Umschlag 03_2015.indd - IHK Bonn/Rhein-Sieg

(Ein)Blick hinter die Kulissen
Die ganze Welt beneidet Deutschland um
sein Duales Berufsbildungssystem. Dessen Erfolg basiert auf einem Prüfungswesen, das bis ins Detail durchdacht
und organisiert wird – von den Industrie- und Handelskammern. Sie haben die
hoheitliche Aufgabe, die Prüfungen bundesweit einheitlich abzunehmen.
„Fühlen Sie sich alle gesundheitlich in der Lage, die
Prüfung abzulegen?“ Nadine Geloso, Prüfungssachbearbeiterin der IHK Bonn/Rhein-Sieg, blickt durch
den Großen Saal der Stadthalle Bad Godesberg. Vor
ihr sitzen 150 Auszubildende in Reih und Glied, jeder
an einem Einzeltisch. Es ist der erste Tag ihrer schriftlichen Abschlussprüfung. Ein Mikrophon überträgt die
klare Stimme Gelosos: „Wenn nicht, haben Sie jetzt
die Chance, von der Prüfung zurückzutreten.“ Niemand rührt sich. Leises Rascheln, als jemand ein Taschentuch aus der Packung zieht. „Dann wird ab jetzt
gewertet.“ Und los geht´s.
Maximal drei Stunden schreiben die angehenden Kaufleute aus fünf unterschiedlichen Berufen,
darunter 89 Industriekaufleute und eine einzige Drogistin. Zeitgleich beugen Auszubildende anderer Berufe sich in der Siegburger Rhein-Sieg-Halle, im Beueler Brückenforum und in der Stadthalle Troisdorf über
die IHK-Prüfungsbögen. Allein in Bonn/Rhein-Sieg
schreiben 850 Auszubildende in diesem Moment ihre
Abschlussprüfung. Und nicht nur das: Bundesweit bearbeiten etwa 320.000 junge Menschen am gleichen
Tag zur gleichen Zeit die jeweils gleichen Aufgaben
ihres Ausbildungsganges.
„Diese Prüfungen zu organisieren, ist eine logistische Meisterleistung“, sagt Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Berufsbildung und Fachkräftesicherung
der IHK Bonn/Rhein-Sieg. „Doch der große Organisationsaufwand zahlt sich aus: Die einheitlichen Berufsabschlüsse zum Ende der Dualen Ausbildung sind
bundesweit vergleichbar. Das sichert einen hohen
Qualitätsstandard und schützt uns vor Korruption.“
Ein Hauch von 007 umweht die Geheimhaltung:
Nachdem Prüfungsausschüsse die bundeseinheitlichen Aufgaben formuliert haben und die Prüfungsbögen gestaltet sind, gehen sie unter strengen Sicherheitsauflagen an drei bestimmte Druckereien. Sind
die Bögen gedruckt, verlassen sie die Druckereien
über speziell ausgebildete Kurierdienste. Alle Kuriere treffen bundesweit am gleichen Tag in einem Zeitfenster von nur zwei Stunden bei den Industrie- und
Handelskammern ein, um die Unterlagen persönlich
auszuliefern. „Sobald wir die versiegelten Umschläge entgegen genommen haben, kommen sie in unseren von innen vergitterten Sicherheitsraum“, erläutert
Sven Schnieber, Leiter der Prüfungsabteilung der IHK
Bonn/Rhein-Sieg. Prüflinge hatten schon die wildes-
Die Aufgaben werden bis zum Prüfungstag geheim gehalten. „Sobald wir
die versiegelten Umschläge entgegen genommen haben, kommen sie in den
Tresor in unserem von innen vergitterten Sicherheitsraum“, erläutert Sven
Schnieber, Leiter der Prüfungsabteilung der IHK Bonn/Rhein-Sieg .
ten Ideen, um vor dem Prüfungstermin an die Aufgaben heranzukommen. Jeder Prüfer kann Geschichten
von Einbruchs- und Erpressungsversuchen erzählen.
Es gibt nichts, was es nicht gibt
In der Stadthalle Bad Godesberg zieht Unruhe auf.
Hier und da meldet sich jemand, um kurz hinauszugehen. Zeit für Nadine Geloso und ihr Team aus fünf
ehrenamtlichen Aufsichtspersonen, die Augen besonders weit offen zu halten. Aus jedem Beruf darf immer
nur ein Prüfling den Saal verlassen, um Absprachen
auf dem Gang oder in den Waschräumen zu verhindern. Alle sind vor Prüfungsbeginn von Nadine Geloso
über die Konsequenzen eines Täuschungsversuchs informiert worden. Schon wenn ein Smartphone in der
Hosentasche klingelt, ist Schluss.
„Es passieren in jedem Jahr Dinge, bei denen wir
denken, dass die nicht wahr sein können“, erzählt Gelo-
Die Wirtschaft März 2015
9
TITELTHEMA
gegen. Die ersten Prüflinge nehmen ihre Jacken und
gehen nach draußen.
Prüfungsgebühren reichen nicht
150 Auszubildende aus kaufmännischen Berufen sind zur schriftlichen ­Prüfung
in der Stadthalle Bad Godesberg erschienen. IHK-Prüfungssachbearbeiterin
Nadine Geloso und die ehrenamtlichen Prüfer/innen und Aufsichtspersonen
Maria Kontz, Werner Engel, Rita Lülsdorf, Gerda Buhn und Michael
­Stelgens helfen bei der Organisation und überwachen die schriftliche Prüfung. Anschließend zählen Nadine Geloso und Werner Engel die Zahl der
­abgegebenen Prüfungsbögen und kontrollieren so, ob diese mit der Zahl der
anwesenden Prüfungsteilnehmer übereinstimmt.
so bei einem Rundgang durchs Foyer. Seit sieben Jahren organisiert sie Prüfungen: „Uns ist schon jemand
die Treppe heruntergefallen. Der Notarzt kam, die Prüfung musste abgebrochen werden.“ Bei einer Gelegenheit kam sie morgens in den Saal und musste feststellen, dass 50 Tische und Stühle zu wenig aufgestellt
worden waren. Wie auf Kommando wendet eine junge
Frau sich an Nadine Geloso, weil sie im Foyer einen
Personalausweis gefunden hat. Geloso trocken: „Ich
sammele Ausweise, Geodreiecke, Brötchentüten.“
Ohne ihre ehrenamtlichen Helfer/innen könnte Nadine Geloso keine ordnungsgemäße Prüfung
gewährleisten. Im Saal gehen Gerda Buhn, Rita
­
Lülsdorf und Maria Kontz auf leisen Sohlen durch
die Gänge zwischen den Tischen. Michael Stelgens
nimmt die ersten ausgefüllten Prüfungsbögen ent-
Ihr IHK-Ansprechpartner:
Sven Schnieber,
Telefon 0228 2284-122,
E-Mail: [email protected]
10
Die Wirtschaft März 2015
Zu einem Teil werden die Saalmieten, Korrekturen und
Aufwandsentschädigungen für die Aufsichtspersonen und Prüfer aus den Prüfungsgebühren der Unternehmen finanziert. Sie haben ein großes Interesse an
gut ausgebildeten Nachwuchskräften und stützen die
Duale Ausbildung.
Doch die Gebühren reichen nicht aus, um die
Zwischen- und Abschlussprüfungen zu finanzieren.
Die IHK Bonn/Rhein-Sieg bezuschusst sie jährlich mit
ca. 200.000 Euro. Außerdem leisten die Prüfer/innen
fast 40.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit pro Jahr.
Da etwa zwei Drittel von ihnen in der freien Wirtschaft tätig sind (Berufsschullehrer/innen bilden das
dritte Drittel) und für die Prüfungen freigestellt werden, übernehmen die Unternehmen einen nicht unerheblichen Anteil der Kosten. Steuerlich ließe sich das
Duale System nur schwer finanzieren.
Die IHK Bonn/Rhein-Sieg trägt außerdem die
Personalkosten für die Prüfungsabteilung. Im Bonner
Kammergebäude sind allein neun Mitarbeiter damit
beschäftigt, die Ausbildungsprüfungen rund um das
Jahr zu organisieren: Jeder Ausbildungsbetrieb erhält
bereits kurz nach Beginn der Ausbildung ein Schreiben mit Informationen zur Zwischenprüfung. Die Hallen, in denen die schriftlichen Prüfungen stattfinden,
müssen mindestens zwei Jahre im voraus gebucht
werden. Die mündlichen Prüfungen finden neben
dem Kammergebäude an insgesamt über zehn verschiedenen Orten statt und werden getaktet, damit
niemand zu lange warten muss. Praktische Prüfungen in den Betrieben werden organisiert. Und hat der
letzte Auszubildende seine Prüfung abgelegt, wird die
Bestenehrung vorbereitet.
TITELTHEMA
Der erste
Teil ist
geschafft:
Für David
Hartmann
(r.) und
­Jonas Horst
ist die Prü­
fung gut
gelaufen.
Schokobärchen als Glücksbringer
In Bad Godesberg hat David Hartmann seine Prüfungsunterlagen als einer der ersten abgegeben. Der 21-jährige Eitorfer macht bei einem Grillgroßhandel die Aus-
bildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Nun
steht er vor der Stadthalle und beißt in ein Rosinenbrötchen. Denn gefrühstückt hat er noch nicht. „Es ist
gut gelaufen“, meint er. „Die Fragen waren so ähnlich
wie in den Übungsklausuren am Berufskolleg.“
Auch Jonas Horst aus Ruppichteroth ist entspannt: „Ich war gut vorbereitet und wusste, dass ich
es kann.“ Als Glücksbringer hat er von seinem Klassenlehrer ein Schokoladenbärchen bekommen. Etwas
nervös war er schon: „Die Fahrt heute morgen entlang
der Bröl war nicht ganz so locker wie sonst.“
Die beiden angehenden Industriekauffrauen Me­
lanie Reinhertz und Katrin Roweda beraten sich
ihr upgrade in
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TITELTHEMA
Fachsimpeln
im Foyer:
„Was hast
Du geschrieben,
was ich
nicht habe?“
­ ngeregt im Foyer. „Was ist denn Corporate
a
Identity?“, fragt eine der beiden. „Und was
hast Du bei Konsignationslager geschrieben?“ „Das ist ein Warenlager eines Lieferanten beim Kunden“, hilft Danny Arndt,
der zu den beiden Frauen stößt. „Yes“, ruft
Katrin Roweda mit triumphierender Geste.
­
„Das habe ich.“
Entspannen können die jungen Leute noch nicht.
Am kommenden Tag folgt der zweite Teil der schriftlichen Prüfung. Wenn diese ausgewertet und bestanden ist, folgt die Einladung zur praktischen, bzw.
mündlichen Prüfung, in deren Anschluss die Zeugnisse überreicht werden. Für viele wird das nicht
die letzte Prüfung ihres Berufslebens gewesen sein.
Jonas Horst: „Ich werde mich auf jeden Fall weiterbilden.“
Ursula Katthöfer, freie Journalistin, Bonn
Zwischenprüfung verhauen? - VerA hilft
In der Zwischenprüfung kann der Auszubildende zeigen, ob er den gewünschten Ausbildungsstand erreicht hat. Ist dies nicht der Fall, sollten
Unternehmen schnell reagieren. Das gilt besonders, wenn der Auszubildende mit dem Gedanken
spielt, seine Ausbildung abzubrechen. Hier setzt
VerA an, ein Angebot für alle, die in der Ausbildung auf Schwierigkeiten stoßen.
Diese Initiative wurde Ende 2008 durch den
Senior Experten Service (SES) zusammen mit dem
DIHK und anderen Spitzenorganisationen gegründet. Auf Wunsch stellt der SES den Jugendlichen
berufs- und lebenserfahrene Senior-Experten zur
Seite. Diese Ausbildungsbegleiter
sind ehrenamtlich tätig. Sie begleiten
Übungen für die Berufspraxis, unterstützen die Vorbereitung auf Prüfungen, kümmern sich um den Ausgleich
sprachlicher Defizite und stärken
das Vertrauensverhältnis zwischen
Auszubildendem und Betrieb. Eine VerA-Begleitung ist kostenlos. Sie läuft zunächst über
zwölf Monate, kann aber bis zum Abschluss
der Lehre verlängert werden. VerA wird im
Rahmen der Initiative Bildungsketten vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) gefördert.
Verkürzte Ausbildungszeit
Doch Zwischenprüfungen fallen auch überdurchschnittlich gut aus. In diesem Fall können Auszubildende bei der IHK Bonn/Rhein-Sieg die vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung beantragen.
Voraussetzung ist, dass sowohl der Betrieb als
auch die Berufsschule die guten Leistungen bestätigen.
Für alle Fragen nach der Zwischenprüfung
stehen die vier Ausbildungsberater der IHK Bonn/
Rhein-Sieg zur Verfügung. Sie kommen in die Unternehmen, um kostenlos und unverbindlich zu beraten. www.vera.ses-bonn.de
Silvia Kluth | Büroberufe, Dienstleister / Sybille Bugs | Handel, Lager und Finanzen / Dionysis Kotzias | Hotel
und Gaststätten, Logistik, Versicherung, IT, Industrie / Gerd Lux | Medien- und technische Berufe
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Sie haben Ausbildungsplätze. Unsere Ausbildungshotline 0228 228-4444; E-Mail: [email protected]
12
Die Wirtschaft März 2015
TITELTHEMA
1.809 Prüfer/innen in 170 Ausschüssen
„Ohne Prüfer geht es nicht!“
„Das Wichtigste, um zu prüfen, sind unsere ehrenamtlichen Prüfer“, sagt Jürgen Hindenberg, Geschäftsführer Berufsbildung und Fachkräftesicherung der IHK Bonn/Rhein-Sieg. „Erst ihr Engagement
und ihre Zuverlässigkeit machen unsere IHK-Prüfungen möglich.“ Allein in Bonn/Rhein-Sieg sind es in
170 Ausschüssen insgesamt 1.809 Prüfer/innen für
Zwischen- und Abschlussprüfungen sowie für Fortbildungs- und Fremdsprachenprüfungen. Sie kor-
IHK-Präsident
Wolfgang Grießl
würdigt das
Engagement aller
Ehrenamtlichen:
„Ohne Sie
könnte die IHK
und letztlich
auch die gesamte regionale
Wirtschaft nicht
in der heutigen
Form existieren.
Sie sind eine
ganz besondere
Stütze.
“
rigieren weite Teile der schriftlichen Prüfungen
(teilweise werden die Antworten elektronisch ausgewertet). Ihre meiste Zeit verwenden sie jedoch darauf, die mündlichen, bzw. praktischen Prüfungen,
die nach den schriftlichen Prüfungen stattfinden,
inhaltlich vorzubereiten und abzunehmen.
Die Aufgaben der Prüfenden sind komplex,
die Ansprüche hoch. Sie müssen Auszüge aus dem
Berufsbildungsgesetz und die jeweilige Prüfungs­
ordnung kennen. Für behinderte Menschen gelten
besondere Regelungen. Die Prüfenden planen die
Abläufe und vermitteln den Kandidaten ein Gefühl
der Sicherheit. Sie beherrschen zahlreiche Prüfungsmethoden, von der Fallstudie bis zum Rollenspiel.
Und sie müssen die Leistungen der Prüflinge ermitteln und bewerten. Im Bedarfsfall entscheiden sie,
ob eine Ergänzungsprüfung notwendig ist. Schließlich bearbeiten sie Widersprüche.
Keine Regelung ist in Stein gemeißelt. Immer
wieder ändert sich etwas. Ein Beispiel: In den neu
geordneten Einzelhandels-, Elektro-, Metall-, KFZsowie in den naturwissenschaftlichen Berufen wird
die Zwischenprüfung nun durch die Abschlussprüfung Teil 1 ersetzt. Anders gesagt: Die Ergebnisse
aus der Zwischenprüfung zählen bereits für die Endnote. Die Prüfenden müssen am Ball bleiben.
Diese Männer und
Frauen sind seit
30 Jahren ehrenamtlich für die IHK
B o n n / R h e i n -S i e g
tätig. Beim Tag des
Ehrenamtes
2014
erhielten sie die Ehrung in Gold.
Die Wirtschaft März 2015
13
TITELTHEMA
„Wir investieren pro
Jahr etwa 20.000 Euro, um
unsere Prüfer zu schulen“,
Allein im Jahr 2014 haben in
erläutert Sven Schnieber,
Bonn/Rhein-Sieg 6.636
Leiter der PrüfungsabteiPersonen in einer
lung der IHK Bonn/RheinZwischen-, AbschlussSieg. „Viele von ihnen sind
oder Fortbildungsseit 15, 20 oder sogar 30
prüfung ihr Können
unter Beweis
Jahren dabei. Auch sie
gestellt (zum
werden alle fünf Jahre geVergleich: 2013
schult, um Wissen aufwaren es 6.688).
zufrischen und Neues zu
erfahren.“ Allein im Jahr
2014 hat die IHK Bonn/
Rhein-Sieg 28 Schulungen mit jeweils 30 Personen organisiert.
Abschlussprüfungen
Bei einer mündlichen
Fortbildungsprüfungen
bzw. praktischen Prüfung
Zwischenprüfungen
sitzen mindestens drei
Personen im Prüfungsausschuss: Ein VertreBeim vergangenen Tag des Ehrenamtes erhielten 41
ter der Arbeitgeber, ein Vertreter der Arbeitnehmer
Prüfer die Ehrung in Gold, weil sie ihr Ehrenamt beund ein Lehrer des Berufskollegs. Alle fünf Jahre
reits seit 30 Jahren innehaben. IHK-Präsident Wolfrekrutiert die IHK neue Prüfer/innen. Doch kaum
gang Grießl in seiner Würdigung aller Ehrenamtlijemand legt dieses Ehrenamt nieder. Denn nahezu allen macht die Arbeit großen Spaß. Viele sind
chen: „Ohne Sie könnte die IHK und letztlich auch die
schon seit vielen Jahren dabei oder sind nicht nur
gesamte regionale Wirtschaft nicht in der heutigen
in einem, sondern in mehreren Ausschüssen aktiv.
Form existieren. Sie sind eine ganz besondere Stütze.“
Prüfungen im Jahr 2014
1.173
2.379
3.084
Lesetipps
Zeitschrift „Prüfungs-Praxis“
Da das Prüfen sehr komplex ist und die Rahmenbedingungen regelmäßig an aktuelle Entwicklungen angepasst
werden, gibt die IHK Bonn/Rhein-Sieg gemeinsam mit
sechs weiteren Kammern
Deutschlands
einzige
Fachzeitschrift, die „Prüfungs-Praxis“,
heraus.
Sie wendet sich an Mitglieder von Prüfungsausschüssen und wird
von nahezu allen Kammern in Deutschland
gelesen.
Thematisch
geht es um Rechtsfragen, Methodik, Didaktik
und zuküftige Entwicklungen der Kompetenzfeststellung.
Die
Zeitschrift
erscheint
zweimal im Jahr und
14
Die Wirtschaft März 2015
wird allen Prüfern kostenlos zur Verfügung gestellt. Bestelladresse: www.ifa-verlag.de
Wegweiser „Prüfungs-Kompass“
Die Broschüre „PrüfungsPraxis: Wegweiser zur
Durchführung von Zwischen-, Abschluss- und
F or tbildungsprüfungen“
wird ebenfalls von der IHK
Bonn/Rhein-Sieg an die
Prüfer ausgegeben. Auf
178 Seiten gibt sie Auskunft zu Methoden, Mitteln und Bewertung von
Prüfungen. Ein ausführliches
Schlagwortverzeichnis führt direkt
zum gesuchten Stichwort.
Bestelladresse: www.ifa-verlag.de
TITELTHEMA
„Ich bin mit Leib
und Seele Prüfer“
Interview mit
IHK-Prüfer Werner Engel
Der 62-jährige Werner Engel war bis zu seinem
Ruhestand Ausbildungsleiter der ZF Friedrichshafen in Eitorf. Für die IHK Bonn/Rhein-Sieg ist er
seit 16 Jahren als ehrenamtlicher Prüfer für gewerblich-technische Berufe wie Industriemechaniker für Maschinen und Anlagenbau, Maschinenund Anlagenführer und Zerspanungsmechaniker
tätig. Pro Jahr nimmt er etwa 100 schriftliche und
praktische Prüfungen ab. Außerdem ist er bei den
schriftlichen Prüfungen der kaufmännischen Berufe Aufsichtsperson und Ansprechpartner.
Was hat Sie dazu bewogen, Prüfer zu werden?
Bei ZF in Eitorf wurden insgesamt 45 Jugendliche
ausgebildet. Es hat mir immer Spaß gemacht, mit
­jungen Menschen umzugehen. Als die IHK mich 1998
als möglichen Prüfer ansprach, war das eine gute
Gelegenheit, die jungen Leute bei ihrem Start ins
­
Berufs­leben zu unterstützen.
Was ist für Sie das Wichtigste bei einer Prüfung?
Uns ist sehr wichtig, den Prüflingen die Nervosität
zu nehmen. Bei praktischen Prüfungen sind wir
­jeweils ein Team aus mehreren Prüfern. Wir gehen
in die Unternehmen, da die Prüflinge an „ihren“
Maschinen zeigen sollen, was sie können, z.B. an
­
CNC-Maschinen. Viele sind sehr aufgeregt.
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karten­ noch Kreditvertrag mit Barclaycard haben.
TITELTHEMA
Die Stunde nach
der Prüfung:
Werner Engel und
Sven Schnieber,
­kontrollieren die
­abgegebenen
­Prüfungsbögen.
Wie nehmen Sie die
Nervosität?
Wir treten sehr ruhig
auf. Nur einer von uns
führt das Wort. Ruhe
und Gelassenheit sind
die Hauptkriterien. Je
hektischer wir wären,
desto hektischer würde
der Prüfling. Mir persönlich hilft die langjährige Erfahrung sehr.
Denn die Ausbilder in
den Unternehmen kennen mich seit vielen Jahren. Sie
können die Prüflinge schon im Vorfeld beruhigen und
ihnen sagen: „Diesen Prüfer kennen wir, der ist fair.“
Haben Sie einen Prüfling in besonderer Erinnerung?
(lacht.) Ja, den einen oder anderen. Einem habe ich
während des Fachgesprächs eine Frage gestellt und er
antwortete: „Das ist doch eine Fangfrage, die beantworte ich nicht.“ „Doch, doch“, habe ich gesagt, „das
ist eine Fachfrage, keine Fangfrage.“ Alle haben gelacht, das hat die Stimmung aufgelockert.
Was wünschen Sie sich von den Prüflingen?
Sie sollen sehen, dass wir Menschen sind. Auch wir
können Fehler machen. Aber wir beißen niemanden.
Was bedeutet es für Sie, von der IHK Bonn/RheinSieg für dieses Ehrenamt geehrt zu werden?
Das ist eine tolle Anerkennung – übrigens von beiden
Seiten. Auch ich danke der IHK für die Rückendeckung
und für die Schulungen, die sie uns Prüfern gibt. Falls
einmal Beschwerden kommen würden, könnten wir
uns immer auf die Kammer verlassen. Ohne diesen
Rückhalt würde der Job keinen Spaß machen.
Was macht denn so viel Spaß daran?
Jede Prüfung ist ein Erlebnis, ich erfahre immer
wieder Neues. Außerdem bleibe ich in technischen
­
Fragen auf dem aktuellen Stand. Ich bin mit Leib und
Seele Prüfer.
Was empfehlen Sie denen, die Prüfer werden
­möchten?
Die fachlichen Kenntnisse sind entscheidend. Und
man darf nicht vergessen, wie es in der eigenen Jugend war. Auch wir haben vor den Prüfungen gebangt.
Ratgeber: Den Prüflingen die Angst nehmen
Schweißausbrüche in der Nacht, Herzrasen am Tag und immer
wieder der Gang zur Toilette. Prüfungsangst kann sich in vielen Symptomen äußern, lange vor dem eigentlichen Prüfungstermin. Gedanken schießen durch den Kopf: Was ist, wenn ich
ein Blackout habe? Hilft eine Beruhigungstablette? Oder ein
Aufputschmittel? Soll ich mich krank schreiben lassen? Die Lösungsstrategien der Prüflinge reichen von der Entspannungsübung bis zum Aberglauben: Bloß am Prüfungstag nicht mit
dem falschen Bein aufstehen.
Die Prüfungsängste sind nicht zu leugnen – berechtigt sind
sie nicht. Denn die Prüfenden der IHK Bonn/Rhein-Sieg legen
Wert auf ihren partnerschaftlichen Prüfungsstil. Sie schaffen
eine angstfreie Atmosphäre. Denn nur wenn der Prüfling sich
sicher fühlt, kann er sein Wissen konzentriert formulieren und
zeigen, was er in den Jahren der Ausbildung gelernt hat. Erst
dann ist es möglich, seine Leistung objektiv zu bewerten.
Das ist typisch für den partnerschaftlichen Prüfungsstil:
„„Der Prüfling wird freundlich begrüßt, alle Prüfer stellen
sich vor. So entsteht eine gleiche Ebene. Der Prüfung
­verliert das Gefühl, vor Gericht zu erscheinen.
„„Der Ausschuss nennt das Sachgebiet, auf das sich die Fragen
beziehen. Die Einstiegsfragen sind vergleichsweise einfach.
16
Die Wirtschaft März 2015
„„Spüren die Prüfer, dass ein Prüfling Angst hat, gehen sie
darauf ein. Sie lassen nach jeder richtigen Antwort
­erkennen, dass ihre Erwartungen erfüllt wurden. Das
macht Mut.
„„Jeder Prüfling erhält genug Zeit zum Nachdenken.
„„Die Prüfer signalisieren, dass sie nur die erworbenen Fähig­
keiten des Prüflings feststellen möchten, nicht j­edoch
seine Schwächen.
Von dem Bestehen einer IHK-Prüfung hängt für jeden Prüfling
viel ab. Es geht um seine berufliche Zukunft. Noten beein­
flussen Karrierechancen und soziale Sicherung. Gleichzeitig
ist jede Prüfung ein Test für das Selbstwertgefühl. Klappt
die Prüfung, steigt das Selbstvertrauen. Klappt sie nicht,
­folgen Unsicherheit und Schwäche. Das wiederum führt zu
weiterer Prüfungsangst bei späteren Gelegenheiten – ein
­Teufelskreis.
Damit es gar nicht erst so weit kommt, können Unternehmen ihren Auszubildenden und Mitarbeitern in Fortbildungsprüfungen bereits während der Prüfungsvorbereitung zur Seite
stehen. Ein vertrauensvolles Gespräch zur richtigen Zeit räumt
viele Ängste aus dem Weg. Denn eines ist klar: Um die Abschlussprüfung kommt niemand herum.
TITELTHEMA
Prüfung
Restaurantfachleute
und Fachkraft
im Gastgewerbe
Es sieht aus wie ein Candle-Light-Dinner.
Doch der Schein trügt. Die Damen und Herren, die paarweise an den festlich eingedeckten Tischen sitzen, sind Prüfende und
Mitarbeiter der IHK Bonn/Rhein-Sieg. Fünf
angehende Restaurantfachleute und eine
Fachkraft im Gastgewerbe sind zu diesem
Prüfungstermin erschienen. Ein Protokoll.
Mit dem Tisch, den Candan Öztürk eindeckt, werden die Prüfer sehr zufrieden sein.
Das Geheimnis der Jakobsmuschel
11:27 Uhr - „Was wollen Sie denn jetzt schon
mit der Wärmeplatte? Der Fisch ist doch noch gar
nicht in der Pfanne. Der schwimmt noch im Wasser.“
Mit lauter Stimme ruft Michael Schürmann, Vorsitzender des Prüfungsausschusses, den Auszubildenden
zur Ordnung. Der guckt verwirrt, versteht dann aber,
was gemeint ist. Ruhig räumt er die Wärmeplatte zurück in ihren Ständer.
Der Tag der praktischen Prüfung hat es in sich. Seit
8:00 Uhr zeigen die Prüflinge im Katholischen Sozialen
Institut in Bad Honnef (KSI), was sie in ihrer zwei- bzw.
dreijährigen Ausbildungszeit gelernt haben. Alle tragen schwarze Kleidung, erlaubt ist höchstens ein weißes Hemd. An der Brust klebt jeweils eine Nummer, die
sich auf den Prüfungsbögen wiederfindet.
Zunächst hatten die Prüflinge die Aufgabe, ein
5-Gänge-Menü zu planen (s. Reportage Seite 19).
Jetzt wird es Zeit, die Tische im Europa-Forum des KSI
einzudecken. Für ein Menü mit einer Lachsterrine als
Vorspeise, einem Seezungenfilet als Hauptspeise und
einem Savarin mit Ananas zum Dessert. Denn am Gast
sollen die jungen Leute zeigen, dass sie servieren, filettieren und flambieren können. Michael Schürmann
erinnert: „Sie befinden sich in Ihrem Restaurant. Um
12:30 Uhr kommen die Gäste.“
11:48 Uhr - Candan Öztürk breitet einen roten Tischläufer über die Tafel, die sie für vier Personen deckt. Makellose Tischdecke, gefaltete Servietten, glänzende Gläser und funkelndes Besteck – die
Liebe zum Tisch ist der 27-Jährigen anzusehen. Sie
hat sich extern auf ihre Prüfung zur Fachkraft im
Gastgewerbe vorbereitet. Eine Berufsschule hat sie
nie besucht. Ihre Noten der schriftlichen Prüfung
waren bescheiden. Dafür glänzt sie mit Berufserfahrung. Jetzt gibt sie alles.
Wir sind eine anerkannte Werkstatt für Menschen mit Behinderungen und Partner für Industrie,
Handel und Handwerk an vier Standorten.
Für die Auftragsabwicklung stehen über 1.100 Mitarbeiter/-innen mit unterschiedlichsten
Qualifikationen zur Verfügung. Bei einer Auftragsvergabe können gemäß § 140 SGB IX,
50 % der anrechenbaren Auftragsleistung auf eine eventuell zu zahlende Ausgleichsabgabe
angerechnet werden. Unsere Produktionsbereiche sind:
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Büro- und Versanddienste/EDV
Druckerei
Elektronik
E-Recycling
Floristik
Garten- und Landschaftsbau
Holzbe- und -verarbeitung
•
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Küche/Verpflegungsmanagement
Lager/Logistik
Metallverarbeitung
Montage
Näherei
Verpackung
Gemeinnützige GmbH
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Tel.: 02222 / 83 02-0
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SOZIAL
KOMPETENT
LEISTUNGSSTARK
TITELTHEMA
Michael Schürmann lässt seinen prüfenden Blick über
ihre Tafel schweifen. „Wie servieren Sie denn die
Jakobs­
muschel, braucht man dazu Besteck?“ „Also
eigent­lich nicht“, sagt Candan Öztürk. Doch dann erläutert sie in klaren Worten, dass die Gäste die weiche
Jakobsmuschel in ihrer Suppe zwar mit dem Löffel zerteilen könnten. Doch 80 Prozent der Gäste nutzten
dazu ein Messer. Deshalb hat sie Messer eingedeckt.
„Gut“, sagt Schürmann kurz und knapp. Genau diese
Antwort wollte er hören.
13:23 Uhr -
Das Menü nähert sich seinem
Höhepunkt. Die Seezunge wird serviert – noch hat
sie Haut und Gräten. Es ist eine Herausforderung,
die Seezunge vor den Augen der Gäste zu filettieren.
Die Prüflinge schwitzen an ihren Serviertischen, auf
denen nun endlich die Wärmeplatten ins Spiel kom-
12:14 Uhr -
Die angehenden Restaurantfachleute werden
vor den Gastraum des KSI gebeten.
Sie erhalten ein kurzes Briefing:
„Kaffee wird nicht serviert. Digestifs auch nicht.“
Ebenfalls vor dem Gastraum
tritt Michael Schürmann auf Candan Öztürk zu. Schon an seiner
Miene sieht sie, dass sie die Prüfung bestanden hat. Und bricht
in Jubelschreie aus. Für sie ist der
Prüfungstag beendet. Für die anderen geht es erst richtig los. Die
Gäste haben Platz genommen.
Der erste Gratulant:
Andreas
Schürmann, Leiter
des Prüfungsausschusses, freut sich
mit Candan Öztürk über die bestandene Prüfung.
12:36 Uhr -
„Haben Sie Fischbesteck? Ja?
Glück gehabt.“ Einer der Prüfer geht durch die Reihen und begutachtet die eingedeckten Tische. „Ich
darf Ihnen schon einmal etwas bringen gegen den
großen Hunger. Ein bisschen Brot und Kräuterbutter“, heißt es an dem Tisch, der von der Auszubildenden mit der Nummer 4 bedient wird. Sie hat vergessen, die Kerzen anzuzünden. Zu spät – die Prüfer
haben es schon registriert.
Die Seezunge am Tisch unter den Augen der Gäste zu
filettieren, ist für die Prüflinge eine Herausforderung.
men dürfen. Darauf warten jeweils zwei Teller, damit
Salzkartoffeln, Spinat und Seezungefilet appetitlich
angerichtet werden können. Wohl dem, der das Filettieren schon einmal vor dem Gast geübt hat. Oder zumindest zuhause am Küchentisch. Offenbar hat nicht
jeder Betrieb daran gedacht, seinen Auszubildenden
auf diesen Teil der Prüfung vorzubereiten. „Bei uns im
Restaurant wird nur tranchiert. Das wäre mir entgegen gekommen“, gesteht eine Auszubildende.
13:57 Uhr -
Das Dessert trifft ein. Eine der
leichtesten Übungen. Den Gästen schmeckt es.
12:51 Uhr -
Die Vorspeise trifft ein, zubereitet von den Köchen des KSI, die für diesen Tag zur
Verfügung stehen. Nummer 1 reicht den Teller von
der linken Seite. Das
hätte nicht passieren dürfen. Serviert
wird immer von
rechts.
Die Prüflinge
sehen nach ihren
Gästen. „Schmeckt
es Ihnen?“, „Darf es
noch etwas Wein
sein?“
Tischdekoration:
Wer vergisst, die
Kerzen anzuzünden,
erhält Minuspunkte.
18
Die Wirtschaft März 2015
„Als Dessert gibt es ein Savarin mit Ananas.“
Jede Speise will erläutert werden.
14:17 Uhr -
Die Prüfer ziehen sich zur Beratung
zurück. Während die Prüflinge die Tische abräumen,
werden die Punkte für insgesamt sechs Arbeitsproben
am Laptop addiert und die Ergebnisse besprochen. Gespannte Ruhe, als auch das letzte Besteckteil in der Küche verschwunden ist. Und dann heißt es: „Herzlichen
Glückwunsch!“ Fünf junge Restaurantfachleute fallen
sich vor Freude in die Arme. Es ist geschafft!
Ursula Katthöfer, freie Journalistin, Bonn
TITELTHEMA
Ein Verkaufsgespräch während
der praktischen Prüfung
Hochzeitstorte oder DJ?
„Ratatouille? Ich wusste, dass diese
Frage kommt“, flüstert Sarah Schmitz.
„Jetzt habe ich ein Blackout.“ Die
21-jährige hält die Luft an. Sie hat
ihre praktische Abschlussprüfung zur
Restaurantfachfrau und nun fällt ihr
dieser blöde Gemüseeintopf nicht ein.
„Denken Sie noch einmal nach, Sarah“, ermuntert Katja
Türk, Prüferin und Lehrerin am Robert-Wetzlar-Berufskolleg. „Es gibt sogar einen Film mit dem Titel“, sagt Andreas Langner, Leiter des Restaurants Oliveto im Hotel
Königshof und ebenfalls Prüfer. Sarahs Gesichtszüge
entspannen sich: „Das ist ein Gericht aus fünf Gemüsen“, erklärt sie. „Richtig, und welche Gemüse sind das?“
„Tomate, Aubergine, Zucchini...“ Damit darf es gut sein.
Anspruchsvolle Brautleute
Sarah Schmitz hat im Prüfungsgespräch ihre Stärken ausgespielt
Sarah führt ein Verkaufsgespräch. Das ist Teil ihrer eintägigen praktischen Abschlussprüfung, die im Katholischen Sozialen Institut in Bad Honnef stattfindet. Sie
hatte die Aufgabe, für eine Hochzeitsgesellschaft mit
40 Personen ein 5-Gänge-Menü zu planen und weitere Zusatzverkäufe anzubieten. Zwei Stunden waren
Zeit, um sich das zu überlegen. Nun ist das Prüfungsgespräch in vollem Gange.
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TITELTHEMA
banal. Immerhin ist es meine Hochzeit!“ Oder: „HonigDie beiden Prüfer mimen das Brautpaar, das am 24. Juni
Senf-Dressing? Das mag ich nicht.“ Oder: „3,50 Euro für
2015 Hochzeit feiern möchte. Schon das ausgewählein Glas Wein von 0,1 Litern? Da
te Datum ist ein Stolperstein, den
trinken wir lieber Bier.“
Sarah gekonnt umgeht: Genau an
Das IHK Prüfungszeugnis
Sarah pariert die Ansprüche
diesem 24. Juni ist die Spargelzeit
des
Bräutigams
einen nach dem
vorbei. Die junge Frau sollte auf
Noch heute ist der Begriff „Facharanderen.
Ihre
Stärke
spielt sie bei
keinen Fall frischen Spargel einbeiterbrief“ oder „Kaufmannsgehilden
Zusatzangeboten
aus. „Wie
planen. Das tut sie auch nicht.
fenbrief“ in aller Munde. Allerdings
viele
Kinder
kommen
denn?
Sollen
Stattdessen bietet sie zum
erhalten die Prüfungsteilnehmer
wir
Chicken
Nuggets
anbieten?“
Empfang einen Prosecco an, dazu
heutzutage nach erfolgreichem Ab„Sehr gute Idee“, lobt das BrautFlammkuchen.
„Flammkuchen,
schluss das sogenannte IHK-Prüpaar. „Möchten Sie, dass wir einen
was ist das noch?“, fragt Andfungszeugnis. Dieses entspricht
DJ für Sie buchen? Oder eine Livereas Langner. „Das ist ein Rogeinem bundeseinheitlichen Layout
Band?“ „Was würde das denn kosgenteig, mit Schmand bestriund macht die Marke IHK-Prüfung
ten?“, fragt die Braut, die bei dem
chen und Speck gebacken. Gibt
für die Unternehmen einfach und
angehenden Ehepaar für die Fies auch vegetarisch.“ Das stellt
deutlich erkennbar. Die Absolvennanzen zuständig zu sein scheint.
den Bräutigam nicht zufrieden:
ten erhalten darüber hinaus als beMan einigt sich darauf, dass ein DJ
„Haben Sie auch was anderes?“
sonderen Service von der IHK Bonn/
reicht, die Live-Band sprenge den
Eine Frage, auf die die angehenRhein-Sieg weitere fünf Seiten mit
Kostenrahmen. Statt dessen gede Restaurantfachfrau gut voreiner Zeugniserläuterung sowie
lingt es Sarah noch, eine Hochbereitet ist, gleich bietet sie eine
einer englischen und französischen
zeitstorte, einen MitternachtsAlternative an: „Wir hätten auch
Übersetzungshilfe. Damit haben es
snack und zehn Doppelzimmer für
Tomate-Mozzarella-Spießchen.“
die Absolventen einfacher sich im
die Hochzeitsgäste zu verkaufen.
Das kommt zur Junizeit besser an.
Ausland zu bewerben und ihren AbZum Abschluss des Ge„Sehr gut, etwas Erfrischendes.
schluss zu erläutern. Denn das IHKsprächs
sagt sie ihren Kunden zu,
Das nehmen wir.“
Zeugnis steht für Qualität, Praxisnädas
Angebot
sofort fertig zu mahe und ist bundesweit vergleichbar.
chen und bittet darum, es in den
Gut gemacht!
kommenden Tagen unterschrieben
zurückzusenden.
Die Prüfer alias Brautpaar nicken
Andreas Langner hat den Part übernommen, immer
zufrieden.
„Ja,
das
haben
Sie ‚gut‘ gemacht.“
wieder nachzufragen: „Salzkartoffeln? Das ist mir zu
Unschlagbar: Bundesbeste
kommt aus Bonn/Rhein-Sieg
Ausbildung ist erst der Anfang:
100 Punkte – mehr geht nicht. Lisa Weltner aus St. Katharinen hat das geschafft. Sie hat ihre Ausbildung zur Verkäuferin bei der ALDI GmbH & Co. KG in Sankt Augustin mit der
Idealpunktzahl 100 abgeschlossen. Damit ist sie Bundesbeste des Prüfungsjahrgangs 2014. Bei der Bundesbestenehrung
in Berlin brachte DIHK-Präsident Eric Schweitzer es auf den
Punkt: „Unschlagbar.“
Jedes Prüfungsjahr endet mit den Bestenehrungen auf
Bundes-, Landes- und Kammerbezirksebene. Im vergangenen Dezember wurden in Bonn/Rhein-Sieg 46 der insgesamt
3.026 Auszubildenden, die ihre Prüfung abgelegt hatten, geehrt. Bei einer Feier in der Stadthalle Bad Godesberg erhielten
sie ihre Urkunden. IHK-Vizepräsident Alfons Am ZehnhoffSöns ermutigte die jungen Talente: „Sie sind die SpitzenAzubis 2014. Sie sind aber auch die Fachkräfte von morgen:
Hören Sie nicht auf, studieren Sie, machen Sie Ihren Fachwirt oder Meister! Bilden Sie sich weiter!“
Die Abschlussprüfung zum Ende der Ausbildung ist für viele Arbeitnehmer erst der
Anfang ihrer Karriere mit Lehre. Unser Berufsbildungssystem ermöglicht viele Aufstiegsfortbildungen. Sie münden in IHKAbschlüsse, die gemäß des Deutschen
Qualifizierungsrahmens (DQR) gleichwertig mit den Hochschulabschlüssen sind.
So entspricht der Abschluss als Fachkaufmann/frau oder Industriemeister dem Bachelor-Niveau. Geprüfte Betriebswirte und
Geprüfte Technische Betriebswirte haben
das Master-Niveau erreicht.
Um die Fortbildungsprüfungen zu organisieren, beschäftigt die IHK Bonn/
Rhein-Sieg vier hauptamtliche Personen,
die 3,5 Stellen inne haben. Hinzu kommen
allein 615 Prüfer in 46 Prüfungsausschüssen. Sie sind ehrenamtlich tätig.
Lisa Weltner schloss ihre Ausbildung mit der
Traumpunktzahl 100 ab und wurde Bundesbeste
20
Die Wirtschaft März 2015
Aufstiegsfortbildung
AUF EIN WORT
IHK-Prüfungen unsere starke Marke
Hinter jeder guten Marke – egal in welchen Wirtschaftsbereich Sie schauen
– steckt ein gutes Image und ein hervorragendes Team, das beständig daran
arbeitet, den Markenkern zu erhalten
und zu optimieren. Das Image „Duale
Berufsbildung - made in Germany“ ist
weltweit bekannt. Ausländische Delegationen geben sich die Klinke der IHK-Tür
in die Hand, um sich über unser hervorragendes berufliches Bildungssystem
zu informieren. Bei meinem Vortrag vor
unseren ausländischen Gästen wird es
irgendwann plötzlich ganz still im Raum
– nämlich genau dann, wenn ich bei den
40.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit
unserer Prüfer ankomme, die für die
Qualität unseres Berufsbildungssystems
stehen. Wenn ich dann auch noch erkläre, dass die gesamte Arbeit der IHK mit
keinem Cent Steuergelder subventioniert wird, um diese Prüfungen zu organisieren, dann habe ich das Gefühl, dass
unser deutsches duales System plötzlich
zum 8. Weltwunder wird.
Als ich meine Tätigkeit in der Berufsbildung in der Kammervereinigung
begann, gab mir mein Chef das Berufsbildungsgesetz in die Hand und sagte;
„Das ist von jetzt an Ihre Bibel. Lernen
Sie es auswendig, denn Sie sind dafür
verantwortlich, dass die gesamte Organisation aller Prüfungen so gestaltet wird, dass unser Ehrenamt (die Prüfenden) sich bei uns zu Gast fühlt und
unsere Betriebe einer reibungslosen
Abwicklung des Prüfungsgeschehens
gewiss sein können.“
Ich merkte schnell: Es ist ein Mammutprojekt in der Logistik, merkte aber
auch, dass die Kolleginnen und Kollegen,
die mit mir in der Verantwortung stehen, voller Motivation und Freude diese
Logistik-Dienstleistung für unsere Mitgliedsunternehmen mit Bravour vollbringen. Jeder weiß, dass man sich im
IHK-Prüfungswesen aufeinander verlassen muss.
Im Hauptamt sind wir ein kleines,
aber feines Team – aber ohne „unser“
Ehrenamt wären wir nichts. Daher
möchte ich auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen all unseren ehrenamtlichen Prüferinnen und Prüfern
danken, dass sie sich für die Zukunft
der deutschen Wirtschaft einsetzen. Sie
schaffen die Marke „Duale Berufsbildung – made in Germany“!
Sollten Sie, liebe Leserin und lieber Leser, sich jetzt angesprochen fühlen, und auch zu der elitären Gruppe der
IHK-Prüferinnen und -Prüfer gehören
wollen, so zögern Sie nicht, mich anzurufen! Damit die Marke IHK-Prüfungen
auch für die Zukunft durch kluge Köpfe
gesichert ist!
Jürgen Hindenberg,
Geschäftsführer Berufsbildung und Fachkräftesicherung der IHK Bonn/Rhein-Sieg
Jürgen Hindenberg, Telefon 0228 2284-146, E-Mail: [email protected]