TEONARDOAIN SCHNEEBERO Leo Leitner über die Revitalisierungeiner 500 Jahre alten Brettermühlein Puchberg er Schauplatzist in das eindrucksvolle, stets aufs neue überwältigende Bild der Voralpenlandschaft im Südosten Niederösterreichs projiziert: Hochtal und Bergmassiv,dassichvon Ostennach Westen erstreckende Puchberger Becken und der mit der gewaltigen Wandflucht seiner Nordostseite in erdrückende Nähe gerückte Schneeberg prägenden CharakterdieserLandschaft. Wald, Wasserund Wiesen sind seit altersher Grundlagen der Arbeit und des Lebensder Menschenin dieserRegion. Im Südostenist demSchneebergder steile Hengstrückenvorgelagert.,,Hoher Hengst" (auch ,,GroßerHengst"), ,,NieGemeinschaftder Freunde der SchneebergerSrigebei der Montage des Wasserrades,1999: ,,Artes mechanicae" ,::'a:l derer Hengst" (auch ,,Kleiner Hengst"), die flacherenHänge ,,Hinterm Hengst" und das vom Haubitzsattel herausverlaufendeHengsttalbilden in diesemAbschnitt eine markante Abgrenzung des PuchbergerBeckens.Etymologischsind als ,,Hengst" benannte Berge so steil oder schwerbefahrbar,daßein Pferd vor den Wagen gespanntwerdenmuß. Aber eskann auchein Weidegeländefür Pferde gemeint sein; und das würde auf die HochflächedesHengstpassessehrwohl zutreffen. einigen Fällen bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhundertswaren dann noch Werke in Betrieb, bis sie stillgelegtwurden, Werksanlagenund Nebengebäude trug man ab oder ließ sie verfallen. Schließlich wurden die verbliebenen baulichen Restbeständeaus ökonomischen, technischen oder rechtlichen Gründen beseitigt und damit die Zeugnisse eines wichtigen Zweiges vdn Wirtschaft und Kultur in der Puchberger Region nahezuausgelöscht. Freilich nur nicht ntr Gänze! Denn im Sinne der Programmefür die Erhaltung und Pflegewichtiger Kulturgüter hat eiDER HENOSTBAGH ne Gruppe initiativer Menschenmit der Restaurierungund Revitalisierung der Wasser vom Schneebergist primär als ,,Brettermühleam Hengstbach"begonTrinkwasser höchster Qualität für die nen. Ein Sägewerk,dessenGeschichte StadtWien bekannt(sein Ruf als beson- (unter verschiedenenNamen, wie: Saag deres,,Kräftigungsmittel"dürftenicht so in der Furttaw, Soag am großen Soagverbreitetsein).WasservomSchneeberg riegel, Muthenhofer Sägewerk,Schneebedeutetaber auch Wasserkraft.Kraft. bergerSäge)fast ein halbesJahrtausend die aus den Bächen kommt und durch zurückreichtund im 18., 19. und 20. Jahrhunderte intensiv genutzt wurde. Jalrhundert ein beliebtes Motiv beNebengrößeren(wie dem Sierningbach) kannter Landschaftsmaler war (Carl oder berühmteren(wie dem Sebastian- Philipp Schalhas, Alois Wett, Eduard bach mit dem großartigen Wasserfall) Zetsche; zuletzl Michael Wagner aus sind bzw. waren es auch kleinere Was- Puchberg),soll Vergangenesdokumenserläufe,denenhier einenicht unwesent- tieren und zugleich durch unmittelbares liche Rolle beizumessenist. Erleben das Kulturbewußtsein für die Zt den kleineren, aber relativ starken Region stärken. Bächen zählt der ,,Hengstbach",der im Vorfeld des Hensstrückensund un,,YENEIIANER OAITER." weit des Weilers Hengstberg- auf einem Wiesengrunddes BauemhofesJägersberger (vulgo Ax) entspringt und Holz als Baumaterial wie als Energienach einem Lauf von nur etwa 2000 träger ist für den Menschen seit früheMetem in der Ortsmittevon Puchbergin ster Zeit einer der wichtigsten Stoffe. den Sebastianbachmündet. In früherer Werkzeugeund Techniken,die zur GeZeit wurden fünf Sägewerke von der winnung, Bearbeitungund Verwendung Wasserkraft des Hengstbachesbetrie- von Holz eingesetztwerden,bezeichnen ben: ,,Riabla Säge", ,,LeanhoadenSä- wesentlicheEntwicklungsstufenin den ge", Großer Sägeriegel,Kleiner Säge- Arbeitsprozessen (Axt und Säge; riegel, Zwinz Säge.Fünf von mehr als Steinsäge, Bronzesäge; Spaltsäge für vierzig Sägewerken,die - wie Chroni- die einfachsteForm des Zerschneidens ken entnommen werden kann - um einesStammesin Bretter; handgetriebe1900 auf dem Gemeindegebiet von ne Sägemaschinen,Antrieb der Säge Puchbergin Betrieb warenund für einen durch Wasserkraft). nicht geringenTeil der bäuerlichenBeLeonardo da Vinci (1452-1519), der völkerung Grundlage für Arbeit und große uomo universale, hatte sich seit Broterwerb bildeten. Bis zur Mitte, in seinerLehrzeit mit den ..Artesmechani- cae" beschäftigtund war stetsbestrebt, Erkenntnisse aus seinen naturwissenschaftlichen Studien als Ingenieur und Techniker in die Praxis umzusetzen,auf Gebiete militärischer und ziviler Anwendungen.Mit der Konstruktion von Wassermühlenund Sägewerkenschufer Prototypen, die bald darauf zu einem neuen, ebenso einfachen wie revolutionärenTypus des Sägewerkesführten, zum,,VenetianerGatter". Die Sägewird nun nicht mehr an den Stamm (Bloch), sondemdas Bloch an die Sägeherangeführt (VorschubdesBlochs) und dasSägeblatt wird durch ein vom Wasserrad angetriebenesKurbelsystem auf- und niederbewegt.In den großenWaldbesitzungenVenedigs,die bis nach Südkärnten reichten, wurde der neue Sägetypus erprobt, von dort innerhalb kwzer Zeit bei Sägebetriebenin der Steiermarkund in Niederösterreichund dann weiter in anderenLändem eingeführt. Außer für den Raum Puchberggibt esnoch wichtige Hinweise u. a. für das Waldviertel (Kirchbach), den Pinzgau (Krimmler Achental, heute beim Heimatmuseum Bramberg) und Osttirol (Matreier Tauemhaus). ,,uNERtlESSLlGHER R.EIGHIUflI" Die seinerzeitigeErrichtung der Brettermühle am Hengstbachkann mit Beginn des 16. Jahrhundertsangesetztwerden. Zwei Faktoren waren für das Werk bestimmend:der Bau nachdemModell des ,,VenetianerGatters" und die Betriebsführung als,,genossenschaftliche Unternehmung".Mit gutsherrschaftlicherGewähr konnten fünf Bauemfamilien aus dem Schneebergdörfl (Georg Zentz, HansPraunseysen, SimonHöd/tlindern Holz, Simon Hödl/bey der Rinnen und Jakob Tisch sind in späterenUrkunden erwähnt) ,,in der Furltaw ain Saag" errichten und betreiben (im Schneebergdörflselbstmangeltees an ausreichender Wasserkraft, daher mußte der Bauplatz am Hengstbachgesichertwerden).Fortlauiende Eintragungen in den Grund- und DienstbüchemderGutsherrschaft Stixensteinim 11., 18. und 19. Jahrhunderlvermerkenjeweils die ,,Gewährsrenovation"auch für nachfolgende Familienmitglieder und setzen die Jahrestaxenfest (zwischen einem und zwei Gulden). Der Sägebetriebwar ursprünglich auf den Eigenbedarfder Besitzer an Bauhölzern und Heizmaterial abgestellt.Die Schnittarbeitleistetendie Bauernan denentsprechendihren Anteilen zugewiesenen,,Sägetagen" selbst. Der Arbeitsrhythmuswar jahreszeitlich bestimmt. Nach Schlägerung,Bringung Sägegebäude Reichtumder Wälder? , strafienseitig:UnermeJ3licher und Lagerungder StämmesetztezwZeit der Schneeschmelze mit demstarkenZustrom an Wasserkraftdie Intensivphase des Sägebetriebes ein. Heu- und Getreideernteherrschtenim Sommer und frühen Herbst vor, die Arbeiten in der Säge mußtenstarkeinseschränktwerden. Durch Übemuli-" uon Lohnschnitt wurden Betrieb und Geschäftbeträchtlich ausgeweitet.Daher wurde es notwendig, einen,,Sagler" (Sägemeister) einzustellen,der Unterkunft im neu erbauten,,Saglerhaus", Kost, Holzabfälle und ein finanziellesEntgelt erhielt. Unter den Aspekten einer funktionstüchtigen Sägeindustrieund dem - nach früherer Einschätzung- unermeßlichen Reichtum der Wälder (zwei Drittel des Gemeindegebietesvon Puchberg sind von Wald bedeckt,immerhin fast 5.000 ha, überwiegendmit Beständenan Fichten, Föhren und Lärchen) war es naheliegend, Plänefür Ausfuhr und Verkauf von Holz (Schnittholz. aber auch Bauholz) und Holzprodukten zu entwickeln und zu realisieren. Der Transportweg führle durch das Sierningtalnach Neunkirchen und dann weiter nach Wiener Neustadtund Wien. ZumTetl brachten die Bauem selbstdasHolz in die großen Orte und Städteund verkauften es dort direkt oder an ortsansässigeHändler, zum anderenbildeten sich aber auch eigene Transport- und Handelsunternehmungen. Ein beachtlicher wirtschaftlicherAufschwungsetzteein. ,,Der Erwerb der wohlhabendenBauem bestehtvorzüglich in dem Ertrage ihrer Freiwillige Hefer beim Eindeckendes Kurzbretterdaches: Arbeit nach den Jahreszeiten GEMEINSoHAfl D. FREWDE D. SCHNEEBERGER SAGE (1.914).Fluder.Wasserradund die technischen Eirnichtungenverrotteten;die schwerbeschädigten Gebäude würden wohl in absehbarerZeit zu Ruinen gewordensein. Zeiten der Rückbesinnung,ob im persönlichenLeben oder im Leben einer Gemeinschaft,führen zu verstärktem geschichtlichenBewußtsein, eröffnen zugleich aber auch weitere Perspektiven. Dabei sind Idee und Planungder eine. die Arbeiten des Umsetzensund Durchführens der andere, wesentlich mühsamere Schritt. Die Puchberger Bauem Hans Zwinz (vulgo Veith) und Michael (vulgo Jagersberger Schwob'n-Michl) sowie die aus Wien kommenden,mit Puchbergeng verbundenen Zweitwohnsitzler Karl Leitner und Gerhard Pappler haben sich der Sachedes Wiederaufbauesder BretterSägegebäude,bachseitig mit ober schlächtig em Wasserrad : mühle am Hengstbach angenommen ,,H o lzsc hnittwor en aller Art, di e. und führen diese Aufgabe mit dem 1998 gegründeten Verein ,,Gemeinschaft der Freunde der Schneeberger Sägemühlen,Köhlereyen,und in Ver- besondererBegriff! ,,Dadie Waldcultur Säge"beharrlichund zielbewußtdurch. fertigung hölzernerGeräthe", schriebJ. eine bedeutendeist und sich das Holz, Vorausgehendwar bereits 1995196das A. Schultesin seinen,,Ausflügennach weil auf felsigem Grunde gewachsen, Sägegebäudemit einem Bretteldach dem Schneebergein Unterösterreich" durch kleine Zellen und daher auch neu eingedecktworden. 1998/99wur(1807),kritisierteaberzugleichden we- durch Festigkeitauszeichnet, so ist das- den der starke Stamm des Grindlbaums nig rationellenBetriebin den Sägewer- selbesehrbeliebt..." gelagertund an ihm das neue Wasserken und beklagteheftig die bis ins Dorf Wirtschaftliche und technische Ent- rad befestigt. rückwirkenden Preisspekulationender wicklungen der neuerenund neuesten Dies ist der gegenwärtigeStand. Als Holzhändlerin den Städtenwie beson- Zeit machten dann aber den weiteren nächstesmüssen- nach einemnotwenders auch die unverkennbarenUmweltBetrieb der zahlreichenSägemühlenan digen Grundzukauf durch den Verein schäden(,,verwüstete Wälder"). den Bächen des Schneebergsumenta- Vorrichtungen für die Zuleitung des ,,Die Productebestehenin Holzschnitt- bel. Stück um Stück zerfiel dasBild ei- Wassers(verrohrter Obergraben,Holzwaren aller Art und Gattungen, die in ner traditionellen Holzindustrie. Die fluder von 50 m Länge) gebautund die die weitestenKreiseder Monarchiever- ,,Brettermühle am Hengstbach" wurde Elemente der Inneneinrichtungdes Säführt werden", schreibtA. Langer in sei- noch bis 1965durch Wasserkraft,dann gewerkes(mit dem KempoderKummnem schmalenBand überdas..Puchber- durch einenTraktor und schließlichbis rad als HauptelementdesgesamtenRägerthalund dessenUmgebung" (Wien, zum endgültigenStillstanddes Werkes derwerkes der Kraftübertragung) repa1887).Holz ausPuchbergist für ihn ein durch einen Dieselmotor betrieben riert und ergänztwerden.Den Abschluß der Restaurierungdieser Sägemühle soll der Neubau des Saglerhäusels bil... in die Monarchieverführtwerden": den,in dem Räumefür ein kleinesMuRudolf Krenn, letzterSägemeister bis 1965 GEMTINSCHAnD. FREUNDED. SCIINEEBERGER seumund für AusstellunsenseschafTen SAGE werdensollen. * Die Vorstellungen zur Verwirklichung dieserPläne sind auf drei bis fünf Jahre ausgelegt.Eine lange, zugleich aber auchkurze Zeit bis zu jenem Zielpunkt, an dem Wasserüber das Fluder auf das grol3eRad strömen und der Vorschub das erste Bloch an das Gatter führen wird. Es wird für Puchberg,seineMenschen,seineRegion und seinenFremdenverkehr ei ngroßesE rei gnissein.ein solches Werk, ein Kulturgut, dessen Spurenin das Italien des 15. Jahrhunderts führen, zu besitzen.Und es wäre ein besondererAkzent für dieses anspruchsvolleProgramm,wenn im Jahre 2002, zum 550. Geburtstagdes Leonardo da Vinci, eine gute Zwischenbilanz gezogenwerdenkönnte.
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