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Geplanter Steinbruch in Gemünden stößt auf breiten Widerstand
Bürgerinformation Politiker aller Parteien lehnen Projekt auf der Gemündener Höhe ab – Resolution
durch Simmerner VG-Rat
Von unserem Reporter Werner Dupuis
Mengerschied. Eine breite Front der Ablehnung formiert sich gegen den geplanten Steinbruch auf der
Gemündener Höhe. Dies manifestierte sich bei einer Bürgerinformationsveranstaltung der Ortsgemeinde
Mengerschied am Mittwochabend. Das Votum beim überwiegenden Teil der rund 250 Besucher im voll
besetzten Gemeindehaus – wie auch bei den Vertretern von Parteien und Umweltverbänden auf dem
Podium – war eindeutig. Ohne Wenn und Aber lehnen sie das Projekt ab. Mengerschieds
Ortsbürgermeister Roland Wickert kündigte seinen konsequenten Widerstand an.
Zur Einführung gab Walter Schmidt, Sprecher der Gruppe „Bürger für Gemünden“, einen Einblick in die
Historie und den aktuellen Stand des Projekts. Im August 2008 schloss die Nahe-Hunsrück Baustoff
GmbH (NHB) einen Pachtvertrag über 30 Jahre für ein 60 Hektar großes Gelände rund um die 562 Meter
hoch gelegene Gemündener Höhe auf dem Kamm des Soonwalds ab. 45 Hektar davon gehören der
Ortsgemeinde Gemünden, 15 Hektar sind in privatem Eigentum. Eine Überprüfung der Pläne ergab laut
Schmidt, dass die tatsächliche Abbaufläche 73 Hektar umfassen soll. Der Steinbruch werde so groß sein
wie jeweils die kompletten Ortslagen von Gemünden oder Mengerschied.
Als Ersatz für den benachbarten Steinbruch Henau, dessen Kapazität in absehbarer Zeit ausgeschöpft zu
sein scheint, soll auf der Gemündener Höhe weißer Quarzit abgebaut werden. Ihre Pläne stellte die NHB
im April 2009 vor. Der markante Höhenzug soll auf einer Fläche von 60 Hektar um 110 Meter abgetragen
werden und hier anschließend ein 260 Meter tiefes und bis auf die Talsohle des Simmerbach reichendes
Loch entstehen. Der Steinbruch würde größer sein als der benachbarte Bruch in Argenthal und zu den
größten in Rheinland-Pfalz gehören. Aufgrund der Lage unmittelbar an der Gemarkungsgrenze ist die
Gemeinde Mengerschied betroffen. „Wenn das Projekt so verwirklicht wird, ist die Gemündener Höhe
weg“, sagte Schmidt.
Im Planungsbereich des potenziellen Steinbruchs liegen drei Brunnen für die Wasserversorgung der
Verbandsgemeinde Kirchberg. Aus dem gegenüberliegenden Tal des Lametbachs bekommt die
Bevölkerung der Verbandsgemeinde Simmern ihr qualitativ erstklassiges Trinkwasser. Aus Angst um die
Wasserversorgung hat der Verbandsgemeinderat Kirchberg die Steinbruchpläne bereits abgelehnt. Ein
Gutachten des Landesamts für Geologie und Bergbau befürchtet qualitativ und quantitativ negative
Auswirkungen, unabhängig von der Abbaumethode. Aus hydrologischer Sicht sei deshalb das Projekt
abzulehnen.
Mit Willi Bohn von den Grünen, Michael Maurer, Kreisvorsitzender der SPD, Reinhard Klauer in
Personalunion als Vertreter des Landrats, Vorstandsmitglied im Naturpark Soonwald-Nahe und für die
CDU, sowie Stefan Wickert von den Freien Wählern und Gerlinde Sagel (FDP) waren mit Ausnahme der
Linken Sprecher aller im Kreistag vertretenen Parteien auf dem Podium. Unisono lehnten sie in großer
Eintracht den Steinbruch ab. Der uneingeschränkte Schutz des Wassers, der Natur und der Landschaft
sowie die Massierung von vier schon bestehenden großen Steinbrüchen im Soonwald waren ihre
Argumente. „Wir dürfen den Soonwald nicht zur Industrielandschaft verkommen lassen“, war einhellige
Meinung.
„Unsere Quellen sind in Gefahr“, befürchtet Michael Boos, Bürgermeister der Verbandsgemeinde
Simmern. 700 000 Kubikmeter Trinkwasser fließen jährlich in die Wasserversorgung seiner VG. Ohne die
Brunnen vom Lametbach wäre Simmern auf fremdes Wasser angewiesen. „Aber Rhein-Hunsrück-Wasser
will niemand“, sagte Boos. Er wird das Steinbruchprojekt in der Planungsgemeinschaft MittelrheinWesterwald thematisieren und deren Mitglieder zum Ortstermin laden. Parallel dazu verkündete CDUFraktionssprecher Hermann-Josef Linn, dass in der nächsten Sitzung des Simmerner VG-Rates eine
gemeinsame Resolution aller Parteien zur Verhinderung des Steinbruchs eingebracht würde.
Beeindruckt von so viel Zuspruch und Solidarität zeigte sich der Mengerschieder Ortsbürgermeister
Roland Wickert. Einen ganzen Katalog negativer Auswirkungen des „Riesenprojekts“ für seine Gemeinde
hatte er aufgelistet. Als gefährdet erachtet er den Tourismus, die schützenswerte Natur, die Attraktivität
als neue Heimat für junge Familien. Die Lebensqualität der Einwohner werde belastet durch
Sprengungen, Lärm der Brecheranlage und Lkw-Verkehr. „Sie können sicher sein, dass wir auch
weiterhin alle Möglichkeiten ausschöpfen, um dieses Projekt zu stoppen“, sagte er und erntete dafür
großen Applaus vom Publikum.
Rhein-Hunsrück-Zeitung vom Freitag, 24. April 2015, Seite 17 (0 Views)
Kommentar
Werner Dupuis
zum Konflikt um
den Steinbruch
Den Gegnern steht ein langer Kampf bevor
Der Kampf gegen den Steinbruch in Gemünden wird schwieriger als die Auseinandersetzung um die Windräder
im Soonwald. Diese Feststellung des Simmerner Bürgermeisters Michael Boos ist sicherlich zutreffend.
Rohstoffsicherung hat hohe Priorität in der Politik. Außerdem geht es um viel Geld.
Die Unternehmen, die die Steinbrüche im Soonwald betreiben oder daran beteiligt sind, sind erstklassig
vernetzt, ihre Lobbyisten haben Zugang zu den wichtigen Etagen in Berlin. Gefragt sind aber auch die Grünen,
die in Mainz Regierungsverantwortung tragen. Während heimische Vertreter der selbst ernannten Ökopartei
Krokodilstränen im Angesicht des durch Windräder und Steinbrüche gepeinigten Soonwaldes vergießen, hätte
die für den Wald zuständige grüne rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken mit einem Federstrich
die Zerstörung der Gemündener Höhe verhindern können. Denn den schroffen Felsen und die uralten Bäume
hätte sie nur in die Kernzone des Naturparks integrieren müssen. Dieser besondere Schutzschirm hätte das
Naturparadies vor einer möglichen Zerstörung bewahrt.
Nun stehen Heimatfreunden und Umweltschützern bange Monate und wahrscheinlich sogar Jahre bevor. Die
Steinindustrie hat einen langen Atem, die Herren der Steinbrüche kalkulieren nicht in Jahren, sondern in
Jahrzehnten. Die Hoffnung, dass Quellen und Wasserschutzgebiete den Steinbruch verhindern können, ist
trügerisch. Ist die Trinkwasserversorgung gesichert, können Schutzgebiete schnell Makulatur sein.
Gut, dass der neue Mengerschieder Gemeinderat bei diesem sensiblen Thema aktiv geworden ist und endlich
für die notwendige Öffentlichkeit sorgt. Aus Gemünden, der immer mehr ins Abseits geratenen „Perle des
Hunsrücks“, ist wohl eher wenig Widerstand zu erwarten. Bei der Mehrheit des Gemündener Gemeinderates
zählen trotz aller Diskussionen um den möglichen Steinbruch offenbar nach wie vor nur die Pachteinnahmen.
Dabei sind eine intakte Landschaft und Natur eine der wenigen Pfründe, mit denen man im „Flecken“ heute und
in Zukunft punkten kann.
Y E-Mail: werner.dupuis@ rhein-zeitung.net
Rhein-Hunsrück-Zeitung vom Freitag, 24. April 2015, Seite 17 (0 Views)