großer Bericht über die Babylotsen

KKVD – aktuell 1 • März 2015
KKVD-aktuell
Stadt. Land. Klinik.
KKVD-Sozialpreis sucht
demografiefeste Wege
Krankenhaus-Reform
Verbandspositionen zum
Bund-Länder-Papier
Sterbebegleitung
KKVD-Expertengruppe
debattiert mit
Aschermittwochstreffen
Kirchliche Grundordnung:
Barmherzigkeit zählt
Zeigen Sie mit Ihrer Bewerbung für den 2. KKVD-Sozialpreis, dass Sie den christlichen Auftrag praktisch umsetzen und Ihre Patienten einfallsreich unterstützen!
Katholischer
Krankenhausverband
Deutschlands e.V.
KKVD – aktuell 1 • März 2015
Liebe MitgLieder des KKVd,
Liebe Leserinnen und Leser,
in diesem Heft dreht sich alles um den zweiten KKVd-sozialpreis unter dem titel:
„stadt. Land. Klinik. regionale gesundheitsversorgung im Wandel“. seit dem
1. März können sie sich dafür bewerben.
Wie können die katholischen Krankenhäuser im demografischen Wandel ihre Verantwortung wahrnehmen und einen wichtigen beitrag zur daseinsvorsorge leisten,
gerade um auch in ländlichen regionen eine
umfassende gesundheitsversorgung wei-
terhin sicherzustellen? dieses thema
bewegt – nicht nur den KKVd, sondern
auch die bundesregierung. sie setzte zur
Vorbereitung der nächsten großen Krankenhausreform eine bund-Länder-Arbeitsgruppe ein, die rahmenbedingungen
herausarbeiten sollte, wie sich auch in
Zukunft eine gut erreichbare, qualitativ
hochwertige Krankenhausversorgung in
deutschland gewährleisten lässt. die
Arbeitsgruppe hat geliefert und im dezember 2014 ein vieldiskutiertes eckpunktepapier vorgelegt, das erste Lösungsansätze
1
politik
aufzeigt und dessen umsetzung 2015 das krankenhauspolitische
Megathema sein wird. Wir als KKVd begleiten diesen reformgesetzgebungsprozess intensiv mit unserer geschäftsstelle in
berlin. und mit der Ausschreibung des zweiten KKVd-sozialpreises richten wir den Fokus auf die besonderen Versorgungsleistungen unserer katholischen Kliniken.
die Auswirkungen des demografischen Wandels, egal ob auf
dem Land oder in der stadt, betreffen alle und fordern Lösungen. der KKVd-sozialpreis soll belegen, dass die katholischen
Krankenhäuser für mehr stehen als die sicherung der gesundheitsversorgung. sie sind sehr kreativ und bieten durch innovative Versorgungskonzepte vielerorts Lösungen, die im demografischen Wandel begründete Problemlagen beheben helfen.
der Preis will das soziale engagement der katholischen
Krankenhäuser honorieren. gleichzeitig können wir in Politik
und gesellschaft mit ihren beiträgen dokumentieren, dass die
katholischen Häuser auch außerhalb ordnungspolitischer grenzen des gesundheitssystems soziale Verantwortung übernehmen und für einen umfassenden dienst am Menschen außerordentliche innovationskraft entwickeln. Wir freuen uns daher
ganz besonders, dass bundesgesundheitsminister Hermann
gröhe schirmherr des KKVd-sozialpreises 2015 ist. er wird
den Preis am 30. september 2015 bei der KKVd-Fachtagung in
berlin überreichen – diesen termin sollten sie sich vormerken.
bestimmt gibt es auch an ihrem Krankenhaus oder in ihrem
Krankenhausverbund praktische beispiele im sinne der Preisausschreibung. bewerben sie sich! es spielt keine rolle, ob es
sich um eine einzelaktion oder ein regelmäßiges Angebot ihres
Hauses handelt. Viele Angebote in katholischen Krankenhäusern kommen für eine bewerbung infrage: beispielsweise Hilfsangebote für ältere Menschen, deren Angehörige nicht mehr in
der nähe leben, oder besondere Formen des entlass- und Überleitungsmanagements, die Förderung des ehrenamtes oder von
selbsthilfegruppen, Frühe Hilfen für junge Familien, Versorgungskonzepte für Kinder und
Jugendliche oder etwa die
unterstützung von Familien
demenzkranker Patient(inn)en
... oder noch ganz andere
Vernetzungsaktivitäten und
Kooperationen. Zeigen sie mit
ihrer bewerbung, dass sie den
christlichen Auftrag ernst nehBernadette Rümmelin
men, praktisch umsetzen und
Geschäftsführerin des KKVD
ihre Patienten einfallsreich und
E-Mail: [email protected]
effizient unterstützen!
in unserem Werbefilm
unter www.kkvdsozialpreis.de
werden exemplarisch zwei Projekte vorgestellt, die auf die
Zielgruppe der älteren Menschen zugeschnitten sind. und
im vorliegenden KKVd-aktuell wollen wir sie bekanntmachen mit best-Practice-beispielen,
die ebenfalls für den KKVd-sozialpreis 2015 infrage kommen:
Auf seite 5 lesen sie einen Praxisbericht über die Hamburger
„babylotsen“, und auf seite 7 stellen wir ihnen die Arbeit der
„Villa Kunterbunt“ in trier vor.
Auch in ihrem Haus gibt es bestimmt eine initiative, die
besonderes engagement für die regionale gesundheitsversorgung auf dem Land (und in der stadt) aufweist. bewerben sie
sich unter www.kkvdsozialpreis.de! Wir freuen uns auf ihre
bewerbung und wünschen ihnen viel glück!
Politik
das Problem der unzureichenden investitionsfinanzierung
durch die Länder mit einer auch von den politisch Verantwortlichen bemängelten investitionslücke von bundesweit jährlich
drei Milliarden euro wurde nicht angegangen. die CKid befürchten, dass die vielen beschriebenen einzelmaßnahmen ein
Ausdünnen der Versorgungsstrukturen zum Ziel haben, ohne
dass eine an der demografischen entwicklung orientierte Versorgungsplanung zugrunde gelegt wird, die sich am tatsächlichen
bedarf in den regionen ausrichtet.
Für die CKid steht die große bedeutung der Pflege für die
Qualität der Krankenhausbehandlung außer Frage. deshalb sind
Maßnahmen mit dem Ziel, die Personalausstattung in der Pfle-
3 Positionen von KKVD/CKiD zur
geplanten Krankenhaus-Reform
die bund-Länder-Arbeitsgruppe (bLAg) hat zum ende des
letzten Jahres eckpunkte für eine Krankenhausreform 2015 vorgelegt. die erwartungen der Krankenhäuser waren hoch, und
die Christlichen Krankenhäuser in deutschland (CKid) – eine
initiative von KKVd und deutschem evangelischen Krankenhausverband (deKV) – haben eine erste bewertung vorgenommen.
2
es grüßt sie herzlich ihre bernadette rümmelin
KKVD – aktuell 1 • März 2015
politik
ge zu verbessern, zu begrüßen. das angekündigte Pflegeförderprogramm, für das in drei Jahren insgesamt 660 Millionen euro
bereitgestellt werden sollen, erlaubt allerdings nur die Finanzierung von durchschnittlich zwei zusätzlichen stellen pro Klinik.
insofern bleibt dessen Ausgestaltung und nutzen abzuwarten.
Für die christlichen Krankenhäuser ist Qualität ein identitätsmerkmal. die Krankenhäuser haben stets betont, dass sie die
im Koalitionsvertrag angekündigte Qualitätsoffensive unterstützen. die in den eckpunkten vorgesehene Verknüpfung der
Krankenhausplanung mit Qualitätsaspekten ist eine Weiterentwicklung des den Ländern zur Verfügung stehenden Planungsinstrumentariums. der gemeinsame bundesausschuss wird hier
einmal mehr vom gesetzgeber beauftragt, bundeseinheitliche
Qualitätsindikatoren zur regulierung der Krankenhausplanung
zu entwickeln. Positiv zu bewerten ist dabei, dass die Letztentscheidung in der Krankenhausplanung bei den Ländern bleibt.
Vergütungsabschläge könnten kontraproduktiv wirken
die vorgesehenen Qualitätsabschläge würden dagegen keinen
beitrag zur Qualitätsverbesserung leisten, sondern lassen mehr
Abrechnungsstreitigkeiten, mehr bürokratie und risiko-selektion befürchten. die CKid mahnen an, dass die Auswirkungen
sogenannter „Pay for Performance“-Ansätze (P4P) im stationären Versorgungsbereich wissenschaftlich erst sorgfältig untersucht werden müssen, um die Folgewirkungen für den Krankenhaussektor im speziellen abschätzen zu können. bevor die
qualitätsorientierte Vergütung ein fester bestandteil des deutschen gesundheitswesens werden kann, ist es notwendig, dass
die behandlungsqualität transparent, sektorenübergreifend und
mit geringem Verwaltungsaufwand erfasst und ausgewertet wird.
eine generelle Verknüpfung von Qualität und Vergütungsabschlägen lehnen die CKid ab. nach einschätzung der CKid können Qualitätsabschläge zu Anreizen führen, gerade schwer kranke, multimorbide Patienten nicht prioritär zu behandeln.
die CKid bekennen sich zu transparenz und sektorenübergreifender Qualitätssicherung. sie fordern deshalb einheitlich
definierte und auf basis wissenschaftlicher Methoden validierte
Qualitätsvergleiche. die angekündigte Ausweitung der Kontrollen durch den Medizinischen dienst der Krankenkassen (MdK)
über alle klinischen Prozesse hinweg, inklusive der dokumentation, schafft allerdings nicht mehr transparenz und bessere Qualität in der Patientenversorgung, sondern vor allem einen immensen, patientenfernen bürokratieaufwand. Fraglich ist, ob diese
regelung die Kompetenzen der MdK-Ärzte nicht bei weitem
übersteigt und die unangekündigten Kontrollbesuche weniger
dem Patienteninteresse, sondern vermehrt Kasseninteressen dienen werden.
es bleibt nun abzuwarten, wie die eckpunkte im laufenden
Jahr in gesetzliche regelungen gegossen werden. Hierbei werden KKVd und deKV gemeinsam ihre Anliegen und Lösungstv/rü
vorschläge einbringen.
KKVD – aktuell 1 • März 2015
3 KKVD bringt sich in Diskussion
um Sterbebegleitung ein
in der über fünfstündigen Orientierungsdebatte – mit sehr persönlichen redebeiträgen von 48 Abgeordneten am 13. november 2014 – ging es inhaltlich um das Verbot der organisierten/
gewerblichen sterbehilfe und um eine mögliche gesetzliche
regelung der ärztlichen suizidbeihilfe. Fünf Positionspapiere zu
regelungen aktiver sterbehilfe-Möglichkeiten sowie das eckpunktepapier „Zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in deutschland“, das von bundesgesundheitsminister
Hermann gröhe und weiteren Koalitionspolitiker(inne)n gemeinsam formuliert wurde, lagen dazu vor.
im Fokus der debatten stand unter anderem die starke Verunsicherung der Ärzteschaft – verursacht durch die derzeitige
uneinheitlichkeit der berufsordnungen in den einzelnen Landesärztekammern hinsichtlich der praktischen Auslegung des
§ 16 der (Muster-)berufsordnung (MbO) und die damit einhergehende unklarheit über berufsrechtliche Konsequenzen. darüber hinaus schafft diese uneinheitlichkeit beachtlichen interpretationsspielraum. der Konflikt, der diesen unterschiedlichen
umsetzungen des § 16 MbO zugrunde liegt, weist auf das grundlegende dilemma hin: in ihm befinden sich Ärztinnen und Ärzte sowie die behandelnden teams, die einen gangbaren Weg zur
begleitung eines Patienten suchen, den sie auch dann nicht
alleinlassen möchten, wenn sein Wunsch nach ärztlich assistiertem suizid sämtliche – auch palliativmedizinische – behandlungsangebote überlagert. Jenseits des erfordernisses, eine
berufsrechtliche Klärung herbeizuführen, wird seitens der deutschen gesellschaft für Palliativmedizin (dgP) derzeit kein neuregelungsbedarf gesehen, insbesondere nicht im strafrecht.
Alle Abgeordneten sprachen sich in der debatte im deutschen bundestag dezidiert für die Verbesserung einer flächendeckenden Hospiz- und Palliativversorgung aus. dafür solle
„richtig geld“ in die Hand genommen werden. Mit einem referentenentwurf auf grundlage des gröhe-eckpunktepapiers, der
zunächst die Verbesserung der Palliativversorgung regelt, ist im
März/April 2015 zu rechnen. in einem zweiten schritt sollen die
strafrechtlichen Fragen der beihilfe zum suizid geregelt werden.
im KKVd wurde eine expertengruppe zum thema installiert
mit dem Ziel, eine Positionierung und empfehlung des KKVd
zur palliativmedizinischen und hospizlichen Versorgung sterbender Menschen im katholischen Krankenhaus zu erstellen.
ein „Factsheet“ mit begriffsdefinitionen zum thema sterbehilfe sowie einer Übersicht über gesetzliche regelungen in anderen Ländern, stellungnahmen, Pressemeldungen und Handreichungen mit weiterführenden Links wurde bereits erstellt.
darüber hinaus gehören Vertreter(innen) des KKVd zwei
Arbeitsgruppen beim runden tisch der Charta zur begleitung
von schwerstkranken und sterbenden an, um dort die VersorÒ
gungsperspektive der Krankenhäuser einzubringen.
3
thema
3 Bundesgesundheitsminister unterstützt KKVD-Sozialpreis 2015
„stadt. Land. Klinik. regionale gesundheitsversorgung im Wandel“, lautet die Überschrift des KKVd-sozialpreises 2015. es geht um die Frage, wie
die katholischen Krankenhäuser vor
dem Hintergrund des demografischen
Wandels ihre Verantwortung wahrnehmen und einen wichtigen beitrag leisten können, um künftig gerade auch in den ländlichen regionen eine umfassende gesundheitsversorgung sicherzustellen. das thema bewegt den KKVd
ebenso wie die bundesregierung. erste Lösungsansätze hat das
bundesgesundheitsministerium vergangenen dezember in seinem eckpunktepapier zur anstehenden Krankenhausreform vorgestellt. Wir freuen uns daher ganz besonders, dass bundesgesundheitsminister Hermann gröhe schirmherr unseres KKVdsozialpreises 2015 ist. Am 30. september wird er in berlin den
Preis an die gewinner-initiative übergeben – im rahmen der
KKVd-Fachtagung „stadt. Land. Klinik“ zum thema „regionale gesundheitsversorgung im Wandel“.
Signalwirkung auf Politik und Gesellschaft
Mit dem demografischen Wandel sind häufig einschnitte in die
medizinische oder pflegerische Versorgung insbesondere in
ländlichen regionen verbunden. umso mehr sind beispielgebende kreative initiativen gefragt. es gilt, ungewohnte und
ungewöhnliche Wege zu beschreiten.
Mit der Auslobung des KKVd-sozialpreises 2015 würdigt
der Katholische Krankenhausverband deutschlands e. V.
(KKVd) das engagement, die Kreativität und die innovations-
4
kraft seiner Mitglieder angesichts des demografischen Wandels.
Zugleich bezieht er sich auf die Jahreskampagne 2015 des deutschen Caritasverbandes „stadt – Land – Zukunft. Hilf mit, den
Wandel zu gestalten“. die eingereichten Projekte sollen der
Politik und der Öffentlichkeit zeigen, dass die katholischen
Krankenhäuser Verantwortung übernehmen – auch jenseits ordnungspolitischer grenzen des gesundheitssystems. ihre Vielfalt
soll belegen, dass die katholischen Kliniken bei ihrem ganzheitlichen dienst am Menschen enormen einfallsreichtum entwickeln – zum Wohl der Patient(inn)en!
Wer kann sich bewerben?
Mitmachen können alle katholischen
Krankenhäuser und Krankenhausträger sowie Caritasverbände in Kooperation mit katholischen Krankenhäusern in deutschland. bei den
bewerbungen können sowohl aktuelle Aktionen (seit mindestens sechs
Monaten bestehend) als auch regelmäßige Angebote in einer einrichtung eingereicht werden. Mit kurzen
Projektbeschreibungen sowie Fotos,
Videos, Flyern oder weiterführenden Hermann Gröhe,
Links können sich initiativen, die den Bundesminister für
Gesundheit, Schirmherr des
demografischen Wandel miteinbezie- KKVD-Sozialpreises 2015.
hen, noch bis zum 31. Mai 2015 online
auf www.kkvdsozialpreis.de bewerben. es kann beispielsweise um Hilfsangebote für ältere
Menschen gehen, deren Angehörige nicht mehr in der nähe
leben, um besondere Formen des entlass- und Überleitungsmanagements oder um die Förderung von ehrenamt und
selbsthilfegruppen, um Frühe Hilfen für junge Familien, Versorgungskonzepte für Kinder und Jugendliche oder etwa um
die unterstützung von Familien demenzkranker Patient(inn)en oder noch ganz andere Vernetzungsaktivitäten und Kooperationen.
Bundesregierung/Steffen Kugler
im deutschen Caritasverband (dCV) wurde zum 1. Oktober
2014 eine Projektstelle eingerichtet zum thema „bei uns soll
keiner alleine sterben“. dort soll neben der begleitung des
gesetzgebungsverfahrens in Kooperation mit den Fachverbänden des dCV geprüft werden, wie die Palliativversorgung in den
diensten und einrichtungen der Caritas noch weiter verbessert
werden kann. gute beispiele wie zum beispiel „spes viva“ in
Ostercappeln existieren bereits. Über den Ärztlichen direktor
des st. raphael Krankenhauses in Ostercappeln, Professor Winfried Hardinghaus – zugleich Vorsitzender des deutschen Hospiz- und Palliativverbandes – besteht eine wichtige Verbindung,
um auf Verbandsebene die Anliegen der katholischen Krankenhäuser einzubringen.
Hingewiesen sei auf das symposium am 12. november 2015
in berlin zum thema Palliative Care und Hospiz, zu dem unter
anderem der dCV einlädt (mehr informationen per e-Mail:
th
[email protected] oder telefon: 0761/200-381).
Weiterführende Infos
Auf der genannten sozialpreis-Website finden sie neben allen
erforderlichen informationen auch einen Film zum KKVdsozialpreis 2015 „stadt. Land. Klinik.“ sowohl im Film als auch
in dieser Ausgabe von KKVd-aktuell werden best-Practice-beispiele vorgestellt.
Bewerben Sie sich mit Ihrem Projekt!
gibt es auch bei ihnen eine initiative, die den demografischen
Wandel einbezieht? dann bewerben sie sich unter www.kkvdsozialpreis.de oder rufen sie uns an. Wir suchen genau ihr Projekt!
ihre Ansprechpartnerin: elisabeth Caruana, tel. 07 61/2 00eca
384, e-Mail: [email protected]
KKVD – aktuell 4 • Dezember 2014
thema
Good Practice
3 Hamburger Babylotsen: Frühe Hilfen
Zum Wohl der Familien: Geburtskliniken kooperieren mit
Familienteams, Hebammen und Elternschulen.
Hilfe so früh wie möglich
Foto: ©Stiftung SeeYou
svetlana H. (name geändert) gerät beim Anblick der weißen
Kittel in Panik. eine ausgeprägte Krankenhausphobie macht der
werdenden Mutter zu schaffen, aber sie braucht dringend professionelle Hilfe: einsetzende Wehen kündigen eine bevorstehende Frühgeburt an – sie ist erst im siebten Monat! nach wenigen tagen lässt sich die junge Frau entgegen ärztlichem rat auf
eigenen Wunsch entlassen. nur 24 stunden später tritt der
befürchtete notfall ein: die entbindung ist nicht länger aufzuhalten, das kleine Frühchen wird auf die neonatologie verlegt.
da die junge Frau keine Krankenversicherung besitzt und
mittellos ist, bittet die stationsärztin des Katholischen Marienkrankenhauses in Hamburg die erfahrene sozialpädagogin
Carmen Canales um unterstützung. sie ist eine von 17 babylotsinnen der stiftung seeYou Familienorientierte nachsorge
Hamburg, die im Auftrag der stadt in allen geburtskliniken
Hamburgs frischgebackene eltern beim start ins Familienleben
unterstützen. in vielen Fällen reicht ein informatives gespräch,
um unsicherheiten zu beseitigen, notwendige Formalien zu
klären oder einschlägige Adressen für eltern-Kind-Angebote
herauszusuchen. bei rund fünf Prozent der etwa 23.000 geburten in Hamburg besteht jedoch ein ernstzunehmender psychosozialer notstand mit potenzieller Kindeswohlgefährdung. Wie
im Fall von svetlana H.
Foto: ©Stiftung SeeYou
unterstützen junge Familien
Um passgenaue und damit nachhaltig wirkende
Hilfsangebote vermitteln zu können, lernen die Babylotsen
in Gesprächen mit den Müttern deren persönliche
Situation und soziales Umfeld kennen.
KKVD – aktuell 4 • Dezember 2014
„Wir versuchen, möglichst frühzeitig festzustellen, ob eine Familie Hilfe benötigt“, erläutert babylotsin Canales den Prozess. bei
der Anmeldung zur geburt informiert der/die aufnehmende Klinikmitarbeiter(in) die schwangere Frau beziehungsweise die
Familie über das Angebot der babylotsen, überreicht den infoFlyer und füllt im gespräch mit der Familie einen standardisierten Fragebogen aus. er erfasst eventuell vorliegende belastungen der Familie wie etwa psychiatrische Vorerkrankungen, ein
sehr junges Alter der Mutter, drogenkonsum sowie soziale oder
wirtschaftliche Probleme. der bogen bleibt bis zur entbindung
in der Akte und wird schließlich um die geburtsdaten ergänzt.
ergeben sich bei der Auswertung noch vor oder direkt nach der
entbindung Anhaltspunkte für eine psychosoziale belastung,
nehmen die babylotsen noch in der Klinik Kontakt auf und bieten ihre freiwillige und kostenlose beratung an.
in vielen einfühlsamen gesprächen deckt die babylotsin
zusammen mit der Kollegin des Krankenhaus-sozialdienstes in
svetlana H.s umfeld komplizierte Familien- und prekäre Wohnverhältnisse auf. so besitzt der ältere bruder des Frühchens keine geburtsurkunde, weil die eltern zwar getrennt leben, aber
nicht geschieden sind und die Vaterschaft formal nicht geklärt
ist. in der Folge gibt es weder Kindergeld noch einen Kita-Platz,
so dass sich der leibliche Vater beider Kinder um die betreuung
des erstgeborenen kümmern muss. er kann keine Hilfsjobs
mehr annehmen, mit denen er sonst die Familie über Wasser hält.
der Verdienst der Mutter entfällt ebenfalls. Zusätzlich drücken
3000 euro schulden für die erste entbindung. unterstützung
Ò
durch Familie oder Freunde hat das Paar nicht.
5
thema
Foto: ©Stiftung SeeYou
Bei der wöchentlichen
Teambesprechung
tauschen sich die
Babylotsen über
aktuelle Fälle aus.
nach der geburt ihres nun zweijährigen sohnes hatte svetlana H. bereits regelmäßig eine elternschule aufgesucht und sich
um die Klärung ihrer Angelegenheiten bemüht. doch die unsensible Aussage eines behördenmitarbeiters „Wenn sie kein geld
haben, nimmt man ihnen das Kind weg“ hatte die junge Frau so
eingeschüchtert, dass sie seither jede weitere Kontaktaufnahme
zu Ämtern und anderen institutionen unterließ.
seit 2007 die erste babylotsin der stiftung seeYou am Marienkrankenhaus Familien beraten und unterstützt hat, hat das
einst als Modell angelegte Projekt eine dreijährige evaluation
durch das universitätsklinikum Hamburg durchlaufen. „ich persönlich kenne und schätze das Projekt seit Anfang 2009“, sagt
einer, der es wissen muss: Privatdozent dr. Holger Maul ist Chefarzt der Frauenklinik im Marienkrankenhaus. „es ist das meines
erachtens beste Konzept, um jeder Familie individuell abgestimmt die richtige starthilfe zu vermitteln. in unserer Klinik
sind die babylotsen nicht mehr wegzudenken.“ die Zahl der
geburten steigt in Hamburgs größter geburtsklinik seit Jahren
kontinuierlich – 2014 kamen 3545 babys hier zur Welt.
Konzept ist übertragbar
nachweislich führt das Programm zu einer stabileren und früheren inanspruchnahme Früher Hilfen. Familien können früher
in unterstützende Hilfesysteme eingebunden werden, der spätere Aufwand für Hilfen zur erziehung wird reduziert.1 „Von
Anfang an haben wir das Konzept so angelegt, dass sich das Programm ohne wesentlichen ressourcenaufwand für die geburtshilfe und mit geringem Adaptionsaufwand auf andere Kliniken
oder Arztpraxen übertragen lässt“, erläutert dr. sönke siefert,
Chefarzt am Katholischen Kinderkrankenhaus Wilhelmstift und
6
geschäftsführer der stiftung seeYou. seither macht das Programm schule. Parallel zur Ausweitung auf ganz Hamburg hat
seeYou das Programm babylotse auch in berlin, Wilhelmshaven
und Frankfurt am Main an insgesamt 19 standorten etabliert.
Vernetzung hilft helfen
Voraussetzung für die erfolgreiche Vermittlungstätigkeit der
babylotsen zu passgenauen Angeboten ist die vertrauensvolle
Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter(inne)n der geburtsklinik
auf der einen und den Akteuren der Frühen Hilfen auf der anderen seite. eine genaue Kenntnis des sozialraums ist dabei unerlässlich – in Hamburg etwa gibt es fast 400 Angebote für junge
Familien. Kooperationsvereinbarungen und ein regelmäßiger
Austausch mit den Familienteams, Familienhebammen oder
elternschulen bilden die grundlage für klare Aufgabenverteilungen und reibungslose Überleitungen. Ob behördengänge,
schuldenregulierung, Wohnungsnot oder medizinische Anschlussprobleme: die babylotsinnen finden das passende Angebot möglichst wohnortnah und bleiben am ball, bis die Familie
auf einem guten Weg ist. im Fall des Hamburger Frühchens dauerte das 14 Wochen.
Mehr infos: www.seeyou-hamburg.de
Friederike Rieg
Bundeskoordinatorin Babylotse
Stiftung SeeYou Familienorientierte Nachsorge Hamburg
E-Mail: [email protected]
Anmerkung
1. PAWILS, Silke: Babylotse Hamburg – modellhafte Evaluation der
Wirksamkeit eines sozialen Frühwarnsystems. Hamburg, 2010.
KKVD – aktuell 1 • März 2015
thema
3 „Villa Kunterbunt“ in Trier
Betreuungs- und Nachsorgezentrum für krebs-, chronischund schwer kranke Kinder und ihre Familien in der Region
eine schwerwiegende diagnose bei Kindern – etwa Krebs,
Mukoviszidose, diabetes, rheuma, Asthma, chronisch entzündliche darmerkrankung oder epilepsie – bedeutet für die betroffene Familie zunächst einen schock: Zwar sind die Heilungschancen infolge des medizinischen Fortschritts in den letzten
Jahren kontinuierlich gestiegen. gleichwohl wurde nachgewiesen, dass es bei den jungen Patient(inn)en neben den körperlichen störungen auch häufig zu psychischen Problemen und zur
gefährdung der sozialen entwicklung kommt. darüber hinaus
stellt die erkrankung für die gesamte Familie eine erhebliche
belastung dar: der Alltag gerät aus den Fugen. die Familie ist
mit einer Vielzahl von Aufgaben, Anforderungen und unterschiedlichen Professionen konfrontiert, die teilweise massiv in
die familiäre selbstbestimmung eingreifen. All dies erfordert
eine ganzheitliche und individuelle betreuung. dies ist die
grundlage der Arbeit der Villa Kunterbunt am trierer Klinikum
Mutterhaus der borromäerinnen.
oder in den räumen der Villa Kunterbunt. darüber hinaus kommen die Kinder zu den terminen in die Villa Kunterbunt oder
werden von den therapeut(inn)en zu Hause ambulant betreut.
Viele Angebote für die jungen Patient(inn)en und ihre geschwister werden in gruppentherapie oder in therapeutische
Freizeiten integriert.
Informationsaustausch und Vernetzung
Über regelmäßige teamsitzungen und besprechungen auf den
Kinderstationen und in der Villa Kunterbunt findet ein strukturierter patientenbezogener informationsaustausch zwischen den
verschiedenen berufsgruppen statt. bei Fallkonferenzen werden
Hilfepläne erstellt, um die behandlung und betreuung der
Patient(inn)en und ihrer Familien zu planen und zu evaluieren.
um informationen auszutauschen und sich mit niedergelassenen
therapeut(inn)en zu vernetzen, werden auch externe Kolleg(inn)en eingeladen. darüber hinaus bestehen Verbindungen zu
selbsthilfegruppen, Vereinen, ambulanten Kinderpflegediensten, verschiedenen Zentren wie dem „bunten Kreis“ Augsburg
sowie zahlreichen unterstützer(inne)n.
Für eine hohe Lebensqualität – trotz Krankheit
Hohe Versorgungsqualität dank interdisziplinärer Angebote
Aktuell werden mehr als 500 Kinder von null bis 18 Jahren mit
ihren Familien aus der ganzen region trier, einem Versorgungsgebiet mit rund 500.000 einwohnern, im nachsorgezentrum
betreut. ihre Angebote stellt die Villa Kunterbunt in enger
Kooperation mit den Abteilungen Kinder- und Jugendmedizin
und Kinder- und Jugendchirurgie des Klinikums Mutterhaus
sowie in sektorenübergreifender Arbeitsweise bereit. damit
wird eine kontinuierliche, qualitativ hochwertige Versorgung
sichergestellt. so wird die medizinisch-pflegerische Versorgung
ergänzt durch ergotherapie, diätberatung, Physiotherapie, sozialberatung, psychologische beratung und therapie, erlebnispädagogik, tiergestützte therapie oder Heilpädagogik.
die Mitarbeiter(innen) des Zentrums betreuen und behandeln Kinder während des stationären Aufenthalts in der Klinik
im Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen
Geschäftsführer Villa Kunterbunt e. V., Trier
E-Mail: [email protected]
Redaktionsbeirat: Thomas Hiemenz (th), Titelbild-Montage unter Nutzung eines
Motivs von fotolia / DOC RABE Media
Heidrun Koop (hk), Birgit Trockel (bt)
Redaktion: Thomas Vortkamp (tv) (Geschäftsführer, verantw.), Bernadette
Rümmelin (rü) (Gf., verantw.), Angela
Tausendpfund (at) (Stv. Gf.), Elisabeth
Caruana (eca) (Redakteurin), Klemens
Bögner (neue caritas)
Redaktionssekretariat: Saskia Waßmer,
Tel. 0761/200-352,
Fax: 200-609, E-Mail: kkvd-aktuell@
caritas.de
Karlstraße 40, 79104 Freiburg
Tel. 0761/200-352
Vertrieb: Rupert Weber,
Tel. 0761/200-420, Fax: 200-509
KKVD – aktuell 1 • März 2015
Dr. med. Christoph Block
Leiter des Nachsorgezentrums Villa Kunterbunt
neue caritas KKVD – aktuell
Impressum
POLITIK PRAXIS FORSCHUNG
Ziel ist es, dass die Kinder mit ihren Familien – gerade auch in
einer relativ dünn besiedelten region – eine optimale Versorgung erfahren und mit ihren chronischen und schweren erkrankungen, trotz aller einschränkungen, leben lernen und eine hohe
Lebensqualität erreichen können.
seit der Vereinsgründung der Villa Kunterbunt im Jahr 1998
finanziert sich ihre Arbeit zu mehr als 90 Prozent aus spendenmitteln.
Mehr infos: www.villa-kunterbunt-trier.de und
www.mutterhaus.de
Nachdruck und elektronische
Verwendung nur mit schriftlicher
Genehmigung. ISSN 2190-4448
Herausgegeben vom Katholischen
Krankenhausverband Deutschlands e.V.
(KKVD) in Freiburg
7
verband
3 Aschermittwochstreffen 2015:
Wie barmherzig ist die Kirche?
die stiftung bildung im KKVd ist eine bildungseinrichtung
für Mitarbeiter(innen) auf den Management-ebenen in katholischen Krankenhäusern und für den Führungsnachwuchs.
seit über 30 Jahren bietet sie Fortbildungen im kaufmännischen,
im pflegerischen, im ärztlichen und im bildungsbereich an.
die Absolvent(inn)en bilden mittlerweile ein bundesweites netzwerk, das regen Austausch und kollegiale beratung
pflegt.
Netzwerker tauschen sich zu aktuellen Krankenhausthemen aus
Jedes Jahr vom Aschermittwochnachmittag bis zum folgenden
Freitagmittag gibt es das inzwischen schon traditionelle Aschermittwochstreffen im Caritas tagungszentrum in Freiburg. das
Wiedersehen und die diskussion aktueller Krankenhausleitungs- sowie Krankenhauspolitik-themen und Fachvorträge stehen dabei im Mittelpunkt.
rund 50 stipendiat(inn)en nahmen am diesjährigen netzwerktreffen teil. es stand unter der Überschrift „Wie barmherzig ist die Kirche?“. Zwei themenfelder standen dabei im Fokus:
die biblische spurensuche rund um die thematik barmherzigkeit und gerechtigkeit sowie praktische Fragen des kirchlichen
Arbeitsrechts. Als referenten für die tagung hatte die stiftung
bildung Prof. dr. thomas schüller gewonnen. er ist direktor des
instituts für Kanonisches recht (Münster) und zugleich Professor für Kirchenrecht und kirchliche rechtsgeschichte an der
Katholisch-theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelmsuniversität Münster.
Auf biblischer Spurensuche nach Barmherzigkeit und
Gerechtigkeit
Zu beginn der tagung stand das christliche barmherzigkeitsund gerechtigkeitsverständnis im Vordergrund. darauf hatte
schon der einladungsflyer verwiesen mit der Feststellung, Papst
Franziskus habe die barmherzigkeit zum Leitwort seines Pontifikates erkoren. ein satz aus seinem ersten Angelusgebet lautet:
„seid barmherzig! barmherzigkeit verändert die Welt.“ ein weiteres Wort, diesmal von thomas von Aquin, zitierte der beiratsvorsitzende der stiftung bildung im KKVd, Peter brüssel, bei
seiner begrüßungsansprache zum tagungsgeleit: „gerechtigkeit
ohne barmherzigkeit ist grausamkeit; barmherzigkeit ohne
gerechtigkeit ist die Mutter der Auflösung.“
die spurensuche mit Professor schüller setzte sich fort
anhand zahlreicher texte zum thema barmherzigkeit aus dem
neuen testament: etwa des gleichnisses vom verlorenen sohn
(Lk 15,11–32), der Perikope über Jesus und die ehebrecherin
(Joh 8,1–11) oder der bibelstelle über die berufung des Zöllners
Matthäus zum Jünger (Mt 9,9–13).
8
Barmherzigkeit authentisch mit Leben erfüllen
nach Lektüre und diskussion der Perikopen vertraten die meisten Anwesenden die Meinung, dass es für Christ(inn)en selbstverständlich sein sollte, barmherzig zu leben. sie sollten reue
und umkehr als ersten schritt in die richtige richtung sehen,
Mitmenschen nach einem scheitern eine zweite Chance geben
und sich vor allem stets des eigenen scheiterns bewusst sein (sei
dieses nun „groß“ oder „klein“).
Kritisch diskutiert wurde, ob gott ein „Alles-erbarmer“ sei
und dass nicht reflektiertes, wiederholtes „Vergeben und Vergessen“ eher zum Chaos als zu harmonischer gemeinschaft und
– im beruflichen Kontext – effizientem Miteinander führe. einzuhaltende normen, so die einhellige Meinung, haben einen
sinn. schwierig sei jedoch, dass diese per se theoretisch abgefasst
seien und aus diesen regeln dann im einzelfall konkrete Lösungen abgeleitet werden müssten. barmherzigkeit sei, innerhalb
der regeln die beste Lösung für alle betroffenen zu finden.
Kirchlicher Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen
unter dem titel „barmherzigkeit auf dem Prüfstand: die Kirche
und die wiederverheirateten geschiedenen“ ging thomas schüller auf die Lehrmeinung der Kirche ein: indem sie diesen
Zustand als schwere sünde bewerte, schließe sie Menschen, die
– kirchlich ungültig – in erster ehe geschieden und ein zweites
Mal verheiratet sind, von der eucharistie aus. in der Folge könnte ein katholischer Arbeitgeber solchen Mitarbeiter(inne)n kündigen. Professor schüller erläuterte, dass dies in der Praxis häufig – vom einzelfall abhängig – ganz anders gehandhabt werde.
er verwies darauf, dass auch zahlreiche theologen wie etwa die
früheren bischöfe der Oberrheinischen Kirchenprovinz saier,
Lehmann und Kasper (Hirtenwort 1993) oder sogar Josef ratzinger (1972; spätere Äußerungen lauteten anders) eine andere
Vorgehensweise vorgeschlagen hätten.
die teilnehmer(innen) des Aschermittwochstreffens kritisierten in der diskussion, die offizielle Lehrmeinung der Kirche
werde der tatsächlichen moralischen integrität wiederverheirateter geschiedener nicht gerecht. Angemerkt wurde, dass
laisierte Priester trotz ihres (unumkehrbaren) Weihesakraments
eine kirchliche ehe führen könnten – im gegensatz zu wiederverheirateten geschiedenen. Als eine konstruktive Praxishilfe
empfahl Professor schüller die „Handreichung für die seelsorge
zur begleitung von Menschen in trennung, scheidung und nach
ziviler Wiederverheiratung in der erzdiözese Freiburg“.1
Für mehr Respekt gegenüber Homosexuellen
„,gerechtigkeit wollen wir und respekt und nicht takt und Mitgefühl‘ – Kirche und ihr schwieriger umgang mit Homosexuellen“: so war jener teil der tagung überschrieben, der sich mit
dem Verhältnis der katholischen Kirche zu schwulen und Lesben beschäftigte. Professor schüller erläuterte die Lehrmeinung
der katholischen Kirche: seit 1975 sei die homosexuelle Veran-
KKVD – aktuell 1 • März 2015
verband
Foto: eca
Mit rheinischem Schwung
und Kenntnisreichtum in
Theorie und Praxis referierte
der gebürtige Kölner Thomas
Schüller, Hochschullehrer und
Institutsdirektor in Münster,
über die Facetten von
Barmherzigkeit. Er vermittelte
einen Überblick zu wichtigen
Fragen des kirchlichen
Arbeitsrechts.
lagung immerhin keine schwere sünde mehr. Auch heute gelte
aber das Ausleben von Homosexualität in der katholischen Kirche als schwere sünde. das oben genannte Zitat bezieht sich auf
den katholischen Katechismus von 1997, der die aktuelle Lehrmeinung repräsentiert. die genannten Aussagen befinden sich in
den Absätzen 2357–2359. Professor schüller wies darauf hin, dass
unter Papst Franziskus erstmals über diese thematik in Wort und
schrift reflektiert werde.
Kirchliches Arbeitsrecht: Loyalitätsauffassung wird
partnerschaftsgesetz mit den Loyalitätsobliegenheiten nach der
grundordnung des kirchlichen dienstes im rahmen kirchlicher
Arbeitsverhältnisse“.
Professor schüller berichtete von Überlegungen, das Arbeitsrecht der Kirche zu reformieren. unter berücksichtigung der
entscheidung des bundesverfassungsgerichtes zum „düsseldorfer Chefarztfall“ wird die grundordnung überarbeitet
werden. bis ende April 2015 soll ein Vorschlag vorliegen, der
die Loyalitätsobliegenheiten präzisiert sowie deutlicher zwischen
pastoralem, leitendem und erzieherischem dienst unterscheidet.
überarbeitet
die Arbeitseinheit „Wenn barmherzigkeit auf Wirklichkeit
trifft: Kirchliches Arbeitsrecht und seine Loyalitäten/Konflikte“
thematisierte im Wesentlichen die kirchenarbeitsrechtlichen
regelungen der „grundordnung des kirchlichen dienstes im
rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“2. darin haben die
bischöfe die grundsätzliche struktur des kirchlichen Arbeitsrechts festgelegt. die „grundordnung“ gibt die rechte und
Pflichten der einrichtungen beziehungsweise Arbeitgeber und
der Mitarbeiter(innen) durch die zuständige kirchliche Autorität umfassend vor.
die grundordnung bildet die grundlage jedes Arbeitsvertrages in einer kirchlichen einrichtung. bei Kündigungsvorgängen, die im Falle einer Klage bei staatlichen Arbeitsgerichten
verhandelt werden, sind vor allem die in der grundordnung festgelegten Loyalitätsverpflichtungen (Art. 4 grO) und die sanktionen (Art. 5 grO) bei deren Verletzung von bedeutung.3
Außerdem zu beachten ist die im Juli 2002 beschlossene „erklärung des ständigen rates der deutschen bischofskonferenz zur
unvereinbarkeit von Lebenspartnerschaften nach dem Lebens-
KKVD – aktuell 1 • März 2015
Umfassende Materialsammlung
die umfangreiche unterlagensammlung zu den einzelnen themenbereichen – barmherzigkeit, katholische Kirche und wiederverheiratete geschiedene, katholische Kirche und Homosexualität sowie grundordnung, gerichtsurteile und geplante
Änderungen der grundordnung – wurden an die teilnehmer(innen) des Aschermittwochstreffens ausgeteilt. darüber hinaus
sind die unterlagen im internen geschützten Homepagebereich
der stiftung bildung zugänglich.
Elisabeth Caruana
Referentin für Öffentlichkeitsarbeit im KKVD
Anmerkungen
1. Download: www.zdk.de, Suchbegriff: „Handreichung Freiburg“.
2. SEKRETARIAT DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ (Hrsg.): Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse. Bonn, 2., unveränd. Aufl. 2012 (Die deutschen Bischöfe; 95A).
3. Vgl. neue caritas Heft 3/2015 zum Schwerpunktthema Grundordnung und Loyalitätsobliegenheiten.
9
aktuell
Gut zu wissen
3 Kommunikation in Krisensituationen
Alle katholischen Krankenhäuser – und damit der KKVd – können von Krisen betroffen werden. im Falle einer Krise ist es hilfreich, wenn die Klinik gleich zu beginn den KKVd informiert.
so kann schnellstmöglich eine verbandsweite Lösung erarbeitet
und den anderen Mitgliedern argumentative unterstützung
geboten werden. Für die Kommunikation in solchen „akuten
situationen“ hat der Fachausschuss Öffentlichkeitsarbeit des
KKVd eine Handreichung entwickelt. sie beschreibt das Zusammenwirken der katholischen Krankenhäuser und des
KKVd in Krisen mit überregionaler tragweite, ist also kein Krisenleitfaden für das einzelne Krankenhaus. der Leitfaden dient
ausschließlich der internen Verwendung durch Mitglieder. er
kann bei bedarf bei der geschäftsstelle unter [email protected]
oder 0761/200-352 angefordert werden.
Faktensammlungen zu „kritischen Themen“
ergänzend zur Handreichung wurde eine Faktensammlung
(„Factsheet“) erstellt, die das thema sterbehilfe näher beleuchtet. darin werden Hintergründe und begriffe erläutert. es gibt
eine Übersicht über gesetzliche regelungen in anderen Ländern, stellungnahmen, Pressemeldungen und Handreichungen
zum thema mit weiterführenden Links.
„Factsheets“ zu weiteren themen sind in Arbeit. im Krisenfall sollen diese den KKVd-Mitgliedern intern als schnell verfügbare informationsquellen dienen. gleichzeitig bilden die
Faktensammlungen für die katholischen Krankenhäuser vor Ort
at
eine strategische Leitplanke zur Positionierung.
3 neue caritas und KKVD-aktuell auch als E-Paper
Viele Leserinnen und Leser erhalten
das KKVD-aktuell als Beilage der
Zeitschrift neue caritas. Seit kurzem
gibt es die neue caritas auch als EPaper. Wer sein Print-Abo um die digitale Version erweitern oder ganz
auf das E-Paper umstellen möchte,
erhält künftig auch das KKVD-aktuell in digitaler Form.
Mit Hilfe der neue-caritas-App erhalten Sie alle 14 Tage die jüngste
Ausgabe der neuen caritas als EPaper. Das digitale Heft erscheint
bereits drei Werktage vor der PrintAusgabe. Zudem steht Ihnen ein
Heftarchiv mit allen Ausgaben seit
2009 zur Verfügung. Darin können
Sie nach Stichworten suchen sowie Lesezeichen, Markierungen,
Notizen etc. einfügen.
Mehr Informationen und Abonnement:
www.caritas.de/neue-caritas/
abonnements
10
KKVD – aktuell 1 • März 2015
aktuell
3 Europas bestes Hospital bei
regionen, darunter bestehende oder drohende Mängel in der
medizinischen Versorgung und der Pflege. Anhand von beispielen und Modellprojekten stellt die studie aber auch ideen und
innovative Konzepte vor: zum beispiel den multifunktionalen
dorfladen in Jülich-barmen, wo die einwohner(innen) auch
dienstleistungen und eine sozialmedizinische Versorgung in
Anspruch nehmen können und zudem wieder einen treffpunkt
im Ort haben.
unter www.berlin-institut.org, „Publikationen“ finden sie die
studie zum Herunterladen und weitere interessante beiträge
red
zum thema demografischer Wandel.
der Händehygiene
bei der Jahrestagung der Christlichen Krankenhäuser in
deutschland (CKid) im Juni vergangenen Jahres erhielt das
st. elisabeth-Hospital beckum für den beitrag „Aktion saubere Hände“ den Pr-Publikumspreis in der Kategorie „sonderpreis – Qualität mit identität“. das KKVd-aktuell 3/2014 zum
thema Qualität stellte die Aktion als best-Practice-beispiel
vor.
die erfolgsgeschichte geht weiter: Jetzt hat das st. elisabethHospital auch beim Wettbewerb „european Hand Hygiene
excellence Award 2014“ den ersten Platz belegt. dieser europaweite Wettbewerb hat sich zum Ziel gesetzt, die Krankenhäuser
zu ermitteln, in denen das thema Händehygiene besonders
gefördert und messbar verbessert wird. Als einziges deutsches
Krankenhaus schaffte es das st. elisabeth-Hospital unter die
fünf Finalisten und ging schließlich als sieger hervor.
red
Mehr infos: www.aktion-saubere-hände.de
3 EU fördert Gesundheit „alternder
Belegschaften“
Foto: St. Elisabeth-Hospital Beckum
Mit dem eu-Programm „gesundheit für Wachstum“ (2014–
2020) sollen die Mitgliedstaaten effizient auf die wirtschaftlichen
und demografischen Herausforderungen für ihre gesundheitssysteme reagieren können. ihren bürger(inne)n soll es ermöglichen, länger gesund zu bleiben. „gesundheit für Wachstum“ ist
das dritte mehrjährige Aktionsprogramm zur umsetzung der
eu-Wirtschaftsstrategie europa 2020.
Mehr infos bieten folgende Websites: http://bmg.gv.at (Menü
„service“, rubrik „Förderungen“);
http://ec.europa.eu/health/programme/policy/index_de.htm
www.euroconsults.eu/service/eu-foerdernews/8707-das-neuegesund
EuroConsults
Hand in Hand wird am Beckumer St. ElisabethHospital am Thema Händedesinfektion gearbeitet,
v.l.: Kaufmännischer Direktor Jan Deitmer, Chefarzt
Guido H. Boucsein, Hygienefachkraft Ursula
Altewischer, Christian Jenke vom Landeszentrum
Gesundheit NRW und Bettina Brockmann.
3 Studie zum demografischen Wandel
im ländlichen Raum
das berlin-institut für bevölkerung und entwicklung hat die
studie „Von Hürden und Helden. Wie sich das Leben auf dem
Land neu erfinden lässt“ herausgegeben. die Publikation
beleuchtet die wachsenden Versorgungsprobleme in ländlichen
KKVD – aktuell 1 • März 2015
3 Gut vernetzt für ältere Patienten
Zum 1. Fachsymposium des noch jungen geriatrischen Versorgungsverbundes Westfalen kamen ende Januar in dortmund
rund 130 Ärztinnen und Ärzte, Pflegefachkräfte, Vertreter(innen) von sozialdiensten und geschäftsführer(innen) aus Westfalen zusammen, um ihre erfahrungen auszutauschen.
Angesichts der höheren Lebenserwartung steigt der bedarf
an altersmedizinischer betreuung. Weil ältere Menschen häufig
sehr komplex erkrankt sind, benötigen sie eine spezielle medizinische Versorgung. dabei kommt eine gute Vernetzung zwischen
niedergelassenem Arzt, Krankenhaus, rehabilitationseinrichtung, Pflegedienst, ambulantem therapieangebot bis hin zum
sanitätshaus dem Patienten zugute.
um einen beitrag zu einer qualitativ hochwertigen und sektorenübergreifenden Versorgung älterer Patient(inn)en zu leisten, hat die Klinik für geriatrie des st. Marien-Hospitals Hamm
gemeinsam mit den einrichtungen der dreifaltigkeits-Hospital
ggmbH Lippstadt und der Katholischen st.-Johannes-gesellschaft dortmund den geriatrischen Versorgungsverbund Westfalen gegründet. im Juni werden sich die Akteure des Verbunds
zu erfahrungs-Workshops treffen. Aus der lokalen betrachtung
heraus soll die inhaltliche gestaltung einer strukturierten
11
aktuell
Zusammenarbeit weiterentwickelt werden. die gründung von
lokalen runden tischen ist in Planung.
unter www.geriatrie-westfalen.de finden sie neben weiteren
informationen die aktuelle Mitgliederliste des Verbundes.
die erarbeiteten Lösungsansätze werden dann am 22. september 2015 auf dem nächsten demografiegipfel der bundesreBM
gierung vorgestellt.
3 Bundesregierung will Demografie-
3 PEO-Rahmenvertrag: Sonder-
politik weiterentwickeln
Wohlstand und Lebensqualität für die Menschen aller generationen sichern – so lautet das zentrale Ziel der grundsätze zur
Weiterentwicklung der demografiepolitik, die bundesinnenminister thomas de Maizière vorgelegt und die das Kabinett im
Januar beschlossen hat.
in einem dialogprozess gemeinsam mit Vertreter(inne)n der
Länder und Kommunen, der sozialpartner und Verbände, der
Wirtschaft, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft soll die
demografiestrategie weiterentwickelt werden.
konditionen für kirchliche Häuser
das institut für Qualitätsmessung und evaluation (iQMe)
gmbH bietet kirchlichen Krankenhäusern bei der durchführung von Patientenbefragungen erneut günstige Konditionen.
durch die Fortschreibung der rahmenvereinbarung mit den
Krankenhausverbänden KKVd und deKV geht das Projekt
Patientenbefragung mit PeO® in die nächste runde. der PeOFragebogen (Patients’ expert Opinion) findet bereits in zahlreichen kirchlichen Häusern Anwendung.
red
Mehr infos: www.iqme.de, Menüpunkt „Aktuelles“.
NACHGEDACHT
Birgit Zander
Evangelische Pfarrerin und Krankenhausseelsorgerin im
Ruhestand
E-Mail: birgit.
[email protected]
Mit Petrus am Ufer des galiläischen Meeres
Während einer Reise
durch das Heilige Land
erfuhr ich ein unvergesslich intensives Nacherleben der biblischen Geschichten – ihrer Orte und Akteure –, das ich Ihnen hier passend zur Osterzeit schildern möchte: Wir Reisenden waren
am See Genezareth angekommen. Wegen seiner Größe wird
er auch das galiläische Meer genannt. Eingebettet zwischen
Hügeln und Bergen kann dieser See idyllisch im Sonnenschein schimmern. Ein anderes Mal werden Wellen darübergepeitscht, und Stürme wühlen das Wasser auf. Wir hatten
das Glück, einen wunderschönen Nachmittag mit Sonnenschein dort zu verbringen.
Zunächst stärkten wir uns am Peterfisch, der frisch aus dem
See stammte. Danach sind wir mit einem Boot auf dem See
gefahren. Wir konnten uns Jesus und seinen Jüngern nahe
fühlen. Einige von ihnen waren Fischer.
Wer erinnert sich nicht an Petrus, der seine Netze auswarf:
zuerst nach den Fischen, später nach den Menschen. Petrus,
der in Jesus den Messias erkannt hat. Petrus, auf dessen Felsen Jesus seine Kirche bauen wollte. Petrus wollte immer für
ihn einstehen – auch unter den größten Schwierigkeiten. Er
12
hat dennoch bei der Verhaftung Jesu jämmerlich versagt: Bis
der Hahn krähte, hat er ihn dreimal verleugnet.
Und doch hat der Auferstandene gerade diesen Petrus erwählt, um seine Kirche auf ihn zu bauen. Er ist ihm erschienen, als der Auferstandene, am See Genezareth. Dreimal hat
er Petrus gefragt, ob er ihn liebhätte. Petrus wurde schon
traurig, weil Jesus ihm eindringlich wieder und wieder
dieselbe Frage stellte. Und Jesus berief seinen Jünger von
neuem: „Weide meine Lämmer.“ Das heißt: „Lebe in meiner
Nachfolge. Gib Gottes Wort weiter. Lass die Menschen teilhaben an der Botschaft von der Auferstehung – an der Botschaft von Ostern.“
Petrus, der Fischer vom See Genezareth. An ihn haben wir
uns erinnert. Sein Lebenswerk ist weitergegangen. Vom See
Genezareth bis hinein in alle Welt. Damit die Menschen erfahren, was Jesus für uns getan hat – in der Einheit mit dem
himmlischen Vater. Er hat sein Volk Israel geführt. Er wird
auch über uns schützend die Hand halten. Das ist der Glaube, der uns in den biblischen Schriften verkündigt wird. Im
Heiligen Land, diesseits und jenseits des Jordans, durften wir
das auf besonders intensive Weise wieder erfahren.
Ihre Birgit Zander
KKVD – aktuell 1 • März 2015