Rundschau Frühjahr 2015

Frühjahr 201 · Ausgabe Nr. 70
Ostern
Die Zeichen der Zeit erkennen
Reise nach Florenz
Inhalt
Ostern
Kati Kolk
Eine besondere Osterfeier
Ernst Maxeiner
Licht
Lothar Hoppe
Aus der Geschäftsführung
Thomas Kirst
Die Zeichen der Zeit erkennen und verstehen
Marianne Worel, Ursula Langellotti,
Hedi Delfino
Was dann?
Joachim Ringelnatz
Menschen, die von uns gegangen sind
Gang im Frühling
Hermann Hesse
Menschen, die zu uns gekommen sind
Menschen, die uns verlassen haben
KULTUR IM JOHANNESHAUS
Das Sinfonieorchester der
Musikschule Ettlingen
Johannes Ziemann
Harfenkonzert
Hedi Delfino
Ein besonderes Neujahrskonzert
Hedi Delfino
Titelbild: „Die Sonne“ aus dem Zyklus „Der Sonnengesang des
Franziskus“ (Radierung von Friederike Michelsen)
2 Johanneshaus Rundschau
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Karlsruher Konzert-Duo
Hedi Delfino
Die Meistergeigen
Johannes Ziemann
Die kleinen Gesten der sieben Zwerge
Martina Möhle, Volker Rothfuß
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Aus manchem Reim
Lothar Hoppe
Rosenmontag im Johanneshaus
Hedi Delfino
Reise nach Florenz
Erika Müller
Über unsere Bussarde
Ulrich Burandt
Unser Wohnplatz –Versuch einer
zeitlichen Einordnung
Gerd Kutscher
Die Hauswirtschaft im Johanneshaus
Maria Da Silva, Petra Harr, Sonja Friebe,
Franziska-Sophie Zucker
Heimat
Inken Christiansen
Mitarbeiter-Jubiläen
Notizen vom Eichhof
Kulturvorschau Dez. 2014 – März 2015
Impressum
April
Theodor Storm
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Ostern
Es ist doch wirklich eine weise Ordnung, dass in
jeder Jahreszeit für die christliche Welt ein Höhepunkt, ein hohes Fest liegt. Ein Ereignis, das in der
Menschheitsentwicklung eine grosse Bedeutung
hat, Johanni im Sommer, Michaeli im Herbst und
Weihnachten im Winter sind durch ein festes Datum im Jahreslauf gekennzeichnet. Ostern ist ein
bewegliches Fest, findet jedes Jahr neu seinen
Platz. Ostern wird festgelegt nach der Zusammenwirkung von Sonne, Mond und Erde: es fällt auf
den Sonntag nach dem ersten Vollmond nach
Frühlingsanfang. Die Osterzeit hängt ab von
himmlischen Verhältnissen, weil man wusste, dass
Sonne und Mond eine bestimmte Wirkung auf all
das haben, was auf der Erde ist.
Der Name Ostern stammt angeblich vom Altgermanischen und ist mit dem Wort Morgenröte
verbunden. Viele Sprachen bezeichnen das Osterfest mit einer Wortableitung vom aramäischen
pas-cha, angelehnt an das hebräische Wort
Pessach. Es gehört zu den wichtigsten Festen des
Judentums und erinnert an den Auszug aus Ägypten, also die Befreiung der Israeliten aus ägyptischer Sklaverei. Die Ableitung des Wortes Ostern
aus dem Begriff Pessach ist in fast allen indogermanischen Sprachen deutlich erkennbar.
Einige slawische Sprachen benennen das Osterfest mit Begriffen mit der Bedeutung „Große
Nacht" oder „Großer Tag".
Trotz verschiedener Namen trägt dieses Fest für
die christliche Welt ein und denselben Inhalt: Tod,
Todesüberwindung und Auferstehung Christi. Das
Golgatha-Ereignis ist das Wichtigste in der
Menschheitsgeschichte. Durch seinen Tod und
Auferstehung hat Jesus Christus den Menschen
ein völlig neues Leben ermöglicht.
Das Osterfest ist aber nicht erst in der christlichen Zeit enstanden, sondern geht aus einem
alten heidnischen Fest hervor, aus einem sogenannten Adonisfest. (Rudolf Steiner, GA 353)
Dieses Fest hat man im Herbst gefeiert. Adonis
war eine Art von Bild vom geistigseelischen Teil
des Menschen, das Bild des ewigen, unsterblichen
Teils des Menschen. Dieses Bild hat man ins
Wasser eingetaucht und für drei Tage darinnen
gelassen. Das Hinuntersenken des Bildes haben die
Menschen mit Klage- und Trauergesängen begleitet. Das war ein Totenfest und wurde immer am
Freitag gefeiert. Nach drei Tagen, am Sonntag,
haben sie dieses Bild aus dem Wasser herausgehoben. Dies wurde begleitet mit Freudengesängen.
So ist in drei Tagen durch jede Menschenseele
gezogen die höchste Trauer und die grösste
Freude. Inhalt der Jubelgesänge war: Der Gott ist
uns wieder erstanden!
Die Osterzeit hängt ab von himmlischen
Verhältnissen, weil man wusste,
dass Sonne und Mond eine bestimmte
Wirkung auf all das haben, was auf der
Erde ist.
Durch das Adonisfest hat man gesagt: Die
Menschen sollen wissen, dass der Mensch nicht
nur stirbt, wenn sein physischer Leib stirbt, sondern dass er nach drei Tagen in der geistigen Welt
aufersteht.
Die geistigen Tatsachen hat man den Menschen
durch dieses Fest gezeigt. Und weil es im Herbst
lag, hat man noch etwas anderes gesagt: Die
Natur stirbt ab und man muss bis zum Frühling
warten, ehe sie wieder aufersteht. Der Mensch ist
aber der Gegensatz der Natur; der Mensch lebt fort
nach dem Tode in der geistigen Welt. Das
Adonisfest wurde gefeiert, wenn die letzten
Früchte geerntet waren. Die Menschen kamen zur
Winterruhe und sollten aufwachen im Geiste.
Dieses Adonisfest (man hat Adonis unterschiedliche Namen gegeben) ist überall gefeiert worden,
wo vorchristliche Religionen waren. Alte Religionen haben in dieser Weise von der Unsterblichkeit
der Seele geredet.
Johanneshaus Rundschau 3
Erst im 3.und 4. Jahrhundert kam es dazu,
dass ein Osterfest so gefeiert wurde wie jetzt.
Die Menschen haben nicht mehr so wie früher die Zusammenwirkung von Sonne, Mond
und Erde verstanden. Und man wollte auch
Das Osterfest soll ein Erinnerungsfest
an die Auferstehung,
an die Unsterblichkeit der
Menschenseele sein.
die alten Wahrheiten aus der Welt zu schaffen. Die Menschen sind unwissend geworden
darüber, dass das Erscheinen des Christus
auch etwas mit der Sonne zu tun hat. Das
Mysterium von Golgatha zeigt eigentlich in
der äusseren Wirklichkeit, was im Bilde mit
dem Adonisfest gezeigt wurde. In den alten
Zeiten brauchte man das Bild, eine sinnliche
Anschauung. Nun aber soll man sich im
Geiste, in der Seele an diese geistigen
Ereignisse erinnern.
Das Osterfest soll ein Erinnerungsfest an
die Auferstehung, an die Unsterblichkeit der
Menschenseele sein.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohe
Ostern!
Kati Kolk
Andre haben andre Schwingen,
Aber wir, mein fröhlich Herz,
Wollen grad hinauf uns singen,
Aus dem Frühling himmelwärts!
Joseph von Eichendorff (1788-1857)
4 Johanneshaus Rundschau
Eine besondere Osterfeier
Als junger Vertriebskaufmann arbeitete ich in den
Fünfziger – Anfang Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts als Nahostdelegierter einer
deutschen Firma. Unser Wohnsitz war Istanbul. Zu
meinem Arbeitsbereich gehörte Jordanien, zu dem
die heute Westbank genannte Region und
Jerusalem zählten. Zu dem noch jungen Probst der
evangelischen Gemeinde Joachim Weigelt knüpfte
ich freundschaftliche Bande.
So kam es, dass ich ihn im April 1959 von
Amman aus anrief und meine Anwesenheit im
Land bekundete. Spontan lud er mich ein, doch sofort nach Jerusalem zu kommen. Er habe eine Einladung zum äthiopisch-koptischen Osterfest für
zwei Personen, ich könne ihn begleiten. Eingeladen
seien die höchsten Würdenträger aller in
Jerusalem vertretenen christlichen Glaubensgemeinschaften wie die Griechisch-orthodoxen,
Katholiken, Armenier, Anglikaner und andere –
darunter er, als Vertreter der deutschsprachigen
evangelischen Kirche.
Das Osterfest solle in der Helena-Kapelle, auf
dem Dach der Grabeskirche, gefeiert werden. Ihre
Hoheit, die Kaiserin Menen von Äthiopien, Frau
von Haile Selassie, zur Zeit zum Besuch der heiligen Stätten in Jerusalem, lade dazu ein. Kaiserin
Licht
Menen – auch „Mutter Afrika“ genannt – hat in
ihrem Land entscheidend für den Zugang zur
Bildung, gerade auch für Mädchen, durch Bau von
Schulen und Krankenhäusern gewirkt.
Noch am gleichen Abend fuhr ich zu Weigelts.
Auf der Helena-Kapelle war ein großes Zelt aufgestellt, in dem wir warteten, dass die Kaiserin mit
ihrem Hofstaat erschien, geleitet vom koptischäthiopischen Erzbischof und einer Reihe von Priestern in langen dunklen Gewändern. Es wurde gesprochen – wohl Bibelverse – und uns eintönig
erscheinende Melodien mit Begleitung von Handtrommeln gesungen. Der Höhepunkt war die
Prozession, angeführt von der Kaiserin. Dreimal
umschritten wir die kleine Kuppel auf der HelenaKapelle und sagten oder sangen: „Der Herr ist auferstanden, er ist wirklich auferstanden!“, jeder in
seiner Sprache. Die äthiopischen Priester trugen
dabei Kreuze vor sich her und untermalten ihre
Worte mit dumpfen Trommelschlägen. Zurück im
Zelt wurden Bibelverse rezitiert und erneut
Gesänge angestimmt.
Danach verabschiedete sich die Kaiserin mit
ihrem Hofstaat, und
auch wir Gäste stiegen
wieder hinab in die
Gassen Jerusalems.
Ernst Maxeiner
Ein später Frühling
ließ uns ersehnen
Licht und Wärme.
Der Sonne Blick
durch graue Wolken
war schon Verheißung.
Wie jedes Jahr
erwachten die Blüten
zu voller Pracht
als ein Geschenk
der Mutter Natur.
Solch einer Gabe
müssen wir uns
stets würdig erweisen,
denn Gott ist’s,
der dieses Wunder
durch sein Licht
zu unserer Freude
sich entfalten lässt.
Für manchen Menschen
Ist es betrüblich,
auf viele Freuden
verzichten zu müssen;
vertraut er Gott,
wird dieser ihm
sein schweres Los
auch tragen helfen.
Lothar Hoppe
Johanneshaus Rundschau 5
Aus der Geschäftsführung
Liebe Leserinnen und Leser,
die Tage werden wieder länger und wir freuen uns,
die wärmenden Strahlen der Sonne erfrischend zu
erleben – jeden Tag ein wenig mehr!
Was erwartet uns in diesem Jahr 2015? Was
wollen wir Wesentliches tun?
Seit vielen Jahren schon beschäftigt uns an vielen Stellen wiederkehrend das äußerst beanspruchende Arbeitsumfeld der Pflegenden vor allem in
der stationären Pflege. Keine Woche vergeht, in
dem es keine Zeitungsartikel, Talkshows, Interviews zu diesem Thema gibt. Und dieses Thema ist
bei uns im Johanneshaus genauso präsent wie in
der Öffentlichkeit – ja, vielleicht sogar noch mehr,
da hier von Seiten der Pflegenden ebenso wie von
Seiten der Gepflegten ein besonderer Anspruch
besteht: Wir sind/Ihr seid doch ein anthroposophisches Haus, das muss sich doch in einer besonderen Pflege ausdrücken, oder?
„Ertüchtigung“ im Ernst-Zimmer-Haus: Wir stemmen das!
In diesem Jahr 2015 wollen wir uns intensiv
damit beschäftigen, Rahmenbedingungen für die
stationäre Pflege zu schaffen, die zu einer höheren
Zufriedenheit führen können. Dies beginnt bei
Regeln für die Dienstplangestaltung, geht weiter
mit der Festlegung und Veröffentlichung eines
verbindlichen Stellenplanes und der Schaffung eines Aushilfen-Pools, um Krankheitsausfällen zu
begegnen und Überstunden zu verringern. Aber
auch inhaltlich-fachlich wird gearbeitet: Gezielt
wird fortgebildet und qualifiziert, Konzepte müssen neu erarbeitet werden und die Möglichkeiten,
die uns gesetzlich gegeben werden, sollen ausgelotet und genutzt werden. So wurden zum Jah6 Johanneshaus Rundschau
resbeginn zwei Vollzeitstellen in der Betreuung
neu geschaffen. Im Herbst wollen wir möglichst
sechs Auszubildende in das nächste neue Ausbildungsjahr an unsere Fachpflegeschule in Stuttgart schicken. Das Ehrenamt soll weiter verstärkt
werden, um den Pflegenden zu helfen, Raum und
Zeit für ihre kraftzehrende Arbeit zu finden. Pflege
soll nicht aufopfernd, sondern verantwortungsbewusst erfolgen und muss dafür auch die entsprechende Anerkennung erhalten! Wir wollen alle
Beteiligten mitnehmen auf diesem Weg: die Bewohner ebenso wie die Mitarbeiter und auch die
Angehörigen.
Neben diesem „Schwerpunkt Pflege“ werden wir
die Planungen für den Neubau Pflege weiter voranbringen ebenso wie für die Ertüchtigung der
Häuser 2 und 3. Hier schaffen wir einen neuen
Standard für unsere Wohnungen im Betreuten
Wohnen. In einer Musterwohnung können alle Interessenten diese Ausstattung sehen und erleben.
Fachlich wollen wir in diesem Jahr im Johanneshaus erstmals eine „Tagespflege“ anbieten.
Diese soll sowohl Pflegebedürftigen offen stehen,
die vom Ambulanten Dienst im Betreuten Wohnen
versorgt werden als auch Besuchern von außerhalb. Damit öffnen wir das Johanneshaus wieder
ein wenig mehr in die Gemeinde und geben andererseits Bewohnern mit Pflegebedarf die Möglichkeit, zusätzliche Leistungen von der Pflegekasse zu
erhalten.
Auch die Schaffung einer „ambulant betreuten
Wohngemeinschaft“ wollen wir intensiv weiter
planen. Diese Wohnform kann Menschen, die aufgrund eines erhöhten Pflegebedarfes vermehrter
Unterstützung bedürfen, die aber andererseits
noch jünger sind und ein weitgehend selbstbestimmtes Leben führen wollen, eine Alternative zur
stationären Pflege aufzeigen.
Es gibt also wieder viele Vorhaben, um die Entwicklung des Johanneshauses als modernes und
zukunftsorientiertes „Zentrum für Lebensgestaltung im Alter“ konsequent fortzuführen.
Ein gutes Jahr 2015 wünscht Ihnen
Thomas Kirst
Die Zeichen der Zeit erkennen und verstehen
Jeden Montagvormittag treffen sich Menschen im
Johanneshaus zu gemeinsamer Arbeit. Einer der
Schwerpunkte in den letzten 3 Jahren war die
Beschäftigung mit den Mysteriendramen Rudolf
Steiners. Dabei wurde immer deutlicher die
Aktualität der in den Mysteriendramen aufleuchtenden Probleme, sei es auf individueller, sei es auf
gemeinschaftlicher Ebene, und der drängende
Wunsch entstand, sich mit Fragen der Gemeinschaftsbildung, der Konfliktlösung, des Aufeinanderzugehens zu beschäftigen.
So war es für die Teilnehmerinnen des Montagskreises im letzten Jahr folgerichtig, als im Mai
ein Aufruf aus der Ukraine an alle Anthroposophen
der Welt erschien mit dem Wunsch, eine weltweite Geistgemeinschaft zu bilden, sich diesem anzuschließen.
Die Aufmerksamkeit und die Bereitschaft zum
tätigen Mitwirken wurde von vielen Menschen in
vielen Ländern so verstanden, dass sie Mitwirkende in dieser Geistgemeinschaft werden wollten.
Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem
mitteleuropäischen Geistesleben zu im Hinblick
auf die Entwicklung der sechsten, der slawischen
Kulturepoche.
Herr Jean-Sébastien Catalan, der Initiator dieses Bemühens, der die Arbeit der verschiedenen
Gruppen dieses Weltzweiges koordiniert, fühlte
sich in einem Brief von der Öschelbronner Gruppe
vollumfänglich verstanden als Vermittler für die
Willensentschlüsse von Menschen zur Bildung
einer Geistgemeinschaft in der ganzen Welt.
In dem Brief der Öschelbronner Gruppe wurde
folgendes ausgeführt: „Im Zusammenhang mit
einer Arbeit am zweiten Mysteriendrama ergab
sich im Gespräch über das 6. bis 9. Bild und aus
gegebenem Anlass der bevorstehenden EuropaWahl die Frage nach der Aufgabe Europas. Es
wurde deutlich, dass vor allem das Geschehen in
Ost-Europa und jetzt in der Ukraine der Schrei der
Menschheit nach der geistigen Kultur MittelEuropas ist.
Nun haben die Betroffenen und so sehr geprüften Seelen einen Weg gezeigt, der, wenn es auch
ein weiter und sicher oft steiniger und dorniger
Weg sein wird, zu einer Geistgemeinschaft der
Menschheit führen kann.“
Die Gruppe im Johanneshaus vereinigte sich
daraufhin in der gemeinsamen Arbeit an dem Vortrag von Rudolf Steiner vom 15. 06. 1915, GA 159
„Gemeinsamkeit über uns, Christus in uns“.
Im Bewusstsein der Geistgemeinschaft erklingt
zu Beginn und zum Abschluss des gemeinsamen
Bemühens der Spruch, den Rudolf Steiner uns
geschenkt hat:
Du, meines Erdenraumes Geist!
Enthülle Deines Alters Licht
Der Christ-begabten Seele,
dass strebend sie finden kann
Im Chor der Friedenssphären,
Dich, tönend von Lob und Macht
Des Christ-ergebenen Menschensinns.
Marianne Worel,
Ursula Langellotti,
Hedi Delfino
Johanneshaus Rundschau 7
Was dann?
Menschen, die von uns gegangen sind
Wo wird es bleiben,
Was mit dem letzten Hauch entweicht?
Wie Winde werden wir treiben Vielleicht!?
Gudrun Brauer
am 11.11.2014
Ilse Meußdoerffer
am 15.11.2014
Margret von Reinersdorff
am 20.11.2014
Johanna Fischer
am 25.11.2014
Jutta Kraus
am 09.12.2014
Barbara Handloser
am 10.12.2014
Norbert Assmann
am 10.12.2014
Elfriede Krämer
am 16.12.2014
Lore Buck
am 06.01.2015
Walter Wettinger
am 14.01.2015
Egidius Heikampf
am 14.01.2015
Marianne Knebl
am 10.02.2015
Elfriede Keller
am 17.02.2015
Gisela Schwenker
am 21.02.2015
Else Geiges
am 23.02.2015
Ilse Toeppe
am 04.03.2015
Werden wir reinigend wehen?
Und kennen jedes Menschen Gesicht.
Und jeder darf durch uns gehen,
Erkennt aber uns nicht.
Wir werden drohen und mahnen
Als Sturm,
Und lenken die Wetterfahnen
Auf jedem Turm.
Ach, sehen wir die dann wieder,
Die vor uns gestorben sind?
Wir, dann ungreifbarer Wind?
Richten wir auf und nieder
Die andern, die nach uns leben?
Wie weit wohl Gottes Gnade reicht.
Uns alles zu vergeben?
Vielleicht? - Vielleicht!
Joachim Ringelnatz (1883-1934)
8 Johanneshaus Rundschau
Gang im Frühling
Menschen, die zu uns gekommen sind
Die Karwoche ist da, voll und übervoll
Rosalinde Hock
am 10.11.2014
von Klängen und beladen mit
Annelore Kuhnle
am 17.11.2014
Erinnerungen an grelle Ostereierfarben,
Nelly Blinten
am 01.12.2014
an Jesus im Garten Gethsemane,
Erika Mauch
am 08.01.2015
an Jesus auf Golgatha,
Ewald Mauch
am 08.01.2015
an die Matthäuspassion,
Josef Rissler
am 13.01.2015
an frühe Begeisterungen,
Maria-Renata von Heynitz
am 26.12.2014
erste Verliebtheiten,
Krafft von Heynitz
am 23.01.2015
erste Jünglingsmelancholien.
Thea Kirschner
am 03.02.2015
Anemonen nicken im Moos,
Ida Wandelt
am 05.02.2015
Butterblumen glänzen fett
Elisabeth Burkart
am 11.02.2015
am Rand der Wiesenbäche.
Gisela Schwenker
am 11.02.2015
Einsamer Wanderer,
Brigitte Marquardt
am 15.02.2015
unterscheide ich nicht zwischen
Paula Spitzer
am 27.02.2015
den Trieben und Zwängen.
Einer, der sich für die naivsten Ideale
der Welt hinzugeben bereit ist, ist mir
viel lieber als jemand, der über alle
Gesinnungen und Ideale klug zu reden
versteht, aber für keines auch nur zum
kleinsten Verzicht fähig wäre.
Menschen, die das Haus verlassen haben
Arno Albert Boike
am 15.11.2014
Florian Hennig
am 17.12.2014
Josef Rissler
am 14.02.2015
Hermann Hesse,
aus „Kunst des Müßiggangs“
Johanneshaus Rundschau 9
KULTUR IM JOHANNESHAUS
Junge Interpreten
Das Sinfonieorchester der Musikschule Ettlingen
Am Samstag, den 22.November 2014 kam das Orchester unter dem Dirigenten Nikolaus Indlekofer
mit der Violinistin Annika Fuchs zu uns und brachte ein ausgewogenes Programm mit: zum Eingang
die Coriolan-Ouverture von Beethoven, das Violinkonzert von Niccolò Paganini als strahlenden
Mittelpunkt und nach der Pause die 6. Sinfonie von
Dvorak, bei der auf dem Podium wirklich auch der
letzte Platz von den jungen Musikern besetzt war.
Schon bei der Coriolan-Ouverture erfreute der
volle von den Bläsern belebte Orchesterklang, der
durch die Tonart c-moll die Stimmung der fünften
Sinfonie von Beethoven heraufzauberte. Dann
machte das Konzertmeisterinnenpult der Geigen
den Platz frei, und die Solistin des Programms,
Annika Fuchs, trat sicher auf, eine schlanke elegante Erscheinung, ansprechend und angemessen gekleidet. Das viersätzige Werk Paganinis wurde von
ihr unglaublich souverän gemeistert, ihre stupende
10 Johanneshaus Rundschau
Technik mit Doppelgriffen, Staccato- und Flageolett-Passagen, Glissandi und linke-Hand-Pizzicato,
alles vorbildlich. Im zweiten Satz war die warme
Kantilene ebenso zu bewundern wie im vierten
Satz der volle Ton auf der tiefsten Saite. Ein brausender Beifall dankte der jungen Solistin für die
überragende Leistung.
Nach der Pause war das andere Hauptwerk, die
Dvorak-Sinfonie, die große Aufgabe für die jugendlichen Streicher und Bläser. Das Werk, 1881
noch vor den Reisen Dvoraks in die „Neue Welt“
entstanden, erfreute uns im böhmischen Urton:
Schon der erste Satz zeigte ein Gespräch zwischen
dem Streicher-Ensemble und den Holz- und Blechblasinstrumenten, die vom Dirigenten hervorgehoben wurden und kraftvoll hervortraten. Das
Andante des zweiten Satzes kam uns in seiner
Melodik entgegen, im dritten Satz erfolgte im
mehrfachen Wechsel von Scherzo und Trio eine
KULTUR IM JOHANNESHAUS
Belebung durch den Wechsel von Dur und Moll,
und rhythmisch überraschte im fulminanten
Schlusssatz, dass in den Walzertakt ein Zweiertakt
hineingearbeitet ist.
Wir haben unter Leitung von Nikolaus
Indlekofer ein großartiges Erlebnis gehabt mit den
jugendlichen Interpreten, deren Leistung durch
das gesonderte Präsentieren der Stimmgruppen
von dem Dirigenten hervorgehoben wurde.
Der große Beifall der Hörer ließ erkennen, dass
wir gern weitere Aufführungen des Ettlinger
Sinfonieorchesters im Johanneshaus erleben
möchten.
Johannes Ziemann
Harfenkonzert
Die Italienerin Assia Cunego ist seit vielen Jahren
in Öschelbronn ein gern gesehener Gast mit ihrer
Harfe und begeisterte auch im Advent wieder mit
ihren überragenden künstlerischen Darbietungen.
Das Motto des Programms war „Ein Orchester
in der Hand“, und obwohl das eigentlich unglaublich klingt, war es doch genau das, was die zahlreich erschienenen Zuhörer zu hören bekamen, die
die zarte Gestalt in dem zauberhaften Abendkleid
mit lebhaftem Beifall begrüßten. Assia Cunego
erläuterte mit klarer Stimme das Programm, das
Werke umfasste, die sonst kaum im Konzertsaal zu
hören seien, da Werke für Soloharfe und Orchester
in der Regel nicht auf den Programmen stünden.
So habe sie sich entschlossen, zu ihrer Solostimme
auch den bearbeiteten Orchesterpart auf der Harfe
zu übernehmen. Und das unmöglich scheinende
Unterfangen gelang mit einer Virtuosität und
Intensität, die die Zuhörer atemlos und angespannt lauschen ließ. Die überragenden Leistungen der Künstlerin ergeben sich aus ihrem von
Erfolgen und Auszeichnungen geprägten Werdegang, der sicher neben der Begabung auch von
großem Arbeitseinsatz und vielen Übungsstunden
geprägt ist. Sie erläuterte auch kurz die technischen Schwierigkeiten, die sich bei der Pedalbenutzung ergeben.
Der erste Programmpunkt war ein klassisches
Konzert des Komponisten F.A. Boieldieu (1775–
1834), und dank der ausgefeilten Spieltechnik war
klar erkenntlich, wann sie als Soloharfenistin spielte oder wo der Orchesterpart überwog. Es war ein
leicht verständliches und eingängiges Werk, bei
dem das Zusammenspiel von Solistin und Orchester zu unterscheiden war.
Ein chronologischer Schritt hin zur Moderne
war das folgende Stück von C. Debussy (1862–
1918) Danse Sacrée, das an die Zuhörer schon höhere Anforderungen stellte. Aber der impressionistische Charakter der Komposition kommt den
Möglichkeiten des Instruments Harfe sehr entgegen. Das letzte Stück im Programm war ein dreisätziges Harfenkonzert des Komponisten R. Glière
(1875–1956) und führte die Zuhörer so in die
Moderne.
Da die Konzerte der Harfenistin Assia Cunego
immer wieder unterschiedliche Schwerpunkte
haben und auch – wie bei den oben beschriebenen
Werken – oft unbekannte Komponisten beinhalten, warten wir gespannt, was sie uns bei ihrem
nächsten Konzert bieten wird. Hoffentlich sehen
wir sie bald wieder im Johanneshaus.
Hedi Delfino
Johanneshaus Rundschau 11
KULTUR IM JOHANNESHAUS
Ein besonderes Neujahrskonzert
Schon seit Jahren ist es Tradition, dass am 2.
Januar im Johanneshaus ein Neujahrskonzert
stattfindet, das von Susanne Hagemann geleitet
wird.
Auch dieses Jahr gab es wieder ein ganz besonderes Konzert, das auch viele auswärtige Besucher
anzog. Viele verschiedene und selten gehörte Instrumente kamen zum Einsatz, und die Musik
schien von oben wie aus weiter Ferne in den Saal
zu gelangen, nicht nur, weil sie auf der Empore
begann. Nach den einleitenden Worten von
Susanne Hagemann spitzten alle Zuhörer die
Ohren, als die Cimbeln mit ihrem zarten Klingen zu
hören waren, die Gongs aus allen Richtungen
erklangen, die Psalter leise gestrichen wurden und
die Gemshörner im Duett und Quartett spielten.
Nach der Rezitation eines Gedichtes spielten eine
Gambe und eine Chrotta ein Duo, danach zwei
Leiern im Duett, ein Gemshorn mit einer Leier und
eine Leier allein. Die Formationen fanden sich an
verschiedenen Stellen im Saal zusammen, so dass
die Augen immer in andere Richtungen schweiften. Trotz der Vielfalt der Instrumentierung und
obwohl die Zusammensetzung ständig wechselte,
war dieser erste Teil des Konzerts mit seinen
Stücken alter Musik wie aus einem Guss, alle
lauschten andächtig und konzentriert dieser
himmlischen Musik, die wirklich wie aus einer
anderen Welt zu kommen schien.
Nach einem weiteren Gedichtvortrag bestritt
ein Trio aus Block- bzw. Querflöte, Viola und Cello
den zweiten Teil des Konzerts mit Werken von
Bassano (anknüpfend an die alte Musik des ersten
Teils), Telemann und zum Schluss einem beschwingten Stück von Johann Michael Haydn.
Selten habe ich die Augen der Besucher beim
Verlassen des Saales so leuchten sehen, sie waren
ergriffen und erfüllt von den Klängen der Musik,
die sie erleben durften.
Hedi Delfino
Karlsruher Konzert-Duo
Am 24. Januar gastierte das Karlsruher KonzertDuo (Reinhard Armleder, Cello und Dagmar
Hartmann, Klavier) im Johanneshaus. Sie brachten
ein umfangreiches und vielfältiges Programm mit.
12 Johanneshaus Rundschau
Sie begannen mit einem romantischen Komponisten, Robert Schumann,
einem Adagio mit innigem Ausdruck
und anschließend einem feurigen
Allegro con brio.
Es folgten Werke von Komponisten
des späten 19. Und frühen 20. Jahrhunderts wie Jean Sibelius, Sergei
Prokofjew, David Popper und Claude
Debussy sowie moderne z.T. noch lebende Komponisten wie Peter Klatzow (geb.
1945) und Nikolai Kapustin (geb. 1937),
dessen Burleske höchste Anforderungen
an die technischen Fertigkeiten der
Musiker stellte und die Zuhörer zu frenetischem
Beifall hinriss. Es handelte sich durchweg um unbekannte oder selten gespielte Stücke von unterschiedlichem Charakter, alle jedoch von großer
KULTUR IM JOHANNESHAUS
musikalischer Intensität , die die Zuhörer in ihren
Bann schlugen und immer von Neuem aufmerksam horchen ließen. Dieses abwechslungsreiche
Programm wurde mit großer Meisterschaft dargeboten: Das seit 1997 bestehende Duo hat
Meisterkurse bei den bekanntesten Solisten besucht und zahlreiche Preise bei Wettbewerben gewonnen sowie bereits einige CDs eingespielt und
Konzertreisen in die ganze Welt unternommen.
Man merkt dem Spiel der Künstler an, wie gut
sie aufeinander eingehen und wie ausdrucksstark
ihre Interpretationen der Werke sind. Hinreißend
war als Zugabe das Stück von Gabriel Fauré „Après
un rêve“ (Nach einem Traum).
Neben ihrer umfangreichen Tätigkeit als Kammermusiker und Solisten unterrichten beide Musiker am Badischen Konservatorium in Karlsruhe.
Wir freuen uns schon auf ein Wiederhören des
Konzert-Duos aus Karlsruhe im Johanneshaus!
Hedi Delfino
Die Meistergeigen
Das war wirklich ein besonderes Konzert!
Michael Ewers, der Konzertmeister des Südwestdeutschen Kammerorchesters, brachte uns am 31.
Januar ein besonders schönes Programm zu Gehör.
Bürgermeister Kurz begrüßte neben den Bewohnern des Johanneshauses auch die zahlreich erschienenen Zuhörer aus Niefern. Er hob mit berechtigtem Stolz hervor, dass die 2013 von Richard
Riedel gebaute Meistergeige in Niefern entstanden
ist. Herr Göbel verwies danach auf das hochkarätige Programm, das zu hören sein werde.
Zu Beginn spielte Michael Ewers Fritz Kreislers
Werk „Präludium und Allegro“ mit einer erwärmenden Cantilene und einem brillant gespielten schnellen Satz; der Künstler zeigte dabei die Möglichkeiten des ganz jungen Instrumentes. Mit Freude begrüßt
wurde dann die mit Recht beliebte Frühlingssonate von Beethoven und die in der
Neuen Welt komponierte Sonatine
von Dvorak, in der deutlich Klänge
aus der im gleichen Jahr entstandenen Sinfonie hörbar wurden.
Dass die beiden Hauptwerke vor
der Pause von Michael Ewers
meisterhaft gespielt waren,
zeigte der große Beifall.
Mit Vergnügen und Ausdauer verfolgten wir den zweiten Teil, in dem Michael Ewers in
seinem Element war und uns mit schmelzenden
Tönen und zu bewundernder Akrobatik und
Eleganz bezauberte: zuerst die mitreißende
Habanera von Camille Saint-Saens. Aber dann
geschah bei den Zigeunerweisen von Pablo
Sarasate etwas Unvorhergesehenes: eine Saite
riss! Bei dem erstaunlich raschen Wiedererscheinen des Künstlers präsentierte er uns ein Vorgängerinstrument von 2009 von Richard Riedel, auf
dem er dann in vertrauter Weise weiterspielte.
Bartoks Rumänische Volksweisen, markant komponiert, erfreuten in ihrem burlesken Stil. Auf den
tosenden Beifall hin beschloss eine verträumte
Melodie den Abend. Jetzt wurde auch der Erbauer der schön erklungenen, meisterlich gebauten Geigen, Richard Riedel, auf dem Podium geehrt.
Es darf erwähnt werden, dass die „Endabnahme“ aller von Richard
Riedel gebauten Geigen
im Festsaal des Johanneshauses wegen seiner besonders ausgewogenen
Akustik geschieht und dass
diese durch den Bruder Riedels,
den Konzertmeister aus
Baden-Baden, erfolgt.
Johannes Ziemann
Johanneshaus Rundschau 13
KULTUR IM JOHANNESHAUS
Die kleinen Gesten der sieben Zwerge
Das Märchenensemble des Eurythmeums Stuttgart führte am 7. Februar 2015 das Grimm‘sche
„Schneewittchen“ im Festsaal auf.
Zur Winterzeit erlebte das Johanneshaus mit
Schneewittchen eines der klassischen Märchen
aus der Sammlung der Gebrüder Grimm. Im
Festsaal war das Eurythmie-Publikum aus dem
Haus erschienen, erfreulicherweise umrahmt von
Familien mit kleinen Kindern. Auf der sanft
beleuchteten Festsaalbühne wurde das Märchen
von gut ausgebildeten,
noch jungen Künstlern
aus Japan, Iran, Italien,
Spanien, Kolumbien,
Peru und Deutschland
aufgeführt. Michael
Leber, selbst Eurythmist, hat das Märchen einstudiert. Als
Regisseur verfügt er
über eine jahrzehntelange Erfahrung und
kommt mit seinen
Märchengruppen seit
langem einmal jährlich
ins Johanneshaus.
Das internationale
Ensemble zeigte eine
erfrischende und zugleich künstlerisch eindrucksvolle Leistung. Die
eurythmisch dargestellte Rolle des reinen, unbeschwerten Bildes von Schneewittchen bereitete
das ganze Märchen hindurch Freude. Im Publikum
war es in den sogenannten Sprechpausen häufig
mucksmäuschen still. Die bewegte Schar der kleinen Männer, die, wie es bei den Gebrüdern heißt,
„in den Bergen nach Erz hackten und gruben“,
waren humorvoll und feinfühlend individuell
gestaltet. Mit kleinen Gesten formten die 7 Zwerge
eine gemeinsam erlebte Harmonie im Raum. Was
die Sprache betrifft, sei die Frage erlaubt: wieviel
Dramatik in der Stimme braucht ein so geheimnis-
14 Johanneshaus Rundschau
volles Märchen? Ein ruhig gesprochener Text
könnte die aufregende Handlung vielleicht noch
wirkungsvoller unterstützen.
Eher eine Kleinigkeit, aber doch nicht bedeutungslos: Ist dramaturgisch der sprechende Spiegel ausschließlich im „roten Verführerreich“ angesiedelt? Hier wäre zugunsten der Klarheit auch
eine andere Lösung denkbar. Verständnishalber sei
angemerkt, um welchen Spiegel es sich handelt.
Bekanntermaßen wird dieser im Märchen mehrmals von der Stiefmutter befragt: „Spieglein, Spieglein an der
Wand, wer ist die
Schönste im ganzen
Land?“ Die Antwort
lautet: „Frau Königin,
ihr seid die Schönste
hier, aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als ihr!“
Es ist die uns stets neu
überraschende klare
Antwort an die böse
Stiefmutter. Insgesamt führte die Darbietung
herzerfrischend bis ins Innerste
des Grimm‘schen Märchens. Dankbar erfüllt ging das Publikum am Ende
nach Hause.
Um die 100 Aufführungen in mehreren Ländern
hat sich die Märchenbühne für diese Produktion
vorgenommen. Der Weg führt die Gruppe bis nach
Italien und China. In Öschelbronn sah man die
fünfte Aufführung. Von hier aus wünschen wir der
freudebringenden Gemeinschaft viel Kraft auf
ihrer menschenverbindenden Reise durch die Welt.
Martina Möhle
Volker Rothfuß
Aus manchem Reim
erwächst ein Keim,
im rechten Licht
wird’s ein Gedicht,
durch’s rechte Wort
gedeiht es fort.
Im rechten Bemüh’n
kann es erblüh’n;
Wird’s Früchte tragen?
(Könnte man fragen).
Dem Einen behagt’s,
der Andre beklagt’s,
denn manch‘ Gedicht
versteht er nicht.
Doch das Papier
kann nichts dafür,
ohne zu mucken
lässt sich’s bedrucken.
Zum halben Preis
bekäme man’s weiß
als willkommene Beute
für schreibende Leute,
denn ihre Reime
sprießen wie Keime.
ROSENMONTAG
im Johanneshaus
Zu Beginn der letzten Bewohnerversammlung am 11. Februar
trug der Geschäftsführer Thomas Kirst ein Gedicht von
Theodor Storm vor:
O wär im Februar doch auch,
Wie’s ander Orten ist der Brauch
Bei uns die Narrheit zünftig!
Denn wer, so lang das Jahr sich misst,
Nicht einmal herzlich närrisch ist,
Wie wäre der zu andrer Frist
Wohl jemals ganz vernünftig.
Das nahmen sich die Bewohner des Johanneshauses zu
Herzen und erschienen zahlreich und zum Teil phantasievoll
verkleidet zu dem traditionellen geselligen Beisammensein
am Rosenmontagnachmittag im Speisesaal des Johanneshauses, um sich mit Krapfen und Getränken zu stärken,
umsorgt und bedient von dem mit einer schicken langen
Lederhose bekleideten Andreas Moos und seiner Mannschaft,
nein, Frauschaft.
Wem’s nicht gegeben
in diesem Leben:
Nichts ist verloren;
du wirst bestimmt
auch einst wiedergeboren.
Lothar Hoppe
Gegen vier Uhr setzten sich alle in Bewegung und erreichten in einer langen Prozession den Festsaal, in dem die sechs
Musiker des Ensembles Sentimental, auch sie nicht zum
Johanneshaus Rundschau 15
ersten Mal, in einem Konzert aufspielten.
Unter der Leitung von Claudiu Rupa gab es
mitreißende Melodien von Bizet, Puccini,
Strauss, Brahms und anderen Komponisten,
dazwischen auch einige besinnliche Lieder,
von einer Sängerin des Pforzheimer Theaters vorgetragen, die am Ende des Konzert
mit dem Schwips-Lied von Johann Strauss
die Zuhörer zu Beifallsstürmen hinriss, bis
sich Claudiu Rupa und sein Ensemble mit
einem virtuosen und mitreißenden Stück
verabschiedeten.
Bei einem gemeinsamen Abendessen
mit Kartoffelsalat und Würstchen klang der
Rosenmontag im Johanneshaus aus.
Hedi Delfino
16 Johanneshaus Rundschau
Johanneshaus Rundschau 17
Reise nach Florenz im Jahre 1952 per „Autostop“
Zwei junge Studentinnen mit knappster Kasse brechen im August 1952 in Köngen am Neckar auf zu
ihrer ersten Auslands-Kulturreise. Nur „Autostop“
kommt in Frage. Die Autobahnen aber, die wir
heute kennen, gibt es noch nicht. Dieser unveränderte Tagebuchbericht von damals zeigt uns, wie
die Jugend sieben Jahre nach dem zweiten Weltkrieg die Welt eroberte.
Am Mittwoch sieben Uhr früh Abfahrt auf der
Tübinger Landstraße. Wir haben Glück und bekommen ein Auto, das uns mitnimmt bis nach
Konstanz. Tübingen, Hechingen, Balingen, wir
kommen heran an die Schwäbische Alb, vorbei an
Hohenzollern und nähern uns dem Bodenseegebiet. Radolfzell – und wir sehen den See, und am
anderen Ufer die Schweizer Hügel. Wir fahren am
Ufer entlang vorbei an der Reichenau, sehen ihre
Häuser und Kirchen herüberwinken und kommen
endlich nach Konstanz. Dort locken uns Münster
und alte Bauten vergeblich ins Innere der Stadt.
Nachdem wir hinter der Rheinbrücke ausgestiegen
sind, werfen wir einen verzichtenden Blick auf See
und Stadt, trösten uns mit „später“ und eilen zum
Zoll in Kreuzlingen. Nach fünf Minuten sind wir
auf Schweizer Boden – sind unsagbar glücklich –
und warten dann zwei Stunden vergeblich in der
Mittagshitze auf ein nächstes Auto. Unser Mut
sinkt gewaltig, und wir sind winzig klein geworden, als endlich ein erbarmungsvoller Schweizer
uns mitnimmt. Zwar nicht weit, doch ist unser
Glück nun wieder im Rollen. Mit einem Holländer
fahren wir bis Zürich, ein netter Züricher fährt uns
durch die Stadt, zeigt uns Universität, Museum mit
Rhodinplastiken davor, die Innenstadt, den See.
Der erste Schweizer See ist schon so schön, und es
sollte noch viel schöner kommen! Der Züricher See
begeistert uns, er ist voller Leben, dazu die ersten
Vorläufer der Berge. Von Zürich bis Luzern nimmt
uns ein Berliner Ehepaar mit, durch Zug am Zuger
See entlang bis zum Vierwaldstättersee. Dort gehen wir ein Stück am See hin, wünschen uns, statt
mit dem Auto mit dem Schiff weiterfahren zu können. Die Berge im Hintergrund des Sees werden
mir zum Erlebnis, die ersten zackigen Gipfel! Und
18 Johanneshaus Rundschau
die letzte Tour ist nach Arth an der Südspitze des
Zuger Sees, vorbei an der Hohlen Gasse bei
Küssnacht, um den Rigi herum – rechts verlieren
wir den letzten Zipfel des Vierwaldstättersees – da
liegt schon links der Zuger See. Am Eingang des
Dorfes, direkt zwischen Rigi und See, bleiben wir
über Nacht. Es ist sieben Uhr geworden, und wir
machen einen Sonnenuntergangsspaziergang an
den See hinaus. Vor uns die langsam verblassen-
Wir sind unsagbar glücklich – und warten
dann zwei Stunden vergeblich in der
Mittagshitze auf ein nächstes Auto.
den Farben von Himmel und See, weit draußen auf
dem See noch Helligkeit, bei uns zwischen den
Bergen schon Dämmerung, und hinter uns die
zackigen Gipfel im roten Abendlicht. Der letzte
Eindruck vom Fenster aus sind der Halbmond und
die Sterne, die sich funkelnd im See spiegeln.
Am anderen Morgen um sechs Uhr weckt uns
die Sonne, die gerade über die Berge steigt; der See
blitzt uns entgegen, und wir blieben am liebsten
da! Aber um sieben Uhr stehen wir doch wieder
auf der Straße, kriegen sofort ein Auto bis Altdorf,
und nun fängt der schönste Teil unserer Schweizer
Reise an. Vorbei an Schwyz fahren wir direkt auf
die schneebedeckten Berge zu, das enge Tal öffnet
sich plötzlich – und wir sehen den Vierwaldstättersee vor uns liegen, eingeschlossen von den
Bergen, die bis ans Wasser heruntergehen und das
Wasser lichtgrün erscheinen lassen. Wir fahren
von Brunnen bis Flüelen immer am See entlang,
etwas darüber erhoben, links die Felsen, rechts das
Wasser. Auf der anderen Seite sehen wir Wiesen,
darüber die Gipfel mit ihren Schneeflecken, und
noch höher den klarblauen Himmel. Es ist wirklich
der herrlichste Teil unserer Fahrt, den Vierwaldstättersee entlang. Von Altdorf geht es dann hinauf nach Göschenen. Der Weg wird steiler, das Tal
enger, die Kurven stärker, die Berge höher. Von
allen Seiten stürzen die Bäche von den Felsen
herab, das Grün der Wiesen wird saftiger und
dunkler. Und nun sind wir oben in Göschenen, ein-
Blick vom Gotthardpass auf Airolo
geschlossen von den Bergen, die Straße geht in
Windungen weiter hinauf zum Gotthard – aber wir
fahren zehn Minuten mit dem Zug durch den
Tunnel – und kommen in Airolo in der italienischen
Schweiz wieder an. Italienische Häuser, italienisch
aussehende und sprechende Menschen. Vor der
Sprache haben wir eine heillose Angst und sind
glücklich, von einem englischen Ehepaar bis
Lugano mitgenommen zu werden. Nun fahren wir
also wieder abwärts, das Tal wird breiter, die hohen
Berge bleiben mehr und mehr zurück. Die Landschaft ist eine völlig andere als auf der Nordseite
des Gottard, viel leichter, lieblicher, und als wir
endlich an der Promenade des Luganer Sees entlang fahren, denken wir schon mitten in Italien zu
sein. Blauer Himmel, blaues Wasser, Palmen, Menschen, die Zeit haben. Wie gern blieben wir dort an
diesem ersten italienischen See – aber weiter geht
die Fahrt mit einem Deutsch-Schweizer über die
italienische Grenze in Chiasso und nach Como,
Der Hafen von Como
und nun sehen wir allerdings nur kurz und von der
abwärts führenden Straße aus den Comer See liegen zwischen sanften Hügeln, und endlich wird
uns klar, wirklich in Italien zu sein! Die Strecke
Como-Mailand führt uns mitten ins Flachland hinein. Ein französisch sprechender Italiener fährt uns
mit 100 km-Geschwindigkeit bis auf den Domplatz
in Mailand. Da stehen wir mit unseren schweren
Rucksäcken ziemlich hilflos, den Dom sehen wir
nur in der Fassade ohne große Begeisterung und
müssen dann all unseren Scharfsinn zusammen
nehmen, um zu erfahren, wie man zur Via
Allemagna ins Albergo della Gioventù kommt,
erleben ein Stück des Mailänder Nachtlebens, das
sich auf der Straße abspielt, kommen vorbei am
Kastell, das ein riesiger viereckiger ringsherum
ummauerter Block ist und in dessen Tor 2 wir endlich die leider überfüllte Jugendherberge finden.
Dort drückt man uns einen Zettel für ein anderes
Nachtlager in die Hand, und nach einigen Begegnungen mit hilfsbereiten und aufdringlichen Italienern landen wir im „Aufbewahrungsheim für
junge Mädchen“ bei katholischen Schwestern. Die
Schwestern sprechen nur italienisch, und wir jubeln, als wir im Schlafsaal englische Touristinnen
treffen. Nachdem wir uns anhand eines Stadtplanes informiert haben, wie wir auf die Straße nach
Piacenza kommen, schlafen wir wundervoll nach
diesem aufregenden Tag. Wir wollen uns in Mailand gar nichts ansehen, auch nicht das Abendmahl, wir wollen nur unsere Rucksäcke loswerden
und von den Autostraßen wegkommen!
Johanneshaus Rundschau 19
So beginnen wir um acht Uhr früh unseren dritten Reisetag, fahren nur ein kurzes Stück von 30
bis 40 km, und dort nimmt uns ein Neuseeländer
mit, der geradewegs nach Florenz fährt. Wir sind
sprachlos vor Glück und merken erst unterwegs,
wie schwierig es geworden wäre, in all diesen
Städten wieder zu stehen und zu winken! So sitzen
wir wohlbehalten in unserem prachtvollen Auto
und fahren mit 100 und mehr km durch das norditalienische Tiefland. Anfangs sehen wir nur Reisund Maisfelder, dazwischen Wasseradern und
Pappelreihen, grün und nochmal grün. Mitten
durch die italienischen Dörfer fahren wir, wo die
Menschen vor den Häusern sitzen, trinken und
reden und anscheinend gar nicht arbeiten. Auch
durch Städte kommen wir, können uns aber nur
flüchtig umschauen: Piacenza, Parma, Modena,
Bologna. Und gleich hinter Bologna windet sich
die Straße den Apennin hinauf, um erst in Florenz
wieder ins Tal zu kommen. An Kilometern ist diese
Strecke gar nicht so lang, aber durch unglaubliche
Windungen, Steigungen, völlig unübersehbare
Kurven muss man so langsam fahren, dass uns die
Zeit unerträglich lang vorkommt. Trostlos und öde
ist diese Gegend. Völlig kahl, kein Wald, nur umgepflügte Felder und höher hinauf Ödland. Dazu glühende Mittagssonne, Staub, verfallene und zer-
So sitzen wir wohlbehalten in unserem
prachtvollen Auto und fahren mit 100
und mehr km durch das norditalienische
Tiefland.
schossene Dörfer, alles grau und braun, einfach
schrecklich. Wir erwachen wie aus einer Lähmung,
als wir plötzlich, kurz nachdem der Futapass mit
903 m überwunden ist, die ersten Bäume und grünen Flächen sehen, Pinien und Zypressen, und
endlich im Abwärtsfahren Florenz unter uns liegen
sehen, umgeben von sanften grünen Hügeln.
Während wir in die Stadt einfahren, vorbei an San
Marco, Dom, Baptisterium, kommt es uns ganz
unwahrscheinlich vor, wirklich in Florenz zu sein.
Florenz
20 Johanneshaus Rundschau
Erika Müller
Über unsere Bussarde
Die Artenvielfalt der Vögel, die sich jetzt im Winter
im Park und den Futterhäuschen zeigen, ist spärlich
und überschaubar. Überraschungen durch unerwartete Besucher sind selten. In einem früheren
Beitrag listete ich die Arten auf, die uns hier auch
im Winter begegnen könnten, die man aber nur
selten zu sehen bekommt. Bussarde sieht man in
der Regel erst bei frühlingshaften Wetterlagen. Es
sind Mäusebussarde. Vielleicht überfliegen auch
mal Wespenbussarde oder Raufußbussarde unsere
Gegend. Den Namen Bussard (Mäusefänger,
musari) trägt der Vogel seit dem 13. Jahrhundert.
„Buse" war auch ein Name für „Katze", die wie der
Bussard Mäuse fängt. Beide Tiere miauen: „hi-ää".
Lebensraum unserer Bussarde sind offene
Felder, Wiesen, Weiden, Kahlschläge und Waldränder, wo sie von Ansitzen herab tagsüber und in
der Dämmerung geduldig auf Beute warten. Auch
Straßen bieten ihnen Beute. Gelegentlich warten
sie z. B. auf den Hochspannungsmasten an der
Einfahrt nach Pinache auf von Autos platt gefahrene Mäuse. Das ist auch für sie nicht ungefährlich. Verkehrsströme, Strommasten, Freileitungen,
Windkraftanlagen und Vergiftungen in den Durchzugs- und Überwinterungsgebieten verursachen
erhebliche Verluste. Ungefährlich sind dagegen
hassende Krähen. Mit lautem Geschrei verfolgen
sie einzeln fliegende Bussarde und hacken in ihre
Federn. Sie können ihnen nur schlecht ausweichen
und entkommen, weil sie zu träge sind. Die Krähen
jagen ihnen keine Beute ab. Sie jagen sie, bis sie
sich davon machen in größere Flughöhen. Der
Grund dieser lärmigen Attacken ist nicht ganz klar.
Bussarde ernähren sich von Mäusen, Reptilien,
Amphibien, Regenwürmern und anderen wirbellosen Kleintieren, erbeuten aber auch Kaninchen und
Hasen. Sie folgen oft den im Rüttelflug pflügenden
Bauern, um im frisch gewendeten Boden Nahrung
zu erbeuten. Sie haben ein erstaunliches Sehvermögen, können Bewegungen eines Kaninchens
auch noch 3 km weit wahrnehmen.
Wenn hier Nahrung knapp und das Klima rau
wird, fliegen sie nach Süd- und Westeuropa.
Auf dem Herbstzug kann man gelegentlich
Schwärme von Hunderten schauen. Bei uns überwintern dann statt ihrer Zügler aus nordischen
Ländern. Wenn es wärmer wird, kehren die hierherstammenden Vögel zu ihrem Nest des Vorjahres zurück. Auch ihre Küken des Vorjahres, die den
Wegzug überlebten, sind dabei. Das Wiedersehen
der Brutreviere wird mit lautem „hi-ää" bejubelt
und durch Sturz- und Kreisflüge gefeiert. Das sind
mitreißende Schauspiele. Stattdessen kann man
aber auch grimmige Kämpfe mit unerwünschten
Konkurrenten sehen.
In Baumkronen feldnaher Waldungen wird
dann das Nest gerichtet. Im Mai beginnt das
Weibchen etwa 30 Tage lang zu brüten. Das Männchen füttert und versorgt sie derweil und danach,
so lange es die Brut noch vor Kälte, Wind und Regen schützen muss. Insgesamt bleiben die Jungvögel 6 bis 7 Wochen im Nest, danach im umliegenden Geäst behütet. Dann sind sie flügge und
fähig, Beutejagd, Selbstversorgung und Selbstschutz zu erlernen. Eines von ihnen wird vielleicht
das Höchstalter von etwa 25 Jahren erleben.
Ulrich Burandt
Johanneshaus Rundschau 21
Foto: Roselies Gehlig
Das Johanneshaus und die
Klinik stehen auf Mittlerem
Muschelkalk als Baugrund. Die
Fundamente der ehemaligen
Mitarbeiter-Häuser reichten
bis in den Unteren Muschelkalk, wie jetzt auch beim
Ernst-Zimmer-Haus.
Wie verschwindend kurz ist
die Zeitspanne, in der die
Johanneshausanlage existiert:
Gerade mal vierzig Lenze kommen da zusammen.
Ist das Anlass genug zum Feiern? (Mit vierzig
Jahren beginnt das sogenannte Schwabenalter, ab
dem der Mensch klug und reif wird). Das tägliche
Erleben im Johanneshaus zeigt jedoch, dass die
Vierziger-Linie keine Bedeutung hat, denn die
Menschen erreichen immer öfter höhere Lebensalter, die dann ja auch im privaten und öffentlichen Raum gewürdigt werden.
Zwar soll ein Menschenleben nach Bibelauskunft siebzig Jahre währen (Psalm 90, 10), und
wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre. Aber
selbst wenn wir hundert Jahre alt werden, was ja
heute häufiger vorkommt und immer noch staunenswert ist, was bedeutet diese Zahl gegenüber
einer Million oder mehreren Millionen Jahren Erdgeschichte? Uns Heutigen gemäßer erscheint die
Aussage, dass ein Tag vor dem Herrn ist wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag (2.
Petrus 3, 8).
Wenn wir die bisherige Standzeit des Hauses
von vierzig Jahren um den Faktor 2,5 vervielfältigen auf 100 Jahre (was technisch durchaus möglich ist), brauchen wir uns über die erreichbare
Lebensdauer des Gebäudes keine Gedanken zu
machen. Und bezüglich des Baugrundes kann vorsichtig wertend geschlossen werden, dass der ehemalige Meeresboden allein wegen seines hohen
Alters einen vorzüglichen Untergrund für
die Besiedlung abgibt.
Gerd Kutscher
Unser Wohnplatz –
Versuch einer zeitlichen Einordnung
In einem Vorläufer-Artikel (Rundschau Nr. 64) war
bearbeitet worden, welche Materialien beim Bau
des Ernst-Zimmer-Hauses verwendet wurden.
Heute soll der Baugrund bzw. der Standort der
Anlage näher betrachtet werden.
Was war vorher da?
Die Bagger brachten das Ergebnis ans Tageslicht!
Der Untergrund des damals hier schwappenden
Kalkmeeres war inzwischen längst verfestigt. Geowissenschaftlich ausgedrückt wird er als Muschelkalk bezeichnet. Das mit dem Meer ist ca. 240 Millionen Jahre her.
Es bildeten sich Sedimente, das Meer zog sich
zurück und Verlandungsprozesse setzten ein. Die
Gesteinsformationen, die den Untergrund bilden,
werden der Trias zugerechnet mit der Bezeichnung
Mittlerer Muschelkalk, hier unter Einschluss von
Stink-Quarzen.
Stinkquarz,
Kristalle aus Öschelbronn (Größen 0,7 - 2,0 cm), Foto: Roselies Gehlig
22 Johanneshaus Rundschau
Die Hauswirtschaft im Johanneshaus
In der Hauswirtschaft sind 22 Mitarbeiter beschäftigt. Davon sind 17 Mitarbeiter in der Hausreinigung tätig, die 7 Tage die Woche bemüht sind, alle
Flächen und Räume im Johanneshaus und ErnstZimmer Haus hygienisch sauber und ordentlich zu
halten. Neben den Reinigungsarbeiten im stationären Bereich, in Gästezimmern, Büro- und öffentlichen Flächen oder
nach Renovierungsarbeiten sorgen wir dafür, dass
unsere Bewohner in der
Haushaltsführung Ihrer
Appartements im Betreuten Wohnen individuell
Unterstützung erhalten.
Von der Produktauswahl
bis zum Praxiseinsatz sind
wir bestrebt, die Umwelt
und das Lebensumfeld der Menschen und ihre Gesundheit zu schützen.
Als Dienstleistungsbereich möchten wir dazu
beitragen, dass sich Bewohner, Mitarbeiter und
auch Gäste bei uns wohl fühlen. Für manche Bewohner sind wir „die gute Seele im Haus“.
In unserer hauseigenen Wäscherei kümmert
sich eine Teilzeitkraft, Frau Rosemarie Wolf, um die
komplette Wäscheversorgung. Neben Transport
und Verteilung der angelieferten Stationswäsche
und Dienstkleidung von externen Wäschereien
wird außerdem noch ein kleiner Teil an Bewohnerwäsche in altbewährter Weise gewaschen, getrocknet, aufbereitet und ins Appartement zurück
geliefert. Hier wird noch Wäsche aus nahezu allen
Bereichen des Hauses gewaschen: Vorhänge, Reinigungsmaterial, Wäsche von Therapie und Garten
und und und…. Service ist uns wichtig!
Das Hauswirtschaftsteam wird in den Bereichen Abfallentsorgung, innerbetriebliche Transporte und Waschraumhygiene von 2 tatkräftigen
Männern, Herrn Giuliana und Herrn Schönebeck
ergänzt. Verschiedene Transportarbeiten wie z. B.
der Essenstransport für das Ernst-Zimmer-Haus
oder die Materiallieferungen für die Wohnbereiche
sind weitere Aufgaben. Müssen Räume für Veranstaltungen gerichtet, ein Möbelstück von A nach B
gerückt werden oder braucht ein anderer Bereich
Unterstützung, hilft die Hauswirtschaft gerne aus.
Die Gesamtverantwortung und Leitung des Bereiches liegt bei Frau Franziska-Sophie Zucker und
deren Stellvertretung Frau Filippa Alaimo. Sie sind
zuständig für Personalplanung, Koordination aller
Arbeitsaufträge, Budgetüberwachung, Verwaltungsaufgaben, Lagerhaltung und sind in Sachen
Beratung, Reklamation und sonstigen Fragen und
Nöten Ansprechpartner für unsere Bewohner, Angehörige, aber auch Kontaktpersonen für Fremdfirmen. Neben Möblierung und Appartementräumungen aus Nachlässen wirken und organisieren
wir bei Veranstaltungen wie z.B. dem Martinibazar
mit und sind bemüht, dass alles am richtigen Platz
steht, bevor eine Veranstaltung beginnt.
Für die Zukunft wünschen wir uns, dass wir den
Spagat zwischen Menschlichkeit und Wirtschaftlichkeit weiterhin gut bestehen und wir die Zusammenarbeit mit allen Bereichen und unseren
Teamgeist stärken können.
Für die Hauswirtschaft
Maria Da Silva, Petra Harr,
Sonja Friebe, Franziska-Sophie Zucker
Johanneshaus Rundschau 23
Mitarbeiterjubiläen
Immer strebe zum Ganzen,
und kannst du selber kein Ganzes werden,
als dienendes Glied schließ an ein Ganzes
dich an.
Friedrich Schiller (1759-1805)
Herzlichen Dank allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern für ihre langjährige Treue zum
Johanneshaus und seinen Bewohnerinnen und
Bewohnern. Wir gratulieren Ihnen herzlich zu
ihren Jubiläen.
Ihr Thomas Kirst
20-jähriges Jubiläum
- Cristi, Gianna
Hausreinigung
am 01.02.2015
- Di Vincenzo, Santa
Stationäre Pflege
am 03.03.2015
- Kreuzer, Stefan
Garten
am 13.03.2015
- Schreiner, Lore
Betreuung stationär §87b
am 01.04.2015
- Klinge, Erdmann
Ambulanter Dienst
am 15.05.2015
15-jähriges Jubiläum
- Correddu, Cvijeta
Speisesaal
am 07.02.2015
5-jähriges Jubiläum
- Bünder, Jutta
Betreuung stationär §87b
am 15.02.2015
- Frenzel, Michael
Haustechnik
24 Johanneshaus Rundschau
am 19.04.2015
Hier L E B E N wir!
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Wer im Alter tätig bleibt,
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Im Johanneshaus Öschelbronn,
Zentrum für Lebensgestaltung im Alter, finden Sie ein Zuhause, in das Sie sich einbringen können, denn freiwilliges
Engagement prägt seit 40 Jahren unser Haus.
Zwischen Bewahren und Entwickeln leben wir die Balance
zwischen Individualität und Gemeinschaft, sozialer Verantwortung und wirtschaftlichem Handeln. Wir verstehen Alter
als wichtige Lebensphase, in der wir Selbständigkeit unterstützen und Individualität Rechnung tragen.
Im Johanneshaus leben künstlerisch-kulturelle, philosophisch-anthroposophische, handwerklich-lebenspraktische
und viele andere Bewohnerimpulse, die z.T. weit in die
Region ausstrahlen.
Wir bieten Betreutes Wohnen in freundlichen Appartements
und ein umfangreiches Dienstleistungsangebot der ambulanten und stationären Pflege (einschließlich Demenz).
Weitere Informationen unter
www.johanneshaus-oeschelbronn.de.
Gerne senden wir Ihnen auf Anfrage unser Informationsmaterial und stehen Ihnen für persönliche Gespräche und
Hausführungen zur Verfügung.
Am Eichhof 20
75223 Niefern-Öschelbronn
Telefon 07233 67-9711
[email protected]
www.johanneshaus-oeschelbronn.de
Notizen vom Eichhof
Lichterfest für Mitarbeiter
Mit Petroleumlampen wurde am 16. Dezember 2014
der Weg zur Johanneshaus-Gärtnerei beleuchtet.
Dort trafen sich die Mitarbeiter des Johanneshauses, um sich gemeinsam auf die Weihnachtszeit
einzustimmen und bei leckerem Essen und knisterndem Feuer den Feierabend gemütlich ausklingen zu lassen.
Dies alles wäre ohne die Mithilfe einiger Mitarbeiter nicht möglich gewesen. So lieferte uns beispielsweise die Küche leckeres Pilzragout, Brot und
Würstchen, die man nach Belieben über offenem
Feuer grillen konnte, der Hauswirtschaft und
Haustechnik verdanken wir den Aufbau, die wunderschöne Deko sowie Lichteffekte und Musik.
Auch die Gärtnerei war als Gastgeber natürlich an
der Vorbereitung beteiligt, die Scheune wurde leerund aufgeräumt, es wurde Holz gehackt, Stöcke
geschnitzt, Feuer gemacht und natürlich waren
auch die Schafe mit von der Partie, die nebenan im
Stall auf sich aufmerksam machten und sofort
neugierige Besucher anzogen.
Ein besonderes Highlight bot das Drehorgelspiel
von Frau Häußermann, die uns neben Glühwein
und dem köstlichen gärtnereieigenen „Öschelbronner Gewürztee“ einen lustigen Abend beschert hat.
Es war ein gelungenes Fest, für das sich der
Aufwand wirklich gelohnt hat!
Einen herzlichen Dank an den Förderverein, der
unser „Lichterfest“ mit einer Spende unterstützte!
Rebecca Platzek
FÖJ Gärtnerei
Modernisierung Sekretariat
Im Zuge der Ertüchtigung von Gebäude 3 erfolgte
im Dezember 2014 schon die Modernisierung des
Sekretariats. Unter anderem wurde ein neuer
Bodenbelag aus Kugelgarn verlegt, der sehr strapazierfähig und langlebig ist.
Die Farbgestaltung und die Büroeinrichtung des
Sekretariats wurde hell und freundlich ausgewählt
und bietet damit eine willkommene Atmosphäre.
Der Arbeitsplatz von
Frau Karin Drexler
wurde ergonomisch
gestaltet, die Beleuchtung entsprechend verändert
und die Möblierung
wie Büroschränke
und Empfangstresen dem angepasst.
Alle Arbeiten wurden trotz engem Zeitfenster von
unseren fachlich versierten Mitarbeitern der Haustechnik koordiniert und in Zusammenarbeit mit
Fremdfirmen umgesetzt.
Nach nur drei Wochen Renovierungszeit konnte
der Umzug in die gereinigten Räumlichkeiten stattfinden.
Das Team der Haustechnik mit Frau Drexler im neuen Büro
Als nächstes Projekt folgt die Renovierung und
Einrichtung eines Musterappartements und des
Büros der Koordination Belegung im Betreuten
Wohnen in Zimmer 3011.
Michael Frenzel
Johanneshaus Rundschau 25
Notizen vom Eichhof
Unser „Hand“-werk in der Pflege
Um die Weiterentwicklung der Pflege bemüht sich
seit einigen Jahren ein kleiner Kreis von Kolleginnen aus dem stationären und ambulanten Pflege-
bereich. „Schirmherr“ ist Herr Kirst in seiner Funktion als Heimleiter und damit letztlich auch verantwortlich für die Pflegequalität. Wir erarbeiten
einige Grundlagen der anthroposophischen Menschenkunde als Leitfaden für eine Pflege, die sich
an den Gegebenheiten des alt(ernd)en Menschen
orientiert und heilende Aspekte aus der anthroposophischen Pflegepraxis einbezieht: wir fördern
eine sensiblere Berührungsqualität durch Elemente der rhythmischen Einreibungen nach Wegmann/
Hauschka. Das Konzept zur Ertüchtigung der Pflegemitarbeiter für diese weiterentwickelte Pflege
ist jetzt in der Praxis angekommen: viermal im Jahr
bieten die Schülermentorin Britta Jahn und
unsere Expertin für anthroposophische Pflege
Adelheid Kast gemeinsam diese Einführung an.
Die vier Schüler der Altenpflegeschule am
Nikolaus-Cusanus-Haus erlernen die rhythmischen Einreibungen bereits in der Ausbildung.
Neben dem Betrachten des Wunderwerkes der
menschlichen Hand versuchen wir, Berührungsqualitäten zunächst an uns selber zu erproben,
bevor wir für den Rücken, die Schultern, Füße und
Knie Berührungsformen (= Einreibungen) üben,
die auch den Anforderungen der verschiedenen
Prophylaxen, dem vorbeugenden Handeln (z.B.
gegen Thrombose oder Pneumonie) genügen. Uns
26 Johanneshaus Rundschau
Pflegenden können Sie als Betroffene oder als Angehörige eine große Freude machen, wenn Sie uns
dafür gute Pflegeöle zur Verfügung stellen. Wir beraten Sie gerne!
Der „Runde Tisch Schöpferisch Pflegen“ war ein
Grund für die Verleihung des Nikodemus-Qualitätssiegels; wir hoffen, aus diesem Kreis noch weitere Ideen zur Vertiefung der Pflegequalität einbringen zu können. Klar ist, dass dieses Projekt
gegen die Widrigkeiten des Alltags mit Krankenstand oder akuten Gesundheitskrisen bei den Bewohnern, Mitarbeiterwechsel und sonstigen Unvorhersehbarkeiten einen langen Atem brauchen
wird. Der Anfang ist gemacht!
Britta Jahn und Adelheid Kast
JOHANNESHAUS ÖSCHELBRONN
CAFETERIA
Samstag, Sonntag und an Feiertagen
14.30-16.30 Uhr
Herzlich
Willkommen
ENTDECKEN SIE
UNSERE VIELFALT!
Kulturvorschau April bis Juli 2015
APRIL
11.04.
KONZERT
19:30 Uhr
Musizierkreis Laetitia
26.04.
KONZERT
16:00 Uhr
Tschechoslowakisches Kammerduo
09.05.
LIEDERABEND
19:30 Uhr
Annette Jahns, Hansjacob Staemmler
16.05.
FIGURENTHEATER
16:00 Uhr
Jorinde und Joringel
30.05.
SCHAUSPIEL
10:00-18.00 Uhr Der Hüter der Schwelle
JUNI
13.06.
KONZERT
19:30 Uhr
trio toninton
JULI
19.07.
MÄRCHEN
16:00 Uhr
duo mirabelle „Schneewittchen“
26.07.
KONZERT
16:00 Uhr
Eichhof-Trio
MAI
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Die Rundschau
Herausgeber
Johanneshaus gemeinnützige GmbH
Zentrum für Lebensgestaltung im Alter
Am Eichhof 20 · 75223 Niefern-Öschelbronn
Telefon 07233 67-0 · Telefax 07233 67-9210
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- kann im Internet kostenlos heruntergeladen werden:
www.johanneshaus-oeschelbronn.de/rundschau.htm
Redaktion: Hedi Delfino
Dorette Jensen
Hans Krauss
Gerd Kutscher
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Layout:
Renate Schmidt
Produktion: Schmidt Werbegrafik
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der jeweilige Autor verantwortlich. Die Redaktion behält
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Anzeigen: Ursula Weidmann
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Auflage:
1000 Stück
Fotos:
Johanneshaus
- erscheint viermal jährlich zu den Jahresfesten
Ostern – Johanni – Michaeli – Weihnachten
- lebt von den Beiträgen der Bewohner und Mitarbeiter.
Redaktionsschluss für die
Johanni-Ausgabe
am 29.04.2015
Michaeli-Ausgabe
am 05.08.2015
Weihnachts-Ausgabe am 28.10.2015
Johanneshaus Rundschau 27
April
Das ist die Drossel, die da schlägt
Der Frühling, der mein Herz bewegt;
Ich fühle, die sich hold bezeigen,
Die Geister aus der Erde steigen.
Das Leben fließet wie ein Traum –
Mir ist wie Blume, Blatt und Baum.
Theodor Storm