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FOTO:
Wir bleiben weiter
unbequem!
Experteninitiative „DON‘T SMOKE“ findet breite Zustimmung
»A
usgabe 1/2015
Die Zeitschrift der
Eine unverzichtbare Stimme
Ambitionierte Ziele
» Patientenbeteiligung in Deutschland
nicht nur ein Schlagwort
» Bis 2032 soll die Gesundheitskompetenz
der Österreicher erhöht werden
ARGE
FOTO: JO HLOCH
Elisabeth Pless,
Büroleiterin der Epilepsie
Interessensgemeinschaft
Österreich, im Porträt
SELBSTHILFE:konkret
„Selbsthilfe braucht
gesicherte Rahmenbedingungen.“
Selbsthilfe
Österreich
ISSN 2306-1197
SELBSTHILFE:konkret A R G E S E L B ST H I L F E Ö ST E R R E I C H
KURZMELDUNGEN
Gastkommentar
Auszeichnung für Pharmig-Präsidenten
Entwicklungspotential
vorhanden
Die Evaluation der Aktivitäten ARGE Selbsthilfe Österreich zwischen 2012 und 2014
zeigt hohes Engagement der Beteiligten,
bescheidene Ressourcen und viel Entwicklungspotential.
Die ARGE Selbsthilfe Österreich versteht sich
zunehmend als souveräne Organisation zur
Vertretung der Patienteninteressen. Um die Patientenvertretung sein zu können, sind noch einige Herausforderungen zu meistern, wie etwa
die interne Stabilisierung sowie eine transparente und öffentliche Darstellung der Kernaufgaben und Anliegen.
Die bisherigen Finanzierungsmodelle der
ARGE binden zu viele Energien und stören die
eigentliche Arbeit. In einem weitgehend öffentlich finanzierten Gesundheitssystem muss es
auch eine öffentliche Aufgabe sein, eine bundesweite Selbsthilfevertretung als Interessenvertretung der Patienten zu finanzieren. Nur so
wird eine unabhängige Patientenvertretung garantiert, andernfalls nehmen unkontrollierbare
und selbsternannte „Patientenvertretungen“
ohne Basislegitimierung Einfluss. Sollte dieses
Anliegen nicht erfolgreich gelöst werden, sind
auch keine nachhaltigen Wirkungen der ARGE
als kollektive Patientenvertretung zu erwarten.
Bei einzelnen gesundheits- und sozialpolitischen Entscheidungen ist es der ARGE gelungen, markante Zeichen zu setzen. Dennoch
ist die ARGE Selbsthilfe Österreich noch ein
fragiles Gebilde, das höchster Aufmerksamkeit
seitens der Verantwortlichen im Sozial- und
Gesundheitswesen bedarf. Das vorhandene
Entwicklungspotential begründet die Erwartung auf eine erfolgreiche Arbeit in der Zukunft, sofern auch die äußeren Rahmenbedingungen, wie finanzielle und personelle Fragen,
entsprechend sind.
Univ.-Prof. Dr. Herbert Janig
2
FOTO: C. SAUPPER/PFIZER AUSTRIA
FOTO: FH KÄRNTEN
Für sein besonderes berufliches und wissenschaftliches
Engagement rund um die Pharmaindustrie erhielt
Dr. Robin Rumler den Berufstitel „Professor“.
Robin Rumler ist seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Pharmaindustrie in unterschiedlichen Bereichen tätig und in seiner Funktion
als Präsident der Pharmig, die er seit 2010 innehat, sind ihm die Entwicklungsmöglichkeiten und das Image der Pharmaindustrie ein besonderes Anliegen. Auch die Unterstützung der Selbsthilfe
in Österreich ist Rumler wichtig, da sie Patienten eine
Plattform bieten, wo sie sich mit ihrer Erkrankung,
mit Behandlungsoptionen und mit Möglichkeiten
zur Verbesserung ihrer Lebensqualität auseinandersetzen können. In der konkreten Zusammenarbeit
mit der Selbsthilfe stellt er die transparente und
interessenunabhängige Unterstützung, basierend auf dem Pharmig-Verhaltenskodex, in den
Mittelpunkt. Web: www.pharmig.at
Kurz gemeldet
„Das Leben hält sich nicht an Rendezvous.
Die Geschichte meiner Krebserkrankung“
Eigentlich wollte die Autorin nie ein Buch über Krebs schreiben, und
schon gar keines über sich selbst. Und doch war es in nur 27 Tagen
fertig. Mit oft beißender Ironie und schwarzem Humor beschreibt
die Autorin ihren Kampf gegen die Krankheit, aber nicht um die
eigenen Erfahrungen zu bewältigen, sondern
um anderen Betroffenen Mut zu machen, die
Krankheit und den Tod als Teil des Lebens zu
sehen.
• J acqueline Gillespie: Das Leben hält sich nicht
an Rendezvous. Die Geschichte meiner Krebserkrankung. Verlag Orac, Wien 2009,
ISBN 978-3-7015-0515-9
Buchtipps
„Lebe! Diagnose Krebs als Chance zur Veränderung“
Die Diagnose „Krebs“ heißt nicht zwangsläufig, dass alles aus ist.
Während diese Erkrankung für manche Menschen immer noch
ein Tabuthema ist, präsentieren sich in diesem Buch erstmals eine
Vielzahl von Krebspatienten, die Klartext sprechen und die vor
allem eines wollen: anderen Betroffenen helfen! Thomas Hartl hat
mit Experten und Betroffenen gesprochen und lässt diese selbst
erzählen, wie sie die „zweite Chance“ für sich genützt haben: Sie
entwickeln neue Fähigkeiten, leben das Leben dankbarer, bewusster
und intensiver als zuvor. Die realen Geschichten geben
Hoffnung und Mut an jene weiter, die aktuell in einer
schwierigen Situation sind. Die Berichte in diesem
Buch wecken Hoffnung und Mut und eröffnen Betroffenen und ihren Angehörigen neue Perspektiven.
•T
homas Hartl: Lebe! Diagnose Krebs als Chance
zur Veränderung. Verlag Ueberreuter, Wien 2015,
ISBN 978-3-8000-7615-4
www.selbsthilfe-oesterreich.at
Bürgerinitiative „Gleiche Rechte
für chronisch kranke Kinder“
Eine Studie der Medizinischen Universität Wien befasst
sich mit den Schutz- und Risikofaktoren für chronisch
kranke Kinder (Diabetes, Asthma, Epilepsie) in ihrem
Schulalltag. Die ersten Ergebnisse der Interviews waren
so dramatisch, dass Dr. Lilly Damm parallel zum wissenschaftlichen Arbeiten auch Lobbying für diese Kinder
begonnen hat. Dazu gehört die Gründung der Bürger­
initiative „Gleiche Rechte für chronisch kranke Kinder“ –
www.gleicherechtefuerchronischkrankeKinder.at – die bereits im Parlament eingebracht wurde. Derzeit ist das parlamentarische Verfahren im Gange und daher braucht die
Initiative möglichst viele Befürworter, um die schulischen
Rahmenbedingungen für diese Kinder zu verbessern.
In Österreich leben über 190.000 Kinder und Jugendliche
mit chronischen Erkrankungen. Die Schulen, Kindergärten und Nachmittagsbetreuungen sind darauf nicht vorbereitet und auch nicht ausreichend ausgestattet, so dass
diese Kinder in ihrer Entwicklung und Entfaltung eingeschränkt sind und dadurch ernste Nachteile erleiden.
Der Text der Bürgerinitiative ist unter diesem Link nachzulesen: www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/BI/BI_00060/
Das Ziel der Bürgerinitiative sind mindestens 30.000 Unterzeichner, damit sie auch Gehör findet.
Unter https://www.parlament.gv.at/SEC/Zustimmen.shtml?
ityp=BI&gpCode=XXV&inr=60 können Sie die Bürgerinitiative direkt unterzeichnen.
WO DER SCHUH DRÜCKT
Bevölkerung zu wenig aufgeklärt!
Eine von vielen Möglichkeiten für
die schlechte Schlafqualität ist die
Schlafapnoe, bei der es zu Atemaussetzern während des Schlafs kommt.
Immerhin ist jeder fünfte Österreicher
in der Altersgruppe 45–70 Jahre mit
der Diagnose Schlafapnoe konfrontiert. Die Ursachen für Müdigkeit
und Schläfrigkeit sind vielfältig
und deshalb gestaltet sich auch die
Diagnosestellung schwierig. Um die
sichere Diagnose Schlafapnoe stellen
zu können, ist ein Besuch im Schlaflabor notwendig. „Aber für Patienten
ist der Zugang gar nicht so einfach,
da die Wartezeit für einen Termin oft
bis zu 12 Monate beträgt“, so Josef
Hoza, Obmann der Selbsthilfegruppe
Schlafapnoe Österreich. Die ambulante Schlafuntersuchung, bei der mit
einem kleinen mobilen Gerät die wichtigsten Parameter wie Atmung, Puls
und Sauerstoffsättigung aufgezeichnet
werden, kommt leider noch viel zu
wenig zum Einsatz.
In der Therapie kommt das
CPAP-(Continuous-Positive-Airway-Pressure-) Gerät mit
Schlafmaske zum Einsatz. Für die
Therapietreue und damit auch
für den Therapieerfolg ist das
Tragen der Schlafmaske
extrem wichtig. Die
Berichte aus Deutschland lassen auch in
Österreich eine hohe
Therapieabbruchrate
vermuten, so Hoza. Hier besteht dringend Handlungsbedarf, vor
allem bei der Nachkontrolle.
Patienten werden immer wieder damit
konfrontiert, dass sie unmittelbar nach
einer Operation nicht ihre Schlafmaske
bekommen, weil das dem diplomierten
Pflegepersonal nach dem Medizinproduktegesetz ohne Einweisung auf das
Gerät des Patienten nicht gestattet ist.
Dadurch kann es auch zu Reintubation
und verlängertem Spitalsaufenthalt
kommen. Die Selbsthilfegruppe
Schlafapnoe Österreich hat sich in
diesem Zusammenhang bereits an
den Wiener Krankenanstaltenverbund gewandt, wo derzeit
noch keine zufriedenstellende Antwort vorliegt.
Unerfreulich nicht nur
für Patienten, sondern
auch für zuweisende
Ärzte ist der Umfang
der Dokumentation
der Diagnosestellung,
der sehr unterschiedlich gehandhabt
wird. Lageabhängige Atemstörungen sind nicht
immer dokumentiert. Nach Auskunft
des Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Schlafmedizin
und Schlafforschung, Dr. Wolfgang
Mallin, gibt es österreichweit keine
offiziellen Richtlinien zur inhaltlichen
Aufbereitung und zum Umfang eines
Arztbriefes für den zuweisenden
Arzt. Hier besteht dringend Handlungsbedarf, wenn die Behandlungsabläufe optimiert werden sollen.
Info: www.schlafapnoe-shg.at
FOTO: DEPOSITPHOTOS
» 3 0 Prozent der Österreicher haben keinen erholsamen
Schlaf, kennen aber die Ursache und auch die Behandlungsmöglichkeiten oft nicht.
3
SELBSTHILFE:konkret A R G E S E L B ST H I L F E Ö ST E R R E I C H
FOTO: EVGENYATAMA/DEPOSITPHOTOS
THEMA
N I C H T R AU C H E R S C H U T Z
Wir bleiben weiter unbequem!
Kurt Kuch ist tot. Jährlich folgen ihm rund 14.000 Öster-
reicher, deren Tod auf die Folgen des Rauchens zurückzuführen ist. Dennoch frönen in unserem Land noch immer
rund 2,8 Millionen Menschen dem Laster Nikotin. Das
entspricht einem Anteil von 33 Prozent an der gesamten
Bevölkerung, womit wir deutlich über dem europäischen
Niveau von 28 Prozent liegen. Nur in Griechenland und
Zypern wird noch häufiger zur Zigarette gegriffen, und
der österreichische Wert ist seit der letzten Erhebung
2009 sogar noch gestiegen. Hinzu kommt, dass hierzulande auch mehr als die Hälfte der Jungen und
Jüngsten regelmäßig rauchen, und das Einstiegsalter
ist außerordentlich niedrig: 42 Prozent der Jugendlichen haben mit 15 bis 16 Jahren bereits
mindestens 40-mal geraucht.
kologie am LKH-Universitätsklinikum Graz, im Vorjahr
die Initiative DON‘T SMOKE gegründet, um ein stärkeres Bewusstsein für die verheerenden Konsequenzen
des Nikotinkonsums zu schaffen. „Wie schwerwiegend
der direkte Zusammenhang zwischen dem Rauchen und
Krebserkrankungen ist, wissen nicht viele. Und sehr vielen Menschen ist nicht bewusst, wie stark Tabakrauch außerdem für Herz- und Gefäßerkrankungen, chronische
Lungenerkrankungen sowie Erkrankungen des Gehirns mitverantwortlich ist“, so Samonigg, der auch
betont: „Beschämenderweise ist Österreich hinsichtlich Tabakkontrolle Schlusslicht im gesamten
europäischen Raum.“
Die Forderungen
Österreich ist Schlusslicht in
Europa
Vor diesem Hintergrund wurde
auf Betreiben von Univ.-Prof. Dr.
Hellmut Samonigg, Präsident der
Österreichischen Gesellschaft für
Hämatologie und Medizinische
Onkologie (OegHO) und Leiter
der Klinischen Abteilung für On4
„Beschämenderweise ist
Österreich hinsichtlich Tabakkontrolle Schlusslicht im
gesamten europäischen Raum.“
HELLMUT SAMONIGG
Um dem entgegenzuwirken, fordert
die von zahlreichen medizinischen
Fachgesellschaften, der Österreichischen Ärztekammer und der Österreichischen Apothekerkammer mitgetragene Experteninitiative DON‘T
SMOKE ein Rauchverbot in allen
Innenräumen, die auch von Nichtrauchern genützt werden, die Erhöhung der Altersgrenze auf 18 Jahre
FOTO: DOMNITSKY.YAR/DEPOSITPHOTOS
»D
ie Experteninitiative DON‘T SMOKE setzt sich vehement für einen besseren
(Nicht-)Raucherschutz ein. Ihren Forderungen haben sich bereits über 21.000 Österreicher
angeschlossen – auch viele Selbsthilfevertreter.
für den Kauf und Konsum von Zigaretten und
Tabakwaren, eine Erhöhung der Tabaksteuer,
die Unterstützung der Betriebe, die von den
umfassenden Nichtraucher- und Raucherschutzmaßnahmen betroffen sind, und die
Umsetzung des bereits 2005 unterzeichneten
WHO-Rahmenübereinkommens zur Tabakkontrolle, damit Österreich seinen Rückstand
auf internationale Standards aufholt.
FOTO: GERNOT RADER
www.selbsthilfe-oesterreich.at
„DON‘T SMOKE gibt Hoffnung
auf baldige Umsetzung des
allgemeinen Rauchverbots.“
FOTO: PRIVAT
erster Linie als mündiger Bürger dieses Landes und auch deshalb, weil es vermutlich einen Zusammenhang zwischen Rauchen und
Kehlkopfkrebs gibt. DON‘T SMOKE gibt
Breite Unterstützung
Theo Koller
Hoffnung auf baldige Umsetzung des allgeund Zustimmung ...
meinen Rauchverbots, und wenn alle hartnäckig dranbleiben, kommt es vielleicht doch
findet DON‘T SMOKE: Über 21.000 Öseinmal zu einer »unösterreichischen« guten
terreicher haben die Petition der Initiative
Lösung.“
unterschrieben, darunter zahlreiche ProBeide Selbsthilfevertreter bezeichnen die Iniminente. 45 Organisationen – vom Obers­
tiative im Prinzip als umfassend, wenngleich
ten Sanitätsrat über die Krebshilfe bis zum
Otto Spranger moniert, dass Forderungen
Hauptverband der Sozialversicherungsträger
zur Prävention ein wenig zu kurz kommen.
– tragen die Initiative mit, und der Journa„Wir brauchen dringend auch Aufklärungslist und Lungenkrebspatient Kurt Kuch war
maßnahmen, die dort ansetzen, wo Jugendlieiner ihrer engagiertesten Unterstützer.
che noch nicht begonnen haben zu rauchen.“
Otto Spranger
... auch von Seiten der Selbsthilfe
Spranger wie auch Koller erhoffen sich, dass
bis zum Sommer ein Gesetz zum RauchverAuch viele Vertreter der österreichischen
Selbsthilfe sind das. Zum Beispiel Otto Spranger von der bot in der Gastronomie steht, das mit 01.01.2016 in Kraft
Österreichischen Lungenunion, der sich seit Jahren in treten kann, damit ein erster wichtiger Schritt getan ist,
diesen Belangen engagiert: „Wir begrüßen und unterstüt- dem weitere folgen sollten. „Es geht dann auch um die
zen die Initiative aus ganzem Herzen, denn wir wissen seit weitere Erhöhung der Preise für Tabakwaren und um
langem, dass in dieser Hinsicht letztlich nur strengere Ge- die weitere Begrenzung des Raums, wo geraucht werden
darf “, so Spranger, der dafür plädiert, Einnahmen aus ers­
setze Leben retten.“
Dem pflichtet auch Theo Koller, Kontaktperson der SHG terer Maßnahme für die so wichtige Prävention zu verKehlkopflose und Halsatmer Kärnten, bei. „Ich habe die wenden.
Petition unterzeichnet und unterstütze die Initiative in
Unbequem bleiben
INFO
DON‘T SMOKE
Unterzeichnen auch Sie!
Die Experteninitiative DON‘T SMOKE wurde ins Leben
gerufen, um ein stärkeres Bewusstsein für die verheerenden Folgen des Nikotinkonsums zu schaffen. Sie will
ein Umdenken bewirken und auf der Basis medizinischer
Kompetenz ein Zeichen setzen, um die österreichische
Gesetzeslage nachhaltig zu verändern.
Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, fährt
DON‘T SMOKE eine Informations- und Bewusstseinsbildungskampagne – über die Medien, über Social Media,
über Gespräche in Expertenkreisen und direkte Kontakte
sowie nicht zuletzt über eine Website als zentrale Plattform, auf der jede Privatperson, Institution und jedes Unternehmen die Möglichkeit hat, eine Stimme abzugeben
und der Petition Kraft zu verleihen.
Der Initiator von DON‘T SMOKE, Hellmut Samonigg,
zeigt sich übrigens erfreut über die positiven Signale und
den Zuspruch, den die Initiative von so vielen Seiten erhält, doch: „Wir geben uns nicht zufrieden, solange die
definitiven Schritte zur Verbesserung des Nichtraucherschutzes in Österreich nicht auch tatsächlich gesetzlich
verankert sind. Wir werden so lange öffentlich auftreten
und unbequem sein, bis sich etwas ändert. Das sind wir
unserem Anliegen und auch dem verstorbenen Kurt
Kuch schuldig.“ (GV)
UNTERZEICHNEN AUCH SIE!
www.dontsmoke.at
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SELBSTHILFE:konkret A R G E S E L B ST H I L F E Ö ST E R R E I C H
THEMA
PAT I E N T E N B E T E I L I G U N G
Eine unverzichtbare Stimme
» Patientenbeteiligung ist in Deutschland nicht nur ein Schlagwort,
sondern seit einigen Jahren auch konkrete politische Realität.
Wir wissen es alle: Eine wirklich adäquate Versorgung
von chronisch kranken Menschen kann ohne die aktive Mitwirkung der Betroffenen nicht umgesetzt werden. Und nur durch die Beteiligung der Selbsthilfe an
Entwicklungsprozessen im Gesundheitswesen können
mögliche Probleme bei dieser Umsetzung rechtzeitig
erkannt und manchmal sogar vermieden werden.
In Deutschland hat man auf diese Erkenntnisse bereits
politisch reagiert: Seit 2004 gibt es dort rechtliche Rahmenbedingungen für mehr Bürger- und Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen.
Die maßgeblichen Organisationen ...
... und ihre Befugnisse
Diese Organisationen sind befugt, Patienten und ihre Interessenvertretungen für die im Gesetz benannten Gremien
auf Bundesebene und in den Ländern zu benennen. Auf
Landesebene sind dies die Gremien, die für die Sicherstellung der haus- und fachärztlichen Versorgung sowie der
Psychotherapeuten zuständig sind. Auf Bundesebene ist
dies mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) das
Gremium, das über Umfang und Qualität der Leistungen
entscheidet, die Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten können.
Zudem sind die anerkannten Organisationen berechtigt,
bei Rahmenvereinbarungen des GKV-Spitzenverbandes
zur Ausgestaltung von Rechten auf Versorgung beratend
beteiligt zu werden.
FOTO: KK
Als maßgebliche Organisationen für die Wahrnehmung der Mitspracherechte von Patienten und Selbsthilfe wurden vom Bundesministerium für Gesundheit
der Deutsche Behindertenrat (DBR), die Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen und -initiativen (BAGP), der Verbraucherzentrale Bundesver-
band e.V. (vzbv) und die Deutsche Arbeitsgemeinschaft
Selbsthilfegruppen e.V. (DAG SHG) benannt.
Patientenvertreter sind am Wort
6
FOTO:
www.selbsthilfe-oesterreich.at
Konkrete Verbesserungen erzielt
Wichtige Bündelung
Was heißt das nun konkret, und was vor allem hat sich seit
der gesetzlichen Verankerung der Patientenbeteiligung in
unserem Nachbarland verbessert? „Mit der Einführung
der Patientenbeteiligung wurde politisch der Blick auf die
Nutzer des Gesundheitssystems und ihre Bedarfe gerichtet. Das war und ist noch immer eine wichtige Voraussetzung für die Verankerung einer Patientenorientierung
im gesundheitlichen Versorgungssystem“, erklärt dazu die
Geschäftsführerin der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS), Ursula Helms. „Dadurch ist etwa
das Verfahren zur Aufnahme oder Ablehnung einzelner
Leistungen transparenter geworden, und es gibt bessere
Informationen über Leistungen im System der gesetzlichen
Krankenversicherung. Auch einzelne Verbesserungen in
der Versorgung konnten erzielt werden.“
„Die maßgeblichen Organisationen haben sich darauf verständigt, Anträge immer einvernehmlich und
gemeinsam einzubringen, um den Patienteninteressen durch die Bündelung mehr Gewicht zu verleihen.
Grundsätzliche Positionierungen der Patientenvertretung zu Fragen von wesentlicher Bedeutung können so
gezielt und wirksam in die Beratungen eingebracht werden.“
FOTO: KK
Als wichtigstes Ziel der Patientenvertretung bezeichnet
die NAKOS-Geschäftsführerin die Mitgestaltung eines
medizinischen Versorgungssystems, das patientenorientiert ausgerichtet ist, barrierefreien Zugang ermöglicht und flächendeckend sowie sachgerecht dort qualitätsgesichert verfügbar ist, wo der
Bedarf besteht.
Erfolg für psychisch kranke Kinder
Die Expertin beurteilt das neue SysEin Beispiel für die erfolgreiche Arbeit der
tem als sehr positiv und sieht lediglich
Patientenvertreter betrifft die Versorgung
in einem Punkt Verbesserungsbedarf.
von psychisch kranken Kindern und JuDenn, so Helms, die Anforderungen
gendlichen, die seit Jahren im Argen lag.
an Organisation, Koordinierung und
Vor diesem Hintergrund brachte die PatiAdministration der Aufgaben in der
entenvertretung einen Antrag ein, dessen
Patientenbeteiligung haben in den
Ziel eine sachgerechte und zeitnahe Regeletzten zehn Jahren erheblich zugelung in der Bedarfsplanungsrichtlinie war.
nommen, ohne dass die maßgebDenn nach einer gesetzlichen Vorschrift
lichen Organisationen eine finanzielle
sollten mindestens 20 Prozent aller psy- „Der Blick wurde
Unterstützung für dieses zusätzliche
chotherapeutischen Plätze denjenigen vorAufgabengebiet erhalten. „Die Patipolitisch auf die
behalten sein, die ausschließlich Kinder
entenvertretungsorganisationen haNutzer des Gesundund Jugendliche versorgen. „Mit der dann
ben daher den Wunsch nach Erstatheitssystems und ihre tung personeller und administrativer
beschlossenen Regelung wurden die so notBedarfe gerichtet.“
wendigen Neuzulassungen von Kinder- und
Aufwendungen an die Politik heranJugendpsychotherapeuten möglich“, so Urgetragen. Gespräche darüber sind im
URSULA HELMS
sula Helms, die sich über diesen Erfolg freut
Laufen.“
und das gesetzlich geregelte Antragsrecht der anerkannten Die unverzichtbare Stimme des Gegengewichts zu den
Organisationen für die Aufgabenwahrnehmung der Pati- anderen Akteuren im Gemeinsamen Bundesausschuss
entenvertretung als sehr wichtig erachtet.
möge auch diesbezüglich bald gehört werden. (GV)
INFO
Kriterien und Verfahren für die
Benennung als Patientenvertreter
• I m Kreis der anerkannten Organisationen wird über die Benennung
beraten, denn diese soll zwischen
den Organisationen einvernehmlich
erfolgen.
•Z
ur Herstellung des Einvernehmens
bei Benennungsentscheidungen sowie weiteren Aufgaben im Rahmen
der Patientenbeteiligung haben
die anerkannten Organisationen
auf Bundesebene einen Koordinierungsausschuss eingerichtet.
Der Koordinierungsausschuss tagt
regelmäßig. In vielen Bundesländern
gibt es ebenfalls Koordinierungsausschüsse für die Patientenbeteiligung.
»A
usgabe 1/2015
Die Zeitschrift der
Quelle: NAKOS (Hg.): Grundlagen der
Patientenbeteiligung nach § 140 f
SGB V
ARGE
•U
m als Patientenvertreter in den
entsprechenden Gremien selbst
aktiv werden zu können, müssen
interessierte Personen Mitglied in
einer der vier anerkannten Organisationen sein, und sie müssen für die
einzelnen Gremien offiziell benannt
werden.
•M
indestens die Hälfte der Personen,
die in einem Gremium mitberaten
dürfen, sollen von einer Erkrankung
betroffene Menschen sein.
SELBSTHILFE:konkret
Ein wichtiges Gegengewicht
Selbsthilfe
Österreich
ISSN 2306-1197
7
SELBSTHILFE:konkret A R G E S E L B ST H I L F E Ö ST E R R E I C H
THEMA
G E S U N D H E I TS KO M P E T E N Z
Ambitioniertes Vorhaben wird umgesetzt
» Gesundheitskompetenz der Österreicher ist unterdurchschnittlich – das soll sich ändern!
FOTO: JO HLOCH
Pamela Rendi-Wagner (BMG)
Klaus Ropin (FGÖ)
FOTO: KK
Bis 2032 soll
der Anteil der
Österreicher mit
„ausreichender“
und „exzellenter“
Gesundheitskompetenz verbessert werden.
teracy Survey“ (HLS-EU), die im Jahr 2011
durchgeführt wurde, hat für Österreich unterdurchschnittliche Gesundheitskompetenz
gemessen. Durch die Einrichtung der Österreichischen Plattform Gesundheitskompetenz
(ÖPGK) soll bis 2032 in den Bereichen Gesundheitsförderung, Prävention und Behandlung von Krankheiten der Anteil der Österreicher mit „ausreichender“ und „exzellenter“
Gesundheitskompetenz verbessert werden.
Die Entwicklung der Gesundheitskompetenz (engl. health literacy) der Bevölkerung
ist ein wichtiger Eckpunkt zum verbesserten
Umgang mit Krankheit, zur Förderung der
Gesundheit sowie der gesundheitlichen
Chancengerechtigkeit und betrifft, neben
dem Gesundheitswesen, verschiedene Gesellschafts- und Politikbereiche. Wie aus
dem Konzept der ÖPGK zu entnehmen
ist, wurde die Struktur der Plattform unter
Berücksichtigung des „Health-in-All-Policies–Ansatzes“ entwickelt und setzt in ihrer
Steuerung auf partizipative und kooperative
Abstimmung. Diese Struktur ermöglicht die
Kommunikation und die Zusammenarbeit
aller beteiligten Akteure, um eine bundesweite und zielorientierte Umsetzung des
Rahmen-Gesundheitsziels 3 „Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken“ zu
erreichen.
FOTO: FRANZ PFLÜGL
Die europäische Studie „European Health Li-
Nach Beschluss der Bundesgesundheitskommission im Dezember 2014 und nach Zustimmung des Kuratoriums des Fonds Gesundes
Österreich zur Finanzierung fungiert der
Fonds Gesundes Österreich nun als Koordinationsstelle und übernimmt damit die Service- und Drehscheibenfunktion. Der Leiter
des Fonds Gesundes Österreich, Dr. Klaus
Ropin, beschreibt die ersten Aktivitäten der
Koordinationsstelle wie folgt: „Derzeit befindet sich die Koordinationsstelle in der organisatorischen Aufbauphase, erste Arbeiten zur
Umsetzung der ambitionierten Vorhaben der
ÖPGK werden bereits vom multiprofessionell
besetzten Team durchgeführt. Ebenso erfolgt
gegenwärtig die Etablierung des Kernteams
der ÖPGK als fachliches und operatives Expertengremium, dessen Vorsitz SC Pamela
Rendi-Wagner aus dem Bundesministerium
für Gesundheit innehat. Im nächsten Schritt
werden operative Akteure aus dem Bereich
Gesundheitskompetenz eingeladen, ihre Erfahrungen und Ideen einzubringen und die
ÖPGK aktiv als Mitglied mitzugestalten.“
Da eine Kernkompetenz der unterschiedlichen
Formen der Selbsthilfe die Entwicklung und
Stärkung der Gesundheitskompetenz ist, hat
sich die ARGE Selbsthilfe Österreich bereits
seit 2013 aktiv in den Entwicklungsprozess
der Maßnahmen für das R-GZ 3 eingebracht
und auch die Koordination für die Maßnahme
Koordinationsstelle wird eingerichtet
„Weiterentwicklung der Patientenbeteiligung
Die strategische Leitung der ÖPGK liegt im Judith delle Grazie (BMG) im österreichischen Gesundheitssystem“ überGesundheitsministerium bei Sektionschenommen. Grundlage dafür ist das Gutachten
fin Priv.-Doz. Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, in einem von Univ.-Prof. i. R. Dr. Rudolf Forster zur „Bürger- und PaStatement die Wichtigkeit der Plattform unterstreicht: tientenbeteiligung im österreichischen Gesundheitssystem“,
„Die Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz ist das in der nächsten Ausgabe der SELBSTHILFE:konkret voreine der zentralen Maßnahmen zur Umsetzung des Rah- gestellt wird. (MM)
men-Gesundheitsziels 3 (R-GZ 3) »Die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung stärken«. Daher wurde die ÖPGK
auch innerhalb der Zielsteuerung-Gesundheit verankert.“
Die Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz
Die Einrichtung der ÖPGK wurde in das Bundesjahres(ÖPGK) hat folgende Funktionen:
arbeitsprogramm 2014 der Zielsteuerung-Gesundheit
• L angfristige Entwicklung und Etablierung von
aufgenommen. Für die Erarbeitung des inhaltlichen KonGesundheitskompetenz in Österreich unterstützen
zepts wurde eine Projektgruppe beauftragt, die im Zeit•V
ernetzung, Zusammenarbeit, Erfahrungsaustausch
raum von Mai bis September 2014 das Konzept zur Einund gemeinsames Lernen fördern
richtung der ÖPGK entwickelte.
•M
aßnahmen zwischen Politik- und GesellschaftsDie fachliche Zuständigkeit liegt im Gesundheitsministebereichen ermöglichen und abstimmen
rium bei Mag. Judith delle Grazie, die den Arbeitsschwer•G
emeinsames Verständnis entwickeln, Wissen
punkt für 2015 im operativen Aufbau der ÖPGK, basierend
verbreiten und Innovationen ermöglichen
auf dem Konzept, das seitens der Zielsteuerungspartner
•M
onitoring und Berichterstattung aufbauen,
Bund, Länder und Sozialversicherung gemeinsam mit releTransparenz und Qualität ermöglichen
vanten Health-in-all-Policies-Partnern erstellt wurde, sieht.
8
FOTO: KK
www.selbsthilfe-oesterreich.at
PAT I E N T E N B E T E I L I G U N G
Kollektive Patientenbeteiligung
gibt es nicht zum Nulltarif!
» Für Selbsthilfe-Bundesverbände bedeutet die Beteiligung an Entwicklungs- und Entscheidungsprozessen im Gesundheitsbereich eine Herausforderung, die allein durch ehrenamtliches Engagement und ohne finanzielle Ressourcen nicht mehr bewältigt werden kann.
bar, dass der Ruf der Selbsthilfe-Bundesverbände nach
einer stabilen Basisfinanzierung lauter geworden ist. Die
ARGE Selbsthilfe Österreich hat in den letzten Jahren
zahlreiche Gespräche mit Entscheidungsträgern geführt,
die mehr oder weniger gut verlaufen sind. Gescheitert ist
die Diskussion aber immer an dem Punkt, wo es darum
ging, den Finanzbedarf zu benennen.
dern der ARGE Selbsthilfe Österreich präsentiert und
gemeinsam diskutiert.
Erfahrungen aus Deutschland
In Anbetracht der Tatsache, dass es in Österreich keine
aussagekräftigen Zahlen für den finanziellen Bedarf der
Selbsthilfe-Bundesverbände gibt, wurden die Zahlen aus
Deutschland auf Österreich heruntergebrochen und sehr
schnell war dann der Begriff „Wunschkonzert“ an der
Hand. Als Voraussetzung für die Fortsetzung der Gespräche, basierend auf konkreten Ergebnissen in Bezug
auf den Förderbedarf, mussten nachvollziehbare Zahlen
auf den Tisch gelegt werden. Nach intensiven Vorbereitungsarbeiten im zweiten Halbjahr 2013 wurde das Beratungsunternehmen PwC Advisory mit der Fragebogenerhebung, Analyse der Ergebnisse und Entwicklung
möglicher Fördermodelle beauftragt.
Da Deutschland seit 2004 die Förderung der unterschiedlichen Formen der Selbsthilfe gesetzlich verankert hat, wurde zur Präsentation des Rohberichtes die stellvertretende
Geschäftsführerin der Nationalen Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen – NAKOS Dr. Jutta Hundertmark-Mayser eingeladen, um die Erfahrungen aus Deutschland darzustellen. In
Deutschland stehen ca. 4,5 Millionen Euro pro Jahr für die
Förderung der Selbsthilfe-Bundesverbände zur Verfügung.
Die Pauschalförderung für die Finanzierung der originären
gesundheitsbezogenen Aufgaben eines Selbsthilfe-Bundesverbandes wurde von 295 Selbsthilfe-Bundesverbänden
in Anspruch genommen – das bedeutet eine Pauschalförderung im Sinne einer Bezuschussung von bestimmten
Ausgaben in der Höhe von rund 15.000 Eruo pro Selbsthilfe-Bundesverband. Die Vergabe der Fördermittel erfolgt
aber nicht nach dem „Gießkannenprinzip“, sondern nach
einem ausdifferenzierten Verteilungssystem. Darüber hinaus ist auch noch eine Projektförderung möglich.
Leistungsspektrum ist enorm
Nächste Schritte
Keine aussagekräftigen Zahlen
FOTO: KK
In diesem Zusammenhang ist es durchaus nachvollzieh-
„Selbsthilfeförderung muss
die Vielfalt der
Selbsthilfe in
ihren Strukturen
und Ausrichtungen
berücksichtigen.“
J U T TA H U N D E R T M A R KM AY S E R
In einem ersten Schritt wurde gemeinsam mit Vertretern Der Endbericht „Analyse der Leistungs- und Kostenstrukder Selbsthilfe-Bundesverbände, die Mitglied der ARGE tur der Selbsthilfe-Bundesverbände in Österreich“ wird
Selbsthilfe Österreich sind, im Rahmen eines Workshops Anfang März 2015 publiziert und dient als Grundlage für
im April 2014 die Grundstruktur für den Fragebogen an- die weiteren Verhandlungen. Nach der Erhebung, Aushand der Leistungsbereiche erarbeitet. Im Mittelpunkt wertung und Erstellung der Fördermodule gilt es in einem
der Fragebogenerhebung stand das
nächsten Schritt, gemeinsam mit den
Leistungsspektrum der Selbsthil- In Österreich gibt es keine
Mitgliedern der ARGE Selbsthilfe Ösfe-Bundesverbände, aus dem dann
terreich die Fördervoraussetzungen
aussagekräftigen Zahlen für
ein Modell für eine Basisfinanzierung
zu definieren und mit den Entscheiabgeleitet wurde. Die Ergebnisse wur- den finanziellen Bedarf der
dungsträgern und möglichen Förderden im Oktober 2014 den Mitglie- Selbsthilfe-Bundesverbände.
gebern abzustimmen. (MM)
9
SELBSTHILFE:konkret A R G E S E L B ST H I L F E Ö ST E R R E I C H
INTERNES
P O R T R ÄT
Epilepsie ist eine Tabukrankheit
» Mag. Elisabeth Pless im Interview über die „Tabukrankheit“ Epilepsie und darüber,
weshalb Betroffene und Angehörige den richtigen Umgang mit dieser chronischen
Erkrankung des Nervensystems erst erlernen müssen.
„Epilepsie ist so häufig wie beispielsweise behandlungs-
bedürftiger Diabetes. Trotzdem ist diese chronische Erkrankung des Nervensystems aber nach wie vor für viele
ein Tabu. Die meisten Betroffenen verschweigen, dass sie
daran leiden“, sagt Elisabeth Pless, die Büroleiterin der
Epilepsie Interessensgemeinschaft (IG) Österreich. Diese
bundesweite Selbsthilfeorganisation will das durch bessere Information der Öffentlichkeit über Diagnose und Therapie von Epilepsie und das Leben mit dieser Erkrankung
ändern. „Die Betroffenen und deren Angehörige müssen
meist erst lernen, mit diesem Leiden umzugehen“, betont
Pless. Die 49-Jährige aus Graz weiß, wovon sie spricht.
Als ihr Mann, der Tierarzt Dr. Peter Pless, vor rund 15
Jahren erstmals epileptische Anfälle erlitt, war das für die
ganze Familie ein Schock, zumal die beiden Kinder des
Ehepaares damals erst sieben und sechs Jahre alt waren.
Es gibt 30 Arten der Erkrankung
FOTO: JO HLOCH
Insgesamt erkranken weltweit etwa drei bis fünf Prozent
der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens zumindest einmal an Epilepsie – meistens aber nur vorübergehend.
Die Häufigkeit aktiver Epilepsien wurde 2005 von der
Weltgesundheitsorganisation WHO mit 0,83 Prozent
angegeben. Die Erkrankung ist durch eine vorübergehende Funktionsstörung von Nervenzellen des Gehirns
gekennzeichnet, und es gibt mehr als 30 Arten mit sehr
unterschiedlichem Verlauf, Ursachen und Anfallsformen. Das
„In Österreich gibt es für ein
reicht von so genannten „Absenbesseres öffentliches Bewusstcen“, während derer die Betrofsein zum Thema Epilepsie
fenen zwanzig oder auch dreißig
noch viel zu tun.“
Sekunden nicht präsent sind, bis
zu „großen Anfällen“, die auch
„Grand Mal“ genannt werden. Bis
zu 70 Prozent der Patienten können durch eine Behandlung mit
Medikamenten anfallsfrei werden. Für einen Teil der Patienten,
die nicht auf medikamentöse Behandlung ansprechen, kann auch
ein epilepsiechirurgischer Eingriff
empfehlenswert sein.
Das Ehepaar Pless machte durch
die Erkrankung die Erfahrung,
dass der Kontakt mit anderen Betroffenen im Rahmen der Selbsthilfe eine wichtige Unterstützung
sein kann. Das nahmen sie zum
Anlass, 2005 die Epilepsie Interessensgemeinschaft Österreich
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zu gründen. Die IG hat bereits im ersten Jahr ihres Bestehens den „Tag der Epilepsie“ in Österreich organisiert,
bei dem unter anderem Fachvorträge zu hören sind und
der seither alljährlich vor zahlreichen Besuchern abgehalten wird. „In Österreich gibt es für ein besseres öffentliches Bewusstsein zum Thema Epilepsie noch viel zu tun.
Bei uns sind zehn Prozent der Bevölkerung sogar noch
der Ansicht, dass es sich dabei um eine Geisteskrankheit handle. Das ist ein doppelt so hoher Anteil wie in
Deutschland“, meint Elisabeth Pless.
Was am Arbeitsplatz zu beachten ist
Die studierte Biochemikerin, die zuvor unter anderem für
Unternehmen für Arzneimittelentwicklung und Hygiene­
consulting tätig war, hat ihr Engagement für die Selbsthilfe inzwischen als zertifizierte Epilepsiefachberaterin
zum Beruf gemacht. Seit 2010 ist sie Geschäftsführerin
der gemeinnützigen GmbH „Epilepsie und Arbeit“. Mit
Unterstützung durch das Sozialministeriumservice berät
sie gemeinsam mit zwei Mitarbeiterinnen Menschen mit
Epilepsie dabei, Arbeit zu finden oder bei dieser bestmöglich mit ihren Erkrankungen umzugehen. Unter
Federführung von „Epilepsie und Arbeit“ wurde unter
anderem auch eine Leitlinie entwickelt, der entnommen
werden kann, was zu beachten ist, wenn Personen mit
Epilepsie in bestimmten Berufen beschäftigt werden –
von Bildschirmarbeit bis zu Tätigkeiten mit Absturzgefahr. (DS)
Weitere Informationen sind den Websites www.epilepsie-ig.at
und www.epilepsieundarbeit.at zu entnehmen.
Mein Zugang zur Selbsthilfe
• Ich bin seit dem Jahr 2005 in der Selbsthilfe tätig.
• Ich engagiere mich in der Selbsthilfe, weil ich aus eigener
Erfahrung weiß, wie es Betroffenen und deren Angehörigen
geht, und diesen helfen will.
• In der Selbsthilfe sollte man vermeiden, jemandem etwas aufzwingen zu wollen. Es gibt keine Standardlösungen
für den Umgang mit Erkrankungen.
• Für die Zukunft wünsche ich mir gesicherte Rahmenbedingungen für die Selbsthilfe, denn sie leistet einen sehr
wichtigen Beitrag für die Gesellschaft. Das ist auf Dauer nur
möglich, wenn es dafür auch eine entsprechende Basisfinanzierung gibt.
Internes
konkret
Weniger Arbeit, mehr Geld …
Mitarbeiterin verlässt die
ARGE Selbsthilfe Österreich
… das wünschen sich sicherlich viele Arbeitnehmer in Österreich – aber
vorerst sind nur die Spitalsärzte „betroffen“. Basierend auf der EU-Arbeitszeitrichtlinie aus dem Jahr 2003 musste auch Österreich mit Anfang
2015 die Arbeitszeit der Spitalsärzte von 60 Stunden auf 48 Stunden
reduzieren.
Nach etwas mehr als einem Jahr hat Mag. Andrea Fried mit Ende Jänner 2015 ihr Dienstverhältnis bei der ARGE Selbsthilfe Österreich beendet. Diese Entscheidung musste der Bundesvorstand mit Bedauern
zur Kenntnis nehmen. Bis zur Nachbesetzung werden alle innen- und
außenorientierten Agenden statutengemäß vom Bundesvorstand
übernommen.
Durch harte Verhandlungen auf Länderebene zum Jahreswechsel,
Drohungen wie „Dienst nach Vorschrift“ und Demonstrationen mit dem
Slogan „Wir sind es wert!“ ist es den Ärzten gelungen, ihre Forderungen
nach einer erheblichen Erhöhung des Grundgehaltes trotz verkürzter Arbeitszeit weitgehend durchzusetzen. Im Zusammenhang mit der durch
die Arbeitszeitverkürzung gewonnenen Freizeit muss aber im Sinne der
Patientensicherheit darauf geachtet werden, dass diese nicht für „Nebenbeschäftigungen“, zum Beispiel in einem Privatkrankenhaus, genutzt
wird. Damit die Entscheidungen aber nicht zu Lasten der Qualität oder
zu Lasten anderer Berufsgruppen gehen, gilt es jetzt, rasch strukturelle
Maßnahmen zu überlegen, damit es zur Entlastung im Spitalsbereich
kommt, zum Beispiel durch Modelle der Primärversorgung.
S E L B S T H I L F E G R U P P E S C H L A FA P N O E Ö S T E R R E I C H
Neues Mitglied der
ARGE Selbsthilfe Österreich
Die Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Österreich ist seit Oktober
2014 ordentliches Mitglied der ARGE Selbsthilfe Österreich.
Die im Mai 2010 gegründete Selbsthilfegruppe Schlafapnoe
Österreich organisiert in den Bundesländern Wien, Niederösterreich, Salzburg, Burgenland und Oberösterreich zahlreiche
Vorträge und Veranstaltungen zum Thema „Schlafapnoe“ und
nimmt auch an Kongressen teil, um die Patientenperspektive
einzubringen. Ein wesentliches Anliegen für den Obmann der
Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Österreich, Josef Hoza, ist zum
einen, die optimale Versorgung der
Schlafapnoepatienten sicherzustellen, und zum anderen, auch Probleme in der Diagnosestellung und
Therapie aufzuzeigen.
Wer wird sich zukünftig
um die meist zeitintensive
Behandlung von chronisch
„Jetzt gilt es, rasch strukturelle
Maßnahmen zu überlegen,
damit es zur Entlastung im
Spitalsbereich kommt.“
kranken Menschen, um die
notwendige Nachsorge
und die entsprechenden
Schulungen kümmern? Durch den häufigeren Schichtwechsel der Ärzte,
der durch die kürzere Arbeitszeit notwendig wird, besteht aus Patientensicht die berechtigte Befürchtung, dass sich die Behandlungs- und Nachsorgequalität verschlechtern wird und die Forderung nach Kontinuität
in der Behandlung und Betreuung und auch mehr Zeit für ein Gespräch
wieder auf die lange Bank geschoben wird. Aber vielleicht findet diese
Forderung nur deshalb kein Gehör, weil die Botschaft nicht bei den
Verantwortlichen ankommt. Welches Druckmittel haben eigentlich Patienten? Sie können ja nur schlecht auf die Behandlung verzichten oder
mit „Behandlung nach Vorschrift“ drohen. Selbsthilfeorganisationen, die
kollektive Patienteninteressen vertreten, könnten ja die Strategie der
Ärzte nutzen und mit dem Motto „Wir sind es wert“ auf die Barrikaden
gehen!
Web: www.schlafapnoe-shg.at
Selbsthilfe-Initiative Stottern
feiert besonderes Vereinsjubiläum
Mag. Monika Maier
FOTO: ÖSIS
Die Österreichische Selbsthilfe-Initiative Stottern vertritt seit nunmehr
25 Jahren die Interessen von stotternden Menschen im Sozial- und
Gesundheitsbereich. Darüber hinaus wird im Rahmen der jährlich stattfindenden Begegnungswochenenden, einem Treffpunkt für Stotternde,
deren Freunde und Familien, auch der persönliche Kontakt zu den
Mitgliedern gepflegt.
Um Sprechängste abzubauen und den „Ich kann sprechen“-Gedanken
zu stärken, werden regelmäßig Seminare angeboten. Damit leistet die
ÖSIS einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der Gesundheitskompetenz der Betroffenen.
Die Jubiläumsfeier findet am 6. Juni 2015 im Jugendrotkreuzhaus
Litzlberg am Attersee, Wagnerstraße 15 in Seewalchen am Attersee
statt. Web: www.stotternetz.at
FOTO: SELBSTHILFE KÄRNTEN
www.selbsthilfe-oesterreich.at
Bild rechts: Wir stellen das Miteinander in den Mittelpunkt!
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SELBSTHILFE:konkret A R G E S E L B ST H I L F E Ö ST E R R E I C H
CARTOON: LEOPOLD MAURER
www.selbsthilfe-oesterreich.at
ARGE Selbsthilfe Österreich
Der Verein „ARGE Selbsthilfe Österreich“ ist ein Zusammenschluss
der unterschiedlichen Formen der
Selbsthilfe in Österreich (themenübergreifende Selbsthilfe-Dachverbände und -Kontaktstellen und
themenbezogene, bundesweit
tätige Selbsthilfeorganisationen).
Zum Aufgabenbereich der ARGE
Selbsthilfe Österreich gehört
unter anderem, die Bedürfnisse
und Interessen der Selbsthilfegruppen im Sozial- und Gesundheitsbereich zu bündeln und in
die Entscheidungsstrukturen
einzubringen.
Die ARGE Selbsthilfe Österreich
kann einen guten Überblick über
die Anliegen und Bedürfnisse der
Betroffenen und Angehörigen geben und gleichzeitig sicherstellen,
dass nicht Einzelinteressen,
sondern Anliegen einer breiten
Basis vertreten werden.
Bundesgeschäftsstelle:
Simmeringer Hauptstraße 24,
1110 Wien
Telefon: 01/740 40 2855
E-Mail:
[email protected]
» www.selbsthilfe-oesterreich.at
Offenlegung nach § 25 Mediengesetz:
Medieninhaber und Herausgeber:
ARGE Selbsthilfe Österreich
Simmeringer Hauptstraße 24
1110 Wien
ZVR-Zahl 809729424
Mitglieder des Bundesvorstandes:
Mag. Monika Maier (Bundesvorsitzende),
Helga Thurnher, Ing. Theo Koller, Mag.
Edwin Ladinser, Manuela Rentenberger
Tätigkeitsbereich: bundesweiter Zusammenschluss zur Interessenvertretung der
unterschiedlichen Formen der Selbsthilfe im
Sozial- und Gesundheitsbereich
Grundlegende Richtung („Blattlinie“): Förderung der Ziele des Tätigkeitsbereichs
Zuständige Aufsichtsbehörde: Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Vereins-, Versammlungs- und Medienrechtsangelegenheiten
Anwendbare Rechtsvorschriften: Vereinsrecht, http://www.bmi.gv.at/vereinswesen/
TERMINE
7. Mai 2015, 10:00–17:00 Uhr
Tag der Selbsthilfe: „Selbsthilfe wirkt“
Neben Fachvorträgen hat die Selbsthilfe Tirol auch
eine Gesundheitsstraße für Interessierte organisiert. Im Mittelpunkt stehen aber Selbsthilfegruppen, die ihre Arbeit vorstellen.
Ort: Landhaus 1 (Zugang über Meraner Straße 4),
6020 Innsbruck
» Infos: www.selbsthilfe-tirol.at
Österreichische Post AG / Sponsoring.Post
8.–9. Mai 2015
Raus aus meinem (Un)ruhe-Zustand.
Wie Angehörige psychisch Erkrankter wieder handlungsfähiger werden können.
24. Tagung der HPE Österreich
Ort: Don Bosco Haus, Sankt-Veit-Gasse 25, 1130
Wien
»A
nmeldeschluss: 24.04.2015
unter www.hpe.at/tagung
13Z039671 S
Retouren an: ARGE Selbsthilfe Österreich, Simmeringer Hauptstraße 24, 1110 Wien
30. Mai 2015
Jahrestagung der
Österreichischen Arbeitsgemeinschaft
Zöliakie
Ort: Congress Innsbruck, Rennweg 3,
6020 Innsbruck
» Infos: www.zoeliakie.or.at
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E-Mails bitte an [email protected]
IMPRESSUM: Herausgeber und Medieninhaber: ARGE Selbsthilfe Österreich, ZVR-Zahl
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Strategie | Kommunikation | Design, www.designation.at • Druck: Carinthian Druck, 9020 Klagenfurt •
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Die Personen- und Berufsbezeichnungen werden der besseren Lesbarkeit halber nur in einer Form
verwendet, sind aber natürlich gleichwertig auf beide Geschlechter bezogen.