Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschafts prüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2015 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory mag 0415 ED None EY ist bestrebt, die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Diese Publikation wurde CO2-neutral und auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt, das zu 60 % aus Recycling-Fasern besteht. Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen U mständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und/oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden. Momentum nutzen Politische Signale setzen für Eigenkapital und Innovation www.de.ey.com Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Impressum Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung des Buches oder Teilen daraus, sind vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung von Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm, Datenträger oder einem anderen Verfahren) reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Die Wiedergabe von Gebrauchs- und Handelsnamen sowie Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Die Zahlenangaben und Informationen basieren auf Daten, die im Rahmen einer Primärdatenerhebung sowie Sekundärdatenrecherche von relevanten Unternehmen ermittelt wurden. Die in diesem Report wiedergegebenen qualitativen und quantitativen Einschätzungen wurden mit hoher Sorgfalt ermittelt, jedoch übernimmt der Heraus geber keine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Das Titelbild wurde mit freundlicher Genehmigung der Deutsche Börse AG zur Verfügung gestellt. Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Theodor-Heuss-Anlage 2, 68165 Mannheim April 2015 Layout und Produktion: magenta – Kommunikation, Design und Neue Medien GmbH & Co. KG, Mannheim Inhalt • Vorwort2 • Perspektive4 • 1% für die Zukunft – Unterstützung und nachhaltiges Momentum 5 • Momentum aufrechterhalten 7 • Heraus aus der „Biotech-Nische“ 10 • Biologisierung und Digitalisierung – Eckpfeiler der Innovation 14 • • Kennzahlen20 • Positive Grundstimmung und Zukunftsperspektive 21 Neugründungen mit Mut 24 • Finanzierung26 • Biotech-Börsengänge in Europa – Fehlanzeige in Deutschland 27 • Zahlen und Fakten – Deutschland 32 • Zahlen und Fakten – Europa 42 • Zahlen und Fakten – USA 47 • Transaktionen50 • Deutsche Erfolgsgeschichten in verschiedenen Rollen 51 • Allianzen in Europa produktgetrieben 59 • Zahlen und Fakten – Deutschland 62 Zahlen und Fakten – International 64 • • Biotech-Standort Deutschland 68 • Innovationsfinanzierung im Fokus des Branchenverbandes 69 • BioRegionen treiben Transformation zur Bioökonomie voran 71 • Danksagung77 • Anhang78 • Methodik und Definitionen 79 Vorwort Die Botschaft des letztjährigen Berichts – „1% für die Zukunft“ – hat viel Aufsehen erregt: Einerseits gab es Zustimmung für den Grundgedanken einer funktionierenden Kapitalnahrungskette und der dringend notwendigen Mobilisierung von Privatkapital zur Wiederherstellung des Finanzierungssystems der Biotechnologie in Deutschland. Es gab aber auch Kritik, meist von denen, die erwartet hatten, dass dem guten Denkansatz auch konkrete Ausführungsvorschläge folgen würden. Jedenfalls hat der Denkanstoß Gehör gefunden, sowohl politisch auf Bundes- und Länderebene als auch bei vielen anderen Stakeholdern des Life-Science-Sektors. Das weiterhin spürbare Momentum verlangt somit nach einer Fortsetzung des begonnenen Denkprozesses. Dabei ist den Initiatoren der 1%-Story weiterhin klar, dass die Detailanalyse von Ursachen für die nicht funktionierende Kapitalnahrungskette sowie die Untersuchung von möglichen Maßnahmen auf ihre Wirkung zur Behebung der Misere den politischen Gremien zu überlassen ist. Die geforderten Studien dazu sind leider immer noch nicht in Auftrag gegeben. Dr. Siegfried Bialojan Eine logische Fortsetzung des Denkprozesses ist vielmehr die verstärkte Diskussion zur Relevanz der geforderten Initiativen. Es geht nicht um die Unterstützung einer Not leidenden kleinen Biotech-Branche und schon gar nicht um Subventionen für die Unternehmen in diesem Feld. Die Perspektive ist eine weitaus größere und betrifft schlicht unsere Zukunft als Wirtschaftsstandort und noch wesentlich weiter gedacht das zukünftige Wohlergehen der Gesellschaft insgesamt. Insofern ist die Initiierung einer breiteren gesellschaftlichen Diskussion gefordert, die den Zusammenhang zwischen der allerorten proklamierten Innovationsgesellschaft und der dafür notwendigen Änderung des gesellschaftlichen „Mindset“ klarstellt. Der vorliegende Report will dazu einen Beitrag leisten. Mit dem Titel „Momentum nutzen – Politische Signale setzen für Eigenkapital und Innovation“ knüpfen wir einerseits direkt an die Initiative des letzten Berichts an und verstärken die Botschaft nach Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen für mehr Eigenkapital. Andererseits haben die aktuellen Geschehnisse an den Börsen in den USA und zum Teil auch in Europa ein neues Momentum geschaffen, das Biotech wieder deutlich ins Rampenlicht der Investoren rückt und somit den Forderungen nach mehr Eigenkapitalmobilisierung auch konkretere Realisierungschancen eröffnet. Diese internationalen Erfolge, die wir in unserer globalen Studie „Beyond borders“ im Detail beschreiben, geben in der Tat Anlass zum Optimismus – zumindest aber die Zuversicht, dass die Grundlagen von Biotech inzwischen ganz klar ihr Potenzial aufzeigen. Dies sollte eine große Motivation dafür sein, die notwendigen Rahmenbedingungen auch hier zu etablieren, um den globalen Trends folgen zu können. Es wäre hingegen gefährlich und falsch, daraus abzuleiten, dass der globale Aufschwung der Biotechnologie automatisch weltweite Ausbreitung erfährt. In unserer alljährlichen Publikation „Pulse of the industry“ werden Wege zur Aufrechterhaltung der Innovationskraft im Medizintechniksektor ebenfalls vor dem Hintergrund limitierter finanzieller Ressourcen, neuer regulatorischer Herausforderungen und der stärkeren Berücksichtigung einer wertbasierten Gesundheitsversorgung diskutiert. Schließlich adressieren wir mit unserer „Progressions“-Serie die Herausforderung für Pharma-Unternehmen, sich der „Digital Transformation“ zu stellen und das Thema „Business Model Innovation“ aktiv anzugehen. Das Zusammenwirken aller Disziplinen der Life-Science-Industrie zu verstehen, wird zu einer unabdingbaren Kernkompetenz für den Aufbau des patientenorientierten Gesundheitssystems der Zukunft. Die gedankliche Auseinandersetzung mit diesen Zusammenhängen, unzählige Gespräche mit allen Beteiligten sowie ein fundiertes Wissen der Fakten schaffen eine solide Basis für eine Beratungsexpertise, die wir unseren Kunden im gesamten Life-ScienceBereich zur Verfügung stellen. Mit diesem Vorausblick hoffe ich, dass Ihnen die vorliegende Studie hilfreiche Anregungen liefert und würde mich freuen, darüber hinaus den Dialog mit Ihnen fortsetzen zu dürfen. Dr. Siegfried Bialojan EY Life Science Center Mannheim Das PDF der Studie finden Sie unter www.de.ey.com/biotechreport „Beyond borders“ Biotechnology industry report „Pulse of the industry“ Medical technology report „Progressions“ Global Pharmaceutical Report Perspektive 4 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 1% für die Zukunft – Unterstützung und nachhaltiges Momentum 1%-Initiative – vielstimmiges Echo Die Perspektive des letztjährigen BiotechReports gipfelte in dem Aufruf „1% für die Zukunft“, einem Wachrütteln für effektivere politische Rahmenbedingungen, damit Innovation in Deutschland auch zu volkswirtschaftlich zählbaren Erfolgen führen kann. Die Initiative „1% für die Zukunft“ war ursprünglich im Kreis einiger Biotech-Unternehmer entstanden, die über ihre unternehmerische Tätigkeit hinaus die volkswirtschaftliche Verantwortung ernst nehmen. Die Kerngedanken dieser Initiative beruhten auf einer detaillierten Analyse der aktuellen Lage: Enormes wissenschaftliches Potenzial in Deutschland, aber: •S tarke Einschränkung der kommerziellen Nutzung dieses Potenzials aufgrund einer nicht funktionierenden Kapitalnahrungskette (von der Gründung zum Kapitalmarkt) • Geringe Neigung von Anlegern jeder Art, durch Investitionen in HighTech / HighRisk die künftige Innovationsfähigkeit am Standort Deutschlands zu unterstützen • Fehlende Anreizsysteme Die einfache, bewusst „plakative“ Formel „1% für die Zukunft“ brachte die daraus resultierenden Forderungen auf einen gemeinsamen Nenner: Mobilisierung von Privatkapital und gezielte Allokation in den HighTech-/HighRisk-Sektor durch: •S chaffung von steuerlichen Rahmenbedingungen zur gezielten Incentivierung von Anlegern •N otwendigkeit einer fundierten Analyse von geeigneten Maßnahmen zur Realisierung dieser komplexen Problematik im Finanzökosystem (Kapitalnahrungskette) vor gesetzgeberischen „Schnellschüssen“ Die Überzeugungskraft dieser einfachen „Story“ ist an vielen Punkten festzumachen, wenngleich politisches Leadership noch nicht erkennbar ist. Entscheidend ist aber, dass ein klares politisches Statement, ein eindeutiges Bekenntnis der Startpunkt sein muss. Immerhin ist ein sichtbares Momentum für diese Initiative entstanden, das über das Jahr aufrechterhalten werden konnte. Interaktion mit der Politik Es gab zahlreiche Gespräche mit Vertretern auf Bundes- und Länderebene, quer durch die Parteien und die Ministerien. Die Entscheidung, den politischen Denkprozess initial ganz oben an den wichtigsten Schaltzentralen – dem Finanz- sowie dem Wirtschaftsministerium und dem Kanzleramt – anzusetzen, war richtig und hat eine Dynamik erzeugt. Die Rückmeldung aus der Politik war überwiegend positiv, was die Klarheit der Problemdarstellung und die Formulierung des Handlungsbedarfs anbelangt. Explizit wurde dabei auch positiv aufgenommen, dass man nicht bereits einen Forderungskatalog mitgeliefert hat, sondern bewusst die Forderung nach Lösungsansätzen durch fundierte Studien vorangeschaltet wurde. Die Komplexität des Themas und die Gewissheit, dass hier keine einfachen Maßnahmen helfen, erschweren den Prozess. Die geforderten fundierten Studien zur Evaluierung potenzieller Maßnahmen liegen immer noch nicht vor. Immerhin wurden auch keine der befürchteten „Schnellschüsse“ abgegeben – Einzelmaßnahmen, die zwar den Problemkreis „Kapitalnahrungskette“ tangieren, die aber nicht die Lösung des Gesamtproblems bewirken können. Kritische Diskussion mit Verbänden Mit etwas Verzögerung erst kam eine Abstimmung mit Verbänden zustande, die ihre Rolle in erster Linie in der Klientelvertretung sehen und deswegen präferenziell detailliert ausgearbeitete Forderungskataloge über alle möglichen Kanäle in die politische Diskussion einbringen. Insbesondere die Formulierung von Einzelmaßnahmen vs. der Forderung zur Evaluierung ganzheitlicher Lösungsstrategien für die ReEtablierung einer funktionierenden Kapitalnahrungskette war Gegenstand von Dis- kussionen. Letztlich konnte aber auch hier Einigkeit erzielt werden, die Kräfte hinter dem gemeinsamen Ziel zu bündeln. Unterstützung durch fundierte Studien Sehr hilfreiche inhaltliche Unterstützung kam hingegen aus verschiedenen Studien respektierter Autoren und Institutionen, die vollkommen unabhängig von der 1%-Initiative zu ähnlichen Resultaten kamen bzw. auch gleichlautende Lösungen vorschlugen. Sachverständigenrat der Bundesregierung Zunächst hatte der Bericht des Sachverständigenrates der Bundesregierung („die fünf Wirtschaftsweisen“) im Jahresgutachten 2012 / 13 sehr eindeutig die steuerliche Ungleichbehandlung von Fremd- gegenüber Eigenkapital angeprangert und hierzu dringend Korrekturen eingefordert. Die Vorschläge des Sachverständigenrates gehen dabei eindeutig in die Richtung steuerlicher Vorteile als konkrete Anreize für mehr Eigenkapitalbeteiligungen. In dem Gutachten wird auch explizit die Kostenseite der geforderten Maßnahmen beleuchtet und somit schon sehr konkret auch die Machbarkeit bestätigt. Expertenkommission Forschung und Innovation In weiteren Studien (2014, 2015) aus dem Kreis der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) – ebenfalls ein anerkanntes Beratungsgremium der Bundesregierung – wurde vor allem die aktuelle Zuordnung von F&E-Ausgaben in Deutschland analysiert. Im Resultat kommt diese Studie zum Ergebnis, dass Deutschland zwar sehr nah an die Erfüllung der Lissabon-Forderung (3 % des BIP in F&E) herankommt; allerdings gehen 70 Prozent dieser Investitionen (staatliche und privatwirtschaftliche Anteile) in die aktuellen Schlüsselindustrien (Automobil- und Maschinenbau), während die Schlüsselindustrien der Zukunft eklatant unterrepräsentiert sind. In ihrer neueren Studie (2015) wird noch stärker auf die Bedeutung des Eigenkapitals für die innovativen KMU hingewiesen und gefordert, dass das Instrumentarium zur gezielten Incentivierung von Fonds, von Anlegern in solche Fonds (z. B. Pensionsfonds, Lebensversicherungen etc.) sowie von Unternehmen (z. B. Verlustvorträge) dringend zu überarbeiten sei. Perspektive | 5 Deutsches Aktieninstitut (DAI) In einem Positionspapier des DAI aus dem Dezember 2014 wird sehr klar der Zusammenhang zwischen Innovation und einem entsprechenden Investitionsverhalten dargelegt. Daraus resultiert einerseits die Forderung nach einer Verbesserung der Aktienkultur in Deutschland, basierend auf einem besseren „ökonomischen Verständnis“ in der Gesellschaft, sowie andererseits nach der steuerlichen Incentivierung entsprechender Anlagen und der gezielten Förderung von Börsengängen. Außerdem wird auch der wichtige Zusammenhang zu einer gesicherten Altersvorsorge durch entsprechend geändertes Anlageverhalten von institutionellen Anlegern hergestellt. Dem Präsidium des DAI gehören immerhin sehr namhafte Vertreter der führenden deutschen Wirtschaftsunternehmen an (z. B. Bayer, BASF, Daimler etc.) sowie der Chef der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann. Deutsche Bank Research In einem noch aktuelleren Papier aus dem Februar 2015 stellt DB Research eindeutig den Zusammenhang zwischen der Finanzierungslücke im Biotech-Bereich und der Wettbewerbsfähigkeit dieses Sektors in Deutschland her. Ebenso klar formuliert DB Research die Forderung nach neuen Anreizen für ein stärkeres Engagement von Risikokapitalinvestoren. 6 Die Schweiz geht mit gutem Beispiel voran Ebenfalls vollkommen unabhängig hatte sich in der Schweiz eine Diskussion mit erstaunlich übereinstimmenden Argumenten im Vergleich zur 1%-Story entwickelt: unzureichende Allokation von Investments in die Zukunft des Innovationsstandorts Schweiz; stattdessen massiver Kapitalexport und Wertschöpfung andernorts. Fast gleichlautend – durch die Initiative von Henri B. Meier, dem einflussreichen ehemaligen CFO von Roche und führenden Schweizer Investor – klang folglich auch die Forderung nach einer Verpflichtung von institutionellen Anlegern, ein Prozent ihres Anlagevermögens in einen zu etablierenden „Zukunftsfonds Schweiz“ einzulegen und damit Kapital für Innovationen aus dem Hightech-Bereich zu mobilisieren. Diese Initiative hat innerhalb eines Jahres die parlamentarischen Hürden in der Schweiz erfolgreich überwunden und die entsprechende Gesetzgebung ist auf dem Weg. Wichtige Persönlichkeiten unterstützen die Initiative Nicht zuletzt gab es erfreulicherweise auch Unterstützung von anerkannten Persönlichkeiten, die im Life-Science-Umfeld in Deutschland hohes Engagement gezeigt haben. Als Privatinvestoren haben sie – wohlgemerkt ohne Anreize durch den Staat – Enormes für die Innovation geleistet und damit den Beweis geliefert, dass die wirtschaftliche Nutzung von innovativen Ideen in Deutschland durchaus möglich ist, wenn privates Kapital in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt wird. Die Unterstützung durch Thomas Strüngmann, Dietmar Hopp und Roland Oetker ist hervorzuheben, steht aber auch stellvertretend für viele, die ebenfalls ihre Kontakte und Gesprächsmöglichkeiten in der Politik genutzt haben, um die Forderungen der 1%-Initiative explizit zu unterstreichen. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Deutsche Börse in der Diskussion Auch die Deutsche Börse, an der die IPOs deutscher Biotech-Unternehmen (an der NASDAQ bzw. an der Euronext) quasi vorbeigingen, hat sich entsprechend positioniert. Forderungen aus der Politik, eine spezielle Plattform für Hightech-Unternehmen zu etablieren und dadurch Börsengänge zu erleichtern, hat sie sich entgegengestellt. Da alle technischen Voraussetzungen für den Handel erfüllt seien, käme es vor allem darauf an, Investoren in Frankfurt wieder den Hightech-Bereich schmackhaft zu machen – und damit ist man erneut am Thema der Anlegermotivation angelangt. Momentum aufrechterhalten Der Erfolg der Initiative und das nachhaltig spürbare Momentum plädieren eindeutig für eine Fortsetzung der Bemühungen – vor allem auch, weil in der komplizierten politischen Gemengelage noch kein politisches Leadership zu erkennen ist. Die Herausforderung ist groß, wird aber doch durch die Tagespolitik überspielt. Diskussion alleine und vielfache verbale Bestätigung sind nicht zufriedenstellend. Neue Dynamik an den internationalen Kapitalmärkten Die Notwendigkeit zur Fortsetzung der Bemühungen wird dadurch weiter untermauert, dass die aktuellen Bewegungen an den Kapitalmärkten – auch in Europa (siehe Kapitel Finanzierung) – neue Chancen bieten. Die starke Dynamik der über 100 IPOs von Biotech-Unternehmen in den USA seit Ende 2012 hat neues Interesse von Investoren erzeugt und bietet eine einmalige Chance, den Life-Science-Sektor nachhaltig zu beleben. Die Tatsache, dass diese Dynamik nur sehr zögerlich und insgesamt noch zu schwach auf Europa übergreift, sollte umso mehr dazu motivieren, die beschriebenen Aktivitäten (Kapitalnahrungskette, Anreize für Anleger etc.) zu verstärken und sich nicht auf Automatismen zu verlassen, nach denen die positiven Entwicklungen in den USA von alleine nach Europa „überschwappen“ werden. Dies gilt umso mehr für den Kapitalmarkt in Deutschland, der bisher noch gar nicht an die positiven Entwicklungen an der NASDAQ oder den europäischen Börsen in Paris (Euronext)und London (AIM) anknüpfen konnte. Wie geht es weiter? Die Grundproblematik ist also erkannt und wird von allen Stakeholdern mehr oder weniger gleich beurteilt: Die Begriffe „Kapitalnahrungskette“ oder „Kapitalökosystem“ haben sich in der Diskussion etabliert. Sie bringen die Notwendigkeit zum Ausdruck, dass die Lösung der Finanzierungsmisere für die Biotechnologie in Deutschland komplexer ist und entsprechend ein abgestimmtes Maßnahmenpaket sowie ein koordiniertes Vorgehen erfordert. Für die weitere Vorgehensweise gelten aber immer noch die bisherigen Vorgaben: Das „Wie“, d. h. wie ist die aufgezeigte Problematik der Kapitalnahrungskette zu lösen, obliegt der Politik, die gesetzgeberisch aktiv werden muss. Die grundsätzliche Richtung ist vorgegeben: Es muss um steuerliche Anreize für ein breites Spektrum von Anlegern gehen, damit dadurch mehr privates Kapital für innovative Hightech-Unternehmen mobilisiert werden kann. Viele Vorschläge in der Diskussion Die schleppende politische Diskussion mag einerseits, im positiven Sinne, der Erkenntnis geschuldet sein, dass die Komplexität der Lage erkannt wurde und man entsprechend tatsächlich nur einen umfassenden Ansatz als einzig zielführend erachtet. Andererseits ist aus der Fülle von Lösungsvorschlägen der Stakeholder aus allen Bereichen (Verbände, Investoren, Unternehmen, anerkannte Institutionen etc.) möglicherweise auch eine Situation entstanden, die die Gefahr einer „Kakophonie“ heraufbeschwört: zu viele Ideen, zu viele Partikularinteressen, zu wenig systematische und konstruktive Diskussion im Interesse des Ganzen. Die vorliegende Studie möchte in dieser Situation einen Beitrag zur Versachlichung leisten und hat deshalb die verschiedenen Vorschläge, Forderungen und Ideen in einer umfassenden Tabelle dargestellt (siehe S. 8 / 9). Diese Zusammenstellung kann der Pool von Handlungsoptionen sein, aus dem der Gesetzgeber Ideen und Anregungen entnehmen könnte. Dennoch muss hier noch einmal mit Nachdruck der ursprüngliche Vorschlag wiederholt werden, im Sinne einer ganzheitlichen Lösung zunächst belastbare Evaluierungen möglicher Handlungsoptionen durch fundierte neutrale Studien durchzuführen. In diesem Zusammenhang sollten auch die sehr detaillierten Ausführungen des Sachverständigenrates der Bundesregierung (Gutachten 2012 / 13) sowie das EFI-Gutachten 2015 als bereits ausgewiesene Fachstudien in die Evaluierung miteinbezogen werden. Die wesentlichen Beurteilungskriterien liegen auf der Hand: • Qualitative und quantitative Auswirkung auf die Kapitalnahrungskette • Zeitschiene für Umsetzung und Wirkung • Kosten für die Volkswirtschaft • Gewinn für die Volkswirtschaft • Erfolgskriterien (Innovationsleistung, F&E-Investitionen, Aktienkultur, Eigenkapitalmobilisierung etc.) • Steuerliche Umsetzbarkeit und Gestaltungsoptimierung • EU-Konformität • Andere Innovationsfinanzierung Staat „Push“Maßnahmen • Zuschüsse • Seed Fonds • Technologietransfer • Akademische Forschung • Clusterprogramme Steuer auf Erlösgewinne* Umsatzsteuer Lohnsteuer Anleger „Pull“Maßnahmen? Investoren Privatfinanzierung Exits * Forderung: Wegfall der Abgeltungssteuer für Gewinne aus Investitionen in HighTech Trade Sale Börse Quelle: EY, C. Kremoser Perspektive | 7 Deutsches Aktieninstitut (DAI) Positionspapier vom 16. Dez. 2014 Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) Studie 2015 Initiator Sachverständigenrat der Bundesregierung Jahresgutachten 2012/13; Kap 4/II Rationale Steuerliche Ungleichbehandlung •➢ Mangel an Aktienkultur in von Fremd- und Eigenkapital (FK Deutschland und EK) führt zu einer ungerechten •➢ Behinderung der Innovation Verzerrung der Besteuerung: •➢ Zu wenige Börsengänge und damit zu wenig Möglichkeiten •➢ Vorteile für etablierte Unterfür wachsende innovative Unternehmen vs. KMU durch unternehmen, Kapital einzuwerben schiedlichen Zugang zu FK •➢ Benchmarks in den USA und •➢ Behinderung der Innovation, anderen Ländern zeigen die die immer mit EK-Investitionen weitaus höhere Aktienquote einhergeht auf und gleichzeitig eine direkte •➢ Verhinderung der Ausbildung Verbindung zur Innovationseiner Aktienkultur in Deutschland leistung •➢ G roße Bedeutung von Wagniskapital als wichtige Finanzierungsquelle für junge, innovative Unternehmen Vorschlag Finanzierungsneutralität herstellen zwischen FK und EK-Finanzierung. Duale Einkommenssteuer durch: •➢ Restriktive Behandlung von Verlustvorträgen junger Unternehmen nach §8c KStG beheben (negative Wirkung auf die Investitionsbereitschaft von Wagniskapitalgebern) •➢ Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen bei Streubesitzanteilen an Kapitalgesellschaften abschaffen •➢ Keine höhere Besteuerung des sogenannten Carried Interests, d. h. der Vergütung von Fondsinitiatoren •➢ Umsatzbesteuerung der Verwaltungsleistungen von Fondsmanagern aufheben •➢ Pensionsfonds als wichtige Klasse der institutionellen Investoren als Ankerinvestoren gewinnen (umlagefinanziertes Rentensystem überdenken?) •➢ Andere institutionelle Investoren in die Funktion der Ankerinvestoren übernehmen •➢ Abzugsmöglichkeiten für kalkulatorische EK-Zinsen •➢ Einschränkung der Abzugsfähigkeit von FK-Zinsen •➢ „Zinsbereinigung des Grundkapitals“ (Freistellung von Dividendeneinkünften im Rahmen von marktüblichen Renditen) Ziele / Zielgruppe Investoren, Unternehmen, Kapitalnahrungskette 8 •➢ Höhere EK-Quoten •➢ Direkte Verknüpfung mit Innovationskraft der involvierten Branchen •➢ Chance erhöhen für die Ausbildung einer Aktienkultur in Deutschland | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Verbesserung der Aktienkultur und Aktienquote in Deutschland durch: •➢ Aufhebung der steuerlichen Diskriminierung von Aktiengewinnen (vs. FK-Zinsabzug) •➢ Steuerliche Förderung von Mitarbeiterbeteiligung •➢ Förderung / Vereinfachung der kapitalgedeckten Altersvorsorge •➢ Abschaffung regulatorischer Hindernisse für institutionelle Investoren (z. B. Garantiezins bei LV, Solvency II) •➢ Verbesserung der ökonomischen Bildung •➢ Regulierung der Aktienberatung •➢ Erhalt der Verlustvorträge bei Eigentümerwechsel •➢ Mobilisierung von Privatkapital für private und börsennotierte Unternehmen •➢ Aktivierung des Kapitalmarkts als EK-Finanzierungsquelle •➢ Anreize für Investoren und private Anleger entlang der Kapitalnahrungskette bis zum Exit •➢ Anreize für EK-Fonds (Carried Interest; Umsatzbesteuerung der Verwaltungsleistungen) •➢ Anreize für Unternehmen und Investoren (Verlustvorträge) Deutsche Bank Research Statement vom 11. Feb. 2015 BIO Deutschland •➢ Biotechnologie: Querschnittsund Schlüsselindustrie für den Produktionsstandort Deutschland •➢ Spitzenforschung: Kapitalengpass bei der Wachstumsfinanzierung •➢ Akute Gefährdung der „HightechStrategie“ •➢ Innovationsleistung (Patente, Projekte, F&E-Aufwand etc.) und Wettbewerbsfähigkeit rückläufig •➢ Shift zu Geschäftsmodellen mit geringerem Wertschöpfungspotenzial •➢ Kapitalmarkt unattraktiv •➢ Technologieabfluss Die Erforschung und Entwicklung •➢ Jungunternehmen brauchen Wag- •➢ Erhalt des nationalen Wohlstands innovativer Spitzentechnologien un- niskapital: Für die Gründung, das der nächsten Generation terscheidet sich ökonomisch Wachstum und für die Internatio- •➢ Ressourcenarmes Hochkostenland erheblich von etablierten Industrien nalisierung kann nur durch die Realisierung durch folgende Kernmerkmale: •➢ Mangelnde aufsichtsrechtliche seines Innovationspotenzials im •➢ Hoher Kapitalbedarf und steuerliche Rahmenbedingunglobalen Wettbewerb bestehen •➢ Hohes inhärentes Entwicklungs-, gen •➢ Voraussetzung sind „echte InnoForschungs- und Marktein•➢ Aktuelle Rechtslage hat Ausvationen“; diese bedingen sehr führungsrisiko wirkungen auf die gesamte hohen Finanzierungsbedarf, sehr •➢ Lange Entwicklungszeiten Wertschöpfungskette (Unterlange Dauer der Entwicklung bis (insb. in der Luft- und Raumfahrt, nehmen, Anleger, Fonds) zur Marktreife (10 – 15 Jahre) Bio- / Pharma-Industrie) und eine hohe Ungewissheit bis •➢ EK-Finanzierung über Venturezur Erreichung des Ziels oder Beteiligungskapital ist für •➢ Auf der Kostenseite (Forschung, junge innovative Unternehmen Patente) gehört die Schweiz zur meist die einzige FinanzierungsSpitze, aber auf der Ertragsseite möglichkeit (Umsetzung in wertschöpfende •➢ Steuerliche Rahmenbedingungen Produkte und Dienstleistungen) erschweren die Venture-Kapitalhapert es finanzierung junger Unternehmen •➢ Wagniskapital und der Begriff im Vergleich zu anderen Ländern Wagnis (bzw. Risiko) ist in der Schweiz negativ besetzt •➢ Anreize für stärkeres Engagement von Risikokapitalgebern •➢ Steuerliche Begünstigung von EK-Fonds für private und institutionelle Anleger, die in Hightech investieren (vgl. Frankreich) •➢ Unterstützung der Vorschläge von EY und BIO Deutschland Mobilisierung von EK durch: •➢ Befreiung von der Abgeltungssteuer bei Investitionen in junge innovative Unternehmen •➢ Erhöhung des INVEST-Zuschusses für Wagniskapital •➢ Einführung eines Deutschen Innovationsfonds (DIF) wie z. B. in Frankreich, Großbritannien inkl. der Steuerbefreiung für Gewinne aus diesen Anlagen sowie teilweiser Anrechnung der Investitionen auf die Einkommenssteuerschuld •➢ Einführung von Steuergutschriften in verschiedenen Ausgestaltungen (sog. Tax Credits) zur Verbesserung des Cashflow in Unternehmen BVK Unternehmen: •➢ Forschungsprämie soll Unternehmen bei ihren Innovationsbemühungen direkt unterstützen •➢ Patentbox: Erlöse aus der Verwertung von IP sollen günstiger besteuert werden (steuerlicher Vorteil nur bei substanzieller wirtschaftlicher Aktivität in Deutschland) •➢ Verlustvorträge sollen europarechtskonform auch bei Anteilseignerwechseln erhalten bleiben (§8c KStG) VC-Fonds: •➢ Gesetzliche Steuertransparenz verbessern (§18 InvStG) für größere Rechtssicherheit bei ausländischen Investoren •➢ Umsatzsteuerbefreiung für das Management von Fonds •➢ Praxistaugliches Aufsichtsrecht Zukunftsfonds Schweiz •➢ Pensionskassen der Schweiz bündeln ihre für die Zukunft reservierten Ressourcen und schaffen ein gemeinsames auf Wagniskapital spezialisiertes Vehikel, welches die Aufgaben und die Verantwortung des Wagniskapitalinvestors unter ihrer Oberaufsicht übernimmt •➢ Zukunftsfonds Schweiz investiert in hochspezialisierte, privatwirtschaftlich organisierte, zukunftsträchtige Wagniskapitalfonds an der Spitze des technologischen Fortschritts, wie z. B. in den Bereichen Energy & Greentech, neue Materialien / Werkstofftechnologie, Nanotechnologie, IT, Biotechnologie, Medizinaltechnik etc. Investoren: •➢ Roll-over von Veräußerungsgewinnen •➢ Sonderabschreibungen auf Investitionen •➢ Mobilisierung von Privatkapital von privaten und institutionellen Anlegern •➢ Sicherstellung der Kapitalnahrungskette, vor allem der Anschlussfinanzierung von jungen innovativen Unternehmen •➢ Hightech breiter definieren als Biotech •➢ Investitionsanreize für Anleger (INVEST-Zuschuss, Abgeltungssteuer, Innovationsfonds) •➢ Wirkung sowohl während der Beteiligungsdauer als auch bei Exit •➢ Erhöhung des Upside-Potenzials bei gleichzeitiger Verringerung des Downside-Risikos •➢ Unternehmen profitieren durch Steuergutschriften (Tax Credits) Unternehmen, Investoren, VC-Fonds VC-Fonds, Investoren Quelle: EY Perspektive | 9 Heraus aus der „Biotech-Nische“ „1% für die Zukunft“ adressiert wichtige politische Themen Nach den zahlreichen Gesprächen auf allen Ebenen über die im letzten Jahr vorgestellte Initiative schält sich eindeutig heraus, dass es noch mehr darauf ankommt, die volkswirtschaftliche Bedeutung und Reichweite der angemahnten Änderungen noch besser herauszuarbeiten. Es geht nicht um ein Unterstützungsprogramm für eine Not leidende Biotech-Branche. Biotech ist aber ein wesentliches Element und ein sehr repräsentatives Beispiel einer Entwicklung, die die Sicherstellung der tatsächlichen Innovationskraft in Deutschland auch mittel- und langfristig im Auge hat. Es geht also darum, dass dieses Thema aus der zu engen „Biotech-Nische“ herausgehoben wird. Die analysierten Zusammenhänge zwischen Innovation und einem klaren Bekenntnis zu kleinen und mittleren Unternehmen als Innovationsmotoren sind für den gesamten Hightech-Sektor zutreffend. Es geht weiterhin in einem viel breiteren Kontext um die Klarstellung, dass Innovationen und ihre Realisierung im Markt auch ein Umdenken in der Gesellschaft erfordern: Die Verknüpfung von Innovationskraft mit dem Mut zum Risiko, Unternehmergeist und einer grundsätzlich veränderten Einstellung zum Thema Eigenkapital und Aktienkultur muss neu überdacht werden. Hinsichtlich der politischen Diskussion ist darüber hinaus noch deutlicher herauszustellen, dass die geschilderte Problematik um Eigenkapital und Kapitalnahrungskette für Innovation durchaus an die großen politischen Themen anknüpft und Beiträge für deren Lösung bieten kann. Wann, wenn nicht jetzt? Das aktuelle Momentum aus Sicht der Biotechnologie wurde bereits angesprochen: IPO-Dynamik an den US-Kapitalmärkten – IPO-Welle in Europa? Dieses Momentum nimmt aber in der politischen Debatte wesentlich breiteren Raum ein und ist aktuell Gegenstand unterschiedlicher Szenarien und Initiativen: 10 Fortschreiben der 1%-Initiative • Höhenflug der Aktienmärkte (z. B. DAX > 12.000 Punkte) bei anhaltender Niedrigzinspolitik verstärkt die Motivation, mehr in Eigenkapital zu investieren (Aktienkultur; Garantiezinsabsicherung bei LVs) • Industrielle Renaissance: Industriequote in der EU durch industriepolitische Maßnahmen bis 2020 auf 20 Prozent des BIP steigern durch (u. a.): • Günstigere Finanzierungsbedingungen für Unternehmen • Fokussierte Sektorprogramme für die Innovationsmärkte: • Neue Herstellungstechnologien für umweltfreundliche Produktion • Schlüsseltechnologien (Mikro-, Nano-, industrielle Biotechnologie, Photonik, Materialwissenschaften) • Biobasierte Produkte • Bauwirtschaft und Rohstoffe • Umweltfreundliche Fahrzeuge • Intelligente Netze ➢ • BMWi setzt auf Fratzscher-Kommission mit dem Ziel „Erhöhung der Dynamik der privaten Investitionen“ ➢ • Juncker-Plan: 300 Milliarden Euro Investitionsprogramm soll die EU aus der Wachstumskrise bringen und dringend benötigte Jobs schaffen: • Projekte in Infrastruktur, Forschung und Entwicklung • Fonds der Europäischen Investitionsbank (EIB) • 50 Milliarden Euro von privaten Geldgebern als Grundeinlage für den Fonds Diese Initiativen sind sicherlich alle wichtig und zielen inhaltlich erfreulicherweise auf die Mobilisierung von Privatkapital. Als „Caveat“ sollte jedoch klar herausgestellt werden, dass große Förder- und Subventionierungsprogramme für Unternehmen mittel- und langfristig nicht die gleiche Wirkung erzielen werden wie sie direkte Anreize an Anleger und Investoren für die Mobilisierung von Privatkapital bewirken können. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Die Weiterführung der Diskussion um „1% für die Zukunft“ wird also vielmehr die Frage nach dem „Warum brauchen wir das?“ beantworten müssen, d. h. Auswirkungen aufzeigen eines funktionierenden Finanzierungsökosystems mit effektiven Finanzierungsinstrumenten, einem aktiven Kapitalmarkt, Investoren und privaten Anlegern mit dem Verständnis für den Zusammenhang zwischen Eigenkapital und erfolgreicher Innovation. Die Erörterung des erweiterten Kapitalökosystems erfolgte in einem Round Table von Experten, die sich intensive Gedanken über die Tragweite und die möglichen Auswirkungen der Umsetzung von geforderten Maßnahmen aus der „1% für die Zukunft“Initiative gemacht haben. Als Experten am Round Table „Wir schaffen Zukunft“ haben teilgenommen: • Dr. Ingmar Hoerr (Gründer und CEO CureVac) • Dr. Georg Licht (ZEW Mannheim) • Dr. Claus Kremoser (Gründer und CEO Phenex Pharmaceuticals) • Dr. Holger Zinke (Gründer und CEO BRAIN AG) • Moderation: Dr. Siegfried Bialojan (EY) Round Table Diskussion „Wir schaffen Zukunft“ Intelligente Investitionen in die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland Bialojan: Der Kernpunkt der 1%-Initiative adressiert ein funktionierendes Kapitalökosystem, das einerseits Anlegern attraktive Investitionsmöglichkeiten gibt, von denen innovative Unternehmen andererseits profitieren können. Inwieweit lässt sich diese Forderung über den Horizont des Biotech-Sektors hinaus verallgemeinern und als wichtiges politisches Signal für intelligente Zukunftsinvestitionen schlechthin darstellen? Zinke: Allein die Tatsache, dass anlagesuchendes privates Kapital zwar in riesigem Umfang vorhanden ist, wir aber einen Großteil davon exportieren und damit der deutschen Volkswirtschaft für Wertschöpfung hierzulande vorenthalten, kann nicht gesund sein. Dies ist beileibe kein Biotech-Problem, sondern trifft für das gesamte volkswirtschaftliche Innovationssystem zu. Vor diesem Hintergrund muss mehr dafür getan werden, dass dieses Geld in Deutschland arbeitet, zumal ja immer wieder betont wird, dass das Potenzial an innovativen Ideen riesig ist. Dieselbe Argumentation fand übrigens auch in der Schweiz statt, wo die Initiative zur Reallokation von Kapital in der heimischen Wirtschaft ebenfalls von der Feststellung des massiven Kapitalexports ausging. Intelligent investieren heißt also ganz klar, die Chancen hierzulande besser zu nutzen; es bedeutet aber auch, dass dafür entsprechende Anreize gesetzt werden, damit ein Umdenken in Gang kommt. Derzeit werden für Eigenkapitalinvestoren keinerlei Anreize geschaffen, im Gegenteil! Der Anleger wird bei der Abgeltungssteuer mehrfach belastet und damit für das Eingehen von Risiken auch noch bestraft. Das geht nicht. Kremoser: Das Thema „Anreize“ für intelligente Investitionen berührt eine Grundsatzdiskussion, bei der die Rolle des Staates in verschiedenen Stadien des Wertschöpfungsprozesses klarer definiert werden muss. Die hierzulande stark verbreitete Präferenz für staatliche Förderprogramme kann allenfalls die nicht-kommerziellen Stadien des Innovationsprozesses betreffen, wo der Staat in der Tat eine Finanzierungspflicht hat. Ganz im Gegensatz dazu ist die kommerzielle Entwicklung und Wertschöpfung ebenso klar eine Angelegenheit der Privatwirtschaft nach rein unternehmerischen Spielregeln. Die Rolle des Staates sollte insofern in der Wahrnehmung seiner volkswirtschaftlichen Verantwortung auf Aktivitäten beschränkt sein, die unternehmerisches Handeln fördern. Dazu gehören vor allem die Rahmenbedingungen für den Zugang zu Kapital, attraktive Vorgaben, um Investoren konkret an den Standort zu locken und dort auch dauerhaft zu halten. Anleger sind in der Regel keine Patrioten, sondern sie kalkulieren knallhart ihre Renditemöglichkeiten unterm Strich. Jede Form der positiven Beeinflussung dieser Rechenformel wird angenommen werden. Das Potenzial an Investitionsmöglichkeiten ist ein Faktor. Wichtiger aber sind der Return und Möglichkeiten, diesen zu optimieren. Ein Anleger, der Risiko auf sich nimmt, zumal wenn an den Investitionserfolg gekoppelt, muss belohnt werden; dies beeinflusst die Gleichung nachhaltig. Hoerr: Zu den wesentlichen Eckpfeilern der beschriebenen Kapitalnahrungskette, die für den effektiven Innovationsprozess essenziell ist, gehört auch das klare Bekenntnis zur Funktion des Eigenkapitals als wichtigstem Treiber für Fortschritt durch Innovation. Gerade dieser Aspekt – sowohl im Umfeld der privaten Start-ups wie auch bei börsennotierten Unternehmen – ist in Deutschland leider stark unterentwickelt. Erfolgreiches Innovationsgeschehen geht immer einher mit der Bereitschaft, Risiko einzugehen – und dies wiederum schließt Fremdkapital als Finanzierungsquelle weitgehend aus. In dieser Logik muss mehr dafür getan werden, diese Zusammenhänge zu erklären und alles daran zu setzen, in einer politischen und gesellschaftlichen Diskussion Interesse für die Notwendigkeit einer neuen Aktien- bzw. Beteiligungskultur voranzubringen. Konkret sollte aber auch dieser Aspekt am besten durch handfeste Anreize vorangebracht werden, die verfügbares Kapital alternativen Anlagetypen, z. B. HighTech, typische Risikobeteiligungen etc., zuführen. Licht: Intelligent investieren, Beteiligungen stärken, Aktienkultur fördern – alles richtige Gedanken, aber nicht leicht umsetzbar, da sie tief verwurzelte Haltungen in der Gesellschaft berühren. Es gibt aber auch sehr konkrete aktuelle Notwendigkeiten und Chancen, stärker in Beteiligungskapital zu denken. Große institutionelle Anleger wie Lebensversicherungen beklagen aufgrund des niedrigen Zinsniveaus die schiere Unmöglichkeit, ihre Garantiezinsen mit klassischen, sicheren Anlagen zu erwirtschaften. Weiter gedacht wird dadurch ein wesentlicher Teil der privaten Altersvorsorge ins Risiko gestellt, die andererseits von politischer Seite immer dringender als Ergänzung der staatlichen Rentenleistung gefordert wird. Intelligent für die Zukunft investieren bedeutet auch in dieser Hinsicht ein Umdenken im Anlageverhalten hin zur stärkeren Beimischung von Risikokomponenten mit höherem Return-Potenzial. Bei den enormen Vermögenswerten der institutionellen Anleger dürfte selbst eine Allokation im niedrigen Prozentbereich kaum zu Verschiebungen des Gesamtrisikos führen; andererseits würden die absoluten Summen als Beteiligungskapital im Innovationsgeschehen eine enorme Hebelwirkung entfalten können. Aber auch hierzu bedarf es klarer Anreize bzw. der Modifizierung existierender Blockademechanismen, z. B. Solvency II, Basel III. Auch hier geht die Schweiz mit ihrer neuen Gesetzesinitiative und der Gründung eines „Zukunftsfonds Schweiz“ voran. Bialojan: Die Diskussion zeigt einerseits, dass die Kernbotschaft der 1%-Initiative viel weitreichendere Implikationen beinhaltet und Biotech als ein geeigneter Anfangsaufhänger dient. In Wirklichkeit ist die Dimension eine weitaus größere, die konkret ein komplettes Umdenken in der Gesellschaft erfordert, wenn die Innovationsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland mittelund langfristig aufrechterhalten werden soll. Perspektive | 11 Zukunftssicherung durch Innovation – die Schlüsselindustrien der Zukunft Bialojan: Die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland hängt wesentlich von seiner Innovationsfähigkeit in den Bereichen der Hochtechnologie ab. Aus heutiger Sicht gehen laut EFI-Studie immer noch über 70 Prozent der F&E-Investitionen in die Weiterentwicklung der aktuellen Schlüsselindustrien. Wo bleibt die Diskussion über die zukünftigen Schlüsselindustrien und was muss heute bereits für die Sicherung einer wirtschaftlichen Position getan werden? Zinke: Sicher stehen die für Deutschland so erfolgreichen Industrien wie Automobilund Maschinenbau im Fokus von Investitionen und politischen Bemühungen. Dies galt auch lange Zeit für den Pharma-Sektor, Deutschland als „Apotheke der Welt“. Allerdings hat man bereits – trotz immer wieder apostrophierter exzellenter Ausgangsbasis – mehrere Innovationszüge in die Zukunft verpasst. Mit zu zögerlichem Engagement und von politisch inszenierten Sicherheitsbedenken dominiert, hat man den Einzug der Molekularbiologie in die medizinische Forschung verschlafen und somit die Vormachtstellung in Pharma binnen eines Jahrzehnts aufgegeben. Wesentliche wirtschaftliche Erfolge von deutschen Erfindungen im IT- / Elektronikbereich werden in den USA gefeiert. Selbst der immer stärkere Einfluss von IT im Automobilbereich scheint nicht vornehmlich in Deutschland vorangetrieben zu werden; die Automobile der Zukunft als eine Blechhaut um hochkomplizierte IT- / Elektroniksysteme mit einer Vielzahl von Funktionen, weit über das „Fahren“ hinaus ist keine Utopie mehr. Wo gibt es also zukünftige Technologieentwicklungen und Schlüsselindustrien, in denen Deutschland noch 12 nicht abgehängt ist? Die Bioökonomie ist sicherlich ein solcher Bereich, wo wir exzellente Voraussetzungen haben, wo es aber keine Zeit zu verlieren gibt, um nicht wieder abgehängt zu werden. Wenngleich man sich mit dem Begriff „Bioökonomie“ anfangs ebenfalls schwer getan hatte, so scheint sich die Bedeutung als wichtige Schlüsselindustrie der Zukunft durchzusetzen. Wiederum steht ein großes Potenzial an Wissenschaft und technischer Entwicklung im Raum. Ohne gezielte Strategie für die nachhaltige Industrialisierung dieses Sektors nutzt die positive Ausgangssituation allerdings wenig. Kremoser: Mit dem Begriff der „Biologisierung“ wird ausgedrückt, dass Biotechnologie als Technologieplattform in eine Vielzahl von Prozessen und einer breiten Palette von Industrien eingreifen kann und Innovationen voranbringt. Allein die chemische Industrie als ein zentraler Spieler in den meisten der unter „Biologisierungsdruck“ stehenden Industrien spielt in Deutschland nach wie vor eine große Rolle als Wirtschaftsfaktor (BASF als größtes Chemie-Unternehmen der Welt) und lohnt deswegen das besondere politische Engagement. Vielfach stecken dahinter als Technologietreiber Start-ups mit viel Kreativität, innovativen Ideen aber zu wenig Kapital; erneut die Notwendigkeit, auch aus dieser Perspektive der Zukunftssicherung funktionierende Kapitalnahrungsketten sicherzustellen, entsprechend Investoren und Anleger in Fonds zu aktivieren, Kapitalmarktgeschehen zu aktivieren. Licht: Wenngleich dieser Aspekt wieder auf den Biotechnologiesektor als ein kleines Industriesegment zeigt, die volkswirtschaftliche Bedeutung ist eine gänzlich andere. Biotechnologie fungiert eher als „Querschnittstechnologie“ und ist nicht als Branche an sich definiert. Man muss die Vergleiche mit den jetzt dominierenden und noch florierenden Schlüsselindustrien durchaus bemühen und kann dabei feststellen, dass mit diesem Anspruch alle geforderten Maßnahmen deutlich an Gewicht zunehmen. Dies ist aber auch die Verbindung zur Hightech-Strategie der Bundesregierung, die insgesamt die Schlüsselindustrien der Zukunft im Blick hat und explizit auch die Biotechnologie als einen Teil dessen betrachtet. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Dr. Ingmar Hoerr Dr. Georg Licht Unternehmertum und intelligente Arbeitsplätze Bialojan: Wenn für die Schlüsselindustrien der Zukunft die Biologie als Wissenschaft und die Biotechnologie als Technologiebasis so relevant werden, welchen Einfluss und welche Ansprüche wird dies auf die Arbeitsplätze der Zukunft haben? Kremoser: Wissenschaft und Technologien werden sicherlich großen Einfluss haben. Dementsprechend wird der Bedarf an wissenschaftlich und technisch ausgebildeten Spitzenkräften steigen. Dies ist bereits heute schon absehbar. Fachkräftemangel offenbart sich schon heute in manchen Bereichen. Andererseits kommt es einem Land wie Deutschland entgegen, wo der Bildungsstand hoch ist, akademische Ausbildungsgänge immer stärker eingeschlagen werden und volkswirtschaftliche Wertschöpfung generell in einem rohstoffarmen Land wie Deutschland stärker auf Wissen aufgebaut ist. Hoerr: Neben den wissenschaftlich und technisch qualifizierten Mitarbeitern, die ohne Zweifel wichtige Erfolgsfaktoren sind, wird es aber auch darauf ankommen, das Unternehmertum zu stärken bzw. vor allem das Bild des Unternehmers in der Gesellschaft neu zu zeichnen, so wie es z. B schon immer in den USA geprägt ist. Dieses positive Bild hilft, bahnbrechende Innovationen und Durchbrüche auch in Deutschland zu schaffen. Dr. Claus Kremoser Dr. Holger Zinke Dr. Siegfried Bialojan Licht: Hochqualifizierte Arbeitsplätze in den neuen Schlüsselindustrien sind nicht nur attraktiv. Sie gehen auch einher mit höheren Löhnen und tragen dadurch zu einer Steigerung des Steueraufkommens bei. Investitionen in Innovation und die Schlüsselindustrien der Zukunft sind somit volkswirtschaftlich direkt verbunden mit steuerlichen Rückflüssen, die dem Staat zugutekommen. Perspektive | 13 Biologisierung und Digitalisierung – Eckpfeiler der Innovation Biologisierung und Digitalisierung als Eckpfeiler der Innovation Für die Schlüsselindustrien der Zukunft stechen zwei wesentliche Pfeiler heraus, die aus strategischer Sicht parallel und in ähnlicher Weise als essenzielle Innovationstreiber wirken: • Die digitale Transformation von Industrien • Die Biologisierung von Industrien Digitalisierung gibt den Takt vor Digitalisierung ist in aller Munde. Dieses Thema ist bereits viel breiter in der Gesellschaft verankert und wird verstanden. Jeder geht heute bereits mit den Ergebnissen der Digitalisierung im praktischen Alltag um; die Dynamik der industriellen Etablierung ist im IT-Bereich viel schneller, weil eben auch die Wertschöpfungsprozesse schneller ablaufen und Märkte sich schneller entwickeln. „Digital transformation“ ist der Schlüssel in vielen Industrien und wird somit unbestritten zu einer unverzichtbaren Querschnittstechnologie, die die Entwicklung dieser Industrien in der Zukunft determiniert. Entsprechend erfährt dieses Thema nicht nur in der Gesellschaft enorme Aufmerksamkeit, sondern wird auch politisch hoch priorisiert. Mit der Digitalen Agenda (unter der Federführung von Wirtschafts-, Verkehrs- und Innenministerium) hat das Bundeskabinett am 20. August 2014 einen wichtigen Baustein der Wirtschafts- und Innovationspolitik beschlossen. Darin stellt sie fest: „Unsere Welt ist zunehmend digital vernetzt. In diesen Veränderungen liegen große Chancen für den Wohlstand, die Lebensqualität und die Zukunftsfähigkeit in Deutschland“. Die Bundesregierung fördert und gestaltet den digitalen Wandel aktiv. Eine wichtige Rolle spielt dabei der Nationale IT-Gipfel, der auf die Handlungsfelder der Digitalen Agenda neu ausgerichtet wird. Die Digitale Agenda gibt die Leitlinien der Digitalpolitik der Bundesregierung vor und bündelt Maßnahmen auf sieben zentralen Handlungsfeldern (siehe Auszüge aus der Verlautbarung der Bundesregierung zur Digitalen Agenda S. 15): An dem diesjährigen IT-Gipfel nahmen immerhin neben Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auch Arbeitsministerin Andrea Nahles, Forschungsministerin Prof. Dr. Johanna Wanka, Innenminister Dr. Thomas 14 de Maizière, Gesundheitsminister Hermann Gröhe und Infrastrukturminister Alexander Dobrindt sowie der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz teil. Dies unterstreicht die politische Bedeutung dieses Themas. Kann die Biologisierung nachziehen? Die Biologisierung hingegen zeigt sich bei weitem (noch) nicht so prominent. Einerseits sind nicht viele der Entwicklungen dem Endkunden so präsent bzw. beeinflussen sein Leben so offenkundig wie dies bei vielen IT-Innovationen der Fall ist. Andererseits sind die Entwicklungszeiten länger, damit auch Kosten und Risiken auf dem Weg zum Markt deutlich größer. Insofern stehen der Biologisierung ungleich größere Hürden in der Etablierung und gesellschaftlichen Akzeptanzfindung im Wege. Gerade der Zugang zu Kapital ist ein entscheidender Knackpunkt, der die beiden Gebiete unterscheidet. Während die Dynamik der schnellen Marktdurchdringung Investoren elektrisiert hat und vor allem dafür sorgt, dass überall Venture Capital für die innovativen Start-ups der Digitalwirtschaft aus dem Boden sprießen, krankt der Biotech-Sektor gerade an diesem Punkt. Die Etablierung einer nahtlosen Kapitalnahrungskette ist deshalb die zentrale Diskussion in der Branche. Dennoch muss es gelingen, die Parallelität dieser Treiber als Querschnittstechnologien stärker herauszustellen. Vor allem kann dabei die Bewusstseinsbildung für die Biologisierung durch die Analogie zur Digitalisierung sicherlich profitieren. Der Blick auf die wesentliche Rolle der Gesellschaft für die Dynamik der „Digitalen Transformation“ macht deutlich, wo möglicherweise die Defizite unter anderem im Bereich der Bioökonomie auch liegen: Misstrauen in der Bevölkerung und Technologiefeindlichkeit wurden in den Anfängen nicht adäquat adressiert. Hier liegt in der Tat ein Schlüssel, der Tore öffnen könnte. Eindeutig positiv besetzte Themen in der gesellschaftlichen Diskussion drehen sich um Umweltschutz, Ressourcenschonung, Emissionsschutz, Abbau von Schadstoffen, energetisch effizientere Herstellungsverfahren, nachhaltige Bereitstellung von nachwachsenden Rohstoffen und entsprechende Verfahren ihrer Nutzung – allesamt Kernkompetenzen der Bioökonomie – nur, wer | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 führt sie? Wo sind die politischen Protagonisten, die die dafür notwendigen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen jetzt erfassen und angehen? Die Inhalte der Digitalen Agenda können in den meisten Punkten „eins zu eins“ übernommen werden für eine „BioökonomieAgenda“: • Verbesserung von Rahmenbedingungen • Bioökonomie und Wirtschaft • Gesellschaftlicher Dialog • Wissenschaft, Forschung, Kultur und Medien • Sicherheit Wenngleich der Aufwand seitens des Staates möglicherweise aufgrund der erwähnten größeren Hürden größer sein muss – die Verbesserungen der Rahmenbedingungen vor allem im Hinblick auf bessere Kapitalisierung der Biotechnologie bleiben die wichtigsten Forderungen – so versprechen die wirtschaftlichen Potenziale am Ende zumindest ebenso großen volkswirtschaftlichen „Return“, wie wir ihn heute im IT-Bereich bereits sehen. Auszug aus den Handlungsempfehlungen des Bioökonomierates vom 26.11.2013 Mobilisierung von Kapital: Im Gegensatz zu anderen Ländern mangelt es Deutschland an der Umsetzung wissenschaftlicher Ergebnisse in die wirtschaftliche Praxis. Einer der Gründe dafür ist fehlendes Eigenkapital für Wachstumsunternehmen. Für diese Unternehmen stellt die Börse keine Finanzierungsquelle dar, die PrivateEquity- und speziell die Venture-CapitalInfrastruktur ist unterentwickelt. Für den Aufbau neuer industrieller Strukturen mit ihren hohen Anfangsinvestitionen greifen staatliche Förderinstrumente zu kurz. Daher müssen Lösungen gefunden werden, privates Kapital für Investitionen in Unternehmen und neue biobasierte Prozesse z. B. über steuerliche Vorteile zu mobilisieren. Die Schaffung eines innovationsorientierten Kapitalmarktes ist über die Bioökonomie hinaus von zentraler Bedeutung bei der Erneuerung industrieller Strukturen. Digitale Agenda (Auszüge) 1. Digitale Infrastrukturen Deutschland will eine Vorreiterrolle bei der Durchdringung und Nutzung digitaler Dienste einnehmen. Mittels eines effizienten Technologiemix soll deshalb eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur entstehen. Die Digitale Agenda sieht dafür die Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Unterstützung des marktgetriebenen Ausbaus vor. Die Bundesregierung will so Mobilität fördern, neue Dienste unterstützen und Potenziale für das Gesundheitswesen erschließen. 2. Digitale Wirtschaft und digitales Arbeiten Die Veränderungen der Digitalisierung wie Big Data und Smart Data, Smart Services, mobile Internetnutzung, Cloud Computing und Social Media betreffen die deutsche Wirtschaft in hohem Maße. „Industrie 4.0“ – die vernetzte Produktion – hat das Potenzial, Wertschöpfungsketten grundlegend neu zu gestalten und die Geschäftsmodelle der deutschen Leitbranchen erheblich zu beeinflussen. Die global starke deutsche Industrie muss dafür marktfähige und sichere Technologien entwickeln und Standards bei wichtigen digitalen Anwendungen setzen. Es gilt, vor allem kleine und mittlere Unternehmen darin zu unterstützen, ihre Innovationsfähigkeit durch neue digitale Technologien zu erhöhen. Auch die digitale Wirtschaft selbst soll unterstützt werden. Für junge IT-Unternehmen und Start-ups stehen spezielle Fördermaßnahmen bereit und der BMWi-Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“ wird ausge baut. Aber auch ein moderner Ordnungsrahmen gehört dazu, um Freiheit, Transparenz, Datenschutz und -sicherheit sowie den Wettbewerb in der digitalen Welt sicherzustellen. 3. Innovativer Staat Die Bundesregierung setzt sich für eine digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung ein. Die digitalen Dienstleistungsangebote der Verwaltung sollen einfacher, effektiver und dennoch sicher abrufbar sein. Ziel ist es, die Transparenz des Staates zu fördern und Daten einfach und verlässlich bereitzustellen. 4. Digitale Lebenswelten in der Gesellschaft Die Bundesregierung wird den Dialog mit gesellschaftlichen Gruppen ausweiten und neue Wege unterstützen, um die Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger an der Digitalisierung zu ermöglichen. 5. B ildung, Forschung, Wissenschaft, Kultur und Medien Bildung, Forschung, Wissenschaft, Kultur und Medien sind zentrale Einsatzfelder neuer digitaler Nutzungsmöglichkeiten und maßgebliche Treiber und Garanten für die weitere digitale Entwicklung. Deshalb sieht die Digitale Agenda vor, den digitalen Wandel in der Wissenschaft zu forcieren und Zugang zu Wissen als Grundlage für Innovation zu sichern. Innovationspotenziale, Geschäftsmodelle und Verbreitungswege der Digitalisierung sollen genutzt und die Auswirkungen des digitalen Wan dels erforscht werden. Um die durch die Digitalisierung geschaffenen neuen Gestaltungs- und Teilhabemöglichkeiten zu nutzen, müssen Staat, Wirtschaft und Gesellschaft in wichtige Bereiche der Bildung, der Wissenschaft und der Infrastrukturen nachhaltig investieren und für entsprechende Rahmenbedingungen sorgen. 6. Sicherheit, Schutz und Vertrauen für Gesellschaft und Wirtschaft Damit die Digitalisierung ihr volles Potenzial für Gesellschaft und Wirtschaft in Deutschland entfalten kann, muss auch im Netz Sicherheit und Schutz gewährleistet sein. Das betrifft sowohl Verbraucherinnen und Verbraucher als auch Unternehmen, die sich auf den Schutz ihrer Daten und auf die Integrität und Verfügbarkeit der digitalen Infrastrukturen verlassen können müssen. Sicherheit der Systeme und Schutz der Daten sind die zentralen Querschnittsthemen der Digitalisierung und werden in allen Handlungsfeldern der Digitalen Agenda berücksichtigt. 7. Europäische und internationale Dimension der Digitalen Agenda Um ein offenes, freies und sicheres, globales Internet als Raum der Meinungsvielfalt, Teilhabe, Innovation und als Motor für Wirtschaftswachstum und Arbeit zu schützen und weiter auszubauen, müssen die Regeln und Rahmenbedingungen für das globale Netz auch auf europäischer und internationaler Ebene eingebettet und flankiert werden. Perspektive | 15 Innovation – Wachstum – Bioökonomie Limits of Growth? Wachstum, oder „ Growth“, ist seit langer Zeit ein buntes Schlag- oder besser Schlachtwort. Von den einen wird es verteufelt, gebrandmarkt, als Quelle vielen Übels angesehen, weil es immer ein Mehr und damit potenziell auch ein Mehr an Umweltbelastungen und -schäden beinhaltet. Von den anderen wird es als unverzichtbare Grundlage für mehr Wohlstand, Erhalt von mehr Arbeitsplätzen und sozialem Frieden gefordert. Bezeichnenderweise hat der Club of Rome in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts seine fast schon legendäre Stellung durch eine entsprechende, eher negative Wachstumsthese begründet, nämlich die Grenzen und keinesfalls etwa die Möglichkeiten oder Potenziale des Wachstums darzustellen, eine apokalyptische Sichtweise, die im Übrigen weitgehend nicht eingetreten ist: „The Limits of Growth“. Aber damit war schon mal für die weltweite Diskussion eine wichtige Duftmarke gesetzt. Nächster Schritt zur Bioökonomie Diese Entwicklung wird nun seit fast einem Jahrzehnt bereichert und ergänzt durch die Diskussion um eine neue und gleichzeitig alte Wirtschaftsform. Seit September 2005 hat sich sozusagen klammheimlich aus den Amtsstuben Brüssels das Konzept der wissensbasierten Bioökonomie oder noch griffiger, der biobasierten Wirtschaft, kurz der Bioökonomie, entwickelt. Was verbirgt sich dahinter? Der Gedanke der Bioökonomie als einer ursprünglich als Forschungskonzept gedachten neuen und zugleich alten Wirtschaftsform beruht ganz einfach darauf, dass sich unser Wissen um Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen und Insekten, also der sogenannten biologischen Ressourcen, in den letzten Jahrzehnten immens vervielfacht hat und kaum mehr zu überblicken ist. Kann man aus dieser Kumulierung des Wissens nicht etwas mehr machen, wurde seinerzeit in der EU-Kommission gefragt? Was bedeutet „nachhaltig“? Nun hat sich diese Diskussion weiterentwickelt, und zwar, wie es kommen musste, geprägt durch die banale Erkenntnis: Die Wahrheit liegt doch meistens in der Mitte. Wachstum wurde qualifiziert, wurde fast schon normiert, mit einem Adverb ergänzt. Wachstum ja, aber nur, wenn nachhaltig praktiziert. Ob wir damit schlauer geworden sind, bleibt dahin gestellt: denn längst ist auch der Begriff der Nachhaltigkeit komplexer, aber auch vager geworden. Er hat sich aus seiner ausschließlich ökologischen Sichtweise gelöst und vereint heute unstrittig Ökologie, Ökonomie und soziale Komponenten seit dem berühmten Nachhaltigkeitsgipfel der Europäer Anfang des Jahrtausends in Göteborg. Es hat lange gedauert, bis die Wissenschaft entsprechend umfassende Indikatoren und Bewertungsmethoden entwickelt hat, um dem staunenden Publikum mit einigermaßen verbindlicher und anerkannter Überzeugungskraft mitteilen zu können, was heute nachhaltig und was vor allem nicht nachhaltig ist. Vorbild Natur Biologische Ressourcen als Ausdruck der lebenden Natur weisen immerhin durchaus Eigenschaften auf, die recht einmalig sind, wie Erneuerbarkeit, Karbonneutralität oder zumindest Klimafreundlichkeit, Ersatz für fossile Grundstoffe, Potenzial für Mehrfachnutzung oder Nutzung in sogenannten Kaskadenformen mit klaren Parallelen und Elementen der sogenannten Kreislaufwirtschaft („Circular Economy“) und schließlich sogar die Chance für neue stoffliche Eigenschaften, wie etwa Stabilität, Dauerhaftigkeit, Nichttoxizität oder Festigkeit. Nun ist es ja nicht so, dass der Menschheit dies erst seit kurzem aufgefallen wäre oder bekannt wurde: Aber das Neue an diesem alten Konzept war, dass man heute einfach enorm mehr wusste und damit auch die Chance oder sogar Notwendigkeit entstand, erstmals sich dieses neue Wissen systematisch zunutze zu machen, gerade auch durch Einbeziehung der Potenziale begleitender oder unterstützender neuer Technologien, wie der Informations-, Kommunikations- oder Nanotechnologien. 16 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Dr. Dr. h.c. Christian Patermann, Direktor a.D. der Europäischen Kommission (Biotechnology, Agriculture, Food), Ehem. Mitglied des Bioökonomierates Integration statt Isolation Man wurde sich erstmals auch richtig bewusst, all dieses Wissen nicht isoliert zu betrachten oder zu nutzen, sondern miteinander „bekannt zu machen“, oder wie man in der Technologiesprache zu sagen pflegte, in sogenannte Wertschöpfungsketten zu „integrieren“. Dies erforderte allerdings innovative neue Formen des Zusammenspiels der diversen Akteure, oder neudeutsch Stakeholder, entlang dieser Wertschöpfungsketten, von der Idee bis zum zu vermarktenden Produkt oder Verfahren, von neuen interdisziplinären Ausbildungsgängen bis zur Bereitschaft, sich auch um Normen und Standards als Wissenschaftler oder Manager zu kümmern. Staaten springen auf Innerhalb weniger Jahre investierte die EU für die Bioökonomie im Rahmen ihrer Förderrahmenprogramme, nämlich des siebten Forschungsrahmenprogramms, zunächst zwei Milliarden Euro. Damit verhalf sie übrigens der seit Anfang des Jahrtausends auf Null reduzierten Landwirtschaftsforschung und -entwicklung wieder zu einem Comeback, denn Pflanzen und Tiere sind nun mal primär Agrarprodukte. Auch viele Mitgliedsstaaten der EU, wichtige Industrieländer außerhalb der EU, BRICKS(Brasilien, Russland, Indien, China, Korea, Südafrika)-Staaten und vor allem die Agrarrohstoffindustrie, die chemische Industrie und viele andere Branchen wandten sich einer verstärkten systematischen Nutzung dieser sogenannten biologischer Ressource statt der herkömmlichen fossilen Grundstoffe zu. Benelux und Deutschland Allen voran gingen die Beneluxstaaten, vor allem die Flämische Region und die Niederlande mit eigenen großen Programmen und Strategien und vor allem praktischen Förderfällen, Entwicklung von Demonstrationsund Pilotanlagen bei Bioraffinerien, ja sogar dezidierten Ausbildungsstätten. Es folgte der große Tanker Deutschland, als erstes Mitgliedsland mit einer eigenen Forschungsstrategie schon aus dem Jahr 2010, mit einer eigenen politischen umfassenden Wirtschaftsstrategie vom Juli 2013, mit einem eigenen hochrangigen Beratungsgremium, dem Bioökonomierat, Jahre, bevor die EU-Kommission ihr eigenes Bioeconomy Panel einsetzte, und mit einer Vielzahl kleinerer Vorhaben. Skandinavien Die skandinavischen Staaten, allen voran Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden und seit kurzem auch die westnordischen Staaten Island, Grönland und Färöer Inseln kamen schnell nach mit eigenen nationalen Strategien, Programmen etc. mit unterschiedlicher Prioritätensetzung, meist auf Lignin- und Zellulose-Basis, und oft auch auf marine Ressourcen, vor allem Aquakulturen, neuen Nutzungen von Mikro-, aber auch Makroalgen zielend. Frankreich Frankreich praktiziert eindrucksvoll eine Vielzahl von hochinteressanten biobasierten Prozessen, von der Picardie bis in die Region Metz, und von Montpellier bis Reims, mit den größten betriebenen Bioraffinerien Europas und interessanten Modellen für PPPs (public private partnerships). Hier ist hervorzuheben, dass die Anfang März 2015 verabschiedete neue Forschungsstrategie der französischen Regierung dezidiert ein Aktionsprogramm „Bioökonomie im Dienst der energetischen und ökologischen Transformation“ vorsieht, bei dem interessanterweise die Brain AG mit ihren Arbeiten an Mikroorganismen für die CO2-Valorisierung hervorgehoben wird. Noch interessanter aber ist, dass die französische Regierung unter Federführung des Landwirtschaftsministeriums an einer umfassenden nationalen Bioökonomiestrategie arbeitet, die noch 2015 die bisher schon vielfältigen Aktivitäten auf eine sicherere strategische und planungsbasierte Grundlage stellen soll. Weitere europäische Staaten Österreich ist seit der letzten Regierungsneubildung 2013 sehr rührig und bereitet eine parteienübergreifende Initiative vor. Polen hat seit Anfang 2015 eine vornehmlich industriell orientierte Bioökonomieplattform eingerichtet, die gleichfalls u. a. die Potenziale für die polnische Wirtschaft, aber auch die polnischen Regionen ausloten soll. Italien hat nach wie vor die Erarbeitung einer nationalen Strategie im Auge, Spanien arbeitet an einer umfassenden nationalen Bioökonomiestrategie, die in der ersten Hälfte 2015 fertig gestellt werden soll. Irland hat eine Taskforce gegründet, die bis Ende 2015 nach Verabschiedung einer eigenen Strategie nun dem Premierminister Vorschläge unterbreiten soll, wie die Potenziale der Bioökonomie für Irland besser genutzt werden können. Sogar einzelne Regionen beteiligen sich … Schottland verfügt seit 2014 über einen eigenen Bioraffinerien-Aktionsplan. Die nordische Union und mehrere Regionen, etwa deutsche Bundesländer, wie NRW, BadenWürttemberg und möglicherweise bald Mecklenburg–Vorpommern verabschiedeten gleichfalls eigene Strategien und Programme mit dem Namen Bioökonomie. In SachsenAnhalt hat die Landesregierung in ihrer Leitmarktinitiative auf den engen Zusammenhang zwischen der sogenannten Grünen Chemie und der Bioökonomie hingewiesen. … und Länder außerhalb der EU Und das Festival ging auch außerhalb Europas weiter: Die russische Föderation, die USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika, Argentinien, Brasilien, Malaysia etc.: Sie alle haben in den letzten zwei Jahren nationale Initiativen verabschiedet und investieren in diese neue Wirtschaftsform, teils mit erheblichen neuen steuerlichen Fördermodellen, teils mit interessanten neuen Allianzen zwischen Wirtschaft, Staatsfonds und üblicher öffentlicher Förderung. Auch die Industrie erkennt die Chancen Parallel dazu muss die Liste der entsprechenden industriellen Arbeiten, Demonstrations- und Pilotvorhaben für sogenannte biobasierte Produktionen und Verfahren erwähnt werden, die schon lange kaum mehr verfolgbar ist: Ob es biobasierte Acrylsäure, Bernsteinsäure, neuerdings auch biobasierte Lävulinsäure (ein wichtiges Beiprodukt aus der Zuckerproduktion), ob es um Ersatz von fossilbasierten Polyamiden durch laurische Aminosäuren, biobasierte Fischer-Dübel, biobasierte Kabelschutz-Wellrohre mit höchster Biegewechselfestigkeit und bisher nicht gekannter Standzeit in der Robotertechnik geht, ob um neue Coca-Cola oder Pepsi-Cola-Flaschen aus hundertprozentiger biobasierter PET- oder PEF-Technologie mit neuen Materialeigenschaften oder um biobasierte Butandiol-Produktion für den Automobilbereich oder die Chipherstellung, für Sportwaren, Kosmetik oder Lebensmittelzusätze: Die Giganten der Konsumgüterindustrie, wie Procter & Gamble, Heinz, Coca Cola, L’Oréal, Nike aber auch Fluggesellschaften wegen biobasiertem Flugbenzin (Biokerosin) haben den Trend voll erkannt und mischen kräftig mit, einschließlich großer Firmen und Organisationen aus Japan, China, Brasilien, Malaysia und Korea. Aber keine Resonanz in den Medien Deshalb überrascht es umso mehr, dass in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion in den Medien, zumindest Europas, das Thema eines solchen biobasierten Paradigmenwechsel, das Thema der Biologisierung der Wirtschaft, noch nicht nachhaltig in die Ganglien der Entscheider eingedrungen ist. Zwar haben die Koalitionsvereinbarungen jüngst in Deutschland, aber auch in Österreich den Gedanken der Bioökonomie aufgenommen und als Teil der Zukunft anerkannt: Aber das bleibt doch ganz wenigen Kreisen vorbehalten und erreicht weder den Kopf noch die Herzen der Massen. Schade eigentlich, denn was sich hier eigentlich eher klammheimlich abspielt, ist Zukunft, ist Innovation pur. Es ist nicht einfach zu beschreiben, höchstkomplex, aber eigentlich nicht mehr umkehrbar und unendlich folgerichtig in unserer Geschichte, nicht unbedingt von vornherein ein Abonnement auf einen Königsweg, aber sicher kein Irrweg. Warum? Perspektive | 17 Wo ist der Unterschied zu den letzten Jahrtausenden? Die Menschheit hat schon immer auf biobasierte Produkte und Verfahren gesetzt, aber mehr aus Zufall, Pragmatismus, nie als System. Das lag einfach daran, dass unser Wissen genauso sporadisch und zufällig war, über die Zelle, die Gene, die Moleküle und Atome, vom Nano- bis systemischen Ansatz. Das ist seit einigen Jahrzehnten anders und das ist uns auch bewusst geworden. Doch nun, bei der Umsetzung dieses Konzepts, bietet sich zusätzlich eine Chance, durch eine intelligente Kombination der bereits geschilderten Alleinstellungsmerkmale biologischer Ressourcen, wie ihrer Erneuerbarkeit, Karbonneutralität, Mehrfachnutzung, vor allem in Kaskadenform (z. B. vorgeschaltete umfassende stoffliche Nutzung vor energetischer Endnutzung) und Existenz neuer, auch umweltfreundlicher stofflicher Eigenschaften eine eindrucksvolle Brücke zum Gedanken des Wachstums durch Innovation zu schlagen. Die EU-Kommission hat dies im Februar 2012 mit dem bemerkenswerten Titel ihrer ersten europäischen Bioökonomiestrategie versucht: „Innovating for Sustainable Growth – A Bioeconomy for Europe“. men, können Holz, Stärkepflanzen, Pflanzenöle und Zucker zusätzlich Wachstum generieren, etwa wenn Holz zunächst als Baumaterial, dann in Spanplatten und schließlich als Wertabfall energetisch als Pellet verheizt, d. h. energetisch am Ende genutzt wird. Wachstum heißt hier vermehrte Wertschöpfung, auch dadurch, dass ich z. B. bisher genutzte toxische Chemikalien überflüssig mache, durch die energetische Nutzung Treibhausgasemissionen verringere und überhaupt den Vorrat an endlichen fossilen Ressourcen strecke. Stichwort Wertschöpfungskette Der Kerngedanke für diese Troika Innovation, Wachstum und Bioökonomie ist der bereits erwähnte Begriff der Wertschöpfungskette, dem die interessierte Öffentlichkeit in der Zukunft viel mehr Aufmerksamkeit schenken sollte, auch in Hinblick auf die Möglichkeiten der Bewältigung großer Zukunftsaufgaben unserer Welt von Morgen, etwa Ernährungssicherheit, Gesundheit, Wasser und Klimaschutz, um nur einige zu nennen. So ist Holz ein wertvoller Grundstoff, weit mehr als für Möbel und Spielzeug zu verwenden, und Pflanzen sind Multitalente, nicht nur Blumendekoration. Im Gegensatz zu fossilen Grundstoffen sind sie erneuerbar, nachwachsend und zeigen damit schon per se ein Wachstumselement auf. Mehrfach genutzt, etwa in Kaskadenform, unterstützt durch die Möglichkeiten von Mikroorganis- USA holen auf Viele solcher Wertschöpfungsketten werden derzeit von der Industrie in vielen Wirtschaftsbranchen identifiziert, ob aus den Potenzialen der Ozeane oder auf dem Land, ob aus den Möglichkeiten der funktionellen Artenvielfalt oder den Chancen der sogenannten Grünen Chemie. Viele Möglichkeiten sind aber noch nicht erkannt und harren der systematischen Erforschung und Nutzung, ob für Kosmetik, neue Textilien, Futtermittelzusätze oder sogenannte „renewable chemicals“. Letzteres haben vor allem die USA kürzlich durch die Änderungen der sogenannten Farm Bill klar erkannt, wo sie massiv die gleiche oder sehr ähnliche Behandlung von stofflicher und energetischer Nutzung der Biomasse finanziell und strukturell vorantreiben werden. In China hat die SINOPEC, der größte nationale Ölverarbeiter, kürzlich die staatliche Zulassung für die Produktion von Biokerosin erhalten. 18 Systematische Biokatalyse Aber all dies kann ganz häufig nur mit Hilfe von sogenannten Top-Molekülen geschehen, z. B. der genannten Bernstein- oder Milchsäuren. In der Regel besitzen diese mehrere funktionelle Gruppen, über die sich dann vielfältige Reaktionswege eröffnen. Und das entscheidende Wachstumselement ist dann, dass sich diese komplexen Zwischenprodukte oder Intermediate wegen dieser zahlreichen Kombinationsgaben in viele Folge- und Endprodukte, wie Polymere, Schmierstoffe, Tenside, Lösungsmittel, Kosmetika oder Fasern umsetzen lassen. Dies hat die Wissenschaft uns erst kürzlich gelehrt. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Europa muss dranbleiben Europa wird sich sputen müssen, um in der Umsetzung der Bioökonomie im industriellen Maßstab mitzuhalten. Denn die Troika Wachstum, Innovation und Bioökonomie wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie durch die Troika Politik / Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft mit neuen Formen rechtzeitiger, ausreichender Finanzierung, der Bereitschaft, ungewöhnliche Allianzen der Partner entlang der ganzen Wertschöpfungskette einzugehen, ergänzt wird. Dazu gehört aber auch, nicht nur die Grenzen, sondern die Chancen des nachhaltigen Wachstums als Mehrung der Wertschöpfung proaktiv zu erkennen und zu vertreten, d. h. dem nachhaltigen bioökonomischen Wachstum eine Chance zu geben. Ob die genannte Troika mit ihrer unbestrittenen Nähe zur Nachhaltigkeit, ihren Elementen aus der Kreislaufwirtschaft, der Circular Economy, die neuerdings stärker in der Diskussion sind, und schließlich ihrer starken inhärenten Potenziale zur Ressourceneffizienz nun schon die Vorbereitung zum nächsten Kondratjew-Zyklus darstellt, wie von einigen bereits geunkt, bleibt dahingestellt: Der Countdown hierzu hat jedoch bereits weltweit begonnen. In Anlehnung an einen Beitrag aus dem Magazin „Blickwinkel“ der BRAIN AG Perspektive | 19 Kennzahlen 20 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Positive Grundstimmung und Zukunftsperspektive Kennzahlen der deutschen Biotech-Industrie (nach Unternehmensstatus) Private Unternehmen 2013 2014 394 386 8.290 Umsatz F&E-Ausgaben Börsennotierte Unternehmen 2013 2014 -2 % 13 15 8.450 2 % 1.380 960 950 -1 % 660 670 -260 -270 Gesamtindustrie 2013 2014 15 % 407 401 -1 % 1.610 17 % 9.670 10.060 4 % 210 203 -3 % 1.170 1.153 -1 % 2 % 113 142 26 % 773 812 5 % 4 % -82 -86 5 % -342 -356 4 % Allgemeine Kennzahlen Anzahl Unternehmen Anzahl Beschäftigte Finanzdaten (Mio. €) Verlust Quelle: EY und Capital IQ Kennzahlen zweigeteilt Umsatzrückgang Abnahme der Firmenzahl Die Kennzahlentabelle lässt auf den ersten Blick ein zweigeteiltes Bild erkennen. Einerseits tendieren die Zahlen, die den tatsächlichen Geschäftsverlauf der vergangenen Periode für Unternehmen und Branche dokumentieren, in die negative Richtung: Der Umsatzrückgang von insgesamt einem Prozent fiel zwar schwächer aus als im Vorjahr (- 7 %); er betrifft – im Gegensatz zum Vorjahr – vor allem die börsennotierten Gesellschaften mit einem Minus von drei Prozent besonders stark. Hintergrund sind Umsatzrückgänge z. B. bei MorphoSys, bedingt durch geringere Lizenzzahlungen der Pharma-Partner nach außerordentlich hohen Zahlungseingängen im Jahr zuvor. Des Weiteren übte auch die starke Reduktion der Firmenaktivitäten bei WILEX nach dem Abbruch der Rencarex®-Entwicklung Einfluss aus. Schließlich nimmt auch die Firmenzahl, die über viele Jahre auf stabilem Niveau stagniert hatte, im zweiten Jahr in Folge weiter ab. Dies liegt vor allem daran, dass die Anzahl der Neugründungen, die bereits seit 2010 ständig abgenommen hatte und im Vorjahr (2013) noch einmal um fast die Hälfte eingebrochen war, 2014 nun erneut (33 %) zurückging und mit gerade einmal zehn Neugründungen einen neuen Tiefststand erreicht. Gründe hierfür werden in der Analyse der Neugründungen angesprochen. •R ückgang bei der Zahl der privaten Unternehmen • Rückläufige Umsätze • Anstieg der Verluste Dies untermauert die nach wie vor schwierige Gesamtsituation, der die Unternehmen trotzen müssen. Verlustzunahme Nach einem signifikanten Abschmelzen der Verluste im vergangenen Jahr wurden im Berichtsjahr wieder neue Schulden angehäuft – sowohl auf Seiten der privaten als auch der börsennotierten Firmen. Während Evotec seine Verluste um 73 Prozent reduzieren konnte, war MorphoSys 2014 wieder leicht in die Verlustzone gerutscht. Für beide Unternehmen können diese Bewegungen aus dem Plattformgeschäft mit Partnern abgeleitet werden, wo nicht in jedem Jahr Meilensteinzahlungen erfolgen und somit modellbedingt Schwankungen auftreten. Immerhin setzte sich erfreulicherweise ein ebenfalls im letzten Jahr einsetzender Trend fort – es wurden weniger Insolvenzen im Vergleich zu den Vorjahren verbucht. Damit konnte der noch drastischere Rückgang der Unternehmenszahl aufgehalten und die Marke 400 gerade noch gehalten werden (401). Kennzahlen | 21 Fluktuation bei deutschen Biotech-Unternehmen 717 Beschäftigte sowie der Ausbau bei MorphoSys um zehn Prozent auf aktuell 329 heraus. Diese Zuwächse überdecken die leider auch erforderlichen Mitarbeiterreduktionen, z. B. bei WILEX nach dem Scheitern der klinischen Entwicklung ihres Phase-III-Wirkstoffs. Anzahl Firmen 35 30 25 20 2 5 2 2 4 10 1 6 15 5 10 5 14 34 16 23 17 27 13 15 11 10 0 2010 2012 2011 Insolvenzen / Auflösungen Neugründungen M&As 2013 2014 Nicht aktiv und Sonstige Quelle: EY Zukunftsperspektive optimistischer Im Gegensatz zu den negativen Trends bei Umsatz, Verlust und Firmenzahl weisen die Kurven bei den mehr in die Zukunft gerichteten Kennzahlen deutlich in die positive Richtung. Der positive Trend hinsichtlich der F&EAusgaben ist darüber hinaus auch konsistent über die verschiedenen Geschäftsmodelle verteilt: sowohl Dienstleister und Technologieentwickler wie auch Therapeutikaentwickler teilen den Optimismus. Mehr Mitarbeiter beschäftigt F&E-Ausgaben steigen wieder Der wichtigste Parameter für eine positive Stimmung und mehr Optimismus für die Zukunft sind die Investitionen in F&E. Gerade für eine innovative Branche wie die Biotechnologie ist dies der wichtigste Gradmesser für das Innovationsgeschehen bzw. für das aktive Umsetzen von innovativen Ideen in neue Produkte am Markt. Während noch im vergangenen Jahr mit deutlich negativem Wachstum (- 6 %; bei börsennotierten Unternehmen sogar - 22 %) die Innovationskraft an sich in Frage gestellt worden war, sind die aktuellen Werte mit (zwar bescheidenen) zwei Prozent bei den privaten aber 26 Prozent Wachstum bei den börsennotierten Firmen erfreuliche Lichtblicke, die den offenbar wieder steigenden Optimismus der Biotech-Branche insgesamt widerspiegeln. Dieser Trend wird weiter untermauert durch ebenfalls wieder steigende Mitarbeiterzahlen, d. h. auch hier zeigen Unternehmen neuen Mut und die Zuversicht auf bessere Entwicklung in der Zukunft. Bei den transparenten börsennotierten Unternehmen ragen vor allem die Personalaufstockungen bei Evotec um 18 Prozent auf inzwischen Ein divergierendes Bild ergibt sich (im Segment der privaten Unternehmen) aus der Differenzierung zwischen Dienstleistern und Technologieentwicklern sowie den Therapeutikaentwicklern. Erwartungsgemäß tun sich die Medikamentenentwickler nach wie vor schwerer und sind gerade aufgrund der Finanzierungsknappheit häufiger gezwungen, Kapitalengpässe durch Personalreduzierung aufzufangen. Aktuell betrug der Abbau 12 Prozent. Dienstleister hingegen profitieren und wachsen durch den anhaltenden Trend zum Outsourcing auch personell stärker (+ 8 %) und auch die Unternehmen der industriellen Biotechnologie haben ihr Personal um über neun Prozent aufgestockt. Finanzkennzahlen der börsennotierten Firmen deutlich positiv Für die börsennotierten Unternehmen gibt es weitere Kennzahlen aus deren Bilanzen, die die positive Tendenz weiter bestätigen: So wird in der Summe eine zehn-prozentige Steigerung der „total assets“ verzeichnet, ein Anstieg der „cash & cash equivalents“ (liquide Mittel) um 33 Prozent sowie ein Zuwachs von 26 Prozent bei der Marktkapitalisierung, der nicht nur durch die beiden hinzugekommenen Börsenneulinge Probiodrug und Affimed zustande kam. Vermögenswerte der deutschen börsennotierten Unternehmen 2013 2014 Liquide Mittel 180 240 33 % Kurzfristige Finanzanlagen 390 320 -18 % Gesamtvermögen 870 960 10 % Vermögenswerte (Mio. €) Quelle: EY und Capital IQ 22 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Ein neues Momentum? Insgesamt lassen sich die Unternehmen ihre positivere Zukunftsperspektive nicht durch die schwächeren Geschäftsergebnisse der Berichtsperiode (Umsatzrückgang, Verlustanstieg, abnehmende Firmenzahl) verderben. Sie investieren trotzdem in die Zukunft und haben dabei sogar eine geringfügige Zunahme der Schuldenlast in Kauf genommen. Dynamik bei den Kennzahlen und Finanzdaten nach Unternehmensstatus Änderungsrate 2013 / 2014 30 % 25 % 20 % 15 % Dieses Signal war nach der Finanzkrise bisher nicht beobachtet worden. Insbesondere die deutliche Zurückhaltung in den F&EInvestitionen über die letzten Jahre hatte Anlass zu großer Sorge gegeben. Auf jeden Fall zeigt sich Licht am Ende des Tunnels, dem man weiter entgegenstreben sollte. Wann, wenn nicht jetzt? Im Sinne der Ausführungen im Kapitel „Perspektive“ ist dieses Momentum – die Bereitschaft und der stärkere Optimismus bei den Unternehmen – ein weiteres Argument für die politische Diskussion. Die dort geforderten Maßnahmen für Anleger, Investoren und Unternehmen sollten explizit in einer Phase wiederkehrender Hoffnung und mutiger Vorwärtsbewegung doppelt effektiv wirken. Es wäre sträflich, sich in dieser Situation zurückzulehnen und darauf zu vertrauen, dass die allgemeine Wirtschaftserholung seit zwei Jahren nun (endlich) eben doch auch die Biotechnologie erreicht. 10 % 5 % 0 % -5 % Anzahl Beschäftigte Private Unternehmen Umsatz F&E-Ausgaben Verlust Börsennotierte Unternehmen Quelle: EY und Capital IQ Kennzahlen | 23 Neugründungen mit Mut Die Mehrheit der Neugründungen 2013 / 2014 sind Medikamentenentwickler (n=23) 9 % damit Gründungen in den Bereichen Diagnostik, Tools, Bioinformatik etc. fast zu Randerscheinungen. Offenbar werden diese produktgetriebenen Unternehmen nach wie vor von den Seed-Investoren und Gründungsinitiativen am vielversprechendsten beurteilt. Woher kommen die Ideen? 9 % 9 % 13 % Es ist erstaunlich zu sehen, dass die Neugründungen der Biotechnologie in Deutschland fast 20 Jahre nach dem initialen BioRegio-Wettbewerb immer noch fast ausschließlich aus den damaligen Siegerregionen kommen. Das Cluster um München hat dabei die Nase vorn, gefolgt von der RheinNeckar-Region (Heidelberg), dem Rheinland (Köln / Bonn) und der Hauptstadtregion (Berlin), die gleichauf liegen. Dies spricht für den immer noch nachhaltigen Erfolg der damaligen Politikinitiative und dem damals festen politischen Willen, Biotechnologie als wichtigen Innovationsmotor in Deutschland zu etablieren. Das damalige Konzept wird weiter untermauert, indem auch heute noch der überwiegende Anteil (70 %) der Neugründungen aus dem akademischen Umfeld in unmittelbarer Nähe zu den etablierten Clustern entstehen. 60 % Neugründungen 2013 / 2014 nach Regionen Anzahl Neugründungen Bioinformatics Bio-related Tools Contract Research Drug Development Sonstige München Rhein-Neckar Quelle: EY Köln/Bonn Berlin Neugründungen mit Schwerpunkt Medikamentenentwicklung Neugründungen waren in den letzten Jahren bereits zahlenmäßig rückläufig. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Auch auf Ebene der Gründer hat sich herumgesprochen, dass Gründungen zwar durch eine Reihe von Initiativen finanziert werden, dass aber der Schritt zur Folgefinanzierung das entscheidende Hindernis ist. Das schreckt Gründungswillige offenbar zunehmend ab. Die Gründung eines Unternehmens ohne die auch längerfristig absehbare Perspektive ist keine Option. Das Potenzial ihrer Ideen bleibt damit leider noch früher stecken. Andere 0 1 2 Drug Development 3 4 5 6 7 8 Übrige Segmente Quelle: EY Neugründungen 2013 / 2014 nach Herkunft Anzahl Neugründungen Akademie / Inkubator Wie in den letzten Jahren aber auch schon bemerkt, sind die wenigen tatsächlich gegründeten Unternehmen dann jedoch zum überwiegenden Teil ausgerechnet auf dem risikoreichsten Sektor der Medikamentenentwicklung tätig – ein Paradoxon? Lag dieser Anteil im vergangenen Jahr noch bei 42 Prozent, so stieg er im aktuellen Berichtszeitraum auf 60 Prozent und macht 24 Andere Spin-off 0 Drug Development | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Übrige Segmente Quelle: EY Medikamentenentwickler ticken anders Betrachtet man den Sektor der Therapeutikaentwickler separat, verschieben sich die o. a. Verhältnisse allerdings: Immerhin entstehen deutlich mehr neue Firmen auch aus Spin-offs bestehender kommerzieller Firmen oder aus Inkubatoren im Übergangsraum von Akademie zur Industrie. Die Neugründungen im Therapiesektor für sich genommen zeigen auch nicht mehr die Dominanz des Clusters in München auf diesem Gebiet. Die neuere Entwicklung des m4-Clusters mit Schwerpunkt auf der personalisierten Medizin einerseits, andererseits aber auch die Reifung zu einem integrierten Standort, bringen dort ein breiteres Spektrum an neuen Firmen auf den Weg: vom Dienstleister über Diagnostikaentwickler bis zum Tools-Hersteller. Im Therapiesektor zeigt vor allem in Berlin die enge Zusammenarbeit der akademischen Einrichtungen am Max-Delbrück-Centrum sowie der Charité mit ihren angegliederten Spezialkliniken und die Bündelung der Kräfte im BIG (Berliner Institut für Gesundheitsforschung) erste Wirkung. Ebenso zeugen Ausgründungen aus den Universitäten in Köln / Bonn sowie dem ebenfalls in Bonn angesiedelten Life Science Inkubator für die wissenschaftliche Klasse in NRW. Neugründungen deutscher Biotech-Unternehmen, 2013 / 2014 Name Stadt Segment Gründungsjahr Akesion Schriesheim Drug Development 2014 Allecra Therapeutics Weil am Rhein Drug Development 2013 Berlin Cures Berlin Drug Development 2014 CAP-CMV Köln Drug Development 2013 CASCAT Straubing Fine Chemicals 2014 da-cons Eggenstein-Leopoldshafen Bioinformatics 2013 ecSeq Bioinformatics Leipzig Bioinformatics 2013 Erdmann Technologies Berlin Drug Development 2013 highQu Kraichtal Bio-related Tools 2013 ImevaX München Drug Development 2014 InoCard Heidelberg Drug Development 2013 LINDIS Biotech Martinsried Drug Development 2014 MELEMA Pharma Köln Drug Development 2013 MetaHeps Martinsried Contract Research 2014 Myelo Therapeutics Berlin Drug Development 2013 myPOLS Biotec Konstanz Bio-related Tools 2014 NEUWAY Pharma Bonn Drug Development 2014 OMEICOS Therapeutics Berlin Drug Development 2013 OmicScouts Freising Contract Research 2014 Rigontec Bonn Drug Development 2014 Sciomics Heidelberg Proteomics 2013 siTOOLs Biotech Planegg Contract Research 2013 Trianta Immunotherapies Planegg Drug Development 2013 Quelle: EY Kennzahlen | 25 Finanzierung 26 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Biotech-Börsengänge in Europa – Fehlanzeige in Deutschland Das Börsenfenster öffnet sich in Europa Im letztjährigen Bericht war das in den USA bereits 2013 weit geöffnete Börsenfenster an dieser Stelle ein wichtiges „Hot Topic“. Die Erfolge von 41 Biotech-Unternehmen als Neuemissionen am US-Kapitalmarkt zeigten, wie wichtig Börsengänge für die Finanzierungsnahrungskette sind: als Finanzierungs- und Bewertungsereignisse für die Unternehmen sowie vor allem als Exits und „Track Record“-Beweis für die Investoren. Nicht zuletzt hatten diese Unternehmen durch die Börsengangoption auch die Möglichkeit, die Rechte an ihren Entwicklungskandidaten im Unternehmen zu halten, anstatt sie aufgrund von Finanzierungsdruck an einen Pharma-Partner abgeben zu müssen. Europa hinkte da noch deutlich hinterher. Wenngleich die Zahl der europäischen Biotech-IPOs ebenfalls eine steigende Tendenz aufwies, so war vor Jahresfrist bei weitem nicht klar, ob und wann die US-IPO-Welle tatsächlich auch nach Europa überschwappen würde. Während das Börsenfeuerwerk in den USA 2014 mit 63 IPOs noch weiter an Dynamik zulegte, zeigt nun tatsächlich auch die Biotechnologie diesseits des Atlantiks eine deutliche Steigerung. Mit 31 IPOs – fast viermal mehr als im Vorjahr – stellte sie unter Beweis, dass auch in Europa Potenzial an reifen Firmen vorhanden ist, die nun wieder Wege zum Kapitalmarkt öffnen konnten. Der über Jahre aufgebaute Stau vor den Türen der Aktienmärkte konnte somit endlich ein Ventil finden. Mit dieser Entwicklung übertrafen sie sogar den letzten europäischen Börsenboom im Jahr 2000, als nur 27 Biotech-Unternehmen – wenngleich mit fast doppelt so hohem Erlös (3,3 Mrd. US$ vs. 1,9 Mrd. US$) – es an die Börse schafften. Folgen die europäischen Biotech-Unternehmen nun also doch zeitlich versetzt dem in den USA initiierten Trend an die Börse? Trotz der in den letzten Jahren geäußerten Zweifel aufgrund des Fehlens von Spezialisten auf der Investorenseite in Europa konnte die Dynamik in den USA und das inzwischen wieder breite Interesse der Generalisten am Biotech-Sektor letztlich offenbar doch auch mehr Investoren in Europa überzeugen. Aber wo ist der richtige Börsenplatz? Die Zahl der 31 IPOs europäischer BiotechFirmen muss leider relativiert werden. An sich ist dies zwar eine erfreuliche Entwicklung für die individuellen Unternehmen. Ob damit aber auch die geforderte nachhaltige Revitalisierung der Kapitalmärkte in Europa gelungen ist, bleibt offen. hatten dazu auch schon im Vorfeld das Investoreninteresse „getestet“, um ihre Chancen für den richtigen Börsenplatz auszuloten. Allein ein Blick auf die Top 10 der IPO-Liste (65 % des Gesamtvolumens) zeigt, dass die NASDAQ-IPOs insgesamt – zumindest am Stichtag des Listings – deutlich erfolgreicher waren. Mit sieben der zehn IPOs im Top-10-Segment dominiert die US-Börse klar. Mit 525 Millionen Euro erlösten sie 58 Prozent des Volumens des Top-Segments; wenn man den sicherlich ungewöhnlichen Ausnahme-IPO der Circassia Pharmaceuticals (250,6 Mio. €/LSE) außen vorlässt, wird diese Dominanz noch ausgeprägter (8 von 10; 75 % des Volumens). Bei 12 der genannten 31 IPOs (39 %) hatten sich die betroffenen Firmen für einen Börsengang an der NASDAQ in den USA entschieden. Sie vertrauten eher den erfahreneren Investoren dort, einer besseren Wahrnehmung durch mehr vergleichbare Unternehmen und einem liquideren Markt mit höheren Handelsaktivitäten. Die meisten der NASDAQ-Neulinge aus Europa Schließlich stellt sich auch die Erlösseite mit durchschnittlich 58 Millionen Euro für die NASDAQ-Listings mit großem Abstand besser dar als die der europäischen Börsengänge, die an den großen Börsen (Euronext, AIM) auf gleicher Höhe mit durchschnittlich 28 Millionen Euro und für die skandinavischen Börsen zusammengenommen (NASDAQ OMX, Oslo Axess, AktieTorget) deutlich darunter bei durchschnittlich acht Millionen Euro lagen. Anzahl europäischer und US-amerikanischer IPOs IPO-Erlöse europäischer und US-amerikanischer IPOs Anzahl IPOs Volumen (Mrd. US$) 70 6 63 60 4,9 5 52 4,5 50 4 41 40 3,3 31 30 3,3 3 27 1,9 2 20 1 8 10 0,3 0 0 2000 Europa 2013 2014 USA Quelle: EY und Capital IQ 2000 Europa 2013 2014 USA Quelle: EY und Capital IQ Finanzierung | 27 In Europa ragt allenfalls der mutige Börsengang der Molecular Partners in Zürich (SIX) heraus, der als einziger europäischer IPO mit 87,4 Millionen Euro den US-Erlösen das Wasser reichen konnte. Die Frage nach dem richtigen Börsenplatz war für die europäischen IPO-Kandidaten insofern innerhalb Europas nicht leicht. Die sonst priorisierte Notierung am Heimatmarkt war insgesamt nicht so deutlich erkennbar wie in früheren Jahren. Zwei Börsenplätze kristallisierten sich als leicht bevorzugt heraus. AIM in London und Euronext mit Niederlassungen in Paris, Brüssel und Amsterdam zogen nicht nur Unternehmen aus ihren eigenen Ländern an, sondern auch aus dem restlichen Europa. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass nur in Großbritannien und Frankreich sowie zum Teil in Skandinavien die Heimatmarktpräferenz weiter aufrechterhalten wurde. IPOs europäischer Biotech-Unternehmen nach Börsenstandort Anzahl IPOs Frankreich Israel UK Dänemark Niederlande Schweden Deutschland Schweiz Finnland Irland 0 1 2 3 4 5 Börse des Heimatlandes NASDAQ Europäische Börse außerhalb des Heimatlandes Quelle: EY, BioCentury, Capital IQ und VentureSource Frankfurter Börse geht leer aus Börsengänge deutscher Biotech-Unternehmen blieben zahlenmäßig hinter anderen Ländern wie Frankreich, UK oder Israel (je 5 IPOs) zurück. Die lediglich zwei IPOs von Affimed an der NASDAQ und Probiodrug an der Euronext in Amsterdam zeigen einerseits, dass in Deutschland die langjährige „IPO-Pause“ und die damit einhergehenden Finanzierungsschwierigkeiten viele Unternehmen dazu gezwungen haben, ihre Geschäfte anders aufzustellen. Im Vergleich zur Größe der Biotech-Branche in Deutschland ist diese bei der IPO-Statistik nun entsprechend unterrepräsentiert. Zudem ist aber ebenfalls festzustellen, dass die Frankfurter Börse als Heimatmarkt für die deutschen IPOs leer ausging. Euronext bringt hier offenbar eine deutlich breiter aufgestellte Plattform erfolgreich ins Spiel und schneidet mit insgesamt sieben IPOs in Europa am besten ab. Ein zumindest teilweise anrechenbarer Beweis für die häufig diskutierte Forderung nach einer gemeinsamen europäischen Plattform? Die Rolle des London Stock Exchange – mit fünf IPOs – folgt sicherlich im Schlepptau des Super-IPOs von Circassia Pharmaceuticals; möglicherweise auch den etwas niedrigeren Anforderungen des AIM, an dem alle restlichen UK–Firmen gelistet wurden. Biotech-Investoren weiterhin rar gesät Die Verteilung der 19 in Europa erfolgten IPOs auf sieben Börsen zeigt, dass an keiner eine wirkliche kritische Masse für einen nachhaltig aktiven Handel mit Biotech-Aktien oder eine ausgeprägte Dynamik für weitere 28 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 IPOs vorhanden ist. Nach wie vor fehlen genügend erfahrene Biotech-Investoren, die anderen in der Auswahl der Targets vorangehen können. Diese Perspektive führt zurück auf die im letzten Jahr begonnene Diskussion im Rahmen des Titelthemas „1 % für die Zukunft“. Dies trifft für alle europäischen Börsen, aber insbesondere für Frankfurt, zu und unterstreicht die absolut vorrangige Aufgabe, mehr zu tun, um Investoren wieder stärker von der Bedeutung und den Chancen in diesem Sektor zu überzeugen und sie entsprechend durch neue Incentivierungsmaßnahmen und Rahmenbedingungen zurückzugewinnen. Die aktuellen Signale und die tatsächlich überaus erfreuliche neue Dynamik der Kapitalmärkte auch in Europa sollten deutlich effektiver genutzt werden. Börsengänge europäischer Biotech-Unternehmen, 2014 Unternehmen Land Volumen Datum (Mio. €) Börse Status HauptTherapiegebiet Circassia Pharmaceuticals UK 250,6 17. März London Stock Exchange Phase III Autoimmun Forward Pharma Dänemark 177,2 15. Oktober NASDAQ Phase II Autoimmun Molecular Partners Schweiz 87,4 4. November SIX Swiss Exchange Phase II Mehrere ProQR Therapeutics Niederlande 84,5 18. September NASDAQ Präklinik Genetisch uniQure Niederlande 69,2 5. Februar NASDAQ Markt Mehrere MediWound Israel 60,6 25. März NASDAQ Markt Dermatologie Horizon Discovery Group UK 49,6 24. März London Stock Exchange (AIM) Auris Medical Schweiz 45,7 5. August NASDAQ Phase III Sonstige Innocoll Irland 44,1 30. Juli NASDAQ Markt Mehrere Egalet Dänemark 43,7 5. Februar NASDAQ Phase III Neurologie Affimed Therapeutics Deutschland 42,2 12. September NASDAQ Phase II Onkologie arGEN-X Niederlande 41,8 8. Juli Euronext Brüssel Phase I Mehrere Fermentalg Frankreich 40,4 10. April Euronext Paris MacroCure Israel 40,3 30. Juli NASDAQ Phase III Dermatologie GENTICEL Frankreich 39,9 3. April Euronext Paris Phase I Infektion GalMed Pharmaceuticals Israel 33,2 18. März NASDAQ Phase II Metabolismus und Endokrinologie Vascular Biogenics Israel 30,1 30. September NASDAQ Phase II Mehrere Abzena UK 28,2 7. Juli London Stock Exchange (AIM) BioBlast Pharma Israel 26,5 30. Juli NASDAQ Phase III Genetisch Genomic Vision Frankreich 25,8 1. April Euronext Paris Probiodrug Deutschland 23,2 24. Oktober Euronext Amsterdam Phase I Neurologie Dextech Medical Schweden 22,6 22. Mai AktieTorget Phase II Onkologie 4D Pharma UK 20,5 17. Februar London Stock Exchange (AIM) Präklinik Autoimmun TxCell Frankreich 17,7 11. April Euronext Paris Phase II Autoimmun Herantis Pharma Finnland 14,5 4. Juni NASDAQ OMX Helsinki Phase II Mehrere C4X Discovery UK 13,6 22. Oktober London Stock Exchange (AIM) Oncodesign Frankreich 12,3 27. März Euronext Paris Serendex Pharmaceuticals Dänemark 7,8 2. Juli Oslo Axess n / a Sonstige Sprint Bioscience Schweden 2,5 31. Oktober NASDAQ OMX Stockholm Präklinik Onkologie Saniona Dänemark 1,9 18. März AktieTorget Phase I Neurologie Gabather Schweden 0,8 3. Oktober AktieTorget Präklinik Neurologie Quelle: EY, BioCentury, Capital IQ und VentureSource Finanzierung | 29 Performance der Börsenneulinge in den verschiedenen Kapitalmärkten Die Dominanz der NASDAQ-Börsengänge wurde bereits hervorgehoben. Die Nachhaltigkeit der insgesamt beeindruckenden und erfreulichen Erstnotierungen ergibt sich besser aus der „Performance“-Betrachtung Ende Dezember 2014. Diese Analyse zeigt aggregiert für die europäischen Unternehmen mit IPOs 2014 durchgehend und an allen Börsen (USA wie Europa) leider in die negative Richtung. Die wenigen signifikanten Ausnahmen betreffen ProQR Therapeutics aus den Niederlanden (+67 %; NASDAQ), die mit einem noch sehr frühen Gentherapieansatz die genetisch bedingte Krankheit Zystische Fibrose angehen. Noch erstaunlicher ist die Performance von 4D Pharma aus Großbritannien, die mit einem bescheidenen 20-Millionen-Euro-IPO im Februar am AIM starteten und im Jahresverlauf um sagenhafte 350 Prozent zulegten. Dieses Unternehmen ist eher als Specialty Pharma aufgestellt, mit Fokus auf die späte klinische Entwicklung und die Vermarktung. Immerhin ragt mit einer positiven Entwicklung von fast 15 Prozent bis zum Jahresende auch der IPO von Probiodrug an der Euronext in Amsterdam sehr positiv heraus. Die interessante Frage betrifft die unterschiedlichen Standortentscheidungen der europäischen Biotech-Unternehmen und mögliche Zusammenhänge mit der Performance nach ihren ersten Erfahrungen postIPO. 30 Performance-Verteilung der Biotech-IPOs 2014 Aktienkurs am 31. Dezember 2014 relativ zum IPO-Preis 250 % Maximum 200 % 150 % Median 50 % 100 % Minimum 50 % 0 -50 % -100 % NASDAQ (US-Firmen) NASDAQ (EU-Firmen) Euronext Abbildung ohne Ausreißer Radius Health (NASDAQ US, 386%), Auspex Pharmaceuticals (NASDAQ US, 337%), 4D Pharma (London, 350%), ProQR Therapeutics (NASDAQ EU, 67%) Zunächst ist klar festzustellen, dass die europäischen Biotech-Unternehmen, die sich für die NASDAQ als Börsenplatz entschieden hatten, insgesamt deutlich schlechter abschnitten als ihre amerikanischen Peers an deren Heimatmarkt NASDAQ. Als Grund dafür mag man die erschwerten Bedingungen für ausländische Unternehmen ansehen, in den USA entsprechende Investorenaufmerksamkeit und Visibilität am Kapitalmarkt zu erhalten. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 London Quelle: EY und Capital IQ Kapitalmarkt ruft vor allem nach reifen Therapeutikafirmen Die Analyse der aktuellen IPOs in Europa zeigt, dass auch hier – wie in den USA – vor allem Therapeutikaentwickler dominieren. Während auf der Liste der europäischen IPOs insgesamt 25 (81 %) der 31 Börsengänge durch Medikamentenentwickler erfolgten, ist dies in den USA mit 58 IPOs (92 %) noch ausgeprägter. Immerhin schafften in Europa daneben auch Unternehmen aus den Bereichen Diagnostik, Services & Tools und AgBio / Industrial den Sprung auf das Parkett. Dahingegen konnten sich in den USA lediglich fünf Diagnostikfirmen neben dem Hauptsegment der Medikamentenentwickler behaupten. Europäische IPOs nach Segment Die Schlussfolgerungen aus diesen unterschiedlichen Verteilungen sind vielschichtig: (n=31) 1 1 4 25 Therapeutikaentwicklung Services, Technologies & Tools AgBio & Industrial Diagnostik Quelle: EY, Capital IQ, BioCentury und VentureSource Wie reif ist reif? Deutlichere Unterschiede – wenngleich die Abbildung dies nicht auf den ersten Blick zeigt – treten innerhalb der Gruppe der Medikamentenentwickler mit Bezug auf die jeweiligen Entwicklungsstadien zutage. Die IPOs der europäischen Biotech-Firmen erfolgten insgesamt auf früherem Niveau als die ihrer Peers in den USA. Während sich dort 86 Prozent der Börsenneulinge in Phase II und später (Phase III, Markt) befanden, fallen auf europäischer Seite lediglich 64 Prozent in diese Kategorie der „late stager“. Noch deutlicher werden diese Unterschiede, wenn man die europäischen IPOs weiter in die NASDAQ und die europäischen Börsenplätze unterteilt. Die europäischen Firmen mit NASDAQ als Börsenplatz übertreffen mit 92 Prozent an „late stage“Vertretern sogar noch ihre US-Peers. Demgegenüber fällt dann der „late stage“Anteil diesseits des Atlantiks sehr steil ab und belegt mit nur noch 42 Prozent den Shift zu Unternehmen in früheren Entwicklungsstadien. •D ie insgesamt höheren Ansprüche der NASDAQ sind erkennbar •E uropäische NASDAQ-IPOs müssen in puncto Reife noch mehr bieten, um dort „gesehen“ zu werden •D er IPO-Druck in Europa ist offenbar so groß, dass auch sehr frühe Unternehmen den Schritt wagen, weil sie sich als „public entity“ besseren Zugang zu Kapital erhoffen •D er signifikant höhere Anteil an „early stage“-Unternehmen signalisiert aber auch höheres Risiko für die IPO-Kandidaten bzw. deren Investoren •D ie insgesamt schlechtere „post-IPO“Performance könnte dieses höhere Risiko bereits widerspiegeln Insgesamt sollte die neue Dynamik an den Kapitalmärkten weltweit positiv bewertet werden. War dies vor Jahresfrist noch angezweifelt worden, so haben sich nun zumindest Möglichkeiten für Biotech-Unternehmen aufgetan, an Eigenkapital heranzukommen und somit nicht nur auf einen Geschäftsmodellwechsel zum Überleben bzw. auf den Trade Sale als Exit hinzuarbeiten. Dieses Signal sollte aber umso mehr die Politik überzeugen, gerade jetzt aktiv zu werden und dieses noch zu „zarte Pflänzchen“ zu pflegen. Die entscheidenden politischen Impulse könnten jetzt am besten wirken. Jetzt, wo das Kapitalmarktfenster sich öffnet und sich Investment-Möglichkeiten bieten, die breite Masse an Investoren aber nach wie vor bei weitem noch nicht überzeugt in den Life-Science-Sektor zurückgekehrt ist. Politik gefordert – Investoren zurückgewinnen Die aktuelle politische Diskussion fordert hier eine spezifische Plattform für Hightech-Unternehmen, um deren Zugang zum Kapitalmarkt stärker anzukurbeln. Mit Recht verweist die Deutsche Börse jedoch darauf, dass die technischen Voraussetzungen für jeglichen Aktienhandel bereits zur Verfügung stehen. Aber alle neuen Plattformen sind nicht zielführend, solange die Investoren fehlen, die darauf „tanzen“ sollen. Insofern ist die Forderung nach Mobilisierung von Privatkapital aktueller denn je. Es muss alles getan werden, damit die privaten Anleger jeglicher Kategorie gerade jetzt den Weg zur Investition in Aktien finden und dabei incentiviert werden. IPOs der Therapeutikaentwickler nach klinischer Phase und Börse Anteil IPOs Präklinik Phase I Phase II Phase III Markt 0 % 10 % 20 % 30 % Europäische Unternehmen (NASDAQ) Europäische Unternehmen (andere Börsen) 40 % 50 % 60 % US-Unternehmen (NASDAQ) Quelle: EY, BioCentury und Capital IQ Finanzierung | 31 Zahlen und Fakten – Deutschland Unterfinanzierung bleibt bestehen In der Summe haben deutsche Biotechnologieunternehmen im Berichtszeitraum 2014 nur sehr geringfügig mehr Kapital einwerben können. Mit 336 Millionen Euro gab es ein Plus von lediglich drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der herausragende Aspekt dieser Gesamtstatistik ist natürlich der Beitrag der IPOs – die ersten seit 2006 – von Affimed und Probiodrug, die alleine fast ein Fünftel der Gesamtfinanzierung beigetragen haben. Kapitalaufnahme deutscher Biotech-Unternehmen Summe (Mio. €) 500 138 160 400 163 300 49 200 65 54 Damit hat sich zwar das Niveau der letzten drei Jahre stabilisiert und man ist geneigt, einen leichten Aufwärtstrend festzustellen. Nach wie vor wird die inzwischen wirklich „chronische“ Unterfinanzierung der Biotechnologiebranche aber weiter fortgeschrieben. Trotz sehr positiver Gesamtwirtschaftszahlen der deutschen Volkswirtschaft nach der überwundenen Finanzkrise bleibt dieser Sektor ein weiteres Jahr deutlich (> 25 %) hinter den Finanzierungsvolumina vor der Finanzkrise zurück. Der Blick auf die Grafik zeigt auch, dass sich über die letzten Jahre eine Schere geöffnet hat. Hierbei lassen private Finanzierungsrunden weiter nach, während die Finanzierung der börsennotierten Firmen (unter Einbeziehung der IPOs) eine leicht steigende Tendenz aufweist und in der Summe tatsächlich Anschluss an die Vorkrisenjahre findet. Genau diese Beobachtung nahmen die aktuellen IPO-Kandidaten zum Anlass für ihre Entscheidung zum Börsengang: bessere Finanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt im Vergleich zu schwierigen privaten Runden. Weiterhin sehr bedenklich stimmt leider erneut die Lage im Privatsektor: Venture Capital schwächt sich nach 2013 erneut (um 5,4 %) leicht ab, auf 155 Millionen Euro. 32 116 80 44 100 316 208 99 284 87 214 164 155 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 0 Kapitalerhöhungen an der Börse Börsengang Risikokapital Quelle: EY, BioCentury, Capital IQ und VentureSource Dominanz der Family Offices etwas abgeschwächt Die Dominanz der Family Offices (FOs)fällt in der aktuellen Statistik nicht ganz so stark ins Gewicht: bei 61 Prozent des Volumens (im Vergleich dazu standen im Vorjahr 79 % zu Buche) hat man sich eher einem Gleichgewicht zwischen VC-Investoren und FOs angenähert. Dabei fällt auf, dass von den großen Family Offices Dievini Hopp 2014 gar nicht in Erscheinung trat und das FO der Brüder Strüngmann nur in einer großen Runde aktiv war: Die Glycotope-Finanzierungsrunde mit 55 Millionen Euro, in der das Strüngmann-Finanzierungsvehikel Jossa Arznei zusammen mit dem Eckert Life Science Accelerator als Investoren verantwortlich zeichneten. Diese Runde stellt allerdings alleine schon fast 36 Prozent des Gesamtvolumens an VC in Deutschland 2014. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 In allen übrigen Finanzierungsrunden unter Beteiligung von Family Offices waren diese im Verbund mit anderen VCs oder dem vielfachen Partner MIG Fonds aktiv. Auch die weiteren Family-Office-Vertreter sind „Wiederholungstäter“ aus dem Vorjahr, zum Teil auch mit Bezug auf dieselben Targets. Aeris Capital und CD-Venture schlossen sich einer weiteren Runde bei Curetis (14,5 Mio. €) an, die bereits vom fast gleichen Konsortium 2013 Kapital erhalten hatte. Risikokapitalfinanzierungen deutscher Biotech-Unternehmen, 2014 Unternehmen Volumen (Mio. €) Bekanntgabe Runde Investoren Glycotope 55,0 März n/a Eckert Life Science Accelerator, Jossa Arznei Curetis 14,5 November 4 Aeris Capital, BioMedInvest, CD-Venture, Forbion Capital Partners, HBM Partners, LSP Life Sciences Partners, QIAGEN, Roche Venture Fund, Business Angels Affimed Therapeutics 11,7 September 6 Aeris Capital, BioMedInvest, LSP Life Sciences Partners, Novo Nordisk, OrbiMed Advisors AYOXXA Biosystems 11,3 Juni 2 BioMedPartners, b-to-v Partners, CREATHOR VENTURE, Grazia Equity, HR Ventures, HTGF, KfW, NRW.BANK, Wellington Partners, private Investoren Protagen 10,0 Dezember 6 MIG Fonds, NRW.BANK, QIAGEN Rigontec 9,5 September 1 Boehringer Ingelheim Venture Fund, Wellington Partners, HTGF, NRW.BANK MYR 7,9 Oktober 3 HTGF, Maxwell Biotech Venture Fund ImevaX 7,5 Oktober 1 Wellington Partners, BioMedPartners, EMBL Ventures, Santo Venture Capital Pieris 6,6 November 4 BayTech Venture Capital, Global Life Science Ventures, OrbiMed Advisors, Ally Bridge Group, BioM, Gilde Investment Management Isarna Therapeutics 5,5 April 8 AT NewTec, Global Asset Capital, MIG Fonds amcure 5,0 Juli 1 LBBW Venture Capital, BioM, KfW, MBG Baden-Württemberg, S-Kap, private Investoren NEUWAY Pharma 2,7 Mai 1 Wellington Partners DermaTools Biotech 2,3 April n / a CytoTools, ungenannte Investoren Lophius Biosciences 2,0 Mai 5 VRD, HTGF, S-Refit, ungenannter Investor CytoPharma 1,7 Juni n/a CytoTools, ungenannte Investoren CAP-CMV 1,7 März 1 CREATHOR VENTURE, KfW, NRW.BANK, Peppermint VenturePartners, private Investoren InflaRx Juli 2 bm-t beteiligungsmanagement thüringen, KfW, ungenannte Investoren Axiogenesis April n / a V+ Myelo Therapeutics September 1 Eckert Wagniskapital und Frühphasenfinanzierung, IBB Beteiligungsgesellschaft, JSC Valenta Pharmaceuticals SIRION Biotech März 4 Aumenta, Bayern Kapital, CREATHOR VENTURE, HTGF, KfW, ungenannte Investoren Quelle: EY, BioCentury und VentureSource Venture Capital wieder stärker engagiert Die Durchsicht der VC-Runden 2014 zeigt immerhin, dass die aktivsten Investoren nicht wie in den vergangenen Jahren vor allem dem Kreis der Family Offices sowie den MIG Fonds zuzurechnen sind. Vielmehr sind „alte Bekannte“ aus dem klassischen VC-Geschäft wieder häufiger vertreten. Wellington Partners und BioMedPartners sind mit jeweils insgesamt vier Investments dabei besonders hervorzuheben. In den jeweiligen Konsortien arbeiten sie zum Teil zusammen (z. B. AYOXXA, ImevaX) oder jeweils mit anderen Partnern sowohl aus dem Bereich VC als auch mit Corporate VC und Family Offices. Weitere VCs mit sichtbaren Aktivitäten waren LSP (zweimal, Curetis / Affimed), CREATHOR VENTURES (zweimal, AYOXXA / CAP-CMV) und mit OrbiMed sogar ein US-Unternehmen mit zwei Investments in Deutschland (Affimed / Pieris). Finanzierung | 33 Nur eine herausragende VentureCapital-Runde Die rückläufige Aktivität der über die letzten Jahre stark dominierenden Family Offices drückt sich auch darin aus, dass 2014 lediglich eine sehr große Finanzierungsrunde zu verzeichnen war. Mit 55 Millionen Euro konnte das Berliner Unternehmen Glycotope seine regelmäßige Reihe an Finanzierungsereignissen (im Jahr 2007 37 Mio. €, im Jahr 2008 10 Mio. €, im Jahr 2011 16 Mio. € und im Jahr 2012 15 Mio. €) erfolgreich fortsetzen und insgesamt die 130-Millionen-Marke überschreiten. Das frische Kapital soll für die aktuellen Phase-IIb-Studien der beiden am weitesten fortgeschrittenen Krebstherapien – PankoMab-GEX™ und CetuGEX™ – verwendet werden, die mit mehreren hundert Patienten in Europa und den USA bis 2016 laufen werden. Die beiden glykooptimierten Antikörper repräsentieren zwei wesentliche Schwerpunkte der Glycotope-Geschäftsausrichtung: zum einen Biosimilars (im Sprachgebrauch von Glycotope „Bio-Superiors“), durch optimierte Zuckerstrukturen verbesserte Formen bereits bestehender Antikörper-Therapeutika (z. B. CetuGEX™ für Erbitux), zum anderen neue Antikörper (NBE), ebenfalls glykooptimiert, gegen proprietäre krebsspezifische Glykoproteine (z. B. PankoMab-GEX™). Diagnostikunternehmen als attraktive Investments Die Liste der weiteren VC-Runden bewegt sich deutlich unterhalb von 20 Millionen Euro. Zumindest die zweistelligen Finanzierungen werden dabei von Diagnostikunternehmen besetzt. Curetis führt die Reihe an und komplettiert seine Finanzierungsserie aus dem letzten Jahr um weitere 14,5 Millionen Euro. Das Neu-Engagement von QIAGEN in dieser Runde erweitert die Beteiligung der Diagnostikindustrie, nachdem im letzten Jahr bereits Roche Diagnostics eingestiegen war. Dies unterstreicht die Attraktivität der marktreifen Curetis-Technologie zusammen mit einer ausgereiften Geräteplattform zur Diagnose von Infektionskeimen auf DNA-Basis. 34 Die Liste der Finanzierungsrunden enthält weitere interessante Diagnostik-Ansätze. AYOXXA, ein Proteomics-Unternehmen in Köln mit Wurzeln in Singapur konnte nach der Seed-Finanzierung im letzten Jahr (KfW) ein stattliches Konsortium für die so wichtige erste Anschlussfinanzierung zusammenstellen. Neben gestandenen VCs mit Track Record in Life-Science- und Diagnostikunternehmen – wie CREATHOR VENTURE, BioMedPartners und Wellington Partners – sind mit b-to-v Partners, HR Ventures und Grazia Equity neue Namen im Spiel. Sie zeigen vor allem Interesse an innovativen Technologien mit marktrelevanten Anwendungen, die nicht notwendigerweise nur im Life-Science-Sektor liegen. Komplettiert wird die Runde von immerhin 11,3 Millionen Euro durch den HTGF, der erst in der Anschlussrunde einstieg, durch lokale Kapitalgeber wie die NRW.BANK sowie private Investoren (z. B. Rainer Christine, ehemaliger CEO von Amaxa). Demgegenüber ist Protagen als weiteres Unternehmen im Bereich der Diagnostik / Immundiagnostik schon ein „alter Hase“, der in seiner sechsten Finanzierungsrunde zehn Millionen Euro einnehmen konnte. Auch hier zeigt die neu hinzugekommene Beteiligung durch QIAGEN den marktnahen und -relevanten Bezug. Die auf einer Autoantikörper-Detektion beruhende ScreeningPlattform eignet sich insbesondere für Fragestellungen der personalisierten / stratifizierenden Medizin und für das Feld der Biomarker / Companion Diagnostics. Dieses Investment wird weiterhin getragen durch die MIG Fonds, die ansonsten im Vergleich zu den Vorjahren deutlich weniger aktiv waren und nur noch die Weiterfinanzierung der Isarna Therapeutics (Nachfolger der Regensburger Antisense Pharma) sicherstellten. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Immuntherapie für Investoren attraktiv Neben den o. a. Diagnostik-Investments sind im Therapeutikasektor vor allem innovative Ansätze der Immuntherapie für Investoren zukunftsträchtig. Alle Runden mit Investitionssummen von über sieben Millionen Euro und Ausrichtung auf Therapeutika zielen auf Immuntherapieansätze. Allen voran Affimed in Heidelberg, die unmittelbar vor ihrem Börsengang im September noch eine private 11,7-Millionen-EuroVC-Runde mit ihren bisherigen Investoren „drehte“. Die TandAb®-Plattform soll die Wirkung herkömmlicher monoklonaler Antikörper durch zusätzliche Bindungseigenschaften (Effektoren des Immunsystems) verbessern. Als Senkrechtstarter konnte die 2014 neu gegründete Rigontec direkt auf der Finanzierungsrangliste weit aufrücken und mit 9,5 Millionen Euro VC ein solides Kapitalfundament für die anstehenden präklinischen und klinischen Studien legen. Ihr Ansatz – basierend auf Forschungsergebnissen der Universität Bonn – setzt auf sogenannte 3pRNA, die im Organismus eine Virusinfektion vortäuscht und entsprechend das Immunsystem spezifisch aktiviert. Das Engagement von Wellington Partners sowie des Boehringer Ingelheim Corporate Venture Funds in diesem frühen Stadium weist auf den vielversprechenden Wissenschaftsansatz hin, der zudem noch durch sehr einfach herzustellende RNA-Produkte realisiert wird. Schließlich fällt auch das Geschäftsmodell der ImevaX in den Bereich der Immuntherapie und gewinnt damit auf Anhieb in der ersten Finanzierungsrunde große Aufmerksamkeit. Der Vakzinierungsansatz zielt auf Infektionskrankheiten (z. B. H. pylori) und setzt auf spezifische Impfstoffe gegen „immune evasion factors“, d. h. Faktoren, die bei Infektionen das Immunsystem ausschalten sollen. Hier sind neben der StrüngmannGruppe ebenfalls Wellington Partners und BioMedPartners als Investoren vertreten. Glycotope: Best-in-Class-Finanzierungsrunde 2014 durch Best-in-Class-Moleküle Von 0 auf über 180 in 14 Jahren Die im Jahr 2000 gegründete Glycotope ist eines der größten konzernunabhängigen Biotechnologieunternehmen Deutschlands. Glycotope ist international führend im Bereich der Glykobiologie und spezialisiert auf die Entwicklung von Antikörpern und Proteinen. Das Unternehmen beschäftigt heute mehr als 180 Mitarbeiter an den Standorten Berlin (F&E) und Heidelberg (GMP-Produktion). der ersten und zweiten Generation so optimiert, dass signifikant verbesserte klinische Effekte bzw. verringerte Nebenwirkungen erreicht werden können (Best-in-ClassMoleküle). Die Mittel der jüngsten Finanzierungsrunde fließen primär in die Entwicklung der am weitesten fortgeschrittenen neuen Krebsmedikamente in Phase-IIbStudien, PankoMab-GEX™ und CetuGEX™, sowie in den Ausbau der präklinischen Pipeline. Eine der größten Kapitalfinanzierungen der deutschen Biotechnologie Im Jahr 2014 konnte die Glycotope zusätzliches Eigenkapital in Höhe von 55 Millionen Euro einwerben und reiht sich damit in die Top Fünf der deutschen und Top Sieben der europäischen Wagniskapitalfinanzierungen ein. Hauptgeldgeber der inzwischen mehr als 130 Millionen Euro Gesamtfinanzierung des Unternehmens sind die Münchener Jossa Arznei GmbH (Strüngmann Gruppe) sowie die Berliner ELSA GmbH (Eckert Life Science Accelerator). Klare Partnering-Strategie Glycotope hat ein breites Portfolio von Arzneimittelkandidaten aufgebaut, die auf deutlich verbesserte bzw. innovative Ansätze für derzeit unzureichend behandelte Krankheiten abzielen. Das Unternehmen verfolgt eine klare Partnering-Strategie. Die Auslizenzierung der Wirkstoffkandidaten kann wertsteigernd in der Präklinik oder in fortgeschrittenen klinischen Phasen erfolgen. Einzigartige Technologieplattform und breites Produktportfolio geschaffen Glycotope hat die zurzeit breiteste klinisch validierte Glykosylierungs-Technologieplattform geschaffen. Mit dieser können verschiedenste hochwertige Proteinbiopharmazeutika in unterschiedlichsten Aspekten verbessert und bis zum Nachweis der klinischen Relevanz für therapeutische Anwendungen entwickelt werden. Sie verfügt über ein einzigartiges IP-Portfolio in Form von humanen Zelllinien-, Produkt-, Target- und Anwendungspatenten. GET und GEX Die Glyco-Epitope-Targeting-Technologie (GET) erlaubt die Entwicklung von Firstin-Class-Antikörpern gegen bisher nicht erreichbare Zielmolekülklassen. Die Antikörper erkennen für Tumore hochspezifische sterische Zuckerstrukturen oder Kombinationsepitope von Proteinen und können gezielt zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden, bei denen diese Zielmoleküle relevant sind. Die GlykosylierungsTechnologie GlycoExpress (GEX) erlaubt die Herstellung von Biopharmazeutika, Antikörpern und Proteinen der „Dritten Generation“ in proprietären humanen glycoengineerten Zelllinien. Mit dieser Technologie werden die Eigenschaften der Wirkstoffkandidaten Pipeline Das firmeneigene Portfolio umfasst derzeit folgende Programme: • PankoMab-GEX™ (Phase IIb, Ovarialkrebs) ist ein Antikörper gegen das tumorspezifische proprietäre Antigen TA-MUC1, ein Zucker-Protein-Kombinationsepitop zur Behandlung von Ovarialkrebs und anderen Tumoren. Die klinische Phase I zeigte eine hervorragende Verträglichkeit und als Monotherapie komplette und partielle Langzeitremissionen sowie eine klinischen Benefitrate (CBR) von 57 Prozent. Die Tumorspezifität von PankoMab-GEX™ ist außerordentlich hoch (First-in-Class). • CetuGEX™ (Phase IIb, Kopf / Hals-Tumore) ist ein Best-in-Class-Antikörper der nächsten Generation mit signifikant verstärkten Anti-Tumor-Aktivitäten gegen EGFR, einem Zielmolekül zur Behandlung von Kopf / Hals-, Lungen-, Magen- und Darmkrebs. Die Phase I überzeugte mit einer Response Rate von 18 Prozent, einer CBR von 68 Prozent und deutlich reduzierten Nebenwirkungen. Die Tumorremissionen dauern im Durchschnitt über 17 Monate mit einer Komplettremission in Lungenkrebs (bisher > 3 Jahre). CetuGEX™ wird in der Erstlinientherapie direkt mit dem etablierten Standard Erbitux® verglichen. Henner Kollenberg, CFO Glycotope GmbH, Berlin • FSH-GEX™ (prä-Phase-III) ist das erste voll humane und glykooptimierte Follikel-stimulierende Hormon zur Behandlung der Unfruchtbarkeit. Es lieferte 2013 erfolgreiche Phase-II-Ergebnisse (künstliche Befruchtung) und wird voraussichtlich Anfang 2015 mit einem umfangreichen Phase-III-Programm starten. • TrasGEX™ (vor Phase IIb) ist ein Best-inClass glykooptimierter Antikörper der nächsten Generation mit stark verstärkten Anti-Tumor-Aktivitäten gegen HER2 zur Behandlung von HER2-positiven Tumoren. Phase I /IIa zeigte als Monotherapie bei sehr guter Verträglichkeit eine Serie von kompletten oder partiellen Tumorremissionen. Diese erfolgten auch bei Patienten ohne klinischen Benefit mit Trestuzumab oder nicht-glykooptimierten Antikörpern (> 80 % der Gruppe). Gut gerüstet für die Zukunft Glycotope verfügt über weitere First-in-ClassAnsätze für die Onkologie (darunter SeeloMab-GEX™) und Hämatoonkologie sowie Best-in-Class-Entwicklungen für die Hämatoonkologie, Endokrinologie, Blutfaktorentherapie (darunter ein glykooptimierter humaner Faktor-VIIa-GEX) sowie eine Enzymersatztherapie für seltene Speichererkrankungen und für die Impfstoffentwicklung. www.glycotope.com Finanzierung | 35 Endlich wieder Börsengänge deutscher Biotech-Unternehmen Die lange Durststrecke ohne IPOs deutscher Biotech-Unternehmen seit 2006 (WILEX als letzte Notierung) ist vorbei. Mit Affimed aus Heidelberg und Probiodrug aus Halle haben zwei Therapeutikaentwickler in fortgeschrittenen klinischen Stadien ihrer Produkte den Gang an die Börse gewagt. Beide argumentierten mit dem notwendigen enormen Kapitalbedarf für ihre klinischen Studien, den sie im schwierigen privaten Venture-Capital-Umfeld nie hätten erzielen können. Beide sehen auch die Chancen – sie haben ihre Programme noch nicht an Pharma verpartnert – durch die Erlöse aus dem Börsengang weiterhin unabhängig von dominierenden Pharma-Partnern zu bleiben. Die Börse in Frankfurt stellte allerdings für beide keine echte Option dar. Während Affimed nach eigener Aussage durch das klare Interesse amerikanischer Investoren erst gar nicht ernsthaft den Heimatmarkt eruiert hatte, stand für Probiodrug aufgrund der Investorpräferenz Euronext in Amsterdam ganz vorne an. Wesentlich zum Gelingen des Börsendebüts beigetragen haben wohl die bestehenden Probiodrug-Aktionäre: HBM Healthcare, Edmond de Rothschild Investment Partners, BB Biotech, Life Science Partners, IBG, Biogen Idec und TVM Capital. Sie zeichneten etwas mehr als zwei Drittel der angebotenen Aktien und steuerten so rund 15,7 Millionen Euro zum Finanzierungsergebnis bei. Gemeinsam mit dem Management haben sie sich für ihre alten Aktien einer zwölfmonatigen Veräußerungssperre unterworfen. 36 Ähnlich war das Börsendebüt auch für die Schweizer Molecular Partners (87 Mio. €; SIX) etwas holprig verlaufen und erst nach Intervention und erheblicher Aktienübernahmeverpflichtung durch die Altinvestoren gelungen. Die Entscheidung von Affimed für die NASDAQ als Börsenplatz war mit Blick auf den doch signifikanten Erlös (56 Mio. US$) nachträglich richtig. Gleichwohl wird mittelfristig sicherlich die Frage aufkommen, ob für eine nachhaltige Sichtbarkeit bei USInvestoren nicht eine Standortverlegung in die USA erforderlich sein wird. Weniger in den Schlagzeilen, aber dennoch erwähnenswert ist ein weiterer „quasi“Börsengang durch Pieris aus Freising bei München. Das Plattformunternehmen, das mit seiner Anticalin®-Technologie neue, antikörperähnliche Wirkstoffformate entwickelt, hat kurz vor dem Jahreswechsel durch einen Reverse Merger mit einem amerikanischen Unternehmen (Marika) den Sprung aufs Börsenparkett geschafft und firmiert seitdem unter Pieris Pharmaceuticals, Incorporated als US-Firma. Gleichzeitig konnte Pieris mehr als 12 Millionen US-Dollar in Form eines PIPE von namhaften Investoren der bestehenden, schon bisher starken amerikanischen Investorengruppe einwerben, welche für die konsequente Weiterentwicklung der eigenen therapeutischen Pipeline vorgesehen sind. Dieses Modell eines Reverse Merger in die USA hat schon einmal eine BiotechFirma aus dem Großraum München durchgeführt und zu einem sehr positiven Ende für alle Beteiligten bringen können: die Firma Micromet nämlich, die 2012 für über eine Milliarde US-Dollar von Amgen übernommen wurde. Hier hat Pieris nun zwar noch einiges bis zu diesen Höhen zu tun, das Timing des Börsengangs kurz vor einer der wichtigsten US-Investoren-Konferenzen Anfang Januar (J.P. Morgan) ist aber vielleicht ein gutes Omen. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Affimed – IPO in den USA Wer wir sind Wir sind ein Heidelberger Biotech-Unternehmen mit rund 40 höchst qualifizierten Angestellten und einem im Biotech-Sektor erfahrenen Management-Team. Die Affimed entwickelt therapeutische Antikörper im Bereich der Immunoonkologie, bei der die körpereigenen Abwehrmechanismen zur Bekämpfung von Tumorzellen genutzt werden. Was wir können Unsere patentierten Produkte, bispezifische TandAbs und trispezifische Antikörper, binden ausgewählte Zellen des körpereigenen Immunsystems, wie NK- und T-Zellen. Die Rolle dieser Immunzellen besteht natürlicherweise darin z. B. Tumorzellen zu eliminieren. Die bispezifischen TandAbs sind in der Lage, NK- oder T-Zellen über eine zweite spezifische Bindung in Kontakt mit Krebszellen zu bringen. Dieser enge Kontakt aktiviert die Immunzellen, welche dann die Krebszellen zerstören. Durch ihre einzigartige Architektur binden unsere TandAbs ihre Ziele mit sehr hoher Affinität, weswegen sie sehr potent sind. Zusätzlich bieten unsere Antikörper Vorteile gegenüber Konkurrenzprodukten, etwa bei Handhabung oder Verabreichung. Diese bevorzugten Eigenschaften nutzen wir bei der klinischen Entwicklung unserer Substanzen zur Behandlung von Blutkrebserkrankungen wie beispielsweise den Hodgkin- und Non-HodgkinLymphomen; weitere Krebserkrankungen werden folgen. Basierend auf den bisher erhobenen präklinischen und klinischen Daten glauben wir, dass unsere Produktkandidaten das Potenzial haben, ein wichtiger Bestandteil der modernen Tumortherapie zu werden. Wie wir an die amerikanische Börse kamen Mit Beginn 2011 hatte das Management die Affimed-„Story“ auf unterschiedlichen Plattformen, wie Konferenzen und NonDeal-Roadshows, vor allem am US-Kapitalmarkt präsentiert. Adressaten waren insbesondere Analysten, US-Health Care- / CrossOver-Investoren und Investmentbanken mit dem Ziel, die Story im Wettbewerb zu positionieren, Netzwerke zu knüpfen und Cross-Over-Investoren zu gewinnen. Kooperationen als Leumund 2013 konnten wir mit Janssen / Amphivena (Juni 2013) sowie der Leukemia and Lymphoma Society (September 2013) in den USA zwei für uns wichtige Kooperationen abschließen. Daraufhin wurden wir von Investmentbanken, aber auch von USamerikanischen Healthcare-Investoren im Rahmen der „testing the water“-Meetings ermutigt, einen IPO in den USA durchzuführen. Dies auch basierend auf der Tatsache, dass seit Mitte 2012 immer mehr Biotech-IPOs an der NASDAQ erfolgreich durchgeführt wurden. Positiver Rückenwind aus den USA Ausschlaggebend für die Entscheidung, den Börsengang am US-Kapitalmarkt durchzuführen, war eine Umfrage bei potenziellen Investoren. Die Rückmeldung fiel in den USA positiv aus, aus der EU hingegen kam wenig Support. Die Affimed hätte mit dem damaligen Entwicklungsstand ihrer Projekte nicht die kritische Anzahl an Investoren in Europa gefunden. Der offizielle BoardBeschluss zum IPO fiel dann im März 2014. Die deutsche Aktie ist für das Geschäftsmodell der Affimed nur bedingt zum Listing geeignet. Dies hat mit den Bezugsrechten zu tun, die in den USA negativ behaftet sind und im deutschen Aktiengesetz nur in begrenztem Umfang ausgeschlossen werden können. Wir haben uns dann aus unterschiedlichen Gründen als Rechtsform für die niederländische Aktiengesellschaft (N.V.) entschieden. Regulatorische Erleichterungen für europäische Neulinge Zusätzlich gibt es in den USA gesonderte Regelungen für junge (JOBS-Act) und für ausländische Unternehmen (foreign private issuer). Diese legen geringere regulatorische Anforderungen (SOX 404a, reporting requirements, reporting currency, IFRS) fest und erleichtern den Börsengang an der NASDAQ. Hauptgründe für Going Public vs. Staying Private? Das bestehende VC-Syndikat hatte die Affimed seit 2007 weitgehend finanziert. Aufgrund der begrenzten Fondslaufzeiten sowie der Investitionsgrenzen in einer Portfoliogesellschaft wäre die alleinige Finanzierung der nächsten Entwicklungsschritte unter Wahrung der Interessen der Dr. Adi Hoess, CEO Affimed GmbH, Heidelberg bestehenden Gesellschafter sehr schwierig gewesen. Auch ein Verkauf an einen strategischen Partner wäre zum damaligen Zeitpunkt nicht lukrativ gewesen. Insofern war der Börsengang für das Unternehmen die beste strategische Option. Hürden – Lesson learned Jedes Unternehmen, das einen IPO in der Zukunft in Erwägung zieht, sollte sich im Vorfeld auf diese Option langfristig vorbereiten: Rechnungslegung und Prüfung nach IFRS, Überprüfung der Jurisdiktion und gegebenenfalls Vorbereitung der neuen gesellschaftsrechtlichen Struktur, und das Aufbauen eines starken Netzwerkes mit US-Investoren und -Analysten. Gerade die Analysten- und Investorenpflege ist ein sehr zeitaufwendiger Prozess und sollte mindestens 12, besser 18 Monate im Voraus angegangen werden. Eine solide Finanzierung der Firma vor dem IPO ist von großem Vorteil. Die Affimed hatte im Juli, also ca. zwei Monate vor dem Börsengang, eine Prä-IPOFinanzierung durchgeführt, die den Going Concern für einen Zeitraum von 15 bis 18 Monaten gesichert hat. Wichtig sind darüber hinaus gute Partner: Wirtschaftsprüfer und Rechtsberatung in den involvierten Jurisdiktionen. Die Auswahl der Partner muss ebenfalls im Vorfeld erfolgen. Eine fundierte Vorbereitung kann das Transaktionsrisiko signifikant reduzieren und damit die Chancen auf einen erfolgreichen IPO steigern. www.affimed.com Finanzierung | 37 Probiodrug – Börsengang an der Euronext Probiodrug AG Die Probiodrug AG fokussiert sich auf die Forschung und Entwicklung neuer Therapeutika für die Behandlung der Alzheimer‘ schen Erkrankung (AD) sowie verwandter Krankheiten. Wir verfolgen hierbei ein Behandlungskonzept, das auf der Reduktion von Pyroglutamat-Abeta (pGlu-Abeta) als therapeutischer Strategie aufbaut. Der am weitesten fortgeschrittene Entwicklungskandidat – PQ912 – ist in Phase IIa der klinischen Entwicklung. Wichtige Voraussetzungen standen auf „positiv“ für einen Börsengang Zwischen 2007 und 2012 konnten wir signifikante private Finanzierungsrunden mit namhaften Investoren erfolgreich abschließen. Im Jahr 2014 kamen dann entscheidende Faktoren zusammen, die uns einen Börsengang des Unternehmens ins Auge fassen ließen – etwa der erfolgreiche Abschluss der klinischen Prüfungsphase I von PQ912, ein sich aufbauender vorsichtiger Optimismus im Bereich neue Alzheimertherapeutika sowie ein positives Kapitalmarktumfeld, insbesondere im Biotechnologiesektor. IPO oder private Weiterfinanzierung? Die Abwägung IPO versus private Weiterfinanzierung war der erste Schritt. Private Finanzierungsrunden korrelieren deutlich weniger mit einer allgemeinen Marktentwicklung als IPOs, sprich es gibt Börsenfenster, auf deren Öffnen (und auch Schließen) man keinen Einfluss hat und auf die man nur reagieren kann. Ein weiterer wichtiger Aspekt war die Flexibilität von Unternehmen und Aktionären, die ein Börsengang ermöglichen würde. Breite und kapitalkräftige Konsortien sind für Unternehmen mit einem hohen Kapitalbedarf eine wichtige Voraussetzung für den unternehmerischen Erfolg. Sie haben aber auch ihre Herausforderungen – die Komplexität und der Abstimmungsaufwand steigen von Runde zu Runde; zudem können sie nur mit zeitlicher Verzögerung auf sich kurzfristig bietende Opportunitäten reagieren. Hierbei sollte man auch nicht vergessen, dass sich die Interessen der beteiligten Fonds im Zeitablauf unterschiedlich entwickeln können – ein Evergreen-Fonds beispielsweise 38 sieht eine längere Zeitlinie entspannter als ein Fonds, der nur noch wenige Jahre bis zur Abrechnung hat. Üblicherweise verstärken sich diese Themen, wenn es sich bei Folgefinanzierungen um Transaktionen mit eventuell weniger vorteilhaften Bedingungen als die letzten Finanzierungen handelt oder die Bereinigung der bestehenden Vorzugsrechte etc. eine Voraussetzung für den Einstieg neuer Investoren ist. In der Gesamtschau überwogen in unserem Fall die Vorteile eines Börsengangs. Das Thema „Exitdruck“ spielte dabei im Übrigen keine Rolle – ein Börsengang in unserer Branche wird von erfahrenen Investoren als Finanzierungsoption angesehen. Analyse der Börsenplätze: pro NASDAQ Nach der Grundsatzentscheidung für einen Börsengang kam die Frage nach dem geeigneten Börsenplatz auf – analysiert wurden von uns NASDAQ, Euronext, Deutschland, Schweiz sowie UK. Die NASDAQ ist klar die liquideste Börse für Biotechnologieunternehmen. Unterstützend wirkt hierbei, dass bei Kapitalmarkttransaktionen von Unternehmen ohne klassische Kennziffern (Umsatz, Kurs-Gewinn-Verhältnis etc.) für Bewertungsthemen gern die Referenz auf eine Benchmark oder Peer Group eingesetzt wird – und die meisten derartigen Unternehmen heute an der NASDAQ gelistet sind. Analyse der Börsenplätze: pro Euronext Demgegenüber hat sich in Europa die Euronext als dynamischer Börsenplatz für Biotechnologieunternehmen entwickelt und eine große Anzahl an Erfolgsstorys hervorgebracht. Hier war für uns auch wichtig, dass die Euronext Amsterdam sich in einem dem deutschen ähnlichen Rechtsraum befindet, was sich sowohl in den Transaktionskosten als auch der Gesamtkomplexität niederschlägt. Die Wahl des Börsenplatzes sollte selbstverständlich auch im Kontext der Unternehmensentwicklung erfolgen. Hier galt für uns: Probiodrug wollte als europäisches Biotechnologieunternehmen die anstehende klinische Prüfungsphase IIa in fünf westeuropäischen Ländern initiieren, wobei Amsterdam als Leitzentrum fungieren sollte. Hinzu kam, dass zum Zeitpunkt unseres Börsengangs an der NASDAQ kein Unternehmen mit einem krankheitsmodifizierenden Ansatz gegen AD gelistet war, das sich dort als Peer angeboten hätte. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Dr. Hendrik Liebers, CFO Probiodrug AG, Halle / Saale Börsenplätze UK, Schweiz und Deutschland Die anderen genannten Börsenplätze konnten keine Alternative anbieten – UK, Schweiz und Deutschland waren bis Oktober 2014 nicht offen für Biotechnologieunternehmen. Diese Rahmenbedingungen begünstigten einen Börsengang an der Euronext in Amsterdam. Die Aktionäre zogen mit Bei der Umsetzung des Börsengangs war die Bereitschaft der bestehenden Aktionäre zu signifikanten Commitments wichtig. Wir sehen weltweit das Erfordernis hoher Investitionen der bestehenden Aktionärsbasis von Biotechnologieunternehmen in einen Börsengang, um diesen abzusichern. Für VC-Konsortien birgt diese Entwicklung erhebliche Herausforderungen, denen etwa durch die Aufnahme klassischer CrossOver-Fonds kurz vor einem IPO versucht wird zu begegnen. In unserem Falle waren mit HBM und BB Biotech Fonds mit ausgeprägten Cross-Over-Fähigkeiten bereits seit mehreren Jahren investiert. Zusammenfassend sind wir auch ein halbes Jahr nach dem Börsengang fest davon überzeugt, dass der von Probiodrug eingeschlagene Weg aus unternehmerischer Sicht der richtige war. www.probiodrug.de From Pieris AG to Pieris Pharmaceuticals, Inc. The Company Pieris Pharmaceuticals, Inc. is a clinicalstage biotechnology company applying its proprietary Anticalin® technology to create differentiated next generation therapeutic protein drugs that can help patients suffering from cancer, severe asthma, anemia and other medical conditions with a high unmet medical need. Anticalins® are recombinantly engineered versions of lipocalins, human proteins that naturally bind, store and transport a wide spectrum of molecules. Pieris has a diverse pipeline of Anticalin® therapeutics for a number of different indications and has active, multiprogram R&D collaborations with Daiichi Sankyo, the Sanofi Group, Zydus Cadila and Stelis Biopharma. The Transaction On December 18, 2014, Pieris was listed at the US OTC market as domestic issuer (OTC: PIRS) in a process through which Pieris AG and Pieris Pharmaceuticals, Inc. (a non-operating public shell company in the United States formerly known as Marika) entered into an Acquisition Agreement on December 17, 2014. Pursuant to the Acquisition Agreement, the stockholders of Pieris AG contributed all of their equity interests in Pieris AG to Pieris Pharmaceuticals, Inc. for shares of Pieris Pharmaceuticals, Inc.’s common stock, which resulted in Pieris AG becoming a wholly owned subsidiary of Pieris Pharmaceuticals, Inc.. The acquisition closed on December 17, 2014, following the execution of the Acquisition Agreement. Simultaneously, Pieris entered into a securities purchase agreement with certain accredited investors in a private placement offering conducted through a series of closings with gross proceeds to us of approximately 13.56 million US dollars, seeking growth capital to advance its proprietary pipeline. Accordingly, Pieris Pharmaceuticals, Inc., is now the parental company of Pieris Group, with Pieris AG being a wholly owned subsidiary. Rationale Pieris chose this path primarily to gain access to US capital markets as well as to provide an exit opportunity for its investors who have been backing Pieris. With OrbiMed Advisors (NY, USA) being its lead investor since 2008, US partnerships and an international management team, Pieris always had its eyes on the US market. As a publicly listed company in the US, Pieris now has direct access to a broad base of renowned US investors, many of whom are bound by their charters to only invest in public companies within the US. Furthermore, US capital markets tend more to positively reflect good newsflows even for smaller companies compared to other markets, given the high amount of risk capital relative to other markets. Another very important point is also the general visibility for potential Pharma Partners, with Pieris being a “new kid on the block” story in the US. Challenges One of the biggest challenges in this process was to find the right bank to lead the process, not to mention the need to get the market timing right for such a transaction. The conversion from German-GAAP to USGAAP within a relatively short time frame was another major effort. This goes along with going-public costs being a major burden for any company around Pieris’ size. Nearly all management resources had been heavily devoted to this process, leaving less time for operational tasks. Going public is challenging; being public is yet another challenge. Lessons learned • Choose bank and network carefully • Tailor your ask to the prospective investor base • Timing is everything Stephen S. Yoder, CEO Pieris Pharmaceuticals, Inc. Claus Schalper, VP Finance Pieris Pharmaceuticals, Inc. and CFO Pieris AG, Freising-Weihenstephan Outlook Pieris Executive Management will relocate to the US headquarter by midyear 2015 and will grow the company’s drug development capabilities in a biotech hub where the talent pool is rich, focusing on immune-oncology, anemia and asthma. Pieris AG in Germany will remain the drug discovery operational hub and will continue its responsibility for the company’s R&D alliances. Pieris Australia PTY, a wholly owned subsidiary of Pieris AG, will carry out specific drug development activities for the group, deriving benefits from the Australia R&D tax credit. www.pieris.com Finanzierung | 39 Börsennotierte Unternehmen mit weniger Follow-up-Finanzierung In der Übersichtsstatistik stellt sich die am Kapitalmarkt aufgenommene Finanzierungssumme nur dann im Vergleich zum Vorjahr positiv dar, wenn man die Einnahmen aus den beiden IPOs miteinbezieht (+11 %). Die Kapitalerhöhungen der bereits an der Börse notierten Unternehmen waren dagegen um 29 Prozent deutlich rückläufig. Die Ursachen dafür liegen einfach darin, dass große Kapitalerhöhungen wie 2013 von MorphoSys und Evotec (insgesamt alleine 114 Mio. €) im Berichtsjahr 2014 ausgeblieben sind. Nur die Kapitalerhöhung von PAION in Höhe von 46,3 Millionen Euro kam in der Größenordnung an die letztjährigen heran. Alle anderen lagen meist im niedrigen zweistelligen oder einstelligen Millionenbereich. PAION hatte mit seiner größten Kapitalerhöhung in der Firmengeschichte 46,3 Millionen Euro durch die erfolgreiche Platzierung von über 18 Millionen neuen Aktien einnehmen können. Dieses Kapital ist vor allem für die Zulassungsaktivitäten des Anästhetikums Remimazolam in den USA und der EU verplant. Aktienprogramme wieder „in“ Immerhin deutet sich am Kapitalmarkt in Deutschland ein Trend an, wobei die Kapitalerhöhungen wieder über echte Neuausgabe von Aktien erfolgen. Allerdings werden in den meisten Fällen Vorkaufsrechte der bestehenden Investoren zwischengeschaltet („Rights offerings“), die diese auch entsprechend nutzten. In den vergangenen Jahren hatten vor allem PIPEs (2012: 100 %; 2013: 55 % der Runden, 88 % des Kapitals) mit den bestehenden Investoren als Kapitalmaßnahmen im Vordergrund gestanden; Rights offerings waren nachgeordnet (2013: 27 %, 8 % des Kapitals). 40 Folgefinanzierungen börsengelisteter deutscher Biotech-Unternehmen, 2014 Unternehmen Volumen (Mio. €) Datum Art PAION 46,3 18. Juni Rights offering MOLOGEN 15,7 5. Februar PIPE Biofrontera 15,5 16. Januar Rights offering Medigene 15,1 15. Juli PIPE 4SC 10,0 5. Juni Darlehen PAION 6,2 16. Januar PIPE co.don 5,0 28. April Rights offering SYGNIS 5,0 13. November Rights offering Epigenomics 4,2 16. Oktober PIPE curasan 1,5 29. Oktober Rights offering Medigene 0,8 15. Juli Wandelanleihe 4SC 0,5 4. März Wandelanleihe 4SC 0,5 3. September Wandelanleihe Quelle: EY, BioCentury und Capital IQ In der aktuellen Tabelle stehen nun die Kapitalerhöhungen über die Ausgabe neuer Aktien über Rights offerings mit 50 Prozent an der Spitze (64 % des Kapitals). PIPEs fanden zwar immer noch statt (40 %; 36 % des Kapitals), allerdings klar abgeschwächt. Ob diese Entwicklung als ein Hoffnungsschimmer dahingehend gedeutet werden kann, dass die Kapitalmärkte doch wieder Interesse für den Hightech-Sektor entwickeln, wird sich erst an echten Followons zeigen, die im Berichtsjahr noch nicht zu sehen waren. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Sogar Fremdkapital „geht“? Neben den Kapitalmarkt-Events konnte 4SC auch über andere Kanäle an Geld kommen. Durch eine Fremdkapitalaufnahme über zehn Millionen Euro von der Santo Holding (Strüngmann Family Office) werden die klinischen Studien mit Resminostat in der Indikation Leberkrebs vorbereitet; zuzüglich zu einer Vereinbarung mit Yorkville zur Wandlung von Kapital in Aktien. Aus diesem 15-Millionen-US-Dollar-Topf wurden 2014 insgesamt zwei Tranchen von jeweils 500.000 Euro realisiert. Finanzierung per Kapitalerhöhung – der MOLOGEN-Weg Immuntherapie durch DNA-Plattformtechnologien Mit neuen und einzigartigen Technologien und Wirkstoffen gehört MOLOGEN zu den Wegbereitern auf dem Gebiet der Immuntherapien – ein neuer Ansatz, der von Experten weltweit als Durchbruch gewertet wird. Mit unseren Produktentwicklungen tragen wir dazu bei, einige der bedrohlichsten Krankheiten zu bekämpfen. Mit MGN1703 gegen Krebs Der Schwerpunkt unserer Entwicklungsarbeiten liegt im Bereich der Immun-Onkologie. Unser Hauptprodukt MGN1703 ist ein Immunmodulator und TLR9-Agonist, der zu einer starken Immunaktivierung führt. Dadurch wird das Immunsystem in die Lage versetzt, Krebszellen zu erkennen und selbst zu bekämpfen. Dieses Wirkprinzip ist unabhängig von der Krebsart und lässt sich daher breit einsetzen. Um dieses Potenzial zu nutzen, führen wir zwei klinische Studien mit MGN1703 durch: eine Zulassungsstudie bei Darmkrebs und eine randomisierte Studie bei kleinzelligem Lungenkrebs. Zudem ist das Präparat in den beiden Krebsindikationen in dem jeweiligen Therapiefenster die am weitesten fortgeschrittene Krebsimmuntherapie, was uns einen entsprechenden Wettbewerbsvorteil verschafft. Für MGN1703 ergibt sich daraus ein hohes Marktpotenzial, das alleine für die beiden Indikationen Darmund Lungenkrebs im Blockbuster-Bereich liegen dürfte. MOLOGEN geht einen anderen Weg Mit dem Börsengang 1998, unmittelbar nach Unternehmensgründung, und ohne spezialisierte Venture-Capital-Partner ist MOLOGEN einen eher unüblichen Weg in der Biotech-Finanzierung gegangen. Bislang wurde der Mittelbedarf vorrangig über den Kapitalmarkt gedeckt. Seit Gründung haben wir rund 100 Millionen Euro über die Börse eingesammelt. Schritt für Schritt … Die Finanzierungshorizonte von BiotechUnternehmen sind in der Regel kürzer als in anderen Industrien und richten sich häufig nach dem Fortschritt der zu entwickelnden Produkte. So haben auch wir seit Börsengang eine Vielzahl kleinerer Kapitalerhöhungen genutzt, um Schritt für Schritt unsere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten zu finanzieren. Wesentliche Erfolgsfaktoren bei der Gewinnung von Investoren waren und sind unverändert: • Produkte und Technologien mit Alleinstellungsmerkmalen und hohem Marktpotenzial • Nachweisliche Forschungsfortschritte • Ein langfristig angelegtes Verhältnis zu Ankeraktionären Flexible Gestaltung der Kapitalerhöhung Kapitalerhöhungen lassen sich grundsätzlich mit oder ohne Bezugsrechte gestalten. Im Rahmen der im Sommer 2012 durchgeführten Kapitalerhöhung haben die bestehenden Aktionäre weitgehend von den Bezugsrechten Gebrauch gemacht. Der Brutto-Emissionserlös betrug rund 22 Millionen Euro. … für Schritt Bei der im Februar 2014 erfolgten Kapitalerhöhung haben wir uns hingegen bewusst für eine zehnprozentige Kapitalerhöhung im Rahmen einer Privatplatzierung unter Bezugsrechtsausschluss entschieden, um die Vorteile einer schnellen Umsetzung zu nutzen. Die Vorbereitungen für den Start der Zulassungsstudie mit unserer Krebsimmuntherapie MGN1703 waren bereits weit fortgeschritten und namhafte internationale Experten hatten zugesagt, an der Studie teilzunehmen. Auch stand der Start der randomisierten Studie in der Anwendung gegen kleinzelligen Lungenkrebs unmittelbar bevor. Eine kurzfristige Umsetzung der Kapitalerhöhung war nur möglich, da wir auf die Prospekterstellung und auch die Bezugsfrist für bestehende Aktionäre verzichten konnten. Zudem wollten wir gezielt neue, qualifizierte Investoren ansprechen und für ein Investment gewinnen. So konnten wir die neuen Aktien sowohl bei ausgewählten, bestehenden Aktionären als auch bei neuen internationalen Investoren platzieren. Die schnelle Umsetzung der Kapitalerhöhung ermöglichte es uns, die Zulassungsstudie bei Darmkrebs bereits im dritten Dr. Matthias Schroff, CEO MOLOGEN AG, Berlin Quartal 2014 zu starten. Der Brutto-Emissionserlös betrug rund 16 Millionen Euro, die vorrangig für die zwei Studien mit unserem Hauptproduktkandidaten MGN1703 verwendet werden. Internationalisierung unserer Aktionärsbasis Unser Ziel ist, unsere internationale Aktionärsbasis weiter auszubauen und unsere Visibilität am Kapitalmarkt zu erhöhen. Für uns heißt das: Wir sind nicht nur auf den einschlägigen Fachkongressen in den USA präsent, sondern intensivieren auch unsere Investor-Relations-Aktivitäten. Roadshows zu den wesentlichen internationalen Finanzplätzen in Europa und den USA zählen inzwischen zu unserem Standardprogramm. Ausblick Wir verfügen über eine sehr vielversprechende Basis: Unser Hauptprodukt, die Krebsimmuntherapie MGN1703, befindet sich bereits in der Zulassungsstudie bei Darmkrebs und auch die klinische Studie bei Lungenkrebs macht sehr gute Fortschritte. Beide Indikationen versprechen ein sehr attraktives Marktpotenzial. Dieses Potenzial wollen wir nicht im Alleingang erschließen, sondern mithilfe von Pharma-Partnern. Die Einnahmen aus diesen Partnerschaften werden uns zusätzlichen Handlungsspielraum für die Weiterentwicklung unserer gut gefüllten Produktpipeline verschaffen. www.mologen.com Finanzierung | 41 Zahlen und Fakten – Europa Kapitalaufnahme europäischer Biotech-Unternehmen Europa mit starkem Aufholeffekt Die Finanzierung der Biotech-Branche in Europa hat erstmals seit Beginn der Finanzkrise wieder aus dem Tal der Kapitalmisere herausgefunden. Insgesamt überschreitet das Finanzierungsvolumen erstmals die Hürde von sechs Milliarden Euro und landet bei einem Allzeithoch von 7,04 Milliarden Euro. Diese Zahl liegt sogar um 24 Prozent über dem Wert vor der Finanzkrise 2007. Summe (Mrd. €) 7 1,19 6 0,23 5 1,68 4 1,39 3 0,47 Wichtig für diese Entwicklung ist, dass alle Elemente der Eigenkapitalfinanzierung mit deutlich gesteigerten Volumina zu diesem Erfolg beigetragen haben: Venture Capital für die Finanzierung privater Firmen konnte um 32 Prozent zulegen und landete bei 1,53 Milliarden Euro. Damit hat die Stagnation über die letzten sechs Jahre mit stabilen Werten um eine Milliarde Euro ein Ende. 2,92 3,35 2 0,84 0,04 0,91 0,17 0,81 1,05 0,99 0,99 1,16 1,53 2009 2010 2011 2012 2013 2014 1,35 1,06 2007 2008 0 Fremdkapital Börsengang 1,40 0,29 1,36 1 1,44 1,34 0,07 0,59 0,08 0,74 0,30 0,10 0,03 0,19 Kapitalerhöhungen an der Börse Risikokapital Quelle: EY, BioCentury, Capital IQ und VentureSource Risikokapital in ausgewählten europäischen Ländern Summe (Mio. €) 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Deutschland 2012 UK 2013 Schweiz Frankreich Niederlande Dänemark Belgien Irland Österreich Norwegen 2014 Quelle: EY, BioCentury und VentureSource Ebenso zog der Kapitalmarkt deutlich an (um 103 % auf 2,92 Mrd. €) und demonstrierte neues Interesse an Biotech-Werten. Nicht zuletzt spiegelt sich das Kapitalmarktengagement auch in den 31 IPOs wider, die das Kapital allein aus diesem Segment um den Faktor 7,4 (637 %) nach oben 42 schnellen ließen. Selbst der nachlassende Anteil der Fremdfinanzierungen, die ohnehin nur sehr wenigen großen Vertretern der Branche zukommen, vermag den Gesamterfolg der Biotech-Finanzierung in Europa nicht zu schmälern. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Venture Capital in Europa ungleich verteilt Von der besonders erfreulichen Entwicklung des Venture Capital in Europa können allerdings nicht alle Länder gleichermaßen profitieren. Eindeutig dominieren Großbritannien und die Schweiz das Wachstum auf VC-Seite durch sehr aktive Investoren und die in diesen Ländern am ehesten ausgeprägte Kultur für Risikoinvestments. Dazu trägt sicherlich auch bei, dass in beiden Ländern der beispielsweise in Deutschland zu beobachtende Trend zu geänderten Firmenausrichtungen (Technologien) und Geschäftsmodellen (z. B. Service) und die damit verbundene Unabhängigkeit von VC weniger stark ausgeprägt ist. Der Höhenflug in Großbritannien, der im Vorjahr bereits ein VC-Wachstum von 26 Prozent aufwies, steigerte sich erneut um sagenhafte 103 Prozent auf aktuell 447 Millionen Euro (155 % in 2 Jahren). Ähnlich fulminant steigerte die Schweiz ihr Kapitalvolumen im VC-Bereich in den beiden letzten Jahren um 103 Prozent (jeweils 43 pro Jahr). Demgegenüber stagnierte die VC-Finanzierung in den restlichen „großen“ europäischen Ländern oder fiel sogar zurück. Somit muss vor diesem insgesamt sehr positiven Ergebnis im VC-Bereich aufgrund der Ungleichverteilung auch ein nach wie vor vorhandener Handlungsbedarf zur Verbesserung der Risikokapitalausstattung in Europa ernsthaft verfolgt werden. Risikokapitalfinanzierungen europäischer Biotech-Unternehmen, 2014 (Auswahl) Unternehmen Land Volumen (Mio. €) Bekanntgabe Runde Investoren Adaptimmune UK 78,3 September 1 New Enterprise Associates, Fidelity Biosciences, Foresite Capital Management, Merlin Nexus, Novo, OrbiMed Advisors, QVT, Ridgeback Capital Management, Rock Springs Capital, University of Oxford, venBio, Wellington Management Company, ungenannte Investoren Adapt Pharma Irland 71,6 Mai n / a ungenannte Investoren Biocartis Schweiz 64,5 September 6 Hitachi Chemical, Johnson & Johnson Development Corporation, PMV, ungenannte Family Offices Cell Medica UK 62,0 November 4 Imperial Innovations, Invesco Perpetual, Woodford Investment Management Glycotope Deutschland 55,0 März n / a Eckert Life Science Accelerator, Jossa Arznei NovImmune Schweiz 49,4 Februar 5 Rosetta Capital, ungenannte Investoren Ascendis Pharma Dänemark 45,2 Dezember 3 OrbiMed Advisors, Sofinnova Ventures, Vivo Capital, Janus Capital Management, RA Capital Management, Rock Springs Capital, Venrock, Sectoral Asset Management, Sofinnova Partners Cardiorentis Schweiz 45,0 September 1 HealthCare Royalty Partners NuCana BioMed UK 42,9 April 4 Sofinnova Ventures, Alida Capital International, Morningside Ventures, Scottish Enterprise, Sofinnova Partners ProQR Therapeutics Niederlande 42,0 April 1 Sofinnova Partners, ungenannte Investoren Enigma Diagnostics UK 37,7 Oktober n / a Shanghai Debay Capital Wilson Therapeutics Schweden 30,1 April 2 Abingworth Management, MVM Life Science Partners, HealthCap Kymab UK 30,1 Mai 2 Bill & Melinda Gates Foundation, Wellcome Trust Nordic Nanovector Norwegen 30,0 Juni 5 HealthCap, ungenannte Investoren Anokion Schweiz 27,2 Mai 1 Novartis Venture Fund, Novo Ventures, Versant Ventures, private Investoren Quelle: EY, BioCentury und VentureSource Finanzierung | 43 Venture-Capital-Runden im Einzelnen Die Dominanz Großbritanniens und der Schweiz bei der VC-Verteilung in Europa ist in der Liste der Finanzierungsereignisse gut reflektiert. Die Top-15-Runden repräsentieren 47 Prozent des Risikokapitals insgesamt. Jeweils rund ein Drittel der Runden gingen an Großbritannien bzw. an die Schweiz (33 %, 16 % des VC bzw. 27 %, 12 % des VC). Der Rest verteilt sich auf die übrigen Länder, die nur mit jeweils einem Investment in der Top-Liga vertreten sind (z. B. Deutschland mit Glycotope). Die Investoren der europäischen VC-Runden rekrutieren sich zum Teil nur aus den länderansässigen VC-Fonds in Großbritannien, 44 der Schweiz, Deutschland etc. Vor allem in der UK und der Schweiz steigen aber häufig auch ausländische Investoren mit ein. Ebenfalls bringt die Runde von Ascendis Pharma in Dänemark einige namhafte USInvestoren zusammen (OrbiMed Advisors, Sofinnova Ventures, Rock Springs Capital etc.). Und auch in der Schweiz traten in den Runden von NovImmune (Rosetta Capital, UK) oder Anokion (Versant Ventures, US) externe Investoren an den Verhandlungstisch. In lediglich zwei Schweizer VC-Runden waren auch Corporate VCs vertreten, wie der Novartis Venture Fund (Anokion), Johnson & Johnson Development Corpora- | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 tion / Hitachi Chemical (Biocartis). Dies ist im Vergleich zum Vorjahr ein stark reduziertes Engagement der Pharma-Firmen in VC-Konsortien. Bis auf zwei Unternehmen, Biocartis / Schweiz und Enigma Diagnostics / UK, sind alle Top-15-Investments dem Therapeutikasektor zuzuordnen, wo große Volumina erforderlich sind. Im Vergleich dazu sind die meisten VC-Investments in Deutschland eher klein geraten und deutlich heterogener auf Therapeutika, Diagnostika, Services etc. verteilt. Die IPO-Party von TVM Capital – Ein Zeichen für die Zukunft? Ernte einfahren Ja, nach vielen, an Börsengängen mageren Jahren und gleichzeitiger Entschleunigung des M&A-Marktes konnten wir im Laufe der letzten beiden Jahre die Früchte einer konsistenten und vor allem beharrlichen Investitionsstrategie ernten. Seit langem schon richten wir unsere Beteiligungen nach folgenden Kriterien aus: Fokus, Kostenbewusstsein und Unabhängigkeit (Unabhängigkeit von kraftraubenden und unter Umständen unberechenbaren weiteren Finanzierungsrunden). Süße Früchte Letztes Jahr im Frühling sahen wir uns endlich belohnt. Enanta Pharmaceuticals, ein Unternehmen, das wir praktisch 1999 mitbegründet hatten, ging erfolgreich an die Börse, gefolgt von bluebird bio ein paar Monate später. Früh im Jahr 2014 folgten Argos Therapeutics und Concert Pharmaceuticals, im Oktober dann Proteon Therapeutics und Probiodrug – der erste Börsengang eines deutschen Biotech-Unternehmens aus unserem Portfolio seit 2006. Aus unserer Sicht fast noch wichtiger waren aber folgende Meilensteine: zwei neue Zulassungen für Medikamente, bei denen TVM Capital als Lead- oder mindestens als CoLead-Investor beteiligt war. Gilead erhielt die Zulassung für Sovaldi, ein HCV(Hepatitis-C-Virus)-Inhibitor der ursprünglich von Pharmasset entwickelt wurde, sowie die Zulassung für Vikiera Pak von AbbVie, ebenfalls ein neues HCV-Medikament auf der Basis des ABT-450-Protease-Inhibitors von Enanta. Diese Medikamente werden vielen Millionen HCV-Patienten das Leben fundamental erleichtern und einen entsprechenden Umsatz erreichen. Ein guter Grundstock und Geduld zahlen sich aus Aus unserer Sicht sind die oben genannten Erfolge tatsächlich die Früchte einer richtigen Investitionsstrategie von vor zehn Jahren. Wir haben an unseren Investitionsentscheidungen festgehalten und diese Unternehmen lange (finanziell) begleitet, bis diese Investments letztlich zum Erfolg geführt werden konnten. Wenn man sich die erfolgreichen IPOs genauer ansieht, kommt man schnell zu dem Schluss, dass das positive Ergebnis des Börsengangs meist auch am Potenzial eines einzigen Produktes festgemacht werden kann. Im Grunde genommen handelt es sich hier letztlich also auch um signifikante Projektfinanzierungen, nur mit etwas weniger Fokus, Kostenbewusstsein und Unabhängigkeit, da die Unternehmen anfangs anders aufgestellt waren. Börsenplatz USA Dass die meisten der erfolgreichen Börsengänge in den USA stattgefunden haben, verwundert nicht: Verglichen mit Europa, und umso mehr mit Deutschland, gibt es dort mehr spezialisierte Investoren, mehr spezialisierte Analysten und mithin einen größeren Markt, der so bei uns nicht existiert. Dennoch sind auch bei uns die Bewertungen in einem Börsengang unter Umständen besser als bei einer neuen privaten Finanzierungsrunde. Dies hat das Beispiel Probiodrug eindrucksvoll gezeigt. Sorgt der Aufwind für ein Revival der VC-Szene? Das bedeutet für unsere Branche hierzulande vor allem eines: Aufwind! Investoren sehen Returns und werden wieder aufmerksam – nicht nur auf die Branche sondern auch auf die Anlageklasse. Das könnte ein Revival der VC-Szene im Bereich Biotech bedeuten. Und innovative Produkte und Plattformen, deren Finanzierung sich lohnen würde, gibt es in Deutschland und Europa allemal; das war immer unsere feste Überzeugung. Ein klares IPO-Fenster in Deutschland oder Europa sehen wir bisher nicht, eher den Versuch einiger junger Unternehmen, in den USA den Börsengang zu schaffen, was in vieler Hinsicht einen enormen Aufwand bedeutet. Dr. Hubert Birner, Managing Partner TVM Capital Life Science, München IPO oder M&A? Für junge Biotech-Unternehmen wird ein erfolgreicher Exit mit größter Wahrscheinlichkeit eher über eine M&A-Transaktion laufen denn über einen Börsengang. Heute sind Investoren nicht mehr geduldig, wollen schneller Returns sehen. Das Ökosystem von Dienstleistern, auf das ein Team mit einem vielversprechendem Produkt zugreifen kann, ist heute viel besser als noch vor zehn Jahren, so dass es sich unter Umständen einfach nicht lohnt, ein komplettes Unternehmen um ein Produkt herum aufzubauen. Die Pharma-Industrie ist nach wie vor hungrig auf Innovationen und bereit, diese ab einer frühen Phase II zuzukaufen. Für Plattformtechnologien gilt nach wie vor das tradierte VC-Modell – dort werden Unternehmen gebaut. Das haben wir immer betont. Neue Wege – auch für VCs! Wir sind so gesehen schon seit langer Zeit auf dem Weg zu Projektfinanzierungen und haben sie eigentlich auch schon lange vor unserem neuen Fonds LSV VII gemacht – nur haben wir jetzt unsere Investitionsstrategie entsprechend verfeinert und mit der Partnerschaft mit Eli Lilly und Chorus, Lillys Entwicklungsorganisation, in eine Form gebracht, die unseren neuen Beteiligungen einen erheblichen Wettbewerbsvorteil bietet; und unseren Investoren den Return, den sie verdienen. Auch VCs müssen innovativ sein. www.tvm-capital.com Finanzierung | 45 Finanzierung börsennotierter BiotechFirmen in Europa im Volumen verdoppelt Fremdkapital bleibt wenigen SpecialtyPharma-Unternehmen vorbehalten Hinter dem stark gestiegenen Gesamtvolumen der Kapitalerhöhungen von börsennotierten europäischen Biotech-Unternehmen steckt zum einen eine Mega-Runde von QIAGEN. Diese ist alleine auf 549,9 Millionen Euro beziffert und macht somit 18,5 Prozent des Gesamtvolumens aus. Die 1,19 Milliarden Euro Fremdkapital bleiben in Europa nur sehr wenigen Unter- Weiterhin dominiert aber erneut Großbritannien mit insgesamt acht Kapitalmaßnahmen und einem Volumen von fast 600 Millionen Euro (20 %) die Top-30-Liste. Hier macht sich die breite Schicht an SpecialtyPharma-Unternehmen bemerkbar, die beträchtliche Summen an Eigenkapital am Kapitalmarkt einsammeln konnten (Sky Pharma, BTG, GW Pharmaceuticals etc.). nehmen vorbehalten – meist sind es die typischen Vertreter im Bereich Specialty Pharma. Jazz Pharmaceuticals alleine konnte fast 900 Millionen Euro einnehmen. Folgefinanzierungen börsengelisteter europäischer Biotech-Unternehmen, 2014 (Auswahl) Unternehmen Land Volumen (Mio. €) Datum Art QIAGEN Niederlande 549,9 12. März Wandelanleihe Jazz Pharmaceuticals Irland 433,1 8. August Darlehen Jazz Pharmaceuticals Irland 433,1 7. Januar Darlehen Meda Schweden 222,7 10. Oktober Rights offering Alkermes Irland 188,3 13. Januar PIPE BTG UK 186,1 4. Dezember PIPE Obwohl Frankreich weder die Masse an Specialty Pharma aufbieten noch auf VCSeite besonders hervorstechen konnte, reicht es mit immerhin sieben Kapitalrunden in den Top 30 und 457 Millionen Euro Erlös (13 % des Gesamtkapitals) fast an Großbritannien heran. Durch die dahinter stehenden Unternehmen sind sehr unterschiedliche Kategorien abgedeckt: Dienstleister wie Eurofins Scientific (150 Mio. €), Specialty Pharma wie Flamel Technologies (91,1 Mio. €), Biopharma wie Innate Pharma (50 Mio. €), Genfit (49,7 Mio. €), Transgene (45,5 Mio. €), Onxeo (40,7 Mio. €) und ERYTECH (30 Mio. €). Selbst weniger bedeutende Biotech-Länder wie Dänemark oder Schweden kommen mit ihren BiotechAushängeschildern Genmab (133,8 Mio. €) und Zealand Pharma (40,2 Mio. €) bzw. Meda (222,7 Mio. €) und Orexo (93 Mio. €) auf beträchtliche Summen. Hier liegt Deutschland mit der 46-Millionen-Runde für PAION deutlich zurück. Eurofins Scientific Frankreich 150,0 10. Juli Bonds SkyePharma UK 138,9 31. März PIPE Genmab Dänemark 133,8 23. Januar PIPE GW Pharmaceuticals UK 95,2 17. Juni Follow-on Prothena Corporation Irland 92,6 23. Juni Follow-on Flamel Technologies Frankreich 91,1 6. März Follow-on Vectura Group UK 64,5 13. März PIPE Orexo Schweden 55,0 9. Mai Bonds Compugen Israel 54,6 27. Februar Follow-on Innate Pharma Frankreich 50,0 24. Juni PIPE Genfit Frankreich 49,7 23. Juni PIPE PAION Deutschland 46,3 18. Juni Rights offering Transgene Frankreich 45,5 27. Februar Rights offering Ablynx Belgien 41,7 30. Juni PIPE Onxeo Frankreich 40,7 17. November Rights offering Zealand Pharma Dänemark 40,2 12. Dezember Bonds Orexo Schweden 38,1 29. August PIPE PIPEs bevorzugt Evolva Holding Schweiz 35,0 26. Februar PIPE Oxford BioMedica UK 30,8 29. Mai PIPE ERYTECH Pharma Frankreich 30,0 23. Oktober Follow-on Summit UK 27,3 11. Februar Rights offering 4D Pharma UK 26,7 25. Juni PIPE Cardio3 BioSciences Belgien 25,0 16. Juni PIPE Sinclair IS Pharma UK 24,8 15. April PIPE Unter den Top-30-Finanzierungsereignissen (85 % der Gesamtsumme) stellen PIPEs die bevorzugte Kapitalmaßnahme der europäischen Biotech-Unternehmen dar; mit 50 Prozent der Ereignisse (14) kommen sie auf eine Gesamtsumme von 1.033 Millionen Euro (30 % des Top-30-Volumens). Dennoch sind Rights offerings und klassische Followons ebenfalls im Kommen (zusammen 10 Events mit 746 Mio €; 22 % der Top 30). 46 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Quelle: EY, BioCentury und Capital IQ Zahlen und Fakten – USA Finanzierung in den USA schlägt alle Rekorde Mit einem neuen Rekordergebnis kann der amerikanische Biotech-Sektor aufwarten. Nicht nur, dass das Gesamtergebnis mit über 45 Milliarden US-Dollar weit jenseits aller früherer Zahlen liegt. Auch alle Kategorien von VC über IPOs, Kapitalerhöhungen an der Börse und Fremdkapital haben durch ihre individuellen Steigerungen dazu beigetragen. Angefangen bei VC, das im Mittel über die letzten Jahre durch die Finanzkrise stabil bei etwa 4,5 Milliarden US-Dollar verharrt hatte, stehen jetzt beeindruckende 5,6 Milliarden US-Dollar zu Buche – eine Steigerung um 30 Prozent in einem einzigen Jahr. Natürlich hat das weit geöffnete Börsenfenster die VC-Branche beflügelt und mit den Aussichten auf Exits neues Kapital locker gemacht für Investments in junge Start-ups und Anschlussfinanzierungen der bereits weiter fortgeschrittenen Unternehmen. Über die insgesamt 63 IPOs mit einem Erlös von fast fünf Milliarden Euro (im Mittel fast 80 Mio. US$ pro IPO) wurde bereits berichtet. Diese Erfolgsstory hat natürlich den gesamten Kapitalmarkt weiter elektrisiert und somit auch die Kapitalerhöhungen der bereits notierten Unternehmen in die Höhe getrieben. Mit 15,4 Milliarden US-Dollar wurde auch dort ein Rekordergebnis erzielt, das alleine das Vorjahr um 30 Prozent übertrifft. Kapitalaufnahme US-amerikanischer Biotech-Unternehmen Summe (US$) 50 19,12 40 30 20 16,67 9,67 9,85 5,93 6,14 15,40 3,43 10 8,58 11,82 8,80 5,94 8,22 8,99 4,95 0,70 4,68 1,10 4,41 0,80 4,30 0,84 4,25 3,27 5,73 4,25 0,01 4,43 4,32 5,60 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 1,24 0 4,64 Fremdkapital Börsengang Kapitalerhöhungen an der Börse Risikokapital Quelle: EY, BioCentury, Capital IQ und VentureSource Schließlich konnten auch die Fremdfinanzierungen, die für den US-Biotech-Sektor aufgrund seiner größeren Reife eine deutlich relevantere Funktion haben, noch einmal enorm zulegen. Die niedrigen Zinsen haben viele der großen Biotechs genutzt, um günstige Darlehen im großen Stil für Investitionsvorhaben einzusetzen. Die Gesamtsumme stieg dabei auf fast 20 Milliarden US-Dollar (211 % Zuwachs). Die Konsistenz dieser Steigerungen in allen Finanzierungskategorien demonstriert eindrucksvoll die perfekt organisierte Kapitalnahrungskette von den Start-ups bis zu den reifen Großunternehmen am Kapitalmarkt. Dadurch stimulieren sich die einzelnen Kettenglieder permanent selbst und schaffen Durchlässigkeit für die Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette. Finanzierung | 47 Börsengänge US-amerikanischer Biotech-Unternehmen, 2014 Unternehmen Volumen (Mio. US$) Unternehmen Volumen (Mio. US$) Juno Therapeutics 304,2 Histogenics 65,0 FibroGen 167,7 Immune Design (fka Vacsys) 64,9 Acucela 163,0 Glycomimetics 64,4 Bellicum Pharmaceuticals 160,6 Atara Biotherapeutics 63,3 Kite Pharma 146,6 Vitae Pharmaceuticals 63,3 Versartis 144,9 Cara Therapeutics 63,3 Ultragenyx Pharmaceutical 139,1 Vital Therapies 62,1 Dermira 125,0 SCYNEXIS 62,0 ZS Pharma 123,1 Roka Bioscience 60,0 Avalanche Biotechnologies 117,3 Eleven Biotherapeutics 57,5 Otonomy 115,0 Applied Genetic Technologies 57,5 Akebia Therapeutics 115,0 Pfenex 56,6 Revance Therapeutics 110,4 Radius Health 56,1 Zafgen 110,4 Corium International 52,0 Tokai Pharmaceuticals 105,3 Celladon 50,6 Dicerna Pharmaceuticals 103,5 Eagle Pharmaceuticals 50,3 Sage Therapeutics 103,5 Argos Therapeutics 49,8 Auspex Pharmaceuticals 96,6 Adamas Pharmaceuticals 49,3 Concert Pharmaceuticals 93,1 Marinus Pharmaceuticals 46,1 Coherus Biosciences 91,9 CareDx 42,2 Alder Biopharmaceuticals 88,8 ContraFect 41,3 Achaogen 82,8 Amphastar Pharmaceuticals 40,9 Calithera Biosciences 80,0 Dipexium Pharmaceuticals 38,0 Loxo Oncology 76,8 NephroGenex 37,2 Flexion Therapeutics 74,8 Recro Pharma 34,5 Proteon Therapeutics 70,3 Minerva Neurosciences 32,7 Ardelyx 69,0 Ruthigen 19,2 Cerulean Pharma 67,0 Biocept 19,0 Trevena 66,6 GlobeImmune 17,3 Genocea Biosciences 66,0 Aldeyra Therapeutics 12,0 T2 Biosystems 65,8 Signal Genetics 8,5 Neothetics 65,1 Quelle: EY, Capital IQ, BioCentury und VentureSource 48 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Innovation und Wachstum brauchen Eigenkapital – über die Börse?! Warum den Schritt an die Börse wagen? Als Innovationsmotoren sind Life-ScienceUnternehmen (Biotech, Health, Pharma, Medtech) unschlagbar. Viele haben die Börse bereits für sich als Weg der Eigenkapitalfinanzierung entdeckt und auf diese Weise ihren strategischen Spielraum für Innovation und Wachstum erweitert. Die Vorteile der Strategieoption IPO im Vergleich zu M&A und Private Equity sind bekannt. Fortlaufender Zugang zu institutionellen Investoren, tägliche Bewertung und Handelbarkeit, hohe Attraktivität für Management und Schlüsselpersonen, die Aktie als Incentivierungsinstrument und neue liquide M&AWährung und Vieles mehr. Zudem ist die IPO-Option derzeit en vogue. So ist die Exitaktivität über IPO für Private-Equity- oder VC-Geber in Europa auf einem Zehn-JahresRekordniveau. Für viele Unternehmer stellt sich im Rahmen der Strategieoption IPO die Kernfrage: Sind wir kapitalmarktfähig und darauf gut vorbereitet? Kapitalmarktfähigkeit prüfen im IPO Readiness Assessment Eigentümer und die Geschäftsleitung wollen sich deshalb aus erster Hand informieren, die kritischen Punkte und Pfade besser verstehen und erfahren, welche Aspekte wichtig für einen starken Auftritt im Kapitalmarkt sind. Der erfolgreichste Weg, frühzeitig Antworten hierauf zu finden, ist ein strukturierter und ganzheitlicher Ansatz zur Prüfung der Kapitalmarktfähigkeit – kurz: IPO Readiness Assessment. Dieses gibt aktuelle Einblicke, eröffnet Transparenz über die Anforderungen, trainiert das interne Team und führt Unternehmer im Rahmen eines initialen Workshops strukturiert durch wichtige Bereiche im Unternehmen, die für einen erfolgreichen Börsengang notwendig sind. Deshalb werden auch in der Strategiediskussion des IPO-Readiness-Workshops grundlegende Fragen geklärt. Mit dem vorsichtigen Abwägen der Vor- und Nachteile stellt sich zunächst die Frage: Ist der Börsengang der richtige nächste Schritt? Warum geht man an die Börse? Beide Antworten sind fundamentale Aspekte, nicht nur für Eigentümer, sondern auch für den Erfolg des Börsengangs. Denn sie zählen zu den ersten Fragengebieten von Investoren am Kapitalmarkt. Den „richtigen“ Börsenplatz kennen lernen im IPO Destination Assessment Fast regelmäßig, so zeigen es einige prominente Beispiele im Life-Science-Sektor, wird auch die Frage nach dem relevanten Börsenplatz gestellt. Weltweit gehen ca. 11 Prozent der Unternehmen nicht an die Börse ihres Heimatmarktes. Dabei ist der Life-ScienceSektor bei Cross Border IPOs mit fast 17 Prozent besonders aktiv. Gründe, den Börsengang im Ausland zu unternehmen sind vielfältig, bestimmen sich aus einer Vielzahl von Faktoren und resultieren aus einem Mix an verschiedenen Perspektiven. Dabei werden Kriterien in den Bereichen Strategie, Bewertung und Kosten sowie die Präferenzen von Life-Science-Unternehmen individuell im Rahmen des IPO Destination Assessments evaluiert. Besonders die USA haben in den letzten zwei Jahren eine besondere Anziehungskraft. Hier werden insbesondere die regulatorischen Unterschiede und ihr Einfluss auf die Corporate Governance und internen Strukturen und Prozesse in der Zeit nach dem Börsengang diskutiert. Eine Patentantwort auf die Frage des „richtigen“ Börsenplatzes gibt es nicht und entscheidet sich immer unternehmensindividuell. Für das IPO Readiness Assessment ist der Börsenplatz eine wichtige Annahme. Aus den Antworten zur geeigneten Börse innerhalb des relevanten Marktplatzes und zum passenden IPO-Segment leiten sich nämlich die Prüfpunkte aus den jeweiligen Kapitalmarktanforderungen ab. Zudem haben Investoren besondere Anforderungen an Cross-BorderIPOs. Entscheidungen treffen mit dem IPO Readiness Assessment Result Report Das Ergebnis des Assessments ist oft auch Basis für die Entscheidung im Gesellschafterkreis. Eine Bestandsaufnahme nimmt die Fitness des Börsenkandidaten auf. Dabei wird die Leistungsfähigkeit verschiedener Disziplinen, Prozesse und Infrastrukturen erfragt, die für die Erfüllung von Pflichten und für die Kür am Kapitalmarkt wichtig sind. Ergebnis ist ein ausführlicher IPO Readiness Assessment Result Report, der die Annahmen des potenziellen Börsengangs zunächst definiert, den aktuellen Status in den verschiedenen Bereichen aufnimmt, diesen mit der Zielstruktur den Anforderungen des Kapitalmarktregelbetriebs abgleicht und daraus die zu schließenden Lücken auf- Dr. Martin Steinbach, EMEIA IPO Leader EY, Eschborn zeigt. Zudem beinhaltet er konkrete Empfehlungen und einen möglichen Zeitplan für die interne Umsetzung mit dem Ziel der Kapitalmarktfähigkeit. Gute Vorbereitung zahlt sich aus Ein Börsengang bedeutet immer einen Schritt in die Kapitalmarktöffentlichkeit, der gut durchdacht und geplant sein will. Dabei zahlt sich, wie viele Beispiele zeigen, eine rechtzeitige und gute Vorbereitung in der Regel 12 bis 18 Monate vor dem geplanten Börsengang aus. Das betrifft besonders den Kapitalmarkt, der sich in den letzten Jahren fundamental verändert hat. Umso wichtiger sind aktuelles Sektor- und Transaktions-Knowhow und ein Netzwerk von relevanten Intermediären und Institutionen für Auswahlprozesse. Dies eröffnet zugleich neue Chancen für Life-Science-Unternehmen, die Transaktionssicherheit in turbulenten Kapitalmärkten aktiv zu gestalten und zu erhöhen. Das erreicht man und zahlt sich aus durch strukturierte und ganzheitliche Vorbereitung des Börsengangs mit Experten, z. B. im IPO Readiness Assessment. www.ey.com/de/ipo-and-listing Finanzierung | 49 Transaktionen 50 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Deutsche Erfolgsgeschichten in verschiedenen Rollen Aushängeschilder CureVac – Top-Allianz in Deutschland mit Boehringer Ingelheim Die Analyse der Allianzen deutscher Biotech-Unternehmen über die letzten Jahre hatte die Bedeutung von Technologieplattformen als Basis attraktiver Deals in den Mittelpunkt gestellt. In der aktuellen Betrachtung von Allianzen mit Beteiligung deutscher Firmen lassen sich allerdings hervorragende Beispiele für eine viel größere Bandbreite an Transaktionen erkennen. Dies macht die betreffenden Unternehmen tatsächlich zu Aushängeschildern, die eine genauere Beschreibung verdienen. Der 2014 mit 465 Millionen Euro am höchsten dotierte Deal in Deutschland zwischen CureVac und Boehringer Ingelheim zeigt, dass Wertschöpfung auch in Deutschland funktionieren kann. Er vereinigt gleich mehrere Kriterien erfolgreicher Allianzen: • Innovative Technologieplattform der RNA-Vakzine zur Behandlung von Krebs • Fortgeschrittenes Phase-IIa-Lead-Produkt mit gezeigten klinischen Effekten (spezifische Immunantwort) • Attraktive Zahlungen (35 Mio. € Upfront, 430 Mio. € Meilensteine) Der Vorgänger CV9201 der auslizenzierten RNActive®-Immuntherapie CV9202 wurde im Rahmen einer Phase-I -/ IIa-Studie bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) Stadium IIIB / IV geprüft, deren Tumor nach einer platinbasierten Erstlinien- oder Radiochemotherapie zumindest stabil war. CV9202 besteht aus mRNA, die für sechs tumorassoziierte Antigene kodiert. Mit dem Einstieg der GatesStiftung bei CureVac (März 2015) erfährt die RNA-Plattform aktuell weitere Aufmerksamkeit. Ausgewählte Allianzen deutscher Biotech-Unternehmen, 2014 / 2015 Firma CureVac Phenex Pharmaceuticals MorphoSys Apogenix BRAIN BRAIN Partner Boehringer Ingelheim Gilead Sciences Emergent BioSolutions AbbVie BASF Seltenerden Storkwitz Land Deutschland USA USA USA Deutschland Deutschland Datum 18. Sept. 2014 6. Jan. 2015 19. Aug. 2014 Oktober 2014 25. Feb. 2014 19. März 2014 Deal-Fokus Produkt/Plattform Produkt/Plattform Produkt/Plattform Produkt – Plattform Präklinik – – Therapeutischer Phase I Status Phase II Krankheitsgebiet Lungenkarzinom Nicht-alkoholische Prostatakrebs Steatohepatitis und andere Lebererkrankungen Onkologie Industriell Industriell Potenzieller Wert (Mio. €) 465,0 395,9* 137,9 n / a n / a n / a Upfront-Zahlungen (Mio. €) 35,0 ja 15,1 n / a n / a n / a Meilensteine (Mio. €) 430,0 ja 122,8 n / a n / a n / a Royaltys ja nein ja n / a n / a n / a Gegenstand Weltweite Lizenzund Kooperationsvereinbarung zur Entwicklung des mRNA-basierten therapeutischen Impfstoffs CV9202 Verkauf des aus Small-MoleculeXFR-Agonisten bestehenden Farnesoid-XRezeptorprogramms Entwicklung und Vermarktung des mit Hilfe der ADAPTIR™-Plattform entwickelten bispezifischen anti-PSMA / antiCD3-Antikörpers ES414 Lizenzvereinbarung zur Weiterentwicklung des TRAIL-Rezeptoragonisten APG-880 Übernahme des gemeinsam erarbeiteten Patentund Gebrauchsmusterportfolios von Anti-Bitterstoffen Kooperation auf dem Gebiet der biotechnologischen Anreicherung seltener Erden Präklinik * 470 Millionen US-Dollar (Umrechnungskurs vom 6. Januer 2015 aufgrund der extremen Währungsschwankungen US$ / ¤) Quelle: EY Transaktionen | 51 Phenex Pharmaceuticals – Forschungsqualität, Hartnäckigkeit und der richtige Riecher zahlen sich aus Der am Ende des Berichtsjahres 2014 noch final unterzeichnete Deal von Phenex Pharmaceuticals mit Gilead Sciences (Presseerklärung vom 6. Januar 2015) zeichnet sich ebenfalls durch besondere Merkmale aus: • Deal nicht mit Big Pharma sondern mit einem Big-Biotech-Unternehmen, das wegen seiner ausgewiesenen Expertise im Bereich der Lebererkrankungen als Partner gewählt wurde • Verkauf eines kompletten F&E-Programms an den großen Partner, der alle weiteren Aktivitäten übernimmt • Attraktive Deal Terms (470 Mio. US$) trotz des noch präklinischen Entwicklungsstadiums • Neues innovatives Target (FXR), das erst in jüngster Zeit den Durchbruch erzielen konnte und nun sehr gefragt ist, wobei nur eine weitere Firma (Intercept Pharmaceuticals / USA) ebenfalls einen vielversprechenden Ansatz hat • Phenex profitiert vom enormen Erfolg seines härtesten Konkurrenten Intercept Pharmaceuticals, der in den USA 2012 einen sehr erfolgreichen IPO hatte und dessen Marktkapitalisierung zeitweise auf neun Milliarden US-Dollar stieg Phenex ist es damit gelungen, ihr Modell der Validierung neuer Target-Klassen (Kernrezeptoren) bis zur Identifizierung von Wirkstoffen zu replizieren. Dem Deal mit Janssen Biotech 2012, in dem es ebenfalls um ein neues Target (RORγγ T) ging, folgt nun ein ähnlicher Deal, allerdings mit deutlich größerem Preisschild. Mit dem eingenommenen Kapital wird Phenex weitere innovative Ansätze in der eigenen Forschung voranbringen können. Bis zum nächsten großen Deal? Somit etabliert sich bei Phenex ein Geschäftsmodell, das vor allem auf die exzellente Qualität der eigenen Forschung setzt, um neue Targets zu validieren und entsprechende Wirkstoffe zu identifizieren, die dann möglichst lukrativ an die PharmaIndustrie zur Entwicklung weitergegeben werden. 52 Apogenix – erfolgreicher Deal mit „second line asset“ Nach der sehr erfolgreich verlaufenen PhaseII-Studie des Lead-Produktes APG101 in der Behandlung des Glioblastoms hatte man einen lukrativen Deal zur weiteren Entwicklung dieses Wirkstoffs in der Phase III erwartet. Stattdessen überraschte Apogenix nun durch eine Allianz mit AbbVie, in der es um den Wirkstoff APG-880 (TRAIL-Agonist) zur Behandlung solider Tumore geht. Diese Vereinbarung ist umso erstaunlicher, als die Wirksubstanz bisher erst präklinisch untersucht wurde. Evotec – erneut ein Serientäter Mit insgesamt zehn neuen Plattform-Deals unterstreicht Evotec seine Führungsposition auf dem Gebiet der Prozessplattformen. Dabei fallen die neuen Allianzen einerseits dem EVT-Execute-Typ zu: • Panion / Convergence Pharmaceuticals (Schmerz) • Shire (Morbus Fabry) • Padlock Therapeutics (Autoimmunerkrankungen) • Eternygen (Stoffwechselerkrankungen) • C4X Discovery (3D-Modelle) Leider haben beide Firmen vereinbart, zu dieser frühphasigen Allianz keine weiteren Details zu kommunizieren. Andererseits gab es Allianzen im EVTInnovate-Modell, unter das vor allem auch akademische Zusammenarbeiten fallen: Apogenix beschäftigt sich in der Forschung mit neuartigen Proteinwirkstoffen zur Beeinflussung verschiedener TNFSF(Tumornekrosefaktor-Superfamilie)-abhängiger Signalwege. Einige dieser Faktoren (z. B. TRAIL) können in Tumorzellen direkt Apoptose auslösen oder über die Stimulation von Immunzellen zur Bekämpfung von Krebszellen beitragen. Faktoren dieser Protein-Superfamilie stellen somit vielversprechende Kandidaten zur Behandlung von Krebs dar. • Debiopharm Group (Onkologie) • Fraunhofer-Institut (verschiedene Krankheiten, Drug Discovery) • Medicines for Malaria Venture (Malaria) • Ohio State University (Onkologie) MorphoSys – ein deutsches BiotechUnternehmen auf der Seite von „Big Biotech“ MorphoSys begibt sich durch seinen Deal mit der US-amerikanischen Emergent BioSolutions erstmals auf die Seite des „großen“ Partners für die gemeinsame Entwicklung eines bispezifischen Antikörperwirkstoffs zur Behandlung von Prostatakrebs. Es handelt sich dabei ebenfalls noch um ein präklinisches Projekt, für das sich MorphoSys neben 20 Millionen US-Dollar Upfront zu weiteren Meilensteinzahlungen entlang der Entwicklungserfolge verpflichtet hat. Des Weiteren erkannte MorphoSys aber auch, dass seine proprietäre HuCAL®-Plattform „in die Jahre“ gekommen ist und frischte das Portfolio in einem weiteren Deal, ebenfalls als Käufer, auf: Die Lanthipeptid-Plattform von Lanthio Pharma wurde übernommen. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Besonderes Aufsehen erzeugte die Pressemeldung im März 2015 über eine weitreichende Zusammenarbeit mit dem französischen Pharma-Konzern Sanofi, aus der Zahlungen von mindestens 250 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren resultieren und mehr als 40 Millionen Euro Upfront. Der Schwerpunkt liegt hierbei zunächst auf der Krebsforschung. Sanofi ist im Erfolgsfall für die klinische Entwicklung und die Vermarktung verantwortlich. Evotec erwirbt außerdem eine Forschungsstätte in Toulouse mit mehr als 200 Wissenschaftlern und plant, die Substanzbibliotheken von Evotec und Sanofi zu kombinieren. So wollen die Hamburger die Effizienz in der Wirkstoffforschung und der präklinischen Entwicklung steigern. Mit der Zusammenarbeit soll auch eine Brücke zu akademischen Einrichtungen in Frankreich entstehen. BRAIN – der Serientäter der Bioökonomie Ähnlich aktiv wie Evotec in der roten bewegt sich BRAIN in der industriellen Biotechnologie. Auch hier geht es um Plattformen, die auf Basis mikrobieller Systeme Anwendungen in unterschiedlichsten Industrien finden. Die Strategie von BRAIN hat sich nun dahingehend weiterentwickelt, dass diese Anwendungen nicht wie in der Vergangenheit vornehmlich in Service-Partnerschaften ausgestaltet werden, sondern dass das Unternehmen bestrebt ist, komplette Wertschöpfungsketten durch den Zukauf von Unternehmen in eigener Regie aufzubauen und an die erfolgreichen Plattformen als Marktventil anzubinden. In diese Kategorie fällt die Akquisition des Enzymherstellers WeissBioTech, der nun für die innovativen Ansätze bei BRAIN zur Identifizierung und spezifischen Optimierung von neuen Enzymen einen Marktauslass bietet. Des Weiteren fällt in diese Kategorie auch die Übernahme von Anteilen an der Seltenerden Storkwitz, welche die Förderung seltener Erden betreibt und durch BRAIN eine innovative Prozessverbesserung durch den Einsatz genetisch optimierter Mikroorganismen erfährt. Weitere Allianzen bzw. Übernahmen der Anteilsmehrheit betreffen AnalytiCon Discovery zur Komplettierung der Naturstoffseite und eine Vereinbarung mit der BASF zur Übernahme des BitterstoffPatentportfolios. Transaktionen | 53 CureVac – Von einer innovativen Technologieplattform zum Markt Von der Idee zum Ziel – der Weg der Überzeugung Die Nukleinsäure RNA – das älteste Biomolekül der Welt – medizinisch zu nutzen, galt lange Zeit als unmöglich. Richtig aber ist, dass mRNA medizinisch eingesetzt werden und die heutigen Therapiemöglichkeiten grundlegend verändern kann. Das Besondere an CureVacs Ansatz ist, dass wir das natürliche Molekül Messenger-RNA in chemisch unmodifizierter Form als Informationsträger für die Bauanleitung von Proteinen verwenden. Auf diese Weise wird der Körper in die Lage versetzt, seine eigene maßgeschneiderte Medizin gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Krankheiten herzustellen. Zudem können Medikamente auf Basis unserer mRNA schnell, d. h. innerhalb weniger Wochen, und kostengünstig produziert werden und benötigen bei Transport und Lagerung keine Kühlung. Reif für Pharma Mit Pioniergeist und Überzeugungsarbeit ist es uns gelungen, nicht nur die natürlichen Strukturen der mRNA für den Einsatz in der Medizin zu optimieren und die hierauf basierten Wirkstoffe in klinischen Studien mit bisher mehr als 300 Menschen zu testen, sondern bereits 2006 auch die weltweit erste GMP-Produktionsanlage für RNA-Wirkstoffe zu etablieren. Seit Gründung der Gesellschaft 2000 arbeiten wir kontinuierlich daran, das gesamte medizinische Potenzial der mRNA auszuschöpfen. Auf Basis des immer gleichen Prinzips entwickeln wir Krebsimmuntherapien, prophylaktische Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten und molekulare Therapien. Unser Ziel ist es, auf Grundlage unserer Technologie das weltweit erste mRNA-basierte Medikament zeitnah auf den Markt zu bringen. Es versteht sich von selbst, dass es zur Erreichung dieses Ziels der richtigen Partner auf Gesellschafter-, Mitarbeiter- und eben auch Kooperationsebene bedarf. Insofern freuen wir uns, dass wir aufgrund unseres langjährigen tiefen Verständnisses der mRNATechnologie, der beharrlichen Weiterentwicklung unserer Plattform sowie der damit einhergehenden umfangreichen und validierten Patentpositionen und Datenlage nunmehr zusammen mit unseren Kooperationspartnern unserem gemeinsamen Ziel der zugelassenen mRNA-basierten Produkte entscheidende Schritte näher kommen. 54 Kooperation mit Boehringer Ingelheim: Gemeinsam voran in der Krebstherapie In dem am weitesten entwickelten Bereich unserer Technologieplattform, der Krebsimmuntherapie, haben wir unsere ersten Produktkandidaten in der klinischen Entwicklung zur Behandlung des Prostatakarzinoms sowie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) getestet. Auf Grundlage dieser Daten konnten wir im September 2014 veröffentlichen, was uns bis dahin intern schon einige Zeit intensiv beschäftigt hat: Boehringer Ingelheim hat unseren immuntherapeutischen AntigenCocktail CV9202 zur Behandlung von NSCLC exklusiv einlizenziert. Neben den damit verbundenen möglichen Zuflüssen von insgesamt bis zu 465 Millionen Euro ist für uns noch bedeutender, dass Boehringer Ingelheim unseren Wirkstoff in mindestens zwei Produktentwicklungen in enger Zusammenarbeit mit uns klinisch weiterentwickeln und schließlich kommerzialisieren wird. Von dieser Partnerschaft wird auch unsere im Oktober 2013 geschlossene Zusammenarbeit mit dem Ludwig Institute for Cancer Research in New York erfasst, mit welchem eine klinische Studie mit dem an Boehringer auslizenzierten NSCLC-Cocktail mit einem Checkpoint-Inhibitor als weitere vielversprechende immuntherapeutische Kombinationstherapie derzeit in Planung ist. Ein großer Vertrauensbeweis für uns ist zudem, dass die Produktion des Wirkstoffs weiterhin bei uns verbleibt. Das heißt, auch bei einer Vermarktung werden wir es produzieren. Bill & Melinda Gates Foundation als Gesellschafter: Gemeinsam voran in der Infektiologie Mit Blick auf den hohen Kapitalbedarf, u. a. für den Aufbau einer industriellen Produktionsanlage nach GMP-Standard, haben wir uns sehr gefreut, im Frühjahr dieses Jahres eine Finanzierungsrunde unter Beteiligung der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) sowie unseres langjährigen Gesellschafters dievini Hopp in Höhe von insgesamt 67 Millionen Euro abschließen zu können. Die Beteiligung von Bill Gates‘ Stiftung ist getragen von ihrer grundlegenden Überzeugung von dem Potenzial unserer RNA-Technologie und deren großen Einsatzmöglichkeiten in Entwicklungsländern – gerade auch im Hinblick auf den dort bestehenden enormen Kostendruck. Insofern wird die BMGF | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Dr. Franz-Werner Haas, Chief Corporate Officer, CureVac GmbH, Tübingen zusätzlich zur Eigenkapitalbeteiligung zahlreiche Programme zur Entwicklung von Impfstoffen gegen virale, bakterielle und parasitäre Infektionskrankheiten auf Grundlage unserer RNActive®-Technologieplattform finanzieren. Die Vermarktungsrechte der entsprechenden Impfstoffe außerhalb der Entwicklungsländer verbleiben bei uns. Ausblick in eine vielversprechende Zukunft Für uns sind Transaktionen wie die mit Boehringer Ingelheim oder der BMGF nicht nur große und wichtige Erfolge, sondern auch enorm wichtige Meilensteine beim Ausbau unserer Technologieführerschaft. Sie zeigen, dass unser natürlicher mRNAbasierter Ansatz für Pharma-Unternehmen sowie NGOs so attraktiv und mittlerweile auch validiert ist, dass derart hochkarätige Vertragsabschlüsse möglich sind. Die Frage, ob die RNA-Technologie medizinisch genutzt werden kann und entsprechende Marktreife erlangen wird, stellt sich heute längst nicht mehr. Dies belegen nicht nur die klinischen Ergebnisse unserer Produktkandidaten, sondern auch der zunehmende mit Partnerschaften und hohen Investitionssummen betriebene internationale Wettbewerb in diesem Bereich. Offen ist noch, wer das Rennen macht und den ersten mRNA-basierten Wirkstoff auf den Markt bringt. Doch wir sehen uns in einer guten Position dies als Technologieführer mit überzeugenden Daten und aussagekräftigen Partnerschaften zu schaffen. www.curevac.com The show will go on: Phenex verkauft ihr FXR-Programm zur Behandlung von NASH für bis zu 470 Millionen US-Dollar an Gilead Play it again, Sam Im EY Biotechnologie-Report 2013 haben wir unsere große Kooperation mit Janssen vorgestellt. Der Beitrag endete mit den Worten „… so heißt es dann hoffentlich in ein bis zwei Jahren für Phenex: Play it again, Sam!“. Nun, „Uncle Sam“ hat tatsächlich wieder aufgespielt. Auch bei unserem Großdeal mit Gilead, den wir Anfang dieses Jahres veröffentlicht haben, handelt es sich erneut um eine US-Firma. Gibt es da Parallelen zu dem ersten Deal? Ist das eine wiederholbare Business-Strategie für deutsche Biotech-Firmen, gar womöglich mit Vorbildcharakter? Der Deal Zunächst einmal ein wenig Hintergrund zu dem Gilead-Deal, dessen Wert sich inklusive der Meilensteinzahlungen auf bis zu 470 Millionen US-Dollar beziffert. Wir haben an Gilead unser komplettes Programm des Targets FXR (=Farnesoid X Receptor, ein Gallensäurerezeptor aus der Klasse der Kernrezeptoren), d. h. alle Patente und alle Substanzen in der Forschung und Entwicklung inklusive aller Daten verkauft und übertragen. Zusätzlich wurde ein Kooperationsvertrag unterzeichnet, der Gilead einen exklusiven Zugriff auf unser Know-how und unser FXR-Team für eine begrenzte Zeit ermöglicht. Damit ermöglichen wir unserem Partner einen „Jump start“ in ein Entwicklungsprogramm für nichtalkoholische Steatohepatitis, abgekürzt als „NASH“. Die Krankheit NASH-Patienten leiden unter einer entzündeten Fettleber und haben ein deutlich erhöhtes Risiko im Vergleich zu Gesunden, dass sie Leberfibrose bzw. -zirrhose oder gar Leberkrebs bekommen. Die Anzahl von Leberkrebsfällen, die nicht den klassischen Ursachen Virushepatitis oder Alkohol, sondern eben NASH zuzuordnen sind, steigt sprunghaft. Und es gibt außer Lebertransplantation keine zugelassene Therapie für diese sich pandemieartig ausbreitende Zivilisationskrankheit. Die Konkurrenz Intercept Pharmaceuticals hat Anfang 2014 sehr überzeugende Daten aus einer PhaseIIb-Studie mit ihrem FXR-Agonisten vorgelegt, die die durchschlagende Wirksamkeit des Targets FXR in dieser Indikation belegen. Intercepts Börsenwert schoss – nur auf Basis dieses einen Wirkstoffs – daraufhin kurzzeitig auf neun Milliarden US-Dollar hoch. Das Target FXR gilt seitdem als validierter klinischer Ansatz, nur: Außer Intercept und uns, der Phenex, gab es weltweit keine andere Firma, die auf dieses Target für NASH gesetzt hatte. Aufgrund Intercepts hoher Marktkapitalisierung kamen viele Anfragen auf uns zu. Wir haben uns mit Gilead einen Partner ausgesucht, der nicht nur sehr attraktive finanzielle Konditionen geboten hat. Gilead ist vor allem auch die führende biopharmazeutische Firma auf dem Gebiet der Leberkrankheiten mit einem expliziten Commitment zu weiteren Entwicklungen in diesem Feld. Die Parallelen Insofern gibt es viele Parallelen zu dem ersten großen Deal, bei dem wir unser RORγ-Programm, ein weiterer Kernrezeptor mit Bedeutung für chronisch-entzündliche Erkrankungen, mit Janssen, einer der führenden Firmen auf genau diesem Gebiet, für bis zu 135 Millionen US-Dollar verpartnert hatten: beides Kernrezeptoren, beides Mal die jeweiligen Leader auf ihrem Gebiet, beides Mal US-Firmen und beides Mal auch recht hohe Summen für präklinische Projekte. Ist dies ein Patentrezept? Zufall oder Prinzip? Nun, dass es sich jeweils um führende US-Firmen handelt ist insofern kein Zufall, weil die führenden Player gleich welcher therapeutischer Ausrichtung meistens US-Firmen sind. Das gilt insbesondere auch für neue therapeutische Ziele wie NASH und neue Wirkmechanismen. Wir haben mit sehr vielen Pharma- und BiotechFirmen in den letzten Jahren gesprochen und man muss sagen, dass die US-Firmen im Schnitt ein deutlich besseres Verständnis sowohl der wissenschaftlichen Inhalte also auch der möglichen Markt-Opportunitäten und Deal-Strukturen mitbringen. Was die Kernrezeptoren angeht, zeigt sich, dass es sinnvoll sein kann, antizyklisch zu denken. Die letzten zwanzig Jahre gab es kaum eine erfolgreiche Entwicklung aus der Klasse der „Nuclear Receptor Targets“. Diese Wirkstoffziele gelten als schwierig und schwer berechenbar. Dem können wir aus eigener Erfahrung nur zustimmen. Aber da liegt auch die Chance für Biotechnologiefirmen: nämlich genau hinzuschauen und sich tief in die Wirkweise dieser „emerging Nuclear Receptors“ einzuarbeiten. Genau das haben Dr. Claus Kremoser, Thomas Hoffmann, CEO / CFO Phenex Pharmaceuticals AG, Ludwigshafen wir in beiden Fällen, RORγ und FXR, über Jahre hinweg getan und es hat sich gelohnt: In beiden Fällen haben klinische Daten gezeigt, dass wir auf die richtigen Pferde gesetzt hatten. Dann kann man auch hohe Preise verlangen, selbst für präklinische Projekte. Raus aus der Trüffelschweinrolle Allerdings wollen wir dieses „Trüffelschwein“Spiel – also, dass wir als Biotech-Firma die neuen duftenden Trüffel finden, sie zwar für gutes Geld an Pharma verkaufen, das köstliche Gericht, sprich das Produkt am Markt, dann aber von anderen zubereitet und verspeist wird – nicht mehr weitertreiben. Durch den Erlös des ersten Deals mit Janssen konnten wir uns eine große Finanzierungsrunde ersparen, aus dem Erlös des GileadDeals können wir nun unseren Investoren ihren Einsatz gut verzinst zurückzahlen und haben noch Mittel in neue Projekte zu investieren. Unser Ziel ist es somit, sich vom anfänglichen Dienstleister über einen sehr erfolgreichen präklinischen Dealmaker hin zu einem Produktentwickler weiterzuentwickeln. Unsere relativ schmale Eigenkapitalbasis hat uns zu dieser evolutiven Strategie gezwungen und wir haben auf jeder Stufe Erfolge abgeliefert. Wir glauben, dass das Beste noch kommt, können jetzt aber die nötige Geduld und Gelassenheit dafür mitbringen. „It´s a long way to the top if you want to rock and roll“ … und wir rocken in dieser Branche gerne vorne mit. www.phenex-pharma.com Transaktionen | 55 MorphoSys in der „Big Biotech“-Rolle: Hin zur „fully integrated biopharma company“ Aus Biotech wird Biopharma Im Jahr 2008 hat sich MorphoSys entschieden, schrittweise zu einem BiopharmaUnternehmen mit hohem firmeneigenen Entwicklungsanteil und langfristig kommerzieller Ausrichtung mit eigenem Vertrieb reifen zu wollen. Erste Erfolge im Jahr 2013, die Einbringung zweier Wirkstoffe in Allianzen, und die dadurch erzielte Wertsteigerung des Unternehmens belegen das Potenzial einer solchen Strategie. Nicht erst seit der Verpartnerung dieser beiden therapeutischen Kandidaten befindet sich MorphoSys auf der Suche nach Kollaborationen, die Nachschub für die eigene Pipeline liefern sollen. Vom Lizenzgeber zum Lizenznehmer Mit der Einlizenzierung zweier klinikreifer Krebswirkstoffe von den US-Firmen Xencor 2010 und Emergent BioSolutions 2014 wurde die eigene Pipeline mit fortgeschrittenen Produktkandidaten bereichert. MorphoSys, traditionell in einer Lizenzgeberrolle bekannt geworden, trat hier erstmals als Lizenznehmer auf und ging auch umfangreiche finanzielle Verpflichtungen in Form von Meilensteinen und Tantiemen an die Partner ein. Gelernte „Tugenden“ aus den Jahren der Auftragsforschung für Big Pharma wurden beibehalten, dennoch gingen diese Entwicklungen auch mit einem nicht unerheblichen Kulturwandel innerhalb der Organisation einher. Im Geschäftsjahr 2015 plant MorphoSys in der Größenordnung 48 bis 58 Millionen Euro in die firmeneigenen Produkte zu investieren, den Löwenanteil davon in die Blutkrebs- und Lymphompräparate MOR208, MOR202 und eben den mit Emergent entwickelten Prostatakrebswirkstoff MOR209 / ES414. Gemeinsam für eine gut gefüllte Pipeline Co-Entwicklungspartnerschaften mit Biotech-Firmen, zum Beispiel Galapagos, und Pharma-Konzernen, wie Merck Serono im vergangenen Jahr, sorgen für Nachschub an früheren Pipeline-Projekten. Die Initiative Innovation Capital, durch die das Unternehmen zusätzlich zu einer Kooperation in vielversprechende Start-ups investieren kann, sowie Allianzen mit akademischen Instituten, die uns Zugang zu neuen Zielmolekülen liefern sollen, runden das Repertoire an Aktivitäten zum Ausbau der eigenen Pipe- 56 line ab. Für das Business Development bedeutet diese enorme Bandbreite an Partnerschaftsmodellen ein kontinuierliches Orchestrieren eigener Interessen und Partnerinteressen, um effektive Allianzen zu formen. Flexibilität in den Partnerstrukturen eine Notwendigkeit Wenn eine Vielzahl an Partnerschaften einem Ziel dienen soll, können die Verhandlungen und Verträge nicht einem Schema F folgen. Vergleicht man die einzelnen Allianzen, die MorphoSys in den vergangenen Jahren zur Verstärkung der eigenen Pipeline abgeschlossen hat, sind deshalb große Unterschiede erkennbar. Im Fall von Xencor, einer kleineren damals noch privat geführten US-Biotechnologiefirma, wurde eine vollständige Einlizenzierung vereinbart. Xencor schloss noch die Phase-I-Studie des Wirkstoffs ab, die sich bei Vertragsunterschrift bereits in den Startlöchern befand. Danach übernahm MorphoSys die weitere Entwicklung vollumfänglich und hält auch die weltweiten Vermarktungsrechte. Mit Emergent BioSolutions wählten wir hingegen ein CoDevelopment mit territorialer Aufteilung der Kommerzialisierungsrechte. Im Vergleich zu der Transaktion mit Xencor ein nicht unerheblich komplexeres Vertragswerk. Technologien zunehmend als Währung einsetzen In der letzten Dekade war MorphoSys primär ein Zulieferer der Pharma-Industrie. Unsere Technologien und die Erfahrung unsere Mitarbeiter, mit ihnen wertvolle Wirkstoffe zu generieren, war mehr oder weniger das Produkt. Mit dem Wandel hin zu einem Biopharma-Unternehmen wird auch die Kommerzialisierung unserer Technologien mit neuen Vorzeichen verfolgt. Wir setzen den Zugang zu unseren Plattformen primär dazu ein, Partner davon zu überzeugen, mit uns in tragender Rolle neue Wirkstoffprojekte zu verfolgen. Dies, in Kombination mit der mehr als 20-jährigen Erfahrung in den Bereichen Wirkstoffsuche, präklinische und frühe klinische Entwicklung, sowie, wenn anwendbar, einer Finanzierung durch unsere Innovation-Capital-Initiative, kann ein mit Big Pharma konkurrenzfähiges Partnerangebot bei Wirkstoffen in früheren Entwicklungsphasen sein. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Dr. Barbara Krebs-Pohl, Senior Vice President, Head of Business Development MorphoSys AG, Martinsried/Planegg Aus eigener Erfahrung näher dran an Biotech-Start-ups Ein nicht unerheblicher Vorteil ist letztlich, dass ein Biopharma-Unternehmen unserer Größe insbesondere Start-ups kulturell und strategisch näher sein kann als ein PharmaPartner. Nur zu häufig machen BiotechUnternehmen in unserer Industrie die Erfahrung, dass Wirkstoffe, die mit Hochdruck, Risikobereitschaft und smarten Entwicklungsstrategien schnell in die klinische Entwicklung gelangt sind, nach der Unterzeichnung einer Allianz mit Big Pharma nicht mehr diese Priorität genießen. Bei MorphoSys mit seinem im Aufbau befindlichen Portfolio sind Projekte mit niedriger Priorität quasi nicht vorgesehen. Firmeneigenes Portfolio breiter aufstellen MorphoSys‘ langfristiges Ziel ist es, das eigene Portfolio so breit aufzustellen, dass die in der Medikamentenentwicklung nun einmal unausweichlichen Rückschläge verkraftet werden können. Mit mehr als 80 direkt in Partnerschaften verfolgten Wirkstoffen ist die Partner-Pipeline bereits sehr gut gegen Ausfälle abgesichert. Die firmeneigenen Aktivitäten, die derzeit zehn Programme, vier davon in der klinischen Entwicklung, zählen, sollen langfristig und soweit möglich auch diese Stabilität erlangen. www.morphosys.com Innovationsbremsen lösen Durch Innovationskomplettlösungen zum Durchbruch? Kapitalknappheit, Restrukturierungsstress und Strategiearmut haben in den letzten Jahren die Chancen für Pipeline-Durchbrüche limitiert. Die Möglichkeiten für Innovationen in der Pharma-Branche sind jedoch größer als je zuvor. Evotec sieht sich im seriellen Aufbau von Innovationskomplettlösungen als Vorreiter für den nächsten Innovationszyklus innerhalb von Biotech- und PharmaF&E, der die produktivste Periode von neuen medizinischen Innovationen in der Geschichte einleiten könnte. Verbesserter und kapitaleffizienter F&E-Output ... Geschäftsmodelle und Strategien werden entwickelt, um Einzelunternehmen innerhalb von Makrotrends zu positionieren. Der Makrotrend der Neuordnung der Supply Chain innerhalb von Pharma-Unternehmen ist erst vor wenigen Jahren eingeleitet worden, Biotech ist nach wie vor eine junge Branche und beide gemeinsam haben noch lange nicht den Effizienzgrad wie in vielen anderen Branchen erreicht. Die Verbindung von neuen Technologien und effizienten Geschäftsmodellen eröffnet eine enorme Option, die sehr oft und sehr verkürzt als „External Innovation“ beschrieben wird. Die Unternehmen, die diesen Zyklus prägen werden, sind noch nicht final definiert. ... ist bereits messbar Evotec sieht ihr Geschäftsmodell nicht zuletzt auch durch den konsequenten Zukauf von Technologien in einer guten Ausgangsposition, um in den nächsten Jahren Innovationsmodelle partnerschaftlich zu implementieren. Durch signifikante Top-Qualifikationen der Mitarbeiter, enorme Lernkurven innerhalb der eingesetzten Technologien und nicht zuletzt auch durch strategische Größe und neuartige kommerzielle Modelle glauben wir, eine zentrale Rolle in der zukünftigen Translation von Wissenschaft in Pharma-Pipelines einzunehmen. Wir sehen bereits die ersten Zeichen für deutlich erhöhte F&E-Outputs von Unternehmen, die hier rascher als andere adaptieren und können erstmalig diese Effekte auch in klaren Effizienzparametern messen. Gerade in der frühphasigen Pharma-Forschung gibt es erste klar identifizierbare Phänomene, die auf bessere Forschungsleistungen hindeuten. Drei Kerntreiber möchten wir hervorheben, die Unternehmen in unterschiedlicher Form für sich nutzen können. 1. Die Genomics-Revolution findet endlich wieder neue Targets Nach vielen Jahren von „Trial & Error“ erkennen wir die ersten Anzeichen für eine Lernkurve hin zu völlig neuen Wirkstofftargets. Nach der Finalisierung des „Human Genome Project“ im Jahr 2000 gibt es insbesondere durch neue Technologien ein besseres Verständnis für einzelne Gene und deren möglichen Einsatz als Wirkstofftargets. Der Optionsraum für Innovation wird sich also nicht wie lange befürchtet auf einige wenige Targets, denen dann alle Unternehmen gleichzeitig nachjagen, verengen, sondern der Innovationsraum wird sich für Unternehmen, die wissen, wie man Hochtechnologie einsetzt, dramatisch erweitern. 2. Die Möglichkeit, „undruggable“ Targets zu knacken und Patientengruppen zu stratifizieren Der systematische Einsatz von neuen Technologien hat dazu geführt, dass viele extrem schwierige Wirkstoffkandidaten in die Wertschöpfungskette eingebracht und bearbeitet werden können. Was vor wenigen Jahren oft noch unmöglich, unlösbar oder ökonomisch unsinnig erschien, wird durch den integrierten Ansatz von Know-how und Technologien in der Wirkstoffforschung plötzlich zur neuen Realität. 3. Neue Kooperationsmodelle, Reduzierung von Ausfallraten und Kosten Gerade bei heutigen Innovationsführern findet man sehr klare Prozessverbesserungen, die in den nächsten Jahren zu signifikanten Verbesserungen bei den Pipeline-Outputs führen werden. Die Spreu wird sich also sehr klar vom Weizen trennen und beindruckende Unterschiede in Bezug auf F&E-Outputs werden sichtbar werden. Wer die beste Gewichtung der Parameter variabler Innovationsgrad, F&E-Risiko, Kosten und klinischer Anwendung wählt, wird den Wettkampf um die potentesten Pipelines gewinnen. Gilead, Regeneron und Biogen sind hier nur beispielhaft genannte Unternehmen, die signifikante Innovationssprünge durch externe Innovationen gemacht haben. Dr. Werner Lanthaler, CEO Evotec AG, Hamburg Das Geschäftsmodell Evotec Die Kombination unserer systematischen, umfangreichen Infrastruktur mit unserer Bereitschaft, kreative Kooperationsmodelle einzugehen und unserer Vision und Leidenschaft für Wachstum und Innovation bietet ein langfristiges Geschäftsmodell und befähigt uns auch in Zukunft, signifikante integrierte Allianzen mit großen Pharma-Unternehmen abzuschließen. Ein Strategieelement, um diesen Trend bestmöglich zu nutzen, ist für Evotec der konsequente Zukauf von Technologieplattformen. Innerhalb der letzten vier Jahre haben wir hier sechs Akquisitionen getätigt, um im Wesentlichen einen Effekt zu erreichen: Externe Innovation darf keine unnötigen Schnittstellen haben. Geschwindigkeit, die experimentell gewonnen wird, darf organisatorisch nicht wieder aufgegeben werden. „Turn key“-Lösungen für Innovationsprozesse sind ein neues Lösungsangebot für Pharma- und Biotech-Unternehmen, um im Wettbewerb innerhalb des nächsten Innovationszyklus zu gewinnen. Geschäftsmodell mit Zukunft Die umfangreiche strategische Allianz von Evotec mit Sanofi vereint all diese Konzepte im großen Stil. Diese Allianz stellt eine gelungene Kombination aus Wachstumsmöglichkeiten, hochwertigen Fähigkeiten und einem neuen strategischen Pipeline-Partner dar. Insbesondere im Bereich Onkologie wird hier ein neues Kapitel von kapitaleffizienter externer Innovation geschrieben. www.evotec.com Transaktionen | 57 Ein Zwischenbericht zum Industrialisierungsprozess Biologisierung Grundlage der Industrialisierungsstrategie der BRAIN AG ist eine Technologiebasis mit „Multi Product Opportunity“-Charakteristik. Hieraus ergeben sich aus der langjährigen Kooperationstätigkeit mit Großunternehmen fast zwangsläufig Opportunitäten für eigene Produktentwicklungen in sich entwickelnden, überproportional wachsenden Märkten einer Bioökonomie und damit die Chance, stark skalierbaren Wertzuwachs zu schaffen. Diese betreffen die drei Technologieeinheiten „BioActives“, „Industrial Microorganisms“ und „Enzymes / Biocatalysts“ gleichermaßen. Die Querschnittstechnologien können für mehrere Märkte parallel genutzt werden und führen zu multiplen Produktopportunitäten. Märkte Kernpunkt der Strategie ist die Schaffung ausgewählter Marktzugänge durch gezielte Akquisition von Unternehmen oder Unternehmensteilen, die in den jeweiligen lukrativen Märkten bereits aktiv sind. Deren Produktportfolio wird via biologischer Technologieinfusion und Einbringung von Entwicklungs-Assets „biologisiert“. Angesichts der stark wachsenden Märkte für „nachhaltige“, „natürliche“ oder einfach durch die biologische Performance „bessere“ Produkte sollte ein Wachstum dieser Unternehmen darstellbar sein. Die Potenziale der „Multi Product Opportunities“ realisieren sich dabei aus dem Zusammenbringen der Breite der Technologiebasis, der technologischen Möglichkeiten, der Tiefe der jeweiligen Anwendungstechnik und der Kenntnis der adressierten Märkte. Märkte, von denen jeder für sich attraktiv und wachsend ist, jedoch jeweils unterschiedlichen Bedürfnissen und Mechaniken gehorcht. Konsumenten Die ersten Akquisitionen einer chemischkosmetischen Fabrik und einer Kosmetikmarke expandieren heute nach Restrukturierung und Relaunch erfolgreich. Ein interessanter Wettbewerbsaspekt: Durch die nunmehr vollständig geschlossene Wertschöpfungskette bis zum Konsumenten hat BRAIN Einblicke, die sonst nur markenführenden Großunternehmen zugänglich sind. Im Falle MONTEIL kommt noch hinzu, dass die Umsätze dieser zum Professional-Segment zugehörigen Marke zu fast 75 Prozent in Kosmetikinstituten realisiert werden, die 58 „Consumer Insights“ mithin von einschlägigen Fachkräften aufgenommen und kompetent in die BRAIN Entwicklungsmaschinerie weitergegeben werden können. Die Einblicke aus dem B2C-Geschäft befruchten damit ganz erheblich die B2B-Plattform der BRAIN, dies auch und insbesondere im Kooperationsgeschäft. Naturstoffe Mit der im Juli 2014 bekanntgegebenen Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung am langjährigen Kooperationspartner AnalytiCon Discovery GmbH ist insbesondere eine horizontale Verbreiterung der Technologiebasis gelungen. Treiber war die Zusammenlegung und gemeinsame Nutzung des insbesondere im Nutrition-Bereich genutzten IP zu biologischen Aktivitäten von Naturstoffen, sowie die komplementären Substanz- und Mikroorganismenbibliotheken. Die Kombination von Naturstoffchemie einerseits und Molekular- und Zellbiologie andererseits hat die Marktposition erheblich gestärkt, ein international sichtbares Schwergewicht wurde geschaffen welches hinsichtlich Erfahrungshintergrund und Ressourcenvielfalt kaum zu schlagen ist. Diese Transaktion steht für eine kraftvolle Bündelung von Expertisen und Schaffung von kritischer Masse und mag modellhaft für die Branchenentwicklung sein. Enzyme Mit der im November 2014 bekanntgegebenen Übernahme von Mehrheitsbeteiligungen an der WeissBiotech GmbH und der WeissBiotech France SARL ist der Zugang zum lukrativen und seit Jahren wachsenden industriellen Enzymmarkt gelungen. Die langjährigen Aktivitäten der BRAIN Enzymentwicklung finden nun einen direkten Anschluss an Anwendungstechnik, Formulierungsentwicklung und Vertrieb. Neben der technologiegetriebenen Stärkung und dem Ausbau etablierter Geschäftsfelder, wie u. a. im Bereich Nahrungsmittel und Getränkeherstellung, sind eine Reihe sich schnell entwickelnder Märkte wie z. B. Plant Health und Animal Health im Fokus. Zusammen mit der Minderheitsbeteiligung an der Enzymicals AG erschließen sich zudem die Anwendungsgebiete und Märkte für Enzyme zur Synthese bzw. für enzymatisch hergestellte Naturstoffe, funktionelle Inhaltsstoffe bis hin zu APIs und Spezialchemikalien. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Dr. Holger Zinke / Dr. Jürgen Eck, CEO / CTO BRAIN AG, Zwingenberg Kapital Allen Akquisitionen liegt der Gedanke zugrunde, dass für die erfolgreiche Skalierung der Geschäftsmodelle weniger die Integration in eine Konzernstruktur als vielmehr der Erhalt der selbständigen Geschäftstätigkeit, der Erhalt der eigenen Unternehmenskultur und die Kundenbeziehungen von Nutzen sind. Intern wird dieses Konzept als „Satellitenkonzept“ bezeichnet. Naturgemäß erfordert dies sowohl bei M&A-Anbahnung wie Organisation der Gruppe spezielle und individuelle Maßnahmen. Nicht zuletzt hierfür wurde im Februar 2015 die BRAIN Capital ausgegründet, welche von einem in zahlreichen Branchen erfahrenen Geschäftsführer geleitet wird. Dabei ist nicht das Corporate Venturing Gegenstand der Tätigkeit, wie von manchen Beobachtern vermutet wird, sondern es wird die Nähe zu externen PE-Häusern, M&A-Boutiquen und dem Beraternetzwerk genutzt, um die Industrialisierungsstrategie zusammen mit unseren Investoren weiter voranzutreiben. Pioniere Die ausgeführte Industrialisierungsstrategie der BRAIN ist im engeren Umfeld der Biotechnologie ohne Vorbild und Referenz. Betrachtet man das Transformationspotenzial des biologischen Wissens und die Marktentwicklungen einer sich ausbildenden biobasierten Wirtschaft, so kann ein gewisses „Pioneering“ lohnend sein. www.brain-biotech.de Allianzen in Europa produktgetrieben Allianzen europäischer Biotech-Unternehmen als Mix von Technologieplattformen und Produkt-Deals Ähnlich wie bei der Auflistung der Allianzen deutscher Biotech-Unternehmen hat sich das Bild der europäischen Deals wieder etwas stärker auf Produkte verlagert. Zwar steht mit der Vereinbarung zwischen Pfizer und Cellectis immer noch ein Plattform-Deal an vorderster Front. Die Liste der Top-15-Deals enthält allerdings zur Hälfte auch produktfokussierte Allianzen, wenngleich unter den Top-6-Deals wiederum fünf klare PlattformFirmen involviert waren. Plattformen mit weiteren Preisrekorden Die typischen Plattform-Deals sind in der Liste schon auf den ersten Blick daran zu erkennen, dass – obwohl mit Top-Preisen ausgezeichnet – der Entwicklungsstatus der Produkte sehr früh ist. Die Vereinbarung von Pfizer mit dem französischen Unternehmen Cellectis selbst schlägt alle Rekorde der vergangenen Jahre hinsichtlich der Bepreisung typischer Plattform-Deals mit sehr frühen Wirkstoffkandidaten. Gab es im vergangenen Jahr noch viel Erstaunen über den Milliarden-Platt- form-Deal (1.055 Mio. CHF) von Molecular Partners mit Wirkstoffen lediglich in der Forschungsphase, so stellt die aktuelle Vereinbarung zwischen Pfizer und Cellectis mit über zwei Milliarden Euro definierter Meilensteinzahlungen alles Bisherige in den Schatten. Auch hier ist die Produktentwicklung lediglich im Forschungsstadium. Die Zusammenarbeit basiert deswegen auf einer breiteren strategischen Überlegung mit Interesse an der hochattraktiven Plattform zur Entwicklung chimärer Antigen-Rezeptor-T-Zelltherapien (CAR-T) für die Immuntherapie von Krebspatienten. Top-Allianzen europäischer Biotech-Unternehmen, 2014 Firma Land Partner Land Therapeutischer Status Krankheitsgebiet Potenzieller UpfrontZahlungen Wert (Mio. €) (Mio. €) Meilensteine (Mio. €) Cellectis Frankreich Pfizer USA Forschung Onkologie 2.150,7 60,3 2.090,4 Nogra Pharma Irland Celgene USA Phase II Gastroenterologie 1.939,7 534,8 1.404,9 Ablynx Belgien Merck & Co. USA Forschung Onkologie 1.730,7 20,0 1.700,0 Cellectis Frankreich Servier Frankreich Präklinik Onkologie 640,3 7,5 632,8 CureVac Deutschland Boehringer Ingelheim Deutschland Phase I Onkologie 465,0 35,0 430,0 Adocia Frankreich Eli Lilly & Co. USA Phase I Metabolismus 429,4 37,7 391,7 Oryzon Genomics Spanien Roche Schweiz Phase II Onkologie 392,5 392,5 F-star Österreich Bristol-Myers Squibb USA Präklinik Onkologie 357,8 320,2 GeNeuro Schweiz Servier Frankreich Phase II Autoimmun 342,8 35,4 307,3 Aerial BioPharma USA Jazz Pharmaceuticals Irland Phase II Neurologie 299,1 94,2 204,9 Zealand Pharma Dänemark Boehringer Ingelheim Deutschland Forschung Kardiovaskulär 295,0 295,0 Adaptimmune UK GlaxoSmithKline UK Phase II Onkologie 263,7 263,7 Immunocore UK AstraZeneca UK Forschung Onkologie 241,1 15,1 226,0 Forendo Pharma Finnland Apricus Biosciences USA Phase II Metabolismus 239,2 9,4 229,8 Shire UK Organogenesis USA Markt Dermatologie 226,0 226,0 Quelle: EY Transaktionen | 59 Die Plattform von Cellectis verfolgt einen „allogenen“ Ansatz zur Behandlung breiter Krebspatientenpopulationen, basierend auf modifizierten T-Zellen aus einzelnen Spendern. Darin liegt der entscheidende Vorteil gegenüber bisher im Fokus stehender „autologer“ Ansätze mit spezifischer Aufbereitung von T-Zellen aus Krebspatienten, die diese individuell wieder als Therapie zurückerhalten. Der hohe Preis wird deshalb vierfach begründet: • Immuntherapie als aktuell hochfavorisierter Ansatz in der Onkologie • Innovativer ATMP-Ansatz • Schritt von „autolog“ zu „allogen“ passt gut zu „pharma-like“ Geschäftsmodellen so sind die inhaltlichen Vorgaben ähnlich. Auch hier sichert sich der Pharma-Partner Zugang zur Technologieplattform und potenziell bis zu sechs aus der Kollaboration hervorgehende Produktkandidaten. Damit fließen Cellectis im Berichtsjahr insgesamt fast 70 Millionen Euro an Upfront-Zahlungen zu. Zudem besteht die Chance, entlang der – sicherlich noch mit vielen Risiken behafteten – Entwicklung über drei Milliarden US-Dollar an Meilensteinen einzunehmen. •G enerelles Plattformkriterium zur nachhaltigen Generierung von Therapeutika in verschiedenen Indikationen Entsprechend fiel auch die vereinbarte Upfront-Zahlung mit 60,3 Millionen Euro vergleichsweise hoch aus. Cellectis als der Front Runner der Allianzenrangliste 2014 konnte neben dem Pfizer-Deal noch einen weiteren Frühphasen-(Discovery)-Deal mit Servier in Frankreich abschließen und damit ein weiteres Charakteristikum der Plattform-Firmen bestätigen: die multiple Nutzung der Technologieplattform in parallel aufgesetzten nicht-exklusiven Deals mit mehreren Partnern. Wenngleich nicht annähernd so groß wie die Allianz mit Pfizer, Ebenso klar sticht eine weitere PlattformAllianz von Ablynx hervor, die ihre Nanobody®-Technologie nun zum zweiten Mal an Merck & Co. verpartnert haben. Der aktuelle Deal ist der mit Abstand lukrativste, mit Ablynx Pipeline Therapiegebiet Produktname Target Forschung Präklinik Phase I Phase II Phase III Partner In vollständigem Besitz Hämatologie Caplacizumab vWF Atemwegserkrankungen ALX-0171 Mehrere RSV Onkologie / Immunoonkologie Mehrere Entzündung / Immunologie / Infektion Mehrere Ophthalmologie Mehrere Verpartnert Entzündung / Immunologie Onkologie / Immunoonkologie ALX-0061 ALX-0761 Ozoralizumab Mehrere RANKL Großraum China Eddingpharm Merck Serono Merck & Co. CXCR2 Mehrere Validierte Targets (Klinik) AbbVie Merck Serono Eddingpharm Merck Serono Boehriger Ingelheim Boehriger Ingelheim Merck Serono Merck & Co. Mehrere Atemwegserkrankungen Andere Großraum China Mehrere ALX-0751 Mehrere Knochenkrankheiten ALX-0141 Neurologie IL-6R IL-17A/F TNFα Novartis Boehriger Ingelheim First-in-Class Quelle: Ablynx 2015 60 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 erfolgsabhängigen Zahlungen von 1,7 Milliarden Euro. Ablynx schließt damit an eine langjährige Erfolgsgeschichte ihrer Plattform-Deals an, die bereits 2005 mit Novartis begann und sich seitdem regelmäßig fortgesetzt hat: •N ovartis (2005) – Multiple Targets •B oehringer Ingelheim (2007) – Multiple Targets •M erck Serono (2008, 2010, 2011, 2013) – 50:50 Co-Development; Targets in Immunologie, Onkologie, Osteoarthritis, Inflammation • Merck & Co. (2012) – Ionenkanäle • AbbVie (2014) – Inflammatorische Erkrankungen • Merck & Co. (2014) – Onkologie In „Bio-Dollars“ gemessen, addieren sich diese Allianzen bereits auf einen Gesamtwert von fast fünf Milliarden Euro. Da alle diese Deals Produktentwicklungen in sehr frühem Stadium starteten, sind Marktprodukte noch nicht in Sicht. Dennoch bleibt die Frage spannend, inwieweit sich diese Investitionen für die Pharma-Partner gelohnt haben bzw. wie viele der vereinbarten Meilensteine bereits erfolgreich erreicht werden konnten. Von Ablynx gibt es dazu die Auskunft, dass bis 2013 bereits 160 Millionen Euro aus Meilensteinzahlungen der Partner geflossen seien. Aus einer weiteren Darstellung ergibt sich, dass der Entwicklungsstand der Partnerprojekte im erwarteten Zeitrahmen nach wie vor noch früh ist; nur die beiden immunologisch ausgerichteten Projekte haben die Klinik erreicht. Auf dem Gebiet der Rheumatoiden Arthritis (RA) zeigten die gegen die erfolgreichen Therapie-Targets (TNF und Il-6R) gerichteten Nanobodies positive Ergebnisse an Patienten, die z. T. Remissionen der RA-Läsionen aufwiesen oder zumindest geringere Bedarfsdosen der Standardtherapie benötigten. In beiden Fällen sind die Targets bereits Grundlage sehr erfolgreicher Marktprodukte (z. B. Humira). Somit bleibt die Frage spannend, ob dieses neue Format die validen Targets ähnlich effizient beeinflussen kann. Ablynx war mit den Kapitalzuflüssen allerdings auch in der Lage, ein eigenes Portfolio an Wirkstoffen aufzubauen. Das LeadCompound (Caplacizumab – anti-vWF) wird aktuell in Phase-II-Studien getestet. Die weiteren Plattform-Allianzen folgen ähnlichen Mustern, die bereits in den Vorjahren beschrieben wurden: frühe Deals – hohe Preise. Demnach gehören in die Rangliste folgende weitere Allianzen: •A docia – Eli Lilly & Co. („ultra-rapid insulin“-Technologie) •Z ealand Pharma – Boehringer Ingelheim (Peptid-Therapeutika) • Immunocore – MedImmune (T-Zelltherapie) F-star: eine neue Variante Das ursprünglich in Österreich gegründete Unternehmen F-star mit einer Technologieplattform zur Generierung bispezifischer Antikörper schlägt einen neuen Weg ein, um die weitere Entwicklung ihrer Produkt- F-star Technologieplattform Modulare Antikörpertechnologie F-star Produkt-Assets kandidaten zu finanzieren. Durch Ausgründung einzelner Assets in individuelle „single asset“-Unternehmen gelang einerseits die Finanzierung der weiteren Entwicklung über VC-Investoren mit entsprechend ausgerichteter Strategie auf „asset-centric funding“ (Atlas Venture, Aescap Venture, TVM Capital, SR One, MP Healthcare Venture Management, MS Ventures). Des Weiteren werden diese Assets auch gleichzeitig für die Übernahme durch Pharma „vorbereitet“. Dies gelang nun erstmals mit dem Konstrukt F-star Alpha, in welches das LeadProdukt FS102 ausgelagert wurde, ein gegen HER2 gerichtetes Antikörperfragment zur Krebstherapie. Bristol-Myers Squibb hat sich das Optionsrecht einräumen lassen, im Erfolgsfall die Firma bzw. das dahinter stehende Asset zu übernehmen. F-star hat weitere dieser „single asset entities“ geplant und im November 2014 bereits F-star Beta gegründet. Lukrative Produkt-Deals In allen anderen Allianzen der Top-15-Liste stehen konkrete Produkte im Fokus. Hier hat sich die Haltung von Pharma auch nicht geändert, wonach attraktive Projekte weiter in der Entwicklung fortgeschritten sein müssen. Infolgedessen erscheint es logisch, dass all diese Allianzen auf Phase-II-Level zustande kamen. Im Falle von CureVac steht hinter dem betreffenden Partnerwirkstoff zwar auch eine Technologieplattform, der Schwerpunkt der Allianz bezieht sich allerdings konkret auf den Wirkstoffkandidaten CV9202 in klinischer Phase II. Herausragend stellt sich der Deal zwischen Nogra Pharma aus Irland mit Celgene dar: mit einem Gesamtvolumen von 1,94 Milliarden Euro und einer ebenso außerordentlichen Upfront-Zahlung von 535 Millionen Euro. Auch hier basiert das Asset auf einer Plattform – in diesem Falle einer Antisense-Technologie. Nach positiven Phase-IIDaten stand hier die zulassungsrelevante Phase-III-Studie an, was den hohen Preis rechtfertigt. F-star Alpha Ltd. F-star Beta Ltd. ... ... ... F-star n Quelle: F-star 2015 Transaktionen | 61 Zahlen und Fakten – Deutschland Allianzen rückläufig In der Gesamtstatistik stellen sich die DealZahlen insgesamt rückläufig dar. Während in den vergangenen Jahren aufgrund der schwierigen Finanzierungssituation Allianzen als Kapitalquelle immer relevanter wurden und dies sich zumindest tendenziell auch in steigenden Deal-Zahlen niedergeschlagen hatte (2008 – 2011), erweist sich dieser Trend als nicht nachhaltig. Die rückläufige Zahl der Allianzen um 36 Prozent im Zeitraum von 2011 bis 2014 ist deutlich erkennbar und allein der Abfall im Vergleich zum Vorjahr (24 %) ist signifikant. Dabei sind es vor allem die Lizenzvereinbarungen, die um 52 Prozent eingebrochen sind. Kooperationen sind eher mäßig (-5 %) betroffen, während die Veränderungen der restlichen Kategorien Service und Asset-Kauf in der Statistik eher von geringerer Bedeutung sind. Als Hintergründe für diese Entwicklung sind vermutlich die sich ändernden Geschäftsmodelle zu sehen – immer weniger Unternehmen entwickeln Assets, welche sie in Lizenzverträge einbringen können. Auf der anderen Seite – wo man im Gegenzug eine Steigerung der Service-Verträge erwarten würde – ist die Statistik nicht ausreichend aussagekräftig, weil Service-Vereinbarungen nicht transparent genug kommuniziert werden. M&A auf Deutsch Auf der Seite der M&A-Transaktionen mit Beteiligung deutscher Biotech-Unternehmen stechen vor allem die vielen deutsch-deutschen Zusammenschlüsse ins Auge. Interessant ist zum Beispiel die Akquisition von Trianta Immunotherapies durch Medigene, die für das Münchener Biotech-Urgestein ein neues Zeitalter einläutete. Trianta Immunotherapies ist eine Ausgründung des Helmholtz Zentrums in München mit neuen Ansätzen zur Immuntherapie. Damit steigt Medigene nach jahrelangen Schwerpunktaktivitäten in der klinischen Entwicklung (meist) einlizenzierter Wirkstoffe nun wieder in eigene frühe F&E-Aktivitäten ein, um sich das attraktive Feld der Immuntherapie mit innovativen Ansätzen neu zu erschließen. Trianta Immunotherapies verfügt über drei hochinnovative Immuntherapieplattformen mit Programmen in der klinischen Entwicklung zur Behandlung unterschiedlicher Krebsformen. Im Bereich der personalisierten Immuntherapie entwickelt das Unternehmen antigenspezifische Dendri- Allianzen deutscher Biotech-Unternehmen 120 109 96 113 103 98 95 86 80 72 60 Ins deutsch-deutsche Akquisitionsgeschehen fügt sich auch der technologiegetriebene Merger von PANATecs und Protagen Protein Services. Der Zusammenschluss der Protagen Diagnostics und des Heilbronner PANATecs-Ablegers bietet nun ein integriertes Angebot an Proteinanalytik. Die Aktivitäten deutscher Biotech-Unternehmen als Einkäufer von Technologien und Assets setzen sich mit weiteren Akquisitionen fort, die klare Synergien der verschmolzenen Unternehmen nutzen. Miltenyi Biotec kaufte die Lentigen Technology für Anwendungen in der Zell- und Gentherapie: Diese Akquisition beinhaltet eine Reihe von IP, Prozesstechnologien und GMP-Fertigungsanlagen. 40 20 0 2007 2008 Produkt-/Asset-Kauf 2009 2010 Service 2011 2012 Lizenzierung 2013 2014 Kooperation Quelle: EY und Medtrack 62 Weitere deutsch-deutsche Übernahmen wurden von BRAIN getätigt. Zur Stärkung ihrer Strategie der Wertschöpfungskettenkopplung an die internen Technologieplattformen passen vor allem die bereits früher erwähnten Akquisitionen der WeissBioTech (Enzymmarkt) sowie AnalytiCon Discovery (Naturstoffe) und der Beteiligung an Seltenerden Storkwitz exzellent. Deutsche Biotechs treten insgesamt stark als Käufer in Aktion Anzahl Transaktionen 100 tische-Zell(DC)-Vakzine sowie T-Zell-Rezeptor(TCR)-basierte adoptive Zelltherapien und T-Zell-spezifische Antikörper (TABs). Eine klinische Phase-I-/II-Studie zur Behandlung akuter myeloischer Leukämie (AML) läuft in München sowie eine weitere klinische Phase-II-Studie zur Behandlung von Prostatakrebs an der Universitätsklinik Oslo. Bisherige klinische Ergebnisse von Triantas DC-Vakzinen aus „compassionate use“ (ärztlich angeordneter Einsatz noch nicht zugelassener Arzneimittel an Patienten in besonders schweren Krankheitsfällen) haben bereits ermutigende Daten zur Sicherheit und zum klinischen Nutzen bei verschiedenen Tumorerkrankungen geliefert. | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 M&As deutscher Biotech-Unternehmen, 2014 Firma Land Käufer Land Art Datum Potenzieller Wert (Mio. €) Trianta Immunotherapies Deutschland Medigene Deutschland Biotech 27. Januar 9,9 Euprotec UK Evotec Deutschland Biotech 28. Mai 3,9 InoCard Deutschland uniQure Niederlande Biotech 11. August 3,0 Pieris Deutschland Marika USA Shell 18. Dezember n / a BIOBASE Deutschland QIAGEN Niederlande Diagnostik 20. Mai n / a PANATecs Deutschland Protagen Protein Services Deutschland Biotech 23. Januar n / a Centogene Deutschland LifeLabs Kanada Pharma 19. Februar n / a AnalytiCon Discovery Deutschland BRAIN Deutschland Biotech 3. Juli n / a bionamics Deutschland Evotec Deutschland Biotech 24. März n / a WeissBioTech Deutschland BRAIN Deutschland Biotech 27. November n / a Lentigen / Lentigen Technology USA Miltenyi Biotec Deutschland Biotech 14. August n / a Quelle: EY Evotec macht dem Ruf als „Serientäter“ auch bei den Übernahmen alle Ehre. So gliedert Evotec mit bionamics die Projektmanagement-Gesellschaft für die Steuerung des NEU2-Cluster-Netzwerks ein und setzt dadurch ein neues Zeichen im Bereich der EVT-Innovate-Strategie. Das Konsortium war als Gewinner des BioPharma-Wettbewerbs des BMBF 2012 ausgezeichnet worden und hatte seitdem eine Wertschöpfungskette mit vielen Partnern aufgebaut, die sich der komplexen Aufgabenstellung der Entwicklung neuer MS-Therapien verschrieben hatte. Weiterhin verstärkte Evotec durch die Übernahme der britischen Euprotec sein Angebot an Dienstleistungen im Bereich der Antiinfektiva. Deutsche Biotechs auch als Kaufobjekt gefragt Auch auf der Seite der Übernahmeobjekte machten deutsche Biotech-Unternehmen eine gute Figur. So konnte sich das gerade erst gegründete Gentherapie-Unternehmen InoCard mit einem neuen Ansatz zur Behandlung von Herzinsuffizienz in die niederländische uniQure integrieren. Nach dem erfolgreichen NASDAQ-Börsengang der uniQure wurde dadurch weiterer positiver Newsflow erzeugt. Der aus dem Heidelberger Start-up eingebrachte Ansatz verfolgt das Ziel, das kalziumbindende Protein S100A1 per Gentherapie im Herzen verfügbar zu machen. Im Tierversuch zeigt sich dieser Peptid-Faktor als essenzieller Regulator der Herzmuskelaktivität. S100A1 steigert das Kontraktionsvermögen der Herzmuskelzellen und stabilisiert den Herzrhythmus. Darüber hinaus könnte S100A1 auch einen regulatorischen Einfluss auf das Wachstum der Herzmuskelzellen besitzen und deren Energieversorgung mitbestimmen. Ebenso passte die Kompetenz der BIOBASE als Spezialist in Sachen Bioinformatik gut zur neuen Ausrichtung von QIAGEN als Anbieter von Sequenziertechnologie (NGS) und Companion Diagnostics. Mit dem zusätzlichen Input von BIOBASE-Bioinformatiklösungen will QIAGEN seine weltweit führende Literaturdatenbank für klinische Forschung und Diagnostik weiter stärken und weiterhin seine führende Stellung in der Analyse von Sequenzierdaten ausbauen. Über den Reverse Merger von Pieris war bereits berichtet worden. Transaktionen | 63 Zahlen und Fakten – International Allianzen in Europa ebenfalls rückläufig Ähnlich wie für Deutschland bereits gezeigt, folgen auch die Allianzen europäischer Biotech-Unternehmen einem rückläufigen Trend. Hier haben die Deal-Zahlen seit 2011 um 20 Prozent nachgelassen und stagnieren inzwischen bei Werten um 525 (publizierten) Deals pro Jahr. Auch hier nehmen vor allem die Lizenzvereinbarungen ab (-29 % seit 2011). USA mit steigenden Deal-Zahlen Ganz im Gegensatz zu den Zahlen in Europa konnten die US-Unternehmen ihre Vertragsabschlüsse im gleichen Zeitraum (2011 – 2014) zumindest leicht steigern. Mit insgesamt 975 Deals lagen sie nicht nur deutlich vor der europäischen Branche sondern konnten dabei auch noch um 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegen. Ebenfalls im Gegensatz zu ihren europäischen Counterparts beruhten die Steigerungen auf Kooperationen (+24 %) sowie Dienstleistungen (+38 %), während die Lizenzvereinbarung ebenfalls um neun Prozent zurückgingen. Somit wurden in allen untersuchten Geographien (USA, Europa / Deutschland) klare Reduzierungen der Lizenzverträge konstatiert. Liegen in den USA möglicherweise die Gründe in der besseren Kapitalbeschaffung der Unternehmen über den Kapitalmarkt? Stellt dies die zuvor für Deutschland geäußerte Vermutung der Geschäftsmodellverschiebungen als Ursache für weniger Lizenzabschlüsse wieder in Frage? Möglicherweise liegen aber auch unterschiedliche Ursachen diesseits und jenseits des Atlantiks vor. M&A-Transaktionen in Europa mit bekannten Biotech-Vertretern als Übernahme-Objekte Bereits auf den ersten Blick fällt auf, dass die M&A-Liste mit Beteiligung europäischer Biotech-Unternehmen nicht – wie in früheren Statistiken – von den großen PharmaFirmen als Käufer dominiert ist. Vielmehr stehen sowohl auf Käufer- wie auf Verkäuferseite viele bekannte Namen von Biotech-Unternehmen. Entsprechend fehlen auch die „Mega-Deals“, die in früheren Jahren das Gesamtvolumen der M&As nach oben verschoben. Allianzen europäischer und US-amerikanischer Biotech-Unternehmen Anzahl Transaktionen Europa Anzahl Transaktionen USA 1000 1000 933 975 936 877 800 800 660 561 600 534 525 600 400 400 200 200 0 0 2011 2012 2013 Produkt-/Asset-Kauf 2014 Service 2011 Lizenzierung 2012 2013 2014 Kooperation Quelle: EY und Medtrack 64 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Weiterhin ist die geographische Verteilung zwischen Europa und den USA sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite gut ausgewogen, sodass kein weiterer Ausverkauf in die USA stattfindet. De facto sind die europäischen Vertreter sogar deutlich stärker auf der Käuferseite präsent (13 von 17 Deals) und kauften in vier Fällen sogar in den USA ein. Eurofins Scientific, das französische Unternehmen mit einem führenden Angebot an Genomik-, Analyse- und Service-Leistungen für die Pharma-, Lebensmittel-, Umwelt- und Konsumgüterindustrie, hat dabei gleich zweimal in den USA „zugeschlagen“. Dort kaufte es zunächst die ViraCor-IBT Laboratories, ein Referenzlabor mit großem Portfolio an biologischen und Biomarker-Tests für Krankenhäuser, Ärzte und die PharmaIndustrie. Des Weiteren erwarb Eurofins Scientific auch das Diagnostik-Unternehmen Boston Heart Diagnostics, das mit innovativen Testverfahren die Risiken von Herzerkrankungen erfasst. Big Pharma unterrepräsentiert Roche tritt als Big-Pharma-Vertreter mit den Akquisitionen von Dutalys aus Österreich sowie Santaris Pharma aus Dänemark mit jeweils über 300 Millionen Euro Kaufpreis in Erscheinung. Beide stellen für Roche neue Technologieplattformen für den Therapeutikabereich zur Verfügung: im Falle von Dutalys für die Identifizierung bispezifischer Antikörper für mehrere Therapiegebiete. Mit der DutaMabTM-Technologie unterstreicht Roche seinen Anspruch als führendes Unternehmen in der Entwicklung therapeutischer Antikörper. Top-M&As europäischer Biotech-Unternehmen, 2014 Firma Land Käufer Land Datum Potenzieller Wert (Mio. €) Rottapharm Madaus Italien Meda Schweden 31. Juli 2.329,9 Prosensa Niederlande BioMarin Pharmaceutical USA 24. November 632,8 Dutalys Österreich Roche Schweiz 18. Dezember 368,2 PneumRx USA BTG UK 4. Dezember 357,8 Santaris Pharma Dänemark Roche Schweiz 4. August 339,0 Archimedes Pharma UK ProStrakan Group UK 6. August 285,3 OncoEthix Schweiz Merck & Co. USA 18. Dezember 282,5 Lumena Pharmaceuticals USA Shire UK 12. Mai 195,9 ViraCor-IBT Laboratories USA Eurofins Scientific Frankreich 9. Mai 192,1 Boston Heart Diagnostics USA Eurofins Scientific Frankreich 8. Dezember 150,7 Galapagos / Argenta Discovery Belgien Charles River Laboratories USA 13. März 134,0 Activaero Deutschland Vectura Group UK 13. März 130,0 Brabant Pharma UK Zogenix USA 24. Oktober 97,9 Aciex Therapeutics USA Nicox Frankreich 2. Juli 90,4 Silhouette Lift Spanien Sinclair IS Pharma UK 15. April 87,0 Focus Pharmaceuticals UK Amdipharm Mercury UK 30. September 86,8 TopoTarget Dänemark BioAlliance Pharma Frankreich 16. April 76,0 Quelle: EY Der Kauf von Santaris Pharma erstaunt einerseits als „Wiedereinstieg“ in das Gebiet der RNA-Therapeutika, den Roche mit der Ausgliederung der ehemaligen Alnylam Europe (Roche Kulmbach) 2011 eigentlich beendet hatte. Andererseits bedeutet diese Wendung auch, dass das Feld der RNA-Therapeutika sich sowohl technologisch als auch auf Seiten der klinischen Entwicklung enorm weiterentwickelt hat. Santaris Pharma hat mit der firmeneigenen „locked nucleic acid“(LNA)-Plattform Pionierarbeit geleistet, indem es zu einer neuen Ära von gegen RNA gerichteten Therapeutika beigetragen hat. So lassen sich potenzielle Medikamente gegen Krankheiten entwickeln, die mit herkömmlichen Wirkstoffen wie Antikörpern und kleinen Molekülen nur schwer oder überhaupt nicht gezielt behandelbar sind. Die LNA-Technologie überwindet die Einschränkungen früherer Antisense- und siRNA-Technologien vor allem durch eine einzigartige Kombination von geringer Größe, hoher Bindungs- affinität und metabolischer Stabilität. Immerhin hat sich Roche in beiden Deals aber auch durch eine Aufteilung des Kaufpreises in Upfront- und Meilensteinzahlungen gegen Risiken der Technologieplattform abgesichert. Neben Roche steht nur noch Merck & Co. als weiterer Big-Pharma-Player auf der Käuferliste. Der Erwerb von OncoEthix aus der Schweiz ist im Vergleich zu den RocheDeals eindeutig produktfokussiert. Merck & Co. kauft vor allem einen „first in class“BET-Inhibitor ein, der sich in der Phase Ib der klinischen Entwicklung mit Zielrichtung Onkologie befindet. Damit verstärkt Merck & Co. seinen Fokus auf Onkologie mit dem Anspruch auf innovative Wirkstoffe mit Potenzial für Durchbrüche in der Krebsbehandlung. BET-Proteine haben sich als neues therapeutisches Target in der Krebstherapie herauskristallisiert, da sie offenbar eine entscheidende Rolle in der Transkriptionsregulation von wichtigen Zellwachstums- kontrollgenen spielen (z. B. c-myc). Die Phase-I-Daten haben offenbar bereits wichtige klinische Hinweise für Aktivität in Patienten mit hämatologischen Krebserkrankungen erbracht. Auch hier behielt sich Merck & Co. vor, zunächst nur 110 Millionen US-Dollar als Upfront und den restlichen Kaufpreis von weiteren 265 Millionen US-Dollar erst nach erfolgreichem Abschluss klinischer Meilensteine zu zahlen. Transaktionen | 65 66 Der Top-Deal mit Portfoliostrategie Europäische Biotech-Namen verschwinden Auch der größte M&A-Deal auf der Liste – die Akquisition von Rottapharm Madaus durch Meda – steht unter dem Motto „Produktübernahme“. Unter der italienischen Rottapharm Madaus waren seit dem 1. März 2010 die Produkte der deutschen Opfermann Arzneimittel GmbH, der Madaus GmbH und der Rottapharm Gruppe vereint. Meda, der börsennotierte Pharma-Konzern mit Sitz in Solna bei Stockholm, rechnet dank der Übernahme mit einer deutlichen Stärkung seines OTC-Geschäfts. Das Kaufangebot für Rottapharm Madaus kommt nur drei Monate nachdem Meda selbst eine milliardenschwere Übernahmeofferte des USGenerikakonzerns Mylan abgelehnt hatte. Aus europäischer Sicht gehen weitere bekannte Biotech-Unternehmen in anderen auf und fallen somit aus den Firmenlisten heraus: | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 • Prosensa – mit viel Aufmerksamkeit beim IPO 2012 bedacht – geht im US-Konzern BioMarin auf, der als wichtiger Player im Umfeld „rare diseases“ am Technologieansatz von Prosensa (RNA-modulierende Therapeutika für genetische Erkrankungen) als auch am weit entwickelten Wirkstoff Drisapersen Interesse fand. Primärer Fokus liegt dabei auf Muskeldystrophie Duchenne (DMD) • Galapagos gibt seine CRO-Sparte (Argenta / NL und BioFocus / UK) mit integrierten Dienstleistungen von der Target-Identifizierung bis zur präklinischen Entwicklung an Charles River Laboratories ab. Damit wird eine in der Vergangenheit erfolgreiche Plattform (à la Evotec) zugunsten des neuen Schwerpunkts der Therapeutikaentwicklung aufgegeben • TopoTarget, das dänische Biotech-Unternehmen mit Ausrichtung auf Orphan Diseases im Krebsumfeld wurde mit dem französischen Unternehmen BioAlliance zu Onxeo zusammengeführt. Beide Teile bringen entsprechend Expertise und Assets zur Behandlung seltener Krebsarten ein. Das zusammengeführte neue Unternehmen führte gleichzeitig ein Listing bei Euronext Paris und NASDAQ OMX in Kopenhagen durch (siehe Finanzierungskapitel). Transaktionen | 67 Biotech-Standort Deutschland 68 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Innovationsfinanzierung im Fokus des Branchenverbandes Die Sicht des Branchenverbandes BIO Deutschland Der Branchenverband BIO Deutschland – 2014 in seinem zehnten Jubiläumsjahr – ist von der Deutschen Gesellschaft für Verbandsmanagement (DGVM) mit dem INNOVATION AWARD „Verband des Jahres“ ausgezeichnet worden. Dieser Preis wird an Verbände verliehen, die sich durch ihre Leistungen deutlich abheben und anderen Verbänden ein Beispiel geben, neue Wege zu gehen. Dieser Preis sollte sicherlich nicht nur Auszeichnung für vergangene Leistungen sein, sondern vielmehr Anspruch, auch zukünftig die besonderen Probleme der Biotech-Branche mit innovativen Ideen und offener Haltung anzugehen. Der Verband hat sich von Anbeginn mit der Problematik unzureichender Kapitalausstattung der Biotech-Branche in Deutschland befassen müssen. Dabei stand das Thema „Zugang zu Eigenkapital“ immer als dringendste Herausforderung im Fokus. Als Vertreter von Unternehmen ging es vor allem auch um konkrete Maßnahmen für diese, wie etwa um Steuervorteile (z. B. Verlustvortragsnutzung) für die Übernahme besonderer Risiken im Interesse der Innovation für den Standort Deutschland. Diese verständliche „Klientelpolitik“ ist als Verbandszweck vollkommen nachvollziehbar; allerdings spürt der Verband auch, dass eine zu starke Fokussierung auf die doch insgesamt sehr kleine Biotech-Branche auf der politischen Bühne häufig nicht ausreichend Durchschlagskraft erzeugen kann. Insofern ist es außerordentlich wichtig, dass auch seitens BIO Deutschland inzwischen der Begriff der „Innovationsfinanzierung“ mit wesentlich breiterem Geltungsbereich genutzt wird. Weiterhin orientieren sich viele der vom Verband ausgearbeiteten Forderungen und Handlungsempfehlungen auch entlang der beschriebenen „Kapitalnahrungskette“ und zielen dabei vor allem auf bessere Anreizsysteme für Anleger und Investoren – somit eher indirekt auf den Nutzen für die Biotech-Klientel. Schließlich steht BIO Deutschland mittlerweile auch eindeutig hinter dem Gedanken der Bioökonomie und verfolgt auch dabei das Ziel, die Bedeutung der Biotechnologie über den Horizont einer 400-UnternehmenBranche hinaus zu profilieren. BIO Deutschland war z. B. erneut Aussteller im „Schaufenster biobasierte Wirtschaft – Bioökonomie“ auf der Hannover Messe 2014. Ziel war es, den Einfluss der Bioökonomie auf die Lebenssituation 2030 durch Beispiele aus der heutigen Praxis zu zeigen. Im Artikel von Peter Heinrich, dem Vorstandsvorsitzenden von BIO Deutschland, werden die Positionen hinsichtlich alternativer Modelle für eine ausreichende Innovationsfinanzierung aus Sicht des Verbandes zusammenfassend dargestellt. Biotech-Standort Deutschland | 69 Innovationsfinanzierung – Alternative Modelle zur effektiven Mobilisierung von Eigenkapital Durchwachsene Kapitallandschaft Die ersten Branchenzahlen für 2014, die BIO Deutschland im Januar zusammen mit der BIOCOM veröffentlichte, zeigten ein gemischtes Bild für den Biotechnologiesektor. Zwar wurde mehr Eigenkapital eingeworben als noch 2013 (+14 %), was aber im Wesentlichen durch lange erwartete Börsengänge des vergangenen Jahres begründet war. Die Unternehmen konnten in der Tat auch mehr Venture-Kapital einsammeln (+19 %), allerdings gingen die Kapitalerhöhungen über die Börse deutlich zurück (-25 %). Trotz positiver Tendenzen besteht also für innovative Unternehmer lediglich Grund für vorsichtigen Optimismus, aber kein Grund zum Jubeln. Das Geld reicht nicht! Besonders in der medizinischen Biotechnologie, wo kleinere Betriebe 100 bis 500 Millionen Euro benötigen, um ein Produkt in eine wertsteigernde Pharma-Partnerschaft oder zur Marktreife zu bringen. Eigenkapitalfinanzierung über Venture- oder Beteiligungskapital ist aber für junge innovative Unternehmen meist die einzige Finanzierungsmöglichkeit. Mehr als „1 %“: Anreize für Investoren und Unternehmer Der EY Report 2014 warb mit dem Titel für „1 % für die Zukunft“ und unterbreitete einen viel diskutierten Vorschlag, wie dringend benötigte Gelder für die Forschung mobilisiert werden könnten. Die Arbeitsgruppe „Finanzen und Steuern“ von BIO Deutschland veröffentlichte im letzten Jahr ebenfalls verschiedene Vorschläge mit dem Potenzial, den nach wie vor eklatanten Kapitalmangel der Branche zu beheben und sowohl auf Investoren- als auch Unternehmerseite Anreize zu bieten. Die Finanzexperten von BIO Deutschland untersuchten in ihrer Analyse vier verschiedene Möglichkeiten, Eigenkapital für innovative Biotechnologieunternehmen in Deutschland bereitzustellen. 1. Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte Geprüft wurde die Befreiung von der Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte der Investoren, wodurch die Investoren von der Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent auf Kapitaleinkünfte freigestellt würden. Diese Maßnahme wirkt auf Investorenebene beim Exit. Bei dieser Maßnahme käme es für Investoren nur im Falle eines Gewinns bei Veräußerung der Beteiligung zu einem positiven Effekt. 70 2. INVEST-Zuschuss für Wagniskapital Auch das existierende Programm „INVEST – Zuschuss für Wagniskapital“ wurde in die Analyse eingeschlossen. INVEST richtet sich insbesondere an Business Angels und gewährt Kapitalgebern junger, innovativer Unternehmen einen Zuschuss von 20 Prozent des Investitionsbetrags bei Anteilserwerb. Die maximal bezuschusste Investitionssumme pro Jahr pro Investor liegt bei 250.000 Euro, was für innovative BiotechUnternehmen viel zu gering ist. Rückwirkend zum 1. Januar 2013 wurde der Zuschuss kürzlich steuerfrei gestellt. Der Zuschuss begrenzt das Verlustrisiko für die Investoren um maximal 20 Prozent des zur Verfügung gestellten Kapitals bzw. erhöht deren Gesamterlös um maximal diesen Betrag. 3. Deutscher Innovationsfonds (DIF) Außerdem wurde die Einführung eines deutschen Innovationsfonds (DIF) analog zum französischen Bürgerinnovationsfonds betrachtet. Als neu zu schaffendes Instrument könnte ein DIF durch eine Einkommenssteuerreduktion auf den Investitionsbetrag sowie die Steuerfreiheit von Kapitaleinkünften die Attraktivität einer Investition in junge Wachstumsunternehmen für Privatanleger erhöhen und so den Zugang für eine neue Investorengruppe zum Wachstumskapitalmarkt öffnen. Diese Maßnahme würde ebenfalls auf Investorenebene wirken, sowohl im Zeitpunkt der Beteiligung als auch beim Exit. 4. Steuergutschriften Als vierte Maßnahme wurde die Einführung von Steuergutschriften (Tax Credits) in unterschiedlicher Höhe für innovative kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in den Vergleich miteinbezogen. Hier handelt es sich um neu einzuführende, nicht zu versteuernde Steuergutschriften in festzulegender Höhe, welche innovativen Wachstumsunternehmen vom Staat gewährt werden. Diese Maßnahme wirkt auf Unternehmensebene, wobei Investoren indirekt von diesen Steuergutschriften profitieren. Der Mix macht’s Der Wirkungsgrad dieser verschiedenen Maßnahmen auf die Investitionsbereitschaft der Investoren unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die innovativen Unternehmen wurde ausführlich analysiert. Zu- | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Dr. Peter Heinrich, Vorstandsvorsitzender BIO Deutschland e.V., Berlin dem wurde die Effizienz der Maßnahmen für den Staat betrachtet. Aufgrund der Ergebnisse setzt sich BIO Deutschland dafür ein, den Cashflow auf Unternehmensebene durch die Einführung von Steuergutschriften zu verbessern. Auf Investorenebene sollte der INVEST – Zuschuss für Wagniskapital auf alle Investoren sowie alle Kapitalgeber, die in innovative Unternehmen investieren, erweitert werden und im nächsten Schritt das Fondsvolumen entsprechend erhöht werden. Investitionen in junge, innovative Unternehmen bezogen auf Gewinne von Werterhöhungen bzw. Kurssteigerungen sollten wieder steuerfrei gestellt werden. Außerdem wäre es wünschenswert, einen Innovationsfonds in Deutschland einzuführen. All diese Maßnahmen verringern das Risiko für Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Investoren und sind daher geeignet, Eigenkapital für innovative mittelständische Wachstumsunternehmen zu mobilisieren und wären ausgezeichnete Instrumente, der Biotechnologiebranche den notwendigen Schub zu versetzen. www.biodeutschland.org BioRegionen treiben Transformation zur Bioökonomie voran Interdisziplinarität und Querschnittstechnologie Ein wichtiger Aspekt in der Diskussion um Verbesserungen in der Innovationsfinanzierung (Kernthema in diesem Report) ist die Klarstellung, dass dies kein isoliertes Biotech-Phänomen ist, sondern eine wirklich relevante Weichenstellung für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die wesentliche Rationale dafür kommt aus der Erkenntnis, dass neben der Digitalisierung in vielen Industrien auch die Biologisierung an Bedeutung zunimmt. Der Begriff der „Bioökonomie“ bringt dies am besten zum Ausdruck und gewinnt zunehmend an Sichtbarkeit in der politischen und öffentlichen Diskussion. Wichtige Voraussetzung für das weitere Vordringen dieser Thematik in die Gesellschaft ist einerseits eine modifizierte Definition der Biotechnologie als breit anwendbare Querschnittstechnologie, deren Einsatzgebiete weit über die engen Grenzen der aktuellen Biotech-Branche hinausgehen. Ebenso wichtig sind die kreative Vernetzung der Biotechnologie mit vielen anderen Technologien und die interdisziplinäre Zusammenarbeit, an deren Schnittstellen bahnbrechende Innovationen entstehen. Viele Einzelbeispiele von kreativen Ideen für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit weisen den Weg. Innovative Unternehmen und individuelle Unternehmer stehen für den Aufbruch in dieses neue Zeitalter von integrierten Lösungen für komplexe Problemstellungen. Neue Strategien für regionale Cluster Umso wichtiger ist es, dass zu den Treibern für diese Entwicklungen in zunehmendem Maße auch regionale Initiativen gehören, die in ihren Clusterstrategien ganz bewusst versuchen, spezifische regionale Stärken aus unterschiedlichen Bereichen im Sinne der Interdisziplinarität zusammen zu bringen und daraus neue Alleinstellungsmerkmale abzuleiten. Solche Initiativen sind enorm wichtig, zumal sie die BioökonomieDiskussion auf ein höheres Level führen, von individuellen Ideen zu einer strategischen Ausrichtung der Biotechnologie als Querschnittstechnologie. Erstaunlich ist dabei das breite Spektrum der Ideen, die über die „Befruchtung durch Biotechnologie“ zu innovativen Wertschöpfungsprozessen führen: • Aktives Altern und gesundes Leben • Biologisierung von medizinischen Implantaten •P hotodynamik und Tumorbehandlung durch „Biomedical Engineering“ •➢ „Engineering – Life Sciences – Automation“ •➢ Innovative Proteinquellen für die Ernährung • Neue Rohstoffe für innovative Polymere mit neuen Eigenschaften • Life Sciences und Mikro- / Nanotechnologie für innovative Medizingeräte • Mutanom-Impfstoffe für die individualisierte Krebstherapie • Systembiologie und Gesundheitswirtschaft Die Vielfalt der interdisziplinären Ansätze ist beeindruckend und macht die BioRegionen tatsächlich zu Treibern in einem zukunftsträchtigen Transformationsprozess. Im nachfolgenden Artikel werden die einzelnen Ansätze der BioRegionen genauer beleuchtet. Biotech-Standort Deutschland | 71 Transformationsprozesse – Biotech als Werttreiber Branchen wachsen weiter zusammen. Die Biotech-Branche schafft dabei neue Märkte und wird Werttreiber durch die Veredelung von Produkten. Die Entwicklung dieser Transformationsprozesse wird von den BioRegionen begleitet und gefördert. BioRN: Interdisziplinäre Zusammenarbeit im EIT Health für „Aktives Altern und gesundes Leben“ Das Biotech-Cluster Rhein-Neckar (BioRN) ist als sogenanntes Co-Location Center am EIT Health, dem bisher größten europäischen Kooperationsprojekt im Bereich Gesundheit, beteiligt. Die EIT Health-Partner arbeiten in den kommenden sieben Jahren als Knowledge and Innovation Community (KIC) zusammen, mit dem Ziel innovative Produkte, Dienstleistungen und Konzepte zu entwickeln, die die Lebensqualität verbessern und zur Nachhaltigkeit der Gesundheitsversorgung in ganz Europa beitragen werden. Zu den 52 Hauptpartnern und weiteren 92 assoziierten Mitgliedern aus neun EU-Staaten zählen unter anderem Roche Diagnostics in Mannheim, AbbVie in Ludwigshafen und die Universität Heidelberg als Vertreter des BioRN-Clusters sowie wesentliche Einrichtungen und Unternehmen der BioRNPartnerregionen Cambridge in Großbritannien und Leuven in Belgien (Health Axis Europe Alliance). Aus Deutschland sind außerdem die Spitzenregionen BioM in München, Medical Valley in Erlangen und BIO.NRW mit den Standorten Köln und Aachen am EIT Health beteiligt. BIO.NRW: Transformationsprozesse der Biotech-Branche in NRW als Werttreiber für die Zukunft Dynamische Entwicklungsprozesse und Cross-Innovation sind charakteristisch für die Biotech-Branche in Nordrhein-Westfalen. Die Biotechnologie in NRW schafft gemeinsam mit Produktentwicklungen aus den Bereichen Medizintechnik, Umwelttechnologie und Materialwissenschaften neue Anwendungsmöglichkeiten und verbindet Wertschöpfungsketten. Exemplarisch wurden auf dem BIO.NRW Medica Forum „Bioökonomie in der Medizin: Von innovativen Materialien und Oberflächen“ z. B. neue Produktentwicklungen für die Biologisierung von Implantaten und für den Einsatz von Biokunststoffen im Krankenhaus vorgestellt. Die Integration von biotechnologisch hergestellten und biologisch abbaubaren Biokunststoffen als Bestandteil von Medizinprodukten bietet dabei nicht nur neue Anwendungen, sondern ermöglicht es gleichzeitig auch, Prozessketten in der Patientenversorgung zu vereinfachen und Entsorgungsprobleme bei Krankenhäusern zu lösen. In noch größerem Maßstab verfolgt das internationale Konsortium BIG-C des Niederlande / Flandern / NRWMegaclusters in der industriellen Biotechnologie das Upscaling von biotechnologischen Prozessen und damit sowohl die Substitution petrochemisch basierter Prozesse als auch die Etablierung innovativer bioökonomischer Wertschöpfungsketten. www.bio.nrw.de www.BioRN.org BioRegio Regensburg: Interdisziplinäre Projekte im Aufwind Seit der Gründung der BioPark Regensburg GmbH auf dem Gelände der Universität Regensburg vor 15 Jahren ist die Biotechnologie ein wichtiger Treiber für die interdisziplinäre Vernetzung der Branchen in der Region und die Entstehung von neuen Projekten und Studiengängen vor Ort. So werden z. B. neuartige antimikrobielle Wandverkleidungen in der Region produziert, die sowohl im OP-Saal als auch im Kühlhaus Verwendung finden. Neue interdisziplinäre Cluster sind entstanden, wie z. B. in der Photodynamik, in der die Absorption von Licht durch Farbstoffmoleküle zur Tumordiagnostik und -bekämpfung oder zur Lebensmittelsicherheit und Entkeimung eingesetzt wird. Mit dem „Regensburg Center of Biomedical Engineering“ startet der erste interdisziplinäre Studiengang an der Fakultät für Medizin (Klinikum) und den Fakultäten der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Regensburg. www.bioregio-regensburg.de BioRegioN: Werttreiber im Bereich der Natur- und Wirkstoffentwicklung Niedersachsen hat sich in der Roten Biotechnologie zu einem starken Standort für Forschungsdienstleistungen entwickelt. Die vorhandenen Forschungszentren und -verbünde bilden im Bereich der Natur- und Wirkstoffentwicklung eine vollständige translationale Wertschöpfungskette ab. Zu nennen sind hier z. B. die Translationsallianz TRAIN, das Systembiologiezentrum BRICS, das Wirkstoffzentrum BMWZ, das Zentrum für Pharmaverfahrenstechnik (im Bau) sowie Deutschlands modernstes klinisches Forschungszentrum, das CRC Hannover. Um die akademischen Partner herum haben sich zahlreiche Unternehmen etabliert, die mit ihren Produkten und Dienstleistungen diese Wertschöpfungskette ergänzen, an deren Ende Wirkstoffe für die Pharmazie sowie Aromen und Zusatzstoffe für die Ernährungs- und Kosmetikindustrie stehen. Die BioRegioN fungiert im Cluster als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Dabei streben wir eine intensivere Vernetzung sowie die Integration weiterer Branchenakteure an, um die vorhandene Wertschöpfungskette gezielt zu erweitern. www.bioregion.de 72 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 BioRegio STERN Management GmbH: ELSA – Werttreiber für Biotech und Automatisierung Um die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Medizintechnik oder Biotechnologie einerseits und Ingenieurwissen andererseits voranzutreiben, hat die BioRegio STERN Management GmbH die Clusterinitiative ELSA „Engineering – Life Sciences – Automation“ ins Leben gerufen. Im Rahmen dieser Initiative soll die Life-Sciences-Branche mit der Automatisierungstechnik, dem Maschinenbau und der Automobilzulieferung zusammenwachsen. Viele innovative Produkte der Biotech-Industrie sind zwar marktreif, werden jedoch noch im Labormaßstab und in Handarbeit hergestellt. Gerade im Bereich der Gewebekulturen besteht ein großer Bedarf an Automatisierung, beispielsweise um geeignete Wirkstoffkandidaten zu testen. In der personalisierten Medizin, insbesondere dem Tissue Engineering, müssen wiederum individuelle Produkte für einzelne Patienten in ausreichenden Mengen und gleichbleibender Qualität gezielt hergestellt werden. Um in Zukunft wirtschaftlich entwickeln und produzieren zu können, brauchen die LifeSciences-Unternehmen durchgängige Automatisierungslösungen. Nicht erst nachdem das Produkt erfolgreich auf den Markt gelangt ist, sondern bereits während der Entwicklung müssen effiziente Produktionstechniken konzeptioniert und realisiert werden. In der Region sind Automatisierungstechnik und Anlagenbau Schlüsselbranchen, die sich traditionell auf den Automobil- und Maschinenbau konzentrieren. Für sie schafft die Biotech-Branche ganz neue Märkte. Ein Transformationsprozess zweier Branchen, wie er von ELSA unterstützt wird, bleibt naturgemäß nicht auf eine Region oder ein Land begrenzt. Inzwischen wird das Projekt von der BioRegio STERN Management GmbH international weiterentwickelt. www.bioregio-stern.de BioCon Valley: Das neue Soja aus Lupine – innovative Pflanzenzüchtung aus Mecklenburg-Vorpommern für alternative Lebens- und Futtermittel Die in Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich gezüchtete Blaue Süßlupine ist mit bis zu 35 Prozent Proteingehalt sehr eiweißreich, bietet eine Alternative zu tierischem Eiweiß und ist gentechnikfrei. Um Proteine und Ballaststoffe aus den Samen der Blauen Süßlupinen für eine breite Anwendung in der industriellen Lebensmittelherstellung nutzbar zu machen, engagieren sich zehn Unternehmen und vier Forschungseinrichtungen erfolgreich in der Region, initiiert und vorangetrieben durch BioCon Valley, dem regionalen Clustermanagement. Durch die Anregung des Lebensmitteltechnologen Gerhard Kloth (Allergie der Tochter gegen Milcheiweiß) hat Bio-Con Valley das Thema 2005 aufgegriffen und ein regionales Projektkonsortium im Rahmen des Innovationsforums „Gewinnung von bio-funktionellen Food Ingredients aus Lupinensaaten für die Lebensmittelindustrie“, gefördert durch das BMBF, aufgebaut. Aus dem erfolgreichen Start wurde ein „Innovativer regionaler Wachstumskern“ als Verbund von regionalen Firmen, Pflanzenzüchtungsforschern und dem Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung aus München etabliert, die Grimmer Prolupin GmbH als Firma ausgegründet. Bereits im Mai 2011 konnten mit dem Lupineneis „Lupinesse“ erste Produkte auf den Märkten platziert werden. Im November 2014 wurde die Entwicklung mit dem Deutschen Zukunftspreis 2014 durch Bundespräsident Joachim Gauck ausgezeichnet. „Der Deutsche Zukunftspreis ist ein Aushängeschild für exzellente Erfindungen und Entwicklungen und zugleich auch ein Ansporn, auf diesem Gebiet noch mehr zu leisten. Möge er auch 2014 weit ausstrahlen und gerade bei jungen Menschen an Schulen und Hochschulen die Neugierde auf Forschung wecken. Die Nominierten und Preisträger des Deutschen Zukunftspreises sind dafür Vorbilder“, so Bundespräsident Joachim Gauck in seinem Grußwort. Der Erfolg des Lupineneiweiß ist ein schönes Beispiel für die gelungene Innovationsförderung im BioCon Valley-Netzwerk, das weitere Bereiche wie die Medizin, Pflanzen- und Zierzüchtung sowie die Marine Biotechnologie einschließt. BioRiver-Life Science im Rheinland e.V.: Neuer Firmenverbund vereinigt Wertschöpfungsketten zur enzymatischen Herstellung von Produkten der weißen Biotechnologie Der Enzymspezialist evocatal GmbH mit Sitz in Monheim am Rhein übernimmt die Mehrheitsanteile an der Potsdamer aevotis GmbH. Es entsteht ein Verbund mit umfangreicher Expertise im Bereich der Entwicklung und Produktion industrieller Enzyme und deren Einsatz zur Herstellung neuartiger Rohstoffe auf Kohlenhydratbasis. Die beiden Unternehmen liefern gemeinsam die gesamte Wertschöpfungskette – von der Enzymentwicklung bis zur Markteinführung innovativer Polymere im Bereich Lebensmittel, Kosmetik und Weitere. Bereits heute werden Kohlenhydrat-Oligomere und -Polymere in Lebensmitteln unter anderem aufgrund ihrer strukturgebenden Funktionen eingesetzt und wirken als Ballaststoffe gesundheitsfördernd. Darüber hinaus finden sie auch in Cremes und Körperpflegemitteln weitreichende Einsatzmöglichkeiten. Der zukünftige Markt ist groß: Aus KohlenhydratOligomeren und -Polymeren entstehen durch bestimmte enzymkatalysierte Modifikationen Ausgangsstoffe mit neuen Eigenschaften für diverse Industrien. www.bioriver.de www.plantsprofood.eu www.bioconvalley.org Biotech-Standort Deutschland | 73 BioM: Transformation und Wertsteigerung im Münchner Biotech-Cluster In der Biotechnologie sieht man häufig das Bestreben „andere“ Branchen zu transformieren und dort positiv, wertsteigernd zu wirken. Aber es geht auch andersherum. Eine Münchner Informatikfirma, immerhin vom Nobelpreisträger Gerd Binnig gegründet, beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Analyse von Geo-Daten, also dem Bereich der Erderkundung durch Satelliten. Die informatische Expertise des Umgangs mit wirklich großen Datenmengen (Big Data) zusammen mit der Entwicklung neuer Algorithmen zur „Muster-Erkennung“ aus diesen Bildern konnte diese Firma, Definiens AG, auch in Software-Produkte für die automatische Bilderfassung und -analyse von Gewebeschnitten in der Medizin und Krankheitsdiagnose „übersetzen“. Definiens hat sich damit zu einer „Bio“-Informatikfirma gewandelt. Und dies so erfolgreich, dass im Jahr 2014 die Pharma-Firma AstraZeneca / Medimmune bereit war, den Kaufpreis von 130 Millionen Euro zu bezahlen – rund das fünffache des im Unternehmen über die Jahre allozierten Investments. biosaxony: Cross Cluster Cooperation Im clusterübergreifenden Projekt C3-Saxony haben sich die Schlüsseltechnologiecluster Silicon Saxony (Mikro- und Nanoelektronik) und biosaxony (Life Sciences) vereint, um gemeinsam die Entwicklung interdisziplinärer Technologien voranzutreiben. Das von der Europäischen Union geförderte Projekt wird vom sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr koordiniert. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik treibt das C3-Konsortium Inkubationsprojekte voran und unterstützt Unternehmen in Forschungs- und Entwicklungsprojekten im Grenzbereich zwischen Mikroelektronik und Life Sciences. An dieser Schnittstelle haben sich die „Entwicklung hochtechnisierter Medizingeräte“ und die „Personalisierte Medizin“ als besonders innovativ und zukunftsweisend herausgestellt. Um die Potenziale zu erhalten und auszubauen, wird biosaxony diese aufstrebende Branche auch nach Ablauf des Projektes verstärkt unterstützen. www.C3-saxony.eu www.bio-m.org Ci3: Paradigmenwechsel bei neuen individualisierten biopharmazeutischen Wirkstoffen In der im Bereich der Biopharmazeutika europaweit führenden Rhein-Main-Region („European Cluster Panorama 2014“) entwickeln Partner des Ci3-Spitzenclusters gemeinsam neue hoch innovative immuntherapeutische und diagnostische Produkte für die personalisierte Medizin. Eine wichtige Speerspitze sind dabei RNA-basierte Mutanom-Impfstoffe. Diese maßgeschneiderten Krebstherapeutika eignen sich zum Einsatz gegen alle häufigen wie auch seltenen Krebsentitäten und bieten damit große Therapie- und Marktchancen. Da sich Mutanom-Impfstoffe individuell in der Zusammensetzung stark unterscheiden, bedarf es bei der klinischen Entwicklung eines Paradigmenwechsels von einer produkt- zu einer prozesszentrierten Sichtweise, mit entsprechenden konzeptionellen, regulatorischen, technologischen und klinischen Herausforderungen. Über Pionierleistungen wurden von den Ci3-Partnern ein Technologievorsprung und eine industrielle Vorreiterrolle für Mutanom- 74 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Impfstoffe geschaffen. Das Ci3-Cluster befindet sich damit in einer hervorragenden Wettbewerbsposition zur Realisierung der großen internationalen Marktchancen dieser neuen biopharmazeutischen Produktklasse. www.ci-3.de BioTOP Berlin-Brandenburg: Chancen an der Schnittstelle von Pharma, Biotechnologie und Medizintechnik Wegen der Realitäten an den Kapitalmärkten hat sich die Biotechnologie als Branche, die sich in der Hauptsache der Entwicklung von neuen Medikamenten widmet, neu erfinden müssen. Gegenwart und Zukunft gehören Geschäftsmodellen, die Barrieren zwischen Teilbranchen überwinden. Präventive Maßnahmen werden mit individualisierter Invivo- und In-vitro-Diagnostik von Risikofaktoren kombiniert. Neue Produkte und Dienstleistungen aus Informations- und Kommunikationstechnologie ermöglichen die Bündelung von medizinischer Forschung und Systembiologie zu einem integrativen Konzept und schaffen die Basis für eine evidenzbasierte individualisierte Medizin. In der Hauptstadtregion sehen wir die Biotechnologie seit Jahren nicht mehr als isolierte Zulieferbranche der Pharma-Industrie, sondern als wesentliche Querschnittstechnologie, von der maßgeblich viele andere Branchen, in erster Linie die gesamte Gesundheitswirtschaft, profitieren. Eine wichtige Rolle spielen hierbei Translationszentren wie das Berlin Institute of Health. In den nächsten Jahren werden eine Vielzahl neuer Produkte an den Schnittstellen von Biotechnologie und Medizintechnik, Bildgebung und molekularer Diagnostik sowie Gesundheit und IT entwickelt und in den Markt eingeführt. Für die Branche Biotechnologie ist das gut, denn neben b-2-b eröffnen sich lukrative b-2-c Märkte. www.healthcapital.de/biotechnologie Biotech-Standort Deutschland | 75 76 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Danksagung Die Publikation einer Branchenstudie ist das Resultat der Zusammenarbeit zahlreicher Personen. Neben dem EY Team haben vor allem auch viele externe, unverzichtbare Ansprechpartner zum Gelingen der vorliegenden Studie beigetragen. Allen voran die vielen Kontakte zu BiotechUnternehmen, die wir im Rahmen einer globalen Firmenumfrage ansprechen und die uns essenzielle Informationen auf vertraulicher Basis zukommen lassen. Die wiederholt hohe Rücklaufrate macht uns stolz und zeigt uns, dass die Branche unsere Erhebungen schätzt. Wir bedanken uns hierfür herzlich bei allen Teilnehmern der Umfrage. Ebenso informativ wie wertvoll sind die Expertenbeiträge in Form von themenbezogenen Artikeln. Als authentische Stimme aus der Branche sind sie für uns wichtiger Beleg für die Richtigkeit unserer Analyseergebnisse und Trends. Allen Autoren zollen wir unseren tiefsten Dank für ihre durchweg spontane Bereitschaft zur Formulierung ihrer Beiträge. Wesentliche Unterstützung erfuhren wir darüber hinaus in unzähligen persönlichen Gesprächen mit Experten aus der Branche, die viele Sachverhalte interpretieren halfen und unzählige neue Ideen und Vorschläge einbrachten. Für die offene und kritische Diskussion bedanken wir uns herzlich. Insbesondere war die fortgesetzte Interaktion mit den Initiatoren der letztjährigen „Story“ sowie die daran anknüpfenden Gespräche mit Politikern und vielen Stakeholdern extrem motivierend und hat die Fortführung dieser Thematik im vorliegenden Bericht getriggert. Dafür geht der Dank wieder an Dr. Claus Kremoser (CEO Phenex Pharmaceuticals) und Dr. Holger Zinke (CEO BRAIN AG), an Dr. Ingmar Hoerr (CEO CureVac) und Dr. Georg Licht (Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung). Der Erfolg des fertigen gedruckten Reports ist aber vor allem das Produkt eines motivierten und eng verzahnten Teams im EY Life Science Center Mannheim. Die Erfassung und Analyse von Informationen und Daten aus der Life-Science-Industrie wurden durchgeführt von Lisa-Marie Schulte. Die teameigene „Knowledge Platform“ ermöglicht tiefgehende Analysen, Vergleiche über Jahre und Geographien sowie die Ableitung solider Trends nicht nur für die vorliegende Studie. Eva-Maria Hilgarth zeichnete für das Projektmanagement, die Gesamtabstimmung und Redaktion der vorliegenden Studie verantwortlich. Neben der Interaktion mit der externen Agentur umfasste dies auch die Koordination aller externen Beiträge. Nicht zuletzt gilt unser Dank auch Stefanie Probst und ihrem Team bei magenta Kommunikation, Design und Neue Medien für den unermüdlichen Einsatz, die unendliche Geduld mit vielen Änderungswünschen und Korrekturen und die professionelle Umsetzung unserer Ideen in ein optisch gelungenes Werk. Mit diesem Bericht verfolgen wir das Ziel, einen Überblick über aktuelle Perspektiven der Biotech-Branche in Deutschland zu geben und laufende Entwicklungen im internationalen Vergleich zu bewerten. Es handelt sich hierbei um einen unabhängigen Branchenbericht ohne externe Auftraggeber. Auf die Inhalte wurde keinerlei Einfluss durch einzelne Unternehmen oder Institutionen genommen. Siegfried Bialojan Gesamtleitung und Autor der Studie Eva-Maria Hilgarth Lisa-Marie Schulte Projektteam EY Danksagung | 77 Anhang Methodik EY erhebt seit über 25 Jahren Kennzahlen zur Beschreibung der Biotech-Industrie in den Hauptmärkten USA, Europa, Kanada und Australien. Dabei geht es vor allem darum, Entwicklungen und Trends quantitativ zu erfassen und in entsprechenden Statistiken über die Jahre zu verfolgen. Die wichtigsten Qualitätskriterien hierbei waren und sind: • eine konsistente Definition der Einschlusskriterien für Biotech-Firmen (siehe unten) • die global einheitliche und konsistente Anwendung der Kriterien auf nationaler Ebene Die zugrundeliegenden Daten wurden mittels einer Befragung von Biotech-Unternehmen erhoben und durch intensive Sekundärrecherchen ergänzt. In der Primärerhebung wurden ca. 300 deutsche Unternehmen befragt. Die Rücklaufquote betrug etwa 30 Prozent. Die Umrechnung ausländischer Währungen erfolgte auf Basis kalkulierter Jahresdurchschnittswerte der jeweiligen Wechselkurse (Quelle: www.oanda.com). Die themenbezogenen Expertenbeiträge wurden von externen Autoren verfasst und stellen somit deren Meinung dar. 78 | Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 Definition: Biotech-Unternehmen EY analysiert in der vorliegenden Studie Unternehmen, deren Hauptgeschäftszweck die Kommerzialisierung der modernen Biotechnologie ist. Moderne Biotechnologie nutzt molekularbiologische Verfahren zur Produktion von innovativen Medikamenten, Diagnostika, Spezialchemikalien sowie transgenen Pflanzen und Tieren. Ferner werden hier sämtliche Technologien, Forschung und Dienstleistungen, die in vorgenannten Bereichen eingesetzt bzw. durchgeführt werden, eingeschlossen. Eingesetzte Verfahren sind beispielsweise: rekombinante DNA-Techniken; cDNA-Techniken und Biochips; Herstellung von und Arbeiten mit Antikörpern sowie Proteinen als Tools, Therapeutika und Diagnostika; Tissue Engineering; Auftragsproduktion, wenn rekombinante Verfahren involviert sind; biologische Assays und zelluläre Systeme; Zellkulturen für Therapie und Produktion; Gentherapie und Drug Delivery; molekulare Diagnostik sowie moderne pflanzenbiotechnologische Verfahren. Ebenfalls hinzugezählt werden Produkte und Verfahren, die nicht im engeren Sinne „bio“-technologisch sind, jedoch wichtige Bausteine in der Wertschöpfungskette der Biotech-Industrie darstellen (z. B. Bioinformatik sowie Technologien und Services im Bereich Medikamentenentwicklung). Diese Studie beinhaltet im Kernsegment keine Firmen, die sich mit klassischen Methoden der Biotechnologie beschäftigen, also z. B. Verfahren aus der Nahrungsmittelherstellung und der klassischen industriellen Biotechnologie (Fermentation / Transformationen zur Herstellung von Antibiotika oder Feinchemikalien, klassische Enzymtechnologie). Ebenso werden Firmen ausgeschlossen, die allein analytische Techniken einsetzen. Auch rein biochemisches Arbeiten (z. B. klassische Labor-, klinische und genetische Diagnostik) sowie mikroskopische Diagnostik werden nicht berücksichtigt. Firmen, die sich vorwiegend mit gängigen Technologien der Immunologie (z. B. ELISA) beschäftigen, die Diagnostikgeräte anbieten, sowie Medizintechnikgeräte- und Verbrauchsmaterialhersteller sind ebenfalls nicht in die Untersuchung eingeschlossen. Ferner nicht berücksichtigt werden Firmen, die sich ausschließlich mit dem Vertrieb von Biotech-Produkten beschäftigen oder die Biotechnologie nicht als Hauptgeschäftszweck betreiben. Damit sind auch traditionelle Mittelstands- und Großunternehmen aus der Pharma- und Agroindustrie ausgeschlossen, auch wenn sie mit Methoden der modernen Biotechnologie arbeiten. Abgrenzung zu anderen Branchen-Studien Diskrepanzen zu Erhebungen verschiedener nationaler Institutionen ergeben sich vorwiegend dadurch, dass diese verständlicherweise vornehmlich volkswirtschaftlich relevante Bewertungskriterien bei der Beschreibung der Branche anlegen, um eine regionale oder nationale Leistungsfähigkeit zu belegen. In diesem Zusammenhang tragen z. B. Niederlassungen ausländischer Muttergesellschaften in Deutschland sehr wohl zur volkswirtschaftlichen Leistung bei (Mitarbeiter, Umsatz, F&E-Aufwendungen, Steueraufkommen etc.); gleichwohl zwingt eine globale Analyse – wie sie von EY regelmäßig durchgeführt wird – formal zur Zuordnung des Unternehmens zum juristischen Hauptsitz, um Doppelzählungen zu vermeiden. Auch ist es vielfach schwierig, von international tätigen Unternehmen detaillierte Zahlen – beispielsweise zu Umsatz, F&EAusgaben – zu erhalten, die ihre regionalen Niederlassungen exakt abbilden. Das Vorgehen auf Basis einer restriktiveren Definition hat jedoch keine Auswirkungen auf die Beschreibung von Trends beziehungsweise auf die Detailanalysen von Finanzierungs- oder Transaktionsentwicklungen, welche im Fokus der EY Berichte stehen. Anhang | 79 Impressum Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdrucks und der Vervielfältigung des Buches oder Teilen daraus, sind vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung von Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm, Datenträger oder einem anderen Verfahren) reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Die Wiedergabe von Gebrauchs- und Handelsnamen sowie Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Die Zahlenangaben und Informationen basieren auf Daten, die im Rahmen einer Primärdatenerhebung sowie Sekundärdatenrecherche von relevanten Unternehmen ermittelt wurden. Die in diesem Report wiedergegebenen qualitativen und quantitativen Einschätzungen wurden mit hoher Sorgfalt ermittelt, jedoch übernimmt der Heraus geber keine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Das Titelbild wurde mit freundlicher Genehmigung der Deutsche Börse AG zur Verfügung gestellt. Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Theodor-Heuss-Anlage 2, 68165 Mannheim April 2015 Layout und Produktion: magenta – Kommunikation, Design und Neue Medien GmbH & Co. KG, Mannheim Die globale EY-Organisation im Überblick Die globale EY-Organisation ist einer der Marktführer in der Wirtschafts prüfung, Steuerberatung, Transaktionsberatung und Managementberatung. Mit unserer Erfahrung, unserem Wissen und unseren Leistungen stärken wir weltweit das Vertrauen in die Wirtschaft und die Finanzmärkte. Dafür sind wir bestens gerüstet: mit hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern, starken Teams, exzellenten Leistungen und einem sprichwörtlichen Kundenservice. Unser Ziel ist es, Dinge voranzubringen und entscheidend besser zu machen – für unsere Mitarbeiter, unsere Mandanten und die Gesellschaft, in der wir leben. Dafür steht unser weltweiter Anspruch „Building a better working world“. Die globale EY-Organisation besteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen. Ernst & Young Global Limited ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht und erbringt keine Leistungen für Mandanten. Weitere Informationen finden Sie unter www.ey.com. In Deutschland ist EY an 22 Standorten präsent. „EY“ und „wir“ beziehen sich in dieser Publikation auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited. © 2015 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. Momentum nutzen Deutscher Biotechnologie-Report 2015 EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory mag 0415 ED None EY ist bestrebt, die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Diese Publikation wurde CO2-neutral und auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt, das zu 60 % aus Recycling-Fasern besteht. Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. 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