10 Meter gehen mit Chris Böttcher

10 Meter gehen mit Chris Böttcher
Röthlein – Bei Comedian Chris Böttcher und den Besuchern stimmte
am Wochenende in Röthlein gleich die Chemie. Schon die Stimme
aus dem Off „Hände weg vom Nachbarknie“ sorgte für Gelächter und
Böttcher fühlte sich auf Einladung des TSV Röthlein sichtlich wohl in
der ausverkauften Turnhalle, diesem „Kleinod spätfränkischer
Barockkunst“. Der bekannte Radiomoderator – mittlerweile über 50 –
hat sich seinen jungenhaften Charme bewahrt und ist trotz
kleinkariertem Hemd so gar nicht spießig. In seinem neuen Programm
„Spieltrieb“ singt, imitiert, parodiert und spöttelt er sich wieder
treffsicher durch den Abend und die gesellschaftlichen Schichten. Mal
etwas schlüpfrig, aber nie zotig und mit einem schelmischen Grinsen
im Gesicht - kein hochgeistiges Politkabarett, aber wunderbar
unterhaltsam und komisch ist sein Rundum-Feldzug durch die
Absurditäten unserer kulturellen Landschaft, in der alle irgendwie
mitspielen. „Erschüttert“ zeigte
sich
Böttcher
über
den
altersbedingten Rauswurf von
Andi
Borg
aus
dem
„Mutantenstadl“ – wenn man
selbst dafür zu alt ist, dann ist
wohl alles zu spät – spöttelte er.
Überhaupt sind es die Schlager –
und Volksmusikanten, die es ihm
angetan
haben:
Hinterseer,
Silbereisen, Howie, Heino und
die „Dubaitaler“ nimmt er
genauso auf die Schippe, wie die
Ex-Super Sportler, die er als
Dieter Bohlen bei DSDESS bös
auflaufen lässt. Aber auch die
Polit-Prominenz: „das sinnliche Top Model aus Meck-Pomm“ Merkel,
Berlusconi, Ähäh - Stoiber und Co lässt er über seine rhetorische
Spielwiese trollen, dazu haute er - teils mit paarungsbereiter
Vollpfosten-„Wollstrickmützn“ auf dem Hirn - das eine oder andere
gar nicht nette Lied in die Tasten seines legendären Fleckvieh-Pianos.
Sehr spaßig sind da die aktualisierten Versionen großer Schlager-Hits
für Entliebte wie „er gehört zu mir, wie im Magen das Geschwür“
oder – wer kennt es nicht, dieses Gefühl - „Ohne dich schlief ich heut
besser ein“. Für die Region hat er ein „Liebeslied“ im Gepäck
„Krange Frangen haben alles, nur kein hartes P“ und dazu ein paar
Songs aus alten Programmen, die immer wieder für
Begeisterungsstürme sorgten wie „Bauer sucht Sau, äh Frau“ oder das
wunderbare „Bockfozngsicht“, bei dem sich so richtig schön der
aggressionsbedingte Stress davonwatschen ließ. Natürlich waren auch
die guten Freunde Loddar und Franz in Röthlein und gingen allen auf
den „Cookie“. Die Gags kamen im Stakkato und manch eine kam aus
dem Kichern gar nicht mehr heraus, besonders wenn Böttcher die
Männer als „Krone der Erschöpfung“ ins Visier nahm und endlich mal
die logische Erklärung dafür lieferte, warum am Samstag ab 15.30
Uhr trotz weiblicher Bemühungen der kleine Toni nicht „(g)kroos“
wird und der schlappe Phillip eher lahm bleibt. Außerdem – blöder
Fehler – wird wohl demnächst bei einem Besucher eine Sterilisation
anstehen, tja wer zu laut „ich will“ skandiert, wird eben bestraft.
Bevor Böttcher dann nach begeistertem Applaus mit dem „Treppenlift
ins Paradies“ abdüste dankte er dem TSV Röthlein, von dem schon
Beckenbauer sagte „kenn ich nicht“ für die Einladung und gab dann
noch den Wiesn-Kracher „10 Meter gehen“ und das von Lindenberg
und Maffay in Personalunion genuschelte „Vorbye-bye-bye“. Fazit:
Daumen hoch für einen durchweg kurzweiligen, witzigen Abend mit
hohem Unterhaltungsfaktor.
Text und Bild: Daniela Schneider