Süchte – Wie gehen wir als Hausärzte damit um?

AKTUELL
Süchte – Wie gehen wir als Hausärzte damit um?
www.allgemeinarzt-online.de
gen schwerste körperliche
und seelische Leiden vor,
wobei die seelische Not
durch die tiefe Scham über
das ständige Versagen bei
den Kontrollversuchen
des Alkoholkonsums am
besten durch den Kontakt
mit ebenfalls Betroffenen
in der Selbsthilfegruppe
gelindert werden kann. In
einer beeindruckenden Offenheit, wie man sie wohl
nur in den Selbsthilfegrup2012
practica
XXL
DUNG
FORTBIL
Bad Orb
Freitag, 26.10.2012
Practica-Seminar Nr. 322
– Hausärztliche Suchtmedizin – am Beispiel
Alkoholismus (MFA)
09:00 – 12:30 Uhr
Practica-Seminar Nr. 356
– Süchte – wie gehen
wir Hausärzte damit
um? (Ärzte)
15:00 – 18.30 Uhr
practica Bad Orb
24.10.–27.10.2012
pen finden kann, berichtete
das AA-Mitglied über seine
Leidenszeit als Spiegeltrinker und seine Genesung mit
Beginn der Abstinenz und
dem regelmäßigem Besuch
der Selbsthilfegruppen bis
heute.
Die Akzeptanz der Machtlosigkeit gegenüber der
Alkoholkrankheit ist für
Patient und Arzt ein verbindendes Element, denn
als Hausärzte können wir
die Alkoholkrankheit am
□
Ein
Alkoholiker
steht
Rede und
Antwort
Fotolia
Das Thema Süchte wurde bereits im letzten Jahr
in einem Seminar auf der
Practica thematisiert. Die
teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen berichten über ihre Probleme mit
entsprechenden Patienten
und über Situationen im
Arzt-Patienten-Verhältnis,
in denen trotz größter hausärztlicher Bemühungen katastrophale Ausgänge nicht
verhindert werden konnten.
Im Mittelpunkt standen dabei nicht die möglichen Gesundheitsstörungen durch
„gefährlichen“ Alkoholkonsum, sondern die Schwierigkeiten, mit denen Patienten
zu kämpfen haben, die eindeutig ein Alkoholproblem
haben, weil sie ihren Konsum nicht mehr kontrollieren können. Die Stärke des
Hausarztes liegt hier darin,
dass er die Lebensgeschichte des Patienten kennt, die
teilweise auch in die Familiengeschichte reicht.
Die Ansprache des Verdachts auf ein mögliches
Alkoholproblem kann zu
einem Arztwechsel durch
den Patienten führen .
Doch meistens wird in der
Arztpraxis das Ansprechen
eines vermuteten Alkoholproblems mit Erleichterung
aufgenommen, weil bei
jedem Alkoholiker in der
Trinkphase ein erheblicher
Leidensdruck vorliegt.
Sehr deutlich wurde dies
auch in einem Bericht eines Mitglieds einer Selbsthilfegruppe der Anonymen
Alkoholiker (AA), das am
Seminar teilnahm (siehe
Kasten). In der Endphase
der Alkoholkrankheit lie-
Informationsveranstaltungen in Schulen, Betrieben etc. habe
ich ja schon häufiger abgehalten. Nun aber vor Ärzten? Was
die wohl für Fragen haben? Die wissen doch sicher schon alles. Bleib mal ruhig, halt dich kurz und bleib beim Thema.
Nach einer kurzen Vorstellung schilderte ich den nassen und
den trockenen Teil meines Lebens mit dem Schwerpunkt
meines Verhältnisses zu den jeweiligen behandelnden Ärzten. Besprochen wurde ebenfalls die Arbeit in den Selbsthilfegruppen, besonders die von AA, da ich diese Gruppen seit
einigen Jahren besuche.
Es folgte ein offener, tiefgehender und auch intimer Gedankenaustausch. Dieser Eindruck spiegelte sich auch in
Abschlussrunde wieder. Das gemeinsame Ziel, süchtigen
Menschen zu helfen stand im Vordergrund. Abschließender
Kommentar einer Ärztin: „Sie haben mir Mut gemacht.“
Hermann, ein trockener Alkoholiker
ehesten erkennen, und müssen es aushalten, dass nicht
bei jedem Alkoholiker sofort
eine Bereitschaft zur Abstinenz vorhanden ist. Neben
dem Kontakt zur Selbsthilfe
können in der Hausarztpraxis weitere Maßnahmen wie
Entgiftung, Einleitung von
Festigungskuren oder auch
Mitbehandlung von zusätzlichen psychischen Störungen durch entsprechende
Spezialisten eingeleitet
werden. Wenn sich die ersten Erfolge einstellen, dann
ist die Behandlung von alkoholabhängigen Patienten
eine dankbare hausärztliche
Aufgabe.
Wegen der positiven Rückmeldungen durch die beteiligten Ärzte wird auf der
Practica 2012 in Bad Orb zusätzlich eine Veranstaltung
für Medizinische Fachangestellte (MFA) angeboten, an
der ebenfalls ein Vertreter
der Selbsthilfe teilnehmen
wird.
Dr. med. Walter Dresch,
Mitglied im Vorstand des Instituts für
hausärztliche Fortbildung (IhF) e. V.,
Vorstandsbeauftragter für Selbsthilfe
und Sucht des Deutschen Hausärzteverbandes
Der Allgemeinarzt 14/2012
37