Volk widmen
least 3 36.Kritikvermögen
37.Rücksicht auf andere nehmen 37.Vaterlandsliebe
38.Einklang mit der Natur
38.sich für den Aufbau der Nation engagieren
nicht kontrolliert auf Variable „Selbstverständlichkeit“(■ Toleranz in asiatischer Kultur), die nicht
im Unterricht vermittelt werden müssen (Danke Sebi ;))
erhebliche Varianzen in den Zielen und Werten innerhalb der Lehrerpopulation
Allgemeine Zielorientierung und konkretes Handeln
Chinesische und deutsche Lehrer (W.C. Wong, 1996)
K Wichtigkeit von Zielen und Häufigkeit der Versuche der Erreichung dessen korrelieren zu -.72
mit zunehmender Wichtigkeit wächst die Gefahr, dass Ziele auf einem so hohen
Allgemeinheitsniveau beschrieben werden, dass man sie im alltäglichen Handeln kaum noch
wieder findet (gilt auch wenn Handlungsmaßnahmen dafür bekannt)
Gründe: Konflikt mit anderen Zielen, deren Lösung vordringlicher erscheinen
(■ Bewältigung von Disziplin- und Mitarbeiterproblemen)
29
Erwartungen von Lehrern: Der Pygmalioneffekt
Modell des Lehrerhandelns (Hofe & Dobrick)
K Grundlage ist Schülerverhalten, über das Lehrer eine „naive
Theorie“ haben und damit das Verhalten entsprechend
wahrnehmen
Pygmalioneffekt
= Erwartung, die die Tendenz hat sich selbst zu bewahrheiten,
indem sie eigenes und fremdes Verhalten (unbemerkt) so
beeinflusst, dass am Ende das geschieht, was man erwartet
hat (self-fulfilling prophecy)
K Erklärung: Erwartungen werden in subtiler Weise an den
Schüler übermittelt über
a) sozioemotionale Unterstützung (mehr), Rückmeldung
(genauer, mehr), Stoffvermittlung (mehr, schwieriger) und
Antwort-/Fragegelegenheiten (mehr)
→ wirken auf Lehrintensität (Art der Wirkung) und damit
auf Leistungsunterschiede
b) Attributionen (→ siehe unten: Kausalattribution)
Versuchsleitereffekt: Studenten und Ratten (Rosenthal)
K Studenten wurden „intelligente“ vs. „dumme“ Ratten (real: gleich intelligent) zum Testen gegeben
obwohl objektiv gleiche Intelligenz, werden die Leistungen konform bewertet („intelligente“ waren
signifikant besser als „dumme“ Ratten)
!!! auch für Lehrererwartungen nachgewiesen (Rosenthal und Jacobson, 1968)
K gesicherter Effekt, der umso stärker ist, je weniger gut die Lehrer die Schüler vorher kennen
Kausalattribution
Klassifikationsschema zu Ursachen von Erfolg und Misserfolg (Weiner, 1975)
Lokalisation der Ursache
internal
external
Fähigkeit
Aufgabenschwierigkeit
Veränderlichkeit zeitstabil
über die Zeit
zeitvariabel Anstrengung Zufall
K Zeitstabilität beeinflusst die Erwartungsbildung
→ Lehrererwartungen künftiger Leistungen des Schülers richten sich danach, ob der Lehrer
zeitstabile Ursachen (■ Begabung, häusliches Milieu) vermutet oder nicht
K Lokalisation beeinflusst die Selbstbewertung nach Erfolg/Misserfolg
→ Rückmeldung auf das Schülerverhalten (Lob/Tadel) hängt davon ab, ob zugeschriebene Ursache
nach Ansicht des Lehrers durch den Schüler gesteuert werden kann (■ Anstrengung) oder nicht
Ursachenerklärungen als wichtiges Vermittlungsglied zwischen Wahrnehmung einer bestimmten
Schülerleistung und Reaktionen des Lehrers auf diese Leistung (Erwartungsbildung,
Sanktionierung)
!!! Lehrerattributionen beeinflussen Schülerattributionen und damit auch die Lernmotivation
K mittlerweile Kategoriesysteme mit 30 Kausalfaktoren, die die Lehrer bei der Erklärung von
Schülerleistung heranziehen
Ursachenerklärungen
K aktuelle sowie die erwartete Leistung wird von Lehrern auf allgemeine geistige Fähigkeiten und
Begabung zurückgeführt (internale Faktoren)
K Sanktionierungen setzen Lehrer dann ein (unbewusst), wenn sie das Gefühl haben, dass sie die
Arbeitshaltung (Motivation) steigern wollen sowie dass Interesse des Schüles „wecken“ wollen
Lehrer bestrafen kaum für schlechte Leistung
Bezugsnormorientierung (→ siehe 3a) 4. Selbstkonzept (SK) und Lernen)
K als Ursache für Attributionsunterschiede zwischen Lehrern
30
Kategorien professionellen Wissens (W)
fachliches W = alle Wissensbestände, die sich auf zu unterrichtendes Schulfach beziehen
Curriculares W = Lerninhalte bilden eigenen Kanon von Wissen
■ Matheunterricht enthält stark reduzierte Ansammlung fachmathemat. Kenntnisse
Philosophie des = epistemologische Überzeugung der Lehrer
Schulfachs ■ Mathe als „Operieren mit definierter Sprache“ vs. „Werkzeug zur
Wirklichkeitsbeschreibung“
Allgemeines = Wissen, dass unabhängig von den Fächern für die Optimierung von Lehr-LernSituationen wichtig ist
pädagogisches
W ■ Umgang mit Problemfällen
fachspezifisches = fachbezogene Gestaltung des Unterrichts
pädag.. W
Diagnostische Kompetenz
= gemessen an Grad der Übereinstimmung des Lehrerurteils (Vorhersage eines Testergebnisses) mit dem
tatsächlichen Testergebnis
☺ positives Bild von Beurteilungsfähigkeit erfahrener Lehrer
unberücksichtigt bei diesem Verfahren bleiben ■ Lehrerwahrnehmung der individuellen
Fehlvorstellungen, Verständnisschwierigkeiten einzelner Schüler, etc. als Teil der diagn. Kompetenz
→ Lehrer mit Erfahrung nehmen Klasse als Ganzes wahr und nicht unbedingt einzelne Schüler
Subjektive Theorien (≈naive Theorien)
= Kognitionen, die Handlungen leiten und/oder rechtfertigen
K Grundidee: handelndes Subjekt stützt sich auf Annahmen/Beobachtungen, die man in Analogie zu
wissenschaftlichen Theorien beschreiben kann
→ Forschung: Rekonstruktion dieser „Hintergrundannahmen“, also von Äußerungen der Lehrer auf
überdauernde individuelle kognitive Strukturen schließen
„Doppelgänger“-Strategie (Wahl et al., 1983)
K Person A werden Unterrichtsepisoden mit Schülerverhalten
vorgespielt und er soll vorhersagen wie Person B darauf reagiert
(unter verschiedenen Bedingungen → siehe ABB)
K umso mehr Infos Person A über Person Bs Kognitionen etc.
hatte, desto akkurater Verhaltensvorhersagen durch erstere
!!! waren Gedanken bekannt (letztes +), so verringerte sich die
Vorhersage um 8% für disziplinthematische Kontexte
(Störungssituationen durch Schüler)
Grund: beim raschen Reagieren in auffälligen oder als problematisch erlebten Situationen sind die
realen Prozesse der Handlungsauswahl nur sehr schwer introspektiv zugänglich
→ Person B hatte beim Erstellen der Gedankenauswahl Zeit zum reflektieren und
abwägen, reagierte aber in der Stresssituation anders
reflexives Subjektmodell bildet das tatsächliche Geschehen nicht gut ab
☺ routiniertes Handeln wichtig zur Reduktion der kognitiven Belastungen
K Lehrer gruppieren Schüler in Typen die unterschiedliche Strategiemuster zur Folge haben und damit
über handlungsleitende Kognitionen das Verhalten beeinflussen (■ Extravertierte werden eher
unterstützt als Introvertierte, die oft „links liegen“ gelassen werden)
Motivationale und emotionale Bedingungen des Lehrerhandelns
Motivation
K Theorie der gelernten Hilflosigkeit: Lehrer schaffen es nicht Schüler zu motivieren trotz
Enthusiasmus
Mangel auf eigene Fähigkeit zurückgeführt
!!! beeinträchtigt Motivation des Lehrers nur, wenn dieser an Handlungsziel festhält
hochgesteckte Ziele können zweischneidig sein, insofern als sie eher zu Burnout und anhaltender
Motivationsreduktion führen
Ergebnislosigkeit: kein direktes Feedback in Schule bzw. spätes Feedback und damit weniger
Motivation, weniger klare Gütemaßstäbe
Erfolge schlecht auf Person attribuierbar
Leistungsmotiv schlecht in Schule umzusetzen
31
K Dimensionen schulbezogener Lehrerziele
1) Allgemeinbildung vs. Spezialisierung
2) Pädagoge vs. Fachwissenschaftler
3) Veränderungsbereitschaft vs. negative Reformeinstellung
4) Berufung vs. Job
Kognition und Emotion: zwei interagierende Steuerungssysteme
K Emotion in Situation hängt von Interpretation ab, wobei schnelle zwischenhirngesteuerte Reaktion
(Emotion) auf eine Bedrohung kann nachfolgend durch eine cortexbetriebene genauere Analyse
(Kognition) gestützt/verändert werden
→ Interaktion: auch emotionaler Zustand kann Kognition beeinflussen
K Einflüsse von Emotionen auf: Aufmerksamkeit des Lehrers, die Infoverarbeitung im Gedächtnis, die
Auswahl bestimmter Attributionen, Motivation von Lehrkräften etc.
K Positive Lehreremotionen treten besonders dann auf, wenn die didaktischen Bemühungen bestätigt
werden (■ schwacher Schüler kann motiviert werden und verbessert sich)
K Negative Lehreremotionen
1. Ärger – Bedingungen für Ärger bei Lehrern (nach Hofer, 1985)
K objektive Gegebenheiten (■ Schüler, Schulbesonderheiten)
K Ereignisinterpretation (beabsichtigt, vermeidbar, …)
K eigene Standards/Erwartungswerte, die der Lehrer für verbindlich und erreichbar hält
K dispositionelle „Ärgerbereitschaft“
2. Angst - ■ Versagens- oder Konfliktangst
!!! Großteil geht auf Tatsache zurück, dass Lehrer die vielfältigen Anforderungen an ihre Tätigkeit
nicht in befriedigendem Ausmaß erfüllen können, da diese widersprüchlich sind (■ Lehrer als
„Selektionsagent“ und als „Entwicklungsförderer“) oder einfach zu vielfältig (■ Zeitverteilung im
Unterricht (Terhart, 1997): 50% Unterricht, 20% Strukturierung Schülerverhalten, 15%
Disziplinieren, 12% andere Aktivitäten)
!!! weiterer Teil überschreitet schlicht die Lehrerkompetenz (■ extreme Gewalt, ethnische Konflikte)
Berufszufriedenheit
Berufsbiographische Entwicklungsverläufe bei Lehrern (Hubermann, 1989)
K nach Berufseinstieg erfolgt nach 4-6 Jahren eine durch
Routine bestimmte Stabilisierung
K 3. Phase:
K im positiven Fall (Erfolge) erfolgt auf Basis der
gewonnen Sicherheit ein Experimentieren um
individuelle Unterrichtsstrategien zu finden
→ führt mit hoher Wahrscheinlichkeit in 4. Phase zu
souveräner Haltung ggü. Beruf (19.-31- Berufsjahr)
→ Folge: Gelassenheit
K im negativem Fall (Misserfolge) erfolgt eine von
Selbstzweifeln geprägte Neubewertung
→ führt mit hoher Wahrscheinlichkeit in 4. Phase zu
einer pessimistischen Einstellung ggü. Beruf
→ Folge: Verbitterung
K Lehrer sind mit Beruf insgesamt zufrieden, wobei die Berufszufriedenheit vor allem durch den
Arbeitsinhalt bestimmt ist (also relativ unabhängig von äußeren Faktoren wie Bezahlung)
→ Tendenz steigend
Grund: hohe „Drop out“-Quote
nur „Survivals“ werden befragt: in Deutschland erreichen nur
20% das reguläre Pensionsalter)
K Stress: nur negativ, wenn berufliche Tätigkeit über eine längere Zeit als schwere Belastung empfunden
wird, meist verursacht durch „daily hassels“ (Nichtigkeiten)
32
Burnout (und berufsbezogene Belastung)
= Erschöpfung, die durch lang anhaltende berufliche Belastungen entsteht
K umfasst emotionale Erschöpfung, Gefühl verminderter Leistungsfähigkeit, Unzufriedenheit mit eigener
beruflicher Leistung und die Entwicklung einer negativen, teilweise zynischen Einstellung gegenüber
den Personen, für die man beruflich verantwortlich ist oder mit denen man kooperieren muss
K mehr als ¼ der Lehrer haben Burnout-Symptome
Typen von Lehrern (Schaarschmidt et al., 2000)
K Reaktionstyp Gesundheit (berufliches Erfolgserleben, hohe Distanzierungsfähigkeit): ~ 13 %
Reaktionstyp Schonung (geringes berufliches Engagement, hohe Distanzierungsf.): ~ 20 %
Risikotyp A (hohes Engagement, geringe berufliche Distanzierungsf., wenig innere Ruhe): ~ 30 %
Risikotyp Burnout (geringes Engagement, wenig Erfolgserleben, Resignationstendenz): ~ 30 %
K RisikotypBurnout sind mehr Frauen als Männer (41% vs. 25%)
K Risikotyp Burnout findet sich bevorzugt an Haupt- und Gesamtschulen; Risikotyp A findet sich
häufiger an Grundschulen und Gymnasien
Gründe für hohe Burnout-Quote
K bereits bei Lehramtsstudenten gehören 25% zum Risikotyp Burnout und weisen eine geringere
psychische Belastbarkeit auf (ggü. Studierenden anderer Studiengänge)
→ Selbstselektion
K leichter Zugang: „Hauptsache etwas in der Tasche – Studium“
K Lehrer als einziges Berufsbild, was gut „bekannt“ vgl. mit anderen Berufen
K unreale Ziele während Studium
Praxisschock
K Ergebnislosigkeit: kein direktes Feedback bzw. spätes Feedback und damit weniger Motivation,
weniger klare Gütemaßstäbe
Erfolge schlecht auf Person attribuierbar
Leistungsmotiv schlecht in Schule umzusetzen
K inkompatible Ziele (Schülerselektion vs. Ziel der Förderung jedes Schülers)
K viele Verwaltungsaufgaben
☺ 90% geben an sie seien überbeansprucht und gleichzeitig sind ¾ zufrieden mit ihrem Beruf ☺
→ Grund: extreme Erfahrung = viele sehr positive (■ sicherer Beruf, Frontberuf*, Kinder) & negative
*relativ viel Freiheit, ■ eigenständige Planung des Unterrichts etc.
Lehrertraining zur …
…Bewältigung von Belastungssituationen
☺ signifikante Verringerung des Risikotyps „Burnout“ und eine Zunahmen des Reaktionstyps
„Gesundheit“
!!! wenn Bewältigung von Belastungssituationen durch Stellenwertverringerung der Schule gegenüber
anderen Lebensbereichen
Gefahr der Verringerung des Lehrerengagements und damit Anstieg des Reaktionstyps
„Schonung“
…Förderung der sozialen Handlungskompetenz
☺ breites Angebot basierend auf gruppendynamischen Trainings, wie „T-Gruppen“, „EncounterGruppen“ oder „partnerorientiertes demokratisches Konfliktlösen“
Effekte schwer zu beurteilen, da kaum Studien
während Unterricht sind erlernte Kompetenzen schwer anzuwenden, auf Grund von ■ Druck den
Unterrichtsstoff zu schaffen vs. demokratisch diskutieren
…Förderung der Unterrichtskompetenz
K Münchner Lehrertraining (Havers, 1998)
K Themenschwerpunkte sind
a) Einüben sozialer Kompetenzen für den Umgang mit Disziplinschwierigkeiten im Unterricht
durch ■ Rollenspiele und Viedeofeedback
b) Reflexion der persönlichen Vorstellungen vom Lehrerberuf durch ■ Verfassen einer
pädagogischen Autobiographie oder Collage zum Thema „Ich und mein Beruf“
☺ Training hat positive Langzeitwirkung
K Content-Focused Coaching (F.Staub & L. West)
= Lehrer werden von Coachs im Unterricht beobachtet um hinterher unterrichtsmethodische
Vorschläge mit ihnen zu diskutieren
33
Pädagogische Interaktion als wechselseitige Beeinflussung: Verhaltensforschung,
Instruktionspsychologie, Aptitude-Treatment-Interkation
Verhaltensforschung
K Kategoriesysteme
Mathematikunterricht im Ländervergleich (TIMSS, nach Baumert)
K Japan mehr Schüleraktion (Entwicklung alternativer Lösungswege) und mehr Problemlöse/denkaufgaben als Deutschland und USA (40% vs. 10% der Arbeitszeit im Unterricht)
K Sequenzanalysen (Antwort von Herrn Noack)
= Verfahren zur Prüfung von Übergangswahrscheinlichkeiten zwischen Messpunkten
■ „…wenn Sie sich eine Interaktion von Personen vorstellen und die Beiträge sind so kodiert, dass
jeweils das Verhalten von Person 1 - Person 2 - Person 1 -... aufeinander folgt, dann ist die Frage,
die z.B. beantwortet werden kann, ob ein bestimmtes Verhalten X als Reaktion des Partners ein
Verhalten Y (signifikant) wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher macht.
Dazu wird die sog. Baseline-Wahrscheinlichkeit (= die relative Häufigkeit, mit der Y überhaupt
auftritt) in Relation gesetzt zur bedingten Auftretenswahrscheinlichkeit von Y, wenn x vorangeht.
Dazu gibt es dann eine Teststatistik. In dem Fall spricht man von „lag 1“ (direkte Abfolge).
Dasselbe geht natürlich auch bei größeren Abständen (z.B. „lag 2“ = vorhersage bzgl. der
übernächsten Verhaltensweise)
K Übergangswahrscheinlichkeit von einem Verhalten auf ein Folgeverhalten wird geschätzt
beim Aufrufen/Ansprechen durch den Lehrer steigt die Muskelspannung und der Puls sowohl bei
Hoch- als auch bei Niedrigängstlichen; Niedrigängstliche kommen schneller wieder auf ihre
Baseline (Marshall)
Hypothetischer Konflikt für Lehrer
K „Zentralkonflikte“ in Augen der Lehrer sind Schwänzen, Müdigkeit etc.
→ Unterbinden dieser Verhaltensweisen
K „Peripherkonflikte“ sind Vandalismus, Mobbing etc.
→ wird als nicht so schlimm empfunden (als „normales“ Verhalten von Schülern interpretiert)
durch Verhaltensanalysen konnten wichtige Infos herausgefunden werden, bezüglich der Ursache für
Verhalten sind jedoch andere Methoden sinnvoller (■ Instruktionspsychologie)
Instruktionspsychologie (als Forschungsansatz)
= Psychologie des Lernens in (zu diesem Zweck hergestellten) Lehr- Lernsituationen
= Forschungsrichtung, die Diversität von Schüler- und Lehrermerkmalen betont und deren spezifische
Wechselwirkungen fokussiert
K Ursprung: verhaltenspsychologische Ansätze zur Entwicklung von Selbstlernmaterialien im Rahmen
des programmierten und computeruntersützten Unterrichts
K Weiterentwicklung durch
K kognitionspsychologische Ansätze („glass box“ statt „black box“; meaningful learning bzw.
Aufbau von Wissensstrukturen) und
K konstruktivistische Ansätze (Befähigung zu selbständigem Lernen, Aufbau heuristischer
Kompetenzen)
Gegenstand von Instruktionspsychologie-Theorien
1. Lehrzieldefinition, Lehrstoffanalyse: Beschreibung von Soll-Zustand bzgl. Wissensgebiet
2. Analyse von Lehrvoraussetzungen: Beschreibung zielrelevanter Ist-Zustände vor Instruktion
3. Analyse des Lernprozesses: Explikation des Ist-Soll-Übergangsprozesses
4. Instruktionsdesign: Spezifikation der förderlichen Instruktionsbedingungen
→ Lehrfunktionen, Lehr-Lernschritte, tec.
5. Mess- und Evaluationsvorschriften: Spezifikation von Beurteilungsverfahren für Lernerfolg und
weiterer Effekte
Lehrfunktionen (Klauer, 1873, 1985)
1. Der Lernende muss motiviert sein
2. die zu lernenden Infos müssen verfügbar sein und aufgenommen
3. sowie verarbeitet und verstanden werden
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4. sie müssen gespeichert werden und ihr Abruf
5. sowie ihre Anwendung und Transfer auf andere Sachverhalte müssen trainiert werden
6. der gesamte Prozess des Lernens ist zu überprüfen und zu steuern
Lehr-Lernschritte (Gagné, 1985)
a) Aufmerksamkeit der Lernenden gewinnen
b) Lernende über das Ziel der Unterrichts- oder Ausbildungseinheit informieren
c) relevantes Vorwissen aktivieren
d) den Lehrstoff mit Hinweis auf bedeutsame Eigenschaften präzisieren
e) den Lernprozess anleiten
f) die Lernenden das im Lehrziel geforderte Verhalten ausführen lassen
g) die Lernenden über die Richtigkeit des Verhaltens informieren und ggf. d)-f) wiederholen
h) die Leistung der Lernenden abschließend beurteilen
i) das behalten und den Transfer des Gelernten unterstützten durch weiteres Üben, insbesondere auch in
wechselnden Kontexten
Aptitude (Begabung) – Treatment – Interaktion (Beispielbefunde)
= Sammelbegriff für alle möglichen Lehrer-Schüler-Interaktionen, die auftreten
strukturierter, lehrerzentrierter VS
Unsicherheit, Angst, Leistungsstärke, Leistungs- &
X
offener Unterricht
Machtmotivation, unkritisch-dogmatisch
■ unsichere/ängstliche Schüler sind bei strukturiertem Unterricht besser, da sie sich bei offenem
nicht trauen, sich einzubringen
darbietend-deduktiver VS
Unsicherheit, Angst Leistungsstärke, Alter, Intelligenz
X
entdeckend-induktiver Unterricht
■ umso älter/intelligenter/leistungsstärker die Schüler, desto fruchtbarer entdeckend-induktiver Stil
verteiltes VS massiertes Lernen X Alter, Intelligenz
■ verteiltes Lernen für jüngere und kognitiv nicht so fitte Schüler besser
individuelle VS soziale Bezugsnorm X Alter, Intelligenz, Leistungsmotivation
■ individuelle Norm besser für ältere, leistungsschwächere Schüler oder wenig Leistungsmotivierte
Texthören VS -lesen X Alter, Lesefähigkeit
■ jüngere Schüler besseres Verständnis, wenn Text gehört
☺ Bewusstseinschärfung für diffizile Interaktionen
☺ gewissen Anhaltspunkte konnten fokussiert werden und damit der Suchraum eingeschränkt werden
Mädchen und Technik (Ergebnisse einer Intervention)
K obwohl keine Diskriminierung bzgl. Technik, gibt es schon früh
Unterschiede bzgl. der Berufswahl
K Studie: Wochenendseminar mit Förderung des praktischen Nutzens von
Technik und Naturwissenschaft (UV) und Feststellen der Absicht einen
naturwissenschaftlich-technischen Beruf zu ergreifen vor und nach der
Intervention (AV, y-Achse)
K Jungen (---) immer tendenziell steigend (mehr Interesse mit Alter)
K Mädchen (. .) in KG abfallende und in EG steigende Tendenz
ATI-Effekt der Interaktion (Mädchen profitieren, Jungen nicht)
getrennte Klassen nein, aber differenziellere Behandlung innerhalb der Klassen
Gießkanneneffekt (jedem das Gleiche) ist kontraproduktiv
35
Wechselwirkungen in der pädagogischen Interaktion: „Modell“ Lehrer/Lerner in der pädagogischen
Interaktion, Lob-Paradox
„Modell“ Lehrer/Lerner in der pädagogischen Interaktion
K kognitive Personenmerkmale (■ Intelligenz) und
emotional-motivationale Personenmerkmale (■
Anstrengung)
K aktuelle sowie die erwartete Leistung wird von Lehrern
auf kognitive Personenmerkmale zurückgeführt
(internale Faktoren)
K Sanktionierungen setzen Lehrer dann ein (unbewusst),
wenn sie das Gefühl haben, dass sie die emotionalmotivationale Personenmerkmale steigern sowie dass
Interesse des Schüles „wecken“ wollen
Lehrer bestrafen kaum für schlechte Leistung
Lob-Paradox
K Verhalten der Lehrer wird von Schülern interindividuell unterschiedlich interpretiert
■ Lob wirkt bei jungen Schülern anstrengungsfördernd, während es bei älteren tendenziell den
umgekehrten Effekte hat („gelobt werden nur Babys“)
■ viel Lob wirkt tendenziell auf wenig begabte Schüler negativ, das sie Lob mit schlechter Leistung
verbinden (Lob „nötig haben“ als Motivation)
Schule, Lehren, Lernen – 3c) Schule als Kontext
3c) Schule als Kontext (Auszüge aus Kapitel 10.3): Allgemeine Merkmale, Räumlich-physikalische
Merkmale, Organisatorische Merkmale, Definition „gute Schulen“, Schulklima, SchoolEffectiveness, Produktivitätsfaktoren der Schulleistung
Allgemeine Merkmale und Funktionen
K hier: „Lernen“ weiter gefasst als nur kognitiv
→ psychosoziale Entwicklung, „heimlicher“ Lehrplan (Schule als soziale Situation mit informellen
Lernprozessen) etc.
K Schulen in Deutschland: koedukativ (♀&♂), leistungsorientiert und altersgradiert (Klassenstufen)
K Schule geprägt von „Universalismus“ und nicht „Partikularismus“
Universalismus ■ Schule
Partikularismus ■ Familie
Beziehungen…
…betonen das Allgemeine, Ganze
…betonen das Besondere, Einzelne
…beruhen auf Regeln und Pflichten
…beruhen auf Liebe und Verständnis
…funktionieren nach expliziten Regeln
…funktionieren nach impliziten Regeln
…sprechen eine Rolle/Teil der Person an …sprechen die ganze Person an
…sind kurz- oder mittelfristig
…sind langfristig
Handlungen werden nach ihrem
Handlungen werden nach den dahinter
Ergebnis beurteilt
stehenden Absichten beurteilt
Übergang von Familie zu Schule deutlich erleichtert durch Kitas und „familienähnliche“ Schulen
→ umso größer Diskrepanz, desto schwieriger ist der Übergang und die Anpassung
Funktionen
K didaktisch-methodische Aufgabe (Organisation von Lernprozessen, Stoffvermittlung, Förderung
intellektueller Fähigkeiten)
K erzieherische Aufgabe (Förderung der Persönlichkeitsentwicklung, Sozialisation, Erziehung mündiger
Staatsbürger)
K Selektion und Platzierung
→ widerspricht Partikularismus in Familie
36
Räumlich-physikalische Merkmale
K Ziel: Aufgabendurchführung im Unterricht erleichtern
hohe laufende Kosten
Verringerung der Sachkosten
Schulen materiell teils dürftig
ausgestattet
Kostenverlagerung auf Eltern (Arbeitshefte kaufen statt Bücher geliehen)
Vandalismus (Flade)
K Schadensmenge: umso mehr Ich-Identifikationsmöglichkeiten (wohnungsähnlich Innenräume, feste
Klassenzimmer) und umso gepflegter/neuer die Schule, desto weniger Schaden wird angerichtet
(quantitativ)
K Schadensschwere: umso mehr kontrolliert wird (Lehrer und Schüler), desto weniger schwer sind die
Schäden (qualitativ)
Sitzarrangement im Klassenzimmer
K umso weiter vorne sitzen, desto bessere Leistungen werden erbracht
→ Gründe: Selbstselektierung und bessere Förderung durch Lehrer möglich
K günstig: variable Stühle, die in Abhängigkeit des Unterrichts optimal arrangiert werden können
Organisatorische Merkmale
Koedukation
K Mädchen orientieren sich an Älteren und übernehmen deren Verhaltensweisen
Bestrafung fällt härter aus als bei Jungen
in monoedukativen Schulen kein Effekt
Schulwechsel und Selbstwertgefühl (Simmons et al., 1987)
K Mädchen: Schulwechsel in 6. und 9. Klasse hat ein geringeres Selbstwertgefühl zur Folge als
Wechsel nur in 8. Klasse (vs. Jungen: keinen Unterschied)
→ Grund: mehrere Entwicklungsaufgaben müssen auf einmal erledigt werden (Pubertät und
soziales Netzwerk)
Schulgröße
K klein → Verantwortung für schulische Angelegenheiten, soziale Kompetenz gefördert, etc.
K groß → vielfältiger, „kritische Masse“ kann sich besser entwickeln, etc.
am besten, wenn vielfältig und persönlich
Schulklasse
K kein Unterschied in Leistung zwischen großer und kleiner Klassenstärke
Thüringer Kompetenztest (2004/2005)
K positive Korrelationen in 3. (.2) und 6. (.4) Klasse gefunden zwischen Klassengröße & Leistung
6. Klasse: wenn Realschüler (kleinere Klassen, schlechtere Leistung) und Gymnasiasten
(größere Klassen, bessere Leistung) in Analyse getrennt betrachtet
Wegmittelung des
Effektes
3. Klasse: ? → vielleicht viel Frontalunterricht (Größe egal) vs. Gruppenarbeit (kleine besser)
Kostenfaktor für kleine Schulklassen ist enorm
3-Teilung vs. Gesamtschule
PISA: Reproduktion sozialer Unterschiede vollzieht sich in Bundesländern mit hohem
Gesamtschulanteil in gleichem Unfang wie in Ländern, die stärker am traditionell gegliederten System
festhalten
Definition „Gute Schulen“
K nach Steinberg (1993)
☺ Betonung intellektueller Aktivitäten („klug sein ist cool“)
☺ Lehrer, die Verpflichtung spüren und umsetzen (hohe Motivation)
☺ guter Unterricht (→ siehe oben)
☺ konstante (Selbst-) Kontrolle (Selbstevaluation durch ■ Schüler)
☺ Einbindung ins Umfeld (Kooperationen mit Sportvereinen, Nähe zu Eltern etc.)
K nach Haenisch (1989) – Merkmale im Spiegel der Forschung
K Die Schule steht zu ihren Schülern
= optimistische Erwartungen, Interesse, Ernstnehmen, Selbstverpflichtung für Leistungsergebnisse
K In der Schule klappt die Zusammenarbeit zwischen den Lehrern
= didaktisch-methodischer Konsens, Abstimmung untereinander, informelles Zusammenwachsen
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K Schüler sind mit Schule identifiziert
= Gefühl, einer Gemeinschaft anzugehören
K Schule ist zielorientiert in curricularen Aktivitäten
= akzentuierter & anerkannter Leistungsanspruch, Betonung grundlegender Fähig-/Fertigkeiten,
aber nicht rigide, sondern transparent, mit Erfolgserlebnissen für Leistungsschwächere
K Stabilität und Kontinuität des Kollegiums
= wenig Fluktuation, Ausfall- / Vertretungsstunden
K ”Artikulation” des Curriculums in Schule
= Lehrplan nicht als Pflichtübung, sondern Schulprogramm mit Leben gefüllt
K Schulinterne Maßnahmen zur Fortbildung des Kollegiums
= Schule als ”lernende Organisation”
K Modellfunktion auch in formalen Aspekten
= z.B. pünktlicher Unterrichtsbeginn und –schluss
Mesoebene: Konzept und Bedeutung des Schulklimas
= Wahrnehmung und Bewertung der Schulumwelt durch alle an ihr Beteiligten
K zielt eigentlich auf Mesoebene ab (■ Variablen: Anzahl freiwilliger AGs, Anzahl Schulfeste,
Konfliktregulation etc.) wird aber häufig als das durchschnittliche Klassenklima an einer Schule
verstanden
K Fachleistungen, die durch Variablen des Klassenklimas erklärt werden (bis zu 50% nach Walberg,
1976) beziehen sich nur auf Erklärung von Unterschieden zwischen Klassen/Schulen und nicht auf die
Variabilität auf der Ebene der individuellen Schülerleistungen
→ aber auch deutliche Effekte der Unterrichtsführung auf die Leistungsentwicklung
Veränderungen auf der Mesoebene können Prozesse auf der Mikroebene begünstigen
■ Lehrer, die schlechten Unterricht machen fehlt es vielfach an direkter und indirekter Unterstützung
durch Kollegen und Schulleitung und meist nicht an Ideen oder der didaktischen Kompetenz
Schulklima und Schülermerkmale
K Leistungsdruck korreliert + mit Angst
- Erfolgszuversicht
Variablen des Schulklimas
- Selbstwertgefühl
klären zwischen 10 bis 30%
K Anpassungsdruck korreliert + Schulverdrossenheit
Varianz an Schülermerkmalen
- Partizipation
auf (Leis
K Qualität Sozialbeziehungen korreliert + Konfliktbewältigung
- Schulverdrossenheit
subjektive Berichte der Umwelt ist mehr von Person als „objektiver“ Umwelt abhängig
„reflektierte“ Umwelt
☺ Lösung: Mehrebeneanalysen
School-Effectiveness-Forschung
= pragmatische Ausrichtung auf aufklärungsstarke Prädiktoren (nicht auf Verständnis psychologischer
oder institutioneller Mechanismen) zumeist leistungs-/kognitiv orientierte AVs
→ mit anderen Worten: Ergebnisse geben nur einen groben Einblick bzgl. Variablen, die nennenswert
Varianz aufklären
→ Betonung liegt auf „Mechanismen“ (vs. Prädiktoren)
wirksame Prozesse, die hinter so einer Vorhersage stehen, werden so nicht aufgedeckt
Lernprozesse/-ergebnisse lassen sich effektiver durch Einwirken auf proximale Variablen verbessern
(= solche, die sich direkt auf den Unterricht beziehen, wie ■ Ganztagsschulen) als auf distale (■
politisch/schulorganisatorisch)
38
Produktivitätsfaktoren der Schulleistung
Produktivitätsmodell (Walberg)
K für Produktivität einer Schule
sind im Wesentlichen neun
Faktoren verantwortlich, die in
drei Gruppen zusammengefasst
werden: Schülerkompetenz,
Unterrichtsvariablen und
psychologisches Umfeld
K makrostrukturelle Variablen
korrelieren niedriger als +/- .006
K ABB: mittlere Spalte ein Beispiel
und letzte Spalte Korrelationen
!!! könnte Bedeutung anderer Merkmale als partiell vermittelnde (und besser beeinflussbare) Variablen
oder im Rahmen von Interaktionseffekten unterschätzen (■ Schulkontext als Makrovariable)
Schule, Lehren, Lernen – 3d) Schule im Kontext
3d) Schule im Kontext (Auszüge aus Kapitel 10.3): Harte Faktoren, Weiche Faktoren, Weitere
Einflüsse, Stärke des makrostrukturellen Einflusses, Kulturvergleich in der Schulforschung,
Exosystem Familie, Lehrerbewertung von Elternkontrolle
Einflüsse durch harte Faktoren (ökonomisch, demographisch etc.)
a) Demographische Entwicklung
K Zahl der Einschulungen in Thüringen seit 1996 rapide abgenommen (von ca. 30.000 auf 15.000
Schüler pro Jahr) bis 2004
→ parallel: Schulschließungen während dieser Zeit um 350
b) Familienform
K Diversität wächst
c) Ethnographischer Faktor
Ausländeranteil Mannheim vs. Leipzig (Kracke, 1994)
K in Leipziger weniger Schulen mit Ausländern vs. Mannheim
Plateau bei 10 % Ausländeranteil (mehr als 10% gehen nicht mit mehr Toleranz einher)
Multi-Kulti-Entwicklung, die einerseits die soziale und politische Toleranz erhöht, andererseits
eine Herausforderung für die Lehrer dar stellt
K primäre Aufgabe für Kinder mit Migrationshintergrund: Sprache lernen
Einflüsse durch weiche Faktoren (Überzeugungen, Struktur, Organisation)
a) Organisation
K Thüringer Hochschulgesetz hat in erster Linie persönlichkeitsprägenden Ansatz und nicht
lehrenden
b) Kulturvergleich
K kollektivistisch vs. individualistisch
■ Ami-Land: obwohl schwarze Bevölkerung schlechtere Chancen verglichen mit weißen
Bevölkerung, ist der Anteil der Studierenden sehr hoch
Grund: in Ami-Land Möglichkeit sich hochzuarbeiten durch Familiensupport etc. vs. „Weiße
nutzen ihre Chance oft nicht“
c) Wertigkeit der Bildung
Einschätzung der Wichtigkeit der Matheleistung: eigene Einschätzung und vermutete Fremdurteile
im Kulturvergleich (TIMSS)
K eigene Einschätzung und vermutetes Urteil der Mutter lagen recht gleich hoch beieinander über
verschiedene Kulturen hinweg
K vermutete Einstellung der Peers wurde in Deutschland wesentlich schlechter eingeschätzt als in
den meisten anderen Ländern
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hohe vermutete Diskrepanz der Schüler zwischen der eigenen Einstellung der Wichtigkeit von
Mathe und der der Peers (negative Einstellung vermutet)
umso größer die Diskrepanz, desto niedriger ist der Wissenserwerb in diesem Fach
Weitere Einflüsse
K Politische Entwicklung
K durch ■ Wahlen werden Meinungen der Jugendlichen polarisiert und die Entfremdung zur Politik
steigt
punktuelle Ereignisse haben Einfluss auf Einstellung
makrostrukturelle Effekte können dadurch untersucht werden
K Einschulung in Thüringen
K Zahl der Einschulungen in Thüringen seit 1996 rapide abgenommen (von ca. 30.000 auf 15.000
Schüler pro Jahr) bis 2004
→ parallel: Schulschließungen während dieser Zeit um 350
Folge: kleinere Schulklassen auf dem Land vs. heterogene Klassen (Jahrgänge gemischt)
K Geld und Wissen
K bei öffentliche Ausgaben für Bildungseinrichtungen sowie für jährliche Ausgaben pro Schüler in
Grundschulen liegt Deutschland im Länder-Vergleich* im unteren Drittel
→ im Mittelfeld für weiterführende Schulen
K deutsche Lehrer gehören zu den am besten verdienenden im Länder-Vergleich
*Schweden, Frankreich, Schweiz, USA, Japan, Spanien, Niederlande etc.
K strukturelle Vergleichszahlen zu Bedingungen der Beschulung in 7 EU- Ländern und den USA
Stärke des makrostrukturellen Einflusses: TIMSS (Dritte Internationale Mathematik- und
Naturwissenschaftstudie)
K Argument widerlegt, dass internationale Studien per se „unfair“ seien, weil die Tests nicht die
nationalen Curricula abbilden
→ abhängige Variable „Schulleistung“ ist im internationalen Vergleich unabhängig von nationalen
Besonderheiten des Lehrplan
K makrostrukturelle Variablen eines Bildungssystems sind nicht bedeutungslos für den Lernerfolg
Vergleich mit Dritte Welt Ländern (Fuller et al., 1994)
K Deutschland: wissenschaftliche Labore und die Erhöhung der Lehrergehälter haben wenig Effekt
Dritte Welt: Steigerung der Schulleistung durch makrostrukturelle Variablen, wie
K Verlängerung der Gesamtunterrichtszeiten
K Bereitstellung von Lehrbüchern für alle Kinder
Notwendige Voraussetzungen nicht erfüllt
K Erhöhung der Ausbildungszeiten für Lehrer
in Deutschland schon
K Einrichtung von Schulbibliotheken
geringe Effekte weiterer Maßnahmen
K Schülerernährungsprogramme
40
makrostrukturelle Variablen schaffen notwendige Voraussetzungen, „verlieren“ jedoch dadurch mehr
und mehr ihre Einflussnahme auf den Lernerfolg
!!! Einrichtung von naturwissenschaftlichen Laboren, Reduktion der Klassenstärke, Erhöhung der
Lehrergehälter, einführen des Sitzenbleibens nur sinnvoll, wenn Lehrer fachlich geschult werden die
neuen Gegebenheiten effektiv zu nutzen und sinnvoll einzusetzen
Kulturvergleich in der Schulforschung (und auch sonst)
K Ziele sind einerseits auf das Testen der Generalisierbarkeit und andererseits die Identifikation
psychologisch wirksamer Variablen
Probleme dabei ist die Konfundierung von gruppenstiftenden und weiteren Merkmalen und die
Vergleichbarkeit von Variablen, Stichproben, etc.
☺ Strategien zur Lösung der Probleme
a) Berücksichtigung vieler Teilstichproben
■ Einfluss von Schulgröße auf Mathematikleistung im Vergleich mit allen Staaten liegt bei r =.41,
während die Korrelation im Vergleich mit den OECD Staaten nicht signifikant wird, also keine
statistischen Einfluss hat (Mitglieder der OECD Staaten sind hauptsächlich Industrieländer)
b) theoriegeleitete Stichprobenauswahl (Repräsentativität ↑)
■ Testen von individuellen vs. kollektiven Gesellschaften
Stichproben für …
… individuelle: USA, Großbritannien, Niederlande
… kollektive: Japan, Ägypten, Russland
■ Testen der Höhe der weiblichen Erwerbsquote
Quote …
… hoch in USA, Großbritannien, Russland
… niedrig in Ägypten, Niederlande, Japan
c) Auswertungsstrategien (■ unpeeling the onion)
= Regressionsanalytische Exploration von Nationenunterschieden
Antwort von Herrn Noack zum Verfahren „unpeeling the onion“ (geändert)
„…Die Idee ist folgende: Sie haben eine übergreifende
Prädiktorvariable (■ Nation) hinter der sich alle möglichen
Dinge verbergen (mit ihr konfundiert sind) wie ■ Sprache,
Werte, Geschichte, etc.. Dann führen Sie in eine
Regressionsanalyse unter psychologischer Perspektive
interessierende Variablen als Mediatoren ein, die Sie als
eigentlich wirksame Aspekte von Nation im gegebenen Fall
erachten (■ Werte: kollektivistische und individualistische
Werte). Damit versuchen sie sozusagen, die Varianzanteile, die
durch Nation gebunden sind teilweise oder weitgehend "weg zu
erklären" (aufzuklären). Nämlich, falls es eigentlich die
Werthaltungen sind, müsste die Varianzaufklärung durch Nation
in einer Regressionsanalyse (2) oder 3)) gegenüber der
ursprünglichen (1)) dann geringer werden, wenn Sie
Werthaltungen als Prädiktor in die Gleichung aufnehmen (2)). Gleichzeitig müssten die Werthaltungen
ihrerseits signifikant zur Aufklärung ihres Abhängigenmerkmals beitragen. So können sie Stück für
Stück versuchen empirisch aufzudecken, was eigentlich den Nationeneffekt ausmacht, sie ziehen die
"Schalen der Zwiebel Nation" nach und nach ab.
K ABB: 1) Einfache Regression E[„XYZ“│Nation]
2) Zweifache Regression (ohne Interaktion) E[„XYZ“│Nation, Werte]
3) Bedingte Regression (mit Interaktion) E[„XYZ“│Nation]
K Prozentzahlen zeigen an, wie viel Varianz durch die Nation aufgeklärt wird (sinkt von 1) zu 3))
K Modelle I:III = 12%:6% Varianzaufklärung → ca. ½ des Nationeneffekts durch Werthaltungen
vermittelt, da Varianzaufklärung durch Nation mit Zunahme des Prädiktors Werte sinken (Effekt
noch stärker bei Zulassung einer Interaktion der Prädiktoren)
d) Back translation
= Übersetzungen von Muttersprache in Fremdsprache und zurück
Konzepte herausfiltern um
diese übertragbar zu machen und damit eine eineindeutige Verständlichkeit zu (zwischen ■ der
Sprache) gewährleisten
41
e) Kontrolle von Antwortsets
= unterschiedliche Antworttendenzen in verschiedenen Ländern/Kulturen
■ Wessis kreuzen in Fragebogen moderater an, Ossis extremer (positiver und negativer)
☺ Lösung: individueller Mittelwert einer Kultur und die passende Gewichtung der „persönlichen
Extremheit“ bilden (z-Standardisierung)
„Exosystem“ Familie
Einflüsse der Eltern über ...
… SES
= Abhängigkeit der Leistung von Bildung der Eltern bedingt durch
1. Vererbung der Bildung
2. Fahrstuhleffekt (relativ zu Eltern schaffen es die Kinder immer ein bisschen weiter)
… allgemeine Sozialisation
= Eltern erziehen und beeinflussen Förderung der Persönlichkeitsentwicklung
… Kommunikation
= Eltern als Ansprechpartner für schulische Fragen
… Schulbezogene Ziele, Erwartungen, Aktivitäten
= Hilfe, Erwartungen als Grundlage/Ansporn ist höher bei Eltern mit hoher Bildung (■
Hausaufgabenkontrolle, Kontakt mit Schule)
Lehrerbewertung von Elternkontrolle
75% befürworten Kontrolle durch Eltern bzw. Anregungen seitens der Eltern ihrer Schüler
ABER!
84% fühlen sich nicht ausreichend ausgebildet und qualifiziert für Kontakte mit Eltern
80% hatten keine einzige Elternhospitation im letzten Jahr
70% machten keinen einzigen Hausbesuch im letzten Jahr
4. Lernen und Wissenserwerb jenseits von Schule
4a) Fort- und Weiterbildung: Erwachsenenbildung, Probleme, Gruppenentwicklungsphasen
Erwachsenenbildung: Hierarchie und Funktion
K teilt sich auf in
A Allgemeine Erwachsenenbildung und
B Berufliche Weiterbildung, die sich wiederum in
a) Fortbildung und (betrieblich und außer~)
b) Umschulung/Weiterbildung (betrieblich und außer~) einteilt
K Funktionen
K Nachholen formaler Bildungsabschlüsse (kompensatorische Funktion)
K Höherqualifikation für technischen Fortschritt
K Vorbereitung auf neue Arbeitsfelder
Probleme von Lernern in der Erwachsenenbildung
lange und komplexe Lerngeschichte
■ spezifische Einstellungen und Verhaltensweisen bzgl. Lernen
(subjektive) Modelle für Wissensanwendung im Alltag
■ Urteile über Wissen nach Praktikabilität für Praxis
Erreichte Position und Status als Teil der Identität
■ Verhaltenserwartung ggü. Anderen; A-/Symmetrie der Lehrer/Lerner-Beziehung ■ bzgl. Alter
(Lerner älter als Lehrer)
42
Gruppenentwicklungsphasen: Interaktion der Erwachsenenbildung (Perrez, Huber, Geißler, 2001)
1) Orientierung (Verunsicherung)
☺ begegnen mit Setzen von Strukturen
2) Differenzierung (Eindruck von Wer und Was)
☺ begegnen mit Abwarten, Hinhören
3) Arbeitsfähigkeit (Etablierung von Normen)
☺ begegnen mit moderieren statt leiten
4) Trennung (Leugnung, nachlassende Aktivitäten)
☺ begegnen mit klarer Steuerung und Strukturen für den Schluss bieten
4b) Selbstgesteuertes Lernen: Bedingung, Kognitive Aspekte
Bedingungen (Anwendung der Selbstbestimmungstheorie der Motivation von Deci & Ryan)
K Ausgangspunkt: 3 Grundbedürfnisse
K Bedürfnis nach Kompetenz
K Bedürfnis nach Selbstbestimmung
K erfüllt wenn 1) Aktivität „aus eigenen Antrieb“ heraus kommt und wenn 2) das eigene Selbst als
Ort der Handlungsursache wahrgenommen wird
K Folge ist besseres Lernen
K Bedürfnis nach befriedigenden Sozialkontakten
K weiterhin ist ein Autonomieerleben beim Lernen Erwachsener auf 3 Ebenen erforderlich
a) Ebene der Zielsetzung
b) – ″ – Lernkoordination
c) – ″ – Lernorganisation
Kognitive Aspekte
Kognitive Kompetenzen
(i.e.S.; Infoverarbeitung)
Metakognitive Kompetenzen
(Kontrollstrategien)
Ressourcenmanagement
Selbstbezogene Kognitionen
Implizite Lerntheorien
- (Auswendig-) Lernstrategien / Oberflächenlernen
- Elaboration / Tiefenlernen
- Planung
- Exekutive Kontrolle (Monitoring)
- Management interner Ressourcen
- Management externer Ressourcen
- Kontrollüberzeugungen/agency, Selbstwirksamkeit
- Selbstkonzept i.e.S. (genetisch, akademisch, domänenspezifisch)
- Stabilität des Lernpotentials (genetische Determiniertheit)
5. Anwendungsperspektiven
5a) Diagnostik und Evaluation: Diagnostik und Treatment, Standardisierte Tests, Schulleistung
Diagnostik und Treatment
K Diagnostik bezieht sich auf unterschiedliche Phasen des praktischen Vorgehens
a) Treatment-vorbereitende Diagnostik (Ausgangslage Ziel-/Methodenbestimmung)
b) Treatment-begleitende Diagnostik (Teilzielerreichung)
c) Treatment-abschließende Diagnostik (Zielerreichung, sonstige Folgen)
K Diagnostik hat unterschiedliche Gegenstände in Abhängigkeit vom Treatment
43
Standardisierte Tests
K Hintergrund: zumeist KTT (Hauptgütekriterien), selten fortgeschrittene statistische Grundlage, trotz
Existenz von elaborierten Methoden
Grund: wegen Wissensmangel oder Anwendbarkeit wenig genutzt
ABER
K Selbst hoch valide Tests sind in ihnen Ergebnissen abhängig vom Handlungszusammenhang
■ Tauglichkeit von Personen für Beruf
eingerahmt: Fehlertypen
K orange: Geeignete, die nicht genommen werden
K grün: nicht Geeignete, die genommen werden
nicht eingerahmt: „richtige“ Selektion
K gelb: Geeignete, die genommen werden
K lila: nicht Geeignete, die nicht genommen werden
umso höher/strenger Selektionsschwelle, desto höher Wahrscheinlichkeit, dass Geeignete nicht
genommen werden ( ) und desto niedriger Wahrscheinlichkeit, dass nicht Geeignete genommen
werden (☺)
Frage des Fokus und der Fragestellung
Testtypen
K Eignungstests
K Lernvoraussetzungstests (Schulreife, Intelligenz, spezifische Fähigkeiten/Defizite)
K Ausbildungseignungstests
K…
Schulleistung
K standardisierte Tests
K informelle Tests
über Gütekriterien, vor allem Validität wenig bekannt
K mündliche Tests
!!! Lehrer vs. Prof (sozialer Aspekt)
+ Güte der Tests wird überschätzt, wird dennoch als Optimum in Gesellschaft dargestellt um
Leistung zu erfassen
K Schulnoten bester Prädiktor, aber Wunsch nach Bewerbungsgesprächen groß
Aufwand zu groß
K Aufsatz/offene schriftliche Prüfungen
K Selbstbeurteilung
!!! wenn Kriterien klar bekannt, können Schüler/Studenten etc. ihre Leistung gut bewerten
5c) Beratung: Ziele und Allerlei, Sozialisationsinstanzen, Abgrenzung zu Erziehung, Beratung als
Prozess problembezogenen Handelns, Erforderliches Wissen
Ziele
K nah: Auslösung von Lernprozessen, die eine selbstständige Bewältigung aktueller/zukünftiger
Probleme fördern
K fern: Förderung der Persönlichkeitsentwicklung als Basis für zukünftige Problembewältigung
Anlässe
K psychische/soziale Destabilisierung
K Infobedarf
K Prävention
Handlungsformen/Methoden
K professionell (rational begründbar, normativ reflektiert)
K kurz (typischerweise 5-10 Kontakte)
K verbal (Gedankenaustausch, daneben: Diagnostik, Wissensvermittlung, Moderation)
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Bezugsebenen
K Einzelpersonen
K Gruppen
K Institutionen
Sozialisationsinstanzen und Beratung
Familie (primäre Sozialisation)
Schule (sekundäre Sozialisation)
Berufsausbildung (tertiäre Sozialisation)
Beruf (quartäre Sozialisation)
Erziehungs- und Familienberatung
Schulpsychologie
Studien- und Berufsberatung
Beratung und ausbildende Tätigkeiten im innerund außerbetrieblichen Bereich
Abgrenzung zu Erziehung, Unterricht, Therapie)
K Klient als Quelle der Ziele (Klient bestimmt Ziele)
K spezifische Ziele
K kurze Dauer
K Mündigkeit als Grundlage für Beratung (zu Beratender als Subjekt)
K moderate Intensität der Interaktion
K moderate Komplexität der Techniken
K prinzipiell freiwillige Teilnahme
Freiwilligkeit nicht immer gegeben, Grenzfälle sind ■ Kinder, Abtreibung
K Institutionelle Einbindung der Beratung in ■ staatliche Institutionen oder Organisationen
K häufig keine Kosten
Beratung als Prozess problembezogenen Handelns
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Erforderliches Wissen zur Beratung
- Normwissen (statistisch, ideal/subjektiv, funktional)
Zielwissen
- situationsspezifische Konkretisierung
- Lösung von Zielkonflikte
!!! PP kann nicht Richtlinien geben, sondern nur „Empfehlungen“
- Treatment-vorbereitend (Ausgangslage Ziel-/Merhodenbestimmung)
Diagnostisches
- Treatment-begleitend (Teilzielerreichung)
Wissen
- Treatment-abschließend (Zielerreichung, sonstige Folgen)
!!! gilt nur für individuelle Bezugsebene
Bewertung/Evaluation schwierig auf Grund der Anonymität und kurze Dauer
der Beratung
→ mittel- und langfristigen Folgen kaum ermittelbar
→ kurzfristige Folgen als Feedback der „Patienten“
wenig befriedigend um Beratung zu bewerten
- Begrifflichkeit (Phänomenencharakterisierung)
Objektwissen
- Suchraum (Bedinungsfaktoen)
- Ansatzpunkte für Interventionen
- Prognose (siehe Diagnostisches Wissen
- Humanistische Tradition (Gesprächstherapie, etc.)
Operatives
- Verhaltenstherapeutische Tradition
Wissen
- Systemtheoretische Tradition (Beziehung, Klärung, Problemlösung)
!!! Beratung und Therapie schwer trennbar: auch in Beratung werden Therapien
vollzogen
Institutionswissen - Gesetzeswissen, Zuständigkeit, Kontakte zwischen Institutionen
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